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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990524023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899052402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899052402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-24
- Monat1899-05
- Jahr1899
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Directe tägliche Üreuzbandiendcig ins Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-action und Erpe-itio«: JohanntSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Otto Klemm'- Tocttm. (Alfred Hahn), Aniversitätsstraße 3 (Paulinum-. Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und KSnlgSplatz 7.-1 Abend-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes «n- Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzelle 20 Pfg. Reclamen unter dem RedactionSstrich (4g»> spalten) 50vor den Familieanachrtchtea (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. vptra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbrfvrderuug 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Ännahmeschluß fiir Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag- 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von T. Bolz in Leipzig 259. Mittwoch den 24. Mai 1899. 93. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzich 24. Mai. Wie sehr wir am Sonnabend berechtigt wären, zu be zweifeln, daß dir „CoNservative EorrespondeNZ" für ihre Zustimmung zu der klerikalisirte» E-arfrkitagSVövlage auf die konservative Partei des preußischen Abgeordneten hauses sich Werve berufen kölltirn, geht an- der „Kreuz- zeitung" auf da- Unzweideutigste hervor. DaS sUhrenVe konservative Blatt tritt mit aller Entschiedenheit filr die vom Plenum des Herrenhauses beschlossene CbarfreitagSvorlag« »in. Dabei stellt die „Krzztg." sehr wirkungsvoll alle Gründe zusam men, welche die klerikalen Einwände gegen die Cbarfreitagsvorlage widerlegen. Sie ketoNt sehr richtig, daß die Beschlüße de- Herrenhauses nicht- weiter bezwecken, als die evangelischen Minderheiten vor Kränkung«» zu schützen, wie sie itl der Verrichtung geräuschvoller Werktagsarbeiten am Chatftritäge begangen werden. Dem Hinweise aüs Spanien, WS der Charfreitag kirchlicher Feiertag ist, kann von klerikaler Seite beim schlechtesten Willen nicht- eNtgegengehülteN werben, und in Bezug auf daS Gerede von kineNt gegen die Katho liken ausgeübten „Gewissenszwang" bemerkt die „Kreuzzeitung" durchaus zutreffend, daß ein solcher durch ein bloße- Berbot öffentlicher Arbeiten niemals ausgeübt werden könne. „Kann daS Gewissen irgend eine- Christen", so fragt die „Kreuzztg.", „dadurch beschwert werden, daß man ihm verbietet, an einem der höchsten Feiertage Dünger zu fahren?" Mit nicht ge ringerer Entschiedenheit weist da- führende konservative Blatt die Drohung mit einem neuen Culturkampfe zurück, indem eS schreib!: „Für so furchtsam und einfältig sollte sie (die Eentrumspresse) uns Andere aber Loch nicht halten, daß wir uns auf diese wohlfeile Art einschüchtern ließen . . . Wir würden deshalb lieber auf da» Zu standekommen des Gesetzes verzichte», al» aus die Maßnahmen, die dazu nur bestimmt sind, da- natürliche, wie das in ihrer besonderen kirchlichen und christliche» Anschauung wurzelnde Recht unserer Glaubensgenossen zu wahren." Die „Kreuzztg." begnügt sich aber nicht damit, ihrerseits zur Charsreitagsvorlage energisch Stellung zu nehmen, sondern sie richtet, ganz wie es von unserer Seite schon ge schehen ist, einen lebhaften Appell an die preußische Regierung, dem Centrum in der CharfreitagSangeltgen- heit nicht nachzugeben; sie schreibt: „Daß auf parlamentarische Machtmittel Rücksicht genommen werde, läßt sich im modernen Staate verstehen; so weit aber darf diese Rücksicht nicht gehen, daß das Bewußtsein der eigenen Würde darunter leidet. Wenn man der CentrumSpresfe nicht, Wo eS nöthig ist, ein Halt zuzurufen weiß» werden die Rollen bald getauscht erscheinen, d. h., die evangelische Mehrheit wird sich mit der Stellung einer mangelhaft geduldeten Minderheit begnügen müssen, wie sie die Katholiken bei unS nicht kennen, obwohl ihre Organe sich fast unausgesetzt bemühen, sie von ihrer „geknechteten Lage" zu überzeugen." Die Wahrheit der vorstehende» Sätze ist so zwingend, daß die preußische Regierung sich ihr nicht verschließen sollte. Die Negierung scheint aber vor der Hand noch de- Glauben- zu leben, sie könne durch Zugeständnisse auf dem Gebiet de» Ordenswesens die klerikale Aufregung beschwichtigen. Eben erst ist eine Niederlassung der Kapuziner in Sterkrade behufs Aushilfe in der Seelsorge genehmigt worden. Die Erfahrung lehrt leider, daß durch solche kleine Gefälligkeiten die Begehrlichkeit des UltramonkanISmuS lediglich genährt wird. So dürfte auch jetzt der Lärm der CenkrumSpresse Uber die Eharfreitaasvorlage weniger durch die Erfül lung klerikaler Wünsche, als durch daS Festhalten an dem, wäS sachlich geboten ist, zum Schweige» gebracht werden. Sehr lehrreich wird es sein, zu beobachten, ob die konservativen Mitglieder des Bundes der LaNdwirth«, vor allen Freiherr von Wangenbeine und Dr. Ditderich Hahn, bei der Berathung der Char- freitäg-vorlage sich ebenso „neutral" verhalten werden, wir bei der Berathung deS Jesuitengesetzes im Reichstage. Bekanntlich habe» sich die genannten beiden Herren der Ab stimmung über daS Iesuitengesetz Mit der Begründung enthalten, daß derButtd derLanbwirthe keine „Parteipolitik" treibe und daß seine Mitglieder deshalb verpflichtet gewesen wären, in dieser eonfessionellen Sache «inen Neutrale» Standpunkt einjunehmen. Da mit demselben Rechte, wie daS Jesuitengesetz, äüch die Charsreitagsvorlage ein« konfessionelle Sache genäNNt werden kaNN, waltek wir ab, ob auch jetzt wieder von den Herren vü» WangenheiM und vr. Hahn der Grundsatz der Neu tralität proclämirt werden wird. Selbstverständlich liefe auch jetzt ihre Neutralität auf eine indirekte Unterstützung der ulträmöntanen Forderungen hinaus. Unter dem Titel „Tocialvcmokratische Theatervor stellungen" bringt die „Schles. Ztg." eine neue Methode der socialdemokratischen Propaganda zur Sprache, die allgemeine Aufmerksamkeit verdient. Am vorigen Sonntag Nachmittag ist im Breslauer Thaliatbcater von den Schauspielkräften der vereinigten Breslauer Bühnen das bekannte Stück von Ludwig Fulda: „DaS verlorene Paradies" aufgeführt worden, allerdings ohne daß das größere Publicum etwas davon gewußt hätte. Die Anschlagszettel brachten keine Hindeutung darauf und die in ihren Mittheilungeu an die Tageszeitungen sonst so freigebige Theaterdirection hatte sich über diese Vor stellung vollkommen auSgeschwiegen. Warum? Den Grund erfährt man auS der „Volksmacht": Die Vorstellung war von dem Soeialbemokratischen Verein arrangirt und zur Aneiferung der „Genossen" bestimmt. Schon elf Tage vorher hatte das Breslauer Socialbemokratenblatt angefangen, die Trommel zu rühren, um zum Besuch der Vorstellung anzuregen; tagtäglich brachte es dringende Aufforderungen unv Inserate zu Gunsten der „VolkSvorstellnng". Dazu schreibt treffend das oben genannte Breslauer Blatt: „Jeder, der nicht in den Banden demokratischer Wahnideen be- sangen ist, fragt nun natürlich, wie es denn möglich war, daß ein Verein, der die Propaganda Les Umsturzes der bestehenden Gesell schaftsordnung auf seine Fahne geschrieben hat, für seine auf die Verhetzung der unteren Classen ausgehenden Zwecke ein Theater sich verschaffen konnte, Las in privatem, der Socialdemokratie völlig fernstehendem Besitze sich befindet und von einem seitens der Stadt Breslau subventionirten Theaterdirector geleitet ist, der von den städtischen Behörden die Genehmigung erhalten hat, in eben diesem Theater Vorstellungen zu veranstalten? Und in welcher Form sind die Schauspieler veranlaßt worden, ihre Kunst in den Dienst der socialdemokratischen Agitation zu stellen? Wie trefflich da» „Verlorene Paradies" für die Stimmungs- mache in der Arbeiterschaft ausgenutzt worden ist, kann man aus der ausführlichen Besprechung, die die „Volksmacht" der Auf führung widmet, sehe». Diese- Schauspiel, das ebenso viel Un wahrscheinlichkeiten an Edelmuth, Fleiß, Energie auf der einen, wie an Brutalität, Hochmuth und Hohlköpfigkeit auf der anderen Seite producirt, fall nun auf einmal eia „Nu-schnitt au» dem Leb«n" fein. Der socialdemokratische Kritiker girbt zwar nothgedrung«« fo nebenher einige Unwahrscheinlichkeiten zu, aber, natürlich I die don einer falschen Sentimentalität «füllte» Situationen, in denen die streikenden Arbeiter und dir Scene» aus dem Fabrik leben auf die Bühn« gebracht werde» — de» Fabrikherr soll 15 Proc. Lohnzulage geben, ebenso wie es andere Fabrik besitzer getha» haben, er wrigert sich aber, weil ihm da- „stände-- gemäße" Leben sritte» Schwiegersöhne- ohnehin scho» zu diel kostet —, die zeuge» von «ine» „anerkrnnenSweriheK Objektivität". So wird die Arbeiterschaft von ihren Führet» bewußt NNd absichtlich mit ganz verkehrten Vorstellungen über di« Zustand« der bürger lichen Gesellschaft erfüllt. Die „Volksmacht" kann denn auch nicht umhin, z» constatirrN: „Wir hätte» Grund, zufrieden, sehr zu frieden, begeistert z» sein!" Da» bezieht sich zwar zunächst auf die Darstellung, aber ebenso sehr gilt e» auch det» Erfolge des Unter- nehmen-, ded seine Veranstalter «inüthigt, für dir nächste Saisön acht solcher Vorstellungen anzukünbigkNt" Wir können nn- dem energischen Protest der „Schtes. Ztg " gegen dies« Ausbeutung der Kunst zü Gunsten der Förderung der Unzufriedenheit »Nd der socialdrtnokratischen Agitation nur durchaus anschließen. Die Deutschen in Oesterreich, d. b. die fünf Parteien der deutschen „Gemeinbürgschaft", nämlich die Deutsche Fort schrittspartei, die Deutsche Dolkspartei, der Verfassungstreue Großgrundbesitz, die Freie Deutsche Vereinigung und die Christlich-Socialen haben nun endlich zu Stande gebracht, was ihnen zum gemeinsamen Kampfe fehlte, rin gemeinsames deutscheSNationalprogramm. Die Deutsch-Klerikalen, welche mit den Slawen die Regierungsmehrheit bilden Und die Schönerianer, die ihr eibene- radikal-nationales Programm haben, sind die zwei einzige» deutschen Parteien, welche an dieser Proarammarbeit nicht theilgenommen haben. Die Deutsch-Klerikalen, weil sie mit der deutschfeindlichen Majorität des Grafen Thun geben, die Deutsch-Radikalen, weil ihnen die Forderungen des Nationalprogramms viel zu gemäßigte sind und sie in denselben eher einen Rückzug als einen Vorstoß der Deutschen erblickt». Thatsächlich bewegt sich daS gemeinsame Programm in den bescheidensten Grenzen und wahrt nur den deutschen Besitzstand, wie Lr jetzt nach den bedeutenden Avancen der Tschechen vorhanden ist. Kein Versuch wird gemacht, daS verlorene Terrain wieder zugewinnen. In den allgemeinen Grundsätzen zur Regelung der Sprach en frage wird der Bruch mit deut VetordnungS- system und die gesetzliche Feststellung eine- allgemeinen Verordnungsmittels gefordert, wobei zur Schonung der Empfindlichkeit der Nichtdeutschen die Bezeichnung Staats sprache vermieden und dafür der Au-druck Ver- mittelungSsprache gebraucht wird. Diese Ver- mittelungSsprache kann selbstverständlich nur die deutsche sein und «S wird für sie nicht mehr al» da- bisherige Geltungsgebiet gefordert, mit der Einschränkung, daß Tschechisch-Böhmen eine ähnliche AuSnahmSstellung erhalten könne, wie sie Galizien, wo die polnische, und Südtirol, wo die italienische Sprache innere Amtssprache ist, bereit besitzen. Die Sprache deS äußeren Amt-Verkehrs soll in der Weise geregelt werden, daß in einsprachigen Ländern und Gebieten die betreffende Sprache allein Geltung hat. In den mehrsprachigen Gebieten soll die Amtirung mehr sprachig sein. Für Böhmen und Mähten wird die möglichste nationale Abgrenzung der Bezirke, die Anstellung nur deutscher Beamten im deutschen Theile, daS landtägliche Curiatvokum zum Schutz gegen nationale Majorisirung und die nationale Tbeilung der obersten Lanvesbehörden und der Schulverwaltung gefordert. Der Verkehr zwischen verschieden sprachigen autonomen Behörden soll auf dem Wege der Uebersetzung geschehen. Etwa- weiter gehen die Forderungen der Deutschen in Steiermark und Schlesien, doch bleiben sie Überall auf dem Boden des sprachlichen Bedürf nisse- im Gegensatz« zu den slawischen Strebungen und Ansichten auS Gründen der „nationalen Ehre". Trotzdem denunciren die tschechischen Blattet das deutsche Programm als einen Anschlag auf Vie tschechische Existenz und Zukunft sowohl wie auf die Zukunft Oesterreichs. Sie werd«» auf ihre» weit über di« Bedeutung des tschechischen Elemente» im österreichischen ÄölkercoNglviNerat hinaUSgeheu- den Forderungen Nach wie vüt beharre» uiih mit Leidenschaft unv Energie weiter für sie katnpfen. Vielleicht mit noch meyr Glülk wie bisher, nachdem die Deutschen dürch die Ermäßigung ihrer nationaieU Forderungen in ihren Allgen zugestanden haben, daß si« bi- dato zu viel verlangt hatten. Die Rücksichtnahme ist Wieder auf deutscher Seite und man dürft« von Neuem die alte Erfahrung Mache»» baß die Regierung sich auf Seit« der Rücksichtslosen schlägt, K h. der Tschechen. Aber angenommen auch, die Deutsche» müßten sich auf das Mindestmaß ihrer Ansprüche beschränken, um ihre Einigkeit und Geschlossenheit zu erkaufen, so fragt es sich leider »och sehr, ob die Einigkeit, welche bei der Aufstellung des Pro gramms zU Tag« trat, sich auch bei der Durchführung desselben bewähren wird. Erfahrungsgemäß ist die Haltung der katho lischen (deutschen) Volkspartei, welche den Entwurf verhöhnt unv begeifert, nicht ohne Einfluß auf die Christlich-Socialen und eine» Theil der Großgrundbesitzer. Man darf also daran zweifeln, daß di« beiden letzteren Parteien Mit aller Energie und Consequenz für daS nationale Programm eintreten werden, und eS ist nicht unmöglich, daß die Deutsch-Radikalen um Schönerer Reckt behalten, daß solchen Concurrenten gegenüber, wie die Tschechen sie darstellen, der Angriff die beste Abwehr ist. Die Lpionageafsäre ttt ttt srMtMschen Handrt-kaMMer zu Brüssel verspricht recht interessant zü werdest. Der Handelsminister richtete an den Präsident«» dtr Brüsseler Kammer Charles Rolland ein Schreiben, daS Liesest ersucht, die Geschäfte der Handelskammer dem französischen Ge sandten Gsrard zu übergeben. Gleichzeitig Wird ttt dem Schreiben verboten, die Mitglieder dtr Handelskammer Zum 31. Mai zur Neuwahl deS Ausschusses der Handel-kctistmer einzuberufen. In seinem durchaus würdigen Antwortschreiben bat der Präsident Rolland dieses AnsiNNen jurückgewitsen. Die französische Handelskammer in Brüssel wöute nicht länger einen Spion, den früher«« Hrlset-Hklfer des Fälschers Henry, Moutitr, in ihrtr Mitte haben und reichte deshalb ihr« Entlassung eist. Am 91. Mai sollte nun die Neuwahl deS Ausschusses voll zogen werden, in dem der Leitet des Spionagedienstes Montier keinen Platz mehr gefunden hätte. Drr ,,Figaro" erwirbt sich daS Verdienst, die Rolle klarzulegt», die der französische Gesandte in Brüssel, Gsrard, in dies« Angelegen heit gespielt hat. Gsrard war vor einer Reihe von Jahren Vorleser der verstorbenen deutsche» Kaiserin Augusta ustd ist bereits in den „Erinnerungen" deS Fürsten BiSMarck als Spion gekennzeichnet worden. Er trat später in den diplomatischen Dienst Uber und wat beim Gesandten in Peking, wo et sich, wie der „Figaro" hervorhebt, durch seine Ungeschicklichkeit aus- Äußer Diensten. 10j Roman von Ernst Wichert. Nachdruck vtrtrl u. „Wenn Sie befehlen —", er kehrte sich wirklich um, aber er ging nicht weiter. Gleich darauf hörte Jungenheim das Geräusch des Sprunges auf die Bachkiesel, das Knicken eines Astes, an dem sie sich wahr scheinlich über die Böschung hinauf half, und einen leisen Schritt hinter sich, der sich mehr und mehr verlangsamte. Nun hielt er sich für berechtigt umzuschauen. Die junge Dame hatte den Sonnenschirm aufgespannt, obgleich hier tiefer Schatten war, und wollte hinter dieser Deckung an ihm vorüber. So leicht gab er sie aber nicht frei. „Darf ich mich erkundigen, gnädiges Fräulein", sagte er, „ob dieser Weg richtig nach Schloß Horseln führt?" Sie ging weiter. „Jawohl, mein Herr, es ist der richtige Weg. Hinter dem Wildgatter biegen Sie rechts ab, dann kom men Sie in wenigen Minuten auf die Landstraße." Er folgte, immer in ganz kurzer Entfernung. „Wie wissen Si« denn aber, gnädiges Fräulein, daß ich auf die Landstraße hinaus Mill. . .?" Sie gab keine Antwort und beeilte sichtlich ihren Schritt. „Es war meine Absicht, mich im Schloß zu melden. Wenn als» der Weg durch den Park . . ." Nun senkte sich der Schirm ein klein wenig, und da» Köpfchen drehte sich so weit zur Seite, daß rin schneller Blick ihn streifen konnte. „Was wollen Sie denn im Schloß?" fragte si«. „Mich Ihrem Herrn Bat« vorstellen. Ich habe doch wohl die Ehre, Fräulein von Jttenborn . . Er zog wieder den Hut und ließ den Kopf mit dem braunen Gelock «ine Weil« unbedeckt. „Doctor Hans Jung«, Journalist auS Berlin." Wieder ein prüfender Blick und darauf ein« leicht« Ber- beugung. „Ich weiß nicht, ob mein Vater . . ." „Für so einen Wanderburschen zu sprechen sein wird, wollten Sie sagen. Aber ich darf Sie versichern, gnädiges Fräulein, daß ich zu meinem Vergnügen wandere und gar nicht den Hut aufzu behalten beabsichtige. Seine Tochter hier zu treffen, ist mir ein unverdientes Glück, von dem ich doch nun aber gern Nutzen ziehen möchte. Wenn Sie also gütigst erlauben wollen, daß ich mich Ihnen «»schließe. . „Aber das finde ich doch etwas dreist, mein Herr . . ." Er lachte. „Dreist sind die Journalisten nun einmal immer, aber eS läßt sich wohl mit Ihnen reden." Irmgard schien sich zu überzeugen, daß sie sich würde fügen müssen. „Es wäre freilich lächerlich, wenn ich fortlaufen wollte", sagte sie spöttisch. „Was ist denn das eigentlich, ein Jour nalist?" „Das ist einer, der die Zeitungen macht, mein gnädiges Fräu lein", antwortete er vergnügt. Er schritt jetzt mit ihr auf gleicher Linie. „Haben Sie nicht einmal im Theater die „Journalisten" von Gustav Freytag gesehen?" „Ach nein, wir durften nicht ins Theater. Aber ich erinnere mich jetzt, davon gehört zu haben. Sie nannten sich, wenn ich nicht irre, auch Doctor?" „Ja, ich bin Doctor der Rechte. Das mildert vielleicht in Ihren Augen ein wenig die Dreistigkeit des Journalisten." Sie bedachte eine kleine Weile, wahrscheinlich, ob sie das Ge spräch überhaupt fortsetzen solle. Dann sagte sie: „Und was wünschen Sie eigentlich von Papa?" „Ich möchte ihn interviewen", lautete die präcise Antwort. Sie blickte verwundert nach ihm hin. „Interviewen? WaS ist das?" „Einen kunstgerecht auifragen, um möglichst auf den Grund einer dunklen Sache zu kommen." „Und muß der Au-gefragte antworten?" „Nun — eS ist gerade kein Muß. Aber meist hat er selbst ein gewisses Interesse daran, zu einer kleinen Indiskretion ganz sanft genöthigt zu werden. Und glauben Sie auch nicht, daß e» so leicht ist, die Antwort zu verweigern. Die Neigung, sich zu rechtfertigen oder eine Wahrheit an» Licht zu bringen, liegt in der menschlichen Natur. Sie muß nur geschickt angeregt werden." „Da» ist aber doch ein bi»ch«n hinterlistig gehandelt, Herr Doctor." „Gar nicht. Man geht ja ganz offen zu Werke und fragt auch erst an, ob so ein Interview gestattet ist." „Da möchte ich jede» Mal „nein" sagen." „Da» gnädige Fräulein sind ja auch kein abgedankter Minister." Da» brachte ihm wieder einen Seitenblick ein. „Muß e» denn immer ein abgedankter Minister sein?" „Auch da» ist wieder kein Muß. Aber etwa- muß der Mann im Staat und in der Gesellschaft bedeuten oder bedeutet haben, sonst lohnt da» Au-Horchen für die Zeitung doch nicht." „Ach — da» kommt hinterher Alle» in die Zeitung?" Er belustigte sich nicht wenig an ihren Fragen. „Daran nimmt in England und Amerika kein Mensch Anstoß, mein gnä diges Fräulein." „Da bin ich doch neugierig", rief sie, „ob Papa sich wird auk- fragen lassen!" „Ich rechne auf Ihre Fürsprache!" „Nein, nein! In so etwas mische ich mich nicht. Schicken Sie nur Ihre Karte hinein." „Wenn Sie dem Herrn Freiherrn erst einmal erzählen wollten, wen Sie im Walde getroffen haben, und daß ich — hm — gar kein ganz übler Mensch zu sein scheine . . ." Jrnigard riß die Augen auf. „Sind Sie aber von sich ein genommen." „Ich meine ja nur, um Stimmung für mich zu machen. Wenn Sie wüßten, wie bescheiden ich sonst von mir denke. . ." Sie waren bei dem Gatter angelangt. Er sprang vor und öffnete es. „Und nun gehen Sie rechts", sagte sie, „und ich geradcau». Dort ist da» Schloß. Ich kann mich doch von Ihnen nicht durch den Park «Scortiren lassen." Plötzlich schien ihr etwas einzufallen. „Ach!" rief sie erschreckt. „Darf ich wissen —" „Ich habe mein Körbchen auf dem Stein stehen lassen. Das haben Sie Schuld." „Ich gestehe eS reuig ein." „Da muß ich nochmal» zurück." „Nein, das erlaube ich nicht. Ich selbst, gnädige» Fräulein —" „Bewahre! Ich will Sie nicht aufhalten." „Dann also wir Beide." „DaS erst recht nicht. Ich danke Gott —Sie hiß sich auf die Lipp«. „ES ist auch an dem Körbchen nicht» gelegen. Es ist nur, weil meine Schwester und icss abwechselnd der Försterin, die krank ist, etwa» zur Erfrischung hintragen, und Armgard gar nicht begreifen wird —" „Da» muß unter allen Umständen ausgeschlossen werden", fiel er mit komischem Ernst ein. „Ich laufe und bin in kürzester Zeit zurück. Sie warten indessen hier —" „Nein, weiter unten, auf dem Bänkchen am Teich." „Jawohl, auf dem Bänkchen am Teich. Adieu so lange." Er war schon aus dem Wege und maß ihn rückwärt» mit großen Schritten. „Stellen Sie den Korb nur auf da» Bänkchen", rief sie ihm nach, „ich finde ihn da!" Es war nicht sicher, ob er sie noch gehört hatte. Irmgard schritt langsam weiter in den Park hinab, leise vor sich herkichernd. Ihr war jetzt sehr lustig zu Muth, da sie meinte, mit dem dreisten Menschen noch gut genug fertig geworden zu sein. Es kam ihr wieder in- Gedächiniß, was er gesagt hatte, und das war am Ende noch nicht einmal so merkwürdig, als wie er's gesagt hatte. Sie entsann sich nicht, schon jemals einen im freiesten Gebrauch der gesellschaftlichen Formen so anders sprechen gehört zu haben. So anders — das war Ihr eigener Ausdruck dafür, und zu einer genaueren Klarlegung diese» Be griffes kamen ihre Gedanken auch nicht. Sie spielten vielmehr um die Frage herum, ob sie an dem Teichbiinkchen vorübergehen, oder ob sie den Fremden dort doch lieber abwarten solle. Für Beides gab es gewichtige Für und Wider. Ging sie, so bewies sie ihm damit freilich die vornehme Gleichgiltigkeit, die sich für Leute dieses Schlage» ziemte, aber er blieb dann auch im Besitz des Körbchens und konnte ihn leicht im Schloß mißbrauchen; blieb sie, so war der ganze Zwischenfall sogleich erledigt, dieser Doctor Junge (warum hieß er nicht wenigstens nur Jung?) konnte sich aber etwas einbilven, als ob es Ihr daran ge legen sei, nochmals mit ihr zusammenzutreffen, und wenn gar ein Unberufener sie beobachtete, konnte er sich das Wunderlichste zurechtdenken. Es war wirklich das Vernünftigste, gleich ins Schloß zu gehen. Sie schritt denn auch an dem Bänkchen vorüber und sah nicht einmal dahin. Nach zehn Schritten aber, die immer kleiner und zögernder wurden, kehrte sie plötzlich entschlossen um und setzte sich. Er bildet sich am Ende noch mehr ein, wenn ich ihm so geflissentlich ausweiche, bedachte sie zu ihrer Rechtfertigung, und was ist's dann auch, wenn ich hier ganz öffentlich . . . Gegen da» Schloß hin freilich war das Bänkchen durch die Weiden am gegenüberliegenden Teichrande gedeckt. Er schien ihr sehr lange auSzubleiben, aber ihre Ungeduld dehnte die Minuten. Das merkte sie, als sie nach der Uhr sah und nach einer Weile wieder. Endlich kam er ganz außer Athem die Anhöhe herunter, blieb jedoch plötzlich stehen und näherte sich nur langsam, als ob er sie jetzt erst bemerkt hätte. „Gehört Ihnen vielleicht dieses Körbchen?" fragte er so laut, daß man's hundert Schritte weit hätte hören können. Irmgard nahm e» ihm ab. „Ach — ich danke Ihnen, mein Herr", antwortete sie, über diese Wendung sichtlich erstaunt, „eS war sehr freundlich —" „O, bitte, bitte", fiel er ein, grüßte und ging, ohne ein Wort weiter zu sprechen, wieder dem Gatter zu, dort in den Seitenweg einbiegend, den sie ihm vorhin gewiesen hatte. Sie fühlte sich im Augenblick enttäuscht. Es hätte nur noch irgend etwas Interessanteres kommen müssen, meinte sie. Würde er sie durch seine Plauderei hinzuhalten versucht, sich Wohl gar zu ihr gesetzt haben — da wär» er übel angelaufen; jetzt hätte
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