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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990316017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899031601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899031601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
- Tag1899-03-16
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Reklamen unter dem Redaction-slrich («ge spalten) üOxZ, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40/H. Größere Schriften laut unsrrein Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zissrrujatz nach höherem Tarif. Lxtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Margen-Ausgabe, ohne Postbefürderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig. 93. Jahrgang. Des Fürsten Lismarck Beisetzung. An einem 16. Marz, vor elf Jahren, ist die Leiche Kaiser Wilhelm'S I. im Mausoleum zu Charlottenburg bestattet worden und an dem heutigen 16. März wird Fürst Bismarck mit seiner treuen Lebensgefährtin in der schlichten Capelle bei den Bäumen deS SachsenwaldeS die letzte Ruhestätte finden. DeS alten Kaisers Geist war, als sie seinen Leib den Blicken entzogen, so viele Tage entflohen al« heute, da sich an Fürst Bismarcks Sarg die letzte Hand legt, seit dessen Hintritt Monate verflossen sind. Aber hier wie dort umgiebt die Ceremonie frischer Schmerz, verschärft an diesem Tage, daß der Diener nicht wie sein Herr in dem in unerreichbarer Größe verwalteten Amte sich ausleben durfte. Die sich an deS großen Lenkers, Lehrers und Mahners Nichtsein gewöhnt, denen ist sein Leb en eine Last, ein unbequemer Schatten, ein Vorwurf gewesen. Wer ihn neidlo« bewunderte und seinen Thaten redlichen Dank zollte, für den hat sich die Schwere deS Verlustes nicht gemindert. Denkmäler ragen, neue erheben sich, aber nicht Stein noch Erz erhält sein GedLchtniß so lebendig, wie die durch seinen Tod geschaffene und durch die Späteren wider Willen aber nur allzu deutlich sichtbar gemachte Lücke. ES ist ein am Lichte der Wirklichkeit verblassender Stubengedanke, daß das deutsche Volk arm erscheine, wenn es von dem im Sarge verschlossenen Bismarck Rath und Weisung zu borgen fortfahre. Vielmehr beruht das Heil von des Entschlafenen Werk auf dem Bemühen der Nation, seine Wege zu gehen, soweit Auge und Fuß eS zulasseu. Nicht einen reichen Erblasser sollen sie unS heute in FriedrichS- ruh begraben haben, der mit seiner Schöpfung daS Letzte für unS gethan, sondern einen in alle Zeit lebendig fortwirkenden Meister. Der Heldenlcib mag ruhen, der Heldengeist soll aber semem Volke schweben, in seinem Volke weben. Da« walte Gott! Die allgemeine Bildung unserer Akademiker. Die Rede, die Professor Virchow im preußischen Ab geordnetenhause über den Niedergang der allgemeinen Bildung unserer höheren Schüler gehalten hat, verdient nicht nur wegen der Bedeutung des Redners als Gelehrter, sondern auch deshalb besondere Beachtung, weil dieser Gelehrte einer der hervor ragendsten Vertreter der Naturwissenschaften ist. Wenn rin Naturforscher die gründliche Unterweisung der Schüler in der Grammatik fordert und verlangt, daß auch Mediciner philosophische Vorlesungen hören, weil andernfalls die gelehrten Schulen nicht auf der erreichten Höhe gehalten werden können, so ist das ohne Zweifel ein ungemein wirksames Zrugniß für den Werth, den der frühere Betrieb des Unterrichts in den klassischen Sprachen für die formale Bildung hatte. Virchow'« Klage, daß der Mangel an Logik immer größer werde, kann man in Verbindung mit Klagen über Abnahme des wissenschaftlichen Eifers häufig auch von praktischen Schulmännern hören. Dabei sind es nicht etwa blos klassische Philologen, die ein solches Urtheil fällen, sondern fast in erster Linie die Lehrer de» Deutschen und der Geschichte. Und nicht nur Angehörige der älteren Generationen, sondern auch jüngere Kräfte versichern, daß die Leistungen in demselben Maße geringer geworden seien, in dem die Forderungen ermäßigt wurden. Virchow begegnet sich in seiner Klage auch mit seinem poli tischen Antipoden, mit Heinrich von Treitschke. Auf das Lebhafteste rühmt dieser in der „Politik" den gründlichen Unterricht in der Grammatik der alten Sprachen. Er schreibt u. A.: „Daß Jemand im Stande war, einen griechischen Satz zu construiren mit seinem eigenen Denken, das bleibt ihm ein Gewinn fürs Leben. Ebenso ist es einerlei, ob Einer später noch weiß, was ein Logarithmus ist; das kommt nicht in Betracht. Aber daß er einst mit Logarithmen rechnen konnte, das bleibt ihm für immer. Für diese formale Bildung des Geistes sind die alten Sprachen das sicherste und wirksamste Mittel. Die Mathematik kann bis zu einem gewissen Grade ähnlich wirken; sie bewegt sich jedoch nur auf dem Gebiet des reinen Verstandes, die Sprache aber umfaßt Gemüth und Verstand zugleich. Es wird immer dabei bleiben, daß der Unterricht im Lateinischen und Griechischen durch gar nichts Anderes ersetzt werden kann. Die klassischen Sprachen haben eine Fülle deutlicher Flexionen, wie sie die modernen gar nicht mehr be sitzen; das Englische hat gar keine Nominalflexionen mehr, so ist es abgeplattet. Ein anderer Vorzug jener Sprachen ist es, daß der Gebrauch nichts mehr an ihnen ändert. Hier stehen die Regeln fest, und darauf kommt es gerade an bei dem zuchtlosen, jugendlichen Gerste, er soll sich halten müssen an eine feste, gegebene Regel. Dazu der dritte Vorzug, daß die schönste Literatur aller Zeiten in Griechenland entstanden ist, und daß die römische Spracht ein« logische Kraft besitzt, wie kein« andere der Welt; in dem Maße, daß, wenn man sich etwas klar und deutlich machen will, man sich den Gedanken in lateinischer Sprachfocm con- struirrn muß. Man kann dann keinen Denkfehler mehr be gehen." Treitschke stellt dann, wir Virchow, fest, daß unter dem heutigen Gymnasialunterricht auch die Universitäten leiden. Aber die letzte Ursache für die Verschlechterung des mittleren Unterrichts sucht Treitschke auf den Universitäten; er meint: „Auf die glänzende philosophische Epoche, die der Pädagogik be sonders günstig war, weil sie eine universale Bildung erzeugte, ist eine Zeit der Speciakisirung der Wissenschaft gefolgt, deren innere Nothwendigkeit Niemand verkennen kann. Durch sie werden für die Gymnasien philologische und mathema tische Specialisten gezüchtet, während früher Pädagogen gebildet wurden, die eine ganze Classe in ihrer Bildung geistig be herrschen und mit Ausnahme der Mathematik alle Fächer lehren konnten." Treitschke verzagt trotzdem nicht; er kündigt für eine nicht mehr ferne Zukunft einen Umschlag an. Während der Uebrr- gangszeit, in der wir stünden, empfiehlt er ebenso, wie Virchow das Hören einiger Vorlesungen der philosophischen Facultät. Mögen die Mahnungen, die übereinstimmeno von zwei Zierden der Geisteswissenschaften und d«r Naturwissenschaften aus gesprochen werden, nicht wirkungslos verhallen. Eine Dicke im Strafrecht. D.Ein socialdemokratisches Blatt in Straßburg i. E. hatte die Frechheit, den Fürsten Bismarck und Moltke als A r r a n g e u r c des deutsch-französischen Krieges zu bezeichnen und die diesen Begründern der deutschen Einheit nach dem Kriege zuerkannten Dotationen für „Trinkgelder" zu erklären. Wegen groben Unfugs angeklagt, wurde der verantwortliche Redakteur des Blattes vom Schöffengericht freigesprochen. Hier ist eine Lücke im Strafrecht. Das Urtheil des Schöffengerichts soll nicht bemängelt werden, denn der 8 163 Abs. 11 des Straf gesetzbuches hat «ine derartige Ausdehnung erfahren, daß, und vielleicht nicht ganz mit Unrecht, eine gewisse Animositä: geacn die Bestrafung wegen groben Unfugs besteht. Aus der anderen Seite wird man aber zugeben müssen, daß das Em pfinden jedes deutschen Patrioten gröblich verletzt wird, wenn Deutschlands große Todte, wie hier Bismarck und Moltke, und bei anderen Gelegenheiten Deutschlands erster Kaiser mi: Schmutz beworfen werden. Eine Sühne könnte erreicht werben wenn eine Verfolgung auf Grund des 8 189 (Beschimpfung ce- Andenkens Verstorbener) eingeleitet würde. Nach Absatz ", dieses Paragraphen ist ckber die Verfolgung abhängig von dem Anträge der Eltern, der Kinder oder des Ehegatten des Der storbenen. Nun hat es aber beispielsweise das einzige noct> lebende Kind Kaiser Wilhelm's I., die Großherzogin von Baden, stets abgelehnt, Strafantrag wegen Beschimpfung des Andenkens ihres verstorbenen Vaters zu stellen, die Kinder des Fürsten Bismarck würden voraussichtlich ebenso handeln, und Moltke ha: nahe Angehörige, die im Sinne des 8 189 antragsberechtigt wären, überhaupt nicht hinterlassen. Einerseits also besteht eine ja sehr leicht erklärliche Abneigung der nächsten Angehörigen, durch einen Strafantrag gewissermaßen in eine Beziehung zu den Beleidigern zu treten, und zweitens ist manchmal die physische Unmöglichkeit vorhanden, den Anforderungen des 8 189 zu genügen. Es sollte deshalb diesem Strafgesetz-Paragraphen ein weiterer Absatz angefügt werden, der etwa zu lauten hätte: „Bezieht sich indessen die Beschimpfung auf eine Persönlichkeit, die bei Lebzeiten im öffentlich«» Leben gestanden hat, und ist die Verfolgung als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen, so kann sic ohne Antrag eines d«r nächsten Angehörigen des Aer storbenen eingelcitet werden." Eine solche Abänderung würde auch durchaus dem S i n n e des Gesetzes entsprechen. Tas Ge setz will in gewöhnlichen Fällen nur deshalb eine Verfolgung auf Antrag eintreten lassen, weil ja in den meisten Fällen nur die nächsten Angehörigen eines Verstorbenen durch eine ihm zu gefügte Kränkung verletzt sein werden. Deshalb liegt, wenn sic durch die Nichtstellunq eines Antrages documentiren, daß sie sich nicht gekränkt fühlen, kein Anlaß vor, einzuschreiten. Männer wie Kaiser Wilhelm I., Bismarck und Moltke ge hören auch nach ihrem Tode der ganzen Nation an, und wenn ihr Andenken beschmutzt wird, so liegt die Sühne im Interesse des deutschen Volkes, das durch die Beschimpfung selbst gekränkt wird. Deshalb erscheint es in diesem Falle überflüssig, die Stellung eines Antrages als dem Sinne des Gesetzes entsprechens anzusehen. Gehen die Beleidiger frei aus, wie in dem Straß burger Falle, so werden sie dadurch noch mehr ermuthigt, die Gc- Hühnereier. Eine zeitgemässe Betrachtung. (Nachdruck verboten.) Es ist immer bübsch und eines gebildeten Menschen würdig, wenn er über daS, was er ißt und trinkt, einiger maßen Auskunft geben kann, obgleich daS freilich manchmal recht schwer, ja, besonders bei Getränken selbst für den größten Kenner der Höben und Tiefen der Mutter Natur gegenüber den Kniffen und Ränken der modernen Chemie platterdings unmög lich ist. Ich meine die Sache aber nicht etwa so, daß Einer, der ein Paar Hühnereier frühstückt, mir, wenn ich ihn frage, ob er auch wisse, waS er da äße, antworten kann: „daS geht Sie zwar nichts an, aber eS sind ein Paar Hühnereier," sondern so, daß er zu mir sagt: „bitte, lassen sie sich hier neben mich nieder" und mir nun haarklein aus- cinandersetzt Alles, WaS über ein Hühnerei zu wissen wichtig ist, seine Herkunft, seine Bestandtheile und deren Bau. So meine ich eS. Wenn nur die Leute Hühnereier essen dürften, die da« können, dann würden die Eierhändler bald Bankerott machen, aber bübsch wäre e«, wie gesagt, doch und eines gebildeten Menschen würdig. Na, da die Eierkunde in gewissem Sinne auch in mein Fach schlägt, will ich ein UebrigeS thun und versuchen, meine geehrten und verehrten Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Eierfrage ein wenig auf den richtigen Trichter zu bringen. Ein Vogelei ist ein wundervoller lebender Organismus, ja das ist er. Kann ein Ei etwa nicht absterben und ver derben, muß eS aber nickt, um daS zu können, ein inneres Leben haben? Wir können eS, wenn wir eS über und Uber lackiren oder völlig in eine Flüssigkeit einsenken, ersticken, folglich muß es zu athmen ver mögen, also leben — da giebt eS gar kein Gefiye, sagen wir Leipziger. Die Bildungsstätte eines Eie«, wenigsten« seines Haupt- tbeil« ist der Eierstock. Wer einmal eine Henne, namentlich im Frübjahr, ausgenommen bat, oder wenigstens ein auf merksamer Zuschauer gewesen ist, wenn eS jemand Anderes tbat, der wirb gefeben haben, daß in der linken Seite der Bauchhöhle hinter dem Magen und den Darmschlingen eine an der Hinteren Körperwand durch eine Haut befestigte Art von Traube mit gelben Beeren von sehr verschiedener Grvße sich befindet — der Eierstock mit Dottern auf sehr ungleichen Stufen der Ent wickelung. An der reckten Seite ist nicht« derartige- und e« ist eine sehr charakteristische Eigenthümlichkeit aller weib lichen Vögel, daß rin Eierstock bei ihnen nur link« sich befindet. Der rechte wird freilich bei der Entwickelung auch angelegt, aber sein WachSthum schreitet meist nur bis auf einen gewissen Grad fort, dann steht eS still, ja der Eierstock kann, da auch in diesem Falle Stillstand häufig Rückschritt ist, völlig ver schwinden, indem dir lebenden Bausteinchen, auS denen er besteht, thierische Zellen, wieder in den Stoffwechsel aus genommen werden. Beim weiblichen Küchelchen ist von jener Traube noch nichts zu seben, da liegt vielmehr start ihrer etwas vor und über der linken Niere ein kleine-, bellgelbe- Gebilde in Form einer länglich viereckigen Platte, die auf ihrer Ober seite eine Reibe seichter Ouerfurcken aufweist und an der binteren Seite eine Anzahl verhältnißmüßig starker Blut gefäße aufnimmt — von Recht« wegen, denn diese kleine Platte muß stark ernährt werden, wenn sie zum leistungsfähigen Eierstock auswachsen soll. Zu gewissen Zeiten, nach Ende des Winters, wenn die Eiablage normal weise beginnt, wird diese Ernährung noch gesteigert und der Eistock gebt in eine Art entzündeten Zustandes über. Beim jungen Vogel liegen die zukünftigen Eier in Gestalt mikroskopischer Bläschen in der Masse der Platte eingebettet, und zwar in einer bestimmten, aber in der Regel und nament lich beim Hausgeflügel individuellen Schwankungen unter liegender Zahl, — so und soviel. Ein Tbeil der Zellen, auS denen sich die Masse der Platte zusammensetzt, sind von vornherein dazu bestimmt, um es einmal so auszudrücken, zu Eiern zu werden unv werden wahrend der Entwickelung schon in diesem Sinne angelegt. Hat die Henne ein gewisses ehrwürdiges Alter erreicht, so wird sie zur Matrone, der Vorrath an Bläschen ist erschöpft und sie streikt mit dem Eierlegen. Diese Bläschen nennt man Primordialeier und die der Eintrittsstelle der Blutgefäße benachbarten, die die kräf tigste Ernährung aus erster Hand haben, wachsen am schnellsten und drängen sich über die weiter nach außen gelegenen, langsamer reisenden weg. Gegen das Frühjahr hin vergrößern sie sich in rascherem Tempo, ihr gelber In halt vergrößert sich zum Dotter, der in einem besonderen zarthäntigen Säckchen oder in einer Kapsel liegt. Mit dem Eierstock ist daS Säckchen durch einen länglichen, zarten, starke Blutgesäße enthaltenen Stiel verbunden. Diese gestielten, verschieden großen, weil verschieden reifen Dottern sind die Beeren der Traube. Ein vollständig reifer Dotter am Eierstock setzt sich zu sammen au« folgenden Tbeilen: dem weißen Dotter, dem gelben Dotter» der Dotterhaut und der Keimschicht. Der weiße Dotter, der z. Th. schon im Primordialei gebildet ist, enthält das mikroskopische Keimbläschen, von dem die Entwickelung des Küchleins ihren Anfang nimmt, und besteht wesentlich au« organischem Urstoff (Protoplasma) in Gestalt sehr kleiner Bläschen. Dieser Urstoff nimmt im Ver lauf de» weiteren WachStbumS de» PriniordialeieS an Masse zu, und seine äußeren Theile gehen in die Substanz de« gelben Dotter» Uber, aber nicht nach allen Seiten gleich mäßig. An einer etwas abgeflachten Stelle deS reifen DotterS bildet vielmehr der Weiße Dotter einen Theil der Oberfläche und in ihm ist daS Keimbläschen enthalten Nach unten dringt er in Gestalt eines Zapfen« bi« in die Mitte des gelben Dotter«. Jener an der Oberfläche de« gesammten reifen Dotter« liegende Theil deS weißen ist die Krim scheibe, wohl auch Kern de« Hahnentritte« genannt. Der gelbe Dotter ist auch nicht ganz gleichartig, er bildet vielmehr eine Anzahl con centrischer Schichten, die von zarten Lagern weißer Dotter substanz getrennt sind. In der Keimscheibe legt sich vom Keimbläschen au« die junge Frucht an, die zuerst au« dem übrigen weißen Dotter (Brldun ga-Dotter) unmittelbar hervorgebt, dann auch und bauptsächlich durch Aufnahme de« gelben (der deshalb auch „Nahrung-dotter" heißt) sich ernährt. Der gelbe Dotter besteht seiner chemischen Zusammen stellung nach, — abgesehen von geringen Mengen von Schwefel, Eisen, PhoSphorsäure u. s. w. — au« 52 Proc. Wasser, 22 Proc. fettiger Stoff und 16 Proc. eine« ihm eigen- thümlichen Körper«» de« Dotterstoffs oder Vitellin« (vom lateinischen vitellus, wa« Dotter bedeutet). Wenn der Dotter de« Eierstockeie« vollkommen reif ist, so zerreißt die ibm umhüllende Haut oder Kapsel und bleibt mit dem Stiel al« Kelch zurück, der Dotter aber gelangt in den Eileiter, den wir un« zunächst einmal naher ansehen wollen. Der Eileiter, in der Sprache der Küchenzoologie auch „Legedarm" genannt, ist gleichfalls nur an der linken Seite vorhanden. Er stellt eine durch die innere Bauchhaut an di« benachbarten Organe befestigte Nöbre dar, deren Wandungen zahlreiche der Länge unv der Ouere ungeordnete Muskel fasern enthält, und zwar sogenannte glatte, die sich wie z. B. auch die der Gedärme unwillkürlich, d. h. unabhängig von« Willen deö ThiercS bewegen. Der Binnenraum des Eileiter«, dessen Wandungen sich aber aneinandcrschmiegcn, ist im Ganzen ziemlich, aber an verschiedenen Stellen verschieden weit. Zur Zeit des Eierlegens erfährt er eine gesteigerte Blutzusuhr und Ernährung unv geht in einen entzündlichen Zustand über, wobei seine Wandungen beträchtlich an schwellen und seine Länge und Weite zunehmen. Er bildet in seinem Verlauf drei Krümmungen. Sein oberes Ende ist verbreitert und erweitert, und der innere Hohlraum mündet hier unmittelbar nach außen, bezw. in die Bauchhöhle. Es beißt der Trichter oder die Trom pete, und ist der dünnhäutigste Theil de« ganzen Eileiter«. Zur Zeit der Eireife legt sich der Trichter nm den Kelch deS gerade reifen Eies, daS nun, nachdem seine Kapsel geplatzt ist, in den Raum des Trichters, der dabei eine Art saugender und den Eintritt fördernder Bewegung auSsühren soll, gelangt. Auf dem Trichter folgt ein nach unten sich senkende« Stück des Eileiters, der sich aber bald wieder aufwärts wendet, sich wieder nach unten und recht», darauf nach oben und link« schlägt und nach einer dritten in der Mitte erweiterten, nach unten gerichteten Biegung mit einem links gelegenen Schlitz in die sogenannte Kloake mündet, in die zugleich der Mastdarm und die beiden Harnleiter sich öffnen. AuS dem Trichter rückt der reife Dotter weiter den Ei leiter herab, wobei er langsam um seine Längsachse gedreht wird, bi« er in den erweiterten Abschnitt de« unteren Ende« gelangt, in dem er für einige Zeit vorübergehend zur Ruhe gelangt. Während dieses Vorgänge« wird er zum fertigen, legreifen Ei, von dem er ja nur ein Tbeil, wenn auch der wichtigste, ist und der, auf dem e« überhaupt ankommt. Zunächst legt sich da« Eiweiß in concentrischen Schichten auf ihn an, da-, sobald er im mittleren Theil de« Eileiter« angekommen ist, schon vollständig vorhanvrn ist. ES lassen sich drei wohl gesonderte Schichten an ihm unterscheiden: die innerste, dünne, nach beiden Eipolen zu kegelförmig auS- gezogene, deren Eiweiß zähflüssiger und dichter ist al« da« übrige, dann eine mittelste au« leichter und eine äußerste aus sehr leichtflüssigem Eiweiß bestehende. Die letzte ist die um fangreichste. Im Ganzen enthält da« Eiweiß im Hühnerei durch schnittlich 80 Procent Wasser. Die kegelförmigen nach den Polen »u gerichteten Fortsätze der innersten Schicht sind «igenthümlich schnurenartiH zusammengewunden und durchsetzen da« ganze übrige Eiweiß an den betr. Stellen al« sog. Hagelschnüre oder Chalazen. Sie verdanken ihre Entstehung der großen Neigung de« Eiweiße« zum Gerinnen und sind spiralig in sich selbst aufgerollte Röhren (wie etwa ein Handschubfinger, den man um seine Längsachse zusammengedreht bat), aber die Richtung der spiraligen Drehung »st in jeder der beiden eine verschiedene, und zwar eine entgegegenHesrtzte. Die Bedeutung dieser merkwürdigen Vorrichtung ist noch nicht völlig klargestellt. Karl Ernst von Bär, einer der größten Naturforscher aller Zeiten und besonder- einer der ersten Kenner der Entwickelung-geschichte der höheren Tbiere, bemerkt: „Die Hazelschnüre, umgeben vom innersten Eiwe ß, ragen wie zwei Zapfen nach beiden Enden de« Eie« in da« (übrige) Eiweiß hinein und bewirken, daß die Achse, welche man von ihnen au- durch die Dotterkugel ziehen kann, zu der Achse de« ganzen Eie« immer dasselbe Verhält- niß behalten muß. Dadurch wird e« völlig unmöglich, daß der Hahnentritt (die Keimscheib«) nach dem spitzen oder stumpfen Pol de- EieS rollen kann." Unser im vorigen Jahre verstorbener Altmeister der Zoologie, Rudolf Lcuckart, betrachtet die Hagelsckniire als eine Art Hemmschuhe für die Bewegung des DotterS. Eine wichtige Sache ist dabei die entgegengesetzte Aufrollungs- richtung beider Chalazen, da hierdurch die einzige Möglichkeit gegeben wird, daß der Dotter in einer gewissen Spannung zu sieben kommt, dabei wird jenes festere, geronnene und spiralig auf gerollte Eiweiß das Bestreben haben, sich wieder rückwärts zu entrollen, daS kann aber nur bis zu einem geringen Grade möglich sein, da eS sich in der einen Chalaze in eben dem Maße wieder zusammenzieben muß, wie es sich in der anderen lockert, eben weil eS in jeder nach der entgegen gesetzten Richtung aufgerollt ist. Der Grad aber, in dem ein Entrollen möglich ist, ist gerade hinreichend, daß der Dotter sich etwas der Schale nähern kann, und wobl auch, daß die Keimscheibe immer oben zu liegen kommt, waS bei der Bebrütung thatsächlich stattfinvet. Hierdurch wird der Keim dem wärmenden mütterlichen Körper genähert, auch wenn der Vogel das Ei gedreht hat, und da- ist für seine Entwickelung von nicht geringer Bedeutung. Die Bilvung der Hagelschnüre im Eileiter geht dadurch vor sich, daß die gestreckten Polenden deS innersten zäh flüssigen, zuerst abgeschiedenen Eiweiße- bei dem in einer Schraubenlinie sich vollziehenden Durchgang deS DotterS durch den Eileiter in der TrebungSgeschwindigkeit etwa- zurück bleiben, eben weil dieses Eiweiß so zähflüssig ist. DaS ganze Eiweiß aber ist nichts Andere« als das Abscheidung-Product zahlreicher und während der Zeit der Eiablage sehr leistungs fähiger Drüsen der Jnwanduug der oberen Hälfte des Eileiter-. Wenn wir ein frischgelegtes Ei am stumpfen Pol öffnen, so finden wir im Weißen «ine runde, schüsselförmige Delle, die auch ihre Geschichte und ihre Bedeutung bat. DaS ganze, fertige Eiweiß ist nämlich von einer Zarten Haut umgeben, der man den nicht ganz passenden Namen der Schalen - haut gegeben hat. Sie ist aleichfall- ein Abscheidung: product besonderer Drüsen der Eileiterwandung, die sich un mittelbar an die Eiweißvrüsen anschließen. Diese Schalen haut besteht au» einem Netz dichtverwobener, verästelter Fasern, die so enge Maschen bilden, daß zwar kein Eiweiß durch sie hindurchzutreten vermag, gleichwohl aber weit genug sinr, daß ein GaSauStausch durch sie hindurch stattfinden kann. Die Substanz, au- der die Schalenhaut besteht, ist nierl würdiger Weise dem Stoff, der den Horupanzer der Jnsccteu bildet, dem Chitin, chemisch nahe verwandt. Die Schalen- baut setzt sich au- zwei Blättern, einem inneren und einem äußeren zusammen, die sehr fest aufeinander haften, aber am stumpfen Pol zur Bildung eine- linsenförmigen Raumes auseinander weichen. Die Spur diese- Raume», der die Lustkammer beißt, finden wir am gekochten Ei aber in Gestalt jener vorher erwähnten Delle. Ja der Erweiterung deS Endabschnitts de« Eileiter«, in dem da« Ei einige Zeit verweilt, wie ich sagte, erhält e« die Schale, seinen nicht am wenigsten merkwürdigen Theil. Die Schale schützt da- Ei und hält seine flüssigen Theile zusammen Sie besteht wesentlich au« phoSpboriaurem Kalk mit Spuren von Eisen und Schwefel und einer Grundlage von organischer Substanz. In der Schale de- Hühnerei» beträgt der phoSpbri- saure Kalk durchschnittlich 95,10, der organische Grundstoff 4,l5 Procent und der geringe Rest entfällt auf Eisen unv Schwefel. Die Schale ist auch ein AbsonderungSprotuct besonderer Drüsen der Ansandung de« Eileiter-, z. Tb. aber geht sie au- Umbildungen solcher Drüsen selbst hervor, di« sich in Form dünner kleiner Fleckchen kalkiger Natur loülösrn und sich auf die Schalenhaul legen. Zwischen unv über sie ergießt sich di« Absonderungsmass« anderer Drüjen
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