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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990509022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899050902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899050902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-09
- Monat1899-05
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BezugS'PreiS 1» der tzauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten AuS- aabestellen ab geholt: vierteljährlich ^l4.öO. oei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- b.bO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich «^l 6.—. Direkte tägliche KreuzbandienditNg in- Ausland: monatlich 7.bO. Die Morgen-Au-gabe erscheint nm '/,? Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentag- um ü Uhr. Ne-action und Expedition: AohanniSgafie 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Dtt» Nlemm'S Sortim. (Alfred Hahn), Universität-straße 3 (Paulinum-. Louis Lösche, Latharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. N-WMr.TagMM Anzeiger. Ämtsvtatt des königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes nnd Nalizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. AnzeigenPreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redaction-strich (4gv» spalten) b0^, vor den Familiennachrichteu (6gejvalten) 40/H. Größere Schriften laut unserem Prei-- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarts. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung M.—, mit Postbesörderung 70.—. Ilnnahmeschlnß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig 23t. Dienstag den 9. Mai 1899. 93. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 9. Mai. Die „Nat.-Ztg." knüpft an die vom „Genossen" vr. Eduard Bernstein erbrachten Nachweise, daß die ganzen Voraussetzungen des Erfurter Programms, die Krisen-, Verelendungs- und Zusammenbruchstheorie, sich angesichts der Thatsacheu nicht mehr halten lassen, ziemlich weitgehende Hoffnungen bezüglich einer „Mauserung" der Social demokratie. Möglich, daß sich diese Hoffnungen in ferner Zukunft einmal erfüllen; so lange aber die jetzigen Führer am Ruder sind und der von ihrem Geiste erfüllte Nachwuchs die Mehrheit in derPartei bildet, glauben wir an eine Mauserung nickt. Wohl aber müssen wir der „Nat.-Ztg." darin beipflichten, daß es bedauerlich sei, wenn der auf die politisch-radikale Erregung der Massen gerichteten Arbeit der Herren Liebknecht, Singer rc. immer neue Vorwände von Organen der Staatsgewalt geliefert werden. Einen solchen Anlaß findet das genannte Blatt in einem Urtheile der Straf kammer in Frankfurt a.M., das über den Redakteur eines dortigen socialdemvkratischen Blattes, der eine abfällige Kritik an der Thronrede zur Eröffnung des Reichstags geübt hatte, deshalb wegen MajestätSbcleidignnft eine viermonatige Gcfängnißstrafe verhängt hat, in deren Begründung es heißt: „Nach Art. 12 der Verfassung des deutschen Reiches steht es dem Kaiser zu, den Reichstag zu eröffnen und zu schließen. Das Recht dazu hastet also ganz eigentlich der Person des Kaisers an. Die Thronrede, mittels deren dieses Recht ausgeübt wird, kenn- zeichnet sich daher als Aeußerung der persönlichen Meinungen, Wünsche, Mittheilungen und Vorschläge des Kaisers, allerdings nicht als Privatmann, sondern als des an der Spitze des deutschen Reiches stehenden und in seinem Berus wirkenden Fürsten. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, daß die Eröfsnungs-Thronrede, gleichwie die dann folgenden Gesetzes vorlagen im Grunde die Meinung der verbündeten Fürsten oder der verbündeten Regierungen wiedergeben, so macht sich doch jeder Redner, er müßte denn nur referiren oder seine eigene abweichende Meinung zum Ausdruck bringen, die ihm etwa fremd gewesenen Gedanken dadurch zu eigen, daß er durch Vortrag oder Vortragen, lassen seiner Rede auch diese Gedanken als die seinigen ausspricht." Die „Nat.-Ztg." fühlt sich durch dieses Urtheil und seine Begründung an die vor einem Menschenalter von Gneist ausgesprochene Klage erinnert, daß die Ausbildung unserer Richter, die sie zwar zur sicheren Entscheidung aller Streitig keiten Uber Mein und Dein befähige, gegenüber den Vor gängen des öffentlichen Lebens zuweilen in verhängnißvoller Weise versage, — und fährt dann fort: „Allerdings steht nach Art. 12 der Verfassung dem Kaiser die Eröffnung und Schließung des Reichstags zu. Wie weit er in der Thronrede in Uebereinstimmnng mit dem Bundes- rathe spricht, kann hier dahingestellt bleiben. Aber der Art. 17 sagt, daß „die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers zu ihrer Giltigkeit der Gegenzeichnung des Reichs kanzlers bedürfen, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt." Bei der Eröffnung und dem Schluß des Reichstags wird die Uebernahme der Verantwortlichkeit für die Thronrede sogar symbolisch dadurch ausgedrückt, daß der Kanzler sie dem Kaiser zur Verlesung überreicht. Handelte es sich nur darum, dem Kaiser die Mühe des Mitbringens des Schriftstücks zu ersparen, so würde wohl ein Flügeladjutant oder ein Kammer Herr dies besorgen. Wir wissen nicht, ob das Concept der Rede, die notorisch in den Reichsämtern ausgearbeitet wird, eine Gegenzeichnung des Reichskanzlers erhält; wäre dies nicht der Fall und wollte man die Ueberreichung der Rede an den Kaiser vor dem versammelten Reichstag nicht als Bekundung der Uebernahme der Verantwortlichkeit ansehen, so könnte man aus dem etwaigen Fehlen der Unterschrift des Kanzlers durch einen Exceß des Scharfsinns allenfalls folgern, daß — die in der Rede ausgesprochenen „Anordnungen und Verfügungen" keine Giltigkeit besäßen, aber nimmermehr, daß sie nicht unter der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers oder seines Stell- Vertreters stattfinden. Das Frankfurter Urtheil stellt die Freiheit der Meinungsäußerung über Thronreden für alle Parteien in Frage. Eine andere dortige Straf kammer soll die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen des unter Anklage gestellten Artikels abgelehnt haben, was sehr begreiflich sein würde. Vielleicht schließt das Reichsgericht sich ihrer Auf- sassung an. Vorläufig aber können die socialdemokratijchen Agitatoren einen neuen angeblichen Beweis der „Verfolgung" ansühren, mit der ihre Partei heimgesucht werde, einen neuen Beleg für die Ver- blendung der „Opportunisten" in der Partei." Die „Nat.-Ztg." hätte noch weiter ansühren können, daß nicht nur die durch Art. 30 der Verfassung geschützten Reichs boten, sondern auch Corporation en aller Art direkt zu einer Kritik der von der Thronrede in Aussicht gestellten und dann im Namen des Kaisers an den Reichstag gebrachten Vorlagen aufgcfordert werden. Auch diese Corporationen müßten, wenn die Frankfurter Entscheidung maßgebend wäre, abfällige Kritiken als Majestätsbeleidiger mit Gefängniß- strafe büßen. Za, nach Analogie der Ausdeutung des Art. 12 der Verfassung müßte aus Art. 17, nach dem dem Kaiser die Ausfertigung und Verkündigung der Reicksgesetze zusteht, gefolgert werden, daß jede an bestehenden Reichsgesetzen geübte abfällige Kritik als Majestätsbeleidigung anzusehen und zu ahnden wäre! Der Papst, Der die D e u t s ch e n Katholiken jüngst dadurch erfreute, daß er die Franzosen die „vor allen edle und hohe Nation" nannte, bereitet für Vie gläubigen Deutschen römisch- katholischer Confessio» eine neue Ehrung eigener Art vor: er will, wie nach dem „Berl. Tagebl." aus vatikanischen Kreisen verlautet, in Folge des Ablebens des Cardinals Krementz im nächsten Consistorium dem Erzbischof I>r. von Ttablcwski den Purpur verleihen. Der römische Korrespondent des „Berl. Tagebl." fügt Vieser Meldung folgenden köstlichen Commentar hinzu: „Die Creirung eines neuen deutschen (!) Cardinals erscheint den deutschen (!) Kreisen durchaus noth- wendig, da die 20 Millionen deutscher Katholiken zur Zeit nur mehr einen einzigen in Deutschland residirenden Cardinal haben, während das kleine Spanien allein 5 Cardinale besitzt." — So wenig wir uns wundern würden, wenn Erzbischof vr. von Stablewski den Purpur erhielt, so wenig können wir in Herrn von Stablewski, obwohl er in Deutschland residirt, einen Deutschen erblicken. Wohl hat Erzbischof vr. v. StablewskiHirtenbriefe er lassen, die in salbungsvollen Worten feine Diöcefanen er mahnten, mit den Deutschen 'Frieden zu halten. Aber anderer seits fehlt es nicht an offenkundigen Beweisen 'dafür, daß dem Erzbischof Die deutsch-feindliche, nationalpolnische Propaganda willkommen ist. Wäre Dr. von Stablewski wirklich deutsch gesinnt, so würde er in den ersten Tagen dieses Monats es sich verbeten haben, daß wieder, wie seiner Zeit in Opalcniha, eine Reiter-Escorte in polnischer Nationaltracht seinem Wagen folgte. Wäre Erzbischof von StablewSki wirklich deutsch gesinnt, so hätte er dem rabiaten deutsch-feindlichen Probst AnDersz in Slupia nicht, wie damals der „Wielkopolanin" frohlockte, „fürsorgliche Liebe" gewidmet, indem er ihn nach der fetten Probstei Skarbos- zewo versetzte; auch hätte er deutsch-katholische Ansiedler nicht so lange auf 'deutsch-katholische Geistlich« warten lassen, ganz zu schweigen von der übergroßen Zurück haltung, die er im Allgemeinen gegenüber den Wünschen seiner deutschen Diöcesanen an den Tag legt. Daß unter diesen Um ständen die Ernennung Or. von Stablewski's zum Cardinal nicht nur nicht als eine Erfüllung berechtigter deutscher Wünsche an gesehen werden kann, daß sie vielmehr als eine Förderung ver national-polnischen Propaganda betrachtet werden muß, darüber ist sich die Kurie ohne Zweifel vollkommen klar. Aber es kommt der Kurie darauf an, im Cardinalscollegium den deutschen Ein fluß so viel wie möglich niederzuhalten, und deshalb wird sie mit Vergnügen demjenigen in Deutschland residirenden Priester den Purpur verleihen, der kein Deutscher, sondern ein Pole ist. Sie kann sich das um so eher gestatten, als Di« Centrums partei jeden Widerspruch deutscher Katholiken dagegen im Keime zu ersticken sich bemühen und den kriirms I^olouiuo willig als „deutschen" Cardinal begrüßen wird. Es ist von dem englischen Colonialamte bekanntlich in Abrede gestellt worden, daß Chamberlain an die TranS- vaalregicrnnn eine drohende Note gerichtet habe. Nun, richtig ist jedenfalls so viel, daß eine telegraphische Note, mag sie nun mehr oder weniger entschieden gefaßt gewesen sein, nach Pretoria abgegangen ist, denn auf eine Anfrage in der gestrigen Unterhaussitzung hat Chamberlain selbst den an geblich verletzten Artikel (14) der Londoner Transvaal- Convention angegeben. In der Republik ist man der Ansicht, daß die Note der Vorläufer ernster Ereignisse ist. So erfährt die Londoner „Morning Post" auS Johannesburg vis. Natal, daß man dort sehr an einen Krieg denke; Familien bereiteten sich vor, das Land zu verlassen, und die Buren seien ossiciell benachrichtigt worden, sich auf ernste Eventualitäten vor zubereiten. Auf dem Fort Kerrsche seit den letzten Wochen eine noch nickt dagewesene Thätigkeit und Militär-Patrouillen suchen im Norden der Stadt die Trcffweite festzustcllen. Auch in den Tranövaaler Negiernngskreisen nimmt man die Lage ernst genug, wie aus folgender Meldung hervorzugehen scheint: * Pretoria, 8. Mai. (Reuter's Bureau.) Der Aussiihrende Rath verhandelte heute Morgen über die auswärtigen An gelegenheiten. Heute Nachmittag hielt der Erste und Zweite Volksraad aus Verlangen des Präsidenten eine geheime Sitzung ab, bei der die Mitglieder des Ausführenden Rathes anwesend waren. Wenn England jetzt nicht kurzen Proceß macht, so liegt dies offenbar nur daran, weil es die Stimmung der Uil- landers selbst, soweit diese nicht vom Thnamitmonopol berührte Capitalisten sind, gegen sich hat. Die von 9000 Uitlanders unterzeichnete, schon kurz skizzirte Petition an die Transvaal-Regierung hat folgenden Wortlaut: „Ihre Petenten gestatten sich, die folgenden Thatsacheu zu Ihrer Erwägung zu unterbreiten: Daß wir Alle Uitlanders sind — Briten, Amerikaner, Deutsche, Franzosen, Holländer und Unterthanen anderer Nationalitäten und daß uns mitgetheilt worden ist, daß eine von etwa 21 000 Individuen unterzeichnete große Petition an Ihre allergnädigste Majestät, die Königin von England, gesandt worden ist. Wir wissen sonst von dieser Petition nicht viel. Es wird in der besagten Petition behauptet, daß die ehrenwerthe Re gierung der südafrikanischen Republik Leben und Eigenthum nicht schützt; daß Leben und Eigenthum der Petenten in Gefahr schweben, was wir hiermit energisch in Abrede stellen; daß die besagte Petition ferner behauptet, daß die Verwaltung im All- gemeinen so schlecht und verderblich für sie und das Land ist, was wir gleichfalls in Abrede stellen; daß Ihre Petenten von höchst verläßlicher Quelle erfahren haben, daß die an Ihre Majestät die Königin von England abgesandte Petition von den Capitalisten ins Werk gesetzt worden ist, nicht vom Publicum, und es verderblich für das ganze Publicum sammt den Uitlander- sein würde, wenn die Capitalisten ihren Zweck erreichten; daß Ihre Petenten Ew. Ehren die vollste Versicherung zu ertheilen wünschen, daß sie völlig zufrieden mit der Regierung des Staates sind und dessen Verwaltung. Wir sagen nicht, daß diese Regierung ohne Fehler ist, aber wir wissen und sind überzeugt, daß, wenn irgend welche Beschwerden bestehen, diesen bald unter uns und der Regierung abgeholsen werden könnte, ohne Einschreiten einer aus ländischen Macht und ohne den Rath der Capitalisten. Deshalb bitten Ihre Petenten ergebenst, daß von Ew. Ehren Abschriften dieser Petition an die verschiedenen Regierungen, denen wir angehören, besonders an die englische, amerikanische, deutsche und nieder- ländische, gesandt werden. Wir hoffen, daß dadurch alle Mißver- ständnisse und falschen Berichte von angeblichen Beschwerden auf alle künslige Zeit außer Acht gelassen werden." Diese Hoffnung tbeilen wir jetzt freilich nickt mehr, nachdem auf die bekannte Kaiserdepesche an den Präsidenten Krüger die deutsch-englische Verständigung über Südafrika gefolgt ist. Angeblich werden die FriedcnSverhandlungen auf den Philippinen auch jetzt noch, ehe die tagalische Antwort auf das letzterwähnte amerikanische „Ultimatum" erfolgt ist, weiter geführt; cs wird wenigstens das Zustandekommen deS staatsrechtlichen Abkommens gemeldet, da- für die Zukunft die Regierung der Znseln regeln soll. Doch scheint dieses „Abkommen" bisher sehr einseitig zu sein, nämlich nur die Rathschliisse der amerikanischen Friedenöcommisfiou zu um fassen; eine Zustimmung der Filipinos wird noch nicht gemeldet. Die Friedenscommission hat aber einstimmig beschlossen, Mac Kinley eine gemischte Regierung vorzuschlagen, welche sich zusammensetzen soll: 1) aus einem von dem Präsidenten der Bereinigten Staaten zu ernennenden Generalgouvernenr, 2) einem diesem beigegebenen Cabinet, welches auS Filipinos und Amerikanern zu bilde» wäre und das seinerseits einem Filipino- Parlamente verantwortlich sein sollte. Dieses Filipino-Parlament soll aus einer Art beschränktem Stimmrecht bcrvorgchen; das active Wahlrecht soll einem Jeden deS Schreibens und Lesens mächtigen, oder über einen gewissen Besitz verfügenden Tagalen zustchen, während das passive Wahlrecht au etwas strengere Bedingungen geknüpft werden soll. Die Justizverwaltung soll in die Hände der Tagalen unter amerikanischer Controlc gelegt werden. Dem General-Gouverneur würde als Vertreter des Präsidenten Mac Kinley das Vetorecht gegen alle Beschlüsse des Tagalen- ParlamenteS, welche die Beziehung des Archipels zu den Vereinigten Staaten etwa berührten, zustehen. In Marokko Hal sich eine Verschiebung der Verhältnisse, so weit die auswärtigen Beziehungen in Betracht Feuilletsn. Errungen. 28s Roman von M. Buch Holtz. . Nachdruck verboten. Der frühe Abend des 16. Januar sank Hemieder. Schneidend scharf wehte ein steifer Nordost durch die Straßen Mülhausens und trieb in Dichtem Gewirbel Regen und Schneeflocken vor sich her. Grau uno düster der Himm«!, hinter dem sich Die Sonne schon seit Tagen versteckt halt«, als wollte sie das «nisetzliche Elend nicht sehen, mit dem die Kriegsgöttin Ernte hielt unter den blühenden Jünglingen und den kraftvollen Männern, Die mit ihrem Blut den heißumstrittene» Boden färbten. In dem großen Saale des St. Germain-Krankenhauses, Das ziemlich im Mittelpunkt Mülhausens lag, hatte man Lager an Lager Die Verwundeten gebettet, die mit ihrem leisen Schmerzens wimmern ab und zu den großen Raum erfüllten. Einig« Kran kenpflegerinnen in ihren dunklen Kleidern bewegten sich mit un hörbaren Schritten von einem Kranken zum anderen, nm hier ein müdes Haupt besser zu betten, und dort fieberheißen Lippen einen kühlen Trunk zu reichen. Der hereinbrechende Abend warf verdunkelnde Schütten durch die hohen Bogenfenster Des Saales und manch ein müde schlagen des Menschenherz in Diesem Raume wußte, daß sein Auge kein neuer Tagesstrahl mehr wachküssen würde. Leise öffnete sich die Thür, die nach dom Corridor führt«, und zwei Herren traten durch dieselbe ein, die mit ernst«n Gesichtern flüsternd Durch die Reihen der Verwundeten gingen, um hin und wieder Halt zu machen und einen Verband fester anzulegen oder einen Puls zu fühlen. „Sie behalten hier «ine übergroße Arbeit, lieber College", sagt« jetzt der ältere Herr, „und doch kann ich nach der mir so eben zugegangenen Depesche nicht länger bleiben, sondern muß weiter vor. Das Elend in den provisorisch aufgestellten Ba racken für die Verwundeten Dicht um Belfort soll jeder Beschrei bung spotten und ärztliche Hilf« wie pfl«gende Hände dort fast gänzlich mangeln. Eine Schwester muß ich Ihnen auch fortneh men, und zwar die beste, die wir hier haben." „Schwester Margareth, nicht wahr?" fragte 'der Andere da gegen. „Ja", erwiderte der alt« Oberstabsarzt warm, „denn sie leistet Bewunderungswürdiges und ist mi! ihrem ruhigen, sicheren und verständigen Zugreifen und Anordnen von unschätzbarem Werth für Das Elend, Das unser dort harrt." Der Andere nickte und sagte: „Dort steht sie an jenem Lager. Es ist mir ein Räthsel, wie sie mit ihrem zarten Körper die Strapazen und Die nie er müdenden Kräfte bei der anstrengenden Pflege in den fieber dunstigen Krankensälen erträgt. Aber freilich, sie hat Schwere res im Leben ertragen, als Krankenpflege und den Anblick körper licher Leiden." Der Oberstabsarzt sah sein«» jüngeren College» mit fragen dem Blick an, aber Die ihm augenscheinlich auf den Lippen schwebende Frage sprach er nicht aus, da sie bei d«r mit Schwester Margareth bezeichneten Frauengestalt angekommen waren. „Schwester Margareih", sagte der Oberstabsarzt zu dem schlanken Mädchen, „d«r un«rbittliche Krieg ruft Ihre auf opfernde Liebe zu neuen schweren Pflichten, wollen sie dieselben auf sich nehmen?" „Gern", sagte Greta von Tarden ruhig und nickte zustim mend ihr Haupt. „Dann machen Sie sich bereit. I» einer Stunde brechen wir auf, um uns näher nach dem Schlachtfelde hin zu begeben. Wer den Ihnen die Strapazen, Di« Ihrer Dort harren, auch nicht zu schwer werden?" „O nein", war die freundlich« Antwort, „ich thue g«rn, was die Pflicht und Di« mildthätige Liebe von mir fordern." Mit einem herzlichen Blick reichte der alte Herr Greta seine Hand hin und sagte bewegt: „Sie sind ein selten tüchtiges Mädchen, Schwester Margareth, und ich kann nur bewundernd fragen, woher haben Sie diese aufopfernde Pflichttreu«, di« die schwersten Anforderungen spie lend überwindet?" Ein trauriges Lächeln ging über das bleich« Antlitz Greta's, d«m die vergangenen acht Fahre zwar die Jugendfrische genom men, aber 'dafür einen seelenvollen, durchgeistigten Ausdruck ver liehen hatten, der das schöne Gesicht um nichts weniger schön wie einst erscheinen ließ. Sie hatte noch Dieselbe schmiegsam« Gestalt, dasselbe köstliche Blondhaar, Diestlben sprechenden, tiefen, wunder bar schönen Augen, die mit ihrem schwermuthsvollen Blick «in« geheimnißvolle Mär von Weh und Leid erzählten, und dasselbe feine Antlitz, das seit Dem Tode des Bruders ni« wieder ein freudiges Lachen erhellt hatte. „O", entgegnete sie jetzt in ihrer bescheidenen Art, „was ich thue, thun Tausende von anderen Frauen auch, unD das L«ben ist die beste Schule, um sich im Schweren zu 'üben, damit man übernommene Pflichten gern und mit Liebe erfüllt." Der Oberstabsarzt sah einige Augenblicke sinnend in ihr schönes Gesicht, dann sagte er: „Also in einer Stunde auf Wiedersehen", und verließ sie mit seinem Begleiter nach nochmaligem Händedruck. „Kommen Sie", sagte er zu diesem, als 'sie den Saal verlassen hatten, „wir wollen uns in meinem Zimmer «ine kleine Ruhepause gönnen. Ihnen wie mir werden di« kommenden Stunden genug der Mühe und Arbeit bringen, und ehe wir uns heute für längere oder kürzere Zeit trennen, wollen wir uns an «in«m Glase Wein stärken und bei einer guten Cigarre, von d«nen ich noch gerade zwei besitze, neue Kvafr für Die nächste Zeit sammeln. Vielleicht erzählen Sie mir Dabei etwas Näheres über di« Familienverhält- niffe von Schwester Margareth, die Ihnen allem Anscheiue nach näher bekannt sind." „Persönlich habe ich Fräulein von Tavden früher nur zwei bis drei Mal gesehen, aber von Hörensagen sind mir ihre Ver hältnisse und ihr allerdings sehr schweres Lebensschicksal bekannt und haben ihr meine Sympathien gesichert, ehe ich noch ihr« außerordenilich einnehmende Persönlichkeit und ihr s«lt«n opfer freudiges, liebenswürdiges Wesen kennen lernte." „Also, bitte, erzählen Sie! Die Zeit ist knapp, und mich in- tereffirt Alles, was mit diesem Mädchen zusammenhängt", sagte oer Oberstabsarzt, indem er di« Gläser füllte und seinem Col lagen ein« der beiden erwähnten Cigarren offerirte. „Gern. Wie Sie wissen, war ich, als der Krieg ausbrach, seit einem halben Jahre inH.... in Preußen, in dessen Nähe ihr Gut liegt, und wurde in dieser Zeit «inig« Male bei Krankheits fällen der Leute auf dasselbe hinausgeholt. Domnika, das ist der Nam« des Gutes, das sie seit ihr«s Vaters Tode, also seit unge fähr sechs Jahren vollständig selbstständig bewirthschaftet, gilt als ein« Musterwirthschaft in der dortigen Gegend. Das ist umsomehr zu bewundern, da mir erzählt wurde, daß früher sehr schlechte Verhältniff« Dort geherrscht hätten, die 'sie durch weise Sparsamkeit und unermüdliches Schaffen zu äußerst günstigen gestaltet hätte. Sie soll vor ungefähr acht 'Jahren mit einem Wirthschafisbeamten ihres Vaters verlobt gewesen sein, der aus unbekannten Gründen rin Duell mit ihrem einzigen Bruder hatt«, in dem er diesen erschoß, welcher Vorfall natürlich das Verlöb- niß löste. Der alte Herr von Tarden, Der nach diesem geheim- nißvollen Duell schwer erkrankt war, wurde von der Tochter opferfreudig bis zu seinem Ende gepflegt. Während d«r Krank heit des Vaters hat sie natürlich auch schon die Zügel der damals devastirt gewesen sein sollenden Wirthschaft in die Hand genom men, die unter ihrer Leitung wunderbar gedieh und aufblühte, so daß man sich heute erzählt, daß das schöne Gut fast schulden frei sein soll. Fräulein von Tarden hat auf Demselben voll ständig zurückgezogen gelebt, ist ein Abgott ihrer Leute, für deren Wohl und Wehe sie mit weisem Sinn sorgt. Bei Aus bruch des Krieges stellte sie sich als freiwillige Krankenpflegerin in den Dienst des Vaterlandes, uns was sie in ihrem Berufe auch hierin ist, das wissen Sie so gut wie ich." Sinnend sah der Oberstabsarzt in sein Glas und sagte leise: „Weiß Gott, ein herbes Schicksal! Aber man sieht es ihren Augen an, daß sie über ein zerstörtes Glück, das das Herz nicht vergessen kann, geweint haben! Sie muß aber damals, als ihr durch das Duell Bruder und Bräutigam zu gleicher Zeit genom men wurden, sehr jung gewesen sein." „Nun ja, aber immerhin kein Backfisch mehr, zweiundzwanziz oder dreiundzwanzig, heute hat sie dreißig überschritten." „Nicht möglich, das sieht man ihr nicht an, ich hätte sie höch stens für Milte Der Zwanzig gehalten. Freilich, ich glaube, mit ihrem Gesicht ist sie noch als Greisin bezaubernd! Doch die Zeit ist um und di« Pflichi ruft. Gott gebe, daß der Krieg bald be endet wird und vor Allem die mörderische Schlacht, Die heute bereits den zweiten Tag gewüthet hat!" Mühevoll war der Weg, den der alte Arzt unD Greta, als sie mit der zerstörten Bahn nicht weiter konnten, auf einem kleinen Wagen zurücklegten, den sie nach unendlicher Mühe aufg«- trieben hatten. Der Geschützdonner, der in der Nacht g«schwirgen hatte, be gann b«i dämmerndem Tage wieder, und je näher die beiden Reisenden Dem Schlachtfeld kamen, um so grausiger wurden di« Verwüstungen und die Schreckensscenen, die sich ihren Augen darboten. Jetzt langten sie auf einer weiten Ebene an, auf ter der Kampf gesterngewüthet hatte, und auf dessen zerstampftem Boden noch Pferde und Menschen in wirrem Durcheinander lagen, wi« und wo die mörderische Kugel sie gerade ereilt hatte. Einig« Leute, mit der weißen, mit einem rothen Kreuz versehenen Binde um den Arm, waren beschäftigt, den Verwundeten, di« hier di« lange Nacht in ihren Schmerzen in der bitterkalten Nachtlüft unter Gottes freiem Himmel gelegen hatten, die erste Hilfe ange deihen zu lassen und sie auf einigen mitgebrachten Wagen zu betten, die sie nach dem nächsten, halb eingeäscherten Dorf bringen sollten. „Wir sind am Ziel", sagte der Oberstabsarzt zu Greta, indem er vom Wagen sprang. „Kommen Sie, Schwester Margareth, unser schweres Werk kann hier beginnen, indem wir wenigstens einigen hier mit dem Tode ringenden Menschen die rettende Hand reichen." Ohne ein Wort d«r Erwiderung war Greta gleichfalls vom
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