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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.04.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990412018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899041201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899041201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-12
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Morgen-Ausgabe NiMtr TagMaN Anzeiger Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Jahrgang, Mittwoch dm 12. April 1899. KLltouen. 153, für 6 alle die Feuilleton Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr di« Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. -desselben an den Reichstag um gesetzliche Einführung von Eini gungsämtern zur Vermeidung von Streiks. So lange der Schutz der Arbeitswilligen ein so ungenügender bleibt, wie er es jetzt (in objektiver und subjektiver Hinsicht) ist, so lange werden auch die socialdemokratischen Führer durch jede Art von Terrorismus die von ihnen angezettelten oder ermunter ten Streiks auf so lange als möglich auszudehnen, so hartnäckig als möglich zu machen suchen. Karl Biedermann. >.7i. 3 >.35 ü Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. >.75 6 8 >,— 6. ,50 6 >,40 8 >.— 6 .25 8 >,25 8 6 .25 6 ,50 8 ,50 6 ,50 6 8 .35 8 ,75 6 8 « U 6 ,40 8 6 UM Arbeitswillige von der Arbeit abzuhalten oder zurückzu schrecken. So ist z. B. ein sehr wirksames Mittel dieser Art, daS sogenannte „Postenstehen", gar nicht erwähnt. Ein Fabrikant klagte, daß bei einem in seiner Fabrik ausgebrochenen Streik sein ganzes Etablissement mit einer dichten Postenkette umstellt wor den sei, durch welche die fremden einziehenden Arbeiter sich nur mit Mühe und nicht ohne mancherlei Belästigungen (anzügliche Bemerkungen, die nicht förmliche Beleidigungen zu sein brauchen, und dergl.) hätten hmdurchdrängen oder hindurchschleichen können. Biel mangelhafter ist aber 8 153 in subjektiver Be ziehung, indem er nur solche Arbeiter schützt, welche einer Eoa- lition nicht beitreten oder von einer zurücktreten wollen, dagegen die von außen her kommenden, die mit den Streikenden gar nichts gemein, folglich auch gegen dieselben keinerlei Verpflichtung haben, schutzlos dem Terrorismus dieser überläßt.. Die Wortführer der Socialdemokratie haben zur Rechtferti gung ihres Terrorismus gegen irgend welche Arbeitswillige welche sich ihren Befehlen nicht unterwerfen, das Schlagwort „Solidarität" erfunden, wonach jeder Arbeiter als solcher ver pflichtet sei, dasselbe zu thun, was ein Berufsverein oder «ine sogenannte „Organisation" thut. Allein hier eben ist die scharfe Grenzscheide zwischen dem zur Zeit für uns gesetzlich und thatsächlich zu Recht bestehenden und dem von der Socialdemokratie erstrebten Wirtschaftssystem, dem individualistischen und dem collectivistischen. Jenes stellt als obersten Grundsatz das individuelle Recht des Arbeiters auf, wonach derselbe irgend eine Arbeit annehmen oder nicht an nehmen, sich einem gewissen Arbeitgeber verdingen oder nicht verdingen kann. Das socialdemokratische System verlangt von jedem Arbeiter unbedingte Unterwerfung unter die Anord nungen zunächst der „Organisation", welcher er angehört, oder (wenn er keiner solchen angehört) doch des Vorstandes der Ge- sammtleitung, die ja angeblich als „einzige Arbeiterpartei" für alle Arbeiter die maßgebende Autorität sein müsse. Nach diesem Grundsatz wird aus der reichsgesetzlich geschützten und unbedingt zu schützenden Loalitions f r e i h e i t ein Coa-litions zwangge macht, demzufolge nicht blo alle Angehörigen eines Berufsverrins d«m von der Mehrheit (meist unter dem Einfluß socialdemokrati scher Parteiführer) beschlossenen Streik beitrrten und daran fest halten, sondern auch alle außenstehenden Arbeiter des gleichen Fachs eine solche Streikverabredung dadurch unterstützen sollen, daß sie nicht an die Stelle der Streikenden treten und so den Unternehmer mürbe machen helfen. Unmöglich können evangelische Arbeitervereine einem solchen Coalitionszwange zustimmen — auch nicht indirect dadurch, daß sie die bestehenden Gesetze zum Schutze der Arbeitswilligen für ausreichend, somit ein neues Gesetz darüber für unnöthig er klären. Es widerspricht das nicht nur dem 8 3 des Statuts des Gesammtverbandes, demzufolge diese Vereine „ein friedliches Verhälkmß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer pflegen sollen", sondern auch thatsächlich dem Vorgehen des Gesammt- ausschusses der evangelischen Arbeiterdereinigung, der Petition Ne-aclion und Lrpeditiou: JohanniS-affe 8. Dir Expedition ist Wochentag- «nunterbrochea geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. dem Vorschläge des Herrn Brentano zwangsweise zu organi- sirenden Heimarbeiterinnen die Hebung der Lohnverhältnisse sein soll, was orrmuthlich ohne erbitterte Lohnkämpfe nicht zu er reichen sein würde, so wär« es im Sinne unserer socialpolitischen Ideologen nur consequent, noch «inen Schritt weiter zu gehen und vom Staate zu fordern, daß er nicht erst die Gemeinschaften der Berufsarbeiter zur Erzwingung höherer Löhne ins Leben ruft, sondern im Interesse des socialen Friedens sofort die von den Arbeitgebern zu zahlenden Löhne in angemessener, von drn Arbeitnehmern gebilligter Höhe fixirt. Wenigstens könnte, wer d«n Brentano'schen Forderungen zustimmt, unbedenklich auch eine solche weitrre Etappe staatlicher Intervention gutheißen. — Herr Professor Brentano spottet über den Dilettantismus, von dem nach seinem Dafürhalten die Socialpolitik des deutschen Reiches beherrscht ist, er selbst aber geräth in das Gebiet dilet tantischer Theorien, für Deren Verwirklichung im praktischen Leben die Voraussetzungen fehlen. Wever darf der Staats begriff in dem von Brentano befürworteten Sinne überspannt, noch die Sphäre individueller Selbstbestimmung willkürlich be schränkt werden. Weder kann der Coalitionszwang zur Er wirkung besserer Arbeitsbedingungen vorgeschrieben, noch darf die Arbeitssrciheit beeinträchtigt werden, um das Ueberangeboi an Arbeitskräften herabzudrllcten. Jedenfalls erscheint es aus geschlossen, daß die Vorschläge des Herrn Brentano die Zu stimmung der verbündeten Regierungen finden. ff Berlin, 11. April. Die „Berl. Pol. Nachr." bringen folgende anscheinend officiöse Auslassung: In Bezug auf die finanzielle und wirthschaftliche Bedeutung des Rhein-Elbe-Canals ist die Ordnung der Tarife von größter Wichtigkeit. Von der Höhe der Canal gebühren einerseits, der Güterfrachten der concurrirenden Eisen bahnen andererseits hängt sowohl die Rentabilität des Canals als seine Rückwirkung auf den Güterverkehr und die Einnahmen der Staatsbahnen ab. Ebenso, inwieweit Verschiebungen der Erwerbsverhältnisse durch den Canal zu erwarten sind oder nicht. Es ist daher erklärlich, daß von Freunden und Gegnern der Vorlage dir Festlegung der betreffenden Tarifverhältnissc ver langt wird. Namentlich wird von denjenigen, welche Compen sationen für vermeintliche Schädigungen durch den Canal fordern zu sollen glauben, mit Vorliebe auch die Sicherung von khren Wünschen entsprechenden Ermäßigungen der Eisenbahntarife er strebt. Ganz abgesehen davon, daß den Forderungen von Com- pensationen an sich sehr ernste Bedenken entgegenstehen, und daß es außer der Möglichkeit und auch außerhalb der Aufgabe der Staatsbahnverwaltung liegt, wirthschaftliche Benachtheiligungen, welche einzelnen Gegenden oder Unternehmungen erwachsen könnten, durch besondere Frachtvergünstigungen wieder auszu gleichen, muß der Gedanke einer Festlegung der Canal- oder Eisenba-Hntarife als grundsätzlich völlig unannehmbar bezeichnet werden. Eine Fixirung der Canal- oder Eisenbahntarife dahin, daß diese gesetzlich festgestellt und Abänderungen von der Zu stimmung der Landesvertretung abhängig gemacht würden, wäre sie die Königin davon benachrichtigen müssen. Al» die Lßti mein ganzes Gesicht blutrünstig sah, ward es ihr Angst; sie ließ es sich ein Dutzend Flaschen Schußwasser kosten, mit dem sie mich die Nacht ganz einweichte. Tags darauf sagte man der Königin, daß ich einen ungeheuren Fall gethan hätte, und ich war gutherzig genug, es ihr selbst zu bekräftigen. Wenn sie es nicht glaubte, ließ sic es sich wenigstens nicht merken. Die Loti brauchte seitdem die Vorsicht, mein Gesicht zu ver schonen, aber meine Arme und Beine empfanden die doppelte Last ihrer schweren Fäuste. Diese Auftritte kehrten alle Abende zurück; ich war in der gräßlichsten Verzweiflung, sei es aber Eitelkeit oder Furcht, ich wollte ihr niemals etwas wieder erzählen." Man wird zugeben müssen, daß diese Behandlung, der die Prinzessin fortwährend ausgesetzt war, nicht gerade günstig wirkte. Trotzdem machte die Prinzessin große Fortschritte, und sie verstand mit 12 Jahren neben Deutsch und Französisch und den anderen Schulfächern Englisch und Italienisch, Musik und die Anfangsgründe der Philosophie. Im Jahre 1723 kam der König von England nach Hannover und die Königin von Preußen begab sich dahin, um womöglich eine Doppelheirath zwischen Prinzessin Friederike und dem Herzog von Glocester und zwischen Friedrich (dem Großen) und der englischen Prinzessin Amalie zu Stande zu bringen. Das schien denn auch erreicht zu werden. „Die Königin", so erzählt die Prinzessin weiter, „kehrte triumphirend nach Berlin zurück und ward von meinem Vater, der sich unendlich freute, seine Wünsch- endlich der Erfüllung nahe zu sehen, sehr wohl empfangen. Alles schwamm in Freude nur ich war traurig und schwermüthig, denn meine Mutter schalt mich den ganzen Tag, unaufhörlich warf sie mir vor, zu den Lügen der Leti Stoff zu geben. Ich war sehr fett und meine Gestalt war noch nicht ausgebildet, um mich nun um jeden Preis schmäler zu machen, schnürte sie mich so fürchterlich ein, daß ich weder essen noch trinken konnte. Was ich auch that, sie ermangelte nie zu sa^en: die Manieren werden dem Herzog von Glocester nicht gefallen, das Betragen wird Dir ihn nicht gewinnen — tausendmal lieber hätte ich die Schläge der L4ti ertragen, als dies« Reden, die mir einen ungeheuren Abscheu gegen diese Heirath einflöhten. Eines Tages sprach ich mir meiner Hofmeisterin davon. Ich bin in Verzweiflung, sagte ich, die Königin nicht befriedigen zu können; sie mißbilligt Alles, was ich thue, und ich weiß nicht mehr, wie ich e» ihr zu Dank machen soll. Ich unterwerft mich ja allezeit ihrem Willen, aber es ist sehr hart für mich, immer hören zu müssen, daß dies und das dem Herzog von Glocester nicht gefallen würde; ich habe nie gehört, daß die Damen sich nach der Laune der Männer richten, ehe sie mit ihnen vrrheirathet sind, und begreife nicht, welchen Lärm die Königin wegen dieser Heirath macht. Ich halte mich für so gut, wie den Herzog von Glocester. und wenn die Königin mich glücklich machen will, muß sie mein Herz ebensowohl zu Rathe ziehen, wie da» de- Herzog». Ich kenne ihn nicht, und wer steht mir dafür, wenn lch ihn kenne, daß ich ihn leiden möchte? Sagen Sie da» der Königin, und daß ich ihr Gehorsam leisten werd« in allen Dingen, aber nie da» Geringste thun, um ihrem Neffen zu gefallen." ,50 6 6. 8 v. Der Schuh -er Arbeitswilligen. Mit berechtigter Ungeduld sehen alle Freunde einer gesetzlichen Ordnung dem Erscheinen des schon lange angekündigten Gesetz entwurfs zum Schutze der Arbeitswilligen entgegen, denn der von socialdemokratischer Seite gegen diese Arbeitswilligen geübte Terrorismus hat längst alles Maß überstiegen. Seinen Höhe- punct erreichte derselbe in zwei Vorgängen der neuesten Zeit. Der eine davon ist die gerichtlich festgestellte Gewaltthat einer Anzahl von „Genossen" in Löbtau unweit Dresden gegen Arbeiter, die in gar keinem Vereins- oder Aertragsverhältniß zu ihnen standen, nur weil diese länger am Tage arbeiteten als jene, wobei der Bauherr der angegriffenen Arbeiter, der sich seiner Leute annahm, unter dem fortwährenden Zuruf: „Schlagt ihn todt!" lebensge fährlich mißhandelt wurde. Noch empörender ist em vom „Lieben werder Kreisblatt" aus Somsdorf gemeldeter Vorgang, den man für unglaublich halten müßte, wenn er nicht ganz aus der Nähe des ThatorteS berichtet worden und, so viel bekannt, ohne Wider ruf geblieben wäre. Danach hätten drei halbwüchsige Burschen einen vierten, etwa gleichalterigen, weil dieser Arbeiter auf der Grulke Luise seine Stellung nicht, wie sie verlangten, aufgeben wollte, mit gebundenen Händen und Füßen auf die Schienen einer Grubenbahn gelegt, so daß nur durch die Verspätung des Zuges und die heftigsten Anstrengungen des Gefesselten zu seiner Be freiung «in vorbedachter Mord verhütet worden wäre. Noch aber ist der angeblich im Bundesrathe bereits fertig gestellte Gesetzentwurf zum Schutze der Arbeitswilligen nicht an den Reichstag und an die Öffentlichkeit gelangt, da erheben sich schon Stimmen des Widerspruchs dagegen. Daß die Socialdemo kratie Feuer und Flamme speit, ist nicht zu verwundern, denn ein wirksamer Schutz der Arbeitswilligen gegen ihren Terroris mus entwindet ihr eines der brauchbarsten und von ibr mit Borliebe gebrauchten Mittel zu ibrer Machtvermehrung. Daß die halben oder geheimen Bundesgenossen der Socialdemokratie in deren Protest gegen die Abwehr ihres Terrorismus einstimmen würden, ließ sich ebenfalls erwarten. Unerwartet dagegen und befremdlich ist eS, daß auch von «iner Seite, wo man erklärtermaßen mit dem ganzen terroristischen Treiben der Socialdemokratie und insbesondere ihrer Anschürumg von Streiks nichts weniger als einverstanden ist, eine Stimme gegen, statt für die beabsichtigte Verschärfung des 8 153 der Gewerbeordnung sich vernehmen läßt. Auf «ine Hauptversammlung des Verbandes der Evange lischen Arbeitervereine Württembergs am zweiten Ostertaze wurde eine Resolution angenommen, welche ausspricht: „Der Verband halte die bestehenden Bestimmungen der Gewerbeord nung und des Strafgesetzbuches, besonders die in 8 genügend." Daß sie dies nicht sind, ist längst nachgewiesen. Objectiv betrachtet, erschöpfen jene Bestimmungen keineswegs Mittel, welche erfahrungsmäßig die Socialdemokratie anwendet, Deutsches Reich. 8. 6. Berlin, 11. April. (Socialpolitischer Dilettantismus.) In einem polemischen Artikel gegen Prof. Lujo Brentano schreibt die „Berl. Corresp." : In den Nummern 78 und 79 der wissenschaftlichen Beilage zur Mün chener Allgemeinen Zeitung" veröffentlicht Professor Lujo Brentano zwei Artikel, die von den Arbeits- und Lohnverhält- nissen in der deutschen Confrctionsindustrie ausgehen, alsdann di« in der letzten Novelle zur Gewerbeordnung beantragten Maß nahmen zur Verbesserung der Lage der Confectionsarbeiter einer Kritik unterziehen und zum Schluß die Anschauungen des Herrn Verfassers über das, was in dieser Richtung seines Er achtens geschehen müsse, entwickeln.... Als einziges Mittel, um den Heimarbeiterinnen bessereArbeits- und Lebensbedingungen zu schaffen, wird von dem Herrn Professor die Organisation der selben „von amtswegen" bezeichnet. „Mit diesen Organisationen hätte man vor Allem Organe, welche weit wirksamer als noch so viele männliche und weibliche Gewerbeinspectoren zur Durchführung aller im Interesse der Heimarbeiterinnen etwa zu erlassenden ge setzlichen Bestimmungen herangezogen werden könnten. Unv hätten sie sich in dieser Aufgabe einmal bewährt, wäre in Durchführung derselben die Ertenntniß der gemeinsamen Interessen bei den Heimarbeiterinnen erwacht und der Gc- meingeist entstanden, der bereit ist, um zukünftiger Vor- theile willen in der Gegenwart Opfer zu bringen, so wäre auch die Grundlage geschaffen, von der aus später die Hebung der Lohnverhältnisse in Angriff genommen werden könnt«." Der Vorschlag des Herrn Professor Brentano, die Heim arbeiterinnen zu organisiren, entspricht jenem doktrinären Pro gramm, nach welchem der Anbruch einer Aera focialpolitischer Wohlfahrt von der Aufrichtung möglichst starker Arbeiter- coalitionen zu erwarten sein soll. Auch die Socialdemokratie steht den staatlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Confectionsarbeiter mit nur geringem Wohlwollen gegenüber; auch sie verspricht sich eine durchgreifende Wandlung einzig und allein von der Begründung festgefügter Kampfgenossenschaften der Arbeiter und Arbeiterinnen, versteigt sich aber doch nicht zur Forderung des Herrn Brentano, der dem Staate zumuthet, eine Zwangsorganisation der Arbeiterschaft zur Erzielung höherer Löhne ins Leben zu rufen. Da die wichtigst« Aufgabe der nach Am 3. Juli 1709 wurde die Prinzessin geboren und erhielt die Namen Friederike Sophie Wilhelmine. Sie war in ihrer Jugend der Abgott des Hofes und ihres Großvaters, des pracht liebenden ersten Königs Friedrich. Dieser starb im Jahre 1713, nicht ohne noch vorher seinen berühmten Enkel, den im Jahre 1712 geborenen Friedrich, gesehen zu haben. Mit ihrem Bruder Friedrich wurde Friederike zusammen erzogen. Ein Charak teristikum des damaligen preußischen Hofes war es, daß sich König und Königin gegenseitig überwachten. Diese gegenseitige Ueberwachung war die Wurzel vielen Uebcls. Die Ursache ist in der Heirath zu suchen. Friedrich Wilhelm's Minister Grumkow und der Fürst von Anhalt, der alte Dessauer, hatten sich geschmeichelt, für ihn eine ihnen genehme Braut aussuchen zu können, mit deren Hilfe sie später den König zu leiten trachteten. Dorothea war nun viel zu selbstständig, um sich regieren zu lassen, und so versuchten denn Grumkow und der Anhalter Alles, um Streit in die Ehe zu bringen. Sie erreichten nur zu sehr ihren Zweck, und was uns ihre Tochter Friederike von ihrer Ehe erzählt, ist Krieg und Klatscherei. In die Klatscherei wurden auch die Kinder mit hineingezogen und die untergeordnetsten Persönlichkeiten als Zwischenträger benutzt. Ein Fall von -den vielen mag hier angeführt werden. Es war im Jahre 1719. Man sprach -viel davon, daß Grumkow für die Prinzessin den Markgrafen von Schwedt als Gemahl bestimmt habe, während die Königin für ihr 10 jähriges Kiikd ihren Neffen, den Herzog von Glocester, bestimmt hatte. Nun hatte Friederike «ine Erzieherin, die halb Kindermädchen, halb Lehrerin war, und die sie als eine Art Hofdirne schildert. Dieses Mädchen hieß Leti, und die Königin hatte Grund, zu glauben, daß es ein Geschöpf Grumkow's sei, dem eS alle Posten hinterbringe. Eines Tages, als die Prinzessin Friederike Wilhelmine bei der Königin war, sagte diese: „Höre, liebe Wilhelmine (die Königin sagte Wilhelmine, der König sagte Friederike), ich habe beschlossen, Dich bald zu mir zu nehmen, und Deine Erziehung zu besorgen, allein ich fordere dagegen viele Dinge, in denen Du meinem Willen folgen mußt. Einmal mußt Du für keinen Menschen Anhänglichkeit haben als für mich, dann mußt Du verschwiegen sein und endlich mir blindlings gehorchen. Es hängt von Dir ab, bald wie ein große» Mädchen behandelt zu werden und meine ganze Liebe zu gewinnen, sobald Du meinem Willen gehorchst." — „Ich versprach", so erzählt die Prinzessin in ihren Memoiren, „Alles, was sie verlangte; darauf fragte sie mich: ob ich der Löti nicht alle Abende erzählen müßt«, was den Tag über in ihren und des Königs Zimmern dorgegangen sei, und ob sie nie von d«m Markgrafen von Sckstvedt mit mir gesprochen hätte? Ich antwortete, daß da» sehr oft geschehe, und daß sie ihn sehr lobte. „Bist Du auch v«rschwiegen", fing sie wieder an, „und kann ich wich darauf verlassen, daß Du nicht» von Allem, wa» ich Dir anvertrauen werde, wiedersagen wirst?" Hierüber gab ich khr alle vrr» stcherungen, die sie nur wünschen konnte; und nun erzählte sie mir die ganze Geschichte, alle Jntriguen deS Fürsten von Anhalt und Grumkow's, ihre beständige Besorgniß, da der König von Neuem über meine Heirath mit dem Markgrafen von Schwedt zu sprechen anfing; endlich auch von ihrem Wunsch«, mich mit ihrem Neffen, dem Herzog von Glocester, »,v. «,v ».v *) Friederike Eovbie Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth, Memoiren, von ihr selbst geschrieben. Zehnt» Auflage. Bev> lag H. BarSdors, Leipzig. 18S9. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclanien unter demRedactionsstrich l4gv- spalten) öO^K, vor den Familiennachrichlen (6 gespalten) 40,^. Größere Schriften laut unserem Preis- vcrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsap nach höherem Tarif. 30 8 20 8 20 8. ,20 8. Aus -en Memoiren -er Markgräfin von Layreuth. i. Wohl keine Memoiren zeigen uns ein so anschauliches Bild des Hoflebens im vorigen Jahrhundert, als die der Markgräfin von Bayreuth.*) Gewiß hat man ihr den Vorwurf gemacht, daß sic in ihrem Tagebuch nichts als Böse» niedergeschrieben, daß sie ihre Feder in Galle getaucht habe, daß sie übertreibe, daß sie durch die Brille einer von sich selbst eingenommenen Per sönlichkeit blicke, aber alle diese Vorwürfe, mögen sie nun berechtigt oder unberechtigt sein, treten doch zurück vor der Anschaulichkeit ihrer Schilderungen und vor dem Bemühen, die graue Farbe, mit der sie alles Erlebte aufzuiragen gezwungen ist, einmal mit etwas frischem Roth aufzufrischen. Sie erzählt uns auf jeder Seite, wie sehr sie von ihren Eltern gepeinigt wurde, sie erhebt die erschütternskn Anklagen, und dann wieder sucht sie diese Eltern zu entschuldigen, spricht von ihrer zärtlichen Mutter, ihrem guten Vater und wünscht mit diesen Worten die schlechte Behandlung, die ihr zu Theil wurde, wegzuwischen, obgleich sie sie in recht detaillirter Weise der Nachwelt überlieferte. Wenn man heute von der Erziehung der Prinzen liest, so erfährt man auch, daß diese im Allgemeinen sehr streng ist, daß die Unmasse von Wissen, die heute Prinzen in sich haben sollen, eine sehr geregelte ausgedehnte Arbeitszeit verlangt und daß diese Arbeitszeit systematisch mit körperlichen und militärischen Uebungrn abwechselt. Nicht weniger streng war im vorigen Jahrhundert am preußischen Hofe die Erziehung — freilich nicht streng im pädagogischen Sinne, sondern der Willkür der Eltern, der Zuchtmeister und der untergeordneten Dienstboten übreliefert. Jedermann kennt au» der Geschichte den Charakter Friedrich Wilhelm'», deS Soldatenkönigs. Jäh zornig im höchsten Grade, dabei wieder einmal gutmüthig, viel versprechend, nichts haltend, eifersüchtig auf ssine Macht und doch ganz in den Händen seiner Minister und de» österreichischen Gesandten, ein starker Trinker nach der Titte der damaligen Zeit, roh gegen seine Frau und ihr doch gegen die damaligen Sitten durchaus tr«u, geizig bi» zum Hungerleider und dabei doch Preußen» Wohlfahrt begründend, so steht er auch in den Memoiren seiner Tochter vor un». Die Königin, welch« er thatsächlich aus Lieb« geheirathet hatte, «ine hannoversch« Prin zessin, Tochter dr» späteren König» Georg von England, stolz und ränkesüchtig, dann wieder schwach und allen Mensch«» ver trauend, schlecht behandelt von ihrem Manne und doch vielen Kindern da» Leben gebend, eifersüchtig auf ihre Tochter, geizig und doch wieder weichen Gemüthe», wenn sie eine Anwandlung von Reue hatte, war ihm ebenbürtig. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Poslbesörderung 60.—, mit Postbeförderung Xi 70.—. Filialen: ktt« Klemm's Torttm. (Alfred Hahn), Universitätsstraßr 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinrvstr. 14, part. und König-Platz 7. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Ratyes un- Nolizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. zu vermählen, und den Vortheilen, welche diese Heirath sowohl für sie als auch für mich haben würde. Zum Schluffe sagte sie mir noch, daß ich der Läti nicht trauen sollte; „ich weiß", setzte sie hinzu, „daß sie von dem Anhang des Prinzen Anhalt gewonnen ist; sie intriauirt den ganzen Tag mit dem Major Fourcade und Herrn Journert (dieses war ein französischer Minister), und ich weiß sehr gut, daß sie Dich nicht anständig behandelt und Dich oft schlägt. Gesteh' mir die Wahrheit, ist es nicht so?" Obschon alle diese Dinge sehr begründet waren, leugnete ich sie fortwährend, und wollte der Loti keinen Schaden thun. „Du bist noch zu jung", sagte die Königin, „um ihre Jntriguen zu bemerken, aber ihre Mißhandlungen kannst Du nicht leugnen; Du kannst nicht leugnen, daß sie Dir vor einiger Zeit dergestalt mit der Faust das Gesicht zerschlug, daß Du überall blutetest und darüber das Fieber bekamst, weswegen Du einige Wochen das Zimmer hüten mußtest." Es befremdete mich nicht wenig, wie ich hörte, daß die Königin diese ganze Ge schichte wußte, dennoch behauptete ich allezeit das Gegentheil; als es die Königin wahrnahm, wollte sie nicht weiter in mich dringen, und begnügte sich damit, mir anzubefehlen: wenn die Lött mich fragte, was in ihrem und des Königs Zimmer vor gegangen sei, sollte ich ihr geradezu antworten, daß ich das Klatschhandwerk nicht mehr treiben wollte, und es mir nicht zukäme, das, was zwischen meinem Vater und meiner Mutter vorfiele, auszuplaudern. Kaum war ich Abends in mein Zimmer gekommen, so ließ mich die Löti auf eine Bank neben sich setzen, die in zwei Stufen zwischen der Fensterverttefung angebracht war, und fragte mich nach den Neuigkeiten des Tages. Ich wollte sie nicht gleich zum Eingang vor den Kopf stoßen und sagte ihr: da ich den ganzen Tag zu arbeiten gehabt hätte, wüßte ich nicht, waS vorgefallen sei. Nun ward ich mit schönen Titeln beehrt: „Sie sind ein großer Esel", sagte sie, „und ein eben solch großes Vieh wie Ihre Mutter, Sie schlagen nicht aus der Art. Ich weiß Alles, waS vorgefallen ist, Sie haben nicht so viel zu thun gehabt, wie Sie vorgeben, beichten Sie also nur, oder ,ch will Sie bald zum Reden bringen." Das sagte sie nur, um mir die Würmer aus der Nase zu ziehen. Ich zitterte wie Espenlaub und wußte nicht, welchen Weg ich wählen sollte, dennoch entschied ich mich, der Königin zu gehorchen, und gab der LSti die mir vorgeschriebene Antwort. Diese» Mädchen hatte zu viel Verstand, um nicht wahrzunehmen, daß man mir meine Lection aufgegeben hatte; sie suchte mir also mit Sanft- muth und Drohung mein Geheimniß zu entreißen; al» sie aber sah, daß Alles nichts half, ließ sie ihrer Wuth freien Lauf; ein Platzregen von Ohrfeigen und Faustschlägen brach auf mich ein; ganz außer sich selbst, ohne zu wissen, waS sie that und was sie sagte, warf sie mich von der Bank herab, wo wir saßen, und ging davon. Ich fiel ziemlich hart, kam aber doch mit ein paar Beulen davon, aber meine Arme und mein G«sicht waren blau von den erhaltenen Schlägen, und Schrecken und Angst hinderten mich, aufzustrhen. Mein Geschr«! rief meine Kammer- frauen zu meiner Hilfe herbei; die eine war meine Amme ge- wesen; seit ich auf der Welt war, halte sie mich bedient; nachdem sie mir Hilfe geleistet hatte, ging sie, der LSti d«n Kopf zu waschen und drohte ihr, w«nn fle so fortführe, würde Bezugs-Preis dt der Hauptexpedition oder den im Stadt- bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Hau» 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertehäbrlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung in» Ausland: monatlich 7.50. ;,so 6 t.75 6 t.— 6 5.80 6. «,7V 8. U. 96,806 -I,— Kr8. 0,10 6 0,10 8. -5.7V 8. 8,7S 6. 8,2V 8 «HO 8 «,50 8. 0,2» 8. 1^0 8. 5 8,VO 6. 3.— 6. 8.80 6. 5,35 6. 0,2V 6. 2.10 6. S,8S 8. «r.v.87 — NM.5V6 8.50 8. 8,2» 8. 5.25 8. 0«0 6. S70 6 0,— 8 U.L 2.25 8. 1,— 6. 3,70 8. 5.50 6. S»0 8. S SO S. 3.10 6 3,7V 6. S.— 6. ), »r. >.7» 8 I. n 1800 6 i. V — i. v >. I) >,vo d»l! 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