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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190101063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-06
- Monat1901-01
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1901
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Bezug-«Preis t» der Hauptexprdition »der den im Stadt« bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich.4! 4 50, bet zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS >ll 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vtrrteljährl. 6. Man abonntrt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland. Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Eg' pten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug uur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr. Nr-action und ErveLitiou: JohanniSgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'- Sortim. Unwersität-straße S (Paultnum), Louis Lösche, Katharinrnstr. 14, pari, und König-Platz 7. WpMcr TaMalt Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nslizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. Tountag den 6. Januar 1901. I«. Anzeigen «Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Rrdartiou-strich (-gespalten) 75 H, vor den Familiranach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme L5 H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderung ./L 60.—, mit Postbeförderung ^tl 70.—. Iiunalfmelchlub für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelleu je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Carl Alexander, Großherzog von Lachsen-Weimar, -j-. Das neue Jahr hat kurz nach seinem Beginn ein kost bare- Opfer gefordert: wie der Telegraph auS Weimar meldet, ist Großherzog Carl Alexander gestern Abend um 8»/. Uhr sauft entschlafen. Tie Glocken, die im weimarischen Lande diese Trauer-Bot schaft verkünden, Wecken in allen deutschen Gauen lebhaftes Echo. War Großherzog Carl Alexander schon als treu fürsorgender Vater seines von altem Ruhm umleuchteten Landes ein Fürst, der die Blicke des ganzen großen deutschen Vaterlandes auf sich lenkte, so hielt er diese Blicke fest durch die Art, in der er noch als 82jähriger Greis nach einer 47jährigen Regierungszeit es ver stand, trotz aller Schwierigkeiten einen Abglanz jenes alten Ruhmes auf seinem Weimar zu erhalten. Wo kannte und ehrte man ihn nicht, den Enkel Karl August's und Schüler Goethe's, den Wiederhersteller der Wartburg, den Förderer von Kunst und Wissenschaft, der trotz seiner beschränkten eigenen Mittel verhält- nißmäßig so Bedeutendes schuf und dabei sorgsam die Kräfte seines Landes schonte? Wo wußte man nicht, wie er als Schutz herr jener klassischen Stätten, um die die Erinnerung an die höchste Blüthezeit unserer Literatur sich wie unverwelklicher Epheu rankt, die Ueberlieferungen jener großen Zeit pflegte, in dem er nicht nur die Schiller-, Goethe- und Shakespeare-Vereine unter seine Obhut nahm, sondern auch der Dichtung und Kunst der Gegenwart stets verständnißvolle Förderung angedeihen ließ? Und wo hätte man es vergessen, daß er sich durch seine treu deutsche Politik als wahren Erben seines Großvaters Karl August und als verdienstvollen Mitarbeiter seines großen Schwagers, des unvergeßlichen Kaisers Wilhelm I., erwiesen hat? Als am 24. Juni 1818 dem Erbgroßherzog Karl Fried rich und seiner Gemahlin M a r i a Paulowna ein Prinz, der nunmehr verewigte Großherzog, geboren wurde, herrschte in Land und Stadt Weimar um so größere Freude, je mehr man sich bereits an den Gedanken gewöhnt hatte, daß die ältere Linie des Fürstenhauses mit Karl Friedrich im Mannesstamm erlöschen werde. Daß de^ Prinz gerade am Johannisfeste das Licht der Welt erblickte, galt als ein besonders günstiges Vorzeichen für seinen Werdegang. Am 5. Juli Abends fand im großen Saale des Residenzschlosses in Weimar die Taufe statt, in der der Prinz die Namen Carl Alexander August Johannes erhielt. An der Wiege des Prinzen standen Karl August und Goethe, und der greise Dichterfürst ließ den jungen Erdenbürger durch die Künste begrüßen, deren Dienste er ihn dadurch prophetisch weihte. „Sein erster Blick begegnet unserm Kreise", heißt es in dem „Die Künste" überschriebenen Begrüßungsgedichte. Neben den fürstlichen Pathen, die zu der heiligen Handlung erschienen waren, standen zwei andere: als Vertreter der Landstände des Großherzogthums der LandmarschallFrhr. v. Riedesel zu Eisenach, „in welchem sämmtliche getreue Unterthanen seiner königlichen Hoheit des Großherzogs zu Gevattern gebeten wurden", und Vertreter der Jenaer Burschenschaft. Unter den fürsorgenden Augen der Eltern wuchs der junge Prinz auf. Sein Vater, der spätere Großherzog Karl Friedrich, eine schlichte, durch und durch tüchtige Natur, übertrug auf seinen Nachfolger die eigene Gewissenhaftigkeit und Pünktlichkeit, seine Mutter, ein« grist- und gemüthvolle Frau, war darauf bedacht, auf den Sohn ihre Auffassung von der Würde und Verantwortlichkeit des fürstlichen Berufes über gehen zu lassen. Mit Eifer lag der Prinz seinen vielseitigen Studien ob und zeigte schon in frühen Jahren ein seltenes künstlerisches Verständniß. Am 8. November 1835 ließ er sich unter dem Rektorat des Professors vr. C. I. Günther in die Reihen der Studirenden der Universität Leipzig aufnehmen, um dann im Wintersemester des nächsten Jahres unter dem Pro- rectorat deS Professors vr. W. Franke seine Studien an der Landesuniversität Jena fortzusetzen. Nach Vollendung seiner akademischen Ausbildung machte der Prinz Reisen an verschiedene Höfe, that 2 Jahre beim 2. KUrassierregiment in Breslau Dienst und verlobte sich am 20. Januar 1842 mit der Prinzessin Sophie der Niederlande. Noch in demselben Jahre, am 8 Oct. fand die Vermählung statt, durch die dem Erbgroßherzog Carl Alexander eine Lebensgefährtin an die Seite gestellt wurde, die, durch seltene Gaben des Geiste- und des Charakters aut- gezeichnet, den Gemahl bei der Erfüllung seiner hohen Aufgaben thatkräftig und umsichtig in jeder Hinsicht unterstützte. Am 8. Juli 1853 folgte Carl Alexander seinem Vater Karl Friedrich in der Regierung deS Landes. In der ersten Sitzung der Land tages überreichte Präsident von Schwendler dem Großherzog folgende Versicherungsurkunde, die dieser an EideSstatt verlaS: „Wir erklären hiermit bei fürstlichen Worten und Ehren, daß wir die Verfassung, welche unser in Gott ruhender Herr Großvater und Vorfahr in der Regierung, der Großherzog Karl August, königliche Hoheit, „eingedenk der Vorschrift und deS SinnS del deutschen BundeSvertrageS", dem Großherzogthum durch daS Grundgesetz vom 5. Mai 1816 erneuert, bestätigt und gesichert und welche Unser nun ebenfalls in Gott ruhendrr Herr Vater und Vorfahr in der Regierung, der Großherzog Karl Friedrich, königliche Hoheit, mit gleicher ausdrücklicher Beziehung auf den deutschen BundeSvertrag treulich gewahrt und durch daS revidirte Grundgesetz vom 15. Oktober 1850 fortgebildet hat, wie genannte unsere vorfahren ihrem ganzen Inhalte nach auch während unserer Regierung genau beobachten, aufrecht erhalten und beschützen wollen." Der edle Fürst hat durch die That bewiesen, daß diese Worte auS seinem innersten Herzen kamen. Die 47 Jahre seiner Re gierung hat Carl Alexander streng verfassungsmäßig regiert, ohne jeden ernsteren Conflict mit dem Lande und seiner Ver tretung. In politischer Beziehung war der Großherzog in her vorragendem Maße in nationalem Sinne tbätig. Im Jahre 1866 bemühte er sich eifrig um einen friedlichen Ausgleich der feindlichen Macht«, im Kriege gegen Frankreich 1870/71 nahm er an sömmtlichen Gefechten und Schlachten Theil, die unter persönlicher Leitung König Wilhelm'- geschlagen wurden. Nachdem dste Bundesverträge mit den süddeutschen Staaten in Versailles abgeschlossen waren, mußte die Neuordnung der Ver hältnisse durch Bundelrath und Reichstag sanctionirt werden. Al- in diese» Körperschaften di« Dinge in» Stocken zu gerathen droht«», »ar «- d«r Großherzog Carl Alexander, d«, handelnd '«ÄaWWWWWW eingriff. In der Nacht vom 7. zum 8. December erhielt der stellvertretende Staatsminister in Weimar, Stichling, wie dieser in seinem Buch „Aus dreiundfünfzig Dienstjahren" schreibt, folgendes Telegramm vom Großherzog aus Versailles: „Zum geschäftlichen Abschluß der Kaiserfrage wird, nach dem nunmehr die zustimmenden Erklärungen der meisten Fürsten vorliegen, eine verfassungsmäßige Beschlußnahme des norddeutschen Bundesrathes und Reichstages vor Schluß des letzteren unentbehrlich sein. Der bayerischen Anregung in Sllddeutschland entsprechend, wird in Norddeutschland die Anregung im Bundesrathe gegeben werden müssen. Ich be auftrage Sie hiermit, im Bundesrathe den betreffenden An trag nach Rücksprache mit Ihren Collegen, jedenfalls aber rechtzeitig, zu stellen. Carl Alexander." Am andern Morgen begab sich Stichling sofort zum Staats minister Delbrück, von dem er erfuhr, daß dieser ein Tele gramm vom Grafen Bismarck mit der Weisung erhalten habe, sich wegen der Stellung dieses Antrages mit ihm, Stichling, ins Einvernehmen zu setzen. Nach Rücksprache Stichling's mit den übrigen thüringischen Bundesrathsbevollmächtigten wurde von Ersterem sofort der Antrag entworfen, gedruckt und noch Abends unter die Mitglieder des Bundcsraths vertheilt. Tags darauf, am 9. December, kam er im Bundesrath zur Ver handlung und wurde mit einer unwesentlichen Modifikation angenommen und ebenfalls am anderen Tage mit der ent sprechend redigirten Reichsverfassung vom Reichstage. Daß Großherzog Carl Alexander bis in seine letzten Lebenslage stets einer der Ersten war, die bei Anlässen, die das Reich bewegten, den rechten Ausdruck für das gemeinsame Empfinden von Fürsten und Volk fanden, das hat ihm erst kürzlich der Kaiser bezeugt, und daß er dem Begründer des Reiches, dem Fürsten Bismarck, die treueste und dankbarste Gesinnung auch in Zeiten bewahrte und offen bekundete, da der Prinzessin Reuß, der Tochter des Großherzogs, in Wien der Empfang des Exreichskanzlers ver wehrt werden sollte, das gehörte zu den liebsten Erinnerungen des „Alten im Sachsenwalde" bis zu seinem Ende. Der Förderung hochidealer, namentlich künstlerischer Zweck» im Sinne der weimarischen Ueberlieferungen lieh der Großherzog, stets seine Hand. Im S-Ptember 1857, zum bundertjöbrig-n' Geburtslage Karl August's, wurde der Grundstein zu einem Denkmal für diesen gelegt und die Standbilder Wieland's, Schiller's und Goethe's enthüllt. Schon vorher schmückte die Statue Herder's die Stadt Weimar. Zu den Bauten, die unter seiner Regierung ausgcfllhrt wurden, gehört neben der um fassenden Wiederherstellung der Wartburg besonders das in monumentalem Stil errichtete Museum; daneben entstanden die Kunstschule, die Musikschule, das Goethe - Nationalmuseum, das Thüringer Museum in Eisenach. Das weimarische Theater hat unter der unmittelbaren Einwirkung Carl Alexander's einen neuen Aufschwung genommen und kann sich heute rühmen, alle zeit eine Pflegestätte hervorragender Dichterwerke gewesen zu sein. Persönliche Förderung von Künstlern und Dichtern hielt mit der Pflege ihrer Werke gleichen Schritt. Hebbel und Ludwig, Wagner und Liszt, Genelli und Preller, um nur einige zu nennen, verdanken der regen und verständnißvollen Antheilnahme Carl Alexander's und seiner hochsinnigen Gemahlin einen wesentlichen Theil ihres künstlerischen Wachsthums, durch das von den Pflegestätten deutscher Kunst und Dichtung in Weimar eine fruchtbare Einwirkung auf das ganze Reich ausgehen konnte, um die der kleine Staat von manchem größeren beneidet werden darf. Ganz besondere Fürsorge widmete der verewigte Fürst der Lima mnter ckenensis, deren recwr mkigmsioontiZsimu» er war. Trotz der bescheidenen Mittel, die den vier thüringischen Regierungen zur Verfügung stehen, ist nichts versäumt worden, um die Jenaer Hochschule auf der Höhe zu erhalten. Es bat Augenblicke gegeben, wo das Fortbestehen der Universität ernst lich in Frage stand; den persönlichen Bemühungen des durch lauchtigsten Rectors gelang es immer, die Schwierigkeiten zu beseitigen und der Hochschule Jena einen würdigen Platz unter den deutschen Universitäten zu erhalten. So konnte es nicht ausbleiben, daß Großherzog Carl Alexander, obgleich ihm nichts ferner lag, als Trachten nach Popularität, im ganzen weimarischen Lande nicht nur, sondern weit über dessen Grenze hinaus geliebt und verehrt war, wie nicht viele deutsche Fürsten. An seiner silbernen, an seiner goldenen Hochzeit, wie an allen Festen, die er mit seinem Hause begehen durfte, wurden ihm davon die überzeugendsten Beweise. Aber auch tiefstes Weh wurde ihm nicht erspart. Seine hohe Gemablin, die treue Genossin aller seiner Bestrebungen, sah er vor sich in» Grab sinken; ebenso seinen einzigen Sohn, den Erbgroßherzog Carl August, und seinen Enkel Bernhard Heinrich. Er stand schon im Greisenalter, al- diese SchicksalSschläqe ihn trafen; beugten sie ihn aber auch tief, so zerschmetterten sie ihn nicht. Sein Mlichtbewußtsein hielt ihn aufrecht und mit kaum geminderter Arbeitskraft erfüllte er die Obliegenheiten seines hohen Beruf« bi» wenige Tage vor seinem Ende. So werfen gerade die letzten Jahre seines Wirken» noch einen verklärenden Schein auf seine Gestalt. Wie sein großer kaiser licher Schwager fand er keine Zeit, müde zu sein. In der Ge schichte wird er fortleben al- einer der edelsten deuischen Fürsten, der an den größten Aufgaben seiner Zeit mit oll seinen Kräften mitgeorbeitet hat, Werth der Liebe, der Dankbarkeit und der Ehrfurcht auch künftiger Geschlechter. Aus -er Woche. Graf Walders«« siebt «ar» Schimmer der Hoffnung, au- Cbiua nach Hause zu komme», und, was beinahe ebenso will kommen, der tbatendurstige General freut sich, »ach Hause zu kommeu. Er wird aber kaum die Frieden-au-sichten für stark genug halten, um dem mit verrätberischer Geswwindiq keit gestellten Ersuchen der chinesischen Commissrre, die mili- tarischen Expeditionen eia,ustellen, „da Edina die Forderungen der Mächte bewilligt habe", schleunigst Folge zu geben. Edina hat bis zur Stunde noch nicht einmal formell etwa- „bewilligt", die Annahme der Forderungen ist von seinen Unterhändlern noch nicht »ater^ichnek worden; wenn die«, wie wahrscheinlich — denn «s koste» bald geschieht, so fehl» noch immer jede Gewähr für di« Erfüllung der übernommene» Verpflichtung«». Und ohne die Fortsetzung der Expedition gegen die Truppen der Kaiserin und des Prinzen Tuan, Boxer genannt, wird diese Gewähr kaum zu erlangen sein. Der Fehler, der begangen wurde, al- man unterließ, Herrn Bebel nach Cbina zu schicken, um den beiden genannten culturtrageuden Personen gut zu- Zureden, ist nun einmal nicht mehr ungeschehen zu machen. Da wird man sich denn nach wie vor auf den Respekt vor der Flinte, die schießt, und den Säbel, der haut, verlassen müssen. Vorausgesetzt, daß zugleich diplomatisch mit dem Quantum von Geschicklichkeit operirt wird, daS nölbig ist, um sich nicht eines schönen chinesischen Morgens isolirt zu sehe». Das neue russisch-chinesische Abkommen bat — wenn es überbaupt besteht — an sich nichts BeängstigenceS. Es berührt, entgegen britischer Behauptung, den Art. 3 deS deutlch-engllschen Abkommens nicht. Aber die eng lischen Versuche, Deutschland bcizubringen, es müsse sich durch den Fengtiea - Vertrag dupirt und benachtheiligl sehen, sind höchst bemerkenswerld, wie überhaupt die kaum mehr verhüllte Hoffnung, Deutschland gegen Rußland so zu erbittern, baß e- sich immer enger au die englische Politik fesseln zu lassen müssen glaubt. Wer kann wissen, ob das Treiben nicht von Eisolg begleitet sein wird? Ein Londoner Blatt hat in der ve>flossenen Woche auseinander gesetzt, daß Deutschland und Großbritanmen mehr als je aufeinander angewiesen seien. Daran ist nun nichts Be- soudercS, aber das halbamtliche deutsche Telcgravhenbureau hat diese Darlegung wie eine große politische Offenbarung verbreiten dürfen, vielleicht sogar verbreiten müssen. Dieser Umstand fiel sogar Blättern auf, die dem Aus wärtigen Amte zu Diensten sind, sie wissen aber natürlich ihrem Erstaunen keinen allgemein verständlichen Ausdruck zu geben. Was man der deutichen Regierung England gegen über an Opserwilligkeit selbst in unserer demokratischen, also gew ß nicht briten- und Rhodesfcindlichen und noch weniger chauvinistischen Presse zutraut, gehl aus der „Frankfurter Zeitung" hervor, die dieser Tage bemerkte, man tenne daS erste deutsch-englische Asrikabkominen von 1898 ,war nicht, aber cS sei ohne Weiteres anzunehmen, daß E igland sich für möglichst w»uig möglichst viel habe bewilligen lassen. Tamil hat sich die „Frauis. Zig." freilich uuler die Bierbantpolitiker einrangirt, aber die Entwickelung deS Ver hältnisses zwilchen England und Portugal, wie eS auch auS der portugiesischen Thionrede bervortrnt, verstärkt die Wahr scheinlichkeit, daß jene vom Grasen Bülow, allerdings nicht mit einem ganz neuen Ausdruck, gekennzeichnete Sorte von Politikern Recht behält. CS bricht sich bei uns inDeutschlandimmermehrdieMeinung Bahn, daß, je nothwenbiger England uns braucht, desto mehr wir uns England attackiiren. Ist dem wirklich so, so dürsten weitere Anlehnungen an Großbritannien in nächster Zeit nicht Wunder nehmen. Denn England ist durch die Boeren neuerdings Wieder in eine sehr schwierige Lage versetzt worden. ES muß in der halben Welt Soldaten werben ober erbetteln, nicht, um eines Volkes, das höchstens eine Division Streiter auf den Beinen hat, Herr zu werden, nein, um sich diese- Häufleins nach mehr als ein jährigem Kriege zu erwehren. ActionSfäbigkeit und Piestige werden durch sothaneS Mißgeschick nicht gerade er höht, und darum ist es für die Briten gut, irgendwo Vettern mit festen Knochen und guten Waffen zu haben, deren „Mordpolitik" in dem Satze gipfelt: „Blut ist dicker als Wasser", Vettern, auf Vie mau sich verlassen kann, auch wenn man sie in den „Times", wie jetzk Tag für Tag ge schieht, als Mörder, Plünderer u. s. w. hiustellt. Uebermorgen treten in Berlin die Parlamente zu sammen, nicht ohne daß voiher der Vorhang vor einem dunklen Voripiele derabgezogen worden wäre: des Grafe» PosavowSky amtliche-Ende wurde von den extremen Agrariern unter Rache schwüren vorausgrsagt, von der entgegengesetzten Seite wurden Differenzen zwischen dem Kanzler einerseits und den Mi nistern v. Miguel und v. Rheinbaben ande erseilS „festgestellt". Plötzlich „ist AllcS nicht wahr". Und eS ist auch nicht wahr, aber hinter den haltlosen Ausstreuungen scheinen ganz be stimmte Absichten gestanden zu haben. Welche, ist unbekannt. Mit der Eaualsr age konnte mau zur Nolh die beide» preußischen Minister in Zusammenhang bringen, nicht aber den Grafen PosavowSky, dessen politische Hauptangelegenheit, die Zolltarifreform, noch in weiter Ferne steht, während die Wasserstraßenfrage, wenn nicht» Aus wärtiges dazwischen kommt, ohne Zweifel in der nächsten Zeit die Situation beherrschen wird. Für den „inneien Giafeu Bülow", so tönt eS links und in der Mute, ist die Stellung zum Canal der Prüfst«». Ob man gut daran tbun wird, daS Verhalten zu dem neuen Regierungschef lediglich von seiner Stellungnahme zu dieser einen aoler viele» Angelegenheiten, auch solchen, die noch auftauchen können, wie z. B. rin Schulgesetz, abhängig zu machen, ist eine Frage, di« wir heute nicht einmal auswerfen, geschweige denn beantworten wollen. Jedenfalls wird ein solches Verfahren die Fortsetzung einer Politik, mit der der Liberalismus bisher keine Seide gesponnen, vielmehr seine konservativ«« Gegner nach unten und — wie die Be- sörveruug der gemaßregelten Caaalgegner zeigte — auch »ach ob«» moralisch gestärkt bat. Die Sociaivemotratie hat bei den österreichischen Wahle» rme Niederlage erlitt«», dabei ad«r doch einige Sitze neu gewönne». Da- eine wie da- andere Ergebniß »st lehrreich. Di« Partei erlitt schwer« Verluste dort, wo da- natiouale Bewußtsein start ist, und trug Erfolg« davon ia Wien, wo der nationale Pul- am schwächsten schlägt. Wien und Riederösterrelch, wo die Sociaidemokratrn Erfolge hatten, sind politisch zugleich klerikaliflrt. Und so liesern auch diese Wahlen aus-Neue den Beweis, daß der gleichfalls aatinationalt U>tramontani-mu-, da- „Bollwerk", gerade die Kiasl »st, di« dir Widerstände argen di« Umsturzpartei am erfolgreichsten auS dem Wege räumt. Die Wirren in China. Ter russisch - chinesische Vertrag. Nach den Angaben des „Times"-Correspondenten vr. Morri son hat bekanntlich Rußland mit China soeben einen Vertrag gc schlossen, der sich mit der russischen militärischen Besetzung der südlichen und wichtigsten Provinzen der Mandschurei, Feng- tien, und mit der Wiederübernahme der Cioilverwaltung durch die Chinesen unter russischem Protektorat befaßt. Der Vertrag wurde durch Bevollmächtigte von beiden Seiten ge zeichnet. Rußland erlaubt danach dem Tatarengeneral und den chinesischen Beamten die Verwaltung von Mulden und Fengtien unter den folgenden Bedingungen zu übernehmen: „Ter Tarlarengeneral Tseng vervflichtet sich, die Provinz zu be schützen und bet dem Bau von Straßen zu assistiren. Er muß die rujsiichcn Soldaten freundlich behandeln und sie mit Quartier und Unterhalt versorgen. Er muß die chinesischen Soldaten entwaffnen und sämmtliches Kriegsmaterial, welches sich in den noch nicht von den Russen besetzten Arsenalen befindet, den russischen Militär beamten überliefern. Alle Forts und Befestigungen, die di« Russen nickt besetzt hab«», und alle Pulvermagazine müsse» in Gegenwart russischer Beamten geschleift, bezw. zerstört werden. Nintschwang und andere Orte zur Zeit im Besitze der Russen sollen erst dann unter chinesische Cioilverwaltung kommen, wenn die Beruhigung der Pro vinz zur Zufriedenheit der russischen Regierung vollendet ist. Ein hoher russischer Beamter in Mnkoen wird mit der General-Eontrole betraut. An diesen hat der Tartarengeneral über alle bedeutenden Maßregeln Bericht abzustatten. Sollte die Polizei im Orte un genügend sein, im Falle man ihrer bedarf, so bat der Tartarrn- general dem russischen Beamten in Mukdeu sofort Meldung zu machen und Rußland um Verstärkung zu bitte». Der russische Text dieses Vertrages ist der maßgebende." Die Vollmachten, die den russischen Beamten in Mulden gegeben sind, so schließt der Bericht des vr. Morrison, sind die selben wie die des britischen Residenten in den Eingeborenen- Staaten. Diesem Vertrage werden nothwendiger Weise ähnliche für die beiden anderen Provinzen folgen, und dann wird die Mandschurei cko ksoto unter russischem Protecto rate stehen, zumal da Rußland auf Grund eines früheren Vertrages bereits das Recht hat, alle Truppen dort zu halten, die für die Beschützung der Eisenbahnlinie nothwendig sind. Uns selbst wird zu der Angelegenheit von wohlunterrichteter Seite aus Berlin geschrieben: Nach dem Vorgänge der „Times" zeigt sich ein Theil der englischen Presse sehr erregt über den an geblichen Vertrag, den Rußland und China bezüglich der Provinz Fengtien in der Mandschurei geschlossen haben sollen; die „Times" halten diesen Schritt Rußlands sogar für dazu an- gethan, die Theilung Chinas herbeizufiihren, die Rußland bisher pcrhorrescirt habe; und den dritten Artikel desdeutsch-eng- lischen-Abkommens praktisch werden zu lassen. — Ob ein Vertrag, wie die „Times" ihn meldeten, thatsächlich zwischen Rußland und China abgeschlossen worden ist, muß einstweilen dahingestellt bleiben. Die Möglichkeit, daß ein derartiger Ver trag abgeschlossen werden könne, wird in maßgebenden deutschen Kreisen keineswegs in Abrede gestellt. Nur sind die Schlüsse, welche in diesen Kreisen aus einem solchen Vertrage würden ge zogen werden, vollkommen entgegengesetzt den von den „Times" gezogenen. DaS englische Blatt irrt sich von Grund aus, wenn es den Artikel 3 deS deutsch-eng lischen Abkommens wegen eines russisch-chinesischen Vertrage» von der gedachten Art praktisch werden läßt. Als das deutsch-eng lische Abkommen abgeschlossen wurde, hat man weder auf deut scher noch auf englischer Seite daran gezweifelt, daß die Vor machtstellung Rußlands in der Mandschurei durch da» deutsch englische Abkommen nicht berührt werden solle. Auf diesem Standpunkte steht Deutschland, und es liegt nichts vor, was auf eine andere Auffassung der englischen Regierung schließen lassen könnte. Vielmehr darf nach wie vor als fest stehend gelten, daß diese darauf verzichtet, irgend einen Versuch zur Beeinträchtigung der russi schen Position in der Mandschurei zu machen und sich selbst in Gegensatz zu dem englisch-russischen Abkommen über die Eisenbahnen in der Mandschurei zu bringen. vr Morris,«. Au- London, 4. Januar, wird unS geschrieben: Nicht nur in den hiesigen diplomatischen Kreisen, sondern auch in englischen Negierungskreisen sieht man den Pekinger „TimeS"-Berichterstatter vr. Morrison als geiste » schwach an, der in seiner krankhaften Erregung täglich zu neuen Anschuldigungen greift, nur um von sich reden zu machen. In London ist bereits vor zwei Monaten ein vertraulicher ärztlicher Bericht eingetroffen, welcher vr. Morrison'» Gesundheitszustand als bedenklich darsiellt. Seine jetzigen Angriffe gegen den Grafen Waldersee find schon de-halb nicht ernst zu nehmen, weil anfangs der deutsche Oberbefehlshaber Herrn Morrison gar nicht streng genug gegen die Chinesen Vorgehen konnte, und er täglich neue Strafexpeditionen fordert«. Nachher aber beklagte er sich über mangelnde Beachtung, die ihm durch den Generalfeldmarschall zu Theil wurde, und nun ist er offen bar au» gekränkter Eitelkeit der „unversöhnliche Gegner" de» Grafen Waldersee geworden. Et« Feldbrief. Der „Fränk. Kurier" veröffrntlicht eine» Brief des Marinepfarrer- W. Keil, de» derselbe aa eine» Freund geschrieben hat und in dem es heißt: Am 1. September kamen wir t, Peking a» »ud übernachtete« auf dem bloße» Boden eine- Tempel- uuter dem persvnlichen Schutze Buddba- .... Den Katserpalast hatte ich Gelegen-,tt, genau zu sedeu, al- ich im Gefolge de- Feldmarschall« Grasen Waldersee dort «ar. Roch auf de» Thron der Kaiserin hab« ich mich geletzt. Im Palast» hat «aa alle- gera»bt nnd geplündert; der Tdranieffel ist stehen aeioflea .... Hier herrlcht sozusagen Waffeaftillftaud. Lt-Hnna-Tschaag ist hier gar Uuterhautztnna. La« daraa- wird, weiß Gatt. Soviel ist ^nviß, daß wir t» Peking überwintern werden. Vergangen« Loch« fa»d ich i» statierpalast eia», veief de- Papste- Ke» TkH., geschrtebe» an di» Kaisert» »»» Lht»a, »art» sich der Papst für di« Glückwünsche zu seine« SO. Aeburt-ta« bedank» in»d zugleich der Kaiserin di« katholisch«» Mission«, ingiligentlichß z»> Gchiitz,
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