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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.11.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991120012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899112001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899112001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-20
- Monat1899-11
- Jahr1899
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Bezugs-Preis in der Hauptexpedition oder den im Stadt, bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hans .« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandirndung ins Ausland: monatlich 7.50. Tie Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Redaction und Expedition: Johannisgasse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Otto Klemms Sortim. (Alfred Hahn), Universitütsslraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Latharinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. Morgen-Ausgabe. KiMgcr TaMlck Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des RatHes «nd Notizei-Nmtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- dir 6 gespaltene Petitzeile 80 Pfg. Reklamen unter demRedartionSstrich (-ge spalten) 50/^, vor den Familiennachrichten (ü gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis, derzetchniß. Tabellarischer und Zifferasatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poftbeftzrderung SO.-, mtt Postbesvrderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgab«: Vormittags 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die ErtzeUtton zu richten. Druck und Verlag von E. Polz 1« Leipzig. 581 Montag den 20. November 1899. 93. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekaiiiitmachung. Wegen Reinigung der Gejchäitsräume bleibt Ticnstag, den 21. dieses Monats, die Ttadtkassc geschlossen. Leipzig, Len 15. November 1899. Ter Rath -er Stadt Leipzig. I)r. Dittrich. C. Schulze. Gtncralvcrsammlmig der Ortskrankenkasse siir Leipzig und Umgegend TicnStag, Sen 28. November 18Si), Abends 8 Uhr, im Saale der „Flora", Leipzig, Windmühlenstratze 14/16. Tagesordnun g: 1) Wahl des aus 3 Personen bestehenden Ausschusses für die Prüfung der Rechnung des lausenden Jahres, sowie dreier Stellvertreter. 2) Bericht des Finanz-, Versassungs- und Sanitäts-Ausschusses. 3) Beschlußfassung über die Anträge des Borstandes auf Aende- rung LcS Statuts. Thcilnehnier an der Versammlung sind die Vertreter der Mit« glieder und dec Arbeitgeber. Nur die jedem Mitglieds der .Generalversammlung zugehende Eintrittskarte berechtigt zur Thcilnahme an der Generalversammlung. Diejenigen Vertreter, welche bis zum 24 d. M. eine Eintritts karte nicht erhalten haben, werden ersucht, solche in der Geschäfts stelle, Gellertstraße 7 9, I. Etage, Zimmer Nr. 19, zu reclamiren. Leipzig, am 18. November 1899. Ter Borstand der Ortskrankenkasse für Leipzig und Umgegend. vr. Wtllmar Schwabe, Vorsitzender. Das neue Invalideuversichernngsgeseh. Das Gesetz vom 13. Juli 1899, welches am 1. Januar 19 00 an die Stelle des bisherigen JnvaliditätS- nnd Alters- versicherungSgesctzes vom 22. Juni 1889 tritt, enthält zahl reiche Aenderungen, welche unsere Leser als HauS-, Familien väter und Geschäftsleute wissen und darum kennen lernen müssen. Jeder, der in seinem Hause oder Gewerbe Arbeiter, Dienstboten, HülsSpersonen, Gehülfen oder Lehrlinge männ lichen oder weiblichen Geschlechts beschäftigt, muß sich mit den neuen Borschriften bekannt machen, nm seinen Leuten die Woblthaten des Gesetzes zuzuwenden und zu verbüten, daß er mit den Strafbestimmungen desselben in Conflict gerathe. Um unseren Lesern das Studium der neuen Bestimmungen zu erleichtern, stellen wir diejenigen Aenderungen, deren Kenntniß nothwendig ist, hier zusammen: 1) Ausdehnung des Versicherungszwanzes. Dem bisherigen Kreise der BersicherungSpflichtigen treten neu hinzu: „Angestellte, deren dienstliche Beschäftigung ihren Hauptberuf bildet, Lehrer, Erzieher, Lehrerinnen und Erzieherinnen, sämmtlich sofern ihr regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst 2000 nicht übersteigt". Hiernach müssen künftig Lehrer und Lehrerinnen an Privatschulen, Hauslehrer, Erzieher, Erzieherinnen, Gouvernanten, Hausdamen, Hausbeamte, Privatsekretäre und ähnliche bezahlte HilsSpersonen im Haushalt ober bei sonstigen Verrichtungen und auch die im Dienste der Eommunalverbände nicht in Betrieben siebenden Beamten ohne Pensionsberechtigung versichert werden, wenn auch ihre Thätigkcit die sociale Stellung der Gehilfen und Arbeiter bei Weitem überragt. Die Grenze der Ver- sicheruugspflicht findet sich für alle diese Personen in dem Einkommen, d. h. alle Diejenigen sind versicherungs- -flichtig, deren Jahresarbeitsverdienst 2000 nicht überstigt. Mehrer und Erzieher rc. männlichen und weiblichen Geschlechts in öffentlichen Schulen und Anstalten unterliegen der Versicherungspflicht nicht, so lange sie lediglich zur Ausbildung für ihren Beruf beschäftigt werden oder sofern ihnen eine Anwartschaft auf Pension im Mindestbetrag der Invalidenrente in Lohnclasse I. gewährleistet ist Studenten und Sä'üler, welche neben ihrer beruflichen Ausbildung Privatunterricht (Nachhilfestunden rc.) ertbeilen, sind ver sicherungsfrei. Lehrer rc. an nicht öffentlichen Schulen und Anstalten können von der Versicherungspflicht befreit werden, wenn ihnen auf Grund einer früheren Be schäftigung an öffentlichen Schulen rc. eine Anwartschaft auf Pension im Mindestbetrage der Invalidenrente in Lohn- classe I gewährleistet ist. Ebenso können sich 70jährige Arbeiter und solche Arbeiter, die jährlich nicht mehr als 50 Tage, oder solche Saisonarbeiter, die nicht mehr als 12 Wochen jährlich Lohnarbeit verrichten, von der Bersicherungspflicht befreien lassen. 2) Ausdehnung der freiwilligen Versicherung. Einen tüchtigen Schritt vorwärts hat das Gesetz damit gethan, daß eS das Recht der Selbstversicheruug grundsätz lich um gestaltet und einem erheblich größeren Kreise von Personen zuerkannt hat. In jeder beliebigen Lohn- classe (1—5) und zu denselben Beiträgen, weiche für die Versickerungspflichtigen zu cntrickten sind, können künftig vor Vollendung des 40. Lebensjahres zur Versicherung ein treten: u. Betriebsbeamte, Werkmeister, Techniker, Handlungs gehilfen, sonstige im Hauptberuf Angestellte, Lehrer, Erzieher und Sckifffübrer mit einem Jahresarbeitsverdienst von über 2000 bis 3000 Mark; b. Gewerbetreibende und Betriebsunternehmer mit mehr als zwei Lohnarbeitern und Hausgewerbetreibende, die nicht versicherunzspflichtig sind; c. Personen in vorübergehend nicht versicherungspflichtiger Beschäftigung und in Stellen, in denen als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wird. Wer von diesen Personen vor dem vollendeten 40. Lebens jahre eintritt, bleibt versichert, auch wenn später — vor oder nach dem 40. Lebensjahre — der Grund der Berechtigung fortfällt, also z. B. wenn eia Angestellter unter a. mehr als 3000 erhält oder ein Handwerksmeister unter b. die Zahl seiner Gesellen rc. erheblich erhöht rc. Außerdem können sich weiter freiwillig versichern alle diejenigen Personen, welche aus einer versichtrungs- pflichtigen Beschäftigung ausscheiden. Wenn also ein Hand lungsgehilfe, der in der 5. Classe versickert gewesen ist, sich etablirt, so bleibt er versichert, so lange er die Beiträge in dieser oder auch einer niedrigeren Classe fortzahlt, wobei zu beachten ist, daß innerhalb zweier Jabre minde stens 40 Beiträge verklebt werden müssen. Diese Bestimmung gilt auch für die übrigen Selbstversicherer. So wird zahlreichen Comptoiristen und ohne Pensionsan Wartschaft an gestellten Beamten, welche bisher wegen ihres 2000 übersteigenden Gehalte« nicht versichert werden konnten, und vielen kleinen Handwerkern, Unternehmern und selbstständigen Kaufleuten, welche überhaupt von der Wohlthat des Gesetzes ausgeschlossen waren, Gelegenheit geboten, sich für die Tage der Er werbsunfähigkeit und des Alters eine Rente zu sichern und zwar zu einer Prämie (jährlich min- VestcnS 20 Marken L 14—36 ----- 2,86 bis 7,20 .«tl), welche ganz außergewöhnlich niedrig ist. 3) Beiträge. Die Wochenbeiträge in den Lohnclassen 1—4 bleiben mit 14, 20, 24 und 30 unverändert und betragen in der neuen (5.) Classe 36 ^s. Die Zeitabschnitte, für welche die Marken auszegeben werden, bat das NeichSversicherungsamt zu be stimmen. Nach der Begründung des Gesetzes besteht die Absicht, von jeder Sorte Wochen-, VierzebntagS- und Vierteljahrsmarken auszugeben. BiS jetzt ist darüber noch nichts veröffentlickt; so bald wir etwas erfahren, er kalten unsere Leser Nachricht. In der Zulheilung der Ver sicherten zu den einzelnen Lohnclassen (1) bis 350 2) bis 550 3) bis 850 .6, 4) bis 1150 5) über 1150 ^e) verbleibt es im Allgemeinen bei dem bisherigen Verfahren. Insbesondere bleibt auch die Bestimmung bestehen, daß ein Versicherter in einer höheren Lohn classe als derjenigen sein kann, in die er nack seinem Einkommen rc. gehört. Nur muß er, falls ibm dies sein Arbeitgeber nicht gewähren will, die Mehrkosten allein tragen. Wenn also ein Handlungsgehilfe, der bis her in der dritten Lohnclasse versickert ist, in der fünften Lohnclasse versickert sein will (um sich für später eine böbere Rente zu sichern), und der Principal damit nicht einverstanden ist, so kann er gleickwohl verlangen, daß für ihn künftig 36-Psennigmarken verklebt werden, indem er gleichzeitig erklärt, daß sein Principal auch fernerhin nur 12 beizu tragen hat, während die verbleibenden 24 von ihm selbst — dem Versicherten — getragen werden. Lehrer und Erzieher bis zum Jahreseinkommen von 1150 müssen in der vierten Lohnclasse ver sichert werden. Wer in einem Dersicherungspflichtverbältniß zwei Jabre lang weniger als 20 Beitragswochenmarken verklebt, verliert die Anwartschaft auf die Rente. JmSelbstvcrsicherungs- verhältniß muffen, wie bereits oben erwähnt, innerhalb zweier Jahre mindestens 40 Wochenbeiträge beigebracht werden. Im Allgemeinen sind die Marken bei den Lohnzahlungen einzukleben; doch kann einzelnen Arbeitgebern auf Antrag gestattet werden, andere EinklebungStermine einzu halten. Die Versicherten sind verpflichtet, zu den Beiträgen die Hälfte sich einbehalten zu lassen, und berechtigt, ihre Beiträge selbst zu verkleben. In diesem Falle haben sie denn ihren Anspruch auf Erstattung der Hälfte bei der nächsten oder übernächsten Lohnzahlung geltend zu machen. Für unständige Arbeiter (Tagelöhner, HauSgärtner, Plätterinnen, Waschfrauen rc.) hat zwar wie bisher Derjenige zu kleben, welcher die Person in der Woche zuerst beschäftigt. Unterläßt dies der Arbeitgeber, so muß der zweite kleben, kann aber von dem ersten Arbeitgeber Ersatz fordern. Da übrigens die Arbeitgeber für die Wochenbeiträge solcher unständigen Arbeiter als Gesammtsckuldner haften, so thun die Arbeitgeber gut, sich unter einander dabin zu verständigen, daß in der einen Woche ^., in der anderen L., in der dritten 6. rc. klebt, gleichviel ob X. oder L. oder 6. rc. den Arbeiter (Waschfrau) zuerst beschäftigt. 4) Quittungskarten. Jeder Versicherte muß sich eine Quittungskarte ausstellen lassen und dieselbe auf Verlangen zum Einkleben der Marken vorlegen; er kann hierzu von der Orispolizeibebörde rc. durch Geldstrafen angehalten werden. Für die Selbstversickerun^ und deren Fortsetzung werden andere Formulare eingeführt werden, nämlich solche in grauer Farbe, während die für die Pflicktversickcrung wie bisher in gelber Farbe geliefert werden. Die Umlaufzeit der Quittungskarten ist erbeblich beschränkt worden. Quittungskarten müssen, auch wenn sie mit Marken noch nicht ganz auSgefülll sind, innerhalb zweier Jahre nach dem auf der Karte verzeichneten Ausstellungstage zum Austausch ein gereicht werden. Eine Verlängerung der Umlauf- oder Gültig keitsdauer ist zulässig und erfolgt durch Avstempelung auf ein bis höchstens zwei weitere volle Jahre. 5) Leistungen der Versicherung (Renten, Kranken- und Jnvalidenpflege, Beitragserstattungen.) «. Renten. Wer von den Versicherten gleichviel in welchem Lebensalter invalid oder wer bei guter Ge lindheit 70 Jahre alt wird, erhält eine Rente. Die Warte zeit, d. b. diejenige Zeit, welche Jemand in der Versicherung ein muß, bevor er renlenempfangsberechtigt ist, beträgt bei der Invalidenrente 200 Beitragswochen, darunter mindestens 100 Wocken versicherungspflichtiger Thätig- keit, andernfalls 500 Beitragswochen. Die Altersrente wird nach einer Wartezeit von 1200 Beitragswochen gewährt. Invalidenrente kann schon Jemanden bewilligt werden, der 26 Wochen hintereinander erwerbsunfähig ist. ES beträgt die Invalidenrente: nach einer VecsicherungSzeit in den Lohnclassen 5 Beitrags. von 1 2 3 4 wocben jährlich Mark: 300 (ca. 6 Kalenderjahren) 119 138 154 170 186 500 ( . 10 125 150 170 190 210 700 ( . 14 181 162 186 210 234 1000 ( - 20 > 140 180 210 240 270 1500 ( . 30 > 155 210 250 290 330 2000 ( - 40 > 170 240 290 340 390 Die Altersgrenze beträgt gleich- mäßig 110 140 170 200 230 Kommen bei einem Versicherten verschiedene Lohn classen in Betracht, d. h. ist derselbe während seiner Ver sicherung bald in der einen, bald in einer anderen Lohnclasse versickert gewesen, so wird der Durchschnitt der den Bei trägen entsprechenden Renten gewährt. Der Anspruch auf Rente ist unter Einreickung der letzten QuillungSkarte, des Geburtsscheines und des ärztlichen Zeug nisses über eingetretene Erwerbsunfähigkeit bei der unteren VerwallungSbebörde (Magistrat oder Landrath) oder, wo eine besondere Rentenstelle besteht, bei dieser schriftlich geltend zu machen. Tie bewilligten Renten werden wie bisher von der Post auSgezahlt. l). Krankenhaus- und Jnvalivenverpflegung, Kranke, bei denen Erwerbsunsäbigkeit in Folge der Krankheit zu befürchten ist, dürfen von den Versicherungeanstalten alsbald in fürsorgliche Obhut genommen werde». DieVersicheru iibSanstalt kann in solckem Falle anordnen, daß ein Erkrankter in einem Krankenbause oder in einer Anstalt für Genesende unter gebracht wird. Hierzu bedarf es der Zustimmung deS Kranken, sofern er verheiralbet ist. DeS Weiteren können die Ver sicherungsanstalten Rentenempfängern auf deren Antrag au Stelle der Rente Aufnahme in ein Jnvalidenhaus oder in ähnliche von Dritten unterhaltene Anstalten auf Kosten der Versicherung gewähren. e. Beitragserstattungen. (HeirathS-, Wittwen-und Waisengeld.) Mädcken und Wittwen, welche in Folge Ver- heiratbung aus der Versicherung auSscheiven, wird, sofern sie mindestens 200 Wochen versichert waren, die Hälfte der für sie gezahlten Beiträge erstattet. Wittwen haben Anspruch auf Erstattung der BeitragShälsten ihrer verstorbenen und mindestens 200 Wochen versichert gewesenen Ehemänner. Waisen — unter 15 Jahren — werden die BeilragShälflen ihrer verstorbenen und mindestens 200 Wochen versichert gewesenen Väter oder Mütter erstattet. (Waisenzeld, da- aber nicht neben dem Wittwengeld gewährt wird.) Endlich können Personen, welche durch einen Unfall dauernd erwerbs unfähig geworden sind und welche eine Unfallrente mindestens in Höhe der etwa verdienten Invalidenrente beziehen, auf Antrag innerhalb zweier Jahre nach dem Unfall die Beitragshälften zurückgezahlt werden. 6) Controle- und Strafvorsckriften. Die Versicherungsanstalten sind verpflichtet, die rechtzeitige und vollständige Entncklung der Beiträge regelmäßig zu über- I wachen. Die Arbeitgeber haben über die Zahl der Tiflis. Bon F. Roßmäßler. Nackdruck verboten. Tiflis, Vie Hauptstadt Kaukasiens, liegt an der Kura,, un weit des Überganges des breiten Flußthales in die große, sich Mischen dem Großen und Kleinen Kaukasus ausdchnenden Niederung. Nur noch das rechte Flußufer ist wirkliches Gebirge zu nennen, während das linke bedeutend niedriger ist und sich weiterhin immer mehr und mehr verflacht. Mehrere Brücken überspannen den reißenden Gebirgsfluß, dessen Wogen zur Zeit der Schneeschlmelzen mit tobender Gmvalt hinstürmen. Von den steil abfallenden Userwänden an zieht sich die eigent liche Stadt am rechten User am Abhänge eines hohen Berges hinan, bis ungefähr zu einem Drittel seiner beträchtlichen Höhe; unter dem Gipfel desselben lhront wie ein mächtiger Adlerhorst das David-Kloster hoch über der Stadt. Die in rechtwinkliger Richtung, zum Lause des Flusses führenden Straßen sind steil abschüssig. Von der neuesten der drei Brücken ist die Woronzow- Brücke die schönste; sie trägt ihren Namen zu Ehren des Fürsten Woronzow, des ersten Statthalters des Kaukasus, dessen ehernes Standbild den Brückenkopf am jenseitigen Ufer schmückt. Am städtischen User schließt sich unmittelbar an die Brücke der Alexander-Garten an, ein gut gepflegter, parkartiger, mit schönen Bäumen, Ziersträuchern und Blumen geschmückter Garten, dessen Wege in angenehmen Windungen bis zu einem freien Platze omporführen, von welchem man auf einer großen Freitreppe in den GolowinsEi-Prospect, der Hauptstraße von Tiflis, gelangt, gegenüber der Stelle, an welcher das Palais des Statthalters, jetzigen General-Gouverneurs von Kaukasien, und das neue Seminar erbaut ist. Diese schöne, breite Straße mit stattlichen Gebäuden, welche ungefähr in der halben Höhe des von der Stadt eingenommenen Theiles der Berglehne verläuft, mündet in den Eriwanschen Platz, aus welchem das Stadttheater erbaut i ist. Der schönste Schmuck dieser Hauptverkehrsader des bunten I Tifliser StraßenlSbens ist jedoch der von der Natur gebotene, die I herrliche Aussicht nach dem Hochgebirge, dessen gewaltige Berge > ihr zackiges Profil in der Perspective der Straße zeigen. Im großen Ganzen ist Tiflis als Stadt kaum schön zu nennen, denn sie trägt zu deutlich das Gepräge einer Stadt, die erst in neuerer Zeir aus einem kleinen Stamme zur Größe schnell herangewachsen ist und dies noch zum großen Theil auf Kosten der Schönheit. Von diesem alten Stamm« hat sich noch fast Alles echalten und präsentirt sich uns jetzt in der alten asiatischen Stadt, dem Mattan, in dessen Umkrebse noch viele Reste alter Be- sestigungSwerke und die umfangreich« Ruine einer großen Festung, die auf einer isolirt stehenden Bodenerhebung erbaut war, er halten sind. An den Mntan, noch höher als der Golowinski- Prospect gelegen, schließt sich der Salalaki genannte Stadttheil an, welcher als der safhionable bezeichnet werden kann, dessen Straßen meist aus villenarrigen, von schönen Gärten umgebenen Hausern sormirt werden. Der Eriwausche Platz und Golowinski- Prosepect bilden daS Verkchrscentrum mit den modernen Hotels, Geschäftshäusern u. f. w. Der am linken Kuraufer gelegen« Theil von Tiflis bestand noch vor einigen dreißig Jahren aus nur wenigen, kleinen Häusern, einigen Schiffsmühlen und der einen Kilometer von der Worouzawbrücke entfernten deutschen Colonie. Jetzt ist die letzirre mit der Stadt schon längst durch eine große Dorstadt, Kuki genannt, zu einem großen Ganzen ver wachsen, und nur noch in vereinzelt stützen gebliebenen Bauern- häusecn ist der einstige Charakter einer Colonie zu erkennen, deren Erbauer aus Württemberg stammende Bauern waren, deren Nachkommen jetzt in allen Berüfsclassen thätig sind und einen geachteten Theil der Tifliser Einwohnerschaft ausmachen. Den Abschluß der Stadt auf der Seite der C-oloni« bildet ein großer Garten, der eigentlich die Bestimmung eines botanischen erfüllen sollte, in dieser Hinsicht jedoch niemals zu einer evwähnenswerthen Entwickelung gelangte. Jetzt ist der Musch- ka'rd genannt« Garten ein belwbier Sonntagsspazierort der Tfflrser, in welchem sich die Einwohner der inneren Stadt tummeln und bei Len Klängen der Musik Erholung und Zer streuung suchen. Die klimatischen Verhältnisse von Tiflis zeichnen sich durch einen außerordentlich heißen, trockenen und langen Sommer, einen prachtvollen, bis tief in den November, oft sogar Decembec reichenden Herbst und einen, wenn auch schönen, ab«r leider kurzen, schnell in den h«ißen Sommer übergehenden Frühling aus. Der Winter ist meistens sehr kurz und nur selten machen sich anhaltende Frostperioden fühlbar; gewöhnlich stehen die wilden Rosen des Kaukasus, die in diesem gesegneren Lande mehr bäum- wie strauchartig wachsen, schon im Februar in dem herrlichen Schmucke ihrer reichen Blumenfülle. Besonders aus gezeichnet ist der Julimonat durch seine außerordentlich häufigen Gewitter, die fast an keinem Tag« auLblerben, oft nur in einigen grellen Blitzen, heftigen, von den Bergen wiverhallenden Donner schlägen und einem tüchtigen Platzregen bestehen, dem bald wieder der Helle Sonnenschein folgt. Die Einwohnerschaft von Tiflis besteht zum größten Theile aus den vielen Böllern Kaukasiens, von denen die Armenier und Grusiner am stärksten vertreten sind, neben Tataren, Lesginern, Kabardinern, Dscherkessen, Osseten, Tschetschenzen, Jmeritinern, Mingreliern und Guriern. Den Bruchtheil der Bevölkerung, welch«n Westeuropa als Contingent beiträgt, besteht hauptsächlich aus Russen, "Deutschen und Franzosen. Die Russen gehören nur zum kleineren Theile der stehenden Bevölkerung an, zum größten Theile sind es Militär- und Civilperfonen, welche im Dienste des Staates ihren Aufenthalt in Tiflis nur temporär haben. Die Abkömmling« drr alten deutschen Kolonisten bilden «inen her vorragenden Theil der Deutschen in Tiflis, während auch auS den baltischen Gouvernements Liv-, Esih- und Kurland stammende Deutsche hier in großer Anzahl als Officier«, Beamte, Kaufleute und Handwerker leben. Die Franzosen endlich sind meistens Kaufleute, meistens Modewaaren'höndler, ferner Friseure und Friseusen, Schneider, Schneiderinnen, Modistinnen und wir sonst alle Diejenigen sich bezeichnen mögen, die sich die Aus- staffirung des äußeren Menschen zur Lebensaufgabe gestellt haben, zu ihnen gesellt sich dann noch eine nicht unbedeutende Anzahl von Individuen, die nichts mehr und nichts weniger als bloße Glücksritter, Aveniüriers sind. Der allgemeine Typus des Lebens in Tiflis ist de: asiatische, d. h. man sucht sich bei möglichst wenig Anstrengung und Arbeit (geistiger wie körper licher) ein möglichst bequemes, an materiellen Genüssen reiches Dasein zu verschissen. Die auS so vielen verschiedenen Elementen zusammen gesetzte Einwohneüschast verschafft der großen Stad: ein viel geftaltiges Innen- und Außenleben, welches reichlichen Stofs zu Beobachtungen in völkerkundlicher Hinsicht dielet. In dieser Be ziehung übertrifft Tiflis sogar das völkerreich« Konstantinopel, in welchem auch eine bunte Einwohnerschaft lebt, deren Charakter jedoch in der Beziehung von ider Tifliser abweicht, daß in der Hauptstadt der Türkei das bunte europäisch« Element, zusammen gesetzt aus Griechen, Italienern, Franzosen, Deutschen u. s. w., der Hauptsache nach nur mit einem orientalischen Dolle, Len Türken, vermischt ist. In Tiflis ist das Veibältniß ein anderes, dort ist das asiatische (nicht nach geographischen, sondern ethno graphischen Begriffen) Element das bunte, aus. Repräsentanten ganz verschiedener Völker, 'die sich in Typus", Sprach« und Ge bräuchen von einander unterscheiden, zusammengewürfelt, wobei noch der Umstand von Wichtigkeit ist, daß Tiflis, als Sitz der obersten Behörden für ganz Kaukasien, der Sammelplatz der Aristokratie aller Kaukasier ist, daß man unter ihnen den typischsten, schönsten Individuen dieser Bokker, die durch ihr« körperliche Schönheit ausgezeichnet sind, begegmet. Tiflis ist eine der wenigen Sädte, in den«n da- orientalische Element in unmittelbarster Berührung mit dem abendländischen steht, wobei erste:«- fast unbeeinflußt bleibt, seinen Charakter beibehalten hat und letrteres im großen Ganzen auf dem Niveau der europäischen Großstadt stehl und den vornehmen Eindruck einer Restdenzbevölkeruag macht. Ein Spaziergang durch die Straßen von Tifli» bietet reichste Abwechselung, sowohl in Begug auf d«n ganzen Habitui der Bauart al- auf das Leben in den Straßen. Den schönen Goko- winski - Prvspect entlang, über den Eriwanschen Platz, während welches langen Weges vornehme Prachtbauten, «leganle Maga zin«, große Hotel-, Museen u- s. w. an uns vorübergleiten, be darf es oft nur noch weniger Schritte und wir befinden uns in einem engen asiatischen Bazar, in dessen einzelnen Localen der Spezerei-, Teppich- oder Waffenhändler mit der offenen Werk«
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