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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.11.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991110022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899111002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899111002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
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Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierleliakrlich 6.—. Tirccte tägliche Äreuzbandlendung ins Ausland: monatlich ./ü 7.5>O. —r—LX Die Morgen-Nusgabe erscheint nm '/-7 Uhr, dir Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Redaktion und Expedition: JohanutSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Otto Klemm s Sortim. iAlsred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14 Part, und Konigsplatz 7. Abend-Ausgabe. UchMr TaMatt Anzeiger. Amtsblatt des Äömgttcheu Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. 574. Freitag den 10. November 1899. AnzeigenPrei- die 6 gespaltene Petitzelle SO Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 ge spalten- 50A, vor den Famtliennachrichten (6 gespalten) 40/4 Größere Schriften laut Unserem Preis- vcrzeichniß. Tabellarischer und Ztfiernsatz nach höherem Tarif. Ertra-Vetlagen lgefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./t 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Änuahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je »ine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. S3. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. November. Als das tbeuerste Zugeständniß Deutschlands in dem neuen Samoa-Abkommen haben wir das bezeichnet, das ^ie Theilung der sogen, neutralen Zone im Hinterlande von Togo betrifft. Die „Kreuzztg.", so sehr sie mit dem Gesammtabkommen zufrieden ist und so wenig sie die Vor theile auch der genauen Abgrenzung der Länder jener Zone unterschätzt, vermag sich doch eines „bedauernden Empfindens" über das „Togo-Abkommen" nicht zu erwehren. Sie schreibt: „ES sei zunächst betont, daß der große Vorthcil, der in der nunmehr erfolgten genauen Abgrenzung der dortigen Länder liegt, gewiß nicht verkannt werden darf, und wenn auf England auch etwa des Gebietes entfallen, während Deutschland mit einem Drittel befriedigt ist, so würde uns das nicht im Mindesten peinlich berühren, da es für Deutschland vor Allem darauf ankommen mußte, eine klare Scheidung ein treten zu lassen. Sie ist nun geschehen nnd das ist, wie gesagt, sehr erfreulich und bietet auch für die Zukunft die Garantie, daß Differenzen, die durch Ansprüche von Hoheitsansprüchen aus angeb. lich herrenlose Länder kommen können, nicht mehr bestehen. England bat es aber verstanden, den wichtigsten Handelsplatz jener Gegend für sich zu behalten, wir meinen Salaga, und wir be dauern das namentlich deshalb, weil bereits vor 15 Jahren der deutsche Asrikareisende Gottlob Adolf Krause auf die Be deutung dieses Platzes aufmerksam gemacht hat, der nunmehr end- giltig in den Besitz Englands übergegangen ist, das nicht ermangeln wird, den großen Nutzen sich dienstbar zu machen, den der Besitz dieses hervorragenden Handelsplatzes unstreitig verbürgt." Wir citircn diese Auslassung, weil wir cS für erwünscht halten, daß man an keiner Stelle in Deutschland sich einrede, man sei England für daö Samoa-Abkommen zu besonderem Danke oder wohl gar zu einer nachträglichen Concession ver pflichtet. Wir haben den für uns aus mehr als einem Eirunde höchst wünschenswerthen und erfreulichen Samoa- Besitz ganz anständig bezahlt und haben zu irgendwelcher Nachzahlung, und wenn sie auch nur in Dankbarkeitskund gebungen bestände, um so weniger Anlaß, je weniger es einem Zweifel unterliegen kann, daß England bei seinem plötzlichen Abgehen von seiner früheren „Hartnäckigkeit" seinen politischen Bortbeil nicht aus den Augen verloren hat. Wir stimmen vollkommen dem bei, waö der „Täzl. Rndsch." geschrieben wird: „Wenn die öffentliche Meinung in Deutschland über die cndgiltige Erwerbung der wichtigsten Samoa-Jnseln mit Genugthuung erfüllt ist, so wird es doch gut sein, sich bei der Beurtheilung des eben abgeschlossenen Vertrages nicht blos von dieser Empfindung leiten zu lassen. Tenn wir gerathen sonst in Gefahr, den Eindruck bervor- zuruseu, unser Erfolg sei so bedeutend, daß wir damit gewisser maßen in ein Schuldverhältniß zu England kämen. Für England, daran muß man festhalten, ist der Vertrag nicht wenigervorthcilha ft, als er uns von unserem Standpunkt erscheint. Schon zur Zeit des Fürsten B ismarck war die Frage, welche Eoncejsionen wir für den Besitz der Samoainseln an die anderen Bcthciligtcn machen könnten, eingehend erwogen worden, und es war damals der Plan aufgestellt, daß wir uns gegen die Ueberlassung der Samoa-Jnseln mit der Annexion der Tonga- Inseln durch England und der der Hawaii-Jnseln durch Nord amerika einverstanden erklären sollten. Dieser Plan ist dann liegen geblieben. Wenn England jetzt so viel mehr als die Tonga-Inseln erhält, so wird man dort nicht weniger zufrieden sein dürfen, als wir es sind, die Differenz aus der Welt zu schaffen. Es kommt aber noch ein wichtiger Factor hinzu. England legt im Augenblick mit Rücksicht auf die ihm in Süd-Afrika entstandenen Verlegen, beiten sehr erheblichen Werth auf die Bekundung der Thatsachr, daß seine Beziehungen zu der ersten Militärmacht diebesten sind. Die Enge dieser Beziehungen sollte jetzt durch die Reise des deutschen Kaisers »ach England aller Welt vor Augen ge- führt werden. Man braucht nicht in di» Geheimnisse der Diplomatie ringeweiht zu sein, um die Bermuthnng auszusprechen, daß England — gegen den Wunsch seiner australischen Colonien — Samoa in diesem Augenblicke aufgegeben hat, um für den Besuch des Kaisers etwaige Hindernisse auS dem Wege zu räumen. Dieser Besuch wird jetzt stattfinden und wenn derselbe auch wirklich sich in privaten Verhältnissen halten sollte, so wird sich doch nicht ver hindern lassen, daß er gewisse Wirkungen äußert, aus die es den englischen Politikern sehr wesentlich ankommt. Hierauf wird die öffentliche Meinung in Deutschland sehr aufmerksam sein müssen, um jede Vermischung der jetzt gelösten Fragen mit solchen zu ver hindern, die wie die südafrikanische auf ganz anderem Interessen gebiete liegen. Zu diesem Zwecke aber ist es auch nöthig, nicht den Gedanken in Deutschland auskommen zu lassen, alshabe uns England mit der Ueberlassung derSamoa» Inseln, auf denen ohnehin deutsche Interessen die bei Weitem überragenden waren, einen Dienst erwiesen, für den wir ihm außerhalb der vertragsmäßig be willigten Zugeständnisse noch zu besonderem Dank ver- pflichtet seien." Die „Kreuz-Ztg." hat vor einiger Zeit Auslassungen deS Herrn von Diest-Daber veröffentlicht, in der die Schuld an dem TranSvaalkriegc der schlimmen Börse auf gehalst wurde. Dasselbe Blatt veröffentlicht jetzt eine an vr. LeydS gerichtete Zuschrift aus dem hannöverschen Kreise Gifhorn, in der es heißt: „Möge der schließliche Sieg der Boerrn, den die Massen deutscher Bauern und Landwirthe erhoffen, dazu beitragen, die Macht Les Capitalismus nachhaltig zu brechen. Es liegt im Interesse der internationalen Zinsenzieher, die Culturvölker der Welt hin und wieder in Kriege zu verwickeln." Dazu ist zunächst zu bemerken, daß erfreulicherweise nicht nur die deutschen Bauern und Landwirthe Sympathien für die Borren empfinden, sondern die große Mehrheit deS deutschen Volkes überhaupt, nnd daß eS entweder eine große Thorheil oder eine nicht minder große Nichtsnutzigkeit ist, dem Vertreter eines auswärtigen Staates gegenüber die deutsche Bevölkerung in einer auswärtigen Angelegenheit als gespalten hinzustellen. Zum Zweiten aber hat der „Capita lismus" mit dem Kriege gar nichts zu thun; denn wenn auch England den Krieg gegen Transvaal tbeilweise um der Goldfelder willen führt — nur theilweife, denn das ideelle Motiv der Erlangung der unbestrittenen Suprematie in Südafrika spielt mindestens eine ebenso große Rvlle —, so ist doch an dieser habgierigen Politik daS gesammte eng lische Volk betheiligt und keineswegs nur der CapitaliömuS; ja, die herrschende Partei, die den Krieg angezettelt hat, stützt sich vorwiegend auf die Landjunker. Zum Dritten geboren zu den „internationalen Zinsenziehern" ebensowohl ländliche Sparer, wie städtische. Wenn also die „inter nationalen Zinfenzieber" ein Interesse an der Anstiftung von Krieg hätten, so würde der Vorwurf die ländlichen Zinsen zieher ebenso treffen, wie die städtischen. Die ersten Abtheilungen deS englischen Ersatzcorps beginnen auf dem Kriegsschauplätze einzutreffen. Man meldet unS: * London, S. November. Der Dampfer „RoSlin Castle" ist in Capstadt mit S Bataillonen Infanterie und einer Abthcilnng Lkficiere ein- »etroffen. Neber Sir RedverS Buller'S KriegSplan verlautet natür lich nichts, doch dürfte er zunächst Anstalten treffen, um mit Hilfe der ersten eintreffenden Verstärkungen dem weiteren Vorbringen der Boeren in der Richtung nach Durban an der Küste Einhalt zu thun. Es giebt militärische Sachverständige, die ans Grund der schlimmen Erfah rungen mit Zersplitterung der Streitkräfte im letzten Transvaalkriege die vollständige Ansammlung der Truppen vor Ergreifung der Offensive empfehlen. In diesem Falle würde man aber selbst im günstigsten Falle bis gegen Ende December zu warten haben, waS natürlich die Garnison in Ladysmith verloren geben hieße. Viel wahrscheinlicher ist, daß Buller, sobald er über genügende Streitkräfte verfügt, Ladysmith zu entsetzen suchen wird, eine Aufgabe, die aber nicht leicht sein wird, selbst wenn die Boeren seinem Vorgehen keine anderen Hindernisse in den Weg zu legen vermöchten, als die Zerstörung der Brücken über die jetzt ungemein reißenden Ströme. — In einem nabe bevorstehenden Cabinetsrath soll die Frage der Mobilisirung eines oder zweier weiterer ArmeecorpS, von welcher wir schon berichtet haben, in Erwägung gezogen werden. Wenn nun gemeldet worden ist, daß vom 2. Armeecorps, dessen Mobilisirung bevorstehe, die 1. Division sogleich nach Süd afrika und die drei anderen Divisionen in daS Lager von Aldershot geschickt werden sollen, so kann daS wohl nur die Bedeutung haben, daß die vorhandenen ausgebildeten Mann schaften noch für eine Division auSreichen werden, baß aber für die anderen drei Divisionen erst Recruten angeworben werden müssen und diese in Aldershot ihre erste militärische Ausbildung erhalten sollen, bevor sie auf den Kriegsschau platz nachgesandt werden. Rechnet man auch nur sechs Wocken ans die oberflächliche Ausbildung und drei Wochen zur Ueberfabrt, so dürfte Mitte Januar 1900 herankommen, ehe diese neuen Verstärkungen auf dem Kriegsschauplätze ein treffen können. Wird die Niederwerfung der Boeren mit den jetzt vorhandenen Streitkräften nicht erreicht, so wird man sich also auf eine recht langwierige Kriegführung gefaßt machen müssen. — Die tbatsächlichen Meldungen vom Kriegsschauplatz sind heute gleich Null. Wir haben nur die folgende zu verzeichnen: * London» 9. November. Wie das „Reuter'sche Bureau" aus Estcourt unterm 6. d. M. berichtet, ist nach einer dort eingetroffenen zuverlässigen Nachricht Colenso im Besitze der Boeren. (Das wußte man längst. D. Red.) — Wie amtlich berichtet wird, sollen die an Bord des bei den Cap Berdischen Inseln von einer Havarie betroffenen Transportschiffes „Persia" befind lichen Truppen aus den am 14. d. M. in Southampton abgehenden Dampfer „Goth" gebracht werden. Daß die amtlichen Berichte über die „Siege" der Eng- länder bei Ladysmith die öffentliche Meinung in London sehr ernüchtern würden, war vorauszusehen. Auch die auS der Umgebung von Ladysmith nach Pietermaritzburg kommenden Flüchtlinge, die man euphemistisch „Eilboten" nennt, tragen erheblich dazu bei. Allem Anschein nach sind die Tage von Ladysmith gezählt. Eine Londoner Depesche deS Pariser „TempS" will wissen, General White habe alle seine Munition erschöpft. In London gehe das Gerücht, General French habe sich nach Capstadt begeben, nm dem General Buller die Bedingungen derCapitu- lation vorzulegen, oder um von ihm die Genehmigung zu einem verzweifelten Ausfälle aus Ladysmith zu erkalten. Die Nachricht bedarf aber noch der Bestätigung. — Höchst auffallend ist die folgende Meldung des officiöscn „Reuter'schen BureauS": * EapftaPt, 6. November. Die Meinung ist unzweifelhaft vorherrsche»!», Patz die Bcwunperuug, welche durch de» Muth der v-ereu bet P»u letzte» Kämpfen hervorgeruseu wurde, eiue vortreffliche Vorbedeutung für eine künftige fried liche Beilegung bildet. Die gefangenen Boeren sind jetzt an Bord de« Kriegsschiffe» „Penelope" in SimonStown gut untergebracht, es ist ihnen gestattet. Besuche zu empfangen. Sie drücken alle ihre Dankbarkeit für die freundliche Behandlung auS und zollen der Leistungsfähig keit der britischen Artillerie hohe Anerkennung. Wie außerordentlich liebenswürdig und friedebedürftig die englischen Officiösen auf einmal werden! Eine solche Sprache in dem Augenblick, wo die ersten Ver stärkungen am Cap gelandet sind! Ein nicht miß zuverstehender Wink für die Boeren, die Büchse wieder an dieWand zn hängen in der sicheren Vor aussicht günstigster Friedensbedingungen, jetzt, wo ein neues ArmeecorpS in England ausgerüstet wird! Man muß doch in London — denn von dort ist die Capstadt- Depesche zweifellos bestellt — des Krieges trotz aller Nüstungsbcschlüsse schon müde sein und mit sehr pessimistischen Gefühlen in die nächste Zukunft sehen, wenn man den muthigen Boeren mit solchen in Schmeicheleien eingewickelten Anerbietungen um den Bart gebt! Lord Salisbury Hal gestern erklärt, England werde keine „Intervention" zulassen, vielleicht kommt ihm aber eine „freundliche Vermittelung" jetzt sehr gelegen. — Die Erhebung der Basutvs gegen die Boeren bat sich zum Glück für beide kriegführenden Parteien bisher nicht bestätigt. Kommt es zu einem solchen Ausstande, dann haben die Boeren mit etwa 30 000 neuen Gegnern zu thun, die mit modernen Gewehren bewaffnet sind und damit umzugehen verstehen. Andererseits würden wahrscheinlich sich sämmtliche Capholländer zu den Boeren schlagen, wenn die Schwarzen mit den Engländern gegen die Boeren kämpfen sollten. (Weiteres unter „Afrika".) Nicht sich allein, sondern auch den übrigen europäischen Mächten, die mit und in China ru tbun baben, hat Italien mit der tragikomischen Lan-Mun Geschichte einen üblen Dienst erwiesen. Sein schrittweises Zurückweichen nach einem stürmischen Anlauf, in Cbina festen Fuß zu fassen, hat das Selbstgefühl deS Tsung li Hamen bedeutend gehoben nnd ist geeignet, auch anderen Mächten die Verhandlungen mit China zu erschweren. Recht lehrreich in dieser Hinsicht ist ein Be richt, den daS „Bur. Reuter" von seinem Pekinger Bericht erstatter über eine Unterredung mit einem dem Tsung li Hamen angehörenden chinesischen Staatsmann erkält. Der vom 26. September d. I. datirte Bericht enthält n. A. Folgendes: Der chinesische Minister sagte mir, daß seine Regierung die Unterhandlungen mit Italien als ab geschlossen betrachte. Sie habe den Italienern ihre Vor schläge gemacht, und eS sei nun an Liesen, das, was die chinesische Regierung zuzngestehen geneigt sei, aiizunebiiien oder zurückzuweisen. Aus die Frage nach dem voraussichtlichen AuSgang der Angelegenheit antwortete der Minister, die Chinesen würden unter keinen Umständen von dem Stand punkt, den sie einnehmen, abgeben, und wenn Italien mit dem, was geboten werde, nickt zufrieden sei, so könne man dagegen nichts thun. Er bemerkte ferner, daß Cbina auf Alles, waS die italienische Regierung unternehmen könnte, ge faßt sei. Als die Unterhandlungen durck den Marchese Salvago-Raggi eröffnet wurden und die Haltung der chinesischen Regierung bekannt wurde, da habe man in China und im AuSlande mit gleich starkem Interesse den Gang der Ereignisse verfolgt und allgemein ge dacht , daß die italienische Regierung für den Fall, daß China von seiner spröden und unfreundlichen Haltung nicht abgebe, bereit sein würde, Maßregeln zu treffen, die ibr Achtung verschaffen und den schleckten Ein druck, ter durck den San-Mnn-Zwisckenfall bei den Chinesen bervorgerufen wurde, verwischen würden. Dieses starke Inter esse habe einige Zeit angehalten, bis man einzusehen begann. Fsuilletsii. Äuf freien Lahnen. ?4f Roman von Rudolf von Gottschalk. Nachdruck »rrboteu. „Fräulein Sieber — ist die lebendig herumspazierende Fest» > rede. Neue Bahnen — freie Bahnen! Ich wandere jetzt wieder auf den alten Holzwegen und werde Müde haben, mich durch das Dickicht hindurchzuschlagen. Und jene Bahnen sind excen- trisch genug — das haben wir bei Fräulein vr. Mergenthin und ihrem Grogkränzchen gesehen. Sie sind Alle unter die Anarchisten gegangen; das Fräulein Lortor sitzt wegen einer aufwieglerischen Rede im Gefängniß, und die kleine Telegraphistin, dies stille, tiefe Wasser, leistet ihr Gesellschaft; die kleine Giftkröte Kat irgendwo eine Majestätsbeleidigung ausgespritzt. Nein, nein. Sie haben das bessere Theil erwählt — eine Probirmamsell! Darüber kommen sie Alle nicht heraus, diese neuen und freie» Frauen, und das Zeug, das sie umthun, will ihnen auch nicht recht sitzen." So ging das Gespräch noch längere Zeit hin und her. Clara wurde immer lebhafter, und als sie von den mancherlei Schick salsschlägen berichtete, welche die Anderen getroffen hatten, oa fühlte sie sich selbst immer mehr gerröstet, wurde heiterer uns gewann ihre frühere übermüthig« Laune auf Augenblicke wieder. Alice aber blieb still und in sich gekehrt, und auch auf dem Heim wege verfolgten sie düstere Gedanken; sie hatte immer die Baronin vor Augen, die früher« Gebieterin ihres Vater», und als sie de» alten, verlorenen Mannes gedachte, der jetzt nur eine tobte Nummer im Zuchthause war, füllten sich ihre Augen mit Thronen. Achtes Capitek. Die Sonne neigte sich zum Untergänge, als Alice durch die breiten, aber doch von den hohen Arbeitrrhäusern verdunkelten Straßen des Vorortes nach Hause ging. Lor ihrem Vorgarten sah sie einen Herrn auf- und abpatrouilliren — sie erkannte ihn, es war Herr Färber. Er begrüßte sie sehr höflich. „Ich hielt es für meine Pflicht, Ihnen bei Ihrer neuen Stellung, di« uns öfters in Geschäftssachen zusammenführen wird, meine Aufwartung zu machen." Alice konnte diesen Besuch nicht ablehnen, sie führt« ihn in ihr bescheidenes Gemach. „Sie werden", sagte er, „diese Wohnung jetzt wohl mit einer besseren, in der Stadt selbst gelegenen vertauschen. Es ist hier zwar sehr idyllisch, das Unkraut wächst vor dem Fenster, aber da, wo die letzten Häuser stehen, wohnt es sich nicht anständig genug für eine Äbtheilungsdirigentin — und das Gefühl vollständiger Sicherheit kann man hier überhaupt nicht mehr haben." „Das Gefühl werd' ich nie haben", versetzte Alice, „wenn ich in Ihrer Nähe bin." „Da» klingt fast wie eine Schmeichelei", sagte Herr Fächer, „und ich weiß nicht, womit ich sie verdient habe." „Ich wünsche, daß unsere Annäherungen stets geschäftlicher Art sein mögen." „Wir wissen Alle, daß Sie zn den grausamen Schönen ge hören — und diese Sorte Haden wir sonst nicht aus Lager. Doch da» ist ungewöhnlich, da» ist reizend — und so wie ich denken und fühlen fämmtlich« Angestellte de» Hauses Hörberg — und wenn ich mir die respectwidrige Bemerkung erlauben darf — unser Chef ist bi» über die Ohren in die reizende Povbirmamsell, bitte um Entschuldigung, in die reizende Abtheilungsdirectrice verliebt." „So thun Sie am besten", versetzte Alice, „ihm au» der Sonne zu gehen." doch, wohl nicht Ihr Wunsch! Ich bin überzeugt, unser Principal ist nicht nach Ihrem Geschmack; da haben wir Anderen mehr Chancen und wir kümmern uns nur im Geschäft um ferne Ordres. Im Uebrigen sind wir freie Leuie und es ge fällt un» gar nicht übel, wenn wir ihm dies beweisen und ihm einen Possen spielen können. Weiß« Sklaven sind wir nicht — und da» sollen auch Sie nicht sein, Fräulein Alice! Und so komme ich zu dem eigentlichen Wunsch«, der mich herführt, folgen ^"imr jn den Apollosaal; wir wollen dort mit den Lustigen lustig sein; er mag sich ärgern, rvenn er'» erfährt.'" "Ak wissen, ich besuche solche Locale nicht." denn wie ein« Nonne leben? Haben Sie denn e>n Gelübde gethan? Fast möchte man's glauben. Sind Sie denn gar nicht eitel? Sie werden dort alle die Mädchen über ¬ strahlen wie Meißener Porzellan die Bunzlauer Töpferwaare — und ich werde stolz sein, Sie am Arme zu führen." „Verzichten Sie auf diesen Stolz! Ich bin keine Verkäuferin wie die anderen, die am Sonntag mit anderen Maaren Handel treiben als in der Woche — ich paffe nicht für diesen Jahrmarkt!" „Nun, so wollen wir hier ein Stündchen plaudern", sagte Herr Färber, indem er seinen Strohhut auf einen Goethekopf setzte, die einzige Büste in dem schmucklosen Gemach, und sich selbst auf den Fenstertritt zu den Füßen der Angebeteten, die dort auf einem Stuhle Platz genommen und zum Fenster hinaus blickte, die Anwesenheit des leidenschaftlichen Verehrers gar nicht beachtend. Herr Färber ließ sich durch diese Gleichgiltigkeit nicht stören; in stolzem Selbstgefühl sah er darin nur eine Koketterie, die ihn ermuthigte, und verfiel nun ins Lyrische, indem er ein Füllhorn von Ltreiinten und ungereimten Schmeicheleien ihr zu Füßen schüttete. Der einzige Dichter, den er kannte, Heinrich Heine, wurde seiner poetischen Blüthen beraubt und von der Loreley, die ihr goldenes Haar kämmt, bis zur Prinzessin Ilse, di« den sorgentranlen Gesellen gesund küßt, kamen alle die un- sterblichen Weibspersonen au» dem Buch der Lieder zu ihrem Rechte. Alice hörte nicht darauf, sie sah zum Fenster hinaus, tief in Gedanken versunken. Da plötzlich — sie hatte eine Vision — sie starrte hinaus wie cruf etwas Geisterhafte», etwas Unglaubliches, Unmögliches; sie sprang vom Stuhle auf, daß unten ver plätschernde VerSfluß inS Stocken kam und auch Färber in die Höhe fuhr, aus allen seinen Himmeln gerissen. Denn weder die Loreley, noch di« Prinzessin Ilse konnten das Mädchen in solche Aufregung ver setzen, am wenigsten er selbst — da» war eine schmerzliche Ent täuschung. Doch was war geschehen? Er wollte sein glatt gescheiteltes Haupt dem Fenster nähern, doch jetzt riß ihn Alice mit Ent schlossenheit zurück. „Lassen Sie mich — verlassen Sie mich — ich bitt« Sie darum, ich befehlt es Ihnen!" Diese Erregung machte Eindruck auf Herrn Färber. Auf einen Hausfriedensbruch wollt« er eS doch nicht ankommen lassen, er nahm seinen Strohhut vom Goethekopf. „Ein andere» Mal", sagte er, „Sie haben heute Anwand ¬ lungen, die für den Nervenarzt intereffanier sind als für den Liebhaber." Und mit einem flüchtigen Gruß schritt er zur Thüre hinaus. Vor dem Borgarten draußen auf der Straße begegnete er einem Herrn, der an den Nachbarhäusern die Nummern studirte. „Entschuldigen Sie — wohnt hier Fräulein Bärmann?" fragte er. „Mag wohl sein", versetzie Färber, „wer kennt das Volk, das hier herumwohnt, wo die letzten Häuser stehen?" Und leise den Hut lüftend, schritt er an dem Fremden vor über, wandte sich aber noch einmal um — sollte der Unbekannte sich mit Fräulein Bärmann in magnetischen Rapport gesetzt und die Nervenzuckungn veranlaßt haben, von denen daS arme Mädchen offenbar heimgesucht worden war? Und die Antwort auf diese Frage ließ nicht lange auf sich warten. Alice erschien im Vorgarten; der fremde n>ir<>» aui sie zu, und wenn aus den Fenstern der argusäugigen Riesenhäuier ringsum neugierige Blicke auf die Vorgänge in dem kleinen Zwischengartrn geworfen worden wären — wo da ein liebendes Herz schlug. es Hütte feine Freude haben müssen an diesem innigen Wiedersehen. Färber eilte nach Hause mit der festen Absicht, seinem Ches davon am nächsten Tage zu berichten, das würde «in« heilsame Abluylunq sein. Und er vrauctue sich seldsi nicht allein <u araern; ein Anderer ärgerte sich mit ihm und durch di« Schadenfreude darüber wurde der eigene Verdruß gemildert. In der That, e» war Timotheus — er hatte Wort gehaltea — und auf solch« Treue konnte man hoffnungsvoll «in ganzes Leben aufbauen. Die Dämmerung sank immer tiefer und die Schatten der Nacht brachen herein, und plaudernd saßen die Beiden noch immer im dunklen Zimmer — «z wurde ja erhellt durch dir schönsten Verkündigungen und Hoffnungen. Es waren traurige Zeiten, welch« Timotheus anfangs jenseits des OceanS verlebt Latte, bi, e, ihm gelang, da, Veiirauen eines vermögenden deutschen Kaufmannes zu gewinnen, der in der Nahe der Niagarafälle in Lockport woynte, aber ost in g-sckä'i lickien Angelegenheiten New Hort besuchte. Timotheus, der sein mitgebrachtes Capital so wenig wie möglich angreifen wollte, hatte sich dort Verdienste in sehr untergeordneten Stellungen ge-
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