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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961010027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896101002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896101002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-10
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UsUsis". i«ll/»1»" oscb BezugS-PreiS in der Hauptexpeditton oder den im Stadt, »eetrk und den Vororten errichteten Aus« aad,stellen abgedolt: vierteljährlich^4.bO, kei zweimaliger täglicher Zustellung in« Halit V.KO. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 4 S —. Directe tägliche Kreuzbandlendua- tu« Ausland: monatlich » 7.Ü0. Dir Morgen-Aotgabr erscheint um '/,? Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentags um b Uhr. Nrdaciion und Lrpe-itio«: JohanneSgasse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen gs^snet von früh 8 btt Abend» 7 Uhr. Filialen: Dtt» Klemm'» Tortim. (Alfred Hahn). UviversitätSstratze 3 (Paulinum), Louis Lösche, Natbann^istr. 14, Part, und Königsvlatz 7. Abend-Ausgabe. WpMer TaMalt Anzeiger. Amtsblatt des Lönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Norizei-Amtes der Stadt Leipzig. Anzeigerr-Preis die Sgespaltm« Petitzeile SS Pfg. kec kamen unter dem bledäctiontstrich (4ge- fpalte») L0-4l, vor den fsamilietinachrichtei, (6 gespalten) 40^. Orvher« Schriften laut unserem Pret». «rzMchnih. Tabellarischer nah Ziffern!»« »ach höherem Tarif. Extra-Veilagen (gefaW, »a» mit de, lvtorgen.Autaabe, oha« Postbeförderuug SO.-—, mit Postdesärdrruag 70.-—. Druck «nd Berkan von E. Pok» in Leipzig ^nnahmeschluß für Aiyrl-eitt Abend-Ausgab«: Vormittag» 10 UhL Viorgen.AuSgabe: Nachmittag» »Uhr. Sei den Filialen und Annahmestelle» je «tu« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. 518. Tonnabend den 10. October 1896. SV. Jahrgang. Das Zarenpaar in Chalons. Auf der Ebene von Chalons haben mit der gestrigen großen Heerschau die zu Ehren des russischen Kaisers ver anstalteten Festlichkeiten ihren Abschluß gefunden. Ganz Frankreich, namentlich soweit e» chauvinistisch gesinnt ist — und wer ist das beute jenseits der Vogesen nicht? — hatte ausschweifende Hoffnungen auf Chalons gesetzt, mit Inbrunst wünschte man, daß der Zar dort inmitten der französischen Kanonen und Bajonnette vor der Welt endlich das Bekenntniß des franco-russischen B ündnisseS ablegen werde. Sind diese Hoffnungen enttäuscht worden? Schon in einem Tbeil der Auflage unseres heutigen Morgenblattes haben wir die gelegentlich der Truppenschau gehaltenen Ansprachen mit- gclheilt. Wir lassen sie nochmals folgen: * VhalonS, 9. October. Bei dem zu Ehren de- russischen Kaiservaares gegebenen Frühstück brachte Präsident Faure folgenden Trinkspruch aus: „Eure Majestät verlassen uns jetzt nach einem Aufenthalt, welcher in den Annalen unserer beiden Länder eine un auslöschliche Erinnerung hinterlassen wird. Wie das Lächeln einer glücklichen Vorbedeutung wird der Zauber der Anwesenheit Ihrer Maje« stät der Kaiserin in holder Weise mit diesem Besuch verbunden bleiben. In Pans wurden die Majestäten von der ganzen Nation begrüßt, in Cherbourg und Chalons wurden sie empfangen von dem, waS dem Herzen Frankreichs das Theuerste ist, seinem Heere und seiner Marine. Die französische Armee begrüßt hier Eure Majestät. An jedem der häufigen Gedenktage ihrer ruhm reichen Vergangenheit lauschen die französischen Seeleute und Soldaten mit ihren russischen Brüdern als Bezeugung eines herzlichen Verhältnisses Wünsche für einander aus. Heute bitte ich Eure Majestät, Namens der französischen Armee und Marine für Ihre Waffen zu Wasser und zu Lande die feierliche Bekräftigung unwandelbarer Freundschaft zu empfangen. Ich trinke auf das russische Heer und die russische Marine und erhebe mein Glas zu Ehren Ihrer Majestäten- des Kaisers und der Kaiserin." Hierauf erhob der Kaiser Las Glas, stieß mit dem Präsidenten an und erwiderte: „Bei unserer Ankunft im Hasen von Cherbourg hatte ich Gelegenheit, ein Geschwader der französischen Kriegsflotte zu bewundern; heute, im Begriffe, Ihr schönes Land zu verlassen, hatte ich den Genuß des imposantesten militairischen Schau spieles, indem ich der Truppenschau auf dem gewohnten Ucbungs- gelünde beiwohnte. Frankreich kann stolz auf seine Armee sein. Sie haben Recht, zu sagen, Herr Präsident, daß die beiden Länder durch unwandelbare Freundschaft verbunden seien. Ebenso besteht zwischen unseren beiden Heeren ein tiefes Gefühl der Waffenbrüderschaft. Ich erhebe das Glas zu Ehren Ihrer Wehrmacht zu Wasser und zu Lande und trinke auf das Wohl des Präsidenten der französischen Republik." Die anwesenden russischen Officiere riefen während des Kaisertoastes zweimal Hurrah. Auch in diesem Trinkspruche kommt, wie vorauSzujehen war, das Wort „Alliance" nicht vor, aber das Wort „Waffenbrüderschaft" d. h. das Zusammengehen selbst im Falle eines Defensivkrieges kann nicht anders gedeutet werden. Es sagt genug, um auch Die zu belehren, welche noch an dem Bestände eines förmlichen Bündnisses gezweifelt haben, denn jene ist unmöglich ohne dieses. Es müßte denn sein, daß Nicolaus II. eine — leere Phrase gemacht hätte! Allein das ist undenkbar in einem geschichtlich so hoch ¬ bedeutsamen Moment, der ihm bei jedem Worte die un geheure Verantwortlichkeit vergegenwärtigen mußte, die auf seinen Schultern lag, und dieser Auffassung widerspricht ohnehin die unverkennbare, ersichtlich wohl vorbedachte Steigerung in der Wärme des Tones sowohl, wie in der Bestimmtheit deS Ausdrucks von Cberbourg bis Chalons. Jetzt gewinnt eS auch zweifellos an Bedeutung, daß der Zar die Anrede des Pariser Stadtratbspräsidenten Baudin mit „aili6", „Ver bündeter", ohne de» leisesten Versuch einer Correctur ließ. Mit dem Worte „Waffenbrüderschaft" überbot der Zar noch die „feierliche Bekräftigung unwandelbarer Freundschaft" im Toast Faure's, der überhaupt wenig glücklich gefaßt war und mit der Floskel: die häufigen Gedenktage der ruhmvollen Vergangenheit der französischen Armee, der Lächerlichkeit verfiel, indem er die große Wen dung deS ZahreS 1870 taschcnspielerhaft unterschlug. Auch in Frankreich faßt man die in Chalons gewechselten Trinksprüche als die Proclamirung des französisch-russischen Bündnisses auf und irrt sich nur insofern, alö man vergißt, daß Rußland mit demselben auch iuter Lima nur friedliche Ziele verfolgt. Der osficiöse „Temps" spricht zwar nur von dem Abschluß einer der beiden Staaten eminent nutz bringenden Entente, zugleich aber von dem „Anbruch einer neuen Aera", in welcher die Kräfte Frankreichs und Rußlands vereinigt sind und ihre Armeen und Diplomatien sich verschmelzen. Weitere Preßäußerungen theilen wir nach stehend mit: * Paris, 10. October. (Telegramm.) Die Blätter besprechen den gestrigen Trinkspruch des Zaren in Chalons. „Rappel" sogt, durch den Trinkspruch werde die französisch-russische Allianz ein zweites Mal bestätigt. Jedes der beiden Völker sei jetzt dem anderen sicher. „Echo deParis" schreibt: „DerBesuch des Zaren, der in den Trinksprüchen von Cherbourg, Paris und Chalons seine Ergänzung gesunden habe, sei die absolute Bekräftigung der neuen europäischen Lage. Das „Journal de Paris" meint, die Allianz habe gestern ihre Weihe in Ausdrücken erhalten, welche keine Mißdeutung zulassen. Der „Solei!" sagt, der Zar habe gestern die unlösbare französisch russische Allianz proclamirt. Im Falle eines Krieges würden die französischen und die russischen Soldaten Seit« an Seite kämpfen. Wir tragen noch folgende Meldungen über den Abschied deS Zarenpaares nach: * EhalonS, 9. October. Die russischen Majestäten und Präsident Fan re begaben sich zu Wagen mit einer glänzenden Escorte nach dem Bahnhof. Auf dem ganzen Wege nach dem Bahnhof waren die 70 000 Mann Soldaten aufgestellt, die heute in der Parade gestanden hatten. Dir Tamboure schlugen, die Spiel- leute spielten, und die Fahnen senkten sich beim Vorüberfahren der huldvoll dankenden Majestäten. Auf dem Bahnhofe ver- abschiedete sich der Kaiser von den Ministern, sowie von Loubct und Brisson; dem Minister des Innern sprach der Kaiser seine Anerkennung aus über die Ordnung, die bei allen Festlichkeiten geherrscht hat. Präsident Faure stieg hieraus in den kaiserlichen Wagen, wo er nach einigen Abschiedsworten der Kaiserin die Hand küßte; der Kaiser und der Präsident schüttelten sich zum Abschiede die Hände. Nachdem sich auch die Officiere, welche zum Ehrendienst bei dem Kaiser und der Kaiserin befohlen worden waren, verabschiedet hatten, setzte sich der Zug in Bewegung unter den wiederholten Rufen der auf dem Bahn ¬ hofe Anwesenden: „Es lebe der Kaiser!" „Es lebe Rußland!" — Eine Viertelstunde später reiste auch Präsident Faure ab; der Präsident traf um zehn Uhr aus dem Ostbahnhofe in Paris ein, wo das Publicum ihm eine Ovation bereitete. — Vor seiner Abreise ernannte Kaiser Nicolaus den russischen Botschaftsrath v. Giers zum Hofmeister, den russischen Milirairattachs Genera! Baron Fredericks zum Generaladjutanten und den Attachö der russischen Botschaft Prinzen Orloss zum Adjutanten. Dem fran zösischen Botschafter in Petersburg, Grafen Montebello, verlieh der Kaiser die Brillanten zum Alexander-Newsky-Orden und dem Minister des Aeußern Hanotaux sein Bild, auf das er in Gegen- wart Hanotaux' eine Widmung schrieb. * Pagiiy-sm-Moselle, 9. October. Der Zug mit den russi schen Majestäten hat vom hiesigen Bahnhose die Reise um 11 Uhr Abends fortgesetzt. Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. October. Von einzelnen, besonders von freisinnigen Blättern sind an die Meldungen über den am Mittwoch in Hubertus stock abgehaltenen Kronrath allerlei Betrachtungen geknüpft worden, die sämmtlich darauf hinansliefen, jener Tag sei unter die „kritischen" zu rechnen. Die „Voss. Zta." sprach über die nothwendig geworbene Ausgleichung der Meinungs differenzen im preußischen Ministerium, erinnerte an die Militairstrafproceßordnuug u. A. und schloß im Tone der Cassandra: „Es könnte nach den bisherigen Erfahrungen nicht besonders Wunder nehmen, wenn nach dem Kronrath, der angeblich den Arbeitsplan für die Gesetzgebung sestsiellen soll, die Mittheilungen über einen Kanzlerwechsel oder über Ministerwechsel wieder austauchten und schnelle Bestätigung fänden." Heute wird die „Tante" entzückt fein über die folgende Meldung der „Tägl. Rundschau": „Wie wir aus bester Quelle erfahren, sind der Reichskanzler Fürst Hohenlohe und der Minister des Innern Freiherr Recke von der Horst noch einmal nach Hubertusstock zum Vortrag befohlen worden. Unterrichtete Kreise wollen diese Thatsache mit den Krisengerüchten in Zusammenhang bringen, die wieder umherschwirren." Welche neue Fülle von Combinationen läßt an diese auS der „besten Quelle unterrichteter Kreise" geschöpfte Meldung in dieser stoffarmen Zeit sich knüpfen! Wir verzichten daraus, an so tiefsinniger Conjecturalpolitik uns zu betheiligen, und überlassen es der „Köln. Volksztg.", den Faden weiter zu spinnen, den sie an die citirte Auslassung der „Voss. Ztg." knüpfte: „Die „Voss. Ztg." bezeichnet ihre Betrachtungen über den 7. October als „Kritischen Tag" selbst als „Vermulhungen". Die selben sind auch nichts mehr, aber sie werden allerdings durch die innerpolitische Lage nahegelegt. Es kann aber auch ganz anders gekommen und der 7. October sehr unkritisch verlausen sein. Wie die Verhältnisse bei uns liegen, wo die Entscheidung mehr denn je an einer Stelle beruht, deren Entschließungen nicht immer in der gleichen Richtung sich bewegt haben, läßt sich mit einiger Bestimmtheit nicht sagen, was der kommende Tag in der Politik bringt." Es kann so, aber auch ganz anders kommen, das ist in der That Alles, was man nach der Erfahrung der letzten Jahre sagen kann, wenn von bevorstehenden Entscheidungen die Rede ist. Und deshalb ist es überflüssig, in Combinationen sich zu ergehen, welche die „Kreuzztg." mit Recht mit der alten Wetterpropbezeiung vergleicht: „Wenn der Hahn kräht aus dem Mist, ändert sich das Wetter, oder eS bleibt wie es ist." Am Schluffe einer Besprechung der auf dem national liberalen Delegirtentage beschlossenen Resolutionen sprachen wir dieser Tage die Ueberzeugung auS, daß der Antrag Kanitz nicht wiederkehren werde. In dieser Üeber- zeugung bestärkt uns ein Artikel der „Cons. Corr." der sich zwar in der Form gegen die freisinnige Presse, in der Sache aber gegen die Organe deS Bunde- der Landwirthe richtet. In diesem Artikel wird zunächst die Behauptung, daß die conservatioe Partei nur noch eine Spielart des Bundes der Landwirthe sei oder der Bund den Bestand der Partei bedrohen könne, als widersinnig zurückgewiesen und dann weiter gesagt: „Tie Conservativen haben schon vor dem Bestehen deS „Bunde? der Landwirthe" hinsichtlich des Schutzes für die Agrarerzeugnisse genau jo gewirkt wie heute und wie sie dies auch in Zukunft thun werden. Der „Bund der Landwirthe" ist eine Berufs organisation gerade so wie der Handwerkerbund und der Bund der Industriellen. Durch die Zusammenfassung der Berufsgenossen auf breitester Grundlage soll die parlamentarische Action zu Gunsten des Schutzes der Productivgewerbe gekräftigt und unterstützt werden. Die Berufsorganisationen sind ohne den Hinterhalt, den ihnen eine große Partei zu bieten vermag, ohnmächtig; demgemäß ist nicht die conservative Partei aus eine solche Berufsorganisation angewiesen, sondern umgekehrt, der Bund der Landwirthe, der Handwerkerbund und andere Organisationen, die sich gegen die Manchesterpolitik wenden, be dürfen der parlamentarischen Arbeit der conservativen Partei, wenn sie ihren Zielen näher kommen wollen. Wird in der mehr oder weniger temperamentvollen Presse dieser Berufsorganisationen einmal eine unwirsche Andeutung oder gar eine offene Drohung laut, so ist die» nicht ernst zu nehmen. . . . Die Conservativen, die das Gros des Bundes der Landwirthe bilden, werden lächeln, wenn sie lesen, daß die „Franks. Ztg." schreibt: „Die Agrarier fühlen sich nicht ohne Berechtigung als Herren und Gebieter der conservativen Partei, und in diesem Gesühle fordern sie unentwegte Nachfolge, widrigen falls sie den Bestand der conservativen Partei zu bedrohen ge- denken." . . . Jeder Conservative kennt die geringe Tragweite von „Drohungen", die nur der Freisinn tragisch zu nehmen vermag. Möge darum die freisinnig-demokrotische Press» über diese Sache sich beruhigen und davon überzeugt sein, daß die Frage, ob der Antrag Gras Kanitz conservativerseit« eingebracht werden solle oder nicht, von der conservativen Reichstagsfraction, nicht aber vom Bunde der Landwirthe entschieden werden wird." Damit ist allerdings nicht direkt gesagt, daß die conser vative Reichstagsfraction den Antrag Kanitz als begraben erachte, wohl aber wird den Organen des Bundes der Land wirthe auf unzweideutige Weise zu verstehen gegeben, daß etwaige Versuche, durch Drohungen die Wiederernbringung dieses Antrages zu erzwingen, den Bund seines Hinterhaltes berauben könnten. Die „Deutsche Tageszeitung" ist denn auch über die Bedeutung des Artikels der „Cons. Corr." nicht im Zweifel; sie erklärt unwirsch, es sei richtig, daß der Bund „zur Zeit" noch angewiesen sei, seine Wünsche und Anträge durch die politischen Parteien zur Geltung bringen zu lasten, und fährt dann drohend fort: „Sobald die großen Berufsorganisationen von den gegenwärtigen politischen Parteien ganz im Stiche gelassen würden, würden sie bald Mittel und Wege finden, ihre Interessen auch in den Parlamenten selbst zu vertreten. Aber dazu sind sie vor- läufig noch nicht gezwungen. Die politischen Parteien wissen viel zu gut, daß sie mit ihrem rein politischen Programm keine Wahl- geschäfte mehr machen können. Sie rechnen mit den Berufs- Fenillstsn. Die Schuld des Fürsten Romanskoi. 11) Roman von Lonr. Fischer-Sallstein. Nachdruck verboten. „Ich finde Petersburg schöner als je", die Petuschkiwna erhob sich hier und zog wieder den Schleier herunter, „wir werden indessen später darüber sprechen. Michael ist doch oben?" „Natürlich ist er oben. Aber Sie wollen schon geben? Sie müssen wiederkommen, in einer halben Stunde ist mein Mann zurück. Er soll Ihnen all die närrischen Geschichten erzählen, wissen Sie, ausführlicher, als ich sie erzählen kann. Ick lache immer zu viel. ES ist gar nicht gut, wenn man zu viel lacht, aber ich kann mir doch einmal nicht helfen." „DaS Lachen ist ja gesund", scherzte Sofia Andrejewna, „auch ich möchte so gerne fröhlich fein." „Dann lassen Sie sich von unserem lieben Michael die Geschichten erzählen, und Sie werden lachen, daß Ihnen die Thränen kommen!" Die Petuschkiwna näherte sich der Thür, und die dicke Frau folgte ihr mit der Fliegenklatfche nach. „Ja, was wollte ich denn noch sagen?" fuhr die Frau StaatSrath fort und hielt die Petuschkiwna an der Hand fest. „Wir erwarten Sie zum Abend, eS giebt Fischsuppe mit ge füllten Zwiebeln. Wir lassen auch Herrn Michael bitten. Und dann, der arme Michael hat richtig nur noch zwei Rubeln. Die Miethe ist ja bezahlt, aber waS soll er mit zwei Rubel anfangen? Ein Monat ist furchtbar lang für einen Studenten ohne Geld." Auch diese Mittheilung war ein Räthsel für Sofia Andre jewna. Diefes Räthsel konnte indessen ebenfalls nur Michael JaSmorin lösen, und darum beeilte sich die Beschützerin de» Studenten, von der dicken Frau StaatSrath loszukommen, und stieg alsdann die vielen Treppen bis unterS Dach hin auf, wo sich die Wohnung Michael'« befand. Jetzt steht sie vor der Thür seine« bescheidenen ZimmerS und hält die Klinke in der Hand. Sie kann sich nicht ent halten, zu lauschen. Ein einzelner Mensch geht unruhig in langen «schritten im Zimmer auf und ab. Sie öffnet jetzt plötzlich, ab-r ohne jeveS Geräufch die Thür und steht nun vor JaSmorin, welcher jäh vor ihr zurückprallt. Es vergehen Sekunden, bis er eS begreifen kann, daß Sofia Andrejewna vor ihm steht. Diese beachtet sein Ver blüfftsein nicht, sondern läßt forschend den Blick durch das Gemach schweifen. Sucht sie wirklich nach der merkwürdigen Frau? Aber nichts deutet auch nur entfernt darauf bin, daß hier ein weibliches Wesen sich aufgehalten hat. Die trübe brennende Lampe auf dem Tisch beleuchtet eine große Anzahl Schriften, mit denen sich der Student offenbar soeben beschäftigt hat. „Ich weiß, warum Sie gekommen sind, Mütterchen Petuschkiwna", stammelt JaSmorin, sieht voll Unruhe ihr ins Angesicht und weiß nicht, ob er ihr die Hand entgegen strecken darf oder nicht. Ihre Unruhe, die vielleicht noch zu so spater Stunde, es war ja Nacht, — sie hierher geführt, verging, ihre Be fürchtungen verflogen, und gläubig, voll Vertrauen blickte sie ihm ins Angesicht. Und doch zögerte sie, wie sonst ihm mit einem herzlichen Lächeln beide Hände entgegenzureichen. „Sie haben heute nur noch zwei Rubel, Michael?" „Da« sagte Ihnen der Herr StaatSrath", entfuhr e« ihm. Dann ging er zögernd an den Tisch, zog dort eine Schublade auf und griff einen Postschein über eingezahlte Gelder heraus. Er sah sie jetzt an mit der Ueberzeugung, daß sie ihm Vor würfe machen würde, und reichte ihr den Schein schweigend hin. Sie warf einen Blick auf den Schein und lächelte. „Ich habe ja Ihrer Mama auch geschickt, mein lieber Michaeli Nun hat sie viel mehr, als sie braucht. Aber daran bin ich Schuld, ich hätte Ihnen das schreiben müssen. Wie wollten Sie aber den ganzen Monat mit zwei Rubeln durch kommen? Entweder hätten Sie Schulden machen müssen oder , nein, ich begreife Sie nicht! Ihr Mütterchen hat mir geschrieben, daß sie sich vor dem Winter fürchtet. DaS hat auch mich beunruhigt, weil sie so noch nie an mich geschrieben. Die Dinge können so, wie sie sind, nicht bleiben. Ich würde doch nach Petersburg gekommen sein, nur um mit Ihnen darüber zu sprechen." Sie betrachtete wieder den Postschein und verlor sich in Nachsinnen. Michael beschäftigte sich jetzt mit der Möglich keit, ob sie am Ende gar nichts von dem erfahren, waS vorgefallen war. Ob er ihr in diesem Falle rückhaltlos beichten soll? ES war ein Anfall von mütterlichem Mutbwillen, wie ältere Damen ihn ihren erwachsenen Söhnen gegenüber zu mancher Stunde zeigen, der jetzt über Sofia Andrejewna kam. Sie griff fröhlich nach seinen beiden Händen, zog ibn nach einen Stuhl und setzte sich darauf nieder. „WaS machen Sie für Studentenstreiche, mein lieber Michael! Die Frau StaatSrath hat mir großartige Dinge erzählt. Werden Sie mir Ihre Geheimnisse mittbeilen, ich meine die Geheimnisse — nun — die mit der Frau." Obwohl Michael JaSmorin sich auf ein solches Verhör schon vorbereitet hatte — weshalb war sie denn ge kommen? Die Angelegenheit mit seiner Maminka hätte sie wie in der Regel sicherlich brieflich zum Austrag gebracht — so fubr er doch ein wenig zurück und wurde platschroth. „WaS mögen Sie von mir denken, Mütterchen Sofia Andrejewna! — Ehe Sie kamen, rang ich mit mir, ob ich Ihnen das Alles schreiben solle oder nicht. Ich bin da in einen bodenlosen Scandal verwickelt! Und dabei gebe ich Ihnen mein heiliges Ehrenwort, daß ich gar nicht weiß, wie daS eigentlich kam. Man sucht bei mir nach einer zungen Jndierm. ES ist kaum zu fassen. Und wenn noch eme Närrin dagewesen wäre, wissen Sie, Mütterchen Sofia Andrejewna, nur eine, aber sie stürmten ja das Haus! Der alte General war auch dabei. Ich habe mich wirklich vor ihnen entsetzt, WaS fängt man mit Narren an?" Die sonst so ernste, ruhige Sofia Andrejewna lachte laut aus. „Aber mein theurer Mickael, wie kamen Sie denn mit dem Geschöpf zusammen? Waren Sie im Hotel Bristol?" „Wie soll denn ich inS Hotel Bristol kommen? — Ich habe die Jndierin noch nie gesehen! Das ist ja da« Tolle an der Sache. Und dabei drohte man mir mit der Polizei! Ich warf meine Thür zu und riegelte sie ab. Mir war die Sache nur furchtbar peinlich wegen deS Herrn StaatSrathS Orkieneff." „Haben Sie denn noch nicht darüber nachgedacht, wie da« Alle« gekommen sein könnte? Irgend eine Veranlassung muß doch vorliegen." Der Student rang jetzt mit einer wahrhaft stürmischen Verlegenheit und wagte eS nicht, die Petuschkiwna anzuseben. Sie ließ seine Hand nicht loS und blickte ihm, wieder unruhig geworden, ins Gesicht. „Nun, mein lieber Michael, werden Sie beichten?" „ES ist doch schließlich nicht schlimm, wenn ich mich um eine Stelle bewarb", begann JaSmorin sich zu vertheidigen, „Andere thun'S ja auch. Nachdem ich meiner Mutter da« Geld geschickt, — gebeten hat sie mich ja nicht darum, man fühlt da« aber so heraus —" „Schon gut, Michael. Weiter, weiter!" „Mir blieben noch zwei Rubel und einige Kopeken. Wenn ich einen Nebenverdienst hätte gewinnen können, dann wäre es ganz aut gegangen. Ich hatte wirklich Glück und fand in einer Zeitung ein Inserat, nach welchem eine vornehme Dame einen Menschen sucht, der ihr ein paar Stunden den Tag über vorliest. Ich reichte meine Adresse ein und wurde vor ein paar Tagen von einer Kutsche abgeholt. E« ging hinaus auf die Insel Krestowsky zur Gräfin Stroganowna." Der Frohsinn im Angesichte der Petuschkiwna verblühte im Augenblick. Eine tiefe Blässe bedeckte ihr Angesicht und in ihren Augen lag ein unruhiger Glanz. Sie ließ jetzt die Hand Michael'« los und erhob sich. „Sie nahmen die Stelle an?" „Ich habe sie nicht erhalten", versetzte JaSmorin, bemerkte die Veränderung in ihrem Wesen und glaubte nun, daß sie böse aus ihn sei. „Nicht, warum nicht?" Sie fragte mit verbaltenem Atbem. JaSmorin zuckte die Schultern und wollte nickst mit der Sprache heraus. Sollte er seine Blamage ein gestehen ? „Sie wollte mich nicht", murrte er. Und nun fand er sich versucht, seine Ehre der Petuschkiwna gegenüber zu retten, und darum fügte er hinzu: „Die Enkelin der Gräfin, Lidia Tschierwanewna, interessirte sich für mich." Er reckte sich hier förmlich auf, und es that ibm wohl, etwas sagen zu können, was seiner Eigenliebe schmeichelte. Und als er fand, daß die Petuschkiwna ihn gar nicht recht begriffen hatte, fuhr er fort: „Ich hätte mich sollen auf nichts einlassen, aber sie quälte mich. „Die Lidia Tschierwanewna?" „Sie machte mich zu ihrem Bruder", lackte auf einmal JaSmorin, „eS ist nicht« al« eine reine Kinderei! Wahr scheinlich braucht sie Jemand, der ihr im Winter die Musik mappe nach dem Institut der Madame Gramont trägt! Nein, dazu bin ich denn doch zu alt. Uebrigen« habe ich der Dame geschrieben, wa« ich von der ganzen Sache halte und bin damit für alle Zeiten fertig." Er verschränkte die Arme über der Brust, trat in« Zim mer hinein und schien sich auf einmal plötzlich über sein Abenteuer zu amüsiren. Die Petuschkiwna folgte ibm, nabm ibn wieder an der Hand und zog ihn nach dem Stuhl zurück, auf den sie sich nirdersetztr. „Ich habe wirklich Angst um Sie, Mickael! Ich sehe Ihnen an, daß Sie noch lange nicht mit der jungen Dam,
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