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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991124012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899112401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899112401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-24
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Alsdann solle!« diejenigen Geschworenen, die es wünschen und die mindestens zwei Kilometer vom Orte des Schwurgerichts ent fernt wohnen, 5 täglicher Diäten kanveszejetzlich zugeb-illigt werden. Der von der bayerrschsn Kammer gegebenen Anregung wird man bis auf zwei kleine Einschränkungen gusttm'Men tonnen. Erstens erscheint es nicht glücklich, Awei Elasten von Geschworenen zu constituiren, rnvem man zwischen solchen, die Diäten wünschen, unv solchen, die sie nicht verlangen, unterscheidet. Es wird dann manchem feinfühligen Geschworenen, obwohl er Vie Unterstützung der Diäten recht wohl brauchen kann, unangenehm sein, sie zu beanspruchen, weil er dadurch den wohlhabenden Geschworenen gegenüber gewissermaßen als Habenichts dasteht. Auch bei den Landiagsabgeorone'ten richtet man sich ja nicht danach, ob sie Diäten verlangen ober nicht, sondern es sind für alle Ab geordneten dieselben Bestimmungen maßgebend. Zum Zweiten erscheint der Satz von 5 für die Diäten doch etwas dürftig. Jeder Subalternbeamte erhält auf Amtsveksen höhere Diäten, und, vorausgesetzt, daß das Prineip der Diäten für Geschworene überhaupt richtig und angemessen ist, so ist nicht abzusehen, warum ein Geschworener, der doch eine richterliche Thätig- keit wahrnehmen soll, einen niederen Aufwand soll machen dürfen als ein Gerichisschreiber, der als Gehilfe des Richters nur ein« subalterne Thätigteit versieht. Unter 8—9 <-A wird der Ge schworene auch in kleineren Landgerichtsorten kaum durchkommen können. Könnte also auch 'die Fassung des Antrages in manchen Puncten eine glücklichere sein, so wird man dem Princip durchaus zustimmen müssen. Durch die modern« Gesetzgebung, die die Laienthätig-keit, keineswegs nur auf dem rein juristischen Gebiete, erheblich vermehrt hat, wird der Staatsbürger durch ehrenamtliche Thätigteit manchmal doch recht störend in Anspruch genommen, und dies wird in noch ausgedehnterem Maße der Fall skiin, wenn, was früher oder später Eintreten muß, das unglückselige gegenwärtige System von Gelehrtengerichten, Laien gerichten und gemischten Gerichten durch große, mittlere und kleine Schöffengerichte abgelöst wird. Von allen ehrenamtlichen Thätigkeiten ist aber wohl die des Geschworenen die unbequemste und kostspieligste. Der Vormund ist manchmal auch nicht zu be neiden, aber er wird, von Ausnahmrfällen abgesehen, die für das oder di« Mündel zu entfaltende Thätigteit in seine Muße- Zeit legen können; der Geschworene wird plötzlich aus seinen Geschäften 'heranSgerissen, wie der Landwehrmann bei der Mobilmachung. Ob ihm die Zeit, für die er ausgeloost worden ist, gerade die unbequemste im ganzen Jahre ist, darauf wird kein« Rücksicht genommen. Am schlimmsten sind die Geschworenen in Landgerichtsbezirken größerer ländlicher Sprengel daran, denn dort wohnen die meisten Geschworenem so weit vom Landgerichts orte entfernt, daß sie stundenlang mit der Eisenbahn oder dem Wagen zu fahren haben, ehe sie nach Hause gelangen; sie können also nicht einmal an solchen Tagen, an denen sie nicht ausgeloost, oder an denen sie von der Staatsanwaltschaft oder der Vertheidigmng abgelehnt werden, nach Hause fahren, um toenigstens wieder für einen Tag ihre Geschäfte wahrzunehmon. Für manchen Geschworenen bedeutet das einen sehr erheblichen Nachtheil, der durch Diäten niemals wettgemacht werden kann. Um so angemessener aber erscheint es, dem Geschworenen wenigstens den Nachtheil zu vergüten, den er dadurch hat, daß er tagelang, Und unter Umständen auch wochenlang, an einem srem'den Orte wohnen und sich beköstigen muß. Der geringer be mittelte Geschworene empfindet dies« Geldausgabe manchmal sehr hart, und ihm diesen positiven Nachtheil zu ersparen, liegt durchaus im Sinne einer gesunden Mitlekstandspolitik, die von sämmtkichen Parteien befolgt werden könnte und sollte. Man wird aber noch aus einem anderen Grunde, und zwar einem politischen Gründ«, wünschen müssen, daß das Prinrip der Diäten sür Geschworene reichsgesetzlich angenommen wird, und daß «S nicht, wie die bayerische Kammer anscheinend will, den Einzelstaatrn überlassen bleibt, ob sie Diäten be willigen wollen older nicht. Es wäre das Umgekehrte von der natürlichen Entwickelung, die Deutschland nehmen soll, wenn man neu« particülaristische Sonderheiten ctnführen wollte. Des halb sollte man di« von der bayerischen Kammer gegebene An regung dahin erweitern, daß reichsgesetzlich Diäten für den Um fang des ganzen Reichs eingeführt werden; die Höhe könnte man allerdings wohl den Einzelstarten überlassen, wie ja beispielsweise auch die Richtergehälter einzekstoatlich fixirt sind. Vas Samoa-Abkommen. (-) Berlin, 23. November. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht da» Samoa-Abkomme» vom 14. No vember 1899. Da» Abkommen lautet: »Nachdem die Commiffare der drei betbeiligten Regie runge» in ihrem Berichte vom 18. Juli d. I. die auf «ine eingehende Prüfung der Sachlage begründete Ansicht aus gesprochen haben, daß e» «»möglich sein würde, den Unruhe» und Mißständen, von denen die Samoa- Inseln gegenwärtig heimgesucht werden, wirksam abrubelfen, so lange di« Inseln der gemeinschaftlichen Verwal tung der drei Regierungen unterstellt bleibe», erscheint eS wünschenSwertb, eine Lösung zu suchen, die diesen Schwierig keiten eia Ende machen und gleichzeitig de» legitimen Inter essen der drei Regierungen Rechnung tragen würde. Von diesem GestchtSpunctr ausgehend, sind dir mit den gehörigen Vollmachten ibrer hoben Souveräne versehenen Unterzeichneten über die nachstehenden Punkte übereingekommen: Artikel 1. Großbritannien verzichtet zu Gunsten Deutschland» auf all« feine Rechte auf den Inseln Upolu »nd Sawaii, ein schließlich de» Rechte», daselbst ein« Marine» und Kohlen station zu errichten, «nd d«S Rechte» auf die Exterritorialität aus jenen Inseln. In gleicher Weise verzichtet Großbritannien zu Gunsten der Bereinigten Staaten von Nordamerika auf alle seine Rechte aus der Insel Tutuila und aus den anderen östlich des 171. Längengrade» von Greenwich gelegenen Inseln der Samoa- Gruppe. Großbritannien erkennt an, daß die Gebiete im Osten der neutralen Zone, die durch das Abkommen vom Jahre 1888 in Westasrika geschaffen worden sind, an Deutschland fallen. Die Grenze des Deutschland zukommenden Theiles der neutralen Zone wird durch Artikel 5 der vorliegenden Convention festgesetzt. Artikel 2: Deutschland verzichtet zu Gunsten Großbritanniens auf alle seine Rechte auf den Tonga-Jnsela mit Einschluß Vavaos und auf Savage Island einschließlich de» Rechts, daselbst eine Mariae- und Kohleustation zu errichten, und Les Rechtes auf Exterritorialität auf den vorstehend bezeichneten Insel». In gleicher Weise verzichtet Deutschland zu Gunsten der Bereinigt«» Staaten von Nordamerika auf olle seine Rechte auf der Insel Tutuila und auf den anderen östlich des 171. Längengrades von Greenwich gelegenen Inseln der Samoa» Gruppe. ES erkennt an, daß von der deutschen Salomon-Gruppe die östlich bezw. südöstlich von Bougainville gelegenen Inseln, welch letztere nebst der zugehörigen Insel Buka bei Deutschland verbleiben, an Großbritannien fallen, und der westliche Thril der neu» traten Zone in Westafrika, wie er in Artikel 5 der vorliegenden Convention festgesetzt wird, ebenfalls an Croß» britannieu fällt. .Artikel 3. Die beiderseitigen Consuln in Apia und auf den Tonga-Jnseln werden bis auf Weitere» abbrrufen. Die beiden Regierungen werden sich über die iu der Zwischenzeit im Interesse ihrer Schiff fahrt und ihre» Lande!» in Samoa und auf den Tonga-Jnseln zu treffenden Einrichtungen verständigen. Artikel 4. Die zur Zeit zwischen Deutschland und Großbritannien bestehende Uebereinkuoft über das Recht Deutschlands, auf den Groß britannien gehörigen Salomons»Jnselu Arbeiter frei an- zuwerben, wird auch auf di« in Artikel 2 bezeichneten deutschen SalomonS-Jns«ln, die an Großbritannien fallen sollen, aus gedehnt. Artikel 6. In der neutralen Zone wird die Grenze zwischen den deutschen und großbritannischen Gebieten durch den Daka- Fluß bis zu dessen Schnittpunkte mit dem 9. Grade nördlicher Breite gebildet werden. Von dort soll die Grenze in nörd licher Richtung laufen, indem der Ort Morozugu an Großbritannien überlassen wird, und an Ort und Stelle durch eine gemischte Com mission der beiden Mächte in der Weise festgesetzt werden, daß Gambaga und die sämmtlichen Gebiete von Mambrusi an Groß britannien, Ueudi uud sämmtUche Gebiete von Lhalosi an Deutsch land fallen. Artikel 6. Deutschland ist bereit, deu etwaigen Wünschen der großbritan nischen Regierung in Bezug aus die Gestaltung der beiderseitigen Zolltarife in Togo und an der Goldküste nach Möglichkeit in weitgehendster Weise entgegenzukommen. Artikel 7. Deutschland giebt die exterritorialen Rechte in Zanzibar auf, e» ist jedoch gleichzeitig verabredet, daß der Verzicht erst mit dem Zeitpunkte in Kraft treten soll, an dem dir drn andrren Nationen dort zustthraden ExtrrritorialitätSrechtr ebenfalls aufgehoben sein werden. Artikel 8. Die vorliegende Convention soll sobald al» möglich ratificirt werden und unmittelbar nach dem Austausche der Ratificationen in Kraft treten. Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten sie vollzogen und ihre Siegel beigedrückt. So geschehen in doppelter Aus fertigung. London, den 14. November 1899." Da- Abkommen schließt mit folgender Erklärung: „ES herrscht darüber Einverständniß, daß Deutschland durch Artikel 2 der am hrutigea Tage vollzogenen Convention die Zustimmung dazu erNärt, daß dir ganze Gruppe der tzowa- Jnseln, die einen Thril der Salomon-Inseln bilde», an Groß britannien fallru soll. E» ist gleichsall» au-gemacht worden, daß di» Bestimmungen der von beiden Regierungen am 10. Avril 1886 zu Berlin unterzeichnrleu Declaration über die Handelsfreiheit im west lichen Stillen Ocean auf di« in der vorstehenden Convention er wähnten Inseln anwendbar find. E» ist ebenso verabredet, daß, wie zur Zeit der bestehende» Urdereinkunst über die Anwerbung von Arbeitern aus den Salomon-Inseln durch deutsche Reichs« angehörige, letztere« gestattet wird, diese Arbeiter unter denselben Bedingungen anzuwerbrn, die den großbritannischen, nicht auf jenen Jaselu wohnhaften Uat«rthaa«a auftrlegt sind oder noch auserlegt werden." So geschehen in doppelter Ausfertigung zu London, 14. November 1899. Gezeichnet: Hatzfeldt. Salisbury." Der Krieg in Südafrika. * Vom Kriegsschauplätze ist nur da» Folgende zu verzeichnen: * Kapstadt, 22. November. (Telegramm.) Di« RrcognoS- cirungStruppen, die am 16. d. M. den ersten Ausfall auS Kimberley machten, wurden von den Boeren von einem Hügel rücken auS auf kurze Entfernung beschossen und gezwungen, zurück« zu geh en. Das Gefecht dauerte dann noch zwei Stunden fort. Die Engländer in Kimberley haben bisher im Ganzen 9 Mann (?) verloren, die meisten davon in dem oben gemeldeten Ausfalls« Gefechte. Die Eiaschließung Kimberley» dauert fort. * Ueber neue Ersatz-Auöhebungen wird berichtet: * London, 23. November. (Telegramm.) In Aldershot lief ein kriegsministerirller Befehl ein zur Mobilisirung einer weiteren Division, der sechsten seit dem Ausbruch de» Kriegs. Die „Daily Mail" erfährt» die Division werde nicht sofort nach dem Cap gesandt werden, es sei denn, daß Buller es wünsche. Sie werde aber in Bereitschaft gehalten sür Südafrika oder ander wärts. (Voss. Ztg.) Von unserem Londoner Eorrespondenten. L.-6. Loudon, 22. November. (Von unserem Special- csrrespondenten.) Das systematische Vertuschen der Wahrheit bringt allmählich auch die besseren Elemente der englischen Presse zur Verzweiflung unv zum Widerstande gegen ein System, das an seiner eigenen Haltlosigkeit zu- sammenzubrecken beginnt. Heute kommt der „Standard" und erklärt unsere bis herige Darstellung der Vorgänge in und um Ladysmith, daß die Siegesnachricklen der letzten zehn Tage im Allgemeinen und besonders die große Schlacht vom vorigen Mittwoch, den 15. November, in das Gebiet der Fabel geboren unv daß alle diese Berichte, soweit sie Kämpfe überhaupt betreffen, sich auf die Ereignisse der vorhergehenden Wochen beziehen, für richtig. Der „Standard" schreibt an der Spitze seines KriegSleiterS: „Es bleibt ganz unmöglich, nach den verschiedenen ein gegangenen Berichten sich irgend ein zusammeubängende» Bild von den letzten Operationen um Ladysmith zu bilden. Wir haben jetzt von unserem Specialcorrespondentrn in Lady smith einen Brief erhallen, welcher per Telegraph von Estcourt weiter befördert und vom letzten Frei tag, den 17. d. MlS., datirt ist. Zn diesem Briefe sagt derselbe absolut uicktS von der „riesigen Schlacht am Mittwoch bei Ladysmitb, welche von Tagesanbruch bis zwei Uhr Nachmittags gekauert" (die Boeren sollten dort 800 Todte und Tausende Verwundete und Gefangene verloren haben), wie das von Estcourt und Pietermaritzburg gemeldet wurde. („Reuter", „Central News", „Dalziel" und „Exchange Telegraph" hatten über diese Schlacht seit mehreren Tagen fast stündlich die sensationellsten Einzel heiten veröffentlicht). Im Gegentheil, unser Corre- sponkent sagt ausdrücklich: „Am Mittwoch wurden wir in Ruhe gelassen. Und doch ist in dem Briefe unseres Specialcorrespondenten in Estcourt vom letzten Sonnabend constatirt, daß die Kanonade am Dienstag „ungewöhnlich schwer unk andauernd" gewesen . . . Die strikte Censur .. . und die Unzuverlässiakcit der eingebor.nen Läufer bilden zweifellos die Erklärung dieser Widersprüche . . ." So wäre auch dieser große Sieg vom 15. d. M. wieder in Luft zerronnen, was die Siegesfabrikanten freilich um so weniger abbalten dürste, ihren Betrieb einzustellen, als ihnen die Depeschenfabrikation so hübsche Summen einbringt. Tbatsächlich setzen die Boeren in Natal, wie in der Capcolonie ihre Operationen gegen den vom Süden sich zum Vormarsch vorbereitenden Feind fort. Joubert ließ selbst nach englischen Quellen um Ladysmith eine „zur Aufrechterhaltung der Ein schließung und Belagerung der Stadt genügende Truppen macht zurück." (Nur „Dalziel" läßt die Boeren sich auf den Abzug von Ladysmitb und daS Aufgrbcn der Belagerung vorbereiten). Am 18. d.M. hatte Joubert die Brücke über den Mooifluß zu befestigen begonnen und die, die Landstraße nach Maritzburg beherrschenden Hohen mit schwerer Artillerie be setzt, d. h. also logischer Weise, sich zum Herren der I Bahnlinie Estcourt-Maritzburg geradeso gemacht, wie I vaS s. Zt. Kock bei ElandSlaagte mit der Bahnlinie I Dundee—Ladysmitb gethan hatte, nur daß Letzterer höchstens 1000 Mann und zwei Kanonen besaß und ihm die Zeit zur Befestigung seiner Position bei ElandSlaagte fehlte, während Joubert nach den letzten englischen Berichten über 10000 Manu, 5 schwere Geschütze und 24 Sieben- pfünder und Maximkanonen verfügt. Selbst Vie stets siegende „Central NewS" erklärt beute: „Die von Joubert bei Ladysmith zurückgelassenen CommandoS genügen, um General White vom Durchbruche abzuhaltcn. Die Maritz- buraer Eorrespondenten signalisiren für heute «ine „große Schlacht" zwiichen Weston und Howick, waS wiederum bestätigt, daß Joubert Estcourt längst hinter sich gelassen und bereit- vor Maritzburg steht. Nur die Draht- und Bahnverbindung scheinen am 18. d. MtS. noch nickt ab geschnitten gewesen zu sein. Auch die Thatsacbe, daß er bi» dahin die Babnlinie zwischen Weston und Estcourt nickt zu zerstören für nölhig gehalten, um die in Estcourt stehenden englischen Truppen abzu schneiden, zeigt, wie sicher er sich als Herr der Lage fühlt. Optimistisch oder gar vertrauensselig aber bat sich gerade Joubert biSber nicht erwiesen. Nach osficieller Quelle ver fügen die Engländer heute in Natal über folgende Truppen (die Ziffern sind offenbar übertrieben): Ladysmith 10 000 Mann unter General White, Estcourt 2500 Mann unter General Hildyard, Pietermaritzburg und Durban 5000 Mann unter General Clery, auf hoher See 4500 Mann, welche mit den vorstehenden 5000 Mann das eigentliche EntsatzcorpS bilden sollen, mit welchem General Clery Wbile zu befreien hatte. Selbst nach Landung der letztgenannten 4500 Mann würbe also General Clery, wenn er in Durban auch nur 500, in Pietermaritzburg 1000 Mann zurückließe, nur 8000 Mana den 10 000 Boeren Joubert'» i» ihren befestigten Positionen entgegenstellen können und dabei noch seine beiden Flanken von den CommandoS Biljone», Lucas Meyer und EraSmuS bedroht sehen, während seine OperationSbasi» Durban, dem angeblich 6000 Mann starken Commando Schalk Burger'» fast verthridizungSlos Preis gegeben wäre. Wie unter solchen Umständen ein Entsatz Ladysmiths durch diese Truppen auch nur erhofft werden kann, ist schwer abzuseben. Im Norden der Capcolonie liegen die Dinge, soweit Ziffer» in Frage kommen, für die Engländer günstiger. General Metbuen soll in den beiden Feldlagern bei de Aar und an der Oranjefluß-Station nominell 15000 Mann haben (vorläufig hat er noch nickt 5000) und mit ihnen Kimberley entsetzen, wo unter Oberst Kekewic weitere 2000 Mann be kanntlich eingeschlossen sind. Aber ihnen hatten die Boeren dort nur 5- höchstens 6000 Mann entgegen zu stellen, sofern sie nickt die etwa 15 000 Mann, welche Mafeking belagern und das fast gleich starke Commando von ZoutpanSberg vom Limpopo zur Verstärkung heranziehen. Zwischen GoleS- berg,AliwalNortb, Naanwpoort und Mol - teno dagegen verfügen die Boeren nach den verschiedensten Quellen über 5-bis l 10OOMann, derenHauptcorpsLordMetbuen und seineGardensüdlich deAar von ibrer OperatiouSbasiSCap stadt abschneiden und in De Aar festhalten sollen. Aber ihre rechte Flanke wird bei Moltcno und Stormberg von Ge neral Gatacer bedroht, der heute allerdings erst 1500 bis 2000 Mann in Eastlondon anSgeschiffl hat, aber sehr bald Verstärkungen erhalten und dann 5000 Mann von Queenstown gen Norden führen soll. Mit den 1500 Engländern in Mafeking und ebenso vielen in Rhodesia mag das englischcrseitS ein Total von 47500 Mann, ohne die noch schwimmenden Truppen, abgeben. Wenn die Dorren, wie anzunehmen, fortfahren, in der bisberigen Weise zu operiren und sich gar jetzt auf die Defensive beschränken, so dürften den Engländern noch bittere Erfahrungen bevorstehen. Obwobl die strategische Lage der Republikaner gerade südlich vom Oranjeflusse am wenigsten günstig erscheint, benackten die dortigen Asrikander-Unterthanen der Königin diese Lage offenbar als noch viel sicherer, denn die der Eng länder. Ueberall, wo BoerencommandoS erscheinen, erbebt sich, und zwar selbst nach englischen Angaben, die Bevölkerung; die holländischen Farmer treten in die Com» mandos und die übrige Bevölkerung dient den Boeren als Führer und Kundschafter. Zwei Abgeordnete deS Cap- ParlamentS, Jgnacius van der Walt und Gober proclamirten feierlich die Bezirke von GoleSberg, Naauwpoort als unter dem Schutze des OranjefreistaateS stehend, nachdem die Engländer sich als unfähig erwiesen hatten, die Capcolonie zu schützen, und schlossen sich selbst den Boerentruppen an. In BurgerSdorp ergriffen sämmtliche Studenten des dortigen theo logischen Seminars die Waffen und schlossen sich den Boeren an, während auS allen Städten des Nordens den CommandoS reiche Proviantvorräthe zur Ver fügung gestellt werden. Zu dieser moralischen und materiellen Unterstützung durch die Bevölkerung tritt die Thatsache, daß die Boeren Dank ibrer KampfeSart, nur ganz geringe Ver luste erleiden. Eine soeben auSzegebene officielle Verlustliste, welche im „Freistaat Expreß" erscheint (dem officielle», in Bloemfontein berauSgegebeuen Blatte deS OranjestaateS) werden die bisberigen Verluste wie folgt angegeben: Vor Mafeking am 15. October 2 Todle. Dor Mafeking am 23. Octvder 8 Todte, 22 Ver wundete, während die Engländer 8 Karren voll Verwundeter und Tovter fortbrachten und die Boeren allein 90 Engländer begruben. Glencoe 31 Todte und Verwundete, gegen 250 Todte und 171 Verwundete der Engländer, während die Boeren noch folgenden Tags 38 unbegrabene Leichen von Engländern fanden. ElandSlaagte 28 Todte (die Verwundeten befinden sich fast sämmtlich als Gefangene in drn Händen der Eng länder; unvcrwundete Gefangene nahmen die Engländer überhaupt nicht). Ladysmitb, 20. October, 3 Todte. Die Engländer verloren 570 Todte und Verwundete, welche größtentheils von den Boeren beerdigt wurden und 12 l 5 »«verwundete Gefangene. Ueber daS Schicksal der seit dem Gefecht bei Belmont verschollenen englischen Avantgarde berichteten dir Boeren, daß diese, 800 Mann stark, in einem Tbalkeffel, respective einer Schlucht umzingelt und fast kampflos ge fangen genommen wurde. Selbst wenn man annimmt, baß diese Bocrenangaben auch an einer gewissen Einseitigkeit leiden, so ist doch der Abstand zwischen den beiderseitigen Verlusten an Tobten, wie namentlich an Gefangenen ein solcher, daß die Aussichten der Boeren wesentlich besser er scheinen, als sich dies bei einem einfachen Gegenüberstellen der hüben wie drüben im Felde stehenden Truppen vorauS- setzen läßt. Die schwarzen Krieg-Hunde sind nun officiell von den Engländern loSgelaffen. Der Gouverneur von Ladygrey wie- die dortigen Eingeborenen an, sich „ihrem eigenen Brauche gemäß zu vertheidigen, wenn sie oder ihr Eigentbum, Land oder Vieh, von den Boeren an- g-griffen würben, worauf di« Eingeborenen sich mit Gewehren, AssegaiS, Aexten und Messern bewaffneten". So wenigsten» meldet der englische Bericht au« Capstadt. Von eben daselbst kommt die Nachricht: „Kbama nud Linehwe, die mächtigen Kafferhäuptlinge an der Grenze Rhodesia-, kämpfen loyal für die kaiser liche Sache". Die betzorftehenbe Entsetzung Kimberley-. Von einem alten preußischen Osficier. * London, 20. November. Die Oranjrfluß-Station ist nur etwa 80 englische Meilen von Kimberley entfernt, d. h. in deutschen Maßen auSgedrückt 128 In», und da die
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