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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.11.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961106015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896110601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896110601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-11
- Tag1896-11-06
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Neelamen unter dem Redactionsstrich (4ge- spaUen) LO^j, vor dea Familirouachrichteu lSgejvaltea) «0-4- Größere Echrisken laut ansrrem Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Ziffrrmatz »acy höherem Tarif. Ertra-Veilaaea (gefalzt), uns mit d« Mornen-Ausgabe, odne Poslbesörderung SO.—, mit Poslbrförderuag 70.—. Annahmeschlnß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittag« 10 Uhr. Margeu-Au-gabe: Nachmittags «UHL V«i den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Er-edittor zu richten. Druck und Vertan von " Volz in Lelvzig Freitag den 6. November 1896. SV. Jahrgang. Die Mlilairstrafprortß-Ordnung. U. Ueber die neue Milikairstrafproceß - Ordnung, welche augenblicklich dem BundeSraih zur Beraihung vorliegt und die nächstdem im Reichstage zur Verabsckiedung gelangen soll, dringen nur äußerst spärliche Nachrichten an die Oeffcnt- lickkcit. Da diese Strafproceß - Ordnung aber gleich rem Militairstrafgesetz-Buch für daS ganze deutsche Heer Giltig keit haben wird, so ist schon au« dieser Thatsacke zu ent nehmen, daß dir Oeffenllichkeit des Verfahrens nun endlich zugestanden worden ist, nachdem sie im bayerischen Heere schon über ein Vierteljahrbuntert ohne jede Benachtbeiligung der MannSzucht oder des Ansehens des Mililairslandes geübt worben ist. Bayern wäre nie »uv unter keinen Umständen zu dem geheimen Verfahren zurückgekebrt, und wenn man also eine einheitliche Militairstrasproccß-Ordnung für das deutsche Reich haben wollte, so blieb auch für Preußen und die von ibm vertretenen Militair Eontingente nichts Anderes übrig, als in die Oeffentlichkeit des Verfahrens einzuwilligen. Dabei wirb dieselbe doch auch nur eine bedingungsweise sein, denn das Gericht kann unter gewissen Voraussetzungen den Aus schluß der Ocfsentlickkeit aussprechen. 2m allgemeinen Interesse würde es hierbei ohne Zweifel liegen, wenn die AuSsckließungSgrllnbe von denen im bürgerlichen Ge richtsverfahren sich nicht gar zu weit entfernten, unv in dieser Beziehung wird der Reichstag gewiß fordernd eintreten können; denn je mehr in Zukunft das militairiiche Strafverfahren dem bürgerlichen sich nähert, desto eher wirb sich ein Ausgleich mancher Schroffheiten anbahnen, die sich mit der Zeit zwischen Militair- und Bürgerstand eingestellt haben und an denen das geheime Verfahren der Militair- gerichte auch seinen Antheil hat. Der Mililairstand soll An sehen genießen, denn er muß daS Land gegen den Feind ver- theidigen, deshalb bedarf er des Ansehens nach innen wie nach außen; aber dasselbe darf von keiner Seite übertrieben '».-ri-en, auch soll der Militairstaud kick davor hüten, etwa» Besseres sein zu wollen, wie die anderen Stände, die auch ihr berechtigtes StandeSbewußlsein haben. Mit der Oefsent- lichkeit des Verfahrens wird besonders daS Ansehen der Mililairgerichte gewinnen, daS in manchen Kreisen durch das Gcheimverfahren mehr ober weniger gelitten hat. Gewiß traut man den Militärgerichten keine absichtlichen ungerechten Urtheile zu, aber Mancher kann sich von rem Gefühl nickt frei machen, daß die Richter in manchen Fällen befangen sind und von den Anschauungen ihres Standes allzusehr geleitet werden. Auch in dieser Beziehung wirb daS öffentliche Verfahren Besserung bringen. Die Forderung der Zulassung bürgerlicher Ber theid iger wirb in dem Entwurf der neuen Proceßorduung nicht erfüllt werden, und eS wird daher bas bisher geübte Verfahren bestehen bleiben, nach welchem die Verlheibigunz durch einen juristischen Sachverständigen, also einen Rechts anwalt, nur bei Kapitalverbrechen slaitbafl ist, auch wenn dieses alS militairisch qualificirlcS Delicl aufzujassen ist. Be züglich der gleichen Vertbeidiguug könnte aber eine Erweiie- rung auf alle mit Zuchthaus bedrohten Verbrechen bürger licher wie militairischer Art zugestanren werden, denn bie bürgerlichen Folgen einer Zuchthausstrafe sind so einschneidende, daß man einem Beklagten die Vertheidigung im denkbar weitesten Sinne zuerkennen und sogar einen RechtSanwalt al« Oificial-Vertbeidiger bestellen sollte, wobei wir namentlich den Maniischaflsstand im Auge haben. Für die bevorstehenden Verhandlungen im Reickstage werben die Schriften des Generalmajor« z. D. l)r. Albert Pfister und Georg Cleinow'« nicht ganz ohne Einfluß sein, namentlich wird eS sich auch um die Bestätigung der ergangenen Urtbeile bandeln, wie solche jetzt nach dem preußi schen MilitairaerichlSoerfahren erforderlich ist. Wenn ein einwandfreies Gericht Neckt gesprochen hat, so bedarf da« Unheil eigentlich keiner Bestätigung mehr, wenn anker« man nickt dir Nichtigkeit de« RechtSipruckr« anzweifeln will. Wird die Bestätigung versagt, so steht daS Unheil eines Einzelnen demjenigen eines Richtercollegiums, welches doch anch durch ein Kriegsgericht bargestelll wird, gegenüber, und ein solche« Ver fahren, bei dem der Bestätigende dazu nock meist der Vorgesetzte des NichlerpersonalS ist, bat bock seine Bedenken. Also lasse man getrost bie Bestätigung fallen, wenn sie etwa nock in den, neuen Entwürfe Aufn. h ne gefunben haben sollte. DaS Wicktigste ist und bleibt eie Oeffentlichkeit, welche man dem Volke in Waffen nickt länger vorenibalren soll. General Pfister sagt: „Sie ist die Hauptsache; Mündlichkeit, Ver- lheidigung, Berufnng, Staubigkeit der Gerichte ergeben sich aus ihr von selbst, unv eines BestätigungSrecktS vurch Gerichiskerrlickkeit bedarf eS, wo pflichttreue Nackter ibreS Amtes wallen, niemals." Daß mit der neuen Militairstraf- proceß-Orbnung auch eine Aenderung in der Organisation des Audi toriat« cintreten wirb, darf wobl als sicher gelten, zumal voraussichtlich auck bie Einrichtung der unker>uchungS- sührenben Officiere in Fortfall kommen und dadurch bas Laienelement aus der Tbäligkeit eines Untersuchungsrichter« völlig auSgeschieven wirb. Deutsches Reich. 6. H. Berlin, 5. November. Die Frage, ob, in welcken Betriebszweigen und in welchem Verhältuiß die Frauen arbeit dir Männerarbeit verdrängt, ist außerordentlich wichtig, und in den amtlichen, dem Reichstag und dem Bundesrath vorliegenden Berichten aller deutschen G e werbe - aufsi ch tS b eam l en ist dcS Näheren darauf eiugegangen. Zunächst ist in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Autsicktsbezirke ein erhebliches Steigen der Zahl der in den Fabriken und in diesen gleichstebenben Betrieben be schäftigten Arbeiterinnen festgestclll worden. Ein Rückgang in der Zahl der Arbeiterinnen ist nur in wenigen Bezirken beobachtet worden, so zum Beispiel in dem von Trier unv Schleswig. Die Zunahme der Zahl der Arbeiterinnen wirb in der Hauptsache mit dem regeren Geschäftsgänge in den betrrffenven Gewerbe- Zweigen erklärt. Auch wirb darauf hingewiesen, daß infolge der Beschränkung der Beschäftigung jugendlicher Arbeiter ein Ersatz in der Beschäftigung von Arbeiterinnen gesucht worden sei. In mehreren Berichten wird endlich angeführt, baß sich das Bestreben der Arbeitgeber bemerkbar mache, weiblicke Arbeitskräfte überhaupt an Stelle der männlichen zu setzen. In anderen Berichten wird freilich ausdrücklich bestritten, daß eine Verdrängung männlicher durch weibliche Arbeiter in nennenSwertbem Umfange stattgefunden habe. In einzelnen Bezirken war wegen deS gesteigerten GcschäfiSgangS ein Mangel an weiblichen Arbeitern fühlbar. Von den Beamten der Bezirke Döbeln, Wurzen und Meißen wird dies ausdrücklich hervorgehoben. Eine wesentliche Vermehrung der Arbeiterinnen zeigt sich vor Allem in der Textilindustrie. Nur vereinzelt, z. B. in den Aussicktsbezirken Magdeburg und Lothringen, bat die Zahl ter Arbeiterinnen in der Textilindustrie abgenommen. Neben der Textilindustrie sind hauptsächlich die Papier- und Lederindustrie, die Industrie der Nabrungs- und Genußmittel — hier vor Allem die Eigarrenfabrikation — und die Bekleidungsindustrie an einer erhöhten Verwendung von Arbeiterinnen betbeiligt. Die Zahl der Arbeileriunen ist in den preußischen Bergwerks betrieben bei einer Erhöhung der Gesammibelegsckaft um 62ll um 475 gegen 1894 gestiegen. E« betrug von der Geiammtzabl der in Bergwerks-Betrieben, soweit sie der Aussicht der Bergbehörde unterstehen, im Jahre l89L durch schnittlich beschäftigten Arbeiter Pie Zahl der Arbeiterinnen: beim Steinkohlenbergbau 1,S Proc., Braunkohlenbergbau 2,7 Proc., Erzbergbau 5,4 Proc., Dachsckieferbergbau 0,2 Proc., Salzbergbau und bei den Salinen 0,2 Proc.: im Oderberg- amtSbezirk BreSlau 8,49 Proc., Halle 1,3 Proc., Clausthal 0,l Proc., Dortmund 0,01 Proc., Bona 0,8 Proc.; im Ganzen 2,23 Proc. Q Berlin, 5. November. Mit Recht ist anläßlich deS ProcrffeS über di« polnischen Ausschreitungen in Opalenitza von vielen Seiten betont worden, wie schädlich es für die deutsch« Sach« ist, wrnn der Braune nicht in jedrr Beziehung, in seinem persönlichen und amtlichen Vor leben, sozusagen absolut „bieb- und stichfest" ist. Damit ist eine der Hauptschwierigkeiten berührt, die im Interesse der Abwehr gegen bie vordrängende polnische Propaganda über wunden werden muß. Die Regierungen in Westpreußen und Posen haben eine Amtslast zu überwinden, die weit größer ist, als die der Negierungen in den anderen Provinzen. Denn zahlreiche, an sich noch so winzige Fragen, bie in rein deutschen Gebieten als ausschließlich geschäftlich kurzerhand erledigt werden können, werden bei den nationalen Gegensätzen in den genannten Ostprovinzen zu politischen und verlangen in Folge dessen eine weit eingehendere sorg fältige Prüfung. Diese ist nur möglich bei einem Beamten bestände, der Tüchtigkeit mit genauester Sachkunde des Landes verbindet. Wir bemerken ausdrücklich, daß Sachkunde, Tüchtig keit und ein ehrliches Streben, den besonderen örtlichen Auf gaben gerecht zu werden, der weit überwiegenden Mehrzahl der dort tbätigen Beamten zuerkaunt werden muß Aber — und wir begeben keine Indiscretion, wenn wir behaupten, daß dieser Mangel sehr lebhaft geravt von den Negierungen in Westpreußen und Posen empfunden wird — die Beamten haben leider in vielen Fällen nicht die Ge legenheit, sich in die Bedürfnisse des Landes und die natio nalen Schwierigkeiten vollständig zu verliefen, weil nirgends die Fluctuatio n unter dem BeanitentbilM größer ist, als ge rade dort. Und mit jedem tüchtigen Beamten, der Posen oder Westpreußen verläßt, zieht eine Summe von besonderen persönlichen Kenntnissen hinaus, die nur mühsam ersetzt werken kann, und desto schwerer, je mehr der passive Widerstand der polnischen Bevölkerung gegen da- Deutsch- tbum auf allen Gebieten im Zunehmen ist. Mau gehe nur in die Kreise und frage, wie viel Landräthc der KreiSinsaffe in einem halben Menschenalter an sich hat vorüber ziehen sehen. Und dieser Wechsel macht sich fühlbar bis oben hinauf. Der zweite Mangel ist darin begründet, daß nock immer nicht die Ansicht überwunden ist, in den Ostprovinzen könnten anderweitig nicht mehr recht ver wendbare Beamte nützlich untergebracht werden. Dies ist ein verbängnißvoller Irrtbum: nirgends sitzt der Beamte als solcher wie als Mensch, w^ fast seine ganze Umgebung bis auf daS Dienstpersonal polnisch ist, mebr im Glasbause, wie da, wo in der Propstei sich die polnische Agitation concentrirt, und eS bequeme Mittel genug gicbt, den Deutschen bis ir,S Kleinste in scharfer Eontrole zu kalten. Will ter Staat gegen das Polentbum Erfolge erzielen, dann muß er darauf halten, daß die Beamten in Posen und Wcstpreußen möglichst seßhaft bleiben, und nur die Tüchtigsten dorthin gesandt werden Wären in diesen Provinzen die Beamtenstellen den größeren Pflichten entsprechend dotirt, dann würbe beides in kurzer Zeit von selbst eintreten: Seßhaftigkeit und dazu ein Angebot von tüchtigen Kräften, daß bie Staatsregierung aus diesen aus wählen könnte, während sie jetzt Mühe Hal, den „Drang nach dem Westen" zu überwinden. r. Berlin, 5. November. In diesem Jabre wird nickt nur der preußische Etat einen erheblichen Ueberschuß anfweisen, sondern auch der NeichSetat durch sehr Kobe Einnahmen aus den Zöllen günstig sich gestalten. Wenn also gerade in diesem Jahre eine Verbesserung von Gehältern der preußischen höheren Beamten und der Reichsbeamten vorgenommen werden soll, so wird man den Zeitpunkt als sehr günstig gewählt bezeichnen können. Um so bedauerlicher ist eS, daß, wie verlautet, die finanziellen Aufwendungen, die im Lehrerbesoldungsgesetz vorgesehen sind, nur gering sein sollen, und daß insbesondere daS AnfangSgehalt keine Erhöhung erfahren soll. Läßt man eS bei dem Anfang«- geballe von 900 so steht sich «in junger Lehrer schlechter, als ein gleichaltriger balbwegS geschickter Arbeiter in einzelnen Zweigen, r. B. im Buchdruckereigewrrbr, im Maurerband werk rc. Bedenkt man, baß dir Lehrer der wichtigste Schutz gegen daS Eindringen des SocialismuS in die Jugend sein tollen, so wird man ein« Politik, die gerade die Lehrer ungünstig behandelt, nickt staalsklug nennen können. X. Berlin, 5. November. (Telegramm.) Drr Kaiser wird sich nach Beendigung der heutigen Jagd in Groß- Strcblitz nach Pleg begeben, wo für morgen und übermorgen größere Iaaben in Aussicht genommen sind. Seine Rückkehr nach dem Neuen Palais wird voraussichtlich am Sonntag erfolgen. T Berlin, 5. November. (Telegramm.) Der „N. A. Z." werden neuerdings die in verschiedenen Blättern aus tauchenden Einzelheiten über die beabsichtigte Erhöhung der Beamtenqehältcr als unzuverlässig bezeichnet, va end- giltige Entschließungen noch auSsteben. K. Berlin, 5. November. (P r i v a t t«l e g r a m m.) Generalfeldmarschall Graf Blumenthal ist im besten Wohl sein von seinem Rittergut Quellendorf b«i Cölhen nach Berlin zurückgekebrt. L. Berlin, 5. November. (Privatteleg ra mm.) Der „Nal.-Zkg." wird von vollkommen unterrichteter Seite mit- getheilt, daß die Krankheit des General-Obersten von LoL einen durchaus normalen Verlauf nimmt, daß nicht nur keine Verschlimmerung, sondern vielmehreine Besserunzringetreten ist. — Die Verhandlungen wegen deS Abschlusses eines Handelsvertrages mit Tunis nehmen, dem „Hamb. Eorr." zufolge, «inen günstigen Verlauf. — Die „Post" berichtet: Der deutsche BolkSverein kielt vorgestern eine Versammlung ab, in weicher der jetzige Führer ker früheren antisemitischen Volkspartei, des jetzigen Germanischen Volks-Bundes, HanS v. Mosch, einen Vortrag hielt. Die Neuorganisation der antisemitischen VolkSparlei begründend, bedauerte von Mosch, daß Ahlwarbt und l)r. Böckel als Führer die junge Partei in gewissen- und charakterloser Weise im Stiche gelassen hätten: „In der Partei nahmen daS Spitzel- und Strebrrtbum überhand. Wer irgend über ein gutes Maulwerk verfügte, konnte in der Partei leicht zu Aemtern gelangen. Es kielt manchmal sehr schwer, solche Elemente, die nur das Interesse ihrer Auftrag geber im Auge hatten, wieder loszuwerden." — Herr Ahlwardt, dessen Rückkehr auS Amerika bereits Ende vorigen Monats anzekünbigt mar, kommt nun, wie ein Führer der radikale» Antisemiten der „Germania" versickert haben soll, bestimmt in diesem Monat nach Deutschland zurück. Ob er sein Mandat nieverlegen und nach Amerika zurückkehren werde, stehe noch nickt fest. — Der Preis seiner Manbatsniederlegung scheint demnach noch nicht ausgemacht zu sein. * Altona, 4. November. Der nach dem Entwurf des Architekten Sommerfeld von dem Juwelier Sönuichsen und dem Graveur Kaklbrandt angefertigte Ebrenbürgerbrief für den Fürsten Bismarck ist diesem am 20. Oktober d. I. überreicht worden. Hierauf ist folgendes Dankschreiben au den Oberbürgermeister eingegangen: „Friedrich« ruh, den LL. Lctober 1896. Euer Hochwohl geboren haben mir durch dir Zustellung des Bürgerbriefes der Stadt eine besondere Freude gemacht und ich bitte, den Ausdruck meines verbindlichsten Dankes kür die Ehre wiederholt entgegen zu nehmen, weiche die hohen städtischen Behörden mir durch ihren Beschluß erwiesen haben. Der größten Stadt Schleswig-Holsteins Bürger zu werden, bedeutet nach dem Laute der vaterländischen Geschichte für mich eine der höchsten Au«zeichnung«n und «ine für mich persönlich um so erfreulichere Anerlennung meiner amtlichen Lhäiigkeit, da ich an drr Entwickelung Altonas nachbarliches und nationales Interesse nehme. Die Ausstattung der Urkunde bietet ein glänzendes Zeugniß des Altonaer Kuiistgewerbes, und ich bitte Euer Hochwohlgeboren, meinen Herren Mitbürgern und vornehmlich auch den an der Herstellung betheUigten Künstlern meinen herzlichsten Dank aussprechen zu wollen. o. Bismarck." -i- Altenburg, 5. November. Auch vom König von Sacksen ist der altendurgisch« Staalsmiuister von Hell dorfs durch Verleihung eine« hohen Orden« ausgezeichnet worden, indem er das Großkreuz de« AlbrechtsordenS erhielt. dl. Wern, 5. November. Während des Maurerstreiks im Sommer diese« Jahres sollte der Maurer Tonndorf, der Führer de« Streik», sich gegen tz. 153 del Gewerbe-Ordnung dadurch ver gangen Haven, daß er zu dem nichtstreckenden Maurer Ulitzka in einem Restaurant sagte: „Sei Du nur ruhig. Du bist eia Streik brecher! Du hast 1888 auch nicht weiter gestreikt! Du bist eia Frililletsn. Römischer Üries. «ialdbruck derröten. Noch ist „srllson Monte" für Nom. Sir beginnt im Juli mit den Parlamentsserien und endet im November, wenn die Königsfamilie au« Monza in die Hauptstadt znrücktedrt und die Herren Onorevoli auf Monte Eitorio ihre Sessel wieder einneomen. Bis dahin schläft Rom, denn Nom ist in allererster Linie eine politische Stadt. In diesen Herbstmonalrn gehört es ausschließlich den Leuten mit d«n roihen Neisebüchern und den billigen Nundreiscbillet«. In diesem Jahre hat Vie todte Jahreszeit jedoch eine jähe Unterbrechung erfahren, denn die Hauptstadt rüstete sich zu einem großen Feste, dem die Be völkerung kaum mit weniger Enthusiasmus entgegensab al« der vorjährigen Feier der 25 jährigen Zugehörigkeit Rom- zu dem jungen Königreich. Vor Kurzem bat der Kronprinz Victor Emanuel mit seiner Braut, drr Prinzessin Helene von Montenegro, hier seinen Einzug gehalten und seine Ver mählung gefriert. Noch erbeben sich die Holztribünen auf der mächtigen, fonlainengeschmückten Piazza Termini, nabe dem Babnhof und nabe der Kirche Santa Maria degli Angeli, in welcher die kirchliche Trauung vollzogen worden ist, noch streckt sich di« Via Nazionale, in eine Feststraße utngewandelt, bin, in allen Schaufenstern begegnet man den PortraitS de« jungen Paares, die tbeilnabm-volle Spannung de« Publicum« zeigte und zeigt sich noch in tausend Einzel heiten. Denn eS handelt sich um eine ehrliche Freude drr Be- völkerung an dem festlichen Ereigniß. Nickt nur, daß die Mehrheit derselben von der festen Ucberzeugnng durchdrungen ist, e« bedürfe der savoyischen Dynastie, um den Staat vor innerem Zerfall zu bewahren, sie hängt auch wirklich mit Liebe am König-Hause, und ihre Begeisterung zumal für die schöne Königin kennt kein« Grenzen und hat sich im Laufe drr Jabre nicht abgeschwächt. Der Kronprinz aber ist der einzige Sohn deS Königspaares, und seine Vermählung, die au« diesem Grunde längst bocherwünscht und für die Er haltung drr Dynastie unerläßlich erschien, bat viel länger auf sich warten lassen, alS in den allgemeinen Volkswünschen lag, ! besonder« wenn man bedenkt, wie früh Fürstensöhne und wie früh Südländer zu heirathen pflegen. Außerdem war nickt j unbekannt, daß sich verschiedentlich den Heirathsprojecten der königlichen Eltern für ibren Sobn unüberwindliche Schwierig keiten entgegengestemmt batten, nickt zum Wenigsten weil die savoyische Familie unter dem kirchlichen Bann lebt unv das Verhältniß auswärtiger katholischer Staaken durch eine Ver bindung mit dem italienischen Königshaus« zu dem kirchlichen Oberhaupt« in Rom peinlich batte werben müssen. Auch wußte man. daß der Kronprinz, d«r al« still und verschlossen gilt, gewünscht batte, unvermäblt zu bleiben oder doch nur eine Nrigung-heirath schließen wollte. Eine solche liegt nun offenbar wirklich hier vor, denn politische Gründe können unmöglich bei einer Verbindung mitgesprochen baben, di« Italien in innige Beziehungen zu einem der kleinsten und einflußlosesten Staaten der Welt bringt, mit dem r« keinerlei gemeinsame Interessen ver einigt. Der Jubel de« Volke« erleidet bierdurch übrigen- keinen Eintrag, eber ist da« Gegenibeil der Fall. Außerdem ist ein Conflict mit dem päpstlichen Stubl durch die Heiratb ausgeschlossen, da da« fürstlich montenegrinische Hau« der grieckisch-ortbodoxen Eonfession angebört und der in Folge dessen nothwendige Uebkrtritt der jetzigen Kronprinzessin, — der übrigen- den strengen Vorschriften ihrer Religion direkt zu- wirerläuft und von den russischen Prinzessinnen b«, ibrer Vermählung mit evangelischen Fürsten stet- verweigert worden ist, — di« Eurie nur versöbnlich stimmen kann. Die Ver bindung wird denn auch in päpstlichen Kreisen äußerst günstig ausgenommen. Die Eonvertirung der Prinzessin fand in Bari, gleich nach ihrer Landung auf italienischem Boden, statt, die bürgerliche Trauung im Ouirinalpalast zu Rom und di« kirchliche m der obengenannten Marienkirche. Diese letztere ist in die Ruinen der alten DiocletianSthermen bineiugebaut, ihr später veränderter Plan rübrt von Mickel Angelo her und sie gekört zu dem jetzt aufgehobenen Kartkäuserkloster, das in eine Easerne verwandelt wurde. Daß die kirchliche Ceremonie nickt in einer der großen Basiliken RomS statifinbrn konnte, ist erklärlich, — dir ge wählte Kirche steht unter königlichem Patronat — im Interesse de-Publicum- aber sehr zu bedauern, da die Kirche Maria degli Angeli, wo drr Beichtvater drr Königin unter päpstlicher Duldung den Enkel deS gebannten „Räuber- der päpstlichen Weltherrschaft" getraut bat, nickt groß ist und durch ibren eigenthümlichen Bau die Anwesenbeit einer großen Zubörersckaft ausschloß. Bezüglich der Festlichkeiten war die Parole au-gegeben worden, raß von jeder kostspieligen Feier möglichst abgesehen werden solle, wa- dem sparsamen Sinn der KönigSsamilie dnrckau- entspricht. Man war vor Allem darauf bedacht, Volksbelustigungen zu veranstalten. Da- junge Paar wird nun an den bisherigen Wobnsitz des Kronprinzen, nach Florenz, zurückkebren, später aber nach Neapel über siedeln, wo drr Kronprinz das DivisionScommando übernehmen wird. Die Tochter der schwarzen Berg« wird also über ibrr neue Heimatb schwerlich zu klagen haben . . . Sicherlich nicht zu klagen batte sie über den entbusiastischen Empfang, drr ibr aus italienischem Boden auf Schritt und Tritt bereitet wurde —, seit sie den Fuß in Bari an- Land gesetzt, bi« zu dieser Stunde, wo Tausende vor dem Ouirinalpalast und in den Straßen warten, ob sie sich zeigen, ob sie mit ibrem jungen prinzlicken Gemahl auSsadren wird, um ihr dann zujubeln und sie stürmisch will kommen heißen zu können. Man bat sie sofort „sympathisch" gesunden, und da« bereutet für den Italiener Alle-. Sir vermeidet r« noch, italienisch zu sprechen, aber der Kronprinz hat bei einem der zahllosen Empfänge, welche jetzt die Tage der Iungvermäblten in Anspruch nehmen, die für di« ersten acht Tage im KönigSsckloffe bleiben — in denselben Zimmern, in dcnen der deutsche Kaiser vor drei Jabren gewobnt bat — bereit« verrathen, daß sie e- schon fließend spricht unv nur noch nickt ganz frei von der Furcht ist, Fehler zu macken- Französisch und Deutsch sind ihr sebr geläufig. Daß sie trotz der schönen Königin, die der erklärte Liebling Aller ist und der jungen anmutbigen Herzogin v. Aosta, einer Prinzessin von Orleans, die Herzen gewonnen bat, ist wobl vor Allem ihrer Bescheidenheit und ibrer rührenden Freude über die wahrhaft berzlich« Aufnabme, die ihr von allen Seiten zu Tbeil geworden, zu danken. Auch die montenegrinischen Fürstlichkeiten sind äußerst sympathisch begrüßt worden. Man bat eS sie nickt empfinden lassen, daß man die Verbindung de« Thronerben mit einer Prinzessin au« einer der „großen" Herrscherfamilien lieber gesehen bätte. Die Hochzeitsseierlickkeiieo batten durchaus da- Gepräge eine- Familienfestes. Alle anwesenden Fürstlichkeiten waren Verwandte de- Königs« oder Fürstenhauses, Vertreter fremder Mächte nahmen nicht daran Thdil. Uebermäßizes Gepränge wurde vermieden. Die Situation ist zu ernst dafür. DaS ganze Volk aber feierte mit. Sonderzüge brachleo täglich viel« Tausende von Provinzlern in die Hauptstadt, und vom Morgen bis zum Abend waren die festlich geschmückten Straßen zwischen KLnig-palast und Babnbof von einer freudig erregten Menge durchwogt. Urberall Musik, Blumen und vergnügte Gesichter. Eine harmlose Fröhlichkeit in allen Schichten der Nation: nirgend- gab eS Excesse. Die Bürger meister aller italienischen Städte waren bier und wurden empfangen. Dir Kirche war herrlich geschmückt, ein eigens für die Feier compouirter Hochzeitsmarsch von Bossi leitete di« sich an die Trauung-ceremonie anschließende Musik- aufsübrung ein. Die Illumination der Straßen und die große Girandola auf dem Gianicolo, zu Füßen deS gewaltigen Garibaldi-Denkmal-, verliefen glänzend. Die Revue konnte jedock wegen des völlig infolge der langen Regengüsse durch weichten Boren- nicht auf dem Mar-felve abgedalten werden, wo die Tribünen schon errichtet waren, sondern mußte auf mehrere Straßen und Plätze, die sich leiblich dazu eigneten, veriheilt werden. Die Ordnung war dabei trotz der zahl reichen Fremden und der Truppen, dir au« fremden Garai»
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