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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960711023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896071102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896071102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-07
- Tag1896-07-11
- Monat1896-07
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Abend-Ausgabe nWgcr Lagtl'lail 0 Druck und Berlin von E. Bolz tu Leipzig Tonnabend den 11. Juli 1896. LeniHeton y. Dir Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. lio.io 144 10 182.75 208.50 153.— 96,— 170.15 218.15 SV. Jahrgang 58.10 88.50 80.80 107,— 310,— 214.05 218,05 157 534 755 666 4V1 498 tetix. 14'4 95 80.10 141.50 139 80 91.50 122 — 95,80 144.50 105.50 124,10 156 10 122,— 9.51-2 266,70 160.50 252,75 52,70 540,— 80.25 168, - 99,05 58.75 119,85 47.65 9,52 58.75 126'l» 116.50 291,— iruUicv. 84-. 64-.. 26-12 99 30-!z 12-2 3 > 101 563,50 64,40 604,— 26,75 105,— 26,63 207.30 15880 109.30 140,90 3011-s 883,— 156.70 160.40 46,20 155.70 174.40 153,50 163,— 2-^ 207,30. LreUit 108,75 404,50 100,10 91,75 53,70 der einzige Weg den Sudan die Die Gefahren eben jetzt Lurch Expeditionscorps 91,60 145,80 240.75 183.25 145,— 121 90 187.75 120,— 385,— 232,70 87,— 162.25 108.- oi 125. Vrtril-Beilagen lgrsalzt). nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderuug -ck 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Anzeigen-Prei- die 6gespaltene Pentzeile 20 Pfg. Sirclamrn unter dem RedactionSstrick <4gr- spaltens 50^, vor den Jamilienuachrichten sttgespalten) 40/H. Größere Schriften laut unserem Prrlß- verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tanf. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. 155.25 173.75 153.10 169.75 115 90 89.— 216,50 lOO,— 101,30 95,75 5810 106,80 k ksrtl. n psr Nedaction und Erpe-ition: JohanneSgaffe 8. DleEx-eoition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktt« Menint'S Eortim. lAlfred Hahn). Universitatsstraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Kathannenstr. 14, Part, und Königsplatz 7. Politische Tagesschau. * Leipzig, 11. Juli. Die bekannte Thatsache, daß Fürst Bismarck zuweilen in den „Hamb. Nachr." seine Ansicht über wichtige politische Fragen kundgiebt, bat zu der irrigen Ansicht verleitet, Alles, was dieses Blatt über solche Fragen äußert, sei entweder direct auf den Altreichskanzler zurückzuführcn oder entspreche doch wenigstens seiner Meinung. Es ist daher ganz gut, daß die „Hamb. Nachr." zuweilen Artikel veröffentlichen, die zweifellos den Bismarck'schen Geist nicht athmen und dadurch den Beweis liefern, daß das Blatt, wenn ihm Anregungen oder Zuschriften aus FriedrichSruh fehlen, auf eigene Faust in Politik macht. Ein solcher Artikel ist es, den das Blatt heute unter der Ueberschrift „Zur inneren Lage" veröffentlicht und über dessen In halt der Telegraph bereits eine kurze Mittbeilung gebracht hat. Er weist zunächst darauf hin, daß die Mitwirkung des Cent rums an der parlamentarischen Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuches egoistische Zwecke habe und daß man nicht annehmen könne, daß eine Partei wie das Eentrum „es als seines Dienstes erachten sollte, auf die Dauer für die Erhaltung und Befestigung des protestantischen und monarchischen Kaiserthnms zu wirken." Dann geht der Artikel auf die Geschichte des Centrums und besonders auf seinen Haß gegen den Fürsten Bismarck ein und schließt: „Eine Partei, die von solchem Geiste erfüllt ist und windthorstisch im politischen Sinne bleiben wird, so lange sie überhaupt existirt, kann, ohne sich selbst zu verleugnen und preiszugcben, ebenso wenig wie die Socialdemokratie auf die Dauer für das deutsche Reich, wie ks jetzt besteht, eintreten. Wenn sie es scheinbar dennoch lhut, so kann man sicher sein, daß es aus ähnlichen Gründen geschieht, wie bei der Socialdemokratie: um irre zu leiten oder die Regierung aus Wegen zu be stärken, von der sie glaubt, daß sie in den Sumpf führen. Wir können also nicht auf die Ansicht verzichten, daß das jetzige Eentrum, weit entfernt, sich seinem inneren Wesen nach zu ändern, nicht minder zn den Reichsfeinden zählt wie die Socialdemokratie. Mit um so größerer Besorgniß müssen wir auf die Thatsache blicken, daß diese beiden Parteien — als Ergebniß der politischen Entwickelung der letzten Jahre — die führende Nolle im dc»utjchen Parlament erlangt haben und daß das Reichs- tagspräsidium, wenn es die Sachlage richtig wieder geben sollte, klerikal.sociali st isch zusammengesetzt sein müßte. Wir bedauern, daß man seiner Zeit die Social- vemokratie aus der Nothwendigkeit, einen Präsidentensessel zu besetzen, entlassen hat; es hätte sehr zur Erhellung der Lage, in der sich der deutsche Reichstag befindet, beigelragen und die Social- vcmokratie genöthigt, besser als bisher Farbe zu bekennen. Aber alles Bedauern über diese Sachlage hindert nicht, anzuerkennen, Laß es, wie wir gestern sagten, bei der herrschenden Stellung des Eentrums und bei den guten Beziehungen des Freiherrn o. Marschall zu Lieser Fraction die Nachfolge Les jetzigen Staats- jecretairs des Auswärtigen Amtes als Reichskanzler ein ganz natürliches Ergebniß der gegenwärtigen politischen Lage wäre; ebenso wie es der jetzigen politischen Constellation nur mtsprechen würde, wenn Herr v. Bo etlicher ebensogut wie Herr o. Marschall als Nachfolger des Fürsten Hohenlohe in Frage käme, va die beiden Männer Las Vertrauen des Centrums in kaum minder hohem Grade wie seiner Zeit der General Caprivi besitzen. Wir würden, wenn Fürst Hohenlohe abgehen und einer dieser beiden Männer sein Nachfolger werden sollte, jedenfalls sehr viel schneller zu einer folgerichtigen Entwickelung der «etzigen Situation und damit zur Erkenntniß des Weges, auf dem wir uns befinden, gelangen, als wenn Sie Nachfolgerschaft einem Manne übertragen würde, dem man nicht m gleich hoheni Maße Connivenz gegen die herrschenden Parteien Ses Reichstages zutraute." Hier wird also in aller Form dem Kaiser der Rath er teilt, den Fürsten Hohenlohe entweder durch den Frhrn. Anzeiger. Amtsblatt des Lomgkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. ,8. on.i. 0 6. 0 U. - O. 0 0 0 0 0 u ou 0 u 0 o 5 <j. 5 U. SO. - U. - O. 3 ». 5 0. ILkId»!'. !?o. 1 o. 10. 10. )6. > 0 -O. - O. - O. )O. » 0. >b/O. O. >O. >0. -0. verdorrende deutsche Gemeinden wieder zu neuem Leben erblühen. Die englische Politik in Afrika variirt zwar, je nach der Oertlichkeit ihrer Betbätigung, in ihren äußeren Formen, in der Sache aber laufen alle Anstrengungen der englischen Afrika Politiker auf dasselbe Ziel, auf die Etablirun.z der englischen Vorherrschaft im dunklen Welttheil, hinaus. An riesen inneren Zusammenhang wird man erinnert, wenn man die gleichzeitigen Anstrengungen der Engländer beobachtet, von Norden, von Süden und von Osten ihre Macht bis in das Herz deS afrikanischen Continents vorznschieben. Im Norden und Süden sind es die englischen Truppen, welche dort gegen die Derwische, hier angeblich gegen die auf ständischen Kasfern zn Felde ziehen. In Britisch Oslafrika hingegen sehen wir England im Begriff, seine Eisenbahn ingenieure gegen den tropischen Urwald mobil zu machen. Eine Eisenbahnlinie vom Hafenplatz Mombasa nach dem Nordende des Victoria-Nyanza ist jetzt im Princip ge sichert, nachdem das Unterhaus mit der Regierung sich wegen der Grundzüge des Projectes verständigt bat. Bei uns in Deutsch land betrachtet man diese englischen Eisenbahnpläne in Britisck- Ostafrika vorwiegend unter dem Gesichtspuncte der colonialen Eifersucht John Bull's, die es nicht ertragen könne, von Deutschland in der Erschließung Jnnerafritas durch Schienen wege überflügelt zu werden. Das trifft innerhalb gewisser Grenzen ohne Zweifel zu, erschöpft aber die wahre Bedeutung des Bahnprojects Mombasa-Victoria-Nyanza nur zum Theil. Alle englischen Kenner der binnenafrikanischen Macht verhältnisse stimmen darin überein, daß eines erfolgreichen Vormarsches gegen Erbauung der Mombasa-Eiscubabn ist. des Weges am Nile aufwärts werden die Choleraheimsnchung des britischen illustrirt. Letzteres hat, weil es eben auf eine einzige Marsch route sozusagen festgenagelt ist, gar keine Mittel und Wege, der Ansteckung auszuweichen. Es muß auf gut Glück aus harren, bis die Kraft der Seuche gebrochen ist. Tie In betriebnahme der jetzt noch im Projectstadium befindlichen Mombasa-Eisenbahn würde England mit einem Schlage der Nothwendigkeit deS langen, beschwerlichen, kostspieligen und gefahrvollen Transports seiner Truppen durch Lie ungastliche Wüste überbeben und cS in den Stand setzen, von Süden her auf der Operationsbasis der großen Binnenseen mit von Strapazen völlig ungeschwächten Streitkräften gegen den Sudan debonchiren zu können. Gleichzeitig nut der Beschlußfassung des Unterhauses über den Eisenbabnbau in Britisch - Ostasrika veröffent licht die Londoner Amtszeitung den NegierungScrlaß betreffs Einverleibung der Landschaften von Unyoro und Usogu m das Protcctorat über Uganda. Dadurch wird England ossiciell der Grenznachbar Les Congoslaates, und auch diese Maßregel kann als Beweis dafür gelten, daß cin wesentlicher Theil der englischen Afrika-Action tunstig aus die Operations- Basis von Uganda, nach Herstellung des Schienenweges zur Küste, concentrirt werden soll. Die Stellung Rußlands zur enyptischc» Krage wird in der „Pol. Corr." von einem officiösen Berichterstatter ans Grund „zuverlässiger Informationen" folgendermaßer gekenn zeichnet: TaS Petersburger Cabinet beschäftige sich schon lange mit dem Gedanken an eine mögliche Regelung der betreffenden Frage und zwar hauptsächlich wegen russischer Interessen, nicht aus Gefälligkeit gegenüber Frankreich. Die Erwägung, daß die eigenen nationalen Interessen Rußlands die Regelung der internationalen Position des Nillandes dringend erheischen, habe sich der russischen Regierung sich daher Wohl ebensowenig geneigt zeigen, dem Gedankengang der „Post" zu folgen, wie der Kaiser sich bewogen finden wird, dem Fürsten Hohenlohe einen Nachfolger nach dem Herzen des Centrums zu geben, um die Gefährlichkeit der klerikalen Ziele recht sichtbar an den Tag zu bringen. Eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Nath>cl^age der „Hamb. Nachr.", einen Vertrauensmann des Centrums zum Reichs kanzler zu machen und dadurch schnell zu einer „folgerichtigen Entwickelung der jetzigen Situation zu gelangen", hat ein Vorschlag, den die „Post" der preußischen Regierung macht. Sie empfiehlt ihr nämlich, gleichzeitig mit der Einführung von Zwangsgenossenschaften für das Handwerk diejenige des Befähigungsnachweises vorzuschlagen. Das Blatt argumentirt: Das Handwerk wird vermöge des poli tischen Gewichtes der ihm zugedachten Organisation den Be fähigungsnachweis erzwingen, darum bringe man ihn gleich freiwillig ihm entgegen; man macht dadurch zwei Millionen Deutsche zu zufriedenen Bürgern und die Reichspolitik wird dann die „politische Sahne" für sich schöpfen. Eine solche Erwartung mögen — zwar nicht in Ansehung von Millionen, aber einiger Hnnderttausende — Diejenigen hegen, die sich von dem Befähigungsnachweis eine materielle Förderung des Handwerks versprechen. Zu diesen gehört die „Post" aber nicht, sie läßt die Frage der Zweckmäßigkeit offen und deutet nicht mit einer Silbe an, daß sie nicht selbst zu Denjenigen zählt, „welche überzeugt sind, daß der Befähigungsnachweis nach kurzer Erprobung wiederum von der Bildfläche verschwinden wird". Auch diesen Gegnern der Ein richtung empfiehlt das Blatt, die Einführung des Be fähigungsnachweises zu beschleunigen, und zwar deshalb, um so bald als möglich den Handwerkern die Zwecklosigkeit oder Zweckwidrigkeil des Gebotenen praktisch zu demonstriren. Wenn man dergestalt die Gesetzgebungsaufgabe als eine erziehliche auffaßt, so kann man auch zur Befürwortung des Antrages Kanitz gelangen, und selbst die Arbeiterkammern wären als socialpolitisches Unterrichtsmittel nicht zu ver achten. Im klebrigen hat in Oesterreich weder die Ein führung des Befähigungsnachweises die nach ihm lüsternen Handwerkerkreise zufrieden gemacht, noch auch hat dort der all ok>8urckum geführte Befähigungsnachweis die Handwerker zur Anwendung des erreichbaren und nothwendigen Maßes von Selbsthilfe angetrieben. Die preußische Negierung wird Bezugs-PreiS der Hauptexpeditton oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich ^I4L0, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandsendung ins Ausland: monatlich 7.50. Ich war darauf gefaßt, ibn bald aus den Augen zn per iieren; aber nach den ungeschriebenen Gesetzen der Seefahrer mußte er zuerst seine Ersparnisse verschwenden. Den größten Theil des Tages verbrachte er denn auch in der Ertrastnbe des Wirthsbauses zum „Schwarzen Tom" und zwar in Gesellschaft von einigen guten Karne raden — lauter Kennern der Südsee und Liebhabern von langen Geschichten, kurzen Pfeifen und einem vollen Glase. Ich wurde nicht müde, den alten Seeratten zu zuhören. Einige dieser merkwürdigen Menschen besaßen ent schieden eine poetische Ader, andere wieder eine Rednergabe. Nach dem Anhören ihrer Erzählungen und ihrer lebhaften Schilderungen von Land und Leuten begann sich in meinem Kopfe cin Bild der Slldsec-Jnseln und dcS Jnscllcbens ab- zuspiegcln. Ich sah im Geiste steile Küsten, konische Berg spitzen, dichte Wälder, rastlose Brandungen an den Riffen und Grabesruhe in der Lagune. Ich sah Sonne, Mond und Sterne in nie geahnter Pracht, sah die Männer dieses Paradieses noch fast sündloS, und die Frauen schöner als Eva, und ich dielt das Leben daselbst überhaupt für ein paradiesisches. Man muß, wie ich, ein verkannter Künstler gewesen sein, in den Straßen von Paris gehungert haben und von einem Manne wie Pinkerton inS kommerzielle Joch gespannt worden sein, um die Sehnsucht nach diesem Paradiese, die mich zu Zeiten mächtiger erfaßte, zu begreifen. Das zugige, geräuschvolle San Francisco, daS geschäftige, unruhige Treiben in unserem Bureau, welches Jim, wie ein Löwe seinen Käfig, täglich zwischen zehn Uhr Vormittag und vier Ubr Nachmittag durchmaß, selbst die Erinnerung an Kairo trat vor jenen Bildern in den Hintergrund zurück. Eines Nachmittags saß ich im stillen Winkel einer große», prächtigen Schenkstube vor einem kühlenden Getränk, als ich plötzlich lautes Stimmengewirr und ein Getrappel wie von vielen Füßen körte. Die Thür flog weit auf und viele Leute drängten sich herein. Cs waren zumeist Matrosen oder sonstiges Schiffsvolk und alle heftig erregt. Den Mittelpunkt des Interesses bildeten vier wettergebräunte Gesellen. Sie wurden von den klebrigen umringt, etwa wie in der alten Welt Kinder eine Punch- und Judy-Vorstellung oder ein Kasperltheater umringen. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde, daß Lie Fremden, Capilaine Trent und die Ueber- lebenden der an der Midway-Jnscl gestrandeten britischen Brigg „Fliegende Lerche" von einem britischen Kriegsschiff, das heute Morgen im Hafen von San Francisco eingelaufen war, gerettet worden seien. Bald gelang eS mir, Len vier braunen entschlüpft, hatte sich im Hafcn unter das Volk ge mischt und in dem Hause eines Bekannten eine Zu fluchtsstätte gesunden. Auf dem Schiffe waren nur seine Opfer zurückgeblieben. Ein Glück für ihn, daß er sich so beeilt halte, denn als man den letzten Verwundeten ins Hospital geschafft und diejenigen, welche der schwimmenden Schlachtbank wie durch ein Wunder entronnen waren, an fingen, sich unter das Hafenvolk zn mengen und ihre Wunden zu zeigen, bemächtigte sich jenes ganzen StadtthcilS eine furchtbare Erregung. Wenn man den Capitain erwischt hätte, es wäre um ihn geschehen gewesen. Doch war eS ihm, wie man erzählte, gelungen, sich während der Nacht in einem Faß über die Bay schmuggeln zu lassen. Bereits ans zwei Schiffen soll er dem Zuchthaus und dem Galgen entronnen sein, und doch befehligte er, wie die Fama lautet, kurz nach dieser letzten Episode wieder das vierte. Ich bin mir darüber nie recht klar geworden, ob NareS, jener erste Officier, seinen Vorgesetzten nicht absichtlich ent wischen ließ. So genau ich ibn auch später kennen lernte, über diesen Pnnct blieb er ebenso verschlossen, wie über Alles, was jene Reise des „Gleaner" betraf. Zweifellos hatte seine Zurückhaltung triftige Gründe. Ick, habe noch nicht erwähnt, daß er auf dem Wege znm Polizeibnrean mit Johnson, dem dritten Officier, darüber berathen hatte, ob er nicht außer dem Capitain auch sich selbst anzeigen sollte. Er entschied sich für das Gegentheil und verschwand noch an demselben Tage vom Schauplatz, um sich gleich seinem Capitain zn verbergen. Johnson jedoch hegegnete ich ziemlich oft. Seine Natio nalität vermochte ich nie zu ergründen. Er gab sich für einen Amerikaner aus, ick hielt ihn aber für einen Skandinavier, der sich viel auf den Backs englischer und amerikanischer Schiffe herumgctrieben batte. Von Natur der sanfteste, freundlichste und gutniüthigste Mensch, hatte er sich so sehr an die Grausamkeiten dcS Schiffslehen gewöhnt, daß mich bei seinen Erzählungen zuweilen eine Gänse haut überlief. Er sah merkwürdig vornehm auS, hatte eine elastische hohe Gestalt, kühne GcsichtSzüge, rin glatt braunes Antlitz und dunkles Haar. Wenn er still in seinem Stuhle saß, war man versucht, ihn für einen Baron oder einen Cavallerieossicier zu halten; erhob er sich jedoch, so erkannte man an seinem schaukelnden Gang sofort den Backmatrosen, und tbat er den Mund auf, so bekam man daS ungrammatikalische Kauderwelsch deS Backmatroson zu höre». herauf und es siel mir auf, daß Beide unter dem Banne einer heftigen Erregung standen. „Wo ist das nächste Polizeibureau?" rief mich der Führer an. „Folgen Sie mir!" entgegnete ick, sofort ihren raschen Gang annehmend. „Was ist los? Wie heißt die Barke?" „Gleaner," lautete die Antwort. „Ich bin der erste Officier, dieser Herr ist der dritte. Wir wollen der Mannschaft mit unseren Aussagen zuvor kommen, denn sie könnte uns mit dem Capitain in einen Hut werfen, und das würde mir durchaus nicht paffen. iJch habe schon manche gefährliche Fahrt mitgemacht und Flinten nadeln wie Sand an böigen Tagen Herumfliegen sehen, aber noch nie einen Capitain wie unser» Alten. Von Sandy- Hook bis zu den Farallonen*) wollte die Geschichte gar nicht aushören, und den letzten Mann haben wir erst vor sechzehn Stunden versenkt. Unsere Burschen waren echte Seerattcn und ein so zähes Pack, wie je eins auf dem Wasser ge schwommen ist. Aber sie boten einen jämmerlichen Anblick, als der Capitain mit seiner Luxusschießerei begann." „Jetzt ist er geliefert. Er wird wohl nie wieder See wasser riechen," fügte der Andere hinzu. „Das ist nickt so sicher! Wenn es ihm gelingen sollte, mit heiler Haut zu landen und in den nächsten zehn Minuten der Lynchjustiz zu entgehen, so wird er bald wieder ein Schiff finden. Die Rehder haben ein besseres Gedächtniß als das Publicum, sie werden zu ihm stehen, denn sie finden nicht jeden Tag im Jahr einen solchen Capitain." „Ja er ist ein verfluchter Kerl von einem Capitain!" be stätigte der Andere. „Ich glaube nicht, daß er während der drei letzten Reisen auf dem „Gleaner" die Löhne bezahlt hat." „Keine Löhne?" sragte ich, damals noch ein Neuling in maritimen Dingen. „Wenigstens nicht den gewöhnlichen Matrosen", entgegnete der Maat. „Der „Gleaner" ist übrigens nicht das erste Sckiff, welches nie Mannschaftslöhne gezahlt hat." Ich bemerkte, daß sich unsere Schritte bedeutend ver langsamt hatten. Jni Polizeiburean machten die Beiden ihre Aussagen und erzählten eine furchtbare Geschickte von fünf ermorveten Matrosen, die zwischen Sandy-Hook und San Francisco theil« mit wilder Leidenschaft, theilS mit kalter Rohheit niedergemetzelt worden waren. Sofort wurden Polizisten abgeschickt, doch fanden sie das Nest bereits leer. Der Schurke von einem Capitain war rechtzeitig Ielstninseln bei San Francisco. v. Marschall oder Herrn I)r. v. Boetticher zu ersetzen, damit man rasch erkenne, wobin eine allzugroße Nachgiebigkeit gegen daS Centrum führe. Solche Rathschläge hat Fürst Bismarck während seiner Amtsführung und nach derselben nie crtheilt, er hat im Gegentheil stets vor gefährlichen Experimenten und besonders vor solchen mit dem Centrum gewarnt. Ganz in diesem Sinne schrieben die „Hamburger Nackr." erst vor einigen Tagen: „Die Bejorgnisse, mit denen wir der Zukunft unserer Politik entgegensetzen, beruhen auf der Befürchtung, daß das Cent rum und dessen Bestrebungen vorwiegenden und leitenden Einfluß aus die deutsche Politik gewinnen könnten, weil die geschlossene Ein heit dieser Fraction, ihre Unverzagtheit und die Erinnerung an das Geschick, mit dem sie durch Windthorst geleitet wurde, nicht ohne Anziehungskraft für eine Regierung sind, die des parlamentarischen Beistandes nicht entbehren kann. Die Unterstützung der Ne gierungspolitik durch das Centrum ist, wenn sie ohne Schaden des Staats gewonnen werden kann, ja wünschenswerth, aber einen leitenden Einfluß dieser Partei auf die Staatspolitik, das Regieren nach der Politik des Centrums, halten wir für gefährlich." Das „Bismarck-Blatt" setzt sich also mit seinem neuesten Artikel nicht nur in Widerspruch mit dem Fürsten Bismarck, sondern auch mit sich selbst. Und wenn vielleicht der in diesem neuesten Artikel ertheilte Rath nickt ernstlich gemeint sein, sondern nur bezwecken sollte, die Stellung der beiden Staatssecretaire v. Marschall unv v. Boetticher wacklig zu machen, so wird dieser Zweck um so weniger erreicht werden, je offenkundiger jener Widerspruch ist. Bereits vor 50 Jahren machten die Siebenbürger Sachsen den Versuch, zur Kräftigung schwach gewordener sächsischer Gemeinden, die sich'rumänischer Ueberwucherung nur schwer erwehren konnten, evangelische Deutsche aus Württemberg zur Einwanderung in das Sachsenland zu bewegen. Der sächsische Pfarrer St. Ludwig Roth weilte selbst längere Zeit in Württemberg und veranlaßte viele schwäbische Familien, ihre Heimalh mit Siebenbürgen zu vertauschen. Bis Ende Mai 1846 waren in das siebenbürgiscke Sachsen land 307 württembergische Familien, im Ganzen 1460 Köpfe, eingewandert und in den verschiedenen Bezirken «»gesiedelt: im Hermannstädter z. B. 51, im Mühlbacher 56, im Kron städter 43, im Mediascher 32, im Brooser 64, im Leschkircher 9, im Neußmarkter 8, im Großschenker, Repser und Schäßburger je 3. Da jedoch zwei Drittel der Eingewandertcn Hand werker waren und nur geringe Erfahrung im Landbau hatten, so kam die Einwanderung weniger den sächsischen Dörfern, die sie besonders nöthig gehabt hätten, als vielmehr den sächsischen Märkten und Städten zu Gute. Vor einigen Jahren hat, wie man uns schreibt, die Siebenbürgiscke Vereinsbank, die kapitalkräftig ist, aufs Neue den Versuch gemacht, deutsche Ansiedler, nicht aus dem deutschen Reiche — denn das wäre zur Zeit bei dem in Ungarn herrschenden Chauvinismus fast unmöglich — sondern aus Südungarn ins Sachsenland zu ziehen und das Deutschthum daselbst zu verstärken. Der Versuch ist überraschend gelungen. Im Jahre 1892 wurde das einstmals gräflich Haller'sche Gut Weißkirchen bei Schäßburg, das 1380 Joch umfaßt, augekauft und mit 40 deutschen Bauern aus Hatzfeld bei Temesvar besiedelt. Obwohl die Mehrzahl der Ansiedler nur geringes Vermögen mitbrachte und ihre Geld- und Arbeitskraft durch den Aufbau der Wohw und Wirthschaslsgebäude stark in An spruch genommen wurde, so haben sie doch bis jetzt fleißig ihreSchulden abgezahlt,so daß sie in absehbarerZeit schuldenfrei sein werden. Eine deutsche Schule wurde für die mehr als 200 Seelen zählende neue Colonie schon 1893 errichtet. Eine zweite Ansiedlung wurde aus dem vom Grafen Stephan Kun ge kauften Gute Benczencz bei Broos gegründet. 14 evangelische Schwabensamilien auS Czervenka in der Batschka fanden hier eine neue Heimatb. Diese Colonie gedeiht fast noch besser als die zu Weißkirchen, da der Boden noch ergiebiger ist. Auch in Benczencz ist eine deutsche Schule errichtet worden. Weiter bat die Siebenbürgische VeieinSbank das große Matskasi'sche Gut in Kreisch, Peschendorf und Felsen dorf erworben. Dieses Gut umfaßt 500 Jock Aecker, Wiesen und Weingärten, die an die deutschen Bauern der drei Dörfer verkauft worden sind, und 1700 Joch Wald, der zunächst Bcreinseigenthiim bleiben soll. Da die deutschen Colonisten ans Südungarn im Siebenbürger Sachsen lande sich sehr wohl befinden und bei vorzüglicher Bodenbearbeitung große Erträge erzielen, so haben sich in den letzten zwei Jahren auch viele evangelische Schwaben freiwillig in Mühlbach niedergelassen und das dortige Deutschthum, das bei 2200 Seelen gegenüber 4000 Rumänen einen schweren Stand hat, wesentlich verstärkt. Wird die Ansiedelung von Deutschen in Siebenbürgen auch in Zukunft so vorsichtig be trieben wie bisher, so daß kein Rückschlag cintritt, so werden die Sachsen den größten Gewinn daraus ziehen, so werden Jim Pinkerton und ich. Roman von R. L. Stevenson und Lloyd Osbourne. 12s Autorisirte Bearbeitung von B. Kätscher. Nachdruck verboten. San Francisco ist nicht nur die interessanteste Stadt der Union und der ungeheuerste Schmelztiegel für Rassen und Edelmetalle, sondern auch das Eingangsthor zum „Stillen Meer" und zu einer frühen Epoche der Geschäfte der Mensch heit. In keinem andern Hasen der Welt kann man so viele Riesenschiffe sehen, wie sie hier vom Cap Horn, aus Cbina, Australien und Indien Zusammentreffen. Zn diesem Wald von Tiefwaffer-Riesen fast verschwindend, bewegt sich der Insel - Schooner, eine kleine Art von Handelsschiff mit niedrigem Wasserga»b, mit luftigen Spiwen aufgetakelt und herausgeputzl wie eine L)acht, bemannt mit mild äugigen, brannhäutigen, sanftstimmigen heimischen Matrosen und auSgestattet mit großen Booten, die, wenn sie sprechen könnten, gar manche Geschichte erzählen würden von stürmischen und gefährlichen Seegesiaden. Diese Schooner stehlen sich mit sehr gemischten Ladungen von Büchsenlachs, Schnaps, bunten Baumwollstoffen, Frauenbüten nnd billigen Taschenuhren aus dem Hasen, um nach Jahresfrist mit kost baren Schildkrötenschalen, echten Perlen und getrockneten Cocoskernen beladen, zurückzukchren. Meinen der Kunst und dem Seinestrand zugewendeten Gedanken lag dieser Insel verkehr und die ganze Inselwelt ziemlich fern, noch weniger wußte ich Positives darüber und es bedurfte des Zusammen treffens einer Reihe von Ereignissen, um meine Gleichgiltig keit in Interesse und dann sogar in Sehnsucht zu verwandeln; und ich ließ mirS nicht träumen, daß ich die Erfüllung der selben erleben würde. Eines Tages stand ich in der Nähe des Landungsplatzes für Boote und beobachte, wie eine große Barke von vielleicht 1800 Tonnen in außergewöhnlicher Eile ihre Vertäuung zn erreichen trachtete. Ich sah ihr mit Gleichgiltigkeit entgeaen, als ich plötzlich bemerkte, daß zwei Männer über die Ver dachung schritten, in ein Landungsboot stiegen, dem Boots mann die Rnder entrissen und eigenhändig dem Landungs platz zusteuerten. Erstaunlich rasch hasteten sie die Treppen
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