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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.12.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991230026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899123002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899123002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-30
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Mär», 1899 hat unter weiterer vorläufiger Beibehaltung der zweijährigen Dienstzeit der Fußtruppen für einen fünfjährigen Zeitraum mehrfach sehr erwünschte or» ganisatorische Veränderungen gebracht. Die Versuche mit jener verkürzten AuSbildungSpcriode sind hiernach zwar noch nicht endgiltig abgeschlossen, immerhin ist für längere Zeit die Frage zurückgestellt, ob insbesondere für die Infanterie die zweijährige Dienstzeit erwünscht ist oder nicht, und dafür die andere um so wichtiger geworden, wie sich unsere Fußlruppen mit den nun einmal gegebenen Verhältnissen einrichten werden, um nach wie vor ans der Höhe ihrer Aufgabe zu bleiben. „Schwierig, leiten sind dazu da, daß sie überwunden werden", ist eia altes Wort, das bei uns gottlob noch immer und so auch im vergangenen Jahre volle Geltung gehabt hat." Diese Auslassung nnd ihre Verbreitung durch den ofsi- ciösen Telegraphen erkalten besondere Beveutnnz dadurch, daß sie unmittelbar aus eine Auslassung der „Kreuzzlg." soigen, in der die Behauptung wiederholt wurde. Laß die Negierung für die großen Aufgaben, die sie auf sich ge nommen, der Unterstützung der Konservativen nicht entbehren könne. Diese großen Aufgaben wurden dann des Näheren wir folgt bezeichnet: „Tie durch Ablehnung des ArbeitS- willigengesctzeS (vulzo Zuchtbausvorlage) geschaffene Situation kann unmöglich lange fortdauern, einstweilen aber ist die Flott en Vorlage angekündigt, weiterhin soll die Wiedereinführung der dreijährigen Dienst zeit ins Auge gefaßt sein." Daß hierin ein Anerbieten liegt, ist nicht zu verkennen. Es ist zweifellos an jene Stelle gerichtet, von der man die Ersetzung des Fürsten Hohenlohe durch einen „starken Mann" hofft, der alle Wünsche der Agrarconservativen, in erster Linie das Fallenlaffen der Eanalvorlage, erfüllt und dafür auf die Unterstützung dieser Herren selbst dann rechnen darf, wenn er die Wieder einführung der dreijährigen Dienstzeit noch vor Ablauf der Probezeit durchführen will. Mit diesem Anerbieten, so weit es sich aus die dreijährige Dienstzeit bezieht, sind also die Hintermänner der „Kreuzztg." abgefahren, was sie aber nicht davon abhalten wird, mit neuen Proposilionen für den Fall zu kommen, daß Fürst Hohenlohe des Kampfes müde wird. — Das „Militärwochenblatt" enthält übrigens in dem Artikel, dem die oben angeführte Stelle entnommen ist, noch eine andere, die Beachtung verdient. Sie lautet: „Mit Theilnahme richten sich die Blicke nach außen, aus das kleine tapfere Volk im fernen Süden, das grade jetzt Len Kampf um seine Existenz gegen eine gewaltige Weltmacht führt und dessen Denken und Handeln dem soldatischen Empfinden — fernab von jeder Politik — immer sym pathisch sein wird." Man kann hieraus entnehmen, daß ein Abkommen mit England nach Art des vom „Berl. Loc.-Anz." veröffent lichten und jetzt erfreulicher Weise vom „Reichsanzeiger" als „dreiste und ungeschickte Erfindung" bezeichneten, welches das klein« tapfere Volk im Süden in aller Form an England ausliefern würde, auch in einflußreichen militärischen Kreisen eine tiefe Mißstimmung erregen müßte, auf welche die Reichs regierung e- denn doch nicht wird ankommen lassen dürfen. Die Meldung, daß Prinz Urenberg sofort uach seiner Ankunft in Deutschland in Untersuchungshaft genommen worden ist, läßt erkennen, daß daS Verjähren gegen den Prinzen mit dem in der Eolonie gefällten Spruche sein Ende noch nicht erreicht hat. Vor Beendigung desselben wird man also auch die von vielen Seilen verlangte amt licke Darstellung der Vorgänge, die das Einschreiten gegen den Prinzen nöthig machten, nicht erwarten dürfen. Auch im Reichstage wird eine frühere Anfrage nichts fruchten, sie müßte denn lediglich zu wissen verlangen, ob der Prinz wirklich, wie behauptet wird, bereits als Kürassierofsicier wegen Soldatenmißhandlung bestraft worden ist und warum, wenn dies richtig sein sollte, in diesem Falle die Vorsicht außer Acht gelassen worden ist, die bei der Auswahl der in unseren überseeischen Gebieten in verantwortlicher Stellung beschäftigten Beamten und Ofsicieren geboten erscheint. Einst weilen muß man sich damit begnügen, den Versuchen entzegen- zutreten, die von klerikaler Seite gemacht werden, den durch die vorliegenden Berichte so schwer belasteten Prinzen in das mildernde Licht der Unzurechnungsfähigkeit zu rücken. I)r. PeterS gegenüber hat sich bekanntlich die klerikale Presse ganz anders betragen. Nicht minder entschieden muß man dem Bestreben des „Vorwärts" entzegentreten, durch seine Betrachtungen über den Fall Arcnberg falsche Vorstellungen über die Rechtsverhältnisse in den Schutzgebieten zu erwecken und dadurch Stimmung gegen die Colonialpolitik zu machen. DaS socialdemokratische Centraloraan findet es nämlich ganz erklärlich, wenn die von dem „Curopakoller" der Schneidigkeit „angefaulten Herrchen" gerade Afrika als Schauplatz ihrer Thätigkeil bevorzugen; denn: „In Europa hemmen die peinlichen Strafgesetzbuch-Paragraphen ein schrankenloses Ausleben der schneidigen Individualität, während in Afrika dergleichen Vergnügungen aus dem Recht des CnlturträgerS abgeleitet und verlheidigt, wenn nicht ver herrlicht werden." — Diese tendenziöse Auslassung soll offen bar den Glauben erwecken, als ob die „peinlichen Strafgesetz buch-Paragraphen" in den afrikanischen Schutzgebieten des Reiches nicht in Geltung stünden, als ob mithin in jenen Gebieten Vergehen gegen di- Strafgesetze be gangen werden könnten, ohne daß eine sonderliche Bestrafung drohte. Wenn die coloniale Gesetzgebung deS Reiches in Wirklichkeit derartige Verhältnisse ermöglichte, so wäre sie mit einem Makel behaftet, der den Feinden der Colonialpolitik eine sehr wirksame Wasfe in die Hand drückte. In Wahrheit aber hat sich die coloniale Gesetzgebung des Reiches ganz anders gestaltet. Die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten wurden geordnet durch daS Reichs gesetz vom l7. April 1880, das durch daS Reichsgesetz vom 7. Juli 1887, sowie durch andere Gesetze und Verordnungen ergänzt, durch das Gesetz vom 15. März 1888 völlig um geändert wurde und nun durch Verordnung vom 19. März 1888 in einer neuen Gesammtredaction vorliegt. Nach letzterer lautet 8 2 deS Gesetzes, betreffend die Rechtsver hältnisse der deutschen Schutzgebiete, folgendermaßen: „Das bürgerliche Recht, das Strafrecht, das gerichtliche Ver fahren einschließlich der Gerichtsverfassung bestimmen sich für die Schutzgebiete nach den Vorschriften des Gesetzes über die Con» sulargerichtSbarkett vom 10. Juli 1879 . ., welches, soweit Feuilleton. Der neueste, große Roman von Hans Hopfen „Vie ganze Hand" ist von unS zum alleinigen ersten Abdruck für unser Gebiet erworben Worten und wird mit dessen Veröffentlichung an dieser Stelle mit dem neuen Jahre begonnen werden. . » o«.,. - - 1,1 Eine Pordlandgeschichte. Don v. Paul Kaiser. <7!aa>rruck verboten.) Während Nil» am Grabe des theuren Freundes stano, kamen zu seiner Wohnung, zwei srem'dr Lappmädchen. Jede hatte ein besonders schönes, schnelles und wohl aufgeputztes Rrnnthier vor dem Schlitten. Fülle, Tolje's Sohn, war bei ihnen, um sie zu Nils' Gehöft zu geleiten. Der alte Erik Nilsson und Tante Lena tvaren allein in der düsteren Stube. Erik Nilsson saß und starrte auf die Feuerbrände, u>elck)e auf dem Heise klackerten, indem er das Kinn auf den einen Arm stützte. Tante Lena aber hatte ihr Gesangbuch vorgenommen, blätterte darin und suchte sich ein tröstendes Wort. Es war den Beiden ihr stilles Heim nie so einförmig und düster vorgekommen wie jetzt. Da war es Tante Lena schon recht, als sie die Schlitten kommen sah. Sie eilte hinaus, um die Ankommenden zu bewillkommnen. Diese fragten: „Wohnt Jakko hier?" Da erschrak die Alte. Ihm galt also dieser Besuch. Sie brachte es nicht über das Herz, den Mädchen das Schreckliche mit- zutheiün. Sie sagte: „Nein, er ist nicht hier." „Wo ist Falko?" „Er ist jüngst weggozogen." „Wohin zog er?" „Weit, weit fort. Ihr werdet das Weitere ja hören, wenn Ihr etwas verweilt." „Können wir nicht noch heute seine Wohnung erreichen?" „Nein, nein", sagte Tank« Lena mit einem Seufzer, indem st« daS ein« Thier von dem Schlitten loSmachte und an die Krippe führte, wohin Falle auch bald mit dem anderen kam. Erst als die beiden jungen Lappmüdchon eingetreten waren und der Kaffr« bereitet würde, hörten sie, wohin Jakkv weg gezogen wäre. Das eine der beiden Maschen begann laut zu weinen, und Tante Lena lveinle mit ihr. Die Reise war also für die Mädchen umsonst gewesen. Beim Abschieo in Tjärnvallen im vorigen Jahre hatte Jakko von Nanna das Versprechen bekommen, daß sie im nächsten Jahre, sobald es die Witterungsverhältnisse zulasten würden, zu den Weideplätzen kommen und ihn im Thal der Ljusne besuchen würde. Dazu di« Erloubniß zu erhalten, war für sie um so leichter, als sie Verwandte in Storsjö halte, welche sie eben falls aufsuchen wollte. Schwieriger würde es, dachten die Beiden, sein, wenn Jakko sie und ihren Vater besuchte. Hiervon hatte Jakko seinem Nils niemals ein Wort gesagt. EL sollte kür ihn eine desto größere Ueberraschung werden, plante e: damals, wenn sie ganz unvermuthet ankäme. Käme sie aber nicht (man konnte nicht wissen, ob nicht doch Einer ein Hinderniß in den Weg legte), so hätte er wenigstens keine falsck)«n Hoff nungen erweckt. Was ihm zuletzt ein« so große Freude bereitet hatte, war, daß er nicht blos selbst bald ganz glücklich sein werde, sondern auch seinem Herzensbruder Nils eine bessere Hilfe als zuvor werde dringen können. Schon stand die Zukunft so hell und rosig vor seinen Blicken. Es war affo wohl verständlich, daß er in jener Zeit so oft mit wartender Seele dasaß, daß er ost die Schneeschuhe anlegre und auf einen der Schneeberge fuhr, von dem man weite Aussicht hatte über das Land. Da hatte er ausyespäht, dl> nicht bald ein Schlitten nahen werde. Ach! er sollte ihn nicht mehr kommen sehen. Das war sein Geheimniß vor Nils gewesen, bas in des Freundes Herzen allerlei Sorgen und Argwohn hervorgerufen hatte. Aber wenn auch Nils' veränderte Stimmung den Freund bekümmert hatte, er freute sich doch auch wieder, in der Hoff nung, daß sich am Ende Alles wohl gestalten werde. Nachdem Tante Lena ihre Thränen etwas getrocknet hatte, erzählte sie mit kurzen Worten, wie sich Alles zugetragen. Der alte Erik Nilsson vervollständigte dies und das. Dann ging er an bas Bcttgeftell und nahm etwas hervor, was unter demselben verborgen war. Es war ein Paar ungewöhnlich schöner Schnee schuhe; aber von dem einen war die Hälfte abgebrochen. „Diese", sagte der Alt«, nnd die weißen Locken kochten über seine gefurchte Stirn, „dürfe trug Jakko, als er aufgefunden wurde. Er hatte manchen Abend daran gcarbeitet. Er war nicht ohne Kunstsinn, Jakko. Seht Ihr, wie kunstvoll« Rosen er hineingeschnitten? Und hier, di« Buchstaben: X. D. v. Gr wiß wollte er sie Nils schenken, nachdem er die Schneeschuhe selbst geprüft Haden würde." Das v. war so «igenthümlich geschnitten, daß man es fast für ein 8. nehmen konnte. So hatte es auch Erik Nil-son gelesen: nicht nachstehend ein andere? vorgeschriebea ist, mit der Maßgabe Anwendung findet, daß an Stelle deS Consuls der vom Reichs kanzler zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigte Beamte und an Stelle de§ Consulargerichts daS nach Maßgabe der Bestimmungen über das letztere zusammengesetzt« Gericht des Schutzgebietes tritt. Der Zeitpunct des Inkrafttretens wird durch kaiserliche Verordnung festgesetzt." Nach dem Gesetze über dir ConsulargerichtSbarkeit, auf welches hier Bezug genommen wird, gelten in betreff des Strafrechts das Strafgesetzbuch für das deutsche Reich und die sonstigen Strafbestim mungen der Reichsgesetze. WaS dieMaterien anlangt, welche nickt Gegenstand deö Reichsstrafgesetzbuchs sind, so kann, wie 8 3 des Gesetzes über Vie Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete bestimmt, Gefängniß bis zu einem Jahre, Hast, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände angedrodt werden. Für das südwestafrikanische Schutzgebiet trat das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutz gebiete durch die Verordnung vom 10. August 1890 in Kraft. Letztere Verordnung bestimmt in 8 1 das Nachstehende: „Der Gerichtsbarkeit unterliegen alle Personen, welche in dem Schutzgebiete wohnen oder fick aushalten oder bezüglich deren, hiervon abgesehen, ein Gerichtsstand innerhalb deS Schutzgebiete- nach den zur Geltung kommenden Gesetzen begründet ist, die Ein geborenen jedoch nur, soweit sie dieser Gerichtsbarkeit besonder- unterstellt werden." Hiernach kann leine Rede davon sein, daß die coloniale Gesetzgebung deSReicheS als solche „ein schrankenloses Ausleben der schneidigen Indi vidualität" in Afrika ermögliche. Vielmehr hemmen ein solches „schrankenlose Ausleben" die selben Strafgesetzbuch-Paragraphen, wie in Deutschland. DaS strafrechtliche Verfahren gegen die Militärpersonen der Schutztruppe wurde durch die Verordnung vom 3. Juni 1891 geordnet. Demgemäß liegt ihm die preußische Militärstrafgerichtsordnung vom 3. April 1845 zu Grunde. Daß letztere „ein schrankenloses Ausleben der schneidigen Individualität" gestatte —, dies zu behaupten, wird der „Vorwärts" bei einiger Ueberlegnng Bedenken tragen. Wenn wirklich das subjektive Ermessen der militärischen Nickter über den Prinzen Arcnberg eine zu gelinde Strafe verhängt hat, so wird die Correctur nicht auSbleiben; die Verhaftung deS Prinzen ist der erste Schritt dazu. Gestern ist König Alexander von Serbien in Wien ein getroffen und von dem österreichischen Kaiser in der zuvor kommendsten Weise empfangen worden. Schon vor zwei Monaten wollte der jugendliche Monarch in der Hofburg vorsprechen, mußte aber unverrichteter Sache wieder um- kebren. Die „N. Fr. Pr." ist bemüht, nachzuweisen, daß damals nickt politische Erwägungen den Empfang reS Serben königs verboten, vielmehr sei der Kaiser aus Anlaß deS Aller- seelentageS nur für ganz kurze Zeil auS Pest nack Wien ge kommen, und in die knappe Frist habe sich der Besuch nicht einfügen lassen. Auch der jetzigen Begegnung spricht daö Wiener Blatt jede politische Bedeutung ab und erblickt in derselben nur einen HöslichkeitSact, wie er sich für die höchsten Re präsentanten zweier befreundeter Nachbarvölker von selbst verstebe. Weder die Abberufung des russischen Gesandten aus Belgrad noch der berüchtigte Attentatöproceß, jene in rechtliche Formen sich kleidende Gewaltthat, hätten für Oester N(ils) E(rils) S(on). Er sah darin die Anfangsbuchstaben der Namen seines Sohne». „Jakko ', fuhr der Alte fort, „wollte immer Alles verschenken. Er haste «in sehr gutes Herz." Nanna sah Vie Buchstaben an, aber sie schwieg. Es waren die Initialen ihres Namens N(anna) E(inars) D(oster). Nanna Einars Tochter. Nils kam erst spät am Abend heim. Er kam mit sehr be schwertem Sinn. Es wurde Hm schwer, in das alte Vaterhaus zu riickz »kehren lind die Stelle leer zu sehen, an welcher der theure Freund und Pflegebruder geweilt hatte. In diesem Schmerze war es ihm eine klein« freudige Ueberraschung, die beiden Renn- thiere zu finden. Denn, so dachte er, wenn auch nur einige Lappen sich über Nacht hier einquartirrt haben, wird schon das etwas die Trauer und Leere mildern. Wenigstens würde er Andere sprechen hören, wenn er auch selber sich wenig an dem Gespräch beiheiligen würde. In der Hausflur hörte er einen Gesang, der ouH der Küche kam. Es waren «in paar klare Mwdchenstimmen, die er hörte. Er konnte auch die Worte deutlich heraushören. Sie lauteten: Ob Wolken unS umgrauen Und Nächte vor uns steh'n, Wir doch dem Herrn vertrauen. Der Herr wird es verseh'n! „Wie wahr das ist!" hörte er Tante Lena sagen. „Ost kommt aus der finstersten Wolke der reichlichste Regen." Ehe die beiden Mädchen fortfahren konnten, öffnete Nils die Thüre. „Daß ich Dich gar nicht sah, als Du kamst", sagte Tante Lena. „Ich bin quer durch den Wald gekommen", antwortete Nils, indem er di« Gäste begrüßte. Jalle reichte Nils die Hand, wonach die beiden Mädchen das selbe thaten. „Ich glaube, wir kennen einander", sagte Nils zu der Größer» von Beiden. „Ja, auf Anta Torkclsson's Hochzeit trafen wir uns", er widerte Nanna. „Auch als ich Dich singen hörte, war es mir, als ob ich Deine Stimme bereits vorher gehört hatte." Viel wurde an diesem Abend nicht gesprochen. Es lag ein Druck auf ollen Gemüthern. Tante Lena sagte: „Wir müssen unS denrüthiyen unter Gottes gewaltiger Hand daß er uns erhöhe zu feiner Zeit. Die schwarze Nacht ist doch umsäumt mit ihren Lichtkanten. Was sind wir, daß wir wider Gott streiten wollten?" reich Anlaß sein können, seine Orientpolitik, d. h. sein lvyale» Zusammenwirkrn mit Rußland in der Aufrechterhaltung der Ruhe der Balkanstaaten, auch nur im Geringsten zu ändern. Etwas ander- beurtheilt der „Pcster Lloyd" die Angelegenheit. Man berichtet unS darüber: * Pest, SS. December. Der „Pester Lloyd" bespricht den glänzenden Empfang des König- von Serbien in Wien und äußert sich über die in Au-sickt stehende Amnestirung der im AttentatSprocrsse Berurthrilten ia folgender Weis«: 'Daß mit dieser Maßregel zugleich den Wünschen und Ralhschlägen mächtiger Freunde und Gönner Serbien» Rechnung getragen wird, verleiht ihr neben dem Charakter hochherziger Milde, den ihr Jedermann zuerkennt, auch Lea wohlerwogeaer Ttaatsklag- beit. Ob freilich durch diesen Act die Verstimmung, welche in Petersburg gegen Serbien herrscht, beschworen werden wird mag zweifelhaft erscheinen. ES scheint, daß die Rathschläge und Wünsche, von denen jüngst die „PrtrrSburgSkija Wjedomosti" sprach, sich auch noch auf eine andere Angelegenheit beziehen; indessen darf man wohl hoffen, Laß die Petersburger Regierung sich nicht ol- schlechthia unversöhnlich erweise» wird. Der „Pester Lloyd" läßt durckblicken, daß di« in Aussicht stehende Amnestirung die Vorbedingung für den Empfang des Königs war und daß daS Mißglücken deS früheren Versuchs in der Hofburg zur Begrüßung zugelassen zu werden darauf zurückzuführen ist, daß die Amnestirung noch verweigert wurde. Daß aber der jetzige Empfang zu Mißtrauen in Petersburg Anlaß geben könnte, glaubt auch der „Pester Lloyd" nicht. Deutet er doch an, daß die Amnestirung der gemeinsame Wunsch Oesterreich» und Ruß land» gewesen ist. Nicht» desto weniger wird die russische Presse allerhand übelwollende Commentare an die Monarchen begegnung knüpfen, wie sie ja in letzter Zeit wiederholt eS fick hat angelegen sein lassen, daS Mißtrauen gegen die österreichische Orientpolitik rege zu erhalten. Graf GoluchowSki hat kürzlich anläßlich der Eröffnung de- österreichischen Parlament» die loyalsten Versicherungen ab gegeben, und man sollte darum annehmrn, daß wenigstens dir maßgebenden Persönlichkeiten in Petersburg beruhigt seien. Mißtrauen ist indeß stets der Grundzug der russischen Diplvmatie und Politik gewesen und wird e» wohl auch bleiben. Der Krieg in Südafrika. §. Jetzt vergebt kein Tag, ohne daß behauptet wird, unter den Boeren beginne der Mangel an Lebensmitteln sich empfindlich fühlbar zu machen, oicht so sehr unter den im Felde stehenden, als unter Len Bürgern daheim. Nament lich in Johannesburg soll einem in der „Köln. Ztg." veröffentlichten Privatbrief zufolge die Stimmung recht trüb sein. ES ist möglich, daß dauernder Proviantmangel eintritt, wenn England sich der Delagoabai bemächtigt, oder die Zufuhr von Lebensmitteln über Lonrentzv MarqueS zu verhindern fort fährt. Allein daS Erstere wird eS schwerlich thun, da es Lamit seine Concurrenken Rußland und Frankreich sich sofort auf den Hals betzen würde, und von Legrerem — ab gesehen davon, daß Lebensmittel für die Bevölkerung, nickt für da» Heer, keine Contrebande sind — wohl adsehen, in Auch Erik NilSson sprach: „Wir wollen uns 'oer Fügung des Allmächtigen uno Allgütigen unterwerfen." Alle diese Trostworte wollten bei Nils noch nichi recht fruchten. Als er Hörle, was die beiden Mädchen eigentlich zu ihnen geführt halt«, oa brach er wieder in Thränen aus. Zarte Saiten des Gemüths wurden dabei berührt. Ja, jetzt verstand er Alles. Jehl lvar ihm Jallo's sonderbares Benehmen klar. Jetzt wußte er, warum er jeden Tag Alles im Hause so sorgfältig an seinen Platz gestellt uno geordnet und gesäubert hatte. Jetz: konnte er sich vorstellen, für wen er die neuen Schneeschuhe mit so großer Sorgfalt und Liebe geschnitzt und Rosen und anderen Zierrat darauf angebracht hatte. Jetzt konnte er sich auch erklären, warum Jakko in der letzten Zeit täglich in die Schneeberg« gelaufen war. Er wollte der Geliebten begegnen. Jetzt verstand er auch, warum er nach schnellem Redefluß einst so zögernd und stockend die Worte gesprochen hatte: „Ich vekheieathr mich wohl nicht!" O Jatto, Jatlo! Den nächsten Tag, am Eharfreitag, hatte er mit Nanna eine längere Unterredung. Die dreh.« sich um den Todien. Nils uno Nanna's Augen füllten sich immer wieder mit Thränen. Wie David um Jonathan klagte Nils um seinen Freund. Wie nahe sich Nils uno Nanna in dieser gememsamenHerzenstrauer kamen! Zuletzt bat Nils die beiden Mädchen, ihm das geistliche, schöne TroftliSd von gestern noch einmal zu singen. Sie ließen sich auch nicht lange nörhigen. Wieder sangen si«: Oft öffnet er uns Thüren, Die wir noch nicht gesch'n, Wer könnte sonst uns führen? — Der Herr wird es verseh'n. Als si« geendet, ging Nils und kam mit einem Buch zurück, das er aus dem Eckschrank der angrenzenden Stube geholt hatte, wo Jukto's Lagerstätte gewesen war. „Dieses Buch erhielt Jakko von Tante Lena zu seiner Kon firmation", sagte er. „Wie Ihr Euch doch seiner auf all« Weise angenommen habt!" sprach Nanna. Das Buch enthielt Lieder und Gebete in schnKoisch-r Sprache. „Nanna", sagte Nils, „willst Du das Buck Dir nicht mit nehmen, als «in Andenken an Jakko?" Jetzt hatte Nanna 'da» Titelblatt aufgeschlagen und la» die Worte: „Dem lieben Jakko ReNhold von Tante Lena." „Hier steht Jakko ReNhold", sagte sie. „Ja", sagre Tante Lena, die mit Erik Nilsson herringetreten war, „er hieß eigentlich so. Einen Vatersnamen hatte er nicht. Er war ein Findelkind." „Dir Leute, welch« ihn in den Schnerberzen, halb erstarrt,
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