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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960826021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896082602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896082602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-26
- Monat1896-08
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Di» vkorgew<A»»gabe erscheint um '/,? Uhr. hi« Abend-Ausgabe Wochentag» um b Uhr. Nrdartton «nd Lrpe-itio»: Johanne»,affe 8. DteUxpeoitto» ist Wochentag» onnnterbrochen g^A«t von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. VezugS-Prei- i> hm Hanptexpedition oder bin im Stadt« v«trk und den Bororten errichteten AuS« aavrstellrn abgebolt: vierteljährlich ^l4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Lau» 5.S0. Durch die Host bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich S.—. Direkte täglich« Kreuzbandjenduug tu» Auslaich: mooatllch 7.S0. Filialen: Dtt» Klemm'» Tortim. (Alfred Hah«). Uviversltät-straße 3 (Pautinum), Loni» Lösche, Katbannenstr. l4, pari, und Königsvlad 7. Abend-Ausgabe. Niprigcr TagMall Slnzeigen-PreiA die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf^ Reclamen unter dem RedactionSstrich (4ge- spalten) b0^, vor den Familiennachrichten <6 gespalten) 40-H. Brvtzrre Schriften laut unserem Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz uach höherem Tarif. Extra-veilagen (gefalzt), nur mit de, Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuag ^tl 60.—, mit Postbefördrrung 70.—. Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Ännalfmeschluk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. ——- Druck und Verlag van L. Polz in Leipzig Mittwoch den 26. August 1896. Sv. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig, 26 August Berliner Bürger erlassen, so schreibt uns unser ^-Kor respondent, einen Aufruf zur würdigen Begehung des INO. Geburtstages Kaiser Wilhelm'» I. ani 22. März 1897. Es soll im Anschluß an die Enthüllung deS Nationaldenknials an der Schloßfreiheit ein historischer Festzug, an welchem sich die gesammte Bürgerschaft bekheiligen soll, stattsinden; ferner sind FestgotteSdienste, Schulfeiern, öffentliche Militair- concerte an verschiedenen Plätzen der Stadt, öffent liche Speisungen, Kinderfeste, Festvorstellungen, Festver sammlungen, Illumination, sowie ein imposanter Fackelzug der Vereine geplant. Einheitliche Feierlichkeiten, so beißt es weiter, werden an allen deutschen Orten veranlaßt. Eine Berliner Zeitung macht zunächst Bedenken gegen die „Veranlassung von Berlin aus" geltend. Solche „Ver anlassung" könnte mißverstanden werden und verstimmen. „Einheitlichkeit" der Feier sei nicht nöthig, man solle jedes Dorf und jede Stadt feiern lassen, wie sie könnten und wollten. Diesen Einwendungen läßt sich die grundsätzliche Berechtigung nicht absprechen, praktisch haben sie keine Bedeutung, da die Berliner Bürgerschaft nicht den geringsten Einfluß in nationalen Dingen auf bas Land ausübt, und wenn sie eine würdige Feier des Gedenktages des Kaisers Wilhelm zu Stande bringt, zum ersten Male seit langer Zeit sich nicht im Gegensatz zu der Mehrheit der Bevölkerung des deutschen Reiches befinden wird. Interesse wird man aber dem Berliner Vorhaben auch außerhalb der Stadt entgegen bringen, ist es doch die Reichshauptstadt, die das Andenken des unvergleichlichen Herrschers ehren will, und sollen die Veranstaltungen doch im Anschlüsse an die Ein weihung des von der ganzen Ration errichteten Denkmals stattsinden. Dieses natürliche Interesse verleiht auch ein Recht, zu den Einzelheiten der geplanten Feier Bemerkungen zu machen. Das oben mitgetheilte Programm erscheint uns nicht als durchweg einem richtigen Gefühle ent sprungen, und wir zweifeln keinen Augenblick, daß Fürst Bismarck, als er sich von dem Comitö als Ehrenmitglied ge winnen ließ, dadurch nur dem Gedanken der Feier, nicht aber jeder Einzelheit der geplanten Ausführung seine Billigung bekunden wollte. Musik auf den Plätzen, Festvvr- stellungen, Illumination, Festzug — das sind Unternehmungen, die einem Tage ungemischter Freude Vorbehalten bleiben sollten. Ein solcher ist der Geburtstag des treuen Kaisers nicht, sondern ein Tag tiefernster Erinnerungen. Wilhelm I. hat — Dank sei dafür dem Schicksal — so lange gelebt und gewirkt, daß sein hundertster Geburtstag die Nation noch im frischen Schmerze um seinen Hingang findet. Er wird unvergessen bleiben, so lange Deutsche athnien, aber dereinst wird sich die Erinnerung seines Volkes in der reinen Freude, daß er un» gelebt, erschöpfen. Dahin sind wir noch nicht gelangt. Wir vermissen den guten alten Kaiser noch zu schwer, als daß wir über seine Geburt seinen Tod vergessen könnten. Darum: keine rauschenden Lustbarkeiten an dem Tage ernster Weihe! Die Kundgebung des „ReichSanz." wird auch beute noch in der Presse erörtert. Von den klerikalen Organen sagt die „Germania": „Das ist die That, welche wir heute und in den letzten Tagen, in Uebereinjtimmung mit der Mehrheit der Presse, für das beste Mittel erklärten, um den an die sonderbare Erklärung des Reichs anzeigers über den Rücktritt des Kriegsministers geknüpften Erörterungen über einen Sieg Les unverantwortlichen Militair- cabinets über das verantwortliche Kriegsministerium und über den bevorstehenden Rücktritt des Reichskanzlers Fürsten von Hohenlohe ein Ende zu bereiten oder ihnen wenigstens die Spitze abzubrechen. Die neueste Kundgebung des „Reichsanzeigers", die in derselben Form und an derselben Stelle erscheint, wie die vorige, ist ossen- bar dazu bestimmt und auch geeignet, den Übeln Eindruck der Letzteren in etwas zu verwischen, um so mehr, als der Wortlaut derselben ziemlich klar andeutet, in wessen Namen und Auftrag der selbe erfolgt ist, obschon sie mit Namen nicht unterzeichnet ist. Wäre diese Erklärung statt der vorausgegangenen erfolgt, so wäre der öffentlichen Meinung ein gut Theil Beunruhigung erspart geblieben." Hocherfreut sind die südd rutschen Blätter. Die Münchener „Allg. Zt g." meint: „Die Befestigung, welche die Position des Fürsten zu Hohenlohe erfahrt, wird besonders warm im deutschen Süden begrüßt, wo man die, klug und aufrichtig zugleich, vermittelnde Tdätigkeit des Reichskanzlers gerade auch in den inneren Fragen ihrem vollen Werthe »ach zu schätzen weiß." Sehr optimistisch faßt der „Schwäb. Mercur" die politische Lage auf, indem er schreibt: „Endlich können die erregten Erörterungen, die der Rücktritt des Kriegsministers Bronsart v. Schellendorff hervorgerusen hatte, auf der ganzen Linie verstummen. Die Beruhigung durch Thaten, die nach dem verfehlten Beschwichtigungsversuch des „Reichsanz." in den Blättern laut verlangt wurde, ist nun gegeben, indem wegen der baldigen Vorlegung einer neuen Militairstrafproceßordnuug in der bündigsten Form und von der maßgebendsten Stelle eine alle Zweifel erstickende Kundgebung ergangen ist." Die „Nordd. Allg. Ztg." verharrt nach wie vor im Schweigen, nur zum Abdruck der Rede des Reichskanzlers vom 18. Mai d. I. hat sie sich aufgerafft. Dagegen nimmt die „Kreuzztg." folgendermaßen das Wort: „Wir haben wiederholt darauf verwiesen, daß von einer Kanzler- krisis zunächst gar nicht die Rede sein töme, da all die Preß- und sonstigen Erzeugnisse, die von einer Zuruckstellung der vom Reichs kanzler angekündigten Militajrstrasproceßordnung wissen wollten, einfach in das Reich der Fabel gehörten. Ein anderer Grund für den Rücktritt des Fürsten Hohenlohe konnte aber gar nicht in Frage kommen, um so weniger, als der Fürst gerade neuerdings einer besonders guten Gesundheit sich zu erfreuen hat und dementsprechend entschlossen ist, dem Baterlande auch fernerhin seine Kräfte zur Verfügung zu stellen. Die Erklärung des „Reichsanzeigers" wird also auch denen das Handwerk legen, die es für ihre erste Ausgabe hielten, das Volk dauernd durch die Ankündigung naher Krisen zu beun ruhigen, und daS ist gewiß erfreulich." Die Hoffnung der „Kreuzztg.", den Krisenpropheten sei jetzt das Handwerk gelegt, halten wir für unbegründet. Im Augenblicke zwar hat die Sensationspresse die Sprache voll ständig verloren; sie wird nach ein paar Tagen durch desto lauteres Schreien den Beweis liefern, daß sie auch durch die empfindlichste Lection sich nicht abhalten läßt, in ihrem Berufe thätig zu sein. Zum Zareubesuch in Breslau wird der „Pol. Corr." aus Petersburg, 22. August geschrieben: In den Betrachtungen der Presse, und zwar der russischen sowohl Wie der auswärtigen, über die bevorstehenden Besuche Les russischen Kaiserpaares im Auslände ist häufig eine gewisse Einseitigkeit zu Tage getreten, indem inan bald in der Reihenfolge dieser Besuche, bald in den dafür ausersehenen Orten das markanteste Moment dieser ganzen Reise erblicken zu sollen glaubte. So bildete der Umstand, daß Kaiser Niko laus II. mit dem Kaiser Wilhelm II. in Breslau und nicht in Berlin Zusammentreffen wird, das Object politischer Auslegung und einer lang ausgesponnenen Erörterung. Im Hinblick darauf sei nun fest gestellt, daß der Zar bei dem Entwürfe seines Reiseplanes selbst verständlich den Besuch der deutschen Reichshauptstadt ins Auge gefaßt hatte. Die hierin eingetretene Aenderung ist lediglich daraus zurückzusühren, daß der deutsche Kaiser, der während jenes Zeitabschnittes, in dem der Besuch des Zaren erfolgen soll, den Manöver« beiwohnen wird, in Petersburg die Bitte ausdrücken ließ, daß das Kaiserpaar nach Breslau kommen möge, wo sich auch die Gelegenheit bieten würde, den hohen Gästen ein interessantes militairisches Schauspiel vorzuführen. Begreiflicher Weise hat der Zar ohne Zaudern seine Bereitwilligkeit erklärt, diesem Wunsche Rechnung zu tragen. Angesichts dieses Verlaufes der An gelegenheit ist der Versuch, die Wahl Breslaus als Ort der Zusammenkunft der beiden Monarchen in politischem, und zwar in einem für Deutschland ungünstige» Sinne auszulegen, ganz haltlos und dem Besuche des Zaren in Deutschland kommt auch in diesem Falle ungeschmälert dieselbe Bedeutung zu, wie wenn er in Berlin stattfände. Diese Version kommt zu spät, als daß man ihr Glauben beimessen könnte, auch ist die Sache von solcher Bedeutung, daß wir sie durch eine auf dem Umweg über Wien aus Petersburg in die Presse gelangte Nachricht nicht als erledigt ansehen könnten. Der Platz für eine derartige Aus klärung wäre die officiöse deutsche Presse gewesen. Was in dieser seiner Zeit zur Sache geäußert wurde, war voll ständig belanglos. Zu dein peinlichen Thema der Befreiung der italie nischen Gesa ngen en aus den Händen Mene li k's wird uns aus Rom, 25. August, gemeldet: Die „Lpinione" veröffentlicht einen Artikel über die Asrikasrage, in welchem sie hervorhebt, es sei Geduld und Ruhe nöthig, da die Verhandlungen wegen der Befreiung der Gefangenen, die ohne Temüthigung Italiens erfolgen müsse, voranssichtiich lang wierig sein werden, umsomehr, als General Vallas noch nicht abgereist sei. Bestenfalls könnten die Gefangenen im Januar ein treffen. Es wäre Wahnsinn, noch in diesem Jahre mit Tigre Krieg zu führe». Die Möglich kett des Krieges sei nur daun discutirbar, wenn der Negns dadurch Italien demüth'gen wollte, daß er für die Befreiung der Gefangenen Entschädigung verlangen würde. Das Land würde eh er auf die Befreiung der selben verzichten, als Kriegsentschädigung zahlen. Wenn MenelikEntschädigung verlange, jo möge er nach Rom kommen und sie holen. Das Blatt fordert das Land auf, mit Würde und Ruhe die Befreiung der Gefangenen abzuwarten. DaS sind eben so viel Phrasen wie Worte. Sie charakterisiren aufs Schärfste die Rathlosiakeit der regierenden Kreise in Rom und die Unfähigkeit des Ministeriums Rudini, bas Prestige Italiens zu wahren, das Tausende seiner Söhne seit fast sechs Monaten in der Gefangenschaft schmachten sieht, nachdem sie auf afrikanischer Erde ihr Leben für die Ehre ihres Vaterlandes in die Schanze geschlagen. Wie haltlos die Lage ist, welche durch den Rückzug der Italiener auS Abessinien geschaffen worden, ergiebt sich schon daraus, daß nach der Bekanntgabe der Verlobung des italienischen Kronprinzen mit der Prinzessin Helene von Montenegro mit großer Bestimmtheit in italienischen Zeitungen wieder das Gerücht aufgetaucht ist, König Humbert wolle abdanken und die Herrschaft seinem Sohne übergeben. Als Ursache dieses Entschlusses werden die Unterhandlungen mit dem Negus Menelik angegeben und daran erinnert, der König habe aus seinem Entschlüsse nie ein Geheimniß gemacht und dem Ministerpräsidenten Rudini bereits vor Monaten feier- lichst und nachdrücklichst erklärt: „Einen Friedensvertrag mit dein Negus wird mein Sohn, wenn er will, unterschreiben — ich aber nicht!" Die „Tribuna", welche die Abdankungs gerüchte und diesen Entschluß des Königs bespricht, findet, daß derselbe vom Staudpunct ter Krone vollständig gerecht fertigt ist, weil es ganz unter der Würde des Königs und des Landes sein würde, den Sklavenhändler Menelik als gleichgestellten Souverän, anzuerkennen und mit ihm wie M,08 cum paridus zu verbandeln. „Die Minister, welche derartige Ratbschläge dem Könige von Italien geben, bürden sich — so schreibt die „Tribuna" — eine sehr große Ver antwortung aus. König Humbert ist der Hüter des Edelsten, was das Volk hat, und der Bestrebungen für eine große Zukunft des Vaterlandes, und er will Beides nicht vernichten!" Das ist sehr zutreffend, nur hätte man es nicht dahin kommen lassen sollen, daß Menelik in die Lage versetzt wurde, dem König von Italien als ebenbürtiger Herrscher gegenüber zutreten. Das in der Krctafragc von den Botschaftern der Mächte formulirte Refo r m pr o g ra m m basirl auf der von dem kretensischen National-Comitö entworfenen Denkschrift, welche die Forderungen der christlichen Bevölkerung der Insel enthält, und ist uni Berücksichtigung des Gegen-Memvires der Muselmanen festgestellt worden. Die Denkschrift des National-Comitös enthält bezüglich der in dem Bolschafler- programin enthaltenen Puncte folgende detaillirte Forderungen: Der General-Gouverneur der Insel muß ein Christ fein und wird mit Zustimmung der Großmächte vom Sultan aus fünf Jakre ernannt. Er hat mit Bezug auf die von der National- Versammlung angenommenen Gesetze das Beto-Recht. Wenn der General-Gouverneur innerhalb zweier Monate nach Votirung eines Gesetzes seine Genehmigung nicht verweigert hat, ist das betreffende Gesetz als gütig zu betrachten. Der General- Gouverneur hat Las Recht, alle öffentlichen Functionairc, die nicht gewühlt werden, und die Mannschaft der Gendarmerie zu ernennen und abzusetzen, nur fein Gehilfe wird vom Sultan ernannt. Die Hälfte der jährlichen Netto-Erträgnisse der Zolleingänge der Insel wird der kaiserlichen Staatskasse überwiesen. Dieses Netlo- Erträgniß wird ein- für allemal gemäß den Zolleingängen dec letzten fünf Jahre festgesetzt. Der Rest der Einnahmen der Jmel aus allen directen und indirekten Abgaben wird für die Bedürfnisse der Local- regierung verwendet, die mit der Einhebung sämmtlicher Steuern betraut ist und für die Kosten dieses Dienstes aufzukommeii hat. Tie Localregierung verwaltet demnach die Zollhäuser, den Post- und den Teleqraphendienst der Insel. Die Zölle werden den in den übrigen Theilen des Reiches bestehenden Tarifen gemäß eingehoben. Tie Aufrechterhaltung der Ordnung und der öffentlichen Sicher heit auf der Insel, ferner die Ausführung der Urtheilssprüche der Gerichte, sowie der polizeilichen Verordnungen werden aus schließlich einer aus Einheimischen bestehenden Gendarmerie übertragen, welcher europäische Osficiere (vom Hauptmanns bis zum Oberstenrange) beigegeben werden. Die Tauer des Dienstes der fremden Osficiere soll zwei Jahre betragen. Für die Ausbildung einheimischer Osficiere soll durch die Errichtung einer ent- sprechenden Militairschule gesorgt werde». Sobald die Gendarmerie organisirt ist, wird die reguläre Armee, welche auf die unerläßlich nothweudige Ziffer herabzusetzen ist, in den befestigten Orten der Küste concentrirt werden, woselbst sie auf Befehl und Verantwortung des General-Gouverneurs auch bei dem Polizeidienste Mitwirken kann. Im Falle ernster Störungen der Ordnung kann der General- Gouverneur auf Rath des Verwaltuugsrathes und unter seiner Verantwortung die regulairen Truppen auch außerhalb der be- festigten Plätze verwenden. Die Bengazis, welche an den Massacres theilgenommen haben, ferner jene Bengazis, welche nicht ein unbewegliches Vermögen von mindestens 10 000 Piastern be sitzen, werden aus Kreta ausgewiesen. In Zukunst ist die An- siedelung von Bengazis aus der Insel überhaupt untersagt. Wie bereits angedeutet, dürften diese Forderungen der Christen durch das Gegen-Memoire der kretensischen Musel- Feuilleton. Sühne. 12s Roman von E. Halden. Nachdruck verboten. „Ja, ich sehe Alles ein, aber Sie haben früher ost gesagt, jenes Leiden schien anS einem bedrückten Gemütb entstanden zu sein", sagte Melanie leise, während an der Tafel um sie herum gelacht und gescherzt wurde. „Der Arzt sucht die Ursache zu erforschen, aber eS gelang mir nicht", antwortete er. „Mein Gatte arbeitet zu viel; er empfindet jeden fremden Kummer mit, und dadurch reibt er sich auf", klagte die junge Frau. „Sie müssen öfter nach Wildburg kommen, Sie be sitzen sein Vertrauen, und ohne daß er eS ahnt, beobachten Sie ihn und geben Sie mir die Verhaltungsmaßregeln, für deren Ausführung ich sorgen will." „So schließen wir ein heimliches Schutz- und Trutz- büntniß, gnädige Frau", sagte der Arzt lächelnd, „mehr zu Ihrer Beruhigung als aus Nothwendigkeit; überanstrengte Nerven und waö mit ihnen zusammenhängt, sind leider eine Bürde, die kein Arzt unseren leitenden Staatsmännern ab nehmen kann. Das beste Heilmittel, Ruhe und Stille, Ab kehr von den Geschäften, ist leider dasjenige, wovon sie am wenigsten Gebrauch machen." Melanie seufzte und brach daS Gespräch ab, um sich nun wieder ihren anderen Gästen zuzuwenden, und bald befand sie sich im Mittelpunkt der Unterhaltung. Der herrliche Abend lockte die Gesellschaft inS Freie, man promenirte zu Zweien oder in größeren Gruppen im Park, dessen Schön heiten im Schimmer deS aufgehenden MondeS in zauberhafter Weise zur Geltung kamen. Jetzt konnten die beiden Liebenden sich endlich ungestört sprechen. „Du Böser", schmollte Erna, „Du hattest kaum einen Blick für mich." „Ich fürchtete stets, unser Gebeimniß zu verrathen." „Ack, ich glaube, da ist die Gefahr nicht groß. Meine Geschwister würden uns nie beargwöhnen", sagte Erna. „DaS einvfinde ich eben als Vorwurf", erwiderte der Arzt ernst. „Es bleibt ein Vertrauensbruch, zu dem ich Dich verleite und den ich selbst begehe." „Es ist ja nur vorübergehend", tröstete Erna, „die Zeit wird nicht allzu fern sein, in der Du frei und offen um mich wirbst. Was macht Dein Buch? Ist es bald fertig? Ich knüpfe so große Hoffnungen daran." „Ich auch, aber eS wird trotz der eifrigsten Arbeit noch Monate zu seiner Vollendung nöthig haben." „Und Du denkst gewiß immer daran", rief Erna. „Wie Du heute ankawst, sah ich es auch Deinem Gesicht an, wie Du in tiefes Sinnen versunken warst. Nicht einen Blick hattest Du für mich, die ich schon so lange auf Dich wartete, und doch war der Spalt der Vorhänge groß genug, um mich zu gewahren." „Wie konnte ich eine Ahnung von Deiner Gegenwart haben, mein süßes Lieb? Verlor ich nicht selbst dadurch am meisten, daß ich Deinen Gruß einbüßte?" fragte der Arzt zärtlich. „Aber bekennen will ich Dir doch, daß Du richtig in meinen Zügen gelesen hast; mich beschäftigte eine Wahr nehmung, die mich für den Augenblick ganz in Anspruch nahm, wenn auch in anderer Weise, als Du glaubst." „Darf ich es denn wissen?" fragte Erna gespannt. „Natürlich, denn zwischen uns Beiden giebt eS kein Ge heimniß mehr, und was den Einen betrifft, das berührt auch den Andern. Sieh, das Wappenschild über dem Portal machte mir einen so seltsam bekannten Eindruck." Erna fing herzlich zu lachen an. „Wenn eS weiter nichts war!" rief sie mit mädchenhaftem Uebermuth, wie sie ihn sonst nie gezeigt batte, „daS glaube ich wohl; in den langen Jahren unseres Verkehr« mußt Du doch oft Gelegenheit ge habt haben, unser Wappen zu sehen." „Ich muß gestehen, daß ich sehr wenig darauf geachtet habe", gestand Doctor Blanden, „erst heut betrachtete ich es genauer, und auf dem Silber, wie auf dem Porzellan, und wo ich eS sonst fand, war eS doch ganz anders." „Ach so, das ist leicht zu erklären; wir führen gewöhnlich nur das eine Wappenfeld mit dem Bärenkopf; das Wappen über dem Hauptportal ist dasjenige der ganzen Herrschaft und nur da« Familienhaupt und der MajoratSerbe sind zu seinem Gebrauche berechtigt. Daher hast Du eS noch nicht so vollständig gesehen. Bist Du nun befriedigt, Du wiß begieriger Heraldiker?" „Ich nehme dankbar die weise Belehrung an, aber es giebt noch etwa« Merkwürdiges, daS mir unerklärlich bleibt. Ich besitze nämlich dieses Wappen selbst, eS ist das Vermächtncß meiner Mutter, ein goldenes Medaillon, auf dem es ein- gravirt ist; innen enthält eS eine blonde Haarlockei" „Wie wunderbar!" ries Erna aus. „Solltest Du in irgend einer Beziehung zu unserer Familie stcheu?" „Ich kann es mir kaum denken, und dennoch will mich die Idee nicht verlassen, daß ich hier die erste Spur des RäthselS meiner Herkunft fand, das ich bis jetzt vergebens zu lösen strebte." „Ist das Medaillon ein altes Erbstück, das vielleicht ver schenkt wurde und so durch die Hände mehrerer Besitzer ging?" fragte Erna. „Das glaube ich nicht, eS ist modern, aber ich will es genau prüfen, wenn ick nach Hause komme, und eS zur Ver gleichung bei meiner Wiederkehr mitbringen. Ein erfahrener Juwelier soll mir seine Ansicht über Zeit und Art der An fertigung sagen, wenn er es kann, und dann will ich weiter forschen." Im Eifer des Gesprächs hatten sie den Flug der Zeit ganz übersehen, jetzt erinnerten sie sich daran und eilten dem Schlosse zu, wo sie im Gartensaale die ganze Gesellschaft versammelt fanden. Melanie hatte ihre Abwesenheit längst bemerkt, es aber in ihrer klugen Weise vermieden, durch eine Frage die Aufmerksamkeit auch nur eines Dieners darauf zu lenken. Eine plötzliche Klarheit durchzuckte sie, hier lag das Verständniß für Erna'S Verhalten, sie liebte Len jungen Arzt! Wie konnte ihr, der erfahrenen Frau, diese Neigung so lange ein Geheimniß bleiben! War es nicht natürlich, daß sich zwei junge, gleichgestimmte Menschen, die so viel und so oft mit einander in Berührung kamen, näherten und sich lieb gewannen?! Sie hatte nie an diese Gefahr gedacht, denn bei all' ihrer Liebenswürdigkeit war sie eine sehr stolze Frau, und sie hätte eS für sich selbst unmöglich gehalten, je eine Wahl zu treffen, deren Gegenstand ihr nicht ebenbürtig durch Rang und Geburt gewesen, und so hatte sie auch für Erna stets nur solche Bewerber im Auge gehabt, die auf gleicher Stufe mit ihr standen. Sie achtete den jungen Arzt sehr hoch, sie schätzte sein Wissen, sie glaubte an seine Zukunft — aber der geeignete Lebensgefährte für Erna von Wildburg war er ihr doch nicht, und sie wußte, daß ihr Gatte in diesem Punct noch strenger als sie urtbeilen und daß er un beugsam sein würde. So sah sie in ihrer Entdeckung nur ein Unglück, das Erna Leid und ihnen Allen Kämpfe bereiten und schließlich mit herber Entsagung enden würde, und sie beschloß. Alles aufzubieten, um die beiden Liebenden zu trennen und auSeinanderzuhalten. So sagte sie nichts, als Beide mit anscheinender Un befangenheit zu ihr traten, aber Erna fühlte doch, wie beobachtend der Blick ihrer Schwägerin ihr folgte, und in der Weise, wie die Schloßfrau den Arzt am Abend verabschiedete, lag nicht die freundschaftliche Vertraulichkeit, die sie ihm sonst bewiesen batte, sondern eine leise Beimischung von hochmüthiger Kälte. Als Melanie sich in ihr Zimmer zurückgezogen, saß sie noch lange und dachte über ihre Verniutbung, die eigentlich Gewißheit war, nach. Das laute Schlagen der Uhr, die die Mitternachtsstunde verkündete, schreckte sie erst aus ihrem Sinnen auf und lenkte ihre Gedanken wieder auf ihren Gatten, den sie noch immer vergeblich erwartete. Sie erhob sich und schlich leise zu seiner Thür; dahinter vernahm sic seinen ruhelosen Schritt, der ununterbrochen auf- und ab wandelte. Sie wagte nicht zu klopfen oder zu rufen, und so kehrte sie nach langem, bangem Harren in ihr Gemach zurück, um sorgen- und angstvoll ihr peinliches Warten fortrusetzen. Träge und langsam schlichen die Stunden der Nacht an ihr vorüber, bald glitt sie wie ein Geist durch die Gänge deS Schlosses, um an jener Thür zu horcken und immer dasselbe Geräusch zu vernehmen, bald saß sie in ibreiu Zimmer mit gefalteten Händen und ihre Lippen flüsterten leise Bitten um Abwehr des Unheils, dessen vunkle Schwingen sie berannahen fühlte. Einmal trieb es sie zu ihren Kindern; beide schlummerten friedlich, und Frau Brandt richtete sich verwundert in ihrem Bette auf und wußte sich den seltsamen Besuch nickt zu deuten. „Ein böser Traum hat mich erschreckt", sagte die Mutter erklärend, „und ich konnte nicht einschlafen, bis ich meine Lieblinge gesund und rosig vor mir sah." „Gnädige Frau werden sich erkälten, Sie sehen ganz er froren aus, und Sie sind ja eiskalt und zittern am ganzen Körper", sagte die alte Frau, und waS auch Melanie dagegen sagte, ließ sie es sich nicht nehmen, aufzustehen und sie in ein großes, warmes Tuch einzuhüllen. Melanie beugte sich über Edith und küßte sie aus die Stirn; am Bett ihres Knaben aber blieb sie sitzen, und wie er so da lag, ein Bild der Gesundheit, so schön und kräftig, da war es ihr doch, als lauere hinter ihm das Gespenst jenes Fluches, der aus dem Erben von Wildburg lasten sollte, und die düsteren Worte ihres Gatten von Schuld und Sühne Wicken nickt aus ihrem Sinn. Endlich erhob sie sick, «ine leise Hoffnung im Herzen; aber sie fand ihr Schlafzimmer noch immer leer, und so trieb sie die Angst zu Albrecht. Sie klopfte an seine Thür, immer lauter, weil sie glaubte, er hätte sie in seiner rastlosen Wanderung nicht gehört, nun rüttelte sie an dem Schloß,
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