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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.03.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990329016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899032901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899032901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
- Tag1899-03-29
- Monat1899-03
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Es muß Vies Wunder nehmen, da über jenes Schutzgebiet eine Arbeit vor liegt, die, allerdings selbst nicht discutirbar, doch Aufschlüffe über vnser Gebiet giebt, die gewiß geeignet sind, sich näher damit zu beschäftigen. Wir meinen den Bericht, den der Wasserbautech- niker Herr Rehbock über die Aussichten Deutsch-Südwestafrikas*) geschrieben hat. Belanntlich ist das Schutzgebiet wasserarm, und diese Wasser- armulh ist es, die immer nnd immer wieoer von den Gegnern der Eolcnialpolilil angeführt wird, wenn «S gilt, gegen das einzige Schutzgebiet mobil zu machen, dessen klimatische Lage den dauern- oen Aufenthalt von Europäern gestattet. Um endlich ein un parteiisches Unheil, gestützt auf eine genaue Kenntniß des Lan des, zu gewinnen, 'bildete sich das- Syndikat für Bewässerungs anlagen in Deutsch-Südwestafrika, und dieses Syndikat sandte mit großen Kosten Herrn Rehbock hinaus, um seine Unter suchungen anzustrllen. Dieser ging aber nicht allein, sondern nahm aus Kapstadt einen Agrirülturchemiker, Herrn Watermeyer, mi:, und dieser beiden Herren ist es zu danken, wenn wir jetzt ein ungeschminktes Bild der Besiedelungsfähigkeit unserer Colo nien erhallen haben. Was sie uns sagen und beweisen, entspricht wever den Befürchtungen der Colonialfeinde, noch den großen Hoffnungen der enragirien Colonialfreunde. Deutsch-Südwest- afrila ist befiedelungsfähig, es dürfte vielleicht 70 000 Weißen Raum geben, — wenn die Wasserverhältnisse geregelt sind. Mit der Colonie verhält es sich wie mit dem Oranje-Freistaat. Vor 100 Jahren war er beinahe «ine Wüste, in 30 Jahren hat die Kraft und die Zähigkeit der Niederdeutschen daraus ein Pro duct ionsland gewacht, das für 36 Mill. Mark exporkirt. In Deutsch Siidwestafrila gilt es, diesem Ziele nachzustreben. Man muß 'das Wasser während und nach der Regenzeit sparsam sammeln uns haushälterisch damit umgehen. Thur man das, so kann darauf gerechnet werden, vor dem 835 000 qknr großen Komplex 300—400 000 gkm dem Ackerau und der Viehzucht nutzbar zu machten. In erster Linie muß an Brunnen und Tränk stellen für das Vieh gedacht werben, in zweiter Linie ist durch Thalsperren di: Wasserzufuhr nach den Feldern und damit ihre Befruchtung zu erstreben. Aus dem Buche Nehbock's und seinen kartographischen Beilagen erhellt, wie er sich die Bewässerung des gesammten Schutzgebietes denkt. Schon dir Ucbergrünung der Binnenlandstriche mit Gras, hier uno da mit Gesträuch oder vereinzeltem Baumwuchs, ver reich zur Sommerzeit die Gegenven, die auch außerhalb der Flußthäler Grundwasser nahe genug unter der Oberfläche füh ren. Sie alle wären als Weid« benutzbar, wenn das Vieh nur die nöchige Tränke fände. Nun zeigt uns Rehbock mittels mathe matisch genauer Erwägung aller einschlägigen Verhältnisse, daß 6—8000 Tränkstellm genügen werden, um jene ganze Riefen fläche in Weide zu verwandeln, wozu sie ja Futter genug trägt. Setzt man nämlich 5 lern als größtzuläfsige Entfernung eines Punktes des Weidelandes von der nächsten Wasserstelle an, so er- *) Deut ich-Südwest akrika. Seine wirthschastliche Erschließung unter besonderer Berücksichtigung der Nutzbarmachung des Wägers von Th. Reh bock, Regierungs-Baumeister, mit 28 Tafeln und Karten. Berlin 1898. Dietrich Reimer (Ernst Vohsrn). gickbt sich bei Bertheilung der Wasserstellen auf die Ecken von lauter Quadraten 50 qkm (also nahezu eine deutsche Quadrat meile) als Mittelgröße der von einem Brunnen mit genügendem Tränkwasser zu versehende Fläche. Innerhalb eines so großen Areals dürfte aber überall im Landesinnern hinreichender Grund wasservorrath aufzufinden sein, um einen einzigen Brunnen schacht damit zu speisen. Tankartige Sammelbecken ohne Um schließungsbauten können entweder im Felsboden bei der dort herrschenöenMuldenformderUmgebung gewonnen oder an Stellen ähnlich belegener Flachbecken mit thonigem, also wasserhaltigem Untergrund einfach durch weiteres Tiefergraben solcher Becken recht leicht gewonnen werden. Wo letzteres angebracht sei, das verräth schon das natürliche Zurückbleiben von Wasser nach der Regenzeit in den sogenannten „Bleys". Rehbock schlägt vor, den vertieften Vleybecken eine mehr grabenartige Gestalt zu geben, um die Beschattung durch die Vegetation der Ufer möglichst aus- zunuhen und dadurch die Verdunstung zu verringern. Nament lich im Osten unseres Schutzgebietes, auf der sich allmählich zur Kalahari absenkenden Fläche werden wir auf solche Weise eine Mbnge von „Bleys", die gegenwärtig bei ihrer Flachheit raschem Eintrocknen unterliegen, in werthoolle Tränkplätze verwandeln können, welche >dann die Vnwerihung der umliegenden Gras länderei für die Viehzucht erst überhaupt ermöglichen. Neben diesen Tränkstellen wendet Rehbock aber seine Haupt aufmerksamkeit den Stauseen zu, di« in der Thai geeignet er scheinen, frisches Leben aus den wüsten Alluvialgebilden sprießen zu lassen. Ströme und Flüsse hat das Lanv genug, sie führen aber die meiste Zeit des Jahres über kein Wasser. Während der Regenzeit schwellen sie an und gleichen reißenden Strömen, während der Trockenheit erzählt saftiger Graswuchs im Fluß bett und höchstens ein stilles Wässerchen von ihrer Glanzzeit. Das prächtige Wasser ist nutzlos verronnen, gerade das Wasser, das das trinkbarste ist und am besten zur Berieselung sich eignet. Denn das Brunnenwasser ist mehr oder minder Brackwasser, salzhaltig, das zwar für das Vieh recht gut ist, aber nicht dem Menschen und dem Boden frommt. Stauseen oder Flußsperren sind Wasserhalter, in der Eapcolonie erfüllen sie schon segens reich diesen Zweck. Auch im Kleinen bewässern schon seit Jahren Ansiedler in unserem Schutzgebiet, zum Theil auch Angehörige der Schutztruppe, mäßige Landstrecken, ober nur aus Brunnen oder Quellen. Dabei wachsen Mais und Kartoffeln, alle Arten europäischer Gemüse, Zwiebeln, Feiger, Weintrauben, vorzüglich. Wenn man aber bedenkt, daß in diesem Trockenklima die wich tigste "der in Betracht kommenden Culturpflanzen, der Weizen, drei bis vier Bewässerungen mit einer Uoberstauungshöhe von zusammen 30 ein, d. h. eine Wasserzusuhr von durchschnittlich 3000 edin auf je 1 Ira für jede Ernte bedarf, so versteht man, daß für Ausdehnung des Ackerbaues auf größere Flächen nur jene größeren Stauseen ausreichen, deren Planentwürfe Nehbock vorlegt. Vor allen verspricht der Vorschlag, die Felspfort« bei Hatsamas im südlichen Herecoland (südöstlich von Windhoek, in der Brette der Walfischbai) durch eine große Sperrmauer zum Aufstauen eines langen Sees zu befähigen, für Landbau und Viehwirthschaft sehr großen Nutzen. Zu den zweifellos bedeuten den wirthschaftlichen Segnungen des Hatsamas-Stauwerks ge sellt sich zum Glück eine durch die Gunst der örtlichen Bo'den- verhältnisse bedingte ausnahmsweise Wohlfeilheit der baulichen Herstellung. Während nämlich der genau berechnete (Überschlag die Kosten der übrigen von ihm vorgeschlagenen Stauwerke meist beträchtlich höher erscheinen läßt als bei dem Remscheider Stau see, kommt beim Hatsamaswerk je ein Cubikmeter Fassungsraum bei 12, 16, 20 in Stauhöhe nur auf 14, bezw. 9,4 und 7,3 Pfg. zu stehen (beim Remscheider Stauwerk mit 17 in Stauhöhe da gegen auf 36 Pfg.). Die Großartigkeit des Reservoirs von Hatsamas im Vergleich zu dem Remscheiver ergeben aber am klarsten folgende Zahlen: beieiner Stauhöhe Von 12 in von 16 ni von 21 in (in Cubikmeter n) das Hatfamas-Staubecken faßt 7 300000 15800 000 29 400000 das Remscheider faßt . . 470 000 870 000 1 500 000 Rehbock schlägt nun weiter vor, auf der durch die große Stau anlage von Hatsamas mit Berieselungswasser zu versehenden Länderei eine größere Ackerbaucolonie von etwa 600 Ansiedlern zu begründen, uno auch dabei hat er triftige, zahlenmäßige Be weise der Rentabilität auf seiner Seite. Diese Ackerbaucolonisten würden durch ihren Bedarf an allerlei Maaren (der ja selbstver ständlich im ganzen Schutzgebiet durch die Einfuhr, vornehmlich aus Deutschland, gedeckt werden muß) die Zolleinnahmen der Regierung steigern, .für den Proviant der Schutztruppe an frischen Gemüsen, Obst u. s. f. Erkleckliches beisteuern, so daß man der Truppe nicht mehr so viel theure Konserven zu liefern brauchte, und könnten aus ihrer eigenen Mitte eine waffeutüchtige Wehr- mannfchaft für den Kriegsfall stellen, was wieder «ine Reduk tion der Schutztruppe um wohl mindestens 30 Reiter gestatten würde bei 60 Mann jener Wehrmannschaft und Gleichsetzen von je zwei Mann derselben an militärischer Leistungsfähigkeit mit einem Reiter der stehenden Truppe. Der Verfasser resumirt diese dreierlei Nutzungen in jährlichem Geldwert!) also: 1. Erhöhung der Zolleinnahmen aus der Einfuhr (10 Proc. des Wrrthes) 30 000 2. Ersparntß an Verpflegungskosten der Mchutz- truppe . . . . , 40 000 „ 3. Herabsetzung der Zahl der Schutztruppe . . . 75000 „ , 145000 -4t Da? ergiebt für die auf 4 Millionen Mark geschätzte Ausgabe für Zündung der Hatsamas-Colonie eine Lapitalverzinsunz von prvc. Im Nama-Lanve herrschen andere Verhältnisse als im Herero-Lande. Flüsse, auch nur periodischer Natur, die nach dem Meere «-fließen, giebt es dort nicht. Doch findet man häufig, besonders im Osten, flache Seen mit brackigem Wasser, die so genannten Pfannen, und in Folge dieser Eigenart der Booenze- staktung ist das Nama-Land zur Anlage von Sammelbecken weit mehr geeignet als Das Herero-Land. Hier können fast durch weg Staudämme aus Erde genügen, uns die stellen sich wesentlich billiger als Staumauern. Der Verfasser giebt einen Entwurf für einen Stausee bei Osis (etwa 120 lern nördlich von Be thanien) uno zwei Entwürfe für einen Stausee bei de Naauwle (50 km südlich von Keetmcrnshoop). Der erstere zeigt ganz bescheidene Verhältnisse, was die Kosten anlangt. Durch einen Damm von 10 m Höhe werden 5 700 000 odin Wasser gewonnen, die eine Fläche von 180 Ira bedecken; Vie Gesammtanlage kostet nur 187 000 -/(, 1 oben des Fassungsraumes 3,3 Pfg. Bei de Naauwte liegen die Verhältnisse noch günstiger: Stauhöhe 20 m, Wasserfläche 780 Ku, Inhalt des Sees 67 300 000 ebm, Kosten 1615 000 -//, 1 el>m 2,4 Pfg. Aus den weiteren 'Berichten Rehbock's geht hervor, daß auch die Eingeborenen theilweise für den Ackerbau zu erziehen sind. Immer freilich wird di« Viehzucht die Haupternährungsquelle des Landes bleiben. Sobald die Hafenverhälknisse in Swakop- mund sich gebessert haben und eine Eisenbahn den wüsten sanvi- gen Küstenstrich durchquert, wird auch die Ausfuhr beginnen. Wenn der kaum den vierten Theil hakende Oranje-Freistaat etwa 250 000 Pferde, 900 000 Stück Rindvieh, 700 000 Fleischschafe, 5 900 000 Wollschafe und 860 000 Ziegen zähl!?, oer Grund und Boden über 900 Mill. Mark wcrth war, ferner 11000 Tonnen Wolle uno 39 000 Tornen Getreic« hervorbrachie, so nimmt Rehbock für unser Schutzgebiet 500 000 Pferde, 2 000 000 Stück Rindvieh und 15 000 000 Stück Kleinvieh an, die zusammen einen Werth von wenigstens l >0 bis 400 Millionen Mark dar stellen und einen jährlichen Viehexport für wenigstens 20 Mill. Mark ergeben, wozu 20 000 bis 25 000 Tonnen Wolle und Mohair hinzukommen. Das ist ein Betrag, dessen Erlangung schon gewichtig« Auf wendungen rechtfertigt. Deutsches Reich. Berlin, 28. März. Di« neuen Militärgesetze hat der Kaiser am verflossenen Sonnabend vollzogen, zugleich auch die Cabinetsordre über die FormationSverändrrungen und sonstigen Neueinrichtungen, die auf Grund dieser Gesetze und des ReichsbauSbaltsetatS für 1899 in preußischen üon tingenten in Kraft treten sollen. Die wichtigeren Slenderungen sind bereits mitgetheilt. Insbesondere sind aber noch über die Dien st Verhältnisse der „BerkehrStr uppen" eigene Bestimmungen getroffen, denen wir entnehmen: Die Verkehrstruppen bestehen au§: a. der Eisenbahn. Brigade mit den Eisenbahn-Regimentern Nr. 1—3 und der Direktion der Militär-Eisenbahn mit der Betriebsabthellung der Eisenbahn-Brigade; b. der Inspektion der Telegraphentrnppen mit den Tclegraphen-Bataillonen Nr. 1—3 und der dem Telegraphen» Bataillon 1 unterstellten Cavallerie-Telegraphenschule; o. der Lust- schifser-Ablheilung. Die Inspektion der BrrkehrStruppen ist die oberste Wasfenbehörde der Verkehrstruppen. Der Inspekteur Hot den Rang eines Divisionskommandeurs. Er leitet in oberster Stelle alle Dienst, nnd Personalangclegenheitcn der Berkehrslruppen und über wacht ihre kriegsmäßige Ausbildung. Der Inspekteur der Verkehrs- truppen ist dem Kaiser unmittelbar unterstellt und hat dementsprechend alle die Verkehrstruppen betreffenden An- gelegenheiten, die höchster Entscheidung bedürfen, unmittelbar vor zulegen. Der Inspekteur erhält vom Chef des Generalstabes der Armee Mittheilung über die Ziele der Ausbildung und die allgemeinen Grundsätze der kriegerischen Verwendung der Verkehrs- truppen. Für die diesen Forderungen anzupassende Ausbildung bleibt der Inspekteur dem Kaiser allein verantwortlich; der Chef des Generalstabes der Armee ist befugt, jederzeit den Hebungen der Ver- kehrstruppen beiznwohnen und über seine Wahrnehmungen dem Kaiser zu berichten. Falls der Generalstabschef den Inspekteur und andere Lsficiere der Verkehrstruppen zu Uebungsreisen und be sonderen Ausgaben heranzuziehen beabsichtigt, welche mit der perjön- lichen Verwendung der Betreffenden im Mobilmachungssalle oder mit derjenigen der Verkehrstruppen im Zusammenhänge stehen, so hat er diese Heranziehung bei dem Kaiser zu beantragen. Boni 1. Oktober 1899 ab werden neu errichtet bei der Feldartillerie 18 Brigade-, 37 Regiment-- und 14 Ab- theilungSstäbe und 35 fahrende Batterien. Zugleich wird die Ferrrlleton. Die deutsche Tiefsee-Erpedition. ii. Der zweite Abschnitt der Fahrt im antarktischen Gebiete darf als der weitaus erfolgreichste bezeichnet werden. Mag es an der Wahl der Route gelegen haben, welche durch ein zwischen die Westwindregion und die für höhere südliche Breiten typische Ostwindregion sich rinschaltendes Kalmengebiet führte, oder mag dem Unternehmen das Glück in besonderem Maße günstig gewesen sein: Thatsache bleibt, daß die Expedition bei einem für antarktische Verhältnisse ungewöhnlich günstigen Wetter drei Wochen hindurch fast ungestört ihren Arbeiten nach gehen konnte, schließlich mit einem keineswegs für die südlichen Eisverhältnisse berechneten Dampfer den 64. Breitengrad über schritt und in die Nähe des antarktischen Continents gelangte. Daß gerade dieser Theil der Fahrt trotz der günstigen Witterung an das Geschick und die Umsicht der Schiffsleitung besondere Anforderungen stellte, liegt auf der Hand. Häufig eintretende Nebel, heftige Schneeböen, zahlreiche Eisberge, weit nach Norden sich auszichende Treibeisfelder nöthigten zu viel fachen Cursänderungen und mehrmals zum Durchbrechen der vorliegenden Eismassen. Durch vorsichtiges Abwägen der Ver hältnisse und sorgfältige Berücksichtigung älterer Nachrichten über die Packeisverbreitung gelang es indessen, ohne den ge ringsten Unfall viel weiter südlich vorzudringen, als bei An tritt der Fahrt vorauszusctzen war. Sehr förderlich war der Umstand, daß die Expedition bereits im November von Capstadt aufbrach (also weit früher als vor hergehende Expeditionen) und gerade zur Zeit der längsten Tage in südlichen Breiten anlangte. Jenseits des 60. Breitengrades war es trotz deS ständig bedeckten Himmels auch um Mitternacht so hell, daß man bequem zu lesen vermochte. Bereits am 30. November wurde Mittags unter 56° 45' die Treibeisgrenze erreicht. Wie immer bei der Annäherung an das Eis, zeigten sich auch hier zunächst kleinste Schollen, die häufig mit dem Winde zu langen Streifen sich anordneten. Auf sie folgten größere und breitere, quer zur Windrichtung gestellte Felder von Treibeis, die allmählich bei weiterem Vordringen in dichtes Packeis übergingen. Vielfach verrieth ein Heller Eisblink, daß vor unS das Packeis sich zu schweren Massen angestaut hatte. Da zwischen den Treibeisfeldern, welche das Schiff leicht durch schnitt, das Meer so ruhig wie ein See war, nutzten wir die günstige Gelegenheit mehrfach aus, um mitten im Eise unseren Arbeiten nachzugehen. Auf diese Weise gelangten wir allmählich bis zum 60. südlichen Breitengrade, wo wiederum auf seinem Schnittpunkte mit dem 50. östlichen Längengrade uns der Weg durch Packeis verlegt wurde. Nachdem dasselbe am 13. December umgangen und am folgenden Tage keine Andeutung von Eis zu Gesicht gekommen war, hielt man auf Grund früherer Nach richten über die Eisverbreitung den Zeitpunkt für geeignet, um in rein südlicher Richtung den letzten Vorstoß zu unternehmen. Bei stürmischem Nordost, der sich am nächsten Tage legte, be gegneten uns auf dieser Route besonders zahlreiche Eisberge, von denen eine auffällig große Zahl offenbar bereits stark zer setzt und dem Zerfalle nahe waren. Es wurde über die ge sichteten Eisberge ein Protokoll angelegt, eine Anzahl der selben photographirt und bei mehreren durch Messungen die Höhe bestimmt. Die gefertigten Photographien dieser antarktischen Eisriesen geben von ihrer bald tafelförmigen, bald bizarren Ge stalt und der für Diele charakteristischen Streifung ein anschau liches Bild. Das Protokoll erstreckt sich auf 180 Eisberge, von denen der höchste, von tafelförmiger Gestalt, über Wasser 59 m maß; ausgeschlossen sind die fast unzählbaren, im fernsten Süden angetroffenen Berge. In einer Hinsicht freilich erwiesen sich die großen Tiefen (bis zu 6000 nr gelothet) nicht förderlich für die geplanten Unter suchungen. Da man stets darauf gefaßt war, daß die herrschen den Winde stürmischen Charakter annehmen möchten, so wurde nicht gewagt, die Grundnetze auf den Boden herabzulassen. Ein Dredschzug in 5000 in Tiefe beansprucht 12 Stunden, — eine lange Zeit, in welcher wir leicht in die Lage versetzt werden konnten, das Kabel zu kappen, oder die bedienende Mannschaft zu gefährden. Alle diese Bedenken wurden indessen hintenange- setzt, als wir uns gegen Morgen des 16. December aus einer für die „Valdivia" kritischen Situation im Packeise herausgearbeitet hatten. Das Barometer stand gleichmäßig hoch auf 753 rnm, der Ostwind wehte schwach, und nachdem eine Serie von Schließ- nehzügen ausgefllhrt worden war, wurden für den nächsten Tag die Anordnungen zu einem Zuge mit dem großen Schleppnetze ge troffen. Der 17. December war denn auch einer der ruhigsten und ergebnißreichsten Tage im hohen Süden. Die Lothung er wies eine Tiefe von 4636 m, und von früh bis spät waren alle Dampfwinden für biologische und oceanographische Untersuchun gen in Thätigkeit. Insbesondere gelang der Dredschzug mit dem großen Trawl tadellos. Das Dynamometer zeigte ejne schwere Last an, welche das Netz gefaßt hatte, und als es Abends gegen 6 Uhr an die Oberfläche gelangte, zeigte sich der Netzbeutel voll ständig unversehrt. Es war erstaunlich, welche Last er enthielt: zahllose Gesteine aus den Grundmoränen der Gletscher neben einer relativ reichen Anzahl wohlerhaltener Tiefseeorganismen. Die von der Basis der Eisberge abgeschmolzenen und in di» Tiefe gesunkenen Gestein-proben wurden sorgfältig gesammelt, da sie bis jetzt den einzigen Ausschluß über die muthmaßliche Natur des vorliegenden Festlandes geben. Sie bestehen aus Ur gestein (Gneise, Granite und Schiefer); außerdem hattudas Netz einen 5 Centner wiegenden rothen Sandstein gefaßt, der auf einer Seite (offenbar so weit, als er im Schlick lag) schwärzlich ge färbt ist. Aus der vollständigen Abwesenheit von vulkanischem Gesteine kann mit Sicherheit geschlossen werden, daß Enderby- Land nicht vulkanischer Natur ist, wie wir dies anfänglich aus dem Steilabfalle der Küste zu schließen geneigt waren. Denselben Rückschluß gestattet auch die Untersuchung einer großen Eisscholle, welche uns am vorhergehenden Tage begegnete. Sie war theilweise rothbraun gefärbt durch erdige, streifenförmig angeordnete Lagen, welche von der Mannschaft des zu diesem Zwecke ausgesetzten Bootes abgeschlagen wurden. Der nach dem Schmelzen gesammelte Rückstand besteht aus einer röthlichen, thonigen Masse, in welche zahlreiche, bis kirschgroße Quarzkörner cingesprengt sind; es macht fast den Eindruck, als ob es sich um zerriebenen, eisenschüssigen Sandstein der Orundmoräne handele. War längs der Packeisgrenze das Wetter ungewöhnlich günstig gewesen, so erhält der letzte Abschnitt der Fahrt im kalten Gebiete seine Signatur durch eine fortlaufende Reihe schwerer Stürme, welche uns fast an allen Arbeiten behinderten. Am 1. Weihnachtsfeiertage kamen die Kerguelen in Tickt. Da die Kessel nach der langen Fahrt einer Reinigung, die Maschinen einer gründlichen Besichtigung bedurften, so liefen wir in d«n von den frühere.! Expeditionen gerühmten und gegen plötzlich hereinbrechende Windstöße geschützten Gazelle-Hafen ein. Die drei nach der stürmisch letzten Zeit auf den Kerguelen ver brachten Tage stehen uns in angenehmster Erinnerung. Es herrschte wahres Frühlingswetter, die Schneeberg« strahlten in der Sonne und contrastirten scharf mit den grünen Hängen uno ounkeln, rief einschneidenden Morden. Die Mitglieder der Expedition zerstreuten sich nach allen Richtungen und konnten teilweise weite Exkursionen unternehmen, auf denen namentlich die Vegetation, di« Land- und Süßwasser-Fauna untersuch: wurden. Erfolgreich« Dredschhüge von der Dampfbarkasse aus l«hrt«n uns die reiche Fauna des Gazelle-Bassins und des Schön wetter-Hafens kennen und lieferten manch interessanten und für die relativ wohl bekannte Kerguelen-Fauna neuen Fund. Die Kerguelen scheinen seit einer Reihe von Jahren nicht mehr von Walfijcksc'ngern und Robbenschlägern 'besucht worden zu sein. Die Vögel zeigten jene Zutraulichkeit, welche aus der Un- bekannischaft mit Menschen sich «rgiebt, di« Buchten waren an leicht zugänglichen Stellen von zahlreicher Elephandenrodben (L.vstoptiorn prolwscickea) bevölkert und da- im Gazellen-Hafc.» errichtete Proviantdepot, welches wir auf Ersuchen deS franzö sischen Marine-Ministeriums revidirten, war völlig unberührt. Von ven surch frühere Expeditionen auSgssetzten Thieren hatten sich die Kaninchen derart vermehrt, daß die ganze Vegetation unter ihrer Herrschaft stand. Nur an unzugänglichen Stellen over auf kleineren Inseln wuchs noch d«r berühmte Kerguelenkohl (Ih-injzloa uutiscorbutiou), von dem einst die Mannschaft von James Roß monatelang lebte. In der Nach! zum 29. December wurven die Arbeiten im Maschincniaum beendet und wir fuhren in der Frühe aus dem in friedlicher Einsamkeit daliegenden, theilweise von Nebel schleiern verhüllten Gazellen-Bassin aus. Das Meer war in Lee der Insel so ruhig, daß zwei erfolgreiche Drrdschzüge auf dem wegen seines Rcichthumes von Organismen mit Recht be rühmten Plateau ausgeführt werden konnten. Nachmittags wurde der nördlichste Hafen der Kerguelen, Christmas-Harbour, aufgesucht und versucht, im großen Ruderboote nach jener Stelle zu gelangen, wo die Kohlen führenden Schichten der Kerguelen zu Tage treten. Leider war es unmöglich, Belegstücke zu sam mein, da di« hohe Dünung an dem steil abfallenden Ufer eine Landung unmöglich machte. Bei der Rückfahrt fand sich reichlich Gelegenheit, die Tücken des Weihnachtshafens kennen zu lernen, da heftige Windstöße erst nach mehreren Stunden die Rückkehr zu dem verankerten Schiffe ermöglichten. Inzwischen hatten andere Mitglieder mit besserem Erfolge rrr geschützten niedrigen Strand am Ende des Hafens ausgesucht; sie trafen dort außer Elephant«nrobb«n einen großen männlichen See-Leoparden an, der erlegt und abgebalgt wurde. Aus einer .Heerde von Königs Pinguinen, Vie gravitätisch umherstolzirten, wurden vier Erem plare lebend mit an Bord genommen. Gegen Abend verließ die „Valdivia" den malerischen, von unzähligen Pinguincolonien (liuck^zites» oirrxsoooine) beoölker ten Weihnachrshafen und traf bald auf «in durch Tüdweststurm wild aufgeregtes Meer. Wiederum vergingen vier Ta§« im Weststurme, während deren wir nur zwei Lothringen auszusuhreu vermochten, aber an allen sonstigen Arbeiten durch die grandiose XIV.-Dünung behindert wurden. Am 31. December zeigt« sich zum ersten Male di« Einwirkung des Indischen Oceans an den TemperatursprUngen des Oberflächenwassers: die feegrüne Fär bung des kalten Wassers wich der tiefblauen des warmen, und rasch hob sich die Temperatur von 4 Grad Celsius auf 9 uno 12 Grad. Als am 3. Januar der einsame Vulkankegel von St. 'Paul mit seinem amphitheatralisch aufsteigenden Kraterbecken in Sicht kam, hatte sich "der Umschlag in der Witterung voll zog«!. Aus der sturmdurchbrausten Kerguelen Region traten wir in das windstille, stromlose Gebiet des Indischen Oceans ein, und wi« wir einst den raschen Uebergang aus den Tropen in die kalte Region empfindlich verspürt batten, so athmeten wir auf, als wieder die Sonne von dem ständig blauen Himmel un- Wärme spendete und die Aussicht auf einen ungestörten Fort« gang der Arbeiten sich eröffnete.
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