Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.11.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961110028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896111002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896111002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-11
- Tag1896-11-10
- Monat1896-11
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Merrd-Ansgave Druck «nb Berla-i ""n E. Pokz tu Leivjl» SV. Jahrgang Dienstag den 10. November 1896. 110,- FanNleton. kl Die Morgen-D-Sgab« erscheint um '/,? Uhr. die Abeud-Au-gabe Dochrntag» um S Uhr. 141, 216, (r»il o,vn. ucks v,32i. s ö-i, 4 8 8'!, 4 316,80 213.20 216.20 280, 264, 125, 380, 90,50 268,- 182.50 160,60 114.50 4010 ISS, 10 167.75 166,- 178,— 114,50 134.75 SS,25 ul»er. z. l'all 0,38), Die heute eröffnete Tagung der belgischen Kammer beginnt unter dem Zeichen einer MinislerkrisiS. Wäb- rend die Presse aller Parteien sich in den letzten Wochen und Tagen mit dem wahrscheinlichen Inhalt de» Entwurfs einer HeereSreform beschäftigte, die dem förmlichen Versprechen deS Krirgsministers und deS Ministerpräsidenten gemäß das Licht der Welt erblicken sollte, war das Schicksal dieser nolh- wendigen Reform bereits entschieden: eS bleibt beim Alten. DaS ist das Ergebniß eine» Ministerratbes. der am Sonn abend unter dem Vorsitz de« König» abgehallen wurde, und der sich mit der HeereSreform beschäftigte. Der Kriegs minister General Brassine bat, wie gemeldet, seine Ent lassung eingereicht. Daraufhin fand gestern Nachmittag unter dem Vorsitz de» Königs abermals rin Minislrrralh statt, dem der Kriegsminister nicht mehr beiwohnte. ES mußte dahin kommt. Daßder großen Mehrheit der verbündeten Regierungen die unwürdigen und undankbaren Angriffe eines Tkeiles der Presse gegen den Fürsten Bismarck „unsympathisch" sind, kann ja keinem Zweifel unterliegen. ES muß ihnen also auch Bedürfnis sein, diese» Gegentbeil von Sympathie zum Ausdruck zu bringen und dadurch wenigstens der „officiosen Demokratie", die in Karlsruhe und Weimar bereits recht klein laut geworden ist, eine Zurechtweisung zu ertbeilen. Das könnte am einfachsten und wirksamsten durch die Erklärung deS Herrn Reichskanzlers geschehen, daß die Kundgebungen des „Reichsanzeigers" vielfach mißverstanden worden seien. Nicht dem Fürsten Bismarck, der ja 1490 nicht mebr im Amte gewesen sei und also auch von den Verhandlungen dieses Jahres keine amtliche Kenntniß gehabt habe, habe der Vorwurf einer Preisgebung strengster Staatsgeheimnisse gemacht werden sollen, sondern seinem unbekannten Gewährs manne. Nach einer solchen Erklärung könnte dann das weitere Eingehen auf den Gegenstand dieser Preis gebung mit der Rücksicht auf schwebende Verhandlungen oder andere Mächte abgelehnt werden. Sollte trotzdem eine weitere Debatte sich entspinnen, so würde den alten Feinden des Altreichskanzlers wenigstens eins ihrer Hauptargumenle entzogen und die Debatte in ein ruhigeres Fahrwasser gelenkt sein. Jedenfalls liegt es im eigensten Interesse der Reichsregierung, wenn sie durch kluges Zuvorkommen eine Debatte möglichst beschneidet. Je höher in einer solchen die Wogen geben würden, um so schärfer würde jedenfalls mit denjenigen Factoren, die das vom Fürsten Bismarck im Jahre 1884 geschaffene und für Deutschlands Sicherbeit so eminent wichtige diplomatische Meisterwerk des deutsch-russischen Assccuranz-AbkommenS — dessen Existenz ja der „Reichs anzeiger" zwar nur inbirect, aber doch unzweideutig zugestanben bat — im Jahre 1890 unter den Tisch fallen ließen, ins Gericht gegangen werden. Anzeigen'PreiS die -gespaltene Peützeile ro Pfg. Reklame«, unter dem RedactionSstrich (4 ge spalten) LO^j, vor den Familiennachrichte« (tzgespalten) 40 Eröhere Schriften laut uaserem Preis- tzerrelchntß. Tabellarilcher and Ziffaaiatz naw höherem Tarif. Annnlimeschlliß für Anzeigen: Abrnd-Nusgabe: Vormittag» 10 UhL Vlorgr«-Ausgabe: Nachmittag» SUHL Vei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. U«-ti-ea sind stet» an di« Erpediti»» zu richten. 89,70 63,- 213,50 Ne-action und LrveMo«: Joh-nnes-asse 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen g«^8«»t von früh 8 bl» Abend» 7 Uhr. klädr. äo. öo. :«aitd. öo. öo. >-rt»»ee, LU«» ior «tu. vumpter „8res!I- pter ,Uooi" von mpter „Vseuasiu" ilswpksr.l'urtsi »menll, Oswpker I- in 8re«l«v, er in I-eiprix- II! Crawls koiu« Is- (811, N Dkl , „8ouu^ (8II! iu ) von Lutverpeo, Ut«r, .?reus»«o' lüuoü«»" Filialen: lktt» Klemm'» Lortim. Mlfred Hahn), UviversitätSskraße 3 (Paulinum), Loni» Lösche, ikatbarmenstr. 14, vart, und König-Platz 7- 149,— 160,- 288,- 168,— 123,- 121.50 II2,— 7l'- 84,- 104.75 100,— 125.50 Hans Jürgen. Roman von Hedda v. Schmid. Nochdrink «ertöten. Herr v. DeverSdorff warf einen Blick auf den Tender. „Kerl, bist Du verrückt!" schrie er, „willst Du mir dir Scheune in Brand stecken und das Rad in die Luft sprengen? Noch fünf Minuten dieses Dreschtempo und der Kessel platzt. Genug, sag' ich Dir, Tu hast dir Sache in Gang gebracht, setzt sollen meine eigenen Leute beizen." „Hoho," lachte der Halbberauschte, „glaubt der Herr, ich verstäube mich picht auf'S Heizen? Und mit der Trunkenen eigenen Beharrlichkeit fügte er hinzu: „Ich will Euch Salisfer'- schen dreschen lehren." „Zurück, sag' ich Dir," donnerte Herr v. DeverSdorff, doch Lvsi-Jahn warf auf s Neue ein paar Holzscheit« in die Flammen. „Bindet ihn!" befahl Herr v. DeverSdorff seinen Leuten, allein Alle wichen scheu zurück. Niemand leistete dem Be- febl Folge, man kannte und fürchtete die Kraft de» mus kulösen Riesen. „Bindet ibn, oder eS geschieht ein Unglück." Und eS geschah ein». Blauroth vor Zorn, ergriff der alte Herr den Schmied beim Kragen, seine Kräfte waren denen seines Gegners wohl gewachsen, mit übermenschlicher Gewalt riß er den Trunkenen von der Locomobile zurück, der Aufseher sprang herzu und stoppte den Gang derselben, dann schrie er laut auf, denn im selben Moment schlug der Körper seines Herrn schwer zu Boden, die Hände, den Kragen des Schmied» loslassenr, griffen noch einmal krampfbaft in die Luft, ein gurgelnder, halb erstickter Schrei entrang sich seinen Lippe», dann schlug er hin wie ein vom Axthieb gefällter Baum. „Er ist todl", schrie der Aufseher, den Kops seine- Herrn stützend. Losi-Jahn war vor Schrecken plötzlich nüchtern geworden „Ich bin nicht schuld daran", stammelte er, „ich habe dem Herrn nichts gethan, Ihr Alle seid Zeugen." Nein, im eigentlichen Sinne de« Wortes war er nicht der Mörder deS leblos Daliegenden, aber dock waren seine Frech heit und Widerspenstigkeit die Todesursache. 9.53 258. IS5,- 247,- 48,10 240,— 84.75 170,75 121 Ä) 1V0.S0 04.5s, 100,k( 101,70 Anzeiger. Nmlskl-L! des Lönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Vottzei-Ämtes der Stadt Leipzig. ur4vr.S.I — .. 8»trIle.I — Irru.slp?! — i«. ü»ok l — ck.L<mk! 124,50 kommen. Am Sonnabend hatten, wie der „K. Ztg." aus Brüssel berichtet wird, die Abgesandten der kleri kalen Wablvereine des Landes eine Versammlung gehalten, die dem Neformentwurf galt. Vertreter der drei verschie denen Richtungen, die in dieser Partei vertreten sind, die Abgeordneten Woeste, Helleputke und De Lantshecre, halten die Verwerfung des Entwurfs für notbwenkig erklärt. Am folgenden Tage berief sich General Brassine im Minister- ratb vergeblich auf die Verpflichtungen, welche die Regierung gegenüber dem Parlament, der Armee und der Bevölke rung eingegangen sei. Er bot Alles auf, um seine Collegen von der Nothwendigkeit der Reform zn über zeugen, und versicherte, daß der Entwurf in der Kammer von 42 Abgeordneten der Rechten im Bunde mit cer Linken durchgebracht werden könnte. Mehrere Minister erklärten, sie möchten nickt, daß ein Gesetzentwurf mit Hilfe der Radikalen und Socialisten zur Annabme käme. Daraufhin erklärte der Kriegsminister auf der Stelle seinen Rücktritt. Seine College» waren nicht wenig betroffen und wollten ihn zum Verbleiben bewegen, allein der General blieb bei seinem Entschluß, und am Sonnlag sah sich der König genölhigt, den einzigen Minister, der dem gegebenen Worte treu bleiben wollte, von seinem Amte zu entbmven. Ter Entwurf war auf folgender Grundlage ausgearbeitet: Abschaffung der Stellvertretung und Erhöhung deS Jahrescoutingenls von l3 300 auf 18 000 Mann, Der General Brassine war nur ringetreten, um die persönliche Wehr pflicht als eine militairiscke und sociale Notbwendigkeit durch- zusühren; er hatte von Anfang an kein Hehl daraus gemacht. Laß er mit einer HeereSreform in diesem Sinne stehen oder fallen würde. Noch vor wenigen Monaten batten andere Minister sich feierlich dazu verpflichtet, den Rrso> mentiourf einzubringen, darunter der Ministerpräsident De Smet de Naeyer. Wird Letzterer nun auch gehen? Er scheint da» Ebrgefübl, das dies erfordert, nicht zu besitzen. Tas Scheitern der HeereSreform verspricht übrigens den Belgiern für die nächste Zeit eine wilde socialistische Hetzerei und für später den gänzlichen Zerfall ihrer bereits gegnügend zersetzten Wehrmacht. Auf dem gestrigen Lordmajor-Bankett in Guildball hielt der englische Premierminister eine bemerkenSwertheRede, in welcher er sich über die Stellung Englands zu den übrigen Mächten wie zu den augenblicklich schwebenden Fragen inler- nalionalen Charakters aussprach. Der Minister äußerte, wie uns gemeldet wird, u. A.: Er glaube, Las «nglische Volk sei jetzt einmüthig gegen ein isolirtes Vorgehen in der Ori«nt-Froge. Wenn man Las Schick- jal der Armenier und der übrigen unter türkischer Herrschaft stehenden Völkerschaften verbrsirrn woll«, lei eS besser, so viel Nationen wie möglich aus der Seile Englands zu haben. Wenn England eine Regierung zwingen wolle, ihre Gesetze zu verbessern, so müsse Eng- land daS Land besetzen. Dazu sei ein großes Heer erfo drrlich; mit der Flotte sei das unmöglich, ohne Aushebung ober könne England kein großes Herr haben. Deshalb schließe England sich dem europäischen Concert an in dem Glauben, Laß die» das beste Mittel sei, Reformen herbrizusühren. Er könne sich der Idee Morley » and Eourtuey's nicht anjchließen, daß England Trrritorialbrsitz aufgebeu müsse, um di« and«r«n Mächte zu versöhn««. Lord Lali»bury fuhr dann weiter fort, er sehe in dem jetzt vorliegenden orientalischen Problem keinen Grund, die bis her »ersolgt« Politik zu verlassen, oder einen Hektar de- Landes auf zugeben, welches England jetzt besetzt halte. Nachdem Lord Salis bury dann Kckchrnrr Pascha« und Lord Eromer's anerkennend gedacht Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. November. Noch steht es nicht fest, ob eine der Fraktionen deß Reichstags in dem beute beginnenden zweiten Tagunas- abscknitte die vielbesprochenen Enthüllungen der „Hamb. Rachr." zur Sprache zu bringen gedenkt und in welcher Form die» eventuell geschehen soll, aber eS bat sich bereit em Streit darüber entspannen, sb die Negierung zu einer Erklärung sich bewegen lassen, oder eine solche ablelmen werde. Der „Hamb. Corr.", der zuweilen auS officiosen Quellen schöpft, meint, die Negierung werde eine Inter pellation nickt beantworten, die „Post" ist anderer Ansicht: „Muß auch zunächst abgewartet werden, welche Form die Inter pellation im Reichstage haben und wie sich die Debatte aus ihrem Anlaß entspinnen wird, so darf man doch erwarten, daß die Regierung, soweit nicht Staatsgeheimnisse in Betracht kommen, Erklärungen abgeben wird. Das aber scheint un? im Interesse der Sache sebr nothwendig. Ge- rächte, wie sie jetzt hin- und herfliegen und namentlich heute wieder die Gehässigkeiten in bedauerlicher Weise vergrößern Helsen, sind sehr unwürdig und können das Ansehen des Reiches nach außen nur schädigen. Wir hoffen, daß eine offene Aussprache in den nächsten Togen den gordischen Knoten, der immer mehr verschlungen wird, mit einem Schlage lösen und damit den unerquicklichen Zwischenfall endlich aus der Welt räumen wird." Uns selbst wird aus Berlin von einer Seite, die wir für genau informirt halten, zu der Frage Folgendes geschrieben: „Wir glauben kaum, daß die Regierung von dem im „Relchs- anzeiger" wiederholt festgelegten Standpuncte, nur die formelle Frage der Sache erörtern, sich aber auf die Sache selbst nicht näher einlassen zu wollen, abgehen werde. Wir glauben aber auch nicht, Laß mit einer „offenen Aussprache" irgendetwas erreicht werden würde. Der Verlauf der ganzen Angelegenheit hat bewiesen, daß persönliche Anhänglichkeit auf der einen, tzersönliche Feindschaft auf der andern Seite in allen Fällen, in denen Fürst Bismarck in Frage kommt, so stark wirken, daß die Sachlichkeit darunter schwer leidet. Eine Reichstagsdebatte würde in dieser Hinsicht kein besseres Bild geben, als die lang andauernden Preßerörterungen es gethan haben, und die Regierung würde weder sich, noch dem Fürsten Bismarck, noch dem Ansehen des Reiches einen Dienst erweisen, wenn sie in die Debatte eingriffe und eine Klarstellung versuchte, die doch nur zur Folge hätte, daß jede» Wort je noch Partei stellung des Redners umgedeutet werden würde. Der derzeitigen Negierung sind, das wissen wir genau, die heftigen An griffe, die von verschiedenen Seiten wegen der Ent hüllungen auf den Fürsten Bismarck erfolgt sind, nicht sympathisch; andererseits aber hat sie keinen Zweifel daran gelassen, daß sie die Enthüllungen nicht billigt. Die Darlegung dieses Standpunktes im Reichstage würde nur Angriffe von beiden Seiten Hervorrufen, und daran kann der Negierung nicht» liegen." Unsers Erachtens würde eS ein schwerer Fehler sein, wenn die Regierung eine Antwort auf eine an sie gerichtete Interpellation unter Berufung auf die Erklärung des „Reicks anzeigers" ablehnen wollte. Eine solche Ablehnung würde keine Seite de« Hauses befriedigen und den Streit in der Presse nicht nur verewigen, sondern auch auf die Regierung auSoehnrn. Ist eS dieser aber wegen schwebender Verhand lungen mit anderen Mächten unbequem, auf eine eingehende Erörterung der Dache sich einzulaflen, so wird sie den richtigen Weg einschlagen, wenn sie einer Interpellation zuvor- Gezrrgs'PreiS t» d«r Hauvtrxpeditio« od«r d«u st» Stadt, biairk mid den Vororte« errichtet«« Auö- aaorstrllrn abgrdolt: vierteljährlich^-4.-0, hei zwrimalioer täglich,r Zustellung ins Hau» 5.S0. Durch die Post bezogen für Deutschland und L«st«rreich: rierteliöbrlich > 6.—. Direkte tägliche krruzbaodi«adu«g in» Ausland: «osallich «sll 7L0. Extra-vrila-en (gefalzt), nur mit der Morgen-Aueaake, ob ne Postbesorderung SO.—, mit Postbesorderung 70.—. Indem zuMainz erscheinenden nationalliberalenPreßorgan empfiehlt einNationalliberaler den dortigen Parteigenossen bei der Stichwahl zwischen einem focialdcmotratischen und einem LentrumS-Canrikaten Wahlenthaltung. Giebt die locale Parteileitung diese Parole auS, so wird damit formell das selbe Verbalten beobachtet, zu dem die Klerikalen vor der Wahl in Dortmund, wo in der Stichwahl die Entscheidung zwischen einem Socialdemokrateu und einem Nalionalliberalen zu treffen war, sich entschlossen haben. Formell, denn in Dortmund balle sich die klerikale Parteileitung tbatjächlich nicht neutral verhalten, sondern für die Wabl deS Socialdemokralen gewirkt und sie auch durchgesetzt. Was in Donmund ge schah, ist übrigens herkömmlich; das Centrum Hal von jeher die Socialdemokratie gegen die nationalliberale Partei unter stützt, und in der Nabe von Mainz, in Hanau, ist es einmal Herrn Windtborst dokumentarisch nackgewiesen worden, daß er die Katholiken zur Wahl eines mit einem Nationalliberalen zur Stichwahl stehenden atheistischen Socialdemokrateu auf gefordert hat. Wiedervergeliung üben also die Mainzer Nationalliberalen nicht oder nur sehr unvollkommen, wenn sie sich der Wahl enthalten. Eine thatsächliche Repression würde das Eintreten für den Socialbemokraten erfordern. Eine solche Entscheidung ist aber unmöglich, und diese für jeden Nationalliberalen uozweifelbaste, auch in der Zuschrift des Mainzer Blatte» betonte Unmöglichkeit einer direkten Unter stützung müßte nack unserer Meinung dazu führen, daß auch die indirekte Erleichterung de» socialdemokratischen Siege« für unzulässig erachtet wird. Man wird unS nicht den Vorwurf machen wolle«, wir, als in einem protestantischen Bundesstaate lebend, machten uns Illusionen über den Charakter deS UltramontaniSmuS. Wir haben oft genug erklärt, in nationaler Hinlickt einen praktischen Unterschied zwischen Centrum und Socialdemokratie nicht zu erkennen, und was die bürgerliche und politische Freiheit angeht, so wird in der Mainzer Empfehlung der Wahlentbaltung mit Reckt an die Anträge Rinteleu'S zur „Umsturzvorlage" und an die dieWiedervorlegung deS Zedlitz'scken Schulgesetzes bezweckenden ultramonianen Be strebungen erinnert. Aber die Socialvemokratie zum Schaden vieser Partei zu stärken, wäre selbst dann verfehlt, wenn eS so wahr wäre, wie es falsch ist, was die Zuschrift be merkt, nämlich daß da- Bürgertbum von der Secialbemokratie „nichts zu befürchten" habe, daß sie ihren Höbepunct längst überschritten habe und ter Socialpolitiker überall den hippo kratischen Zug an ihr erkenne; denn dann bliebe nocv immer ver Unterschied besteben, daß die Socialtemokralie das Vater land und die bestehende gesellschaftliche Ordnung grunvsätz lich verwirft, während das Centrum in letzterer Hinsicht sich von den bürgerlichen Parteien nickt ausschließt und den National staat anerkannt hat. Es heuchelt in diesem Puncte, zugegeben. Aber ein Fall wie der Mainzer fordert nicht, ein Zcugniß für die Reichstrene des Centrums abzulegen, sondern er stellt vor Allem die Aufgabe, die nalionalliberalen Wähler nicht an ihrer Partei irre werden zu lassen. Was soll der einfache Mann denken, wenn ihm im schroffen Widerspruch mit der bisher bekundeten nalionalliberalen Auffassung zu verstehen gegeben wird, die Verleugnung von Vaterland und Cultur, die daS Wesen der Socialdemokratie ausmacht, sei nicht das Schlimmste, was ein deutsch empfindender Mann zu fürchten habe? Sodann aber ist auch Rücksicht auf diejenigen klerikalen Wähler zu nehmen, bei denen in Folge der ulira- montanen Umgarnung die Eigenschaften, die den patriotischen Staatsbürger kennzeichnen, zwar mehr oder weniger latent geworben, aber keineswegs verloren gegangen sind. Wenn jener unheilvolle Einfluß sich mindert, dann wird sich eine Partei wie die nationalliberale bei diesen Elementen mit Erfolg darauf berufen können, daß sie die Sache der bestehenden Ordnung keinem Gegner zu Leide preisgegeben habe, mit um so mehr Erfolg, als das kirchliche Centruin durch die Förderung der religionsfeindlichen Socialdemokratir einer inneren Un- wahrbaftigkeil sich schuldig gemacht, die erkannt werden wird, sobald einmal die Massen der Cenlrumswähler über die politische Natur dieser Partei nachzutenken begonnen haben werken. Die Hoffnung, daß dies nicht ausbleiben werde, baden die Nalionalliberalen deS Westens und Süden- niemals aufgegeben, und deshalb zeichnet ihnen die politische Klugheit dasselbe vor, waS die Bekennlnißtreue gebietet, nämlich die Bekundung einer Gesinnung, die das Zurückstehen von der Bekämpfung der Socialdemokratie nothwendig ausschließt. Ein starres Entsetzen hatte sich der Knechte und Tage löhner bemächtigt. Der Aufseber und zwei Knecht« hoben den schweren Körper ihres Herrn behutsam auf und trugen ibn dem Herrenhause zu. Der ganze Haufe Leute drängte nach, Weiber und Kinder schlossen sich an, und so bewegte sich der traurige Zug dahin. Ein guter, edler Mensch war r«, der durch so jähen, un mittelbaren Tod zu seinen Vätern versammelt worden. Als, zwei Stunden später, der Kirchspielarzt eintraf, ronstatirte er durch Schlagstuß «ingetretraen Tod. Ein Blut gefäß in d«r Herzgegend war gesprungen. — Die graue Dämmerung de» Herbsttages senkte sich auf Salisfer herab. Im Wohnzimmer aufgrbahrt lag die Leiche be- alten Mannes, der, ein strenger, aber gerechter Herr, lange Jahre hindurch den schönen Besitz verwaltet. Zu Küßen des Lager- lag Uokas regung-lo-, d«a Kops auf die Vorderpfoten geneigt, im Nebrngemack hört« man Mamsell leise vor sich hin schluchzen und am Fenster des Toblenzimmer-, in die Schatten der Dämmerung hinaus- starrend, saß Irma, im schwarzen Kleide, die Hände im Schoß verschlungen. Sie batte sich müde geweint; nun saß sie da, thränenlos. Bei Fremden war sie ausgewachsen, ein richtig«- Heimathsgesübl hatte sie nicht gekannt seit ihre Mutter gestorben; endlich batte sie sich geborgen gesuhlt unter dem Schutz ihres alten GroßoheiniS, den sie während der kurzen Frist ihres Aufenthaltes ia Salisfer von Herz«» lieb' gewann««, An ihren Vater knüpften sich für sie keine besonder- in haltsvollen Erinnerungen. Bei de« kurzen Besuche», die er ab und zu seiner Tochter geschenkt, hatte «r sie in pathetischer Weise seine« „einzigen Trost" genannt, der ibn nach allen Enttäuschungen,- welch« er auf seinir Küostlerlaufbahn er leide, «rquick«. Er versprach Irma, ihr dereinst ein glänzende» LooS zu bieten, freilich, der Weg zur Bühne bliebe ihr verschlossen, weil er ihrer sterbenden Mutter io dir Hand gelobt, das Kind nie zu einer Bühnenlaufbahn zu erziebrn. Doch sonnen sollte sie sich im Abglanz seiner Erfolge. Allein Irma verhielt sich diesen mit vielfachen Gesten vorgetragenen väterlichen GesüblsauSbrüchen gegenüber ziem lich kühl, sie blickt« nur erstaunt aus ihr«« großen Kinde« äugen auf d«n geckenhaft gekleideten Mann, der fortwährend Besuch wäre in letzter Zeit nur störend gewesen, denn . . ." Irma errölbete und brach ab, sie konnte dock unmöglich daS, was der Verstorbene gesagt, wiederholen: „Do lange man in Hobenort nicht davor sicher ist, dem Firlefanz, d«m Han- Jürgen, jeden Tag zu begegnen, setze ich nicht meinen Fuß dorthin. Wenn der HockzeitStrökel vorüber ist und die beiden Alten wieder gemüthlich allein sind, dann wollen wir hiofabren." „Ich weiß, ich weiß," sagte die Baronin, „Ihr Groß onkel haßte jeden Trouble und bei u»S herrschte ein recht bedeutender in den letzten Wochen, Dock seit gestern ist eS still geworden bei uns, unser liebes Kind hat uns verlassen; Sie müssen fürs Erste nun unser Haus als Ihre Heimath betrachten, die nölbigen Vorbereitungen zum Begäbniß Ibre» Großonkels werden mein Mann und ich treffe». Jetzt kommen Eie, Irma, so heißen Sie dock, nicht wahr, ich helfe Ihnen Ihre Sacken pqcken, nehmen Sie nur Las Noth- wendigste mit, Mamsell kann Ihnen aste- Andere ngcystncen." Die energische, mütterliche Art der Baronin thqt Irma ungemein wohl. „Wie soll ich Jbnen danken." flüsterte sie, die Hayh der Dame ergreifend und einen Kuß auf dieselbe drückend, „ich bin Jbnen doch fremd, ganz fremd, und S>e,,." „Wir werden einquder schon kennen lern«»", schnitt die Baronin jede weiteren Danke-Wyrte gb, „unv hoffentlich recht gute Freunde werhen." Eine Viertelstunde später rollte Irma neben ihrer gütigen Beschützerin auf der Landstraße dabin, Sic wqr noch betäubt von der neuen Wendung, welche ibr Geschick so plötzlich genommen; das Web über Yen Verlust ihres väterlichen Freundes brannte in ihrem Herzen, aber es war gelindert durch da- Bewußtsein, daß hilfreiche Hände die Waise stützten und hielten. In feinen Schauern begann es zu regnen, dann blitzten Lichter in ter Fern« auf, rasch näberte sich die Equipage den selben, die Näder knirschten über een feinen Kies, die Kalesche hielt und eine neue Hejmath nahm Irma auf. Tie Baronin Hobenort gehörte nicht zu jen«r Sorte Schwiegermütter, welche es für ibr? heilige Pflicht hallen, sich sofort mit mütterlichen Rathschlägen in hie eben be gonnene Häuslichkeit ihrer Kinder zu mischen, obzwar die Schwiegermütter tief «mpörk sind, wenn man da» was bei ibnen unter der Rubrik „Interesse" verzeichnet steht, „sich hincinmischen" nennt. mit beiden Händen durch sein Lockenbaar fubr und bei jeder rffectvollen Satzwendung in den Spiegel schielte. Ja, Irma albmrtr auf, wenn ihr Vater „dem Rufe Tbalia»", wie er sich ausdrückie, folgend, wieder auf längere Zeit ihrem Gesichts kreise rntsckwanv. Wie ander- dagegen hatte sie die schlichte, oft derbe Art ihres Großonkels angemuihrt, zu ihm batte sie sich ver trauensvoll hiogezogen gefühlt; gleiche- Blut pulsirte in Beider Adern. Und nun stockte alles Leben ia dem so starr daliegenden Körper. . . . „Großonkel, lieber, guter Großonkel", flüsterte Irma ton los, da vernimmt sie Rädergerassel, rin» Kalesche kommt in raschem Trabe di« breite Allee herauf uad hält vor der Veranda. Ein Diener in dunkler Livree springt vom Bock, öffnet den Schlag und hilft einer stattlichen Dame aus dem Wagen. „Die Hobenort'sche Frau", flüsterte Mamsell, ibre rots geweinte Nasenspitze zur Thür hereinsteckend und dann eiligst verschwindend. Da tritt die Baronin Hohenort auch bereits unangemeldet über die Schwelle und auf Irma, die sich er hoben bat und schüchtern dasteht, zueilend, schließt sie dieselbe ohne Weiteres in ibre Arme. „Mein armes Kind," sagt sie, „das ist ein harter Schlag für Sir, und hier können Sie nickt bleiben, die Herren vom Gericht werden noch heute hier eintreffen, um Alles zu ver siegel». Ich bin gekommen, um Sie zu uns nach Hohenort zu holen. Sir können mir vertrauen, ick bin eine alte Freundin Ihre« lieben Großonkels, den Gott der Herr so unerwartet, so aus dem frischen Schaffen und Wirken heraus abberufen hat." Die Baronin trat an die Leiche heran, deren Gesicht mit einem weißen Tuch« bedeckt war und sprach, gesenkten Hauptes mii gefalteten Händen, lautlos Vie Lippen bewegend, ein Geb«t. „Friede sriner Asche," schloß sie in gedämpftem Tone, ,es war ein ekle» und treues Herz, das hier in dieser Brust zur ewige» Rübe eingegangen, die Erde wird ihm leicht sei»." Dann wandte sich die Dame wieder Irma zu: „Hätte Zhr lieber Großonkel gelebt, er hätte Sie mir zugesührt, mein liebe« Kink, ich bin davon überzeugt. Er war rin Sonderling, der wenig mit Menschen verkehrte, aber nach Hobenort kam er gern, da» weiß ich." „Großonkel sprach davon", erwiderte Irma leise, „mich Ihnen, gnädige Frau, vorzustrllen. Er meinte aber, unser rsrt >iir. 8süu. -ex., eou« ! s««l«r 'I'i-edsi- 881 ,75 6u»ua 81,50 ds — ls«e barx kr. >. le Kall lrurr tlLQ-ViSV Oz-a-r». w«r llilLIIW .v. dnkts ilircde« »er ii» . Iilovck kLoketk. a kaclüu ldöra«: Llatt »vt vUIu»».) V«ireu ovswdsi 131,— <«., Oecemder 41,90 .L, okf. n. K. rblior« Let.-Sp. <1o. S tv-Lrsuv tr. o. 0o.8o.-U Lome t>L.-L. 0 kian-o lil.-L.-L. r.-L. Uv. Oku.tlk. Ualrlad. L. Litdla L.^riptis 1. kobso. o.<8olbr.) N«>anr.) .6UM.-L. Ublst-L. Isb.Slsd. .d-toü-k'. >.^.et.-8o. -8p.li.VV. '. L. V.-L. Ksu-X. 8tei«lr. lia. oo» sreio letisa bavic 0oo»s , , tisluaösr 8 — Uootall Lotisil 84,30 158.50 ilam 99.20 08 klLt« S8.8.j VV«cii»sI 119,85 Wscüüs 47.55 9,53 iisll 58,83 iokllorso 1.27-, 8ule»roo 111.- 0UP0QS 242 — , m 8t»atsdLho, Uiu. Vmö.Lre 81 63-, kortax. 25-2 dsairl. 97 s 29 , ia« s.« r«a 2 Lkv« 8I^it » (neueste! 98 6) »cout 29'».° c xeliULSsij Uiu. mi-imk 535,— lus». Lui 57.62>. ato 628,— rtuxis-eu 'urksuloo — SS 96,— sisssn 25,62 äiseoLt s. iörss vur reckt eio mstter odne x xut delrsuptet. v.) k r j o r. ekiu.Lill. 107 20 Uo <lo. 98,25 iolärsuts 103.60 croueur. 100 — L«r. Lui. 89,50 .^ieuk-kr 53,40 kue.III.0. —— OKI. Oert. u ?sc>üc 55.75 «ld.krior. 85.10 a. Lie.-kr. 79.30 ir.0eut.-8 132,00 XorUostd. 127 50 rluioud. 84 10 iriaiouLlb 119- luesikuku 93 70 -iioploo 95 50 Ivv.-L.-8. VI^VNI 145 30 103.75 k.r.Ootkil 125. - buuk 159,o0 »eKeLauk 124 25 la->k.8t.-L 88,25 l-Io^a 114.10 k, Uierkr. 201 — k,UoulLll 185,— Lückert. 171.40 Zp(8oldr.) 121.— . (Hertiu.) 18325 r. »rk.-V. 121.2-, tt. 8cköud 265-1 Lsssr 8275
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite