Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.12.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991214020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899121402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899121402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-14
- Monat1899-12
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis tz» der hauptrxpedition oder Leu im Lwdt- bezirk und drn Vororten errichteten AuS- aavestrVen abgeholt: vierteljährlich^4.SV. kei zwetmaliaer täglicher Zustellung in« Haus b.Sv. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliährlich . Lirect» tägliche Dreuzbandieadung ius Ausland: monatlich 7.SV. —»o—o-»— Di» Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentags um k Uhr. tre-aclion und Lrpe-itton: Johannis,affe 8. Dir-xpedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: rito Klemm s Lortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), Loni« Lösche, Katharinenstr. 14 -art. und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. MMer JagMatt Anzeiger. Amtsblatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämles der Ltadt Leipzig. Aazeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile SO Psg, Reklamen unter dem Rrdoction-srrich läge» spalten) bO^, vor den Familiennachrichtra (S gespalten) 40^ Gröbere Schriften laut unserem htreis- verzeichntß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mtt der Morgen. Ausgabe, ohne Postbesörderung , mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschlnß fiir Anzeige»: Abend-Ausgabe: Lormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« srnher. Anreißen sind stets an die Expedition zn richten. Druck und Verlag von k. Polz in Leipzig. Z 836. Donnerstag den 14. December 1899. 93. Jahrgang- Politische Tagesschau. * Leip,i§, 14. December. Die diesjährige erste Lesung deS Etats im Reichstage ist, wie herkömmlich, nur nebenher Budgeterörterung, sie ist aber auch trotz der national alles Ander« überragenden Be deutung der in sie, svzusagen amtlich, hineingetragenen Flottenfrage nicht ausschließlich Marinedebatte geblieben. Sie ist vielmehr auch eine inhaltlich politische geworden. Sonst wird bei der Gelegenheit ja auch „Politik" getrieben, d. b., die radicalen Parteien aller Schattirungen reden — in der Ab sicht, eine agitatorische „Wirkung auf die Ferne" zu er zielen — hochgradig oppositionell, da- Centrum redet be dingt oppositionell und bedingt gouvernemental — auch durcb- Fenster, alle aber in der Urberzeugung, daß ihre Worte im Hause und bei der Regierung verdientermaßen verhallen. Diesmal treten die, die nur ru reden, aber nicht- zu sagen haben, ganz und gar — höchstens nicht hinsichtlich der Rede zeit — hinter die Parteien zurück, mit denen eine Regierung, die rxistiren und wirken will, im Guten oder Bösen sich ab finden muß. Zn diesen Parteien gehört auch da-Centrum, da- ander- auftritt als sonst, und wenn sich gestern daS Tummrlfeld wirklich politischer Auseinandersetzungen erweitert bat, so ist vielleicht die Ursache dieser Erscheinung darin zu er blicken, daß man auö der vorgestrigen Rede de« Abg. vr. L i e b e r vielfach die Gewißheit einer Vereinbarung in der Flotten angelegenheit schöpft, und deshalb kaum an andere als die bestehende politische Constellation und Combination glaubt. Die Absicht die Beziehungen zu einzelnen Re- gierungSmännern und die der Parteien untereinander um zugestalten, tritt unverkennbar im Reichstage hervor, und die „Nationalzeitung" begleitet die ParlamentSmusik. Wir ziehen «S vor, un- vorläufig recapitulirend zu verhalten, und heben zunächst au- dem letzten ReicbStagSberichte hervor, daß die am Dienstag auSgebrochenen parlamentarischen Feindseligkeiten zwischen dem Eentrum und dem Minister v. Miquel gestern fortgesetzt worden sind. Herr v. Miquel antwortete zu Beginn der Sitzung Herrn vr. Lieber. Obwohl dir Kritik der Hamburger Kaiserrede, wie die- noch deutlicher hrrvortrat al-TagS vorher, dem Centrumsführer nur als Ge wand diente, um darein die Angriffe gegen den Finanzminister zu kleiden, so mußte dieser doch auf jeneRede «ingehen. Er be zeichnete sik.'wle fpaterbin auch der nationalliberal« Fraktion-- redner vr. Sattler, als eine in jeder Beziehung dankenSwerthe. Seine Beziehungen zu einer kaiserlichen Kundgebung von der Art, wie Herr Lieber die Rede des ReichSoberbaupteS auf gefaßt sehen wollte, nämlich als eine „Verdächtigung deö deutschen Volke-", konnte Herr von Miquel spielend in da« Reich der Lächerlichkeiten verweisen. Der Minister ging als bald dazu über, den Angreifer sehr schlecht zu behandeln — e- fiel das Wort „moralischer Widerwille" und mit der „Tante Voß" mußte sich der von seinen staatsmännischen Gaben eingenommene Herr vergleichen lassen! — und Herr Lieber spielte bei seiner nothgedrungenen Entgegnung eine herzlich schlechte Rolle. E- war geratezu traurig von dem Führer einer großen Partei, sich aus den Präsidenten dafür zu berufen, daß er gegen den angefallenen Minister im Rechte sei. Graf Ballestrem batte natürlich nur die formelle, die ge- schiiftSordnungSmäßige Berechtigung zu seinen Ausführungen sestgestellt und dies nur in Bezug auf die Bemerkungen zur Kaiserrede. Die Frage nach drn Gründen seiner plötzlichen Feindschaft gegen den Minister beantwortete Lieber mit den allerfaulsten SchulknabenauSrrden. Ader darauf kommt gar nicht- an, der Eentrumsfübrer erklärte di« Fortdauer seiner „revidirten" FreundschastSgefüble für Herrn v. Miquel und er hat die- sicher im Namen de« Eentrum« gethan. Der Finaazminister war vielleicht nicht ganz davon über überzeugt, denn er sagte, al« er von der Flotte sprach, dem Eentrum viel Angenehme« über Lessen ReichSsreundschaft und dergleichen. Aber der Kampf zwischen ibm und der Partei besteht; wie sich Herr v. Miquel diesen Au«gaug denkt, ob er, al- er von seiner nur „noch kurzen Amtszeit" sprach, noch an Andere- al« an seine 72 Jahre gedacht, wissen wir nicht. Seine sachlichen Ausführungen zur Floltenfrage, zur Bedeckung durch Anleihen, zu dem — ibm wider veffere» Wissen zugeschobenen — Gedanken der Erhöhung de« Getreidezolles zu Zwecken der Marine, verratben ebenso wenig physische oder geistige Müdigkeit wie die Herrn Lieber ertbeilte Lection. Aber darauf kommt e« viel leicht auch nicht an. Der Abgeordnete vr. Sattler knüpfte an Herrn Lieber insofern an, als er gegen die „Stelle, die nach dem Scheitern der Canalvorlage mit den Conseroativen gut Freund bleiben wollte", einen Borwurf erbob. Er verlieh hierauf der vorgestrigen Rede deS Abg. Grafen Limburg- Stirum erst ihre volle politische Bedeutung, indem er diesem conseroativen Führer scharf entgegnete, dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe daS volle Bertrauen au-sprach und dessen Ver dienste nichtjüber die Erfolge deS Grafenv. Bülow zu vergessen bat. Der Redner verbreitete sich sodann über zahlreiche inter essante Einzelheiten deS Etats, er bedauerte, daß dort der Bau der ostafrikanischen Centralbahn nicht schon von der Regierung beschlossen sei, und berührte u. A. den „Harmlosen"- Proceß. Zn Bezug auf die Auswärtige Politik begrüßte er, bei aller Sympathie für die Boeren, daö gute ofßcielle Ver- hältniß zu England, um dann, unter scharfem Tadel einer gewissen Flottenagitation, für die Verstärkung der See wehr das warme Interesse seiner Partei zu be kunden, Auf dem Wege der Hervorhebung der Solidarität von Industrie, Landwirlhschaft und Handel, mit der vr. Sattler schloß, folgte ibm der nachfolgende Redner, der Abg. v. Kar- dorff von der Reichspartei, nicht. ES machte ihm vielmehr sichtliches Vergnügen, Trennendes hervorzuhcben, wenn auch in guthmüthigem, amüsantem Tone. Daß mit der Minister verantwortlichkeit Alles in Ordnung sei, glaubt selbst dieser konservative Herr nicht. Dem Reichskanzler warf er da- Beschreiten eine- Zickzack CurseS in der Socialpolitik vor, wogegen anzutämpsen dem Grafen Posadowsky nicht schwer wurde. Der Pole Motty erklärte sich nach einigem Brim borium gegen di« Flotte. Daran, daß der Angriff, den der konservative Abg. Gras Limburg-Stirum am Dienstag im Reichstage gegen den Reichskanzler richtete, im Namen und im Auftrage der ae- sammten peutsch-canfervatipea Fraktion gemacht worden sei, scheint Fürst Hohenlohe, obgleich die „Kreuzzeitung" ausdrücklich erklärt hat, der Graf habe im Sinne der ganzen Fraktion gesprochen, nicht recht glauben zu wollen. Jeden falls will der Reichskanzler zunächst mit sehr milden Mitteln seine Gegner zu bekehren suchen. Milder kann man einen scharfen Angriff nicht abwehren, als mit dem Schluß sätze deS bereits vom Telegraphen auSzüglich gemeldeten hoch- officiösen Artikel- der „Norbd. Allgem. Ztg.": „Ob mit dieser Erklärung (deS Grafen Limburg-Stirum) «in praktischer Zweck hat verfolgt werden sollen, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls können wir nicht aunehmen, daß mit derselben eine Erschütterung der Stellung deS Reichskanzler- beabsichtigt worden sei, da die Stellung der Staatsmänner io Preußen und Deutsch and von ihrem Berhültoiß zu einer einzelnen Partei nicht abhängt. Auch würde dir entgegengesetzte Auffassung gerade den konservativen Grundsätzen durchaus widersprechen. Andererseits muß die Befürchtung, daß das sachliche Verhalten der konservativen Partei zu den politischen Fragen durch di» Ge staltung ihre- Verhältnisses zu einzelnen Staatsmännern beeinflußt werden könnte, im Hinblick auf den bewährten Patriotismus dieser Partei weit von der Hand gewiesen werden." Auf link-liberaler Seite wird man diese Milde zu ver spotten suchen, auS taktischen Gründen ist sie aber jedrnfalls einem schroffen Auftreten de- Reichskanzler- vorzuzieben. Eine Ablehnung der in Aussicht siebenden Flottcnvorlage ist, Wenn auch nicht wahrscheinlich, so doch möglich. Werden dann Neuwahlen nötbig, so werden die Conservativen ebenso wenig für die Vorlage und gegen den Reichskanzler in den Wablkampf treten können, wie die Regierung die Parole „für die Flotte und gegen die Conservativen" auSgeben kann. Es ist daher ein rühmenswertber Act staatsmännischer Klugheit und Selbstbeschrankung, daß der Reichskanzler so viel als möglich den Ausbruch eine- Kampfes vermeidet, der von unberechenbar schädlichem Einfluß auf daS Schicksal der Flottenverstärkung werden könnte. Der Krieg in Südafrika. —p Gleichzeitig mit der schmachvollen Niederlage deS Generals Gatacre bei Stromberg ist, wie wir in ausführ lichen Telegramms mittbeillen, wieder am Modderflusse aus dem westlichen Kriegsschauplatz gekämpft Worten. Drei Tage bat die Schlacht gewüthel — denn eine solche war eS, nicht bloß ein RerognoscirungSgefecht, wie Lord Methuen e- erst darstellen wollte — und wenn nicht Alle- trügt, hat sie am Montag mit einem L glSnzciwen Siege Cronje's geendet. UnS liegen heute folgende Meldungen über den denkwürdigen Waffenganz vor: * London, 13. Deeewber. Das „Renter'lche Bureau" meldet aus dem englischen Lager nördlich vom Moddcrflutz vom Montag, 11. Terbr., Abends: Die auc- den schottischen Regimentern bestehende Brigade, die in Reihen von je vier Mann vorrnckte, kam, ohne zu vermnthen, datz der Feind so nahe sei, auf etwa SVO Meter an die Stellung der Boeren heran. Plötzlich eröffneten die Boeren das Fener von zwei Seiten und brachte» den Hochländern so starke Vcrlnste bet, Satz diese gezwungen waren, zurück; «weiche». Bon einer Vertiefung gedeckt, sammelte» sie sich indessen wieder und hielten ihre Stellung tapfer. Als sie dann von den Garden und Hochländern Verstärkungen er hielte», giiigeu sie nencrdings, von den« Feuer der TchiffSgeschütze unterstützt, schneidig vor. DaS britische Arttllertefeuer durchlöcherte die Ver schanzungen der voereu und brachte deren Geschütze rum Schweigen. Nunmehr machte eine Kolonne der Boeren den Vrrsnch, das freie Feld z» kreuzen, nm unsere Truppen im Rücken fasse» zn können. Tie wurde indessen von unserer Garde und der Artillerie daran gehindert. Gegen Abend nahmen die Boeren das Artilleriefcuer wieder auf, ohne indrffcn eine Wirkung zu erzielen. Unsere Truppen eampiren in ihren Stellungen Wir erwarten morgen die Wiederanfnahme des stampfe«. Die Ver luste sind auf beiden Seiten sehr schwer. * London, 14. December. (Telegramm.) Der KriegSeorrespondent des „Daily Mail" am Modder River meldet über das Gefecht am Montag: Der stampf begann bet TageSgraueu. Tie Hochländer rückte» über die Grasebene vor. Plötzlich sähe«« sie sich einem mörderischen Feuer aus den Laufgräben von etwa 200 UardS Länge ausgesetzt. Der grötzere Theil des Tages nahm eiuen fürchterlichen Verlauf. Die Verluste, die in einer einzigen Minute erlitten wurden, waren erschreckend und über wältigend. Die Brigade zog sich rasch zurück, erholte sich aber wieder und behielt ihre Stellung. Dies Warans dem linken Flügel. Auf dem rechten Flügel w r die Gardebrigade durch die offene Ebene gegen eine«« andern Laufgraben vorgegangru. Sie kämpfte ISTtuuden lang gegen Sen unsichtbaren Feind, von 11 Uhr vormittags wurden die Gordonbochländer, die an den, Vormarsch nicht betheUigt waren, vor geschickt. D e Boeren lietzen sic eine Linie der Schützen gräben passiren und nahmen sie dann unter Feuer. Die englische Artillerie bestrich den ganze» Tag die feindlichen Verschanzungen. Erst bei Einbruch der Reicht hörte der stampf aut. Ein verzetchnth der Todten, Verwunderen und vermißten war noch nicht zu erlangen. * London, 14. December. (Telegramm. - „Daily Telegraph" meldet über die Schlacht: Lord Methuen« Truppen »ersuchten eine« Durch bruch durch die linke Flanke der Boeren, aber diese waren zu stark. Der Angriff aus die Front, wo die Hochländer am Vormittag zurück geschlagen wurde», wurde den ganzen Tag hart näckig fortgesetzt Die Gordonhochl ander machten einen heldenhaften versuch, diese» Witzerfolg wett z» mache». Ihr Oberst fiel; auch Maräut« Win chester, der Major bei den Coldstream Guard« war, ist gefallen. Ter Bericht de« „Standard" erzählt: Rach drm Znrückgehen der Hochländerbrigade konnte bei seiner Nen-Ansstellnng da» nnter de« Namen „Die schwarze Wache" rühmlich bekannte Regiment nur noch IVO Mann aufweise». Am vormittag wurden die erste» Gordonhochländer vorgeschickt. Sie schritten äntzrrst tapfer zum Angriff auf das Centrum de» Feinde«, wo ihre todteu und verwundeten Kameraden lagen. Doch fanden sie e» uuwöglich, die feind lichen Schützengräben zu nehmen, deren Front mit Stacheldraht gebildete Verhane schützten. * London, 13. December. Ta« striegdamt »cr- öffentlicht folgende Depesche de« Lord Methuen vom Modder River vom 12. d. «., Abend« 7'/, Uhr: Da die Boeren am Morgen die Laufgribeu stark be setzten, habe ich meiue Truppen ganz »rduung«- mützig vom ModderRiper zurückgezogen. Ich bi» in voller Sicherheit. Ich habe von Gefangene« er fahren, datz die Verluste der Boeren schrecklich find. Da« Corps va» Etttcke ist gänzlich vernichtet. Die Boeren erwiesen meinen verwundete» jede Für sorge. Also: Rückzug der ganze» Armee Lord Methuen«, respectivc ihrer Trümmer, über de« Moddeestutz, den sie auf mübselig hergerichteter Nothbrücke über schritten hatte, um sich au- der eisernen Umklam merung der Boeren heraus- und nach Kimberley vprch- zubauen, Rückzug und voraussichtlich neue aufreibtnde Kämpfe mit den Boeren, welche zwischen Modder- und Oranjeflktß postirt sind, um im geeigneten Moment den Weg nach Süden abzuschneiden. Die üblichen Phrasen, daß der Rückzug ganz ordnungsmäßig vor sich gegangen sei, daß die Verluste der Boeren schreckliche seien, haben dabei nicht so viel zu be deuten. Zweifellos wird die Armee Cronjr'S, da der Kampf erbittert war, lange andauerte und die Engländer aus giebigen Gebrauch von drn gefürchteten Mitrailleusea machten, nicht ohne Verluste weggekommen sein, aber wir taxiren sie nicht hoch, da die Boeren äußerst vor sichtig kämpfen und außerdem bei Mager-fontein sich ideale Vertheidigungswerke geschaffen hatten. Lord Methuen, der über eine Woche am Modder und Riet wie ein Greis, der sich nicht zu helfen weiß, gesessen, hat ihm ja genügende Zeit dazu gelassen. UnS genügt, daß die Eng länder ringeftanvenermaßen furchtbar mitgenommen wurden. General Wauchope fiel, wie gemeldet, und 203 ver wundete, darunter 27 Officier», wurden nach der Oranje- rirerstation gebracht. Daö sind sehr hohe Ziffern. Die Zahl der Todkcn wirb gar nicht erwähnt, ein Zeichen, daß sie dem Rothstist de- CensorS im Krieg-amt zum Opfer gefallen, also eine bedeutende ist. Ob daS, wie Methuen sagt, gänzlich vernichtete CorpS Et ticke eia englisches oder boerischeö ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, doch soll es wohl, auS dem Zusammenhang zu schließen, ein boerischeS sein. Die Bestätigung warten wir ruhig ad, ebenso wie wir gewiß zu gehen glauben, wenn FenrHeton. A Das verkaufte Genie. Ein Sommernachtitraum. Novelle von Anion Freiherrn v. Perfall. (Schluß.) Plötzlich verstummt es. DaS Paar verschwand im silbernen Dunst der Fernen. Da packte ihn da» bittere Wsh der Berlafsen- heit. Er riß sich gewaltsam lo», er lief »ach der Thüre und schrie nach seinem Kinde: „Marie! Marie!" Isländer stand mitten in seinem Schlafzimmer und rieb sich die schmerzende Stirn. Er blickte raihloS um sich. Dan-ben war sein Atelier. Auf der Stafjelei stand die Vertreibung auS dem Paradiese. Ein große» Gemälde, an dem er seit Monaten rastlos arbeitete. Zum Fenster herein schien die Sonne. Er war völlig angeklvrdet, ganz in Schwarz. Sein Bett war zerknüllt. Er rief doch noch gerade Marie! — Ein Traum! Also träumte er das Alles! Was? Horch! Er riß da» Fenster anf. Daren dal nicht wirklich Harfentöne? Alle» still! Ja, kann man denn so lebhaft träumen? So gar nicht ver wirrt, so sinnvoll, ein ganze» Leden? v, e« war entsetzlich! Dort am Teiche mit dem Schwan, der Gang über die Haide. Aber wie kam er denn völlig angezogen — in Schwarz? Er »ar gestern im Schlöffe — im indischen Zimmer — der Doctor — Float! Sie tranken, tranken viel — der Indier — er spielte ackf einem Jnstou mente. Ackdwn er sich selbst berührte, nm zur Besinnung zu kommen, knisterte ein Papier in seiner Tasche. — Heiligrr Gott! Er zog e« rasch heraus, entfaltete es — heiliger Gott! Er laS: „Ich, Unterzeichneter, kaufe um eine baare Million das Genie Martrn Isländer'- mit all' seiner Lust und Qual. Vor zehn Jcchren darf der Handel unter keiner Bedingung rückgängig ge macht werden, urch dann nur bei beiderseitiger Zustimmung. Schloß Gioltzwkfsl», den S. Mai 1871. Henry Float." Jolander lachte hell auf und laS immer wieder, von Neuem lachend, den Tontract. Den 3. Mai 1871 — Martin Jolander! — Seine Schrift, kein Zweifel! — Da sah er, sich selbst miß trauend, auf den Kalender. Stimmt genau, den 3. Mai 1871. So betrunken war. er? Und dieser würdige Greis hatte nichts Besseres zu ihun, als einen schlechten Scherz zu machen? — AuS einem solchen schlechten Scherze entstehen dann so ernste, so greifbare, lebendige Träume, die sein ganzes Wesen erschütterten, die mit einem Male ihm den Schleier zogen von der Wahrheit? Hastig eilte er in das Atelier, betrachtete sein Bild. Rein, klar und kräftig leuchtete es ihm entgegen. Es war ihm, al» wüßte er sofort den Pinsel ergreifen, so ein Drang packte ihn, so ein Sehnen nach der Arbeit. Aber warum kam denn Marie nicht? Er rief ihr doch. Sir allein kann Aufklärung bringen. — Er wollte hinauseilen, sie im Garten suchen. Der schwarze Rock genirte ihn. Er zog ihn au» und schleuderte ihn auf das Tojcha. Da rollte daß blanke Gold auf den Boden nach allen Seiten, unter den Tisch, unter die Schränke rollten die glänzenden runden Stücke und von allen Seiten klirrte und klimperte und leuchtete e» um ihn herum. DaS war ihm doch zu toll. In Hemdärmeln stürmte er hinaus — in den Garten. Wo steckt sie denn? Da stand er wie erstarrt. Sein Blick fiel zwischen den Sträuchern auf die Rosenbastion. Dort saß Mar» uttd neben -Ihr — neben ihr — dicht neben ihr, ihre Hand in der seinen. Float! Sie bewegten sich einander zu. Bon ihren Gesichtern ging rin förmlich,« Licht aus von Jugend und Glück. Dasselbe, das er ebenso über ihren Häuptern -«sehen, eh« sie in der Fern« ver schwanden. Jolander sah sich unwilldürlich noch der H-üfe u«. Dann trat er rasch vor. Sie erblickten ihn, sprangen freudig auf, ohne ihre Hände zu lassen, und eilten auf ihn zu. „Endlich! Endlich!" jubelte Marie. „Du kiffe», böse» Väterchen! Weißt Du, wie viel Uhr es ist? Zwei Uhr." „Weißt Du, was Du verschlafen hast?" setzte Float hinzu, seinen Arm um Marien» Nacken legeckd „Komm nur zu Dir, Du wachst! Auch wir wachen. Es ist kein Traum! Nur das wahre Ende eines Traumes. Ich liebe Marie. Ich bitte Dich um ihre Hand. — Was schaust Du denn so? Du willst nicht? Nun, dann will ich auch nicht. Dann bleibt der Kontrakt in voller Kraft. Jawohl, der Kontrakt." Er zog lachend ein Stück Papier aus Ver Tasche und schwang es in der Luft. Jolander schstnndelte. Mit einer raschen Bewegung riß er Floot daS Papier aus der Hand und las — es war derselbe Kontrakt, von ihm unterzeichnet. „Hast Du am Ende auch davon geträumt?" fragte Floot lachend. „Auch? Du auch?" fragte Jolander, nach Lösung des RäthselS ringend. „Du hast auch —" „O, erinnere mich nicht daran! Ts war ein grausamer Traum." Floot'S Antlitz verdüsterte sich. „Unsere Wünsche erfüllten sich? War es nicht so?" drängte Jolander in Hellem Eifer. Floot nickte gedankenverloren mit dem Haupte. „Du hattest mein Talent, ich Deine Million. Du verzweifeltest an Deinem Können, verfielst in Wahnsinn. Was Dir ein Glück schien, wurde für Dich zum Verhängnis!. Ich suchte in der Vielheit der Genüsse mein Heil, im Besitzen, anstatt im Schaffen. Die Sehnsucht nach dem Verlorenen trieb mich zu Dir, als di, Frist vorüber. Als Bettler kam ich mit einer Harfe. Du nahmst sie sreckdig für dte Million und gabst mir mein Talent zurück." Floot horchte auf. „Sonderbar! Der Anfang meines Traume» war wirklich derselbe — aber der Ausgang nicht. Ich kam zu Dir, — Du wohntest in einem weißen Hause im griechischen Stile, an einem Weiher, worauf weiße Schwäne schwammen — wie Du, mit lorren Händen; wie Du die Million, habe ich mein Talent ver loren. Zuerst selig in seinem Besitz, sah ich bald darin mein, Qual und spärliches Genügen. Mein Herz blieb leer, wie früher, bis auf di, Sehnsucht, di« ich nicht begriff. Da wüthetr ich selbst dagegen, schiiNdet« e», vernichtete es. Kaum aber war ich befreit davon, wie von einem tollen Wahn, du verstand ich erst mein Sehnen, woher die Leere in meinem Herzen kam. Die Frist war um. Ich kam zu Dir mit schwerem Herzen. Was Du zurückzu- for'dern hattest, konnte ich nicht mehr geben. Was ich fordern wollte, war tausend Mal mehr, als ich Dir gegeben — Dein Kind. Marie! Du kannst Dir meine Angst denken, als ich zu Dir kam, meinen bitteren Schmerz, ass ich Dich mit Freuoen be reit sah, Kind und Million zu geben für Dein Genie, nach dem Du Dich so heiß gesehnt — und dann, die höchste der Wonnen, Marie, erschien, wie eine Lichtgestalt. Mit ausaebttirrten Armen kam sie auf mich zu. „Geliebter komm'! Ich erwarte Dich schon lange. Siehst Du, der Glaube ist das Wunder, nicht vas Wollen. Ich sank zu ihren Füßen, ich fühlte ihren Kuß auf meinen Lippen. Die Wonne war zu groß —, da erwachte ich, nur zu noch größerer, da ich fühlte, saß es kein leerer Traum, und eilte hierher, nur um die Bestätigung zu sinken. Und nun, Jolander, Deinen Segen, Du kannst ihn nicht ver wehren." Jolander fand noch keinen Ausweg aus dem Wirrfal von Wirklichkeit unk Trarrm. „Gern — so gern —", sagte er, ganz verloren. „Aber ich kann nicht, ich kann nicht. Wo, unter welchen Umständen, wer dictirte uns den Kontrakt, den wir doch Beide in Händen halben?" „Das Iveißt Du nicht mehr?" Floot lachte über das Erstaunen I-laNder'». „Doch beruhige Dich, ich wußte e« auch nicht mehr —, wir müssen toll gezecht haben. Der Doctor macht« sich mit uns den Spaß." „Der Indier, der Doctor! Ja, wie ist mir denn, daß ich das ganz vergessen konnte! Der Gatt« d«r Rukmini, der auf der Gusta spült«, d«r Zwerg mit d«m weißen Haupt« —" Er schrak zusammen. Da stand er vor ihm. Hutchinson! Das weiße Haupt leuchtete wie Schnee zwischen den Rosen. „Nun, haben S« mich jetzt wieder nicht gesehen?" Hutchinson lachte. „Sic müssen mich ja zuletzt für einen wirklichen Zauberer' halten." „Offen gesagt", entgegnet« Jolarcher mit aller Festigkeit, „da für halte ich Sie auch. Me kommen Sie zum Beispiel «den jetzt hierher? Ich habe doch gute Augen."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite