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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.03.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990314020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899031402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899031402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
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Reklamen unter dem RedacttonSstrich (-ge spalten) 50^Z, vor den Aainilienuachrichten (6gespalten) 40 4- Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. kkptra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderung 60.—, mit Postbeförderuog 70.—. Jinnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 93. Jahrgang. Polnische Tagesschau. * Leipzig, 14. März. Heute entscheidet sich im Reichstage daS Schicksal der Militärvorlage und mit ihm soll sich ja auch das des Reichs tages selbst entscheiden, wenigstens fährt man fort, dies zu kirsichern. So schreibt die „Rational!. Corr." nntcrm >3. März: „Der Entschluß der Regierung, sich mit der Fassung, welche die Militärvorlage in der Commission er halten, nicht abzusinden, ist, wie nnS heute Abend auf eingezogene Information bin nochmals bestätigt wird, als feststehend zu betrachte». Auch das Centrum werde sich darüber keinem Zweifel mehr hingeben, daß die Negierung im Falle eines entsprechenden Plenar beschlusses den verfassungsmäßigen Instanzenweg zu beschreiten sich genöthigt sehe, zumal La die Centrums- fübrung im Laufe des heutigen Nachmittags Gelegenheit gehabt hat, sich über die Intentionen an leitender Stelle zu informiren. Auf nationalliberaler Seite besteht der dringende Wunsch, schon im Hinblick auf die Einmüthig- keit, mit der in Frankreich, England und den Bereinigten Staaten von de» Parlamenten solche Militärsorderungen behandelt worden sind, daß das, waS die militärischen Autoritäten zur Wahrung der alten Schlagfertigkeit des deutschen Heeres und seine Staatsmänner im Hinblick aus die Stellung des deutschen Reiches als unerläßlich erachten, ob ne Couflict im Reichstag eine möglichst starke Mehrheit finde. . . . Die national liberale Fraktion des Reichstags wird morgen Vormittag die entscheidenden Beschlüsse fassen." Inzwischen bemüht sich der Reichskanzler, bas Ceutruni noch in letzter Stunde für die Borlage zu gewinnen. Gestern batte der Fürst noch Besprechungen mit verschiedenen Herren, wie dem Grafen Lerchenfeldt und dem Abg. Lieber. Ob sie aber ganz ohne Weiteres erfolgreich für den Kanzler gewesen sind, verlautet nicht; wahrscheinlich ist eS jedenfalls nicht, denn übereinstimmend wird behauptet, daß das Ceutrum in seinem eigenen Schooße unüberwindliche Schwierigkeiten finde, um der Regierung weiter entgegen- zukotnmen. Mit dieser Auffassung würde auch die letzte Aus- lassnng der „Germania" übereinstimmen, die in folgender neuerlichen Mahnung gipfelt: „Die entscheidende Abstimmung über die Militärvorlage, die am DienSIag der beginnenden Woche erfolgen wird, steht gegenwärtig im Vordergründe der politischen Erörterungen. Es fehlt weder an Lockungen noch an Drohungen, die darauf abzielen, das Ceutrum für die v o l l e Forderung der Regierung zu gewinnen. Die Centrunissraction des Reichstags wird sich dadurch jedoch nicht beeinflussen lassen und auch eine Auflösung des Reichstags, die wir indessen sür ausgeschlossen er achten, nicht fürchten. Es kommt aber darauf an, daß die Centrumssraction bei der entscheidenden Abstimmung am Dienstag rechtzeitig und vollzählig anwesend ist, dann wird zweifellos die Regierungsvorlage nicht im vollen Umfange bewilligt, sondern der Beschluß der Budgctcoinmission gemäß den Anträgen der CentrumSvertr-ter in der Commission angenommen werden. Kein CentrumSabgeordneter darf am Dienstag im Reichs tage fehlen." DaS klingt recht geharnischt, wird schließlich aber doch wohl nur eine Preisschrauberei und vielleicht auch eine Strafe sür die bevorstehende Ernennung einer porsoua iugrat», des I)r. v. Bartsch, zum Unterstaatssekretär im Cultusministerium sein. Die Verquickung aller möglichen unzusammenhängenden Dinge ist ja eine CentrumSspecialität. — In einigen Stnnden werden die Telegraphenämter zu thun bekommen. Prinz-Regent Luitpold von Bayern hat am Sonntag in unverminderter Rüstigkeit und Frische sein 7s. Lebensjahr voll endet. Am gleichen Tage war ein Jahrhundert verflossen, seit die jetzt regierende königliche Linie des Hauses Wittelsbach den bayerischen Thron bestieg. Kurfürst Mar Josef von Pfalz- Zweibrücken-Birkenfeld folgte am 12. März 1799 dem letzten Ncuburg-Sulzbacher, dem Kurfürsten Karl Theodor. Die Einigung unter dem Scepter des .Hauses Zweibrücken bedeutete sür das rechtsrheinische Bayern den Anbruch einer neuen besseren Zeit, und das Fest, das in einer Amnestie, Ordensverleihungen, Regimsntsauszeichnungen, Beflaggung u. s. w. seinen Ausdruck gefunden hat, hatte deshalb einen guten Sinn, auch für die Leute, denen nicht die Anhänglichkeit an die Dynastie Wittelsbach mehr oder weniger ein Deckmantel für reichsfeindliche Be strebungen ist. Ein zu der letzteren Kategorie gehöriger bayerischer Politiker, der Eentrumsführer Daller, hat bei dem Festmahl seiner Fraktion in seinen Trinkspruch bezeichnenderweise einige Sätze eingefügt, in denen er indirekt die Minister beschuldigte, den Prinz-Regenten neuerdings in Sachen des bayerischen Reservatrechtes nicht genügend unterstützt zu haben. Die Berliner Festlichkeiten anläßlich des Jahrestages sind von uns schon kurz erwähnt worden. Von dem Uebersall eines deutsche» Schiffes in Ser Südsee meldet der Capitän des am 31. Januar nach Sydney zurück gekehrten Dampfers „Moresby" Folgendes: Der Kutter „Sea GH ost" befand sich unter deutscher Flagge und dem Commando des Capitäns Kolshorn auf der Fahrt nach den deutschen Salomons-Jnseln. Das Schiff lief die Insel Buka an, aber kaum daß es die Ankerstelle erreicht hatte, erfolgte ein verzweifelter Angriff von den sehr kriegerischen Eingeborenen. Sie näherten sich unbemerkt dem Kutter in ihren Kanocs und hatten bald das Deck erklettert. Der Capitän wurde, da er unbewaffnet war, zu Boden geschlagen und die schrecklich verstümmelte Leiche in das Wasser geworfen. Von den sechs Matros en wurden vier nach heldenhafter Gegen wehr getödtet, die Leichen wurden an das Land gebracht vm dort das Material zu einem Kannibalenfest zu liefern, die zwei anderen Matrosen entkamen. Mittlerweile war auch das Schiff total ausgeplündert. Sobald die Nachricht von dieser Schandthat Neu-Britannien erreicht hatte, setzte sich der Richter Schnee an die Spitze einer S t r a f e x p ed i t i o n. Es ge lang ihr leider nur die Festnahme eines der Rädelsführer, der zum Tode durch den Strang verurtheilt und bald darauf hin gerichtet wurde. Von der Zerstörung des hart an der Küste gelegenen Räubernestes nahm die Strafexpedition merkwürdiger weise Abstand. In Oesterreich macht Graf Thun wieder einen ver zweifelten Versuch, den verfahrenen Regierungskarren vorwärts zu bringen. Bekanntlich regiert er nach Heimschickung des Reichs- rathes auf Grund des diktatorischen Paragraph 14. Er wollte im Sprachenstrrit den Deutschen nicht geben, was ihnen ge bührt, weil er sich den Tschechen gegenüber die Hände gebunden hatte, das trieb die Deutschen in di« Opposition und zur Ob struktion, und da die Regierung mit dieser nicht fertig zu werden vermochte, jagte sie einfach die -Volksvertretung zum Teufel. Jetzt scheint es aber, daß Graf Thun einzusehen beginnt, auf dem Wege der Regierungsverordnungen sei auf die Dauer nicht zu regieren und vor Allem der Ausgleich mit Ungarn, dessen Er ledigung ihm als dringend und unumgänglich vom Kaiser über tragen worden ist, nicht perfect zu machen. Der neue ungarische Ministerpräsident v. S z e l l verlangt ein verfassungs mäßiges, nicht auf Grund des § 14 decretirtes Zoll- uno Handelsbündniß mit Oesterreich. Uin das aber zu erreichen, muß der Rcichsrath von Neuem einberufrn werden, und um ihn funktionsfähig zu machen, muß Graf Thun die Deutschen ver söhnen. Daher hat er sie wissen lassen, daß er gewillt ist, die ominösen Sprachenverordnungen für Böhmen, gegen welche sich in erster Linie die Opposition der Deutschen kehrt, mittels des § 14 aufzuheben und eine neue — provisorische — Sprachen verordnung zu erlassen, welche zwischen den Ansprüchen der Deutschen und der Tschechen die mittlere Linie ziehend, beiden gerecht wird. Wie verlautet, soll diese neue Verordnung die natürlichen Sprachengebiete, d. h. ein geschlossenes deutsches, ein geschlossenes tschechisches und ein gemischtes anerkennen und die Zweisprachigkeit nur für letzteres verlangen. Eine solche Ver ordnung, welche den Wünschen der Deutschen weit entgegen kommt, müßte, sollte man meinen, von diesen mit Genugthuung begrüßt werden. Gerade das 'Gegentheil ist dec Fall. Die deutschen Parteien haben erklärt, mit dem Grafen Thun überhaupt nicht mehr verhandeln zu wollen und lehnen es speciell ab, den jüngsten Vorschlag des Ministerpräsidenten zu discutiren. Die Gemeinbürgschaft der Deutschen ist abermals gewahrt, nachdem der gemäßigte verfassungstreue Großgrundbesitz in Böhmen mit dieser entschiedenen Haltung oorangegangrn ist und die deutsch« Fortschrittspartei beschlossen hat, dem böhmischen Landtag fern zu bleiben. Was die Deutschen zur stritten Abweisung der Versöhnungsversuche Thun's veranlaßt, gipfelt in folgenden Erwägungen: das plötzliche Entgegenkommen eines Ministers, der bis jetzt in schärfster Gegnerschaft gegen die Deutschen ge standen und sogar das berüchtigte, die Badenischen Sprachen - Verordnungen sanctionirende Judicat des Obersten Gerichtshofes in den Kampf gegen sic eingeführt hat, ist ein höchst verdächtiges. Man sagt sich, daß eine Sprachenverordnung auf Grund des 8 14 ebenso gesetz und verfassungswidrig ist, wie die Badeni'schen und Gautsch'schen Verordnungen und fragt sich, weshalb Graf Thun es so eilig hat, daß er den Zusammentritt des Reichsrathes nicht abwarten will. Er möchte neuerdings über di« Rechte der Deutschen diktatorisch verfügen, ohne das; die Deutschen befragt werden. Noch kennt man den Wortlaut seiner Verordnungen nicht. Wie, ivenn sie die Ansprüche der Deutschen nun doch nicht befriedigen und die deutschfeindliche Majorität des Reichsraches sie nach her zum Gesetz erhebt? Nach alle dem muß be ¬ fürchtet werden, daß das halb« Entgegenkommen der Regierung nur bezweckt, den unsicheren Cantonisten im Lager der Deutschen, die ohnehin nur dem Drucke der öffentlichen Meinung weichen, indem sie in der Opposition verharren, einen billigen Vorwand zumAbfall zu geben, die Gemeinbürgschaft zu sprengen, dieDeutscheu ganz wehrlos zu machen. Wir können uns dieser Beurtheilung der Lage nur anschließen. Da auch die Tschechen sich gegen die Thun'schen Vorschläge, als den Deutschen zu weit entgegen kommend, wenden, ist wohl kaum daran zu zweifeln, daß dec Graf wieder einen Schlag ins Wasser thun wird. Lord C r o m e.r hat in der letzten Woche seinen Jahresbericht über die Lage Egyptens fertiggestellt und nach London ge schickt. Man sieht seiner Veröffentlichung in diesem Jahre mit besonderem Interesse entgegen, um Näheres über die zukünftige Verwaltung des Sudans, über die Zulassung fremder Handels gesellschaften und ähnliche Fragen zu erfahren. Bei der großen Bedeutung, die der Sudan in kaufmännischer Beziehung ein nehmen kann und da England versprochen hat, ihn ohn« jede Be vorzugung der internationalen Concurrenz zu öffnen, ist dieses Interesse natürlich. Bevor man indessen an eine praktisch« Lösung schreiten kann, ist es nöthig, zu warten, bis vollständige Sicherheit uno Ruhe im Lande Einzug gehalten haben. In dieser Beziehung scheint aber noch viel zu wünschen übrig zu sein und die Lage hat sich wiederum zu einer ziemlich kritischen gestaltet. In Folge -der beunruhigenden Gerüchte, die aus ver schiedenen Theilen des Sudans eingclaufen sind uno in Folge des erneuten Anmarsches des Ehalifa mit einem bedeutenden Heere hat der Sirdar auf seine beabsichtigte Reise nach Kassala und Gedaref verzichtet uno bleibt vorläufig in Ehartum, um persönlich die nöthigeu Maßnahmen zu leiten. Aber nicht nur, daß ganz Koroofan noch vollständig auf Seiten des Ehalifa ist und weit im Süden die Mahdisten den Congostaatlern eine em pfindliche Schlappe beigcbracht haben —- auch in der näheren Umgebung EharttimS scheint die -Lage nicht nach Wunsch zu sein. So wurde ein Kanonenboot ver Anglo-Egypter, als es kürzlich bei der im Weißen Nil gelegenen Insel Aba passirte, mir Salven begrüßt, oie zwar glücklicherweise keinen besonderen Schaden anrichteieu, doch wagte mau nicht, Truppen zu landen um den Feind zu vertreiben. Die auf dem Kriegsministerium eingelaufenen Nachrichten besagen, daß das Heer des Ehalifa sich in einer Entfernung von 160 (engl.) Meilen südwestlich von Omdurman befinde. Sollte dies der Fall sein, so dürfte sein Schicksal wohl besiegelt sein, denn den Schnellfeuergeschützen der Englänver gegenüber ist selbst Todesverachtung und Tapferkeit der Mahoisten ohnmächtig. Würde er sich dagegen in die Kordo- faner Berge zurückziehen, wo er sich noch vor einigen Wochen aufhielt, so dürfte er Lord Kitchener noch manche Kopfschmerzen bereiten. Man nimm: allgemein an, daß sich diese Frage bereits in der nächsten Zeii entscheiden werde. Nach den aus Manila über die Lage auf Sc» Philippinen nach M adrid gelangten Melsungen herrscht sie Auffassung vor, als wenn zwischen Admiral De wen und General Ötis eine U e b c r e i n st i m m u >: g hinsichtlich des Vorgehens gegen sie Philippiner nicht mehr bestehc. Dewey häl: oei: Feldzug zu Lande für viel zu schwierig und empfiehl! Zugestänonijse an die Aufständischen, während die Flotte die Herrschaft der Ameritaner an allen Küstenpuncren sicher stellen würde. Dies sei für ven Augenblick hinreichend und in kurzer Zeit würoen sich die Spaltungen unter den Führern der Philippiner in günstiger Weise ausnutzen lassen. General Otis dagegen, dem offenbar der bisher gewonnene Kriegsruhm noch nicht genügt, wünscht die Durchführung des Landfeldzugcs unter Aufbietung aller vorhandenen Kräfte und er beschuldigt DcwcN, ihn nicht rechtzeitig im erforderlichen Maße unterstützt zu haben. Es wiederholt sich demnach auf den Pblippinen der selbe Gegensatz zwischen der Führung der Land- und Seestreit kräfte, welcher schon im kubanischen Feldzuge so schroff hervor getreten war. Dieser Gegensatz bietet auch den Grund dafür daß neuerdings verschiedenartige Meldungen über die Ab sichten der uordamerikanischen Regierung bezüglich des philippinischen Feldzuges austraten. Deutsches Reich. 0. tt. Berti», 13. März. (Das Kren zeige schwader desPrinzen Heinrich.) Nach den soeben bekannt ge wordenen Sommercommandirungen sind mannigfache Ver änderungen bezüglich der leitenden Officier: des Geschwaders erfolg!. Als Flagleutnant erhält Prinz Heinrich als Gcschwaderchef den Capitänleutnant Hintze als Signalosficier den Oberleutnant Herzbruch. Die 1. Division des Geschwaders setzt sich zusammen aus dem „Kaiser" (Eommandam Capitän z. S. Stubenrauch, 1. Officier Eorvcttcn- capitän v. Bürste), „Irene" (Commandant Fregattenkapitän Ob«nheimer, 1. Officier Capitänleurnant Zimmermann), Fettillrton. Wang-hgan-Chv. Roman von Sylva Testa (L. Frfr. von Stael-Holstein). Nachdruck verbot«». Auf dem Marktplätze wurde Halt gemacht und unter Gong schlägen und Lvbgesängen der daselbst versammelten Priester- schaft die Kuh mit goldenen Aexten zerschmettert. -Aus ihrem Innern rollte eine Unzahl kleiner Thonkühe auf den weichen Sandboden und Jeder suchte eine als Glückszeichen zu erhaschen. Dann erschien ein zweiter Zug mit hundertfünfzig bekränzten Rindern, einem Geschenk des Kaisers an sein Volk. Lanzenreiter hielten die andrängcnde Menge zurück, während die Thiere ge schlachtet, zertheilt und an Spießen über Kohlenfeuern geröstet wurden; dann streckten sich Tausende von abgemagerten Händen nach den saftigen Stücken, und die Sonne des himmlischen Reiches hatte lange kein so fröhliches Bild beschienen. Und doch schien sie kein Wohlgefallen an Tschung-Hua, der Blume der Mitte, zu haben, denn Tag um Tag sandte sie ihre glühenden Pfeile mitleidlos, lebenmordend Herab. Die Getreidekörner in der Ackerfurche des Kaisers ruhten wie in heiße ?lsche gebettet; kein einziges keimte. Der Sommer neigte sich seinem Ende zu und es unterlag keinem Zweifel mehr, daß die Mißernte eine vollständige sein und eine verheerende Hungersnoth das un glückliche Land heimfuchen werde. Wieder war es die Kaiserin-Mutter, welche in den Herrscher drang, dem klebel durch ein strenges Selbstgericht enkgegen- zutreten. Buß- und Gebetsübungen wurden verordnet, sowohl für die Anhänger des Fo (Buddha) als auch für diejenigen des Kong-^fu-tse. Chen-Dsung setbst verrichtete im Tempel des großen Lehrers, dessen Namen man aus Ehrfurcht nicht aus zusprechen -wagt, sondern nur mit Mow bezeichnet, folgendes Gebet angesichts seines großen Sekretariats, des Nei - ko- Collegiuws: „Ich, der Minister des Himmels, der ich über das menschliche Geschlecht gestellt wurde, es zu regieren und für die Ordnung der Welt und die Ruhe des Reiches hafte, ich w«rde von Kummer verzehrt und zittere vor Angst; alle Heiterkeit flieht mich und dsmungeachtet ist noch kein ergiebiger Gußregen erfolgt. Bin ich denn nachlässig gewesen im Opfern? Haben Stolz oder Verschwendung mein Herz beschlichen? Habe ich den Geschäften der Regierung nicht die gehörige Aufmerksamkeit gewidmet? Halbe ich sonst die Pflichten meines heiligen Amtes verletzt, Unterdrückten kein Gehör verliehen und Dürftige in den Gräben verhungern lassen? Kniend bitte ich daher den kaiserlichen Himmel, mir meine Unwissenheit und Dummheit zu vergeben, damit nicht Tausende von Schuldlosen um meinetwillen aus Verschuldung des Einzelnen zu Grunde gehen. Meine Sünden sind so zahlreich, daß ich ihren Folgen nicht zu entgehen hoffen kann. Der Sommer ist vergangen und der Herbst ist da; un möglich ist's, länger zu -warten. Kniend flehe ich zum kaiserlichen Himmel, mich der Befreiung zu würdigen!"*) Nach Verrichtung dieser Ceremonie begab sich Chen-Tsung zu seiner Mutter, die ihn veranlassen wollte, sich mit Shö-ma- Kuang, dem er sonst geflissentlich auswich, über die dringendsten Staatsgeschäfte zu »besprechen. Der Kaiser befand sich in gedrückter und gereizter Stimmung, denn er hatte soeben, einem alten Brauche genügend, den kaiser lichen Himmel angerufen, ohne Glauben an einen solchen, und jeder Schein war ihm verhaßt; auch verstimmte es ihn, den alten Minister vorzufinden, mit dem er sich niemals verständigen tonnte. Als Tsao im Laufe des Gespräches die gegenwärtige Not-Hlage wie gewöhnlich -mit den Neuerungen in Verbindung brachte, erwiderte er scharf: ehe er Wang seine Vollmachten er- theilt habe, sei die Situation bereits eine derartig verzweifelte gewesen, daß der große Rath nicht mehr aus noch ein wußte, der Aufruhr tobte in Stadt und Land, bedrohte den Palast und das Herrscherhaus. Damals sei Wang und Wang allein der Retter in der Noth gewesen. Shsi-ma-Kuang gab dieses zu und auch, daß eine Reform dringend geboten war, um dem übermäßigen Reichthum auf der einen, dem grenzenlosen Elende auf der anderen Seite zu steuern; er meinte, dieser Ausgleich der schroffsten Gegensätze sei 'heute noch möglich, ohne allgemeinen Umsturz, nur durch ein Zurückgreifen auf frühere, außer Gebrauch gekommene dies bezügliche Verordnungen. Er erinnerte namentlich an das Ehe gesetz des großen Yü, nach welchem alle heirathsfähigen Jüng linge und Jungfrauen sich an einem bestimmten Jahrestage vor der obersten Ortsbehörde einzufinden hatten und folgenoermaßen unter einander vcrtheilt wurden: die Reichsten erhielten die schönsten um einen hohen, die minder reichen Jünglinge die weniger schönen Mädchen um einen geringeren Preis, die Armen die häßlichen umsonst. Unter letztere kamen dann die von den Wohlhabenden gezahlten Summen zur Verkeilung, so daß auch der Mittelloseste seinen jungen Hausstand sorgenfrei begründen *) Chinesische Staatszeitimg. tonnte. SH«-ma-Kuang empfahl diese gerechte und wirksame -Maßregel zur Vermögen- und Classenmischung aufs Wärmste. „Laßt uns nur recht tief in den an Heilmitteln unerschöpflich reichen Schatz der Vergangenheit greifen, o Erhabener, dann brauchen wir keine Umwälzung des Bestehenden." So schloß er seine Auseinandersetzung. Chen-Tsung erwiderte mit ungeduldigem Achselzucken: „All, dessen Weisheit Du mir allezeit rühmst, mein guter Shö-m-a- Kuang, wie jeder große Kaiser vor und nach ihm, war ein ge waltiger Reformator, sein Eheqesetz bedeutete damals eine radikale -Umwälzung der bisherigen Verhältnisse. Vor 2500 Jahren mag dieser Eingriff in das persönliche Geschick des Einzelnen weife gewesen sein, heute wäre er thöricht, ja eine schändliche Vergewaltigung der Menschenrechte. Nach Freiheit dürsten die Besten unseres Volkes, und cs hieße sie mit Füßen treten, wenn wir selbst Schönheit und Liebe auf die Goldwaage legen wollten." Eine Helle Zornesflamme sprühte aus des Kaisers Augen, denn er gedachte daran, daß er, der Hohe, Erhabene, der Sohn der Sonne, das Recht, in der Liebe frei und glücklich zu sein, das er dem Geringsten seiner Landessöhnc erhalten wollte, nicht besaß. Seine Erregung war Tsao unverständlich, aber Shv-ma- Kuang ließ das graue Haupt mit einem Seufzer sinken; es fiel ihm ein, daß er dem Reichsten die Schönste verkauft hatte, und er hätte sein Leben darum geben mögen, den Handel ungeschehen z-u machen. Wenige Tage später erfüllte lauter Jubel den Palast, die Kaiserin Meng hatte dem Reiche den langersehnten Thronerben geschenkt, und von Nah und Fern strömten Deputationen herbei, das Kaiserpaar z-u beglückwünschen und kostbare Geschenke dar- zubrinqrn: silberne und goldene Gefäße voll wohlriechender Essenzen mit den kunstreich eingravirten Worten: Gesundheit, Ruhm und langes Leben. Wenn sich die Reform durchführen ließ, so sollte dieser kleine Ankömmling kein Kronenträger, sondern ein einfacher Staats bürger werden: aber daran glaubte im Palaste Niemand außer dem Kaiser. Shö-ma-Kuang huldigte seinem künftigen Gebieter mit drei maliger Kniebeugung. Obwohl ein Greis, hoffte er doch noch, die Schritte des Prinzen in die Bahnen seiner großen Vorfahren zu leiten, denn als ältester Minister fiel ihm die Erziehung des Thronfolgers zu. Chen-Tsung ließ sich sein Söhnchen, das in seinen Windeln von ungebleichter Seide einem eingesponnenen Seidenwurm gleichsah, nur einmal bringen. Er betrachtete das winzige Ge- schöpfchcn mit wehmüthigem Lächeln. Ten schmalen Kopf mit den Fingerspitzen berührend, dachte er: In dieser armseligen Nußschale wirst Du das federleichte Hirn Deiner thörichten Mutter beherbergen. Die Welt wirv sich in Deiner gedanken leeren Vorstellung spiegeln, wie sie ist, nicht wie sie sein sollte, ihr Flittergold wird Dir genügen und Tu wirst glücklicher sein als Dein Vater; dann hieß er die alte Pflegerin ihn wcgtragen und fragte nie wieder nach ihm. Dceiundzwanzigstes Capitel. Die Kaiserin-Mutter hielt w-cnig von ihrem Sohne Jo-lu, er irmr in ihren Augen ein werthloses Wesen: leichtfertig, weich lich, genußsüchtig, aller tüchtigen Eigenschaften bar, die ein Mitgl'.co des Hcrrscker-Hauses haben sollte. Sie behandelte ihn demgemäß verächtlich. Jetzt wurde das anders: wo alle dem Reformator feindlichen Elemente sich vereinen und zur Action schreiten sollten, durfte der Prinz nicht übergangen werden. Mit tödtlichem Haß im Herzen sah er seine Einkünfte durch die un geheure Besteuerung wie Schnee am Feuer zusammenschmelzen. Er sah den Tag heranriicken, wo ihm die gebratenen Ratten nicht mehr gleichsam von selbst in den Mund laufen würden, und war er auch nicht dazu bestimmt, einst mit eigenen Händen arbeiten ;u müssen, weil Wang ihn und seinesgleichen dazu für unfähig hielt, so doch mit einem Minimuni seines früheren Vermögens auszukommen. Er und seine Standesgenoffen am Bettelstäbe, nachdem sie bisher nur um die Art verlegen gewesen 'waren, wie sie ihren ungeheuren Ueberfluß vergeuden und vcr- 'schlemmen sollten. Diese Thatsachc riß ihn aus seiner fetten Faulheit und stachelte seine Lebensgeister zu einer Regsamkeit an, die Niemand ihm mehr zugetraut hätte. Seiner Mutter und der Kaiserin Möng machte er sich besonders angenehm durch seinen entschiedenen Vorsatz, T-Hsia um jeden Preis aus dem Wege zu räumen. In ihr, sagte Jo-lu, hänge sich die Volksseele immer wieder an den Herrscher, löse ihn los von allen Ueberlieferunzeii, ziehe ihn -herab in unheimliche Tiefen voll unbekannter Möglichkeiten unv Gewalten. Allen Reformfeindeu galt sie als Wang's festeste Stütze. Man wußte, daß sie ihm nahe stand, an des Kaisers Berathungen mit ihm theilnahm und in Alles eingeweiht war. Jo-lu kannte nur zu genau Wang's Zaubergewvlt über Frauenherzen und zweifelte nicht daran, daß auch dieses Mädchen aus dem Volke für den Heros der Be drückten schwärmte.- <- „Oho, mein Täubchen und mein Falke, was gilt's? In einer Schlinge fange ich Euch Beide", dachte er vergnügt, nachdem er
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