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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990421027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899042102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899042102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-21
- Monat1899-04
- Jahr1899
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Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rattjes und Volizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. -- > ----- ' .... - ' " - Freitag den 21. April 1899. Anzeigen Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2V Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 ge spülten) 50/^, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Arrnahmeschluß für Anzeigen. Ab end-Ausgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen ie eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an di« Ex-edition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig- 93. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2l. April. Die gestrige Sitzung des Reichstag» zu eröffnen, wurde, Wie die „Tägl. Runvsch." berichtet, dem Präsidenten schwer gemacht: „nicht nur war der Sitzungssaal um */i2 Uhr nahezu leer, es war auch keiner der acht Schriftführer an wesend, um den Präsidenten in seiner Geschäftsführung zu unterstützen. Endlich erschien der Abgeordnete Pauli als rettender Engel; der Bureaudirector nahm einen zweiten Schriftsührersessel rin, und die Berathung konnte nach halb 2 Uhr beginnen." So der Anfang eines Stimmungsbildes von einer Reichstagssitzung, auf deren Tagesordnung die Fortsetzung der Novelle zur Gewerbeordnung stand, die in den letzten Monaten in weiten Kreisen vielfach er örtert worden ist und eine lange Reihe wichtiger Bestimmungen trifft. Wie erinnerlich, handelt es sich um die ConcessionS- pflicht der Stellenvermittler und Gesindevermiether, um Bestim mungen zum Schutze der Confections-Arbeiter und -Arbeite rinnen, der Angestellten im Handelsgewerbe, der jin offenen Handelsgeschäften, in Gastwirthschasten u. dgl. beschäftigten weiblichen Personen, ferner um kleinere Bestimmungen über das Hausirgewerbe u. dgl. m. Mit dieser Gewerbenovelle zu sammen standen zwei Anträge zur Verhandlung, die von nationalliberaler Seite ausgegangen sind. Der Antrag Bassermann u. G. beschäftigt sich vornehmlich mit der Regelung der Kündigungsfristen für gewerbliche Arbeiter, Werkmeister, Techniker; er wünscht ferner die Errichtung kaufmännischer Schiedsgerichte zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Principalen und Angestellten. Der Antrag des Abgeordneten Freiherrn Heyl zu Herrns heim geht in erster Linie daraus hin, die Arbeiterschutz- bestimmungen auf die Werkstätten der Hausindustrie auS- zudehnen, solche Werkstätten ausgenommen, in denen der Arbeitgeber ausschließlich zu seiner Familie gehörige Personen beschäftigt. Im Einzelnen sind Bestimmungen über Lohn abzüge, Mitgabe der Arbeit nach Hause, Lohnbücher und Arbeitszettel für jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen vor gesehen. Außerdem enthält der Antrag noch Bestimmungen zum Schutze weiblicher Arbeiter, insbesondere der weiblichen Bediensteten in offenen Verkaufsstellen. Zur Controls dieser Bestimmungen sollen den Gewerbe-AufsichtSbeamten weibliche HilfSbeamte beigeordnet werden. In einer besonderen Reso lution wird ein Gesetz verlangt, das die Versicherungsgesetze auf die Hausgewerbetreibenden ausdehnt. Ein solcher Be- rathuogSgegenstand, sollte man meinen, müßte wenigstens die jenigen Äbgeordneten, denen die Lage des Mittelstandes so wohl, wie die der Arbeiter am Herzen liegt, vollzählig ver sammeln. Und da dies die große Mehrzahl der Mitglieder des HauseS während der Wahlbewegung versichert hat, so hätten nur einige wenige Sitze leer sein dürfen. Freilich ist ein großer und gerade der beste Theil der Reichsboten mit CommissionS- berathungen überhäuft, und da auch das Schicksal der Gewerbe- ordnungSnovelle in der Commission entschieden werden wird, so ist eS wenigstens begreiflich, daß man sich zu der Plenar- berathung nicht drängte. Ihr Resultat läßt sich dahin zu sammenfassen, daß die Anträge Bassermann und Heyl — mit Ausnahme der von Bassermann beantragten Bestimmungen über die Kündigungsverhältnisse der Werkmeister — sowohl bei der Negierung, wie bei der Mehrheit des Hauses auf unüberwindliche Abneigung zu stoßen scheinen, der Regierungsvorlage aber ein günstigeres Schicksal beschicken sein dürfte wenn sie überhaupt in dieser Session zur Ver ¬ abschiedung kommt. Am Schluffe der Sitzung ermahnte der > Präsident die anwesenden und noch dringender die nicht! anwesenden Mitglieder, bei den demnächst bevorstehenden zweiten Berathungen ein beschlußfähiges Haus zusammen zubringen. Das wird nur selten geschehen. Da aber alle Parteien schon im April parlamentsmüde sind, so dürfte die Unterbrechung der Geschäfte durch „Anzweiflung" der Be schlußfähigkeit vielleicht weniger häufig eintreten, als man es gewohnt ist. Zu vielen zweiten Berathungen kommt es wahrscheinlich trotz der Fülle des in den Commissionen lagernden Materials gar nicht. Eine Reihe von Zeitungen schließt sich jetzt der an dieser Stelle vor einiger Zeit geäußerten Vermuthung an, eine beträchtliche Anzahl von Vorlagen sehe entweder dem Tode oder — im Falle der Vertagung bis zum Herbst — einem Sommerschlafe entgegen. Diese Vermuthung würde Gewißheit werden, wenn der Reichstag in diesem Frühjahr durch neue Gesetzentwürfe noch weiter belastet werden sollte. Namentlich ein Gesetz zum Schutze der Arbeitswilligen drohte vieles Andere mit zu Boden zu ziehen, denn eS herrscht auch bei den Freunden des Gedankens durchaus keine Neigung, sich in diesem Sommer noch mit dem Gegenstände zu befassen. Er hat übrigens noch nicht einmal die Scylla des Bundesrathcs durchschifft. Einer zweiten Berathung — außer der des Bankgesetzes — scheint man mit Sicherheit entgegensetzen zu dürfen. Die lox Heintze, aus die wir weiter unten eingehen, wird das Plenum erquicken. Wie immer die Frequenz bei den zweiten Berathungen sich ge stalten wird, für das Ansehen des Reichstages ist es gut, daß die ersten Lesungen vorbei sind. Er hat sich auch dies mal weder hinsichtlich der Höhe der gewählten Gesichts punkte noch hinsichtlich der Beschränkung der Aufgabe ge wachsen gezeigt, in nicht bindender Berathung eine Ge setzgebungsmaterie zu klären und zu fördern. Die Reichstagscommission, der die Vorlagen und Initiativanträge zur Hebung der Sittlichkeit überwiesen worden sind, hat, wie bereits im heutigen Morgenblatte be richtet ist, gestern den sogenannten Arbeitgeberpara graphen angenommen, der in dem zu der Regierungsvor lage vom Centrum eingebrachten Antrag enthalten ist und dahin gebt, daß mit Gefängniß bis zu einem Jahre Arbeitgeber und Dienstherren zu bestrafen sind, welche ihre Arbeiterinnen und ihr Gesinde unter „Mißbrauch des Arbeitsverhältnisses" durch Androhung von Nachtheilen, Lohnverkürzung, Zusage und Gewährung von Arbeit, Lohnerhöhung oder anderen auS den Lohnverhältnissen sich ergebenden Vortheilen zur Duldung oder Verübung unsittlicher Handlungen verleiten. Dafür stimmten 13 Mitglieder der Commission, dagegen 8, und zwar nur Conservative, Nationalliberale und Freisinnige. — Die gute Absicht dieser Bestimmung war bisher von keiner Seite in Zweifel gezogen worden, am wenigsten von der Regierung, der es selbstverständlich fern liegt, ein unsittliches Verhältnis zwischen Arbeitgebern und weiblichen Angestellten und die infame Ausnutzung der Stellung als Arbeitgeber irgendwie begünstigen, oder auch nur dulden zu wollen. Mit einer solchen Bestimmung erreicht man aber das erstrebte Ziel nicht. Die ArbeitS- und Dienstverhältnisse sind so verschieden, daß sie nicht ohne Unterscheidung zur Grundlage eines neuen Sittlichkeitsvergehens gemacht werden können. Die Worte I „Mißbrauch deS ArbeitSverbältniffeS" gehen zu weit, besonders I bedenklich aber ist, daß nicht Unbescholtenheit auf Seite der ! Verleiteten erfordert wird und bescholtene Personen daraus eine Gelegenheit zu Denunciationen und Erpressungen herleiten können. DaS waren die Gründe, die im vorigen Jahre bereits die Regierung dagegen geltend machte. AuS dem Reichstage heraus wurde weiter als höchst bedenklich bezeichnet, daß ein solches Vergehen als ein Ofsicialdelict behandelt werden soll, wodurch also jeder beliebige Dritte in die Lage versetzt wird, aus unlautersten Motiven auf Jahre hinaus mit der Anzeige zu drohen oder Erpressungen zu verüben. In Folge dessen hat auch am 9. März der Staatssekretär vr. Niederding im Reichstag ausdrücklich erklärt, daß die verbündeten Regierungen sich auf die Eingangs erwähnten Bestimmungen „unter keinen Umständen einlassen werden". Wir heben dies schon jetzt hervor, um zu constatiren, wer die Schuld trägt, wenn diesmal wieder der Versuch, im Interesse der Sittlichkeit die straf gesetzlichen Handhaben zu vermehren, scheitern sollte. Und da dies wahrscheinlich ist, so steht man vor der Frage, was das Centrum mit seiner Hartnäckigkeit eigentlich bezweckt. Sicherlich herrscht nirgends eine weniger günstige Stimmung gegen die Arbeitgeber, als im social demokratischen Lager, und ganz besonders predigt die radical socialistische „Sächs. Arbeiterztg." den Haß gegen die Arbeitgeber. Trotzdem schrieb dieses Blatt vor einiger Zeit' „Erwäq enswerth ist der Gedanke, ob man nicht die Arbeit geber und Vorgesetzten juristisch fassen könne, die das Abhängigkeit?- Verhältnis ihrer weiblichen Untergebenen dazu benutzen, diese geschlechtlich zu gebrauchen. Doch muß bei der Fassung eines solchen Paragraphen mit äußerster Vorsicht zu Werke gegangen werden." Wenn solchermaßen ein von Voreingenommenheit für die Arbeitgeber sicherlich freies Blatt zur äußersten Vorsicht mahnt, so kann man sich des Verdachtes nicht erwehren, daß eS dem Centrum gar nicht um die Annahme seines Antrags, sondern nur darum zu thun sei, denjenigen katholischen Arbeitern, die sich der Socialdemokratie noch nicht zugewanvt haben, zu zeigen, wie wenig die CentrumSpartei auf die Arbeitgeber Rücksicht zu nehmen geneigt ist. Der Franzose Whist, der bekannte Diplomat Les „Figaro", verspottet anläßlich des Samoa-Han-els den Gedanken Chamberlain'S, zwischen Deutschland, England und den Vereinigten Staaten von Amerika einen neuen Dreibund zu bilden. Man wird die Genugthuung, die Whist über eine so schöne Gelegenheit zum Spotten empfindet, bei einem Franzosen vollkommen verstehen, um so mehr als Herrn Chamberlain'S Idee in Deutschland sehr kühl gelassen hat. Von größerem Interesse als die Betrachtungen Whist'S über die Aussichtslosigkeit einer englisch-amerikanisck-deutschen Tripleallianz ist die folgende Stelle seines Artikels: „Das Berliner Cabinet kämpft (in Bezug auf Samoa) gegen überlegene Mächte, aber es hat Grund anzunehmen, daß seine Stimme gegenüber den Ansprüchen deS englischen Interesses und der amerikanischen Begehrlichkeit sich Respect verschaffen wird. Ich kenne meinerseits hinlänglich unsere englischen Freunde und jetzt, da wir eben mit ihnen einen ehrenvollen Frieden unterzeichnet haben, habe ich wohl das Recht, ein wenig auf ihren Haupt fehler zurückzukommen ... Er besteht darin, den Leuten in dem Verhältnisse Beachtung zu schenke», in dem man an nimmt, daß sie im Stande sind, sich zu vertheidigen. Wenn wir an Stelle der Deutschen in der Samoa-Krisis gewesen wären, hätte man uns «ans kayon dasselbe Verfahren angedeihen lassen, wie in der Faschoda-Angelegenheit: aber man sieht sich der deutschen Fahne gegenüber und man läßt sich herbei, mit ihr sich zu vergleichen. Wofern nicht neue Der- Wickelungen an Ort und Stelle stattstnden, ist deshalb dec Zwischen fall im Princip geregelt." Die, wenn wir recht verstehen, ironisirende Resignation, die im Vorstehenden zum Ausdruck kommt, ist ebenso inter essant wie die Anerkennung deS deutschen Prestiges für un schmeichelhaft. „Nur Muth, nur Muth!" hat Her Cardinal-Staatssekretär Rampolta dem Oberbügermeister von Wien, Herrn vr. Lueger, dem Häuptling der Wiener Christlich-Socialen zu gerufen, als er nach einem Besuch beim Papst und seinem all mächtigen Kanzler den Vatikan verließ. Die christlich-socialen Führer in Oesterreich haben sich bisher sorgfältig gehütet, offen die römischen Farben auszustecken. Sie vermieden sorgfältig, das von der Concordatszeit her nicht im besten Crsdit stehende Wort „katholisch" und ersetzten es in ihrem Programm und ihrewNedendurch das allgemeinere und harmlosere „christlich". Der Klerus war mit ihnen und stellte den großartigen, trefflich dis- ciplinirten kirchlichen Apparat in den Dienst ihrer Agitation, aber sie protestirten dagegen, eine klerikale Partei zu sein. Ja, sic treiben jetzt noch die Maskerade so weit, daß während Baron Dipauli im Ministerium und Or. Kattrein im Exeoutiv-Comite der Majorität sitzt, vr. Lueger in der Obmänner-Conferenz der deutschen Oppositionsparteien eine Stimme, und der Prinz von Liechtenstein ein Referat über deren national-politische Forderun gen führt. Und nun reist vr. Lueger nach Rom und holt sich beim Staatssekretär Verhaltungsmaßregeln, und wird vom Papst wie von ihm aufs Freundlichste empfangen. Wem ist es jetzt noch zweifelhaft, daß die „Rettung" des christlichen Volkes nicht in Wien, sondern in Rom ihren Ursprung hat! Aber man kann vr. Lueger, der es nicht mehr für nöthig hält, sein wahres Antlitz zu verschleiern, für seine Offenheit, mit der er sich über den Empfang in Rom ausgesprochen, nur dankbar sein. Man weiß doch, sagt die „N. F. Pr.", wer der Cardinal-Staatssekretär ist. Er ist der Leiter <drr vaticanischen Politik, die cs dem Dreibund nie vergeben kann, daß das „kirchenräuberische" Italien in ihm sein« Stütze findet. Seine Hand ist überall zu spüren, wo die Gegner Oesterreichs zu finden sind, des Seite an Seite mit Deutschland marschirt. Ist erst Oesterreich wisper hinlänglich römisch gemacht, dann kann es mit 'der Zeit doch gelingen, es wieder an die Nampolla'schc Lein« zu nehmen. Hand in Hand geht di« katholisch-deutsche Dolkspartci mit den deutschfeindlichen Tschechen, und es ist schon lange die Rede davon, daß auch der Lueger'sche Anhang offen zur Wolkspartei überschwenken wird. Vielleicht vollzieht es sich jetzt bald, nachdem Rom so deutlich ge sprochen hat. Eine neue schwere Gefahr droht den Deutschen in Oesterreich, möchten sie daraus vor Allem «ine neue laute Mah nung zur Einigkeit hören! Unter dem Vorsitze des Barons Lambermont vom belgischen Auswärtigen Amte ist gestern in Brüssel die inter nationale afrikanische Confere«; zusammengetreten, um die Bestimmungen der Brüsseler Generalacte über dieAlkoHol zöl l e zu revidiren und dem Verkaufe von Spirituosen in den afrikanischen Colonien neue Hemmnisse anzulegen. Der deutsche Gesandte in Brüssel, Graf von Alvensleben, hatte i sich vor einigen Tagen nach Berlin begeben, um über die Haltung I Deutschlands auf dieser Conferenz voll unterrichtet zu sein. Sehr ! beachtenswerth ist die Stellung Englands zu dieser Con- Feirillrton. Errungen. lOj Roman von M. Buch Holtz. Nachdruck verboten. „Sicher, gnädiges Fräulein", antwortete schnell der Gefragte, und es erschien ihm jetzt lange nicht so schlimm wie kurz zuvor, daß die Thiere in einem so elenden Zustande waren; er wußte, saß er Energie unld Verständniß besaß, nm solche Uebel-Mnde zu beseitigen, und die Lust, die ihm zuvor vollständig dazu gefehlt haäte, in einer fremden Wirthschaft, in der er wenig lernen tonnte, sich nur zu Plagen, die war nun mit einem Male bei den bittenden . zaghaften Worten Greta's vorhanden; ihr einen Wunsch erfüllen zu können, hätte er gern noch andere Dinge unternommen, als -hier ein wenig Ordnung gu machen. Als .sie nun tdrn Weg nach dem Herrenhause einschlugen, bückt« sich Rawsau, um «ine.unorocntlich auf dem Wege liegende Bracke an den dazu bestimmten Nagel der Stallmauer zu hängen, und als er dann wieder an die Seite seiner Begleiterin trat, sagte diese mit einer etwas gepreßten Stimme: „Sie haben sicher auf unserem Rundgange Vieles bemerkt, Herr Ransau, was besser sein könnte, aber bitte, verlieren Sie dadurch nicht den Muth, sich in die gegebenen Verhältnisse hinein- zufinden. Papa, der durch viele auswärtige Armier sehr in An spruch genommen ist, hat leider nicht so viel Zeit, wie er haben müßt'e, um Manches hier zu ändern. Aber er läßt seinen Beamten, die er für tüchtig erkannt, gern freie Hand, und Sie scheinen mir der Mann dazu, um hier Manches zu ordnen, wenn Sie wollen — aber werden Sie wollen, da Sie sicher sehr viel Besseres ge wöhnt sind?" Sie sah ihn fragend an mit ihren wunderbar tiefen, traurigen Augen, und fast ergriffen reichte ihr Ransau seine Hand und fegte fest: „Ja, gnädiges Fräulein, ich wird« wollen, und werde mich glücklich schätzen, mir Ihre und Ihres .Herrn Vaters Zufrieden heit zu erwerben." Greta legte ihre kleine Hand in seine dargebotene Rechte; trotz ihrer Schmalheit keine weiße, zart gepflegte Damenhand, sondern eine Hand, der man Spuren mancher Arbeit ansah, aber Ransau hatte noch nie eine andere Hand als die seiner Mutter mit einer gleichen Ergebenheit geküßt, wie er es jetzt mit Greta's Hand that. Es war, als ob mit diesem Händedruck die jungen Menschen einen Bund schlossen, und als ob nach diesen Worten sie sich so nahe gerückt wären, wie es sonst nur nach langer Zeit der Bekanntschaft möglich ist. Besonders Greta athmete Wie befreit auf. Das Gefühl der Schiam, das sie bei ihrem Gang durch die Wirthschaft vor Ransau empfunden, war vollständig von ihr gewichen. Sie hatte nicht mehr die Angst, daß seine Augen die ihr bewußten Mißstände betrachteten, sondern dies be klommene Gefühl hatte sich in? ein glückliches Zutrauen ver wandelt, in ein Gefühl, wie es wähl ein Kranker empfindet, wenn er einen Arzt, zu dem er unbegrenztes Vertrauen hegt, zu sich eintretrn sieht. An der Hausthür trennten sich die Beiden. Ransau ging in sein Zimmer, um hier zu warten, bis ihn Herr v. Tarden zu sich bescheiden lassen würde, und Greta trat in das Wohn gemach, in dem sie zu ihrer Verwunderung nicht nur die Mutter wie sie erwartet, sondern auch schon den Vater anwesend fand. Mit liebevoller Sorgfalt kam ihr die Mutter entgegen und fragte besorgt, wie sie sich heute befände, soeben hätte sie von ihrem Unwohlsein gehört, von dem sie ihr gestern Abend doch hätte erzählen sollen. „Es war nichts Besonderes, Mamachen, nur Kopfweh, das heute nicht mehr arg ist." „Na ja", brummte Herr v. Tarden, „hättest davon auch nicht solch Aufheben machen dürfen; aber wenn Euch nur der kleine Finger Weh thut, dann denkt Ihr gleich sterben zu müssen. Die alte Geschichte!" „Nein, Papa, ich hätte wirklich nicht mehr tanzen können!" sagte Greta, setzte sich nieder und nickte ihrer Mutter freundlich zu, die ihr besorgt und liebevoll in die Augen schaute. „Hättest übrigens zufrieden sein können mit dem Bedauern, das die Herren über Dein plötzliches Verschwinden äußerten. Besonders die kleine Durchlaucht schien untröstlich. Uebrigens «in netter kleiner Kerl, mit dem ich nachher noch eine Weile zu sammen gesessen habe." „Er gefällt mir wenig", entgegnete Greta. „So? Na, warum denn? Er ist Dir wohl nicht hübsch genug, was? Uebrigens wird er uns in den nächsten Tagen seinen Besuch machen, dann sei gefälligst nicht so steif und zimperlich, dazu bist Du schon zu alt!" Greta erwiderte nichts, sondern begann nun von ihrem gestrigen Abenteuer zu erzählen, und daß der Retter in der Noth der neue Beamte, Herr Ransau, gewesen sei, der dadurch gestern noch hier eingetroffen wäre, und daß sie auch heute früh bereits mit ihm einen Rundgang durch die Wirthschaft gemacht hätte. Herr v. Tarden schalt und wetterte auf Johann, den nichts nutzigen Menschen, den er sicher nächstens zum Teufel jagen würde. Dann sprach er seine Zufriedenheit aus, daß Ransau nun endlich angelangt sei, es wäre auch hohe Zeit, daß er Ver tretung bekäme, da er in den Tagen zu einigen Jagden vom Hause abwesend sein würde. Frau v. Tarden war bei dem Ge danken an die Todesgefahr, in der ihre Tochter geschwebt, ganz erregt. Sie hatte der Tochter Hand in die ihre genommen und streichelte sie leise, während sie mit zitternder Stimme sagte: „Liebling, in was für einer Gefahr hast Du geschwebt, wäh rend ich ruhig schlief! Es ist schrecklich, denken zu müssen, welch' ein Unglück hätte entstehen können, wenn Herr Ransau nicht ge rade zur Stelle gewesen wär«; wie tief dankbar müssen wir ihm sein!" „Thu' mir blos den Gefallen und verwöhne mir aus lauter dankbaren Gefühlen nicht den jungen Menschen! Er that einfach seine Pflicht und damit basta!" Greta aber, die in der Mutter tief ergriffene Züge schaute, ging es durch den Sinn, wie sie gestern einen Augenblick mit wilder Freude an ein jähes Ende ihrerseits hätte denken können, und wie in demüthiger Abbitte küßte sie innig die abgezehrte Hand der Mutter und sagte leise: „Du mußt Dich nicht nachträglich darüber noch aufregrn, Mama, der liebe Gott hat mich ja beschützt." Als Herr von Tarden gegangen war, um unter vier Augen, wie er sich ausdrückte, feinem neuen Jnspector auf den Zahn zu fühlen und dann mit ihm auf das Feld zu gehen, auf dem die Herbstbestellung im vollen Gange war, da nahm Frau von Tar den Greta's blonden Kopf in ihre beiden Hände, sah ihr liebreich in die Augen und fragte eindringlich: „Was haben sie Dir gestern angethan, Kind? — Hat Dich Jemand gekränkt — oder beleidigt? — Willst Du es mir nicht sagen, da ich seh«, daß Dich etwas quält und beunruhigt?" Ein leiser Schauer ging durch Greta's Körper, aber als sie in das gütige, zu ihr niederblickende Antlitz der geliebten Fragerin blickte, da meinte sie es noch nie so elend und verfallen gesehen zu haben, und der Gedanke, ihr nur neue Aufregung zu bereiten, ließ sie, statt wie sie am liebsten gethan, ihren Kopf an der Mutter Brust zu drücken, um sich dort auSzuweinen, «in Lächeln um ihre Lippen zwingen und leicht sagen: „Nein, Du täuschest Dich, Mama. Ich bin nur müde und von dem gestrigen Schrecken noch etwas angegriffen, sonst»f«hlt mir nichts!" „Und es war hübsch auf dem Fest? Hat Dir da» Verkaufen Vergnügen gemacht?" „O ja, sehr viel habe ich eingenommen und mich dabei amüsirt —, nachher der Ball, weißt Du, das war nichts für mich, ich war fremd und fühlte mich verlassen!" „Ja, das ist ein trauriges Gefühl", sagte Frau von Tarden sinnend. „Wohl Dem, der es in seiner ganzen Schwer? nie zu durchleben bräuchk!" „Wie traurig Du das sagst, Mama! Hast Du in Deinem Leben das Verlassensein in seiner ganzen Bitterkeit durchkosten müssen?" „Ja, oas habe ich, und Gott möge Dich vor ähnlichem Leid bewahren." „Arme Mutter! Ich weiß. Du hattest Deine Eltern so früh verloren!" „Ja, und was noch schlimmer war, den Glauben an die Men schen und den Glauben an einen barmherzigen Gott!" „Mama, wie viel Trauriges mußt Du durchlebt haben, uno wie wenig Glück!" „Nein, Greta, nicht wenig Glück, sondern viel, seh» viel Glück habe ich schon durch Deinen und Stanislaus' Besitz kennen gelernt!" , , „Unv Papa?" fragt« Greta leise, „er hat Dir kein Glück be reitet, nicht wahr?" , „Ich hätte ihn gern glücklicher gemacht, als ich es vermocht. Auch er hat vom Leben mehr erwartet, als es ihm gehalten und gegeben hat. Sei ihm stets eine gute, sehr gute Tochter, Greta, und bedenke, daß die erste Pflicht der Kinder Dankbarkeit gegen ihre Eltern ist." Greta hatte den Kopf in ihre Hand gestützt, um die Thränen zu verbergen, mit denen sich ihre Augen gefüllt hatten. In ihrem Herzen schrie es auf: „nein, ich kann keine Dankbarkeit für den Vater hegen, der durch sein Handeln Dich und Stanislaus und mich «lend gemacht hat. Dessen Anwesenheit genügt, um jedes frohe Gefühl zu verbannen! Der die zitternde Angst in meinem Herzen nicht zur Ruhe kommen läßt, daß unser Lebensschiff, dessen Steuer er in den Händen hält, schlecht geführt ist, und daß es zerschellen wird auf irgend einem Riff, in dessen Nähe es ein guter Steuermann mit väterlichem Sinn nie gebracht hätte!" Aber sie vermochte es der Mutter nicht zu sagen, sie vermochte sie auch nicht zu fragen: „Sag', ist es wahr, was Andere sich über uns, über mich erzählen?" Nein, sie vermöchte es nicht, und so zwang sie denn ihr stürmisch schlagendes Herz zur Ruhe und gab der Mutter auf ihre Fragen nach Diesem und Jenem ruhig Bescheid. Im Laufe des Gespräches fragte Frau von Tarden: „Papa erwähnte, daß uns Fürst Rahden seinen Besuch machen
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