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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991215014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899121501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899121501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-15
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Reklamen unter dem Redactionsstrich ^ge spalten) 20vor den Familieunachrichten (6 gespalten) 40/^. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzrichoiß. Tabellarischer und Zisserasatz nach höherem Tarif. Extra-Veilagcu (grfalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^>i SO.—, mit Postbeforderung .ch 70.—. Innahmeschlnß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annabmestellrn je ei» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck «nd Verlag von E. Polz in Leipzig S3. Jahrgang. Handelsgeschäfte des Lundes -erLan-wirthe. L Vorigen Montag vernahm der Leipziger Eouservativr Verein beifällig einen Vortrag über und gegen die Aus wüchse des CapitaliSmn« im Detailhandel. E- ist schade, daß die Veranstaltung nicht etwa- später stattfand, di« Handelsgeschäfte des Bundes der Landwirthe hätten dann nicht wohl außerhalb der Betrachtung bleiben können. Zuin selben Tage hatte nämlich der Bund zu Berlin eine „Mittelstandsversammlung" zu dem Zwecke ein- berufen, in der Reichshauptstadt eine Ortsgruppe zu bilden, d. h. Berliner Detailhändler und Handwerker an seine Fahne, seine Lasse und an seine Zeitung zu binden. DaS Unternehmen war auf starken Widerstand der Antisemiten gestoßen, die die Legitimation deö Bundes, sich als Wortführer deö gewerblichen Mittelstandes auszuspielen, an der Hand unanfechtbarer Thaisachen bezweifelten. Immerhin kam die Versammlung mit Ach und Krach zu Stande: an geblich 300, nach glaubwürdiger Schätzung 180 bez. 200 Leute, zumeist in Berlin lebende Großgrundbesitzer, zur Zeit — theil- weise wegen der Reichstagsverhandlungen — sich dort auf haltende Mitglieder desselben Standes, wenig Gewerd- treibende. Die vorbergegaugene mißfällige Begrüßung, wie auch die Zusammensetzung der Mittelstanesversammlung bewog den ersten Hauptredner, Herrn I)r. Hahn, der Veranstaltung einen anderen Zweck »IS den ursprünglich in» Auge gefaßten untcrzuschiebeu. Man wolle, so meint er, den Berlinern nur zeigen, waö man eigentlich sei: nicht eine Vereinigung von Großgrundbesitzern, sondern eine Zu sammenfassung aller Kreise der Landwirthschaft, zum größten Theile der kleineren und mittleren Landwirthe. Um diesen Charakter des Bundes seiner Tendenz und Leitung nach — daß in der Mitgliedschaft die Givßgrundbesitzer numerisch nicht überwiegen können, versteht sich von selbst — den Ge werbetreibenden glaubhaft zu mache», hätte man wenigstens ein Exemplar des bäuerlichen Mittelstandes vorstellen sollen. Man war dazu jedoch nicht im Stande. Die Redner Warrn ausschließlich Großgrundbesitzer und BerufSagitatoren, und einer von ihnen, naiürklich kein BerusSagitator, verrieth denn auch die ältere Absicht, er empfahl den Beitritt zum Bunde und das Halten der BundeSorgane. Herr Liebermann von Sonnenberg ließ seine protestirenden Leute im Stiche, er gab seine freudige Zustimmung zur Versammlung und sprach wgar gegen die Waarenhäufer wie das Werthheim'sche. Letzteres ward „zu großem Leide", denn nun wurde dem Bund sein Sündenregister vorgelcsen nnd seine Leitung in eine höchst ungünstige DefensivsteUunz gedrängt. Die Verantwortung war denn auch kläglich. Den Vor wurf, daß ein Großgrundbesitzer, der lange Jahre die Seele des Bundes gewesen, dem Mittelstände durch eine Großschlächterei auf seinem Gute schwere Concurrcn; mache, glaubte der Bundes vorsitzende Or.Rösicke zuerst mit der Versicherung abwehren zu können, der betreffende Herr habe „seine Großschlächterei" lediglich angelegt, um einer benachbarten — Impfanstalt die Lymphe für die Schweine kleiner Besitzer zu liefern. Da daS mit Grund nicht recht überzeugend erschien, wurde noch betont, gegen einen Minister könne man nicht so vorgehen. ES handelt sich nämlich um den Staatssekretär Herrn v. PodbielSki. Einer anderen, noch aktiven Bundes größe war uackgesagt worden, daß sie ihren Bedarf „bis auf die Hosen" bei dem militärischen Wertheim, dem ..Waarenhaufe der Armee und Mariae", decke. Herr Rö;icke erwiderte, seine Hosen machten den Herrn noch nickt zum Mittelslandsfeinde. Das ist richtig, aber aus Mittel- siandsfcindschafl geht auch Niemand zu Wertheim. Aber wer lediglich als Mittelstands freund sich aufspielt, der bandelt, wenn er von Officieren kauft, nach der Maxime: Richtet euch nach meinem Worte? Und besonders gilt die« von einer Organisation, die den Mittelstand an sich, hinter sich ziehen will und ü Irr Officierverein verkauft. Herr Nösickc erklärte ferner, die Annonce des Bundes, die Fahrräder, Nähmaschinen, Lampen u. dgl. offerire, sei aus Versehen erlassen worden. Der Bund führe die Artikel gar nicht. Diese Wahrnehmung muß die Leitung der Ver kaufsstelle sehr spät gemacht haben, denn jene Annoncen sind nicht annullirt worden und noch vor allerkürzester Zeit batte der „Verband deutscher Fahrradhändler" im Vereine mit dem „Verbände deutscher Näbmaschinenhändler" Anlaß, die Fabrikanten und Grossisten ihrer Branchen vor einer Ge schäftsverbindung mit dem Bunde eindringlich als vor einer „neuen großen Schädigung" der bisherigen Abnehmer zu warnen. Herr Röficke meint, der Bund habe sogar rin Ver dienst um den Mittelstand, denn er habe sich entschieden gegen die Gründung von Genossenschaft- - Schlächtereien, Bäckereien ,c. erklärt. Dies« Erklärung ist eine platonische, denn solche Genossenschaften werben immer wieder und zwar durch Mitglieder des Bunde- gegründet, und ihre Produkte werden, wir wir eben wieder seststellen können, in konservativen Zeitungen zum Bezug angeboten. Die „Deutsche Lage-zettung" erinnert sich wohl auch noch, daß sic sogar einem Tuchfadrikanten, der kleinste Mengen seines Fabrikat« anbo», zurGewinnung von Kundschaft imKreise ihrer überallhin verstreuten Leser behilflich arwesen ist. Natürlich im Interesse de« „reellen seßhaften Kaufmann«", dem der Bund helfen will. Die Berliner Versammlung hat wieder gezeigt, was jeder Unbefangene längst erkannt. Wer gegen die Waaren- bäuser Stimmung machen will, muß auch vom Bunde der Landwirthe und den Ofsieier- und Beamtenverein, mit denen gerade führende Mitglieder de« Buove» eng verwandt find, reden. Die Unterlassung ist Mittrlstand-fängrrri. Der Lrieg iu Südafrika. p. Der militärische Kritiker der „Time-" urtheilt über die durch Methuen's zweite Niederlage am Modder geschaffene Lage: „Wenn die Boerenverluste wirklich so ernst sind, wie Methuen berichtet, so dürfte die Lage am Modderflufse rviederhergesteüt werden. Alles hänge davon ab,^ ob Methuen wieder die Offensive ergreifen könne. Wenn Methuen gezwungen sei, in der Defensive zu bleiben, währnd die Boeren für weitere Anstrengungen bereit sind, so dürfen wir ein zweites Ladysmith haben. Zur Vermeidung einer solchen Möglichkeit dürfte eS für Methuen notbwendig werben, sich nach dem Oranjefluß zurückzuziehen, ehe seine Verbindungen abgescbnilten werden!" Das dürste aber bereit- geschehen sein. Die Stimmung in London ist denn auch eine ganz verzweifelte, und noch sind nicht alle Verluste bekannt geworden. Man meldet uns über die Letzteren: k. London, 14.Tcecmber. (Privattelegramm.) Die erstcVerlustlistcsürvieLchlacht betMaggers- fontein girbt ofitciell allein 68V »odte nnd ver wundete Hochländer an. Vom Regiment vlack Watch kehrten (wie schon gemeldet. D. Red.» nur 16 0 Mann zurück. Rach de» weiteren Vcrluftangaben fiud die Verluste der Garden, der neunten Brigade, der Reiterei und der Artillerie angeblich leicht. Privat wird gemeldet, datz die Garden eine große Zahl von höhere» Lksieteren aus den vornehmsten Familien England» verloren, davon eine Anzahl Gesangene. * London, 14. December. (Telegramm.) Da« Kriegsamt theilt mit, daß die Hochländer- Vrtgade in de« Gefecht am Montag allein einen Verlust von 656 Mann an Dodten und Ver- Verwundcten, Unteroifieieren und Mannschaften, hatte. Von Offteteren wurden zehn aetödter, 38 ver- wnndet, vier «erden vermißt. Gleichzeitig wird be stätigt, daß der Marquis of Winchester ge fallen ist. Der gefallene General Manch ope ist ein Schotte. Er commandirte die Hochländer und war Methuen'S rechte Hand, er hat bei Tel el Kebir und Chartum mitgekämpst, er war einer der tüchtigsten und beliebtesten Generale. Kurz ehe die Meldung von feinem Tode im Kriegsministerium angeschlagen wurde, war seine Gemahlin dort gewesen, um sich zu erkundigen. Die am Mittwoch in Manchester eröffnete Jahres versammlung des Verbände« der liberalen Vereine besprach als ersten Punct der Tagesordnung den südafrikanischen Krieg. Nach kurzer Debatte wurde, wie der „Voss. Ztg." berichtet wird, eine Resolution fast einstimmig angenommen, die die Nothwendigkeit sür eine kräftige Fortführung des Kriege» anerkennt, aber die Art und Weis« beklagt, in der die Unterhandlungen, die Krüger'« Ultimatum vorangiugen, gepflogen worden. ES wurde ferner erklärt, daß die liberale Partei sich hinsichtlich dieser wie Englands militärischer Bereitschaft für den Krieg, der al- unvermeidlich bezeichnet worden, daS volle Recht der Kritik Vorbehalte und daß die einzige Grundlage einer dauerhaften befriedigenden Regelung darin zu finden sei, daß den Wünschen aller Theile der südafrikanischen Bevölkerung gehörig Berück sichtigung zu Theil werde und ihnen weitgehendste Selbst verwaltung, die mit dem Frieden und Gedeihen Südafrika- vereinbar sei, gesichert werde, gleichzeitig wurde mit 114 gegen 94 Stimmen der Zusatz genehmigt, der erklärt, der Krieg hätte durch weise RegierungSknnst ver mieden werden können. Uebcr hie Daelik be» BoerenführerS Lronje gegenüber Lord Methuen macht die TranSvaal- gesandtschaft (?) in Brüssel die folgenden Angaben: „Lord Methuen, der unter Verschwendung von Blut und Muni tion tollkühn aus Kimberley losgeht, ohne viel in Sorge zu sein um die Sicherung seiner Nückzugslinie, wird von Cronje nicht mit aller Macht an einen etwaigen Entsatz von Kimberley gehindert werden, wir man etwa daraus zu schließen geneigt ist, daß unsere Truppen sich bei Svysonteia eine starke Stellung geschossen baden. Wir wären ja thvricht, wenn wir dort einen entscheidenden Schlag führen wollten oder gegen un« aussühre» ließen. Die Republiken könnten im höchsten Falle 70 000 Mann in» Feld stellen; selbst mit dem erwarteten Zuzug aus der Capcolonie werden es nicht viel über 75 000 werden, und für Abgang haben wir keinen Ersatz, während die Engländer in der Lage sind, immer noch Truppen nachschieben zu können. Unsere Führer wissen, daß mit der Aufstellung von 100000 bi- 110000 Mann in Südasrika England noch nicht am End» seiner Kräfte angelangt ist; wir wissen, daß es die größten An- strengungen machen, daß e« auch neue 50000 Mann nach Südasrika werfen wird, wenn di« dort jetzt befindliche Macht verringert und die Befahr dringend wird, daß England sich mit Unehren aus der Affäre ziehen müßte. Und weil unsere Führer da« wissen und von Anfang damit gerechnet haben, deshalb sind sie so eifrig bemüht, die Kräfte zu schonen, wie der Engländer damit leichtsinnig umgeht. Sich selber wenig aussetzen, es auf kein, opfer- vollen Schlachten ankommen lassen, dem Gegner da- gegen die größtmöglichen Verluste zuzufügen, daS ist die Tactik, die un- von unserer Selbsterhaltungspflicht dictirt wirb; deshalb ging Joubert vor Buller zurück, deshalb wird auch General Lronje selbst bei Spysontein keinen entscheidenden Kampf aufnrhmen. Nach Allem, wo- wir hören, sitzt Lord Metbuen zwischen Oranje- und Modderfluß in eiaer fürchterlichen Klemme; sein übereilte« Vorgehen beginnt sich schwer zu rächen. Viel Borroth an Lebensmitteln nnd Munition hat er aus seinem Gewalt- Marsche nicht mitgesührt, sein» Verbindung nach rückwärts ist auf. g»hob«n. Was soll »r nun thun, wrnn d«r Nachschub ausblribt, wenn da» Eintreffen von Lebensmitteln und Munition aach nur um 8—3 Tag« von den Unseren, di« in seinem Rücken stehen, ver- »öaert werden kann, während er sich gerade in der höchsten Noch befindet? Lord Methuen kann Haun nicht ander«, er muß nach Kimberley mn jeden Preis, und da General Eronje das weiß, wird er die entscheidend, Schlacht nicht annrbmen, di« bei der Verzweiflung der Engländer auch sür un« htlchst blutig verlausen müßt». Ma, wird den Feind schädigen, ihn dectmiren, vor dem ver- »weifeltea Sturm» aber wird Eronj» zurückgehrn. Wann Lord Mechmn zum Angriff schreitet, do« «st ganz sein, Sache; darum können unsere Leute ganz unbekümmert sein. Dir Truppen EronjeS leiden keinen Mangel, sie haben Len Vieh- und grtreidrreichrn Oranj-st-ot hinter sich, und da» Berpflegungswesen ist aufs Beste geregelt, tr ist Unsinn, wenn berichtet wird, daß unsere Truppen irgendwo Hunger litten. So kann General Cronje in Ruhe den Zeitpunkt abwarten, wenn der Hunger den Fuchs aus dem Bau treibt, und der Preis sür Lord Methuen» Bordringrn nach Kimberley wird «in hoher sein, dafür wird Commandont Cronje schon sorgen. E- wird ein „Sieg" werden, nach dem Lord Methuen die weitere Lust zum „Siegen" vergehen soll; allem An- schein nach wird er besten Fall- in Kimberley in die Lage des General» White grrathen. So hätten wir dann auch unser Sedan und Metz wie die Deutschen 1870, und wie trotz dieser beiden be lagerten Armeen die Deutschen den Krieg weitersührtrn, so werden auch wir dazu in der Lage sein. Wie lange sich Lord Methuen in Kimberley würde halten können; das ist schwer zu sagen; aber ob die Vorrälhe dorr bei neuen hohen Anforderungen lange reichen? Wir glauben es be» zweifeln zu dürfen." Daß Vic Boeren ihre Truppen nach Möglichkeit schonen, ist ja verständig; daß Cronje aber sich vor Methuen zurückziehen und diesem Kimberley überlasten wolle, scheint uns Doch ein ganz unwahrscheinlicher KriegSplan. Cronje bat ja auch thatjächlich bereit- die verzweifelten Vorstöße Methuen's mit aller Energie abgewehrt. Es bat den An schein, daß die obigen Angaben, wenn sie wirklich aus der TranSvaalgesandtschaft stammen, den Zweck verfolgen, die Engländer irre zu führen und über die wirklichen Pläne ver Boeren zu täuschen. Zur Niederlage de» Generals Gatacre bei Stormberg wird der „Franks. Ztg." von einem alten preußschen Officier aus Lonoon, 12. December geschrieben: Am g. December schrieb ich nach der Mittheilung, daß Dordrecht von den Boeren besetzt sei: „Nun fehlt nur noch daS Vor- schieben der etwa- zurückliegenden Boerenstellnng von Burg hersdorp nach Molteno, und die Engländer haben eine weitausgedehnte besetzte Höbenstellung vor sich, die zu um gehen kaum möglich sein dürfte, ohne einem immer wachsamen Feinde die Flanke zu bieten." Ich hatte ferner erwähnt, daß vor der Besetzung Dordrecht» ein einsichtsvoller Feld herr einen Angriff auf BurgherSdorp, welche« genau nördlich der Storm berg-Iunction liegt, durch Flanken umgehung möglich erschienen sein möchte, und ich muß ge stehen, daß ich den General Gatacre wegen seines Zögerns tbatsäcklich für einen einsichtsvollen Führer hielt. Daß dieser General mehrere Tage, nachdem ihm die Besetzung Dordrechts, das heißt, die Stellungnahme seines Feindes in der rechten Flanke, bekannt geworden war, noch einen Vorstoß auf BurgherSdorp versuchen sollte, daS konnte kein Mensch,der einem General auch nur die einfachsten Kenntnisse der Taktik zutraut, annehmen. Trotzdem bat General Gatacre dies fertig gebracht. Ohne auf den Feind bei Dordrecht irgend welche Rücksicht zu nehmen, geht er gegen den Feind vor, der sich unter dem Schutze Dordrechts Molteno nähert, und greift so das feindliche Centrum in der Nähe von Slormbcrg-Junction an. Ein Durchschnittsfähnrich einer continentalen Armee hätte dem englischen General sagen können, was die unmittel bare Folge eines solchen Angriffes sein mußte. Weshalb aber, so fragt man fick erstaunt, unternahm der General den Vorstoß nicht, bevor der Feind Dordrecht besetzt batte und auf Molteno marschirte? Die Antwort liegt nahe. General Gatacre halte daS richtige Gefühl, daß er mit einem Vorstoß warten müsse, bis er genügend Truppen zusammen hätte. Mittlerweile begann aber Lord Metbuen seine merkwürdigen Siege zu verkündigen und die ganze englische Presse, einschließlisch der militärischen, tadelte Gatacre, daß er nicht« von sich hören laste. Statt nun als richtiger Heerführer diese Preßkritik nickt zu beachten, machte er eine gewaltsame RecognoScirung, d. h. das, waS er darunter verstand, nämlich einen geradezu unverantwortlichen Vorstoß gegen das Centrum der feind lichen Stellung und zog sich eine Niederlage zu. Eine RecognoScirung hätte aus den linken Flügel des FeindcS, bei Dordrecht, gerichtet sein müssen. Es ist, als babe Gatacre zeigen wollen, daß er auch solche Fehler machen könne, wie Lord Methuen. Man mag die Verluste durch „betrügerische Führer" ent schuldigen wollen, wie in dem Falle von Nicholsons Nek durch „wildgewordenc Maultbiere", aber derartige Entschuldigungen sind nickt stichhaltig. Gatacre wußte, daß er im Norden der Capcolonie in Feindesland war, er durfte, selbst wenn er den wahnsinnigen Entschluß faßte, daS feindliche Centrum an zugreifen, sich sicherlich nickt auf Führer aus der dortigen Be völkerung verlassen, wenigstens nicht so blind darauf ver lassen, daß er darüber die Marschsicherung voll ständig vergaß. Daß er die- aber that, daS beweist die Schilderung eine- Correspondenten, der den Nacht marsch der Colonne Gatacre mitmackte. Man sah, so er zählt er, von Zeit zu Zeit „schwarze Gestalten am Horizont auftaucken" und man schloß mit wunderbarem Scharfblick ganz richtig, daß diese „schwarzen Gestalten" Boeren sein könnten. Dann commandirte man leise „Halt",wartete, bi- diese Gestalten verschwunden waren — und dann marschirte man weiter! Man ließ die berittene Jnsanterie nicht etwa in der Richtung der „schwarzen Gestalten" ausklären und wartete aus da« Ergebniß der Aufklärung, nein, man marschirte weiter, bi« uian „vom Feuer überrascht wurde!" Welchen Wertb bei einer derartigen Krieg-führuug di, berittene Infanterie haben soll, da- wissen wohl nur englische Osficiere, die offenbar nur an Verfolgung eines geschlagenen Feindes denken, nie mals aber an dic Nothwendigkeit der Aufklärung und der Marschsicherung. Gewiß steht über diesen Ausktärung-dienst ein schöne» Capitel in dem Exereirreglemrut der englischen Cavallrrie, aber die- Capit,l scheint kein englischer General zu kennen, oder — er hat es nickt begriffen. Der Kampf bei Storm- berg könnte den Engländern zur Lebre dienen, wenn dir Herren Ofsieier« überhaupt lernfähig wären. Ich hab, vor Au-bruck de« Krieg,» daraus b'ngewiesen, in welch un verantwortlicher Weis, im Jahre 188l die rnglischra Osficiere mit d«m Leben der ihnen unterstellten Mannschaften um gingen und wir sie di« elementarsten Regeln der Kriegs kunst außer Acht ließen. Ein englischer Officier bat daraufhin in dem „Journal de Gen^ve" zugegeben, daß vielleicht im Manöver Fehler Vorkommen könnten, daß aber die englischen Osficiere beweisen würden, daß sie genügend gelernt hätten. Nun Nicholson» Nek, die „Siege" Methuen's und Stormberg mögen zeigen, wer Reckt hatte in ter Br- urtheilung der englischen Osficiere. Icvcufalls kann ich sagen, daß die geringe Meinung, dic ich durch Manöver- ersahrungen von den Leistungen dieser Herren gewonnen batte, durch die Kriegsereignisse der Neuzeit nicht nur nicht abgeschwächt, sondern bedeutend verstärkt worden ist. DaS Gefecht bei Stormberg ist ein militärisch so thörichte», daß eS beim besten Willen nickt ent schuldigt werden kann. Keine Rücksichtnahme auf eine veränderte Stellung des Feindes, keine Rück sichtnahme auf die Nähe des Feindes, keine Marsch Sicherung — das ist cS, was wir im Jahre 1881 und im Jahre 1899 als charakteristisch sür den englischen Officier finden. Aber wir finden auch noch etwas Anderes wieder, WaS ich nicht wiederzusinden erwartet batte. Wir finden, daß die englischen Truppen, trotz ihrer natürlichen Tapferkeit, zur Panik neigen. Nur einer solchen ist die nach geringen Verlusten erfolgte Capitulation bei Nicholsons Nek und dic bei eigentlich gar leinen Verlusten erfolgte Ergebung zweier HalbbataiUone bei Stormberg zuzuschrerben. Wenn sich ein militärisch allerdings vollständig ungebildetes Blatt, wie die „Daily Mail", daru versteigt, die Niederlage ber Stormberg mit der preußischen Niederlage bei Trautenau im Jahre 1866 zu vergleichen, so giebt dies wieder ein Bild von der militärischen BildungSunfLhigkeit der Eng länder. Bei Trautenau kämpsten die Preußen gegen eine Uebermacht und verloren den Tag sicherlich nicht unrühmlich, nach einem Verluste von 56 Officieren und 1282 Mann. Sie verloren aber nur 86 Mann als Gefangene. Die Oesterreicher verloren in demselben Treffen 191 Osficiere unv 4596 Mann. In dem Kampfe bei Stormberg verloren die Engländer etwa 40 Mann an Todten und Verwundeten, drei Geschütze und über 600 Man» an Gefangenen, während die Boeren kaum Verluste zu verzeichnen haben werden. Wic man diese beiden Kämpfe, in denen auf preußischer Sri:-- Verluste an Gefangenen und Verwundeten bis deijpielSweis' 352 Mann bei einem Regiment vorkamen, mit einem Gcfeckt vergleichen kann, in dem nnr Verluste an Gefangenen zu ver zeichnen sind, daS verstehe ick nicht. Auch in jeder anderen Beziehung hinkt daS Beispiel. Nur das Eine möchten doch englische Blätter sick sage» lassen, daß sie gut daran thun, sich bei englischen Wuffcnthaten nickt auf Vergleiche mit Waffenthaten wirklich militärisch hochstehender Armeen einzulassen. Hätten die Preußen bei Trautenau englische Soldaten zum Gegner gehabt, so wäre der Tag zu Gunsten der Preußen entschieden worden, und die Verluste an Gefallenen und Verwundeten wären vermuthlick ungemein niedrige gewesen. Eine Armee, die ohne erwäbnenswcrtbe andere Verluste Hunderte von Gefangenen im offenen Feld kampfe verliert, ist durch die Engländer in Südafrika, und speciell durch den Kampf bei Stormberg, eine interessante Zugabe zur Kriegsgeschichte geworden. Den englischen Sol daten ist freilich nicht zu verargen, daß sie ibr Vertrauen in die Führung verlieren und lieber in Pretoria sitzen, statt sich in Hinterhalte führen zu lassen. Was nun di« nächsten Folgen des Sieges der Boeren anbelangt, so stehl fest, daß General French ebenfalls zurück geben muß. Er kann nicht allein sieben bleiben, wenn er nicht dasselbe Geschick wie Gatacre erleiden will. Seine er folgreichen Sckarmützel haben jetzt keinen Werth mehr. Der Feldzug im Norden der Capcolonie wird demnach mit einem Rückzüge der Engländer zum vorläufigen Stillstand kommen müssen und General Gatacre hat reicklich Zeit, darüber nackzudeuken, wic verfehlt es ist, vor dem Kampfe davon zu sprechen, daß eS „kein Zurück" für eine Armee giebt. Er lernt vielleicht, daß Hobe Worte, wenn sie sich aus Zukünftige» be ziehen, stets vermieden werden sollten, denn nur zu leicht folgt ihnen, wie in diesem Falle, der Schritt, der vom Er habenen zum Lächerlichen führt. Werbebnreanr. * Wie man au» Washington berichtet, befinden sich in vielen Städten der Union Werbebureaux für die Boerenarmec, die eine rührige Tbätigkeit entwickeln. Ti' meisten der Angeworbenen sind irische Amerikaner, es be finden sich aber auch viele Deutsche und Angehörige anderer Nationalitäten darunter. In Washington selbst bat eia rn zwischen entlassener Angestellter de» Patentamtes ei 5? Herzogin UzeS-Legion angeworben, die sich in N o Aork auf französischen Dampfern «ingeschifft hat. Sür die verwundeten Boeren sowie sür die Wittwen und Waisen gefallener Boeren hat der Alldeutsche Verband bi» zum 10. d. M. 94 000 gesammelt. Davon sind 24 000 für SanitätSerpeditionci bewilligt, 12 000 für den gleichen Zweck noch zurück behalten worden. Ein Betrag von 10 000 wurde de» Ortsgruppe Johannesburg (Transvaal) deS Alldeutschen Verbandes zur Verfügung gestellt zur Verwendung für di Wittwen und Waisen gefallener Boeren, insbesondere aber der Angehörigen deS deutschen Hilfscorp«. Ueber den beträcht lichen Rest der Sammlung, sowie über die weiter eingehenden Gelder wird der Ausschuß des Verbände« erst Beschluß fassen, wenn größere Klarheit über den weiteren Fortgang de« Kriege« besteht. Jedenfalls wird der Verband da- Schwergewicht auf die Versorgung der Wittwen und Waisen legen. Kie Mintzerwerthtgkeit »er englifcheu Feltzarttlerie veranlaßt den militärischen Mitarbeiter deS „Hamb. Corresp " zu folgenden Bemerkungen: „Immer deutlicher stellt sich heraus, daß die engliscketzlrmee den Boeren argi-nüber mit einem an Tchlußleitzunaesädiqkeit gan, unzulänglichen FeldarttUert» - Material ausaetrcten tu Die Boeren verfügen tm Ganzen über 45 Feldgeschütz» und »in» Anzahl Maximgeschütz», von deren ersteren bi« jetzt, »l» »« sche in,
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