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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991202014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899120201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899120201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-02
- Monat1899-12
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Reclamea unter dem Redacttonssrrich (4gv- fpalten) 50^, vor den Familieuuachrtchvnr (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unferem PretS- verzeichnih. Tabellarischer und Ztsserufatz nach höherem Tarif. Extra »Beilagen (gefalzt), nur mit d« Morgen »Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Posibesörderuug 70.—. Ännahmeschlaß fir Anzeigen: Ab end »Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je et» halb« Stund« früher. Anzeigen find stet« an die GxPedttian zu richten. Druck und Verlag von E. Polz irr Leipzig S3. Jahrgang Ein seltsamer Ankläger. K Der „Kreuzzeitung" beliebt e« jetzt, in jeder Ausgabe unter Borwürfen gegen die Nationalliberalrn auf die Ab lehnung des Arbeitswilligengesetzes zurückzukommen. Das ist, gelinde auSgcdrückt, unvorsichtig. DieNationalliberalen haben ohne Ausnahme die BundeSratbSvorlage für unannehmbar erachtet und sich in ihrer Presse vor aller Welt über die Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit einer Anknüpfung an den Regierungsenlwurf durch eigene Anträge auseinander gesetzt. Jedermann wußte, wie jeder einzelne nationailiberale Abgeordnete zur Sacke stand, es war lair plax. Zn den konservativen Parteigruppen war daS gerade entgegenge setzte Schauspiel zu beobackten. Sie haben tbatsäcklich nie mals Farbe bekannt. Ein Theil ihrer Presse, darunter eine Zeitung, die von einem conservativen Abgeordneten redigirt wird und von anderen Mitgliedern derselben Fraction ressortirt, verhielt sich anfänglich überwiegend gegnerisch, aber ohne deutlich zu sagen, waS sie wollte oder nicht wollte. Herr v. Leven ow als konservativer FractionSredner machte in der ersten Lesung starke Bedenken geltend und übte später im Herrenhause eine mit dem AuSvruck „blutig" nicht zu scharf charakterisier Kritik an der Art der Ausarbeitung des Entwurfs. Herr v. Manteuffel „schluckte" in derselben Sitzung der ersten preußischen Kammer denselben Gesetzentwurf mit Haut und Haaren und die „Kreuzzeitung" schien mit beiden Rednern einverstanden. Später verfiel man, Wenigstensim preußischen conservativen Lager, auf den wenig gloriosen und noch weniger loyalen Gedanken, durch eine forcirte, man könnte fast sagen Treiberei des CurseS der I „Zuchthausvorlage" die aus dem Canalmarkt enlrirte Baisse-1 spcculation in Vergessenheit zu dringen oder doch au-zu- gleicken. Dieses Bestreben hielt bis zum Schlüsse vor und zeitigte das ungeheuer komische Ergebniß, daß die Conservativen bei der Reichstagsabstimmung des 20. November in der Prästation der äiligentiL so weit gingen, baß sie für Alles sich erhoben, schließlich sogar — fürdir Beseitigung des Z 153 der Gewerbeordnung, also des Paragraphen, der die bestehenden ArbeilSschutzbestimmungen enthält und dessen Aufhebung in der Regierungsvorlage in der Voraussetzung vorgesehen war, daß ibn eben diese Vor lage durck weitergebende Specialbcstimmungen ersetzen würde. Dieses Mißgeschick bietet sozusagen die Vignette für die un sachliche Haltung der Conservativen in der ganzen Angelegen heit. Die „Kreuzztg." sollte sich durch die Politik ihrer Freunde veranlaßt sehen, hübsch still zu schweigen, und ihr eigene» Verhallen sollte sie dazu bewegen. Der Leib der „Zuchl- bausvorlage" war noch nicht kalt, als dieses Blatt, in An lehnung an die „Sociale Praxis" zwar, aber nicht nur ohne Vorbehalt, sondern auch mit eigenen beifälligen Zutbaten eine Betrachtung veröffentlichte, aus der daS gerade Gegentheil von Mißfallen über daS negative Ergebniß der gesetz geberischen Action hervorleuchtete. „Nachdem die Arbeits willigenvorlage abgelebnt worden ist",so begann die„Kreuzztg", „und die Erklärungen deS Abg. vr. Lieber eS allerdings rech» zweifelhaft gemacht haben, ob das Centrum mit den früher in Aussicht gestellten Anträgen zu derselben Frage etwa bei anderer Gelegenheit, wie bei der Berathung der Gewerbe ordnung, wiedcrkommen werde, — so ist eS nicht überflüssig, sonstige Möglichkeiten zur Anbahnung de« socialen Friedens ins Auge zu fassen, die in letzter Zeit weniger Beachtung gefunden haben, weil die Kräfte sich auf dem jetzt erledigten Gebiete maßen." Also: 1) die Zuchthausvorlage ist auch nach der „Kreuzzritung" er ledigt, 2) es giebt noch sonstige Möglichkeiten, zum socialen Frieden (diese Worte sind von der „Kreuzztg." unterstrichen) zu gelangen; 3) der Streit um die „ZuchtbauSvorlaze" ist nach der „Kreuzztg." dem Betreten anderer Frieben«wege hinderlich gewesen. Tas so rasch beruhigte Blatt, das aber wegen dieses seines GemütbszustandeS bei Gegnern der BundesrathS- vorlage keine Erregnng über die Ablehnung vorauSsetzen sollte, denkt, wie eS sagt, vornehmlich an daS gemeinsame Vorgeben der Unternehmer und Gehilfen im Buchdruck-Gewerbe, also in einer Branche, in der die „Kreuzztg." zu Hause ist. Sie erkennt an, daß hier unzweifelhaft praktische Erfolge erzielt worden sind und zwar mit der 1898 bewerkstelligten Einrichtung eines eigenen, vom gemeinsamen Tarifau«sckuß überwachten TarifamteS, daS die Aufgabe hat, die Durchführung und Auf- rcchthaltung der innerhalb der Tarifgemeinschaft vereinbarten Lohnbedingungen zu überwachen, Streitigkeiten schieds gerichtlich zu schlichten und die Interessen der Betheiligten, soweit eS die Natur der Sache erlaubt, nach allen Seiten wahrzunehmen. Diese Verständigung zwischen den Berufs vereinen und den Arbeitgebern ist zunächst auf fünf Zadre begrenzt worden; schon jetzt aber läßt die Haltung beider Parteien erkennen, daß ihre Absichten nicht dahin gehen, an Stelle de« seit drei Jahren herrschende» Friedens wieder den Streit, da- heißt erneuerte Lohnkämpfe, zu setzen, sondern daß sie umgekehrt darauf auSgehen, auch die der Tarifgemeinschaft bisher noch fernstehenden Be- rufSzenofsen, Unternehmer wie Gehilfen, zum Beitritt zu veranlassen, um so da« Gebäude der gemeinsamen Orga nisation vollends unter Dach zu bringen und sich vor erneuten Friedensstörungen und Einbrucksversuchen bekannter Art noch bester zu schützen, al« bi«ber. Um so zweckmäßiger, ja nothwendiger, erscheint diese« Dorgeben, al» sich biSbrr noch etwa ein Drittel aller Firmen (4000) sammt ihren Gehilfen außerbalb der Gemeinschaft befinden, wirksame An griffe gegen dieselben also keineswegs aussichtslos erscheinen. In dem bezeichneten Sinne geben Unternehmer und Gehilfen übereinstimmend vor, indem sie die noch außenstebenden BerusSgenostrn förmlich auffordrrn, sich der Gemeinschaft nunmebr anzuschließen, da« Dorgeben der tarifgetreuen Ge hilfenschaft zu unterstützen und offen werdende Stellen den Mitgliedern derselben vorzubehalten. „Gegrngrüadr hier für" — beißt »« in der Erklärung der Unternehmer — „können wir absolut nicht mebr anerkennen, nachdem der Be weis erbracht ist, daß, mit der fortschreitenden Verallgemeinerung de- Tarif», er auch al« wirklich durchführbar zu bejtichnen und jedem Principal «inzuhaltro möglich ist." Die« Alle« stand in der „Kreuzzritung" am 2l. November, am Tage nach der Ablehnung der Arbeit-Willigenvorlage. Da« Blatt glaubt auch nicht, daß etwa nur die Eigenart de« Buchdruck - Gewerbe« solcke ihm erfreulich ericheinende Entwickelung ermögliche, e« weist auf andere Beispiele friedlicher Einigung von Arbeitern und Arbeitgebern bin und meint — gerade al« ob eS vom Freih. v. Heyl besessen wäre —, diese Anfänge dürften nicht Überschätzt werden, aber weil sie bewiesen, daß es trotz der socialdemokratischen Gegenagitatiou möglich sei, einen den Unternehmern und den Arbeitern gemeinsamen Boden zu finden und sich auf demselben seit Jahren zu behaupten, dürften die Anfänge auch nickt unterschätzt weiden. Ohne Zweifel nicht, wie eS auch zutrifft, wenn die „Kreuz zeitung" bemerkt: daß eS auf «in Mehr oder Minder von Coalitionsfreiheit bei solchen Vereinbarungen nicht ankomme, sondern auf die gereifte Einsicht in da«, waS daS gemeinsame Interesse erfordere, daS lasse sich schon auS den bisherigen Erfahrungen entnehmen, „die trotz ihrer Unvollständigkeit wohl dazu angelhan sckcinen, als Fingerzeig zu dienen, wie eS mit der künftigen öffentlich-rechtlichen Organisation der Berufsvereine gebalten werden möchte und daß eS an sich sehr wohl möglich wäre, Unternehmer und Arbeiter in diesem Sinne unter einen Hut zu bringen. Allerdings aber darf man nichts übereilen. DaS Dichterwort: „Reif sein ist alle«", gilt eben auch hier." Wer so schreibt, eignet sich wahrlich nicht zum Ankläger der nativnalliberalen Abgg. Bassermann und v. Heyl, ge schweige denn zum Verdammer der Unterzeichner der zur zweiten Lesung der Arbeitswilligenvorlage eingebrachten uationallideralen Anträge. Die „neue Tripelallianz" Die Rebe Chamberlain'«, welche derselbe in Leicester gehalten und die wir schon, wir meinen im Sinne aller national Denkenden, das nationale Ehrgefühl bochbaltenden Deutschen, gewürdigt haben, bat, wie nicht anders zu erwarten, überall, besonders in Frankreich da- giößte Aufseben erregt. Man kann daher dem Tele graphen nur dankbar sein, wenn er die auf Deutschland und den neuen Dreibund bezüglichen Stellen der hoch bedeutsamen ministeriellen Kundgebung ausführlicher nach trägt. Wir erhalten folgende Meldungen: * London, 30. November. Der Tbeil der gestern vom Minister Chamberlain in Leicester gebaltenen Rede, der sich auf das Verbältniß zu Deutschland bezieht, lautete ausführlicher wie folgt: ES giebt noch etwa«, sagte Chamberlain (nachdem er sich über da« Einvernehmen mit Amerika geäußert hatte), was, wie ich glaube, jeder weitblickende englische Staatsmann lange gewünscht haben muß, nämlich daß wir nicht dauernd auf dem Con- tinent tsolirt bleiben sollten, und ich denke, daß in dem Augenblicke, wo diese- Sweben Gestalt annahm, es als offenbar erschienen sein muß, daß die natürlichste Allianz diejenige zwischen »n« und dem großen deutschen Reiche ist. Wir hatten unsere Meinungsverschiedenheiten, unsere Zwistigkeiten und Streitpunkte mit Deutschland. Da- Volk diese« Lande» ist durch Umstände erregt gewesen, welche wir nur zu glücklich sind, zu vergessen; aber im Grund« der Dinge ist immer eine Macht vorhanden gewesen, welche un« nothwendig zusammeubrackte. Was vereinigt die Nationen? Interesse und Befühl. Welches Interesse haben wir, da« einem Interesse Deutschland» entgegen ist. Unsere Streitigkeiten haben sich alle um geringfügige Angelegenheiten gedreht, die keinen Anlaß zu riuem ernsthaften Streit» bildeten. Diese Streitigkeiten sind bi» zum gegenwärtigen Zeitpunkte eine nach der anderen durch Lord Salisbury weise beseitigt worden. Ich kann mir keinen Punct denken, der in abseh barer Zukunft auftauchen kann, welcher un» und die Deutschen in eine Gegnerschaft der Interessen bringen würde. Im Begentheil, ich kann viele Dinge in der Zukunft vorhersehen, welche Gründ zur Besorgniß für die Staatsmänner Europas sein müssen, bei denen aber unser« Interessen deutlich dieselben find wie die Interessen Deutschland» und hinsichtlich deren da« von mir mit Bezug auf Amerika besprochene Eiuvrrständniß, Venn r« auf Deutschland »»«gedehnt wird, mehr al» jede Vereinigung dazu beitragen wird, den Frieden der Welt zu Wege zu bringen. Allein die Welt wird nicht völlig durch die Interessen beherrscht. Da« Gefühl ist einer der größten Faktoren bei allen unseren Angelegenheiten. E» ist kein Grund vorhanden, warum dieGesühle der Bevölkerung der beiden Länder sich nicht in Uebminstimmang be finde» sollten. Wir thnn Unrecht, sagte hierauf Chamberlain, nach dem er sich ziemlich au«führlich über die heftige Sprache der auswärtigen Presse verbreitet hatte, den Aeußerungen der »uswärligen Press« zu viel Ausmerksamkeit zu schenken; diese Press» lst aader« wie di« »asrig, «ad sie stellt auch nicht die Ge- siannng der Regterangen dar. Ma» gestatte mir daraas hinzuweifen, daß im Gruade der eigentlich« Charakter der ger- manischen Raff« nur unbedeutend von dem der aagelfächsifchen Raff« abveicht und daß dieselben Gesühle, welch« »a« zu einem engen SympathieverhLltuiß mit Amerika bringen, auch angerusrn werden dürfen, um un« zu einem engere» Sym- pathieverhältuiß und einer Allianz mit Deutschland zu dringen. Unser Recht-system, unser« Literatur, sogar dl» Grundlage unserer Sprache sind für beide Länder dieselbe, und wenn di« Vereinigung zn»isch„ England nnd Ammka ein mach», voller Factor bei der Sache de« Frieden« ist, wird «ine neu» Tripelallianz zwischen der germanischen Rasse und den zwei große» Zweigen der angelsächsischen Rass« noch rin mächtigerer Einfluß in der Welt sein. Ich möchte klar machen, wen» ich da« Wort „Allianz" gebranch«, daß »« wenig an«, macht, ob die Allianz auf dem Papier niedergeleg« wird oder ob «in Etuversrauduiß lm Geist« der Staats männer der betreffenden Länder vorhanden ist. Ein Ein- verständniß ist vielleicht besser als eine Allianz, wrlche Vereinbarungen, di« im Hinblick auf den Wechsel der Umstände nicht al« dauernde angenommen werden können, stereotyp srstlrgrn könnte. Ein Einverständniß, ein Entschluß, dir Beweggründe Jener günstig zu betrachten, mit denen wir auf dem Freundschastsfuße zu 'reden wünschen, ein Gefühl dieser Art, von diesen drei Ländern gepflegt und befestigt, wird zu deren ungeheurem Borthrile und auch zum Bortheil anderer Nationen sein. Snglische Prctzstimmen. * London, 1. December. (Telegramm.) In einem Artikel über die Rede Chambcrlain's sagt der „Standard": Eia Büad- ni ß, oder sagen wir eine Verständigung zwischen der angel- ächsijchen und der germanischen Bevölkerung ist etwas Natürliches und würde sicher deren Gefühl befriedigen, umsomehr, da sie zu ihrer Sicherung gegen äußere Gefahren beitragen würde.— „Daily New»" schreiben: Eine gute Verständigung zwischen England und Deutschland würde zweifellos aus die Erhaltung des Friedens gerichtet fein. Aber Verständigung und Bündniß sind zwei verschiedene Dinge. Chamberlain würde besser gesprochen haben, wena er sich auf den ersteren Ausdruck beschränkt hätte. * London, 1. December. (Telegramm.) Die „Times'« urthrilen äußerst kühl und sagrn Chamberlain kenneßdsie Ge- chichte und die Lage der drei Völker zu gut, um ernst- lich zu wähnen, daß England unter irgend welchen Verhältnissen möglicher Weise mit Deutschland solche Beziehungen Herstellen oder aufrechthaltrn könnte, die ganz thunlich im Falle Amerikas seien. Ab- gesehen von der Tbatsache, daß wir mit den Amerikanern, die mit un» durch Bande des Blutes und Gefühle», die zwischen un« und irgend einer anderen Rasse nicht bestehen, verknüpft sind, macht die Stellung Deutschlands als großer Festlandsmacht die Herstellung solcher Beziehungen unpraktisch und auch nicht wünschenSwerth für uns. Deutschland habe mächtige Nachbarn auf allen Seiten, mit denen et in Streit gewesen ist und wieder in Streit kommen kanu. Dir» allein würde etwas, was einem Bündniß mit Deutschland für allgemeine Zweck» gliche, überaus schwierig und möglicherweise nachtheilig für die ReichSinterrssen machen. „Daily Graphik" fürchtet, Chamberlain'» Anspielung aus einen neuen Dreibund dürfte die Wirkung haben, England« Freunden Verlegenheiten zu bereiten und öffentliche Erklärungen über ihre Beziehungen zu England herauSfordern, die wie eine unangenehme Widerlegung der sonst so wohlgemeinten Rede Chamberlain'» klingen dürften. ,,Daily Chronicle" schreibt: Da» Bündniß haben wir weder mit Amerika noch mit Deutschland, aber mit Ersterem haben wir freundschaftliche Verständigung, mit Letzterem eine Reihe von Vereinbarungen, die den englischen und deutschen Interessen entsprechen und für bestimmte besonder« Fälle gelten, darüber hinaus aber kein« der beiden Mächte zu irgend etwas verpflichten. Französische Prctzstimmen. * Pari«, 1. December. (Telegramm) Die „AutoritS" schreibt, das Schicksal der Ausstellung hange nicht von den Engländern ab, die nicht vermöchten, sie zu boycottiren. Hinsichtlich der Kriegsdrohung wolle Frankreich aber nicht Vortheile mißbrauchen, die ibm der südafrikanische Krieg biete. — Bei Beipreckung der Rede Chamberlain'» sagt der „Rappel", es sei durchaus klar, daß Chamberlain Deutschland das Bündniß Englands onbiete und gleichzeitg Frankreich bedrohe. Die Bedeutung der Rede liege in dieser Erklärung. — Der „Matin" sagt: Chamberlain sprach von einem englisch-amerikanisch-deutschen Bündniß als von einer fertigen Sache und benutzte die Gelegenheit, gegen Frankreich Drohungen zu richten, die auf etwas Anderes alS auf Selbstbeherrschung schließen lassen. Seit einem Jahre werden die feindseligen Kundgebungen England- in Frankreich ihrem wirklichen Werthe nach beurtheilt. Chamberlain war schlecht brrathen, al» er die Abwrienheit SaliSbury's mißbrauchte. Ebenso irrt er sich, wenn er glaubt» Frankreich werde seine Großsvrechereien ernst nehmen. — Der „Eclair" schreibt, die Prahlereien Chamber lain'» lassen nn« ebenso kalt, wie da» Projekt eine neuen Dreibundes. Wenn Chamberlaiu die Meinungs äußerungen der deutschen Presse lesen würde, würde er erstaunt sein. Man sagt, die Presse sei der Aosdrnck der öffentlichen Meinung, und in Deutschland hat sie mehr Einfluß uud Gewicht, al« man glaubt. Da» wird man auch Chamberlain vor Augen führen. Die Vereinigten Staate». * Lonßon, 1. December. (Telegramm.) Auf einem Banket de« hiesigen Amerikanischen Verein- sagte gestern der ameri kanische Botschafter Choate, Amerikas höchstes Interesse sei die Aufrechterhaltung de» Friedens. Di« Nebenbuhler schaft auf dem Gebiete des Handel«, wie sie für Amerika in Frag« komme, sei nicht unvereinbar mit dem Wunsch«, de» Frieden aufrecht zu erhalten. Deutschland, die vereinigten Staaten und Großbritannien seien, was de» Handel un- betreffe, di« Größten Concurrenten der Welt. Sie hätten alle drei in dieser Richtung rin und dasselbe Ziel und Interesse. Ein Streit zwischen zweien dieser Mächte würde den Interessen aller drei verhängnißvoll sein. Er befürcht« nicht den Autbruch eine« solchen Streite» zwischen den drei großen stamm verwandten Mächtnr, dl« drei Generottoae, hindurch all» Streit fragen, die zwischen ihnen austaucktrn, in freundschaftlicher Wett» geregelt hätten. Wie könnten dies« Mächte je miteinander in Streit geraihenl In deu Adern de« omerikautschen Volkes pnlsire fortwährend deutsche» Blut. New Park und Chicago gehörten zu Len größten deutschen Städten. Wie könnte man unter diesen Umständen daran zioeiseln, daß Amerika im Stande sei, mit der großen deutschen Nation auch ferner in voller Freundschaft zu leben! Der Lrieg in Südafrika. Die Tchlaebl am Modderflusse. „Einer der härtesten Kämpfe in den Annalen der britischen Armee." Lord Methuen. L. 0. Honchneftklooft-Station, 28. November, Nackt«. Won unserem Spccialcorrespondeutrn.) E» war ein heißer Tag. Die südafrikanische Sonne brannte mit der ganzen Glulh deS Frübsommer« auf unsere erschöpften Truppen, welche in den letzten 7 Tagen lOO Irm zu Fuß zurückgelegt und bereits zwei schwere Gefechte hinter fick hatten. Die Ver pflegung hattewäbrend dieserganzenZeit mehr denn ,»wünschen übrig gelaff n. Die ganze Colonne war al- fliegende- EorpS i i des Worte- vollster Bedeutung nur mit Brvdiack, Gewehr und Patronen auSgezogrn und der hinter uoS folgende Train konnte uns fast nie rechtzeitig zum Abkocken erreichen. Dabei riskirten wir fortgesetzt unsere Munition-- und Proviant- colonne vom Feinde abgescknitten zu seben, der bald aus unserer Linken, meist allerdings auf unserer Rechten auf tauchte und un- fortwährend beobachtete. Wir selbst hatten so gut wie gar keine Cavallerie ihm entgegen zu stellen und die wenigen berittenen Manusckaften unsererseits genügten kaum, daS Terrain direct vor dem Kopfe der Colonne aufznklären. Offenbar verfolgten die Boeren einen Hanz bestimmten, sorgfältig durchdachten Plan, denn sonst halten ihre leicht berittenen Commandos, welche wie Gespenster am Horizont austaucktrn und verschwanden, un» alltäglich aufhalten, ein zelne Tbeile der Colonne absckneiden und damit den gesammten Vormarsch zum Stehen bringen können. Lord Metbuen hat offenbar striktesten Befehl, koste eS, wa« e« wollt und gleich viel mit welchem Rsico, nach Kimberley zu gelangen, sonst läßt sich deute schon dieser Marsck, bei dem die einfachste« strategischen Grundsätze ignorirt werden, nicht erklären. Nach dem brütigen Kampfe kann er nur mit einer vernich tenden Katastrophe und der Flucht oder der Gefangen- nabme der englischen Garden und der mit ihnen ziehende« neunten Brigade enden. Der Feind batte nicht, wie erwartet, auf der Hügelkette bei Honeynestklooft uns den Kampf angeboten, und zwar offenbar, weil die neben uns brrziebenden, bei EnSlin resp. GraSpan im Feuer gewesenen 2000 Boeren Befehl hatten, hinter dem Rietflusse die-seitS JacobSdal Stellung zn nehmen, wobei sie den stark geschwollenen Rietfluß über schreiten und un« zu diesem End« vorauSeilen mußten. Als wir dem Modderflusse un» nahten, meldeten unsere Späher, der Feind stehe mit der gesammten Streit macht, angeblich 8000 Mann (diese Ziffer ist offenbar weit übertrieben), jenseits de« Modderflusse-, wo er unseren Angriff erwarte. Tie Modder, sie führt ihren Namen von den schlammigen Waffermassen, welche bei eintretender Regen zeit sich durch ibre Ufer hinwälzen, war fast 60 Fuß breit, während fir sonst deren kaum 30 erreicht und floß mit der Schnelligkeit eine« Gebirgstromr«. Aus beiden Seiten sind die User mit dichten Weidengruppen und niederem, oft meist undurchdringlichem Buicdwerk bestanden, au« dem sich besonder« jenseits de- Flusse«, d. h. auf dessen linkem Ufer, eine große Anzahl plötzlich steil anfsteigender Fels gruppen aus der sonst flachen Ebene emporheben, al« hätte irgend ein gewaltiger Riese hier einen Berg zertrümmert und die mächtigen Felsstücke desselben über dir Eben« zrrstreut. Vom Frinde sahen wir kein« Spur. Erlagaufund hinter jenen Riesenblbcken versteckt in geradezu idealer Deckung. Sein linker Flügel stützte sich auf sieben verstreuter Blöcke diesseits Jacob-tal und dem davor hinschießendrn übervollen Rielfluß, eine Stellung, die unsere rechte Flanke auf da« Sckwerste bedrohte und unS zwang, mit einfacher offener Front und fast ohne jede Deckung zum Angriff zu geben. DaS Centrum und der linke Flügel deS Feinde- erstreckte sich von Kookfontein über Klipdrift bi« Kolklaegte in gerader Linie jenseits de« Modderflusse-, welcher jeden Sturmangriff völlig au-sckloß. Di« Eiseu- dabnbrücke bei Klipdrift war gesprengt und gerade jenseits de,selben auf einem der höchsten Kopje« batte Cronje zwei seiner schwersten Geschütze, d. b. Vierzigpsünber, und einige Kruppkanonen placirt. Auf beiden Flügeln seiner Stellung besaad sich seine leichte Artillerie mit je vier Kruppgrschützen. So wenigsten- be haupten die englischen Osficiere, die indeß bäufig die Creuzot- geschützt Kruppkanonen nennen. Sie beziffern die Zahl der feindlichen Geschütze auf dreißig, nach meinen eigenen Be obachtungen dürfte Cronje böchftenS l6 bis >8 haben. Der linke Flügel de- Feinde» befand sich auf einer Anzahl kleinerer Kopie« bei Sevra Fontein. Es war 5 Udr Morgen«, al- unsere Colonne GcfrcktS« stelluiig nabm. In gerader Linie gingen wir in aufgelösten Lügen und möglichst unter dem Buschwerk Schutz suchend, gegen 5i/, Ubr rn der Richtung auf den Modderfluß vor, während unsere Artillerie den Kampf eröffnete. Gegen 7 Nhr attackirten die Garden auf unserem rechten Flügel, die neunte Brigade zur Linken und die Marinetruppen mit ibren Schiffs- aesckützen im Eentrum gegenüber Klipdrift, aber unseren Leuten fedlte jede« eigentliche Ziel, denn vom Feinde, wrlcher mit rauchlosem Pulver schoß, war noch immer so gut wienicht« zu seben, wäbrend die Boeren uud ihre Geschütze wie nach der Scheibe schießen konnten. Zn den Früdstuade, schützte un« die große Entseruung vor allru schweren Verlusten. Aber eine Schwenkung de« rechten Flügel« de- Feinde« drohte jetzt un- mit einem vernichtenden Srrtrnfouer rn überschütten und so war Lord Methuen vor die Dabl gestellt, entweder überbaupt zurück;ugeben und den Kampf al« aussichtslos abzubreckcn, d. b. sich für besiegt zu erklären, oder aber zum direcien Angriff übrrzugeben und den Uebergang über den Fluß um jede Preis zu erzwingen. Inzwischen
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