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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.10.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991027018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899102701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899102701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-10
- Tag1899-10-27
- Monat1899-10
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Neclamra unter dem Redactiontstrich (4g». spalten) üO^Z, vor den Familiennachrichtra (6 gespalten) 40^. Größere Schristeu laut unserem Preis» verzrickmib. Tabellarischer und Ziffernjao nach höherem Tarif. Srtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung S0.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end »Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen »Ausgabe .Nachmittag» 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anreisen sind stet» an die Expedition zu richten. —> -r»»» > Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 93. Jahrgang. Minen- und Minirpolitik am Cap. -p. England steht in Waffen gegen die südafrikawischen Rr- puöliken; -das gswaltige Weltreich gegen Mei verschwindend kleine Bauernstaalen, aber gegen Männer, die um ihre Freiheit tampfen und die fchon mehr als einmal bewiesen haben, daß sie die Macht Großbritanniens nicht zu fürchten brauchen. Die finanzielle uns die parlamentarische Rückeroberung Vieser freien Lander erwies sich als unmöglich, und so mußte der letzte Ver such mit Pulver und Blei gemacht werden. Allgemein ist die Frage: was veranlaßt England, seine Hand nach jenen Gebieten auszustrecken, auf die es keinerlei völkerrechtlichen Anspruch hat? Aber ebenso allgemein ist die Antwort, daß in erster Linie nicht der bekannt« Länderhunger des Jnselreichs zum Kriege getrieben hat, sondern die Geldgier einer mäch-iigen Gruppe englischer Capit-alisten und Spekulanten, welche die Goldminen Transvaals nicht ruhig schlafen lasten. Sie sind das Verhängniß Südafrikas. „Südafrika, so führt der Engländer Stat-Ham, einer der gründlichsten Kenner des Cap und der Boerenstaatcn, besten Buch über den Süden des dunklen Ei-d:-heils *) wir einige Sätze entnehmen, aus, ist -kein -reiches Land. Es giebt sehr Wenige, die mehr haben, als nur gerade ihr 'Auskommen, und es giebt sehr Viele, die Mar eine gesellschaftlich oder politisch leitende Stellung einnehmend aber trotzdem ge zwungen sind, einen fortwährenden Kampf ums Dasein zu führen. In den Vereinigten Staaten kommt es auf einen oder Mc: Millionäre mehr oder -weniger nicht viel an. In Südafrika giebt schon der bloße Vergleich mit Anderen dem Millionär eine Bedeutung und ein Ansehen, die geradezu vemoralisirend wirken. Diese Gefahr würde noch fort bestehen, auch wenn der Millionär sich selbst genügen und mit Kleinigkeiten, wie etwa mit einer prachtvollen Dampfyacht oder einem glänzend ausgestatteten Hause im sashionablen Viertel der Hauptstadt, zufrieden sein w-iü-de. Jndeß der typische Millionär in Südafrika ist leider mit solchen persönlichen Vergnügungen allein durchaus nicht zufrie'ven- Er nimmt jeden nur möglichen Lorthe'il ivahr, den ihm seine Stellung bietet, und er setzt Alles daran, seinen -Einfluß in jedem Winkel des gesellschaftlichen und politischen Gebäudes fühlbar zu machen. Er glaubt, daß das Geld der Endzweck jedes menschlichen Daseins sei, und daß es keinerlei Moral gebe, die sich nicht gegen Zahlung eines ent sprechenden Preises umstoßen laste." Cecil Rhodes, wohl der reichste und mächtigste aller südafrikanischen Millionäre, rühmt sich, baß er- bisher noch keinem Menschen -begegnet sei, den er nicht habe,.8gni>r6n", d. h. durch Geld, Ueberredunz und andere Mittel habe seinen Zwecken dienstbar machen können. Die Schul«, in der er aufwuchs, war der Diamantmarkt von Kimberley, wo hin er ohne alle Mittel kam. In dieser Schule ist die sittliche Seite seines Charakters unentwickelt geblieben; er 'behilft sich, wie seine eigenen Freunde sagen, ohne Gewissen. Schrieb doch einer seiner Bewunderer, -Steas, der Herausgeber der bekannten englischen Zeitschrift „Rcdiew of Reviews", von ihm: „Die sitt- liibe Seite ist bei Rhodes wenig entwickelt; in der Wahl seiner Mittel kennt er keine Bedenken, sofern sie ihn nur zum Ziele führen." Und aus demselben Holz sind auch die Uebrigen. „Das Eindringen der im Millionär lebendig verkörperten Geldherrschaft in die südafrikanische Politik ist ein Factor, Vesten Wichtigkeit gar nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Es *) Süd.Afrika, wir es ist. Von F. Reginald Stathom Aus dem Englischen übersetzt von P. Boltzer. Berlin. Verlag von I. Springer. bedeutet das stete Beharren auf dem brennenden und hartnäckigen 1 Wunsche, ungeheure Reichthümer mit allen nur möglichen Mitteln I rein selbstsüchtigen Zwecken dienstbar zu machen, ohne jede Rück- j sicht auf moralische Grundsätze, die dadurch verletzt, und auf die Existenzen, die durch die Weit-erverfotgung dieses Wunsches ver nichtet weiden. Diese lebendige Verkörperung des Mammonismus scheut keinerlei Jntrigue, um ihr Ziel zu erreichen: die Tugenden sowohl wie die Laster der Menschheit werden zu diesem Zwecke ausgenutzt. Wenn der Geist der Vaterlandsliebe im Stande ist, die goldenen Segel zu schwellen, so wird auch er angerufen und vorgespannt; wenn die Unterstützung religiösen Empfindens und religiöser Begeisterung zur Erreichung des Zieles verhelfen kann, so werden auch diese Gefühle auf das -Schamloseste mißbraucht. Gerechtigkeit gehört in das Reich der Fabel; Wahrheit und Betrug sind gleichwertige Mächte; Bestechung ist Las natürlichste Mittel zur Erreichung kleinerer Ziele. Es kommt in der Geschichte der Menschheit nur selten vor, daß das schärfste Verdammungs- urt'heil und die größt« Verachtung, die der Mensch überhaupt empfinden kann, ihre vollständige Berechtigung haben. Allein unter gewissen Umständen wird eine derartige Verurtheilung und Verachtung geradezu zur Pflicht, und Nachsicht uns Schweigen würden in solchem Falle fast einem Verbrechen gleichkommen." Es ist «in« rücksichtslose, vernichtende Kritik, die hier an d«m Gebahren der südafrikanischen Plutokratie geübt wird, aber was in der Folgezeit von Cecil Rhodes, von vr. Jameson und den anderen prominenten Repräsentanten der berüchtigten Chartered- Compagnie bekannt geworden und zum Theil noch in Aller Er innerung ist, läßt sie als vollkommen den Thatfachen entsprechend und durchaus gerecht erscheinen. Diese rastlos und skrupellos vor wärts treibenden Elemente, Lenen die Wege sich überraschend leicht ebneten, weil englische Grafentitel in ihren Reihen eine Rolle spieltenundactiveSlaatsmänner an dcmSiano der Aktien und der Course in den Goldminen betheiligt waren, sie haben die Geschichte der letzten Jahrzehnt« Südafrikas, die mit Blut geschrieben ist, gemacht; ihrer Großmannssuch: und grenzenlosen Goldgier ist es gu danken, daß das «Hedem so friedlich« Verhältniß zwischen dem Hollän'verthum und dem Angelsachsenthum am Cap vergiftet wurde. daß die freien Boerenrepubliken nicht zur Ruhe kamen und in die Brust der meuchlings überfallenen Stämme der Ein geborenen der Haß gegen -die Europäer gepflanzt ward. > tMrn braucht sich nur drei Etappen in -der Entwickelung der südafrikanischen -Millionärsgründungen zu vergegenwärtigen. Einmal war es der Freibrief, welchen Cecil Rhodes, der Napoleon der Börse, der britisch-südafrikanischen Gesellschaft (Chartered- Compag-nic) zu erwirken wußte. Mit ihm trat die britische Reichsregierung thatsächlich das ganze süd afrikanische Hinterland zu unumschränkten Besitz an sieben Personen -ab, von denen die Meisten niemals auch nur einen Fuß in das Land gesetzt hatten und von denen einer nicht einmal britischer Unkerthan war. Sämmtliche Hoheitsrechte über ein Gebiet von 760 000 englischen Quadratmeilen ging zum Zwecke unbeschränkter Ausbeute auf Gold und Diamanten in den Besitz der Gesellschaft über, zum großen Theil Gebiete, auf welch« England gar keinen Anspruch hatte, durch deren Beschlagnahme aber die längst schon mit Eifersucht verfolgte südafrikanische Re publik wie mit einem Bretterzaum verschlossen wurde. Das «zweite war der grausame Feldzug gegen das Maiabele- land, in -welchem man überreiche Goldschätze vermuthete. Die Chariered-Compagnie erhielt auch zu diesem Acte blutiger Der- geiwal-tigung die -Autorisation der Reichsregierung, wußte Cecil Rhodes stich doch in die patriotische Pose des „Rerchstvergrößerers" zu werfen, und selbst angesehene Männer der Kirche, für die er kluger Weise immer «ine offene Hand hatte, mit dem Glauben zu erfüllen, daß <w „der Verbreitung des heiligen Evangeliums unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi einen Weg zu bahnen, an der Arbeit sei." Aber auch das Land Lobengulas genügte der Chart-ered-Ge- sellschaft nicht. Man fand nicht die reichen Goldfelder, wie man gehofft, und so ließ man die Augen wieder weiter schweifen. Sie fi«len aus die reichen-Min-en der Transvaal-Republik, vor Allen auf di« Bergwerke von Johannesburg, die unerschöpflich schienen und nur in dec Hand einer Gesellschaft vereinigt zu werden brauchten, um mächtig zu prosperiren. Allein mit allem Wühlen und Bohren kam man zu keinem Resultat; die längst mißtrauisch gewordenen Boeren waren auf der Hut, und an dem „harten Schädel" Ohm Krüger's prallten alle Versuche ab, in Transvaal Einfluß zu gewinnen und festen Fuß zu fassen. Was weiter geschah, gehört der Geschichte der letzt-verflossenen Jahre an. Die UitlanderS wurden gegen dieBoeren mobil gemachtundmußtenalsdie„unter- drückten Heloten der schmutzigen, kulturfeindlichen Transvaal bauern" politische Ansprüche erheben, die, wenn erfüllt, dir inner« Verwaltung der Republik den Engländern, -d. h. der Chariered- Compagnie ausgelieker: -hätten. Dieser Proceß ging inseß zu langsam, und so entschloß sich vr. Jameson mit seinem Raub zug nach Johannesburg die ganze Boerenherrschast mit einem Male über den Haufen zu -werfen. Der Heldenritt mißglückte bekanntlich aufs Kläglichste; aber was man 1896 not-hgedrungrn aufzeschvben, war nicht aufgehoben. Transvaal mutz:« wieder gewonnen werden um jeden Preis, und diesmal war es die Londoner Diplomatie selbst, die sich im Namen 'der Königin ins Mittel schlug. Neue Dechandlungen wurden mit der Re gierung der Republik behufs Einführung durchgreifender Re formen zu Gunsten der Uitlanders angeknüpft; man ließ sie mir Vorbedacht selbst scheitern, drohte mit Krieg und sammelte massenhafte Streitkräfte an den Grenzen der Republik an, die man auf diese Weise zwang, in der Nothwehr selbst zum Schwert zu greifen. Die Lenkerder englischen Politik, Salisbury und Chamberlain, haben ihr Vorgehen gegen Transvaal damit zu rechtfertigen ge sucht, daß Englands Vorherrschaft in Südafrika durch das Holländerthum, an dessen Spitze die Boeren Transvaals und des Freistaates stehen, aufs Aeußer-st- gefährde? sei und die Ehre Großbritanniens auf dem Spiel« stehe, daß -aber nicht Transvaal zu annectiren und seine Goldminen in die Tasche zu -stecken, die Absicht der englischen Regierung sei. Sollte dem wirklich so sein—jeneApolo-gE findet nur «wenige Gläu bige — so dürfte man in London doch nicht vergessen, daß lediglich das skrupellose, mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln arbeitende, aggressive Strebe-rihum der von der Londoner Regierung offen und insgeheim unterstützten Millionäre es gewesen ist, was die Boeren auf die Warte gerufen, sie zusammengeschlossen und unter ihnen den Gedanken einer Vereinigung der südafrikanischen Staaten gebilde mit Ausschluß d«r englischen Oberhoheit aufkeimen ließ. Die Saat, welche die Staatsmänner an der Themse gesäet, geht jetz-d auf: wenn sie Früchte trägt, di« jenen bitter dünken, ss tragen sie allein die Schuld und, nachdem die Entscheidung auf des Schwertes Spitze gestellt ist, die Verantwortung. Die gegenwärtige Lage auf den Philippinen. (Nachdruck auch mit Quellenangabe verboten.) AuL Manila, 22. September, schreibt uns unser ständiger Herr Mitarbeiter: Die Sperre und Blockade, welche General Otis im Mai dieses Jahres über sämmtliche von Amerikanern nicht besetzten Provinzhäfen verhängt, demnächst aber auf Betreiben der hiesigen Kaufmannschaft wieder aufgehoben hatte, ist Anfang August erneut eingeführt worden. Den Grund hierzu bildete die in San Fernando de la Union durch die Filipinos erfolgte Gc fangennahme der Besatzung des amerikanischen Handelsdampferö „Saturnus", der bei dem sich anschließenden Kugelwechsel Mischen den Filipinern -und Sem herbeigeeilren amerikanischen Polizeiboote in Brand geriet-h. Der hiesigen, durch sie lang« Kriegszeit wahrlich schon genügend geschävigten Kaufmann schäft ist durch die erneute Verfügung der Sperre ein empfindlicher Schlag versetzt, zumal nicht zu erwarten steht, daß das Verbot bald wieder aufgehoben werden wird. Dec Pvovinzhandel ist somit vor der Hand vollständig unterbunden und jedes Geschäft zum Stillstand gebracht. General Bates hat auf einer mehrwöchigen Tour verschiedene Inseln im Süden Luzons, unter anderen auch die der Sulu- Gruppe, besucht und auf Jolö mit dem Sultan einen Freundschafts - Vertrag abgeschlossen. Die wesentlichen Bestimmungen desselben sind die folgenden: Der Sultan erkennt die Oberhoheit der Vereinigten Staaten an, wogegen ihm amerikanischerseits militärischer Schutz zu Land« und zu Wasser gewährt wird. An passenden Plätzen, nach ihrer Wahl, dürfen die Amerikaner Garnisonen hallen. Den Mohamedanern ist freie Religionsausübung gewährleistet. Dem Sultan verbleibt die Gerichtsbarkeit über seine Glaubensgenossen, auch ist der Erwerb von Land an seine Zustimmung gebunden. Für Fremde und christliche Eingeborene sollen Gerichtshöfe ähn lich denen in Manila eingerichtet werden. In den Köpfen einiger angesehener Filipiner, welche bereit sind, sich mit der hiesigen Neuordnung der Dinge abzufinden, ist der Gedanke aufgetaucht, den ehemaligen silipinischen G e - heimbund„Katipunan" wieder ins Leben zu rufen, ihm indessen erweiterte Ziele zu geben und ihn gewissermaßen als officielle nationale Vereinigung neu zu con- stituiren. Amerikanern soll der Eintritt frei sichen. Die Be treffenden hoffen, daß der Bund ein Mittel wird, um mit der Zeit die vorhandenen Spaliungen zu überbrücken und freund schaftliche Verhältnisse herauszubilven. General Otis hat bereits seine Zustimmung zur Neugründung des Katipunan ertheilt unter der Bedingung, daß darin keine antiamerikanische Politik betrieben werde. Trotz derartiger Versuch« gegenseitiger Annäherung ist an einen Frieden zunächst nicht zu denken. Vielmehr steht dec 'baldige Wiederbeginn der Feindseligkeiten bevor, unter welchen Bedingungen, lehrt am besten «in Blick auf die derzeitige militärische Lage. Amerikaner und Filipinos nehmen heute folgend« Stellungen ein: Im Süden Manilas sind die am -Meere gelegenen Ort schaften bis Cavite in Händen der Occupationstruppen. Haupt quartier ist Bacoor. Daselbst befehligt General Grant. Sein Corps dürfte die Stärke von zwei Regimentern schwerlich über steigen. Bis Jmus sins einige Compagnien voi-gerrieben. Tie Insurgenten unter General Mariano Trias haben ihre Posten — von San Nicolas am Zapote-Fluß angefangen — überall in einer Entfernung von wenigen Kilometern landeinwärts von den amerikanischen Feldwachen. Stärkere Filipinerabtheilungen stehen in San Francisco de Malabon. Alles in Allem schätzt man -die silipinischen Streitkräfte im Süden auf ca. 8000 bis 10 000 Mann, wovon kaum die Hälfte Feuerwaffen besitzt; auch Munition und Proviant sollen in den fraglichen Provinzen nicht sonderlich reichlich sein. Die Stadt Cavite selbst bildet, wie seit dem ersten Tage des Erscheinens des De-wey'schen Geschwaders Feuilleton. Chinesische Eharaklerzüge. ii. Wir haben gesehen, daß die Chinesen gar mancherlei Eigen- thümlichkeiten, Anlagen und Vorzüge besitzen, Vic sie als Con- currenicn der westlichen Nationen gefürchtet erscheinen lassen, daß aber auf der anderen Seite sich wieder Züge im Charakterbild des Sohnes des himmlischen Reiches finden, und Mar -sehr ausgeprägt finden, die als Schwäche, als Mangel, als Hemmniß und darum als au-gleichendes, jene Befürchtungen nicht une-rlMich Herab mindernoes Moment angesehen werden können. Allen voran steht die geistige Schwerfälligkeit der Chinesen. Man kann ja nicht Virect sagen, daß diese Schwerfälligkeit der chinesischen Nasse als solcher eigen; im Gegentheil, diese zeigt durchaus keine Spur von geistiger Schwäche; aber man darf doch auch nicht außer Acht lassen, daß sich bessere Erziehung nur auf einen ganz kleinen Procentsatz der enormen Bevölkerung erstreckt, und daß die jenigen, welche halbgebildet, oder ohne jede Erziehung sind, bei Weitem das Gros ausmachen, das eben doch sehr durch geistige Schwerfälligkeit glänzt. Nichts kommt häufiger vor, als daß man beim Sprechen mit einem ungebildeten Chinesen die größte Schwierigkeit hat, heraus- zubetommen, um was es sich handelt. Manchmal bestehen die Reden ganz aus Prädicaten, die in einer solch' verzwickten Weise zusammengesetzt sind, daß das Ganze in der Luft zu hängen scheint. Die Hauptwörter läßt der Sprecher oft weg, er weiß ja, worüber er orakelt, und denkt natürlich nicht daran, daß es Sem Zuhörer anders gehen könnte. Es ist ganz unglaublich, wie geschickt die meisten Chinesen im Errathen werden, um au» Worten Suchen herauszulesen, die gar nicht erwähnt wurden, indem sie sich einfach die nöthigen Sübjecte und Prädikate hinzu denken. Oft fehlt in den Sätzen gerade das Wort, auf das es am meisten ankoncmt und von dem das Verständniß des Ganzen abhängt. Meistens ändert auch der Sprechende gar nichts in seiner Sprach« oder in seinen Manieren, um anzuzeigen, daß er srin Thema wechselt«. Schließlich merkt man auf einmal, daß er gar nicht mehr, wie eben, von sich, sondern von seinem längst verstorbenen Großvater spricht. Wie der gute Mann überhaupt auf seinen Großvater kommt, bleibt ein Räthsel, wie es dem Fremden oft auf-gegeben wird. Für einen Chinesen ist nichts ge läufiger, al» der plötzliche, heimliche, ohne jede Anzeige sich voll ziehende Sprung von einem Thema, einer Person, einem Jahr- hundrrt zum anderen. Unter solchen Umständen bleibt dem Fremden, der wenigstens den Schein wahren will, als folge er dem Gespräch, nichts weiter übrig, als ein fortwährendes Fragezeichen zu srin: „Von -wem reden Sie jetzt?" „Wer war das?" „Was that er?" „Wann that er das?" u. s. w., u. s. w. Es schaut ihn dan-n der Chinese allerdings ganz erstaunt an, als fürchte er. Jemanden vor sich zu halben, der seiner fünf Sinne nicht mehr mächtig ist, doch des Fremden Ausdauer in diesen Fragen ver schafft ihm allein den seidenen Fasen, an dem er den Weg aus dem Labyrinth findet. Einem ungebildeten Chinesen kommt anscheinend jeder Ge danke, welcher es auch sein mag, selbst überraschend vor, auf den er eigentlich gar nicht vorbereitet war. Er versteht nicht, weil er gar nicht daran denkt, verstehen zu können, und es dauert bei ihm immer eine geraume Zeit, bis er sein geistiges Rüstzeug glücklich etwas geputzt hat. Sein Verstand gleicht einer alten verrosteten Kanone auf wackeligem Unterbau, deren Richten große Schwierigkeiten macht, und die dann doch sicher nichts trifft. Richtet man z. B. an Jemanden die doch sicherlich einfache Frage: „Wie alt sind Si«?" so starrt der Chinese den Fragenden an. „Ich?" „Ja, gewiß. Sie!" „Wie alt?" „Ja, wie alt!" „Wie alt ich bin?" „Ja, wie alt Sie sind!" Endlich kommt die Antwort, aber eine Zahl, von der man wohl weiß, daß sie ein sehr dehn barer Begriff ist. Ein deutliches Beispiel für die geistige Schwerfälligkeit ist ferner die Gewohnheit, als Grund einer Handlung die Handlung selbst angugeben. „Warum nehmen Sie kein Salz zu dem Brvd- kuchen?" fragt man den Koch. „Wir nehmen kein Salz in den Kuchen", ist seine Erklärung. „Warum wird in der Stadt voa dem vielen Eis wicht etwas für den Sommer aufgehoben?" „Bei uns hebt man kein Eis für den Sommer auf!" Wenn der Dichter, welcher gesungen hat: „Glücklich ist Der, welch«! die Gründe der Dinge zu sehen vermag", in China gelebt hätte. Würde er vielleicht seinen Ausspruch wie folgt modificirt haben: „Unglücklich ist Der, welcher der Dinge Grund zu erforschen sucht!" Als ein weiteres Zeichen geistiger Erstarrung muß die Unfähigkeit bei Durchschnittschinesen angeführt werden, eine Jvee zu erfassen und sie einem Dritten originaliter mitzutheilen. Das Dümmste, was man in China machen kann, ist, A etwas zu sagen. damit «r «S dem B ausrichtet, auf daß C sich danach richten könne. Entweder werden derartige Aufträge überhaupt nicht ausgerichtet, weil sich die Betheiligten von deren Wichtigkeit nicht überzeugen konnte, oder C erfährt etwa», was ihm voll ständig unverständlich bleibt und nicht» mit dem Original auftrage izu thun hat. Selbst ganz gesch«iden Chinesen fällt eS schwer, etwas Gehörte» ohne Abkürzungen und Allongen wieder- zugsben. „Warum kommen Sie nicht, wenn man Sie ruft?" ist die Frage, die man an einen besonders faulen Diener richtet. „Ich weiß selbst nicht!" amwortet dieser ganz offenherzig. Diese geistige Zerstreutheit hat eine Menge von Unannehmlichkeiten im Gefolge, über die sich ein ordnungsliebender Westländer immer ärgert. Der Koch braucht z. B. seine Vorräthe bis auf das letzte Restch«n auf und läßt dann einfach bei einem Gerichte eine ganz nolhwendige Zurhat weg. Auf Befragen antwortet er sehr schlau: „Es war nichts mehr davon da." „Ja, warum haben Sie denn da nicht zur rechten Zeit dafür gesorgt?" „Ich habe nicht dafür gesorgt!" lautet die befriedigende Antwort. Ein Chinese, dem man aus der Tkfe des Cassenschranies das nöthige Geld zum Ausgleich seiner Rechnung hervorgeholt hat, sitzt und sitzt uns schwatzt einen halben Tag lang die unwesentlichsten Dinge, bis er plötzlich so nebenbei bemerkt: „Ich habe auch noch eine andere Rechnung außer dieser." „Ja, warum haben Sie denn das nicht gleich gesagt; das wäre doch in Einem erledigt worden?" „O, ich dachte, die Rechnungen hätten nichts miteinander zu thun!" Ebenso zog sich in einem anderen Falle ein Patient, der die Zeit des Arztes schon sehr lange in Anspruch genommen hatte, ins Wartezimmer zurück und erschien dann als Nächster ganz ver gnügt noch einmal im Sprechzimmer. Es wurde ihm ausein- andrrgesetzt, daß sein Fall ja erledigt sei, worauf er bescheiden lächelnd erwiderte: „Aber ich habe außerdem noch eine ganz andere Krankheit." Uebrigens hat der gewöhnliche Mann die geradezu wahn sinnige Gewohnheit, eine Krankheit weit einreißen und sich nicht ärztlich behandeln zu lassen, weil er gerade zu beschäftigt ist, oder sich vor der GelLausga-be fürchtet. Er hält lieber viele Fieberattacken aus, als daß er zehn Kupfermünzen für etwas Chinin ausgiebt, das ihn sicher curiren würde. Smith kennt viele Fälle, in denen man die Krankheit bis zum Aeußersten kommen ließ, so daß es keine Rettung mehr gab, nur damit damals keine Zeit versäumt wurde, wo eine Heilung noch möglich gewesen wäre. Ein Patient, dem täglich ein tiefes Geschwür im Nacken behandelt wurde, meldete am achtzehnten Tage, daß er vor Bein schmerzen nicht schlafen könne. Es stellte sich heraus, daß er am Bein ebenfalls an einem faustgroßen Geschwür litt; aber erst hatte er feinen Nacken Heiken und dann mit der anderen Sache herausrücken wollen. China ist das Land der großen Gegensätze, und enorm reich I Leut« unv bettelarme Teufel, Hochgebildete und vollständige Ignoranten leben neben «inandrr. Diejenigen, welche ganz arm und ganz unwissend sind — und das ist dos Schicksal von Millionen —, haben einen so beschränkten Horizont, daß die geistige Tätigkeit der ganzen Masse ein« ganz natürlich« Folge davon ist. Große Massen dieser Leut« sind noch keine 16 bis 20 Kilometer von ihrem Geburtsorte weggewesen und haben keine Ahnung von anderen Lebens-beSingungen, als denen, welche sie fortwährend umgeben. In Vielen von ihnen scheint sogar die instinktive Neugierde, die doch eigentlich allen Rassen gemein ist, eingeschlummrrt zu sein, denn vielen Chinesen, welche wissen, daß ein Fremder in ihrer Nähe sich niedergelassen hat, fällt es gar nicht ein, sich danach zu erkundigen, woher er kommt, was er ist, und was er eigentlich will. Wenn der Chinese nur sein Löben fristen kann, dann ist er schon zufrieden. Wenig kümmert ihn, zu erfahren, ob er, wie meist angenommen wird, drei Seelen hat, oder zwei oder nur eine. So lange die Sache auf den Reispreis keinen Einfluß hat, gilt sie für vollständig unwesentlich. Die Chinesen sind Realisten, denen vor Allem am Fortkommen auf dieser Welt liegt, und welche in Folge dessen im Magen uns im Geldbeutel die wichtigsten Factoren sehen. Ein Diener, dessen Größe man wissen wollie, machte sich lächerlich klein; «r hatte blos da- Maß bis zu den Schultern genannt. Einst war er Soldat gewesen, bei dem ja nur die Schultern als richtiger Fac:or für das Lasttragen in Betracht kommen. Einen Kopf braucht der chinesische Soldat zum Dienste nicht, dar-um mißt man ihn auch gar nicht mit. Noch unrichtiger gab ein Bauer die Entfernung von der nächsten Stadt, die 90 Li sein sollte, an. Es stellte sich dann heraus, daß sie thatsächlich nur 46 Li betrug; der gute Mann hatte Hin- und Rückweg gerechnet. Als ein Ekepaar, welches mehrere Jahre in China gelebt hatte, nach Hause reiste, wurden ihm von seinen chinesischen Freunden Mei hübsche Rollen geschenkt. Dieselben waren aber nicht für sie selbst, sondern für die hochbetagten Mütter der Europäer bestimmt, die zufällig gleichalterig waren. Die eine Inschrift sprach von Glück, das so groß wie die See sei, uns von hohem Alter, „grün", wie die immergrünen Pinien, und außerdem bezog sich eine Inschrift in kleineren Schriftzeichen auf den Umstand, daß die Empfängerin „sieben" Decaden von Glück erreicht hätte. Die andere Rolle enthielt ähnliche Sprück:- aber in den kleineren Schri'tzeichen hieß es, daß die Dame „sechs" Decaden von Ruhm erlebt habe. Nachdem die Rollen gehörig be wundert waren, konnte es die eine Dame, deren Mutier auf d:ese Weise geehrt wurde, doch nicht über sich gewinnen, zu fragen, warum denn das Alter einmal mit 60, das andere Mal mit 70 Jahren angegeben wäre, da man doch wisse, daß Beide gleich alterig seien. Die enorm charakteristische Antwort lautete: „Der Schreiber hätte doch nicht zwei Mal 7 Decaden schreiben können, sonst hätte ihm die — „Originalität" gefehlt!" — p
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