Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.11.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991114029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899111402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899111402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-14
- Monat1899-11
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Soirnaibendspwblicum hatte sich eingefunden, alle die Tausende, die ihnen SonntagSbraten mit unzähligen Debatten erfeilschen müssen, drängten und stießen einander in dichtem Gewirre. ,Molt — was eine Menschheit!" seufzte die Großmutter mehr als einmal- Sie kam sich ost vor, trotzdem sie doch schon eine Anzahl Jahre in Berlin wohnhaft war, als sei sie unter Hotten- totten versetzt, und der Gedanke an das Hermathsvrtchen, aus dem sie auch Nettchen hatte kommen lasten, an die Still« und Unzugäng lichkeit einer ganz kleinen Stadt, erfüllte sie zuweilen mit weh- müthiger Sehnsucht. Plötzlich, — sie waren mit den vollbepackten Körben vor den Ausgang gekommen und standen nun im Gewühl des Alexander- Platzes, stieß sie einen Schrei der Ueberraschung aus. Ihre Tochter ließ vor Schreck das Fischnetz fallen und drängte sich herzu. „Was zieht es denn, Mutter?!?" Da stand die alte Frau, den Sonnenschirm hoch erhoben, und zeigte zitternd nach den Placaten der Anschlagssäul« hin. Frau Brinkmann folgte dem Blick«. „Gott", murmelte sie ganz schwach, — „ist es denn möglich?" Dort gläntzte von der oberen Hälfte der Litfaßsäule her ein weithin strahlendes Bild. An einem Fallschirm, der aus ultra marinblauen Wolken zur Erde niederschwebte, Hinz eine Frauen gestalt in rosarothem Tricot. Das Gesicht war dem Beschauer zugewandt. „— Netlcheni!" — stießen die beiden Frauen wie aus eine a Mund« hervor. Nettchen hing an dem Fallschirm mit unbesorgter Grazie. Sie lächelte wie eine Circusreiterin, die einen schwierigen pag ausfllhrt; das Außerordentliche aber an ihr waren ein paar tür kische Pantoffeln und «in um den Kopf gewundener rother Fez. Di« beiden Frau«n hatten sich angstvoll ganz nahe ge drängt. „Nettka, das Aeronautenmädchen aus der Türkei", lasen sie. „Größtes Wunder der Neuzeit. Wird ihren lebensgefährlichen Ausstieg mit dem Ballon des Lustschiffrrs Hasemann am Sonn tag drn zwölften August von d«r „Neuen Welt" aus unter nehmen." — „Das Mädel is mal' 'n strammer Kerl", sagt« irgend Jemand, der im Rücken der beiden Frau«n stand, und drängte sich zu d«r Anschlagssäul«. Plötzlich verstummt« er und riß «rstaunt die Augen auf. Ein« alt« Frau fuhr wie besessen herum, mit empört erhobenem Schirm. Er sah in rin gang entstellter Gesicht, aber eh« er noch recht zur Besinnung kam, hatte eine zweite Frau di« zornige Greisin bereits unter dem Arm gepackt und mit sich fortgezogen. „Tochier! Tochter!" jammert« die alte Frau» „wie ist es möglich?" Sie war wie um den Verstand gekommen, vermochte es nicht zu fassen. „Dies Kind, was ich auf den Knie«n ge schaukelt habe." „Paul", sagt« die Mutter leise, „mein armer Junge!" Das war Alles, was sie sprachen. Schweigsam, den Blick zu Boden gesenkt, keuchten sie unter der Last ihrer Einkäufe weiter. ,,Wi« ist es möglich?" murmelte di« Großmutter nur mit unter wie im Traume. Plötzlich, sie hatten noch nicht ihre Straße erreicht, blieb di« Großmutter stehen. „Nimm den Blumenkohl, Marie, und den Wirsing", sagte sie. „Ich kanm nicht mit nach Haus«. Ich muß hinaus nach der Hasenhaide!" ,^Was willst Du thun, Mutter?" fragte Frau Brinkmann ängstlich, indem sie in das erschöpft« Gesicht der alten Frau blickte. „Laß mich sein, Marie", entgegnete die Greisin. „Du kannst mich nicht hindern, und nicht der Papst könnte es. Ich muß hin und die Martell zur Raison bringen." „Mutter, Mutter, Du darfst nicht allein!" „Laß mich sein, Marie. Da kommt schon die grüne Pferde bahn. Leb' wohl, Marie, und warte nicht mit dem Essen. — Das wäre so das Letzte — Türkenmädchen! Und Luft ballon! !! Es war Spätnachmittag und in dem stillen Wohnzimmer lag der Letzte Strahl der scheidenden Sonne. „Starr nicht so auf die Straße hinaus, Paul", bat die Mutt«r, di« still am Tisch gesessen und zu ihrem Sohn« hinüber geblickt hatte. „Seit einer Stund« stehst Du nun schon so. Komm doch her, mein Junge. Sprich Dich doch aus." „Wo die Großmutter bleibt!" sagte Paul, als habe er die freundliche Aufforderung gar nicht vernommen. Seine Stimme war tonlos. „Sie müßte doch zurück sein." „Es ist ein weiter Weg nach der Hasenhaide, mein Kind. Und Nettchen wird sie nicht gleich wied«r fortgelassen haben — die alte Frau." Frau Brinkmann's Stimme zitterte. „Wenn ich's mir nur erklären könnte!" fügte sie nach einer kleinen Weil« hinzu. „Wi« ist sir auf*solche Abenteuer ge kommen. B«i uns hat sie nur Gutes gesehen und gehört." „SS liegt ihr vielleicht im Blut", sagte Paul, noch immer mit der unbewegten Stimme, mehr vor sich hin. „Sie kam wie ein fremder Vogel zu uns. Sie hat Flügel gehabt von Anfang an. Ich hatte immer nur einen kurzen Fuß." „Paul!" rief die Mutter aus. „Paul", setzte sie leise, weich hinzu, „sprich nicht von Flügeln! Du hast die Flügel, armes Kind, — nicht sie, und sie wird stolpern und fallen und die Arme nach Dir ausstrecken —" „Nie!" flüsterte er, indem er vom Fenster trat. „So kommt es nie!" Er ging auS dem Zimmer, und langsam, aufst«lzend mit seinem kurzen Fuß, stieg er die Treppe zum Giebel hinan. Dort lag die Kammer, in welcher er seine Bücher, seine Raritäten und altes Kinderspielzeug untergebracht hatte. Hierher zog er sich oft zurück, um unter den kleinen Besitzthümern zu kramen. Das Bodenfenster stand offen, und als er in die Kammer eintrat, wehte ihm eine frische, sanfte Luft entgegen, wie sie nur hoch über den Dächern schwebt. An diesem Fenster hatte er einst gestanden und N«ttchen's Namen geschrieben, als sie hinausging aus dem Hause in die unbekannt« W«lt. In dieser Kammer standen die Kindersachen, der kleine Tisch und der winzige Stuhl, der Puppenwagen, hinter dessen Gar dine ein zerzaustes Säugekind der Unendlichkeit entgegen schlummerte. Paul hob den kleinen Vorhang und nahm das Kind heraus. Es war in gänzlich unbekleidetem Zustande, und auf dem zerkratzten Rücken aus PapiermachH hatte Nettchen mit einer Haarnadel die Worte eingravirt: „Meine und Paul s Tochter. Im Alter von zwei Jahren." Und mit der Puppe im Arm durchstöberte er nun da- ganze, kleine Reich. Er hob die Kochtöpfchen empor, in denen noch ein steinhart vertrockneter Rest von Brod und Chokolade nistet«. Er ergriff die Schiefertafel, auf d«r krumme, widerwillige Einsen standen, und betrachtete brennenden Auges die Hieroglyphen, dann setzte er sich vor den Kindertisch und studirte die Inschrift: WaS ich mir wünsche: Zwei Sack voll Gold. Den Kronprinz als Mann. Ein klein Hund, der Ami heißt. Ein Lächeln huschte über Paul's Gesicht. Aber «s schnitt nur zwei Furchen um den Mund. So war sie schon damals gewesen — weit fort mit der Phantasie von ihrem brscheidenen Kreis —, bunte, verworren« Träume, Wünsche nach Besitz und kindische Gedanken hatten in ihrem Kopfe herumgewirbelt — aber bei Allem, was sie dachte und träumte, war nie rin Gedanke an ihn, eine Zukunftsillusion, di« sich mit ihm be schäftigt hätte, mit untergrsloflrn. Abend-Ausgabe lto I »71» I 4^ MpMerTaMM Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Jahrgang. Dienstag den 14. November 1899. LUI« 3j X»Uvsrtkea tksrlrt. Lrr- Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/»? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um b Uhr. 84,2V bl» 41» 4VS 353 435 560 15850 LS4.S0 122.10 250,50 185,25 198.10 215,— 124,— 128,— 92,50 65,40 211,— 381,— er. o,ov. 7UI >rd» »ak letzteren Kaiser- persön- Staats- ist vaS ,.8»ea/Luvr. Mr". vsrdotsa.) w»rllt« bei odt» »a ä«r ^«dlst» vor- 8»ka«a Isd- a srvLn »d- 100.75 136,90 156,40 137,— a l»KI >»»t. 116,— 126,80 126,60 356,— 59460 383.75 164,90 325,— 162,— 115.75 154,10 213,— 171,50 123,— 262,— »td. d. >»ld »do >a >r «ick 11. -kr. >«a 0.01). 0,08). 381,— 285,20 122,50 139,— 180,— 2/6,— 158,90 163,75 153,— 119,10 Anwesenheit in Potsdam den Grasen Bülow während der mit ihm noch dem Galadiner gepflogenen längeren Unterhaltung auS Anlaß des in der Samoafrage erzielten Erfolges kürzlich beglückwünscht hat." Graf Bülow weiß ganz sicher, daß dieser Glückwunsch in irgend einer Form zurückgenommen werden würde, wenn er eS in England nicht verstände, jeden etwaigen Versuch, für Samoa noch irgend eine politische Nachzahlung herauS- zupressen, ebenso höflich wie entschieden von vornherein als aussichtslos erscheinen zu lassen. in erster Reihe behufs Erzielung günstiger Handelsvertrags bedingungen in Aussicht genommenen — autonomen Zoll tarifs gesprochen und dahin resolvirt: „Die Sicherung des Außenhandels ist die weitaus wichtigste Ausgabe der deutschen Zoll- und Handelspolitik". DaS ist natürlich so zu verstehen, daß der Import fertiger Erzeugnisse dem Export mindestens gleichwerthig und daß die deutsche Landwirthschaft, die am „Außenhandel" direkt nur sehr schwach betbeiligt ist, eine gunntilö nsgligeadle sei. Von der Freisinnigen Bereinigung ließ sich nichts Anderes erwarten; eS hat drum nichts zu sagen, WaS sie wirthschaftSpolitisch beschließt. 103,70 87,- 87.75 94.80 81.80 56.30 92.30 76.30 87.50 Armahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgab«: Bormittag- 10 Uhr. Morgen -Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halb« Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu Achten. lal. cko. ul» n. 1.a1. >-kr iüe äor. -?r. Redaktion und Expedition: JohanniSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Sm. Sckt. I.-8. Io. Filialen: Ltto Nlemm'S Torlim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und Königsplatz 7. Auf die Anfrage eines Engländers, wer eigentlich der Erbfeind Frankreichs sei, Deutschland oder England, gicbt Paul de Cassagnac in der „Autoritö" folgende energische Antwort: Natürlich England, darüber kann nicht der geringste Zweifel herrschen. Frankreich haßt nickt etwa instinktiv und von einem natürlichen Drange getrieben Ihr Land. Ganz im Gegentheil! Seine Natur würde es vielmehr dazu treiben, Ihnen sympathisch zu sein. Leider bat aber England seit bald 500 Jahren nie aufgebört, Frankreich beraus- ruforvern und anzugreifen. Seit England besteht, haben wir nur Feindseligkeiten und schlechte Behandlungen von ihm zu er dulden gehabt. Fasckoda, die jüngste, noch brennende Be leidigung, ist nur ein Glied einer ununterbrockenen Kette von Unbilden. Uebrigens hat ja ein Denker, der Historiker Malone, der für einen der überleztesten und kühlsten Gelehrten Ihres Landes ausgegeben wird, in zwei sehr erbaulichen Zeilen die sämmtlichen Gefühle, die man bei Ihnen für uns hegt, zu sammengefaßt. Er hat zu schreiben gewagt: „Alle Freunde des Menschengeschlechts müssen wünschen, daß Frankreich aus der Erdkarte gelöscht werde!" Und diesen Zweck ver folgt man in England ohne Rast und Erbarmen. In Afrika, in Asien, in Europa, überall, wo es Frankreich schaden kann, läßt es überlieferungsmäßig keine Gelegenheit dafür unbenutzt vorübergeben. Eine derartige ununterbrochene Haltung regelt also die Frage, die Sie mir stellen. Gewiß hegen wir Deutschland gegenüber keine zärtlichen Gefühle. ES hat uns etwas zugefügt, was wir weder verzeihen noch vergessen können. Denn wenn eS in einer früheren Geschichtsepoche möglich war, uns eine oder zwei Provinzen ohne dauernden Schmerz abzuschneiden, so ist daS nicht mehr der Fall, seitdem die Nationen sich auf der unerschütterlichen Grundlage des Patriotismus begründet haben. An eiue Nation unter diesen neuen Lebensbedingungen rühren, beißt ihr eine unheilbare Wunde znfügen, die ewig bluten muß. Aber man kann, sollte es sich auch um eine reine Hypothese bandeln, sich den Fall vor stellen, daß eines TageS diese Ursache des Hasses und mit ihr ganz zweifellos unser Groll gegen Deutschland verschwindet. Kurz, der Haß Frankreichs gegen Deutschland ist das Ergebniß einer That- sache, die vernichtet werden kann. (Nur durch einen neuen Krieg beider Völker, in welchem Frankreich siegreich wäre. D. R.) Aber der Haß Frankreich- gegen England rührt einfach aus der Feststellung her, daß wir von Ihrem Lande seit fünf Jahrhunderten neidisch, eifersüchtig, heuchlerisch verfolgt werden, daß es uns keine Beleidigungen und Demüthigungen erspart, trotz allen unseren loyalen AuSsöhnungSversuchen. Da« besagt, daß die Ver söhnung mit England nicht einmal von uns abhängt. Jedes Mal, wenn wir die Naivität soweit trieben, das zu versuchen, sind wir schmählich betrogen worden. In jedem Engländer Anzeiger. ÄMtMatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. tt»mdare Ik»ka Xr. K oxstrottsa. ^ial«ä»iapk«r io L»ltlmor» »cd kr«m«o, U) »L»ed«o^ ra blc>otr«»l 8t. 1Aow»> re. voo 6o- S»rdl»- v»cd o, »II» »cdt te»rt* »»cd 6«oo», von so, »II» ckiM oioock»iopl«i I) ickl«o, <12 UI <i2 u> »It»r <ISÜ> ioi«ck»wol«! .v»rw Das Pflegekind. Roman von Elsbeth Meyer-Förster. Nachdruck vcrbotkü. Es war an einem warmen Augustvormitlag, als die beiden Frauen, Paul's Mutter und die Großmutter, der Central-Markt halle zustrebten, um für den bevorstehenden Sonntag ihre Ein käufe zu machen. Paul's Mutter trug das Fisch- und Gemüsenetz, während die ältere Frau eine Eiickauftasche am Arm« hielt, auf welcher herausfordernde bunte Paradiesvögel in Dicker Mooswolle sich von blauem Stramin abhoben. Still gingen die Frauen ihres Weges, Beide in dieselben Gedanken versunken. Sie dachten an Pauk. Er war schweigsamer noch geworden, verschlossener denn je; eine unsicht bare Mauer hatte sich zwischen ihm und den beiden ihn so zärtlich liebenden Frauen aufgebaut. Er hatte flüchtig sein Erlebniß in der Hasenhaid« erwähnt, ihnen in kurzen, rauhen Umrissen ein Bild von Nettchen's nunmehrigem Leben gegeben; dann war er verstummt, halt« sich in sich selbst zurückgezogen und alle weiteren Fragen mit Starrsinn abgewiesen. Ader während er selbst auf jedes weitere Eingehen auf das Schicksal der heimlich Geliebten verzichtete, bot das Thema für die Mutter und Groß mutter einen unerschöpflichen Gesprächsstoff. „Was meinst'?" fragt« di« Großmutter, „er hat sein Herz an die wilde Marirll gMngt", — und di« Mutter seufzt« tief. Voll einmüthigen 2chm«rzes erwogen sie die Mittel und Wege, ihrem Jungen seinen Seelenfrieden wiederzugeben. Sie hatten beschlossen, an Nettchen einen langen, eindringlichen Brief zu schreiben. Sie wollten ill' ihren Groll gegen das leichtsinnig« Kind bekämpfen, in mütterlichen Worten die einstig« Pflegetochter zurücktzurufen suchen in ihr Haus, an ihr um den einzigen Sohn besorgtes Herz. Ueber drn Wortlaut dieses Briests beriethrn sie nun, während sie die Marshall« zerstreut durchschritten. Sie waren herge- lommen, um «in Rinderfilet, einen Ochsenschweif, Kohlrabi und Obst einzuhandeln- Aber indem sie von Stand zu Stand, von Bude zu Bild« gingen, irrten ihre G«da>nk«n auf Abwegen, und fortwährend sagt« die Mutter, während sie mechanisch das aus- lilegt« Gemüse betastete oder «ine Messerspitze Butter kostet«: „Sie liebt ihn nicht, und sie hat kein H«rq. Ich wußt« eS 'hon damals, als sie noch mit ihm Vater und Mutter spielt«." Immer dichter wurd« d«r Trubel, in den sie geriethen. Da» Bezugs-PreiS sti der Hauptexpedition oder drn km Stadt- bezirk und den Vororten errichteten AuS- aabestellen abgeholt: vierteljährlich^4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteyührlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung ins Ausland: monatlich ^l 7.50. 'rräLS -Lot., 13b»!, »elüel 74'l, 7.1/8. K 553,— sl157.- U«o 3620 mag es schon einen ehrlichen Mann geben, aber England als Nation ist eine Nation von Hallunken. Seit der Ernennung de-neuen KriegSministerS Crusebjörn ist in Schweden wieder plötzlich die Frage einer neuen HeereS reform in den Vordergrund getreten, obgleich erst vor 7 Jahren eine kostspielige Umwandlung deS schwedischen Heerwesens beschlossen worden war. Aber es haben sich bei der Umwandlung so schwere Uebelstände ergeben, daß man wieder von Neuem reformiren muß. Man sieht immer mehr ein, daß eS mit dem bisherigen System der geworbenen Truppen und der unbedeutenden Uebungspsticht der übrigen Militärpflichtigen nicht Weiler gehen kann, wenn man ein gutes, vollzählige-Heer haben will, und deshalb bat der neue Kriegsminister die Absicht, die neue Militärreform auf Grundlage einer aus gedehnten Dienstzeit auszuarbeilen. Bei dem großen Umfang dieser Reform ist jedoch nicht darauf zu rechnen, daß sich schon der nächste, im Januar zusammentretende Reichstag mit einem derartigen Entwurf zu beschäftigen baden wird. Indessen liegen auch noch genug andere militärische Pläne vor, so namentlich die Anlegung von Küstenbefestigungen und einer Festung im nördlichen Schweden. Letztere würde bei der Eisenbahnstation Boden angelegt werden und den Zweck haben, eine Stütze gegen einen etwaigen Angriff von der finnischen Grenze her zu bilden. Aber alle auf der skandinaviichcn Halbinsel, sowohl in Schweden wie in Norwegen getroffenen Bertheidigung-maßregeln erhallen doch erst ihre wirkliche Slärke durch festes Zusammen gehen Schwedens und Norwegens. Würbe ein Bruch der Union erfolgen, wie dies von einem Theil der norwegischen Radikalen gewünscht wird, so wäre jede- der beiden Länder hilflos einer fremden Großmacht preisgegeben. Aber vereint könnten Schweden und Norwegen bei ihrer in strategischer Hinsicht ungemein vorthcilhafien Lage selbst einer großen Macht mit Aussicht auf Erfolg widerstehen. Der Parteitag der freisinnigen Bereinigung, über dessen Sonnabend-Verhandlungen zur.Flottenfrage wir gestern be richtet haben, ist erst am Sonntag geschlossen worden. Wir wissen nicht, ob von Anfang an zwei Tage in Aussicht ge nommen waren, oder ob man einen Tag zugelegt bat, weil etliche Gernredner sich sonst verkürzt gefühlt hätten. Der zweite Tag war dem „Specifischen" gewidmet; dahin rechnen wir auch die Art der Be Han vlung des Arbeitswilligen gesetzes, nicht seine Verwerfung, die in dieser Verhandlung nach der bisherigen Stellungnahme der Partei selbstverständ lich war. Das zu dem Gegenstände von vr. Freund, dem Dircctor der InvaliditätS- und Altersversicherungs anstalt Berlin, erstattete Referat scheint sich — ein ausführlicher Bericht darüber liegt nicht vor — der Sachlichkeit beflissen zu baben. Dann aber trat Herr Rösicke auf den Plan, um jedes auf besseren Schutz der Arbeitswilligen gerichtete Streben als einen Ausfluß des Terrorismus zu brandmarken. Der Redner empfabl bei dieser Gelegenbeit den Freisinnigen, ihre Stellung zur Social demokratie „einer Revision zu unterziehen". Herr Rösicke ist nur Hospitant der Fraktion der freisinnigen Vereinigung im Reichstage. Deren ordentliches Mitglied und thatsächlicher Führer vr. Barth spann aber den angeknüpften Faden eifrig weiter. Er ist entschieden für „engere Füblung" mit den Socialdemokraten: Furcht vor dieser Partei ist ihm Furcht vor einem Phantom. Auch Herr Rickert sprach sckarf gegen die Arbeitsschutzvorlage und jeglichen Arbeitsschutz. Bei dieser Ein- mütbigkeit sindjaber zweiErscheinungen recht beachtenSwerlb. Als ein Herr Nathan auS Magdeburg eine Massenpetition gegen die Regierungsvorlage anregte, winkte Vr. Barth energisch ab. Zweiten«: di- einzige *>er freisinig-n Ver-inignnz nahe stehende Berliner Tageszeitung, daS „Berliner Tageblatt", tbeilt von den oben wiedergegebenen Aeußerungen über die Socialdemokratie nicht eine Silbe mit. Wir verdanken ihre Kenntniß einem extremradicalen Monlagsblatte, für dessen „national-socialen" politischen Redakteur Herrn v. Gerlach es wiederum kennzeichnend ist, daß eS jede Angabe über die von diesem Parteitage zur Flottenfrage ein genommene positive Haltung unterdrückt. Hoffentlich thut die conservative Presse nicht daS Gleiche, wenn sie, wie es bei ihrer Eigenart nicht ausbleiben kann, es als „bedeutsam" denuncirt, daß mit einer Partei, mit Angehörigen, die „engere Fühlung mit der Socialdemokratie" wünschen, wahrscheinlich sehr platonisch wünschen, die preußischen Nationalliberalen in der Canalfrage „an einem Strange ziehen". In der Flotten frage thut dieselbe conservative Partei dasselbe mit derselben Freisinnigen Vereinigung. Die Politik führt eben zu seltsamen Schlafgesellen. Daß mit der „Vereinigung" für eine gemäßigte politische Partei im Allgemeinen und für eine auf mittlerer wirthschaftSpolitischer Linie sich bewegende Partei insbesondere kein Bund zu flechten ist, hat dieser Parteitag wieder dargethan. Man hat heftig gegen die Aufstellung eines — Eptra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefüttxrung 60.—, mrt Postbeförderuug 70.—. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 ge spalten) 50/H, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- derzeichaiß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Der Vorhang hebt sich über dem Kriegsschauplatz. Wir erhalten folgende, schon durch Extrablatt bekannt gegebene wichtige Meldung: k. Londvu, 13. November. (Priv. Tel.) An-Turba» wird vom Louuabend gemeldet: Joubert berennt seit 48 Stunden von allen Setten White - Lager mit der gesammten Artillerie und Infanterie. Ladysmith brennt, »ur zwei Marinegeschütze antworten noch der schweren Voere»-Ar- tillerte auf dem Jsimbulwana und dem Lombardskop. White verthcidigt verzweifelt das Hochplateau des Lagers. Heute wird der Entscheidung-sturm erwartet. Das wäre also am Sonnabend. Bis heute, Dien-tag Mittag, ist die Capitulation der Stadt noch nicht bekannt gegeben, was nicht ausschließt, daß sie bereits seit einigen Tagen gefallen ist. Die HiobSposten werden stückweise verabfolgt, um den letzten unvermeidlichen Schlag nicht zu schwer fühlbar werden zu lassen. Wahrscheinlich ist Ladysmith schon genommen und General White mit seiner Armee gefangen. Dann könnte General Joubert seine Hauptmacht dem in Durban sich concentrirenden Feinde ent- gegenwersen. Wo das geschieht, ob in Durban selbst, ober in Pietermaritzburg, oder ob die Boeren sich bei dem gut be festigten, ihnen außerordentlich günstigen Terrain von Colenso verschanzen, ist noch Geheimniß ihre« KriegSratheS. Daß sie nicht jetzt schon in Durban stehen, erklärt sich einfach daraus. »»tt. liüe »da oa >«: Ledvaed. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. November. Die im heutigen Morgenblatte mitgetheilte Nachricht, daß der deutsche Botschafter in London Graf Hatzfeld die Stadtvertretung in Portsmouth benachrichtigt hat, der Kaiser müsse es ablehnen, die in Aussicht genommene Willkommenadresse anzunehmea, da sein Besuchst» England streng privater Natur sei, beweist erstens, daß der Kaiser — ohne dessen ausdrückliche Ermächtigung Graf Hatzfetd selbst verständlich nicht gehandelt hat — recht Wohl weiß, welche politischen Anspielungen die Sladtvertretung von PortSmoutb in eine Willkommenadresse einschmuggeln möchte, und daß er allen derartigen Anspielungen ebenso auS dem Wege zu gehen entschlossen ist, wie einer Antwort, die nicht ander- al- abweisend lauten könnte und deshalb verstimmend wirken müßte. Die Nachricht wird daher dazu beitragen, die Besorgnisse zu beschwichtigen, mit denen man in Deutschland trotz der wiederholten officiösen Versicherungen, daß die Reise einen streng privaten Charakter trage, dem Aufenthalte deS Kaisers in England entgegensah, weil man die englische Unverfrorenheit zur Genüge kennen gelernt hat. Auch die weitere Meldung, daß der Staatssekretär des Aus wärtigen, Graf Bülow, den Kaiser begleiten werde, erhält durch die Erklärung des Grafen Hatzfeld einen beruhigenden Charakter. Wenn die „Nat.-Lib. Corr." zu dieser Meldung bemerkt, auch die Fahrt des deutschen paareS nach Jerusalem habe einen absolut lichen Charakter getragen und trotzdem habe der sekretär deS Auswärtigen den Kaiser begleitet, so zwar richtig, kann aber bei der jetzt bevorstehenden Reise nicht in Betracht kommen, weil die Ierusalemfabrt nicht in ein Land ging, daS mit einem anderen in einen Krieg ver wickelt war, in dem Deutschland strenge Neutralität zu beobachten hatte. Die Begleitung des Kaisers durch den Grafen Bülow hat vielmehr in Verbindung mit der Erklärung des Grafen Hatzfeld deshalb einen beruhigenden Charakter, weil Graf Bülow augenscheinlich als Blitzableiter fungiren soll, auf den alle politischen Insinuationen abgelenkt werden können. Seine Rolle wird bei dem Charakter der englischen Minister und besonders Cbamberlain'S keine leichte sein, aber sein schon bei verschiedenen Gelegenheiten bewiesenes Geschick wird cs ihm hoffentlich ermöglichen, von seinem kaiserlichen Herrn Alles fern zu halten, WaS diesen nöthigen würde, deutlicher, als eS sich mit dem eigentlichen Zwecke seines Besuches ver trägt, jede Verdunkelung dieses Zweckes abzuwehren. Be merkenswerth ist übrigens die Ausführung, welche die „Nat.-Ztg." an die Meldung von dem Entschlüsse deS Kaisers, sich vom Grafen Bülow begleiten zu lassen, knüpft: „Von unterrichteter Seite wird darauf hingewiesen, daß Deutschland nach wir vor entschlossen ist, seine allgemeine Politik weder England noch Rußland gegenüber zu binden. Bei den Abkommen, die zwischen Deutschland und England getroffen worden sind, handelte cs sich ausschließlich um locale Fragen, durch welche die allgemeine Politik nicht berührt wird. Es ist daher völlig grund los, wenn der „Temps" sich aus Berlin telegraphirrn läßt, die Veröffentlichung der deutsch-englischen Convention über Samoa habe den Zaren und den Grafen Murawjew überrascht und diese an ein englisch-deutsches Uebereinkommen betreffs anderer An gelegenheiten glauben lassen, so daß eine russisch-deutsche diplomatische Action nunmehr ausgeschlossen sei. Es kann auf Grund zuver- lässiger Mittheilungen bestätigt werden, daß der Zar bei seiner >dtr. r<td. »ad. a !t-X a»t. ÜSit. ad. t". ,.-S. Isvd «U. Mit. .Sä. vat »a »rä. LVS,—- ev^s 210,— c 175,— 167,05 L». 215,50 1,. 212,10 6«1ä 1 Lrisk 34400 7950 — 550 4800 4900 3150 — 16900 2575 2675 — 3325 — 3500 4400 4500 11100 11300 — 18450 9850 10150 — 11450 6375 6450 14750 14850 128°/o 132--° — 4975 4125 4250 800 875 1475 1550 3450 3500 — 1300 2500 2575 3275 3350 — 14000 2700 2775 3975 —— 125 — 4550 350 14000 24350 - . — — 1450 49c 0 3625 3700 100 130 12750 13000 — 825 1125 — 4700 14400 14700 1475 1550
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite