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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960926017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896092601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896092601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-09
- Tag1896-09-26
- Monat1896-09
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Für uns Deutsche aber ist der Kampf von ganz besonderem Interesse, weil unsere Landsleute jenseits deS großen Wassers mehr als je den AuSscklag im Kampfe zu gebe» haben werden. Denn die Parteien sind in sich zerfallen und darum ist die Stellung landsmannschaftlich geschlossener Gruppen von außerordent licher Wichtigkeit. Zu den vielen Millionen Reichsdeutscher aber in Amerika sind die Deutsch-Oesterreicher und die deutschen Schweizer und wohl auch die sehr große Zahl der Skandinavier hinzuzuscklagen, die nicht nur den Deutschen rasseverwandt sind, sondern auch in kultureller Entwickelung und sittlichen Auffassungen ihnen nahe sieben. Wie schwer den Deutschen diesmal die Entscheidung ge macht wird, ergiebt sich aus der Geschickte der Betbeiligung der Deutschen an der amerikanischen innern Politik. In jenen vierziger Jahren, in denen ein so großer Strom Deutscher nach Amerika sich ergoß, kamen auch viele wackere deutsche Männer nicht der Jagd nach Gewinnst wegen, sondern der trostlosen politischen Zustände im Mutterlande halber nach verjüngen, dochstrebenden Republik. Wenn auch der Zahl nach die Minderheit unter ihren Landsleuten, so wurden sie doch deren geistige Führer. Ihren Idealen treu, entschieden sie sich bei dem furchtbaren vierjährigen Bürgerkriege der Sclaven- staaten gegen die Sclavenbesreier für die letzteren; ganze deutsche Regimenter zogen unter deutscher Führung in den Kampf, zu dessen günstigem Ausgange für die Nordstaaten sie nicht wenig beitrugen. Zwanzig Jahre hindurch blieben dann die Deutschen treue Anhänger der republikanischen Partei und damit blieb diese ebensolange am Ruder. Als aber unseren wackeren Landsleuten die infamen Spitzbübereien der republi kanischen Machthaber zu arg wurden — die beiden anständigen Präsidenten Lincoln und Garfield wurden 1865 bezw. 188l ermordet —, gingen die Deutschen zu den Demokraten über und halfen im Jahre l884 den ersten demokratischen Wahl sieg erfechten. Seitdem blieben sie der Demokratie treu; in dem gegenwärtigen Kampfe aber werden sie in ihrer großen Mehrheit gegen den Demokraten Bryan stimmen und theils für den republikanischen Candidaten Mc. Kinley, theils für den golddemokratischen — oder nach der neuen Bezeichnung der neugebildeten Partei: nationaldemokratischen — Candi- daten stimmen. Diese Stellungnahme der Deutschen erscheint nach dem bisherigen Berlaufe der Wahlbewegung als zweifellos. Mit wenigen Ausnahmen tritt die deutsche Presse in den Ver einigten Staaten mit Entschiedenheit gegen Bryan auf. Die verbreitetste und mit Recht angesehenste deutsch-amerikanische Zeitung, die „New Aorker Staatszeitung", steht an der Spitze dieses Kampfes, der mit einer Erbitterung und Heftigkeit ge führt wird, die in Deutschland unbekannt sind. Auch die angesehensten deutsch-amerikanischen Politiker bekämpfen Bryan, allen voran der alte, bekanntlich auch vom Fürsten Bismarck sehr geschätzte Karl Schurz. Der alte Staatsmann, der von allen Deutschen in Amerika verehrt wird, wie kein zweiter, ist nach Chicago gereist und bat vor einer nach Tausenden zählenden Versammlung in mehrstündiger Rede daS Bryan'sche Programm zerpflückt. Der alte Herr hat die weite Reise nach dem Innern nicht gescheut, weil er wohl weiß, daß die Entscheidung diesmal bei den so rasch in der Bevölkerungs zahl gewachsenen mittleren Staaten lieat; gerade in diesen Staaten aber sind die Deutschen sehr zahlreich vertreten, be sonder« in Minnesota, Wisconsin, Illinois, Obio re. Eine schwankende Stellung nehmen allerdings noch die deutschen industriellen Arbeiter in diesen Staaten ein; die schönen Worte der Demokraten von einem Kampf der Massen gegen die Classen haben anscheinend bei ihnen verfangen. Hingegen sind die deutschen Kaufleute, die industriellen Arbeiter des Ostenö und selbst die Farmer gegen Bryan eingenommen, obwohl durch den BimetalliSmuö gerade die Landwirtbe gewonnen werden sollen. Die Unsicherheit der Verhältnisse aber, die voraussichtlich in Amerika eintreten würde, wenn eS den BimetalliSmus acceptirte, ohne viel Nachfolger zu finde», schreckt die bedächtigen Deutschen ab, ganz abgesehen davon, daß im deutschen Wesen ein natürliches Mißtrauen gegen einen Mann begründet liegt, der zuviel auf einmal verspricht. Und das thut Herr Bryan. Leicht wird eS den Deutschen aber nicht, für Herrn Mc. Kinley zu stimmen. Denn einmal wird Mc. Kinley wohl wieder da« berüchtigte republikanische Beutesystem ein führen und zweitens sind die Deutschen keine Freunde seiner Hochzollpolitik, die auch für das deutsche HeimathSland unbe- gucin genug ist. Viele Deutsche werden Wohl deshalb auch weder für Mc. Kinley, noch für Bryan, sondern für den Golddemokraten stimmen und jedenfalls werden, wie immer die Wablen ausfallen mögen, in Zukunft die Deutschen bei der nationaldemokratischen Partei zu finden sein. So werden unsere wackeren Landsleute ein gewichtiges Wort bei den Wahlen mitzusprechen haben. Es wäre nur zu wünschen, daß sic sich einmal ihre Bescheidenheit ab gewohnten und für daS deutsche Element soviel an — auch äußerlich in die Erscheinung tretendem — Einfluß berauS- schlügen, als ihm nach Zahl, Bildung und Gesittung zukommt. Der Zeitpunkt wäre gut gewählt, einmal wegen der gegen wärtig wüthende» gegenseitigen Befehdung der feindlichen L)ankee-Brüter, und dann, weil überhaupt gerade gegenwärtig die ganze Welt deS lästigen Uebergewicht- de« anmaßenden ÄngelsachsenthumS müde ist. Deutsche- Reich. U Berlin, 25. September. Wenn der BundeSrath, wie vorauSzusehen ist, sich demnächst wieder in Berlin ver sammeln wird, wird er eine recht lebhafte Thätigkrit zu ent wickeln haben. In der NeichSverwaltung besteht die Absicht, den, Reichstage möglichst bald nach seinem Zusammentritte imNovember den Etat für 1897/98 vorzulegen, damit eventuell dessen Verabschiedung schneller als sonst iich vollziehen kann und damit mehr Zeit für die Erledigung anderer Vorlagen ge wonnen wird, welche die deutscke Volksvertretung in der nächsten Tagung beschäftigen sollen. Man nimmt auch an, daß, nach dem die Vorarbeiten zur Fertigstellung deS Etats namentlich seit der Rückkehr des StaatSsecretairS des Reichsschatzamtes vom Urlaube energisch gefördert sind, dieses Ziel sich unschwer wird erreichen lassen, und zwar um so mehr, als bei der Auf stellung des näckstjäbrigen Etats Entscheidungen von allzu großer Tragweite nickt oder nur in kleiner Zahl in Frage kommen dürften. Die für den I. April 1897 in Aussicht ge nommene Umgestaltung der vierten Bataillone zu Regimentern mit je zwei Bataillonen wird bedeutende Um gestaltungen in den fortlaufenden Ausgaben nicht Hervorrufen und die BeamtenbesoldungSverbesseruug, sowie die Convertirung der Svrocent. Reichsanleihen dürften vorläufig eine Wirkung auf den Etat noch nicht aus üben. Bleiben übrig die neuen Forderungen der Mari ne- Verwaltung. Aber auch diese werden ja entgegen den noch immer nicht zur Ruhe kommenden Gerüchten über „uferlose Flottenpläne", nicht sehr beträchtlich sein und im Uebrigen, da sie der Hauptsache nach bei den einmaligen Ausgaben erscheinen werden, bei der formellen Etatsgestaltung Schwierigkeiten nicht machen, nachdem über die materielle Seite Einigung erzielt sein wird. Neben den Etatsarbeiken werden natürlich den Bundesrath, wie schon anderweit ge meldet, auch verschiedene Gesetzentwürfe beschäftigen, jedoch dürften diese kanm so früh aus den Ausschüssen an das Plennm zurückgelanzen, wie der Etat, so daß dieser voraus sichtlich die erste größere Vorlage darstellen wird, die vom Bundesrathe dem Reichstage neu zugestcllt werden wird. Berlin, 25. September. Die ultramontane „Augs burger Postzeitung" versucht, die Volksschullehrer gegen die Bestimmung aufzuhetzen, daß sie in Zukunft statt sechs Wochen ein Jahr bei der Fahne dienen sollen. DaS Blatt sagt, nur der „blanke Hochmuth und Unverstand der liberalen Lehrervereinsbäuptlinge" habe den Lehrern diese „nette Suppe" eingebrockt. Dabei stellt es fick, als ob die jüngst von ofsiciöser Seite dargelegten Verhältnisse der Militair- dienstpflicht der Volksschullehrer, insbesondere die Bestim mung, daß die Vergünstigungen, welche mit dem „ein jährig-freiwilligen" Dienste verknüpft sind, wie die Garnisonswahl rc., den Lehrern nur dann zu Gute kommen, wenn sie die außer der wissenschaftlichen Qualifikation an die Einjährig-Freiwilligen gestellten Anforderungen der Ein kleidung und Unterhaltung auf eigene Kosten erfüllen, erst jetzt klargestellt seien. Die officiösen Darlegungen enthalten in dieser Beziehung aber nicht das mindeste Neue. Wenn das ultramontane Blatt sich darüber aufregt, daß durch diese Einrichtungen zwei Kategorien von Volksschullehrern geschaffen würden, was socialpolitisch und Pädagogisch sehr gefährlich sei, und mit versteckten Andeutungen die Petitionen deS Landesvereins der preußischen Volksschullehrer für diese Anordnung ver antwortlich macht, so ist der Hinweis darauf am Platze, daß die Neuerung an die in Bayern bereits be stehenden Einrichtungen anknüpft, wo das Seminar- abgangszeugniß bisher schon zum einjährig-freiwilligen Dienst berechtigte, aber auch nur diejenigen Lehrer als Ein jährig - Freiwillige eingestellt wurden — falls ihnen nicht ausnahmsweise die Vergünstigung der Unterhaltung durch die Truppe gewährt wurde —, welche sich selbst beköstigen und einkleiden konnten. Wenn von der Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienst auch nur ver- hältuißmäßig Wenige Gebrauch gemacht haben, so ändert daS doch nicht- an der Thatsache, daß die „zwei Kategorien" von Lehrern, vor welchen die „Augsburger Pöstzeitung" so energisch warnen zu müssen glaubt, bisher schon in Bayern bestanden haben, ohne daß die ultramontane Presse daraus eine social- volitische und pädagogische Gefahr gefolgert hat. Der einzige Unterschied zwischen diesen Verhältnissen und der Regelung für die Zukunft besteht darin, daß nunmehr sämmtliche Lehrer rin volle- Jahr zu dienen haben. Für die pädagogischen Rücksichten, welche für eine solche Maßregel sprechen und welche von den Petitionen der verschiedensten Lehrervereine an den Reichstag betont worden sind, mag die „Augsburger Post zeitung" weniger Verständiß haben, den militairischen Gründen für die Neuerung aber, die bei der Berathung der An gelegenheit im Reichstag von autoritativster Seite dar gelegt worden sind, sollte auch das ultramontane Blatt nicht ganz unzugänglich sein, zumal da die Resolution, welche die jetzt beschlossene Aenderung zur Grundlage batte, im Reichstage auch mit den Stimmen deS Centrums zur An nahme gelangt ist, und zwar nach einer Debatte, welche über die Tragweite der Aenderung vollen Ausschluß gab. Da- Blatt sollte sich übrigens daran erinnern, daß gerade von liberaler Seite aus, namentlich durch den Abg. Professor Hasse, einer thunlichsten Erleichterung der ökonomischen Seite der Angelegenheit für die Lehrer da- Wort geredet und daß von Seiten der Unterrichtsverwaltung in dieser Beziehung da- weiteste Entgegenkommen bereitwilligst zu gesagt wurde. * Berlin, 25. September. Der frühere Redacteur am „Volk", von Ger lack, hielt am Mittwoch Abend im Christlichsocialen Iugendbund einen Vortrag über den Stand der christlich-socialen Bewegung, wobei er sich über die inneren Vorgänge in der christlichsocialen Partei wie folgt verbreitete: „Al-ich von meiner Reise zurück kam nach Berlin, halte ich die feste Absicht, die Persönlichkeit Stöcker'- völlig au- dem Spiel zu lassen. Die persönliche Stellungnahme Stöcker'« in seinem Rheinthaler Brief veranlaßt mich, davon abzugehen. Obwohl ich in Stöcker den Vater der christlichsocialen Beivegung verehre, sind meine persönlichen Gefühle gegen ihn doch ander- geworden. Ich habe ihn geliebt wie keinen anderenMenscken und mit schwärmerischerBegeisterung an ihm gehangen, und schmerzlicher noch, als die schmerzliche Trennung oom „Volk", 'st mir bi« Trennung von ihm. Stöcker meint, ich sei an Allem Schuld, obwohl ich nur sein wohlverstandene- Interesse im Auge batte. End« vorigen Jahr«» singen di« R«daclion-sckwitrigk«i»«n an, bi- nach k«r bekannten Elferausschußsitzung der Besitzer des „Volk" nnr reinen Wein einschenkte. Stöcker wandte sich nun an einen conservativen Abgeordneten, nicht nur meinen politischen, sondern auch persönlichen Gegner, um durch dessen Ver mittlung beini Minister des Innern eine neue Stellung in der Regierung für mich zu erlangen. Der Minister hat die Sache kurzer Hand abgewielen. Ich mußte also hier als Bettler erscheinen. Meine tiefste Em pörung über diese Maßnahme Stöcker « habe ich ihm selbst ausgesprochen. Eine Herabsetzung meines Charakters war es auch, als Stöcker in der Elferausschußsipung erklärte, sobald er seine Hand von mir abziehe, sei ich in Gefahr, Socialdemokrat zu werden. Da kam der Austritt Stöcker's, der mich mit großer Freude erfüllte. Ich schrieb an Stöcker; es möge vorgekommen sein, wa« da wolle, es solle vergessen sein und ich hege den lebhaftesten Wunsch, mit ihm in alter Weise wieder rusammenzuarbeiten. Es hat sich aber bald gezeigt, daß Stöcker gegen mich eingenommen war." Der Redner verfolgt nunmehr die Ereignisse in der christlich socialen Bewegung weiter, tadelt die Form des kirchlich socialen Manifestes gegen die „Jungen", sinder es unbe greiflich, daß Stöcker mit dem Professor v. Nathusius, dem fanatischsten Feinde der Christlichsocialen, zusammengeht, und kritisirt die Taktik der gegenwärtigen Revaction des „Volk". Wenn man sich wundere, daß die Redacteure des „Volk" an dem neuen Blatt, der „Zeit", Mitwirken, so sei darauf zu entgegnen: „Was hat denn Stöcker eigentlich anders erwartet? Mit seiner Einwilligung werde ich aus dem „Volk" herausgeworfen, erwartet er nun, baß ich meine politische Thätigkrit einstelle? Ich schrieb ihm: was liegt näher, als daß ich mich der Richtung anschließen werde, die mir am nächsten stehl?" — Zum Schluß äußerte sich Herr v. Gerlach über die Zukunft der christlichsocialen Bewegung. Es sei jetzt ein Riß in die Bewegung gekommen, der sich wohl nicht mehr schließen Werve. V. Berit», 25.September. (Telegramm.) DieKaiferin gedenkt bis morgen in Plön zu verweilen und sich dann nach Grün Holz zu begeben. Berit», 25.September. (Telegramm.) Die„Norbd. Allgem. Ztg." erklärt, die kürzlich den „Times" von einem besonderen Correspondenten zugegangene Meldung über den Inhalt derllntferhaltung Kaiser Wilhelms« und desZare» in BreSlau beruhe auf Erf in düng. Schon aus diesem Grunde sei die in der „Deutschen Zeitung" enthaltene Unterstellung, die Mittheilungen der „Times" hätten vielleicht in der Um gebung der kürzlich von dem deutschen Kaiserhofe nach Eng land zurückgekehrten Lord« Lonsdale und Beresford ihren Ursprung, völlig haltlos. Berit», 25. September. (Telegram m.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." bestätigt, daß der armenische Professor Thumaja» nicht ausgewiesen, wohl aber verständigt worden ist, „daß er sich jeder weiteren agitatorischen Betbätlgung zu Gunsten der armenischen Bewegung zu ent halten habe, widrigenfalls er seine Ausweisung auS Preußen zu gewärtigen habe." ö. Berlin, 25. September. (Privattelegramm.) Dadurch, daß bei den gestrigen Srgänzungswahlen zum Äewcrbegericht in der Classe der Arbeitnehmer-Beisitzer aus schließlich und in der Classe der Arbeitgeber-Beisitzer 7 Social demokraten gewählt wurden, befinden sich jetzt, wie die „Nat.-Ztg." constatirt, unter den 210 Arbeitgeber-Beisitzern 21 Socialdemokraten, und das ganze Gewerbegericht setzt sich auS 231 Socialdemokraten und 189 Gegnern dersclhen zusammen. Die Wahlbetheiligung war nur mäßig; be- kanntlich hat nur ein ganz geringer Procentsatz der anli- socialistischen Arbeitnehmer sich in die Listen eintragen lassen und sich dadurch das Recht zur Wahl gesichert. Nur etwa 50 Procent der antisocialistischen Arbeitgeber machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch, während die socialistiscken (Budiker, Cigarrenfabrikanten) inSgesammt er- schienen. In einem vor etwa 14 Tagen gehaltenen Vortrag über die Bedeutung des Berliner Gewerbegerichts erklärte der Fabrik besitzer Weigert: Hauptaugenmerk der Arbeitgeber muß darauf gerichtet sein, daß sich wenigstens die Zahl der social demokratischen Arbeitgeber-Beisitzer (jetzt 15 unter 210) nicht vermehrt und so die Parität, das wichtigste Ersor- derniß der Rechtsprechung, gefährdet wird. Bei 21 socialdemokratischen Arbeitgeber-Beisitzern ist es nicht aus geschlossen, daß eine Kammer deS Gewerbegericht- au-schließ lich mit Socialdemokraten besetzt werden kann. 8. Berlin, 25. September. (Privattelegramm.) Der Arauencongrctz behandelte heute Vormittag Fragen der Volkserziehung, sowie die Arbeiterinnenfrage. Die social demokratische Partei war trotz deS Beschlüsse-, sich dem Con- gresse fern zu halten, zahlreich vertreten. Vor dem Eintritt m die Tagesordnung wurde eine Anregung verlesen, die dahin ging, da- Familienleben durch Bereinigung mehrerer Familien in großen Heimen zu fördern. Eine DiScussion knüpfte sich an diese Anregung nicht. Dann sprachMißLewiS-Philadelphia Uber den Civil-Club, der sich namentlich der Arbeiterinnen annimmt. Den Hauptvortrag deS Tage- kielt Frau Jeanette Schwerin über das Thema „Auf welchen socialen Arbeits gebieten kann sich die gesammte Frauenwelt zu gemeinsamer Arbeit vereinigen?" Sie bezeichnrt« als solche Gebiete da« Streben nach der Gleichheit vor dem Gesetz, die SittlichkeitS- frage, di« Einheitsschule, die Forderung der Zulassung der Frau in der Eommunalverwaltung, der Einsetzung weiblicher Fabrikinspectoren und daS Wirken für die Erweiterung der Arbeiterschutzgesetzgebung. Sie schloß mit der Versiche rung, daß die bürgerlichen Frauen an der Lösung der Arbeiterinnenfrage weiter arbeiten werden, ob die Arbeiterinnen die« wollen oder nicht. Dem Vorträge folgte rin« lange DiScussion, in die auch dir Socialdemo- kratinnen eingriffen. Der Vorwurf der socialdemokratischen Führerin Frau Zetkin, daß die bürgerlichen Frauen bi-h«r nickt- für die Arbeiterinnen getban hätten und die Forderung der Gleichstellung beider Geschlechter noch nicht genug ver träten, gab dem Fräulein ounä. zur. Augsburg Ver anlassung zu einer energischen Widerlegung. Frau Braun, die frühere Gattin des verstorbenen Professors v. Giczicki, dielt die Mitarbeit ter bürgerlichen Frau an der Lösung der Frage der Arbeiterinnen dirrct für überflüssig, da die bürgerlichen Frauen dock von ganz anderen An schauungen ausgingen. In England beschäftigten sich ja in der Thal die bürgerlichen Kreise mit der Arbriterinuen- frage, aber nur, um ihren damit errungenen Einfluß politisch auszunutzen. Eine Egalisirung der Forderungen sei bei der Verschiedenheit der socialen Frage in den einzelnen Ländern nicht angängig. Im weiteren Verlauf der langen DiScussion wurde noch berichtet über die Londoner Frauen-Gewerk vereine, über die Thätigkrit zur Abkürzung der Fraucnarbeits zeit in England und über die Frauenvereine in der Schweiz. — Auf der hiesigen türkischen Botschaft ist, wie den „M. N. N." berichtet wird, von der durch daS „Depeschenbureau Herold" in die Welt gesetzten Nachricht, der General Grumbkow Pascha sei von Konstantinopel nach Berlin gereist, um dem Kaiser ein HandschreibendeSSultans zu überbringen, nicht ein Wort bekannt. — Das patriotische Blut, so schreiben mit Recht die „Berl. N. N.", muß in Wallung gerathen, wenn man in der socialdemokratischen „Brandend. Zeitung" folgenden Satz liest: „Man hat dem französischen Volke die Demüthigung zu- gesiigt, ihm Provinzen zu rauben, welche es als von Brüdern und Schwestern seiner Nation bewohnt annehmen mußte." Und Leute mit einer so erbärmlichen vaterlandslosen Ge sinnung sind berufen, mitzuthun in der parlamentarischen Körperschaft, die vor aller Welt die nach schweren Kämpfen wiedergewonnene Reichseinbeit und die glückliche Zurück gewinnung der verloren gegangenen Reichslande zum Aus druck bringen soll. — In Sachen von Opalenitza beginnt die „Germania" jetzt den Rückzug anzutreten; sie nennt die dortigen Vorgänge „traurig". Von dem Blatte, welches den deutschen Katholiken als das geborene wahlpolitische Kanonenfutter für polnische Candidaten, auch sür solche von antikirchlicher Gesinnung, betrachtet, ist das immerhin schon etwas. — Ter frühere Reichslagsabgeordnete Hinze ist der „Bolksztg." zufolge fo fchwer erkrankt, daß sein Zustand zu ernsten Bedenken Anlaß giebt. Hinze steht im 56. Lebensjahre. — In Sachen des Ballschuhmacherstreiks sind neuer- dings Verhandlungen zwischen den Fabrikanten und den Streikenden eiugeleitet, die voraussichtlich zu einem günstigen Resultate führen werden. Es streiken noch 327 Mann in 8 Fabriken. An Unter stützungen wurden bisher 3700 ausgezahlt. L Kiel, 25. September. (Privattelegramm.) Kron prinz Wilhelm traf in Begleitung des Gouverneurs Deines mit dem Ploener Cadettencorps unter Führung des Comman- deurs, Generalmajors Grafen Schwerin und sämmtlicken Officieren zu einem zweitägigen Ausfluge nach den Düppeler Höhen beute früh 8 Uhr hier ein. Die Theilnehmer an dem Aus fluge begeben sich sodann auf den Kreuzer „Gefion", der sie in die Umgegend von Düppel bringen wird, wo Kriegsspiele veranstaltet werden und der Uebergang nach Alsen markirt werden soll. (Wiederholt.) —?— Hamburg, 25. September. (Privattelegramm.) Anschließend an Liebknecht'« Drohung an die bürgerliche Gesellschaft, wiederholen die „Hamburger Nachrichten" in einem Leitartikel ihre alte Forderung, die Socialisten mittels Specialgcsetzgebung zu bekämpfen. (Wiederholt.) * Opalenitza, 24. September. Die Kreisgruppe Ovalenitza des Vereins zur Förderung des Deutschthums hielt gestern, wie das „Pos. Tagebl." berichtet, eine Versammlung ab, deren Zweck eine offeukundige Stellungnahme zu den Excessen auf dem hiesigen Bahnhof am 14. d. M. war. Der Kreisvorsitzcnde der Kreisgruppe Opalenitza, Fabrikdirector Kettler-Opalenitza, eröffnete die zahlreich besuchte Versammlung mit einer Begrüßung der Er schienen, unter denen sich vom Hauptvocstaode Herr von Tiedemann-Seeheim befand, der nach einem Hoch auf den Kaiser das Wort zu einem Referat über die bekannten Vorgänge vom 14. d. M. erhielt. Die ganze deutsche Presse sei einhellig der Ueberzeuguug, daß es sich in den unerhörten Ausschreitungen, die selbstverständlich eine gebührende Sühne finden würden, lediglich um Aeußerungen pol nischer Wuth gegen das Deutschthum handele. Jeder Deutscke könne verlangen, daß, unbeschadet der den katholischen Kirchenfürsten darzubringenden Ovationen, jedenfalls bei dergleichen Gelegenheiten jede Domonstration gegen das Deutschthum unterbleibe. Der Erz bischof sei der oberste katholisch« Geistliche der Provinz, aber nicht der Fnrstprimas von Polen. Auf die Entstehung des Vereins zur Förderung des Deutschthums näher eingehend, bezeichnete Herr v. T. die Zwecke desselben al- allein für die Deutschen, aber nicht gegen die Polen bestehend. Man dürfe nicht der Regierung allein die Ab- wehr Les Polonismus überlassen; auch die deutsche Bevölkerung muss sich kräftig rühren. Alsdaun betonte Herr Pastor Oelzr, der auf die verschiedenen Zeitungsstimmen über die Excesse am 14. d. M. kurz »iuging, daß von deutscher Seite nicht die geringste Veranlassung zu dem Exceß gegeben sei, wir überhaupt oberste« Vereinsgesetz sei, sich dem Polonismus gegenüber abwehrend, nicht augreiseud zu ver- halten. Nach weiteren Ausführungen hob Redner schließlich noch hervor, daß es von der deutschen Bevölkerung in Opalenitza mit großem Danke begrüßt worden fei, daß die gesammte deutschnatio- nale Presse rückhaltlos sür dir Deutschen der bedrängten deutschen Ostmark ringetreten sei, und sprach die Hoffnung aus, daß da- Zu sammenleben der deutschen und polnischen Bevölkerung i» Opa lenitza nach den unerquicklichen Vorgängen vom 14. d-. sich bessern möge. Zum Schluß wurde folgende Resolution einstimmig an- genommen. „Die heut« versammelt« Kreisgruppe Opalenitza des Verein- zur Förderung deS Deutschthum« in den Ostmarken erblickt in den auf dem Bahnhof zu Opalenitza am 14. d. Mt-. vor- gekommenen schmachvollen Excessen einen AuSbruch des polnischen Fanatismus gegen do- Deutschthum und spricht ihre Entrüstung darüber au», daß die polaijche Presse — mit einer einzigen an«rkenutn-«rrthen Ausnahme — drn vorliegenden off«», kundigen Landfrteden-bruch beschönigt." * Glderfeld, 24. September. Eine Parteiversammlung der Nationalliberalen de- Wupprrthalr- bat gestern folgende Resolution einstimmig angenommen. „Dir »atGnal«
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