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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.01.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010116016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901011601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901011601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
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Der Zusammenbruch der Preußischen Hypotheken- Actienbank und der Deutschen Grundschuldbank in Berlin lenkt die allgemeine Aufmerksamkeit wiederholt auf die Frage, welche Befugnisse den Obligationsinhabern und den Actionären einer Aktiengesellschaft gegenüber pflichtwidrigen Handlungen des Borstandes zustehen. Schon längst hat man erkannt, daß die allgemeinen Vorschriften des Strafgesetzbuchs gegen „Betrug", oessen begriffliche Voraussetzungen so zahlreich sind, daß ver- hältnißmäßig selten die Maschen des Netzes so dicht werden, das; ein geriebener Gauner daraus nicht entschlüpfen könnte — und gegen ungetreue Verwaltung anvertrauter Gelder unzureichend sind gegenüber der Machtstellung und großen Selbstständigkeit, welche den Leitern einer Aktiengesellschaft eingeräumt werden muß, und welche bedingt, daß sie auch gewagte Geschäfte machen. Denn die Aktiengesellschaft, deren Zweck Vermögenserwcrb ist, ist und bleibt ein kaufmännisches Unternehmen, welches nicht nach den Grundsätzen der Verwaltung des Vermögens durch einen Vormund beurtheilt werden darf, sondern es muß unbedingt den Leitern ein freierer weiter Spielraum gelosten werden. Aber auch diese Freiheit hat ihre Grenzen — diese pflegen in dem Gesellschaft-Verträge festgesetzt zu sein —, jedenfalls darf sie nicht in Gewissenlosigkeit ausarten, sondern die Ver waltung muß unter allen Umständen ehrlich bleiben. Das Gesetz legt den Mitgliedern des Vorstands sowohl als auch des Aufsichtsraths die Pflicht auf, bei der Erfüllung ihrer Obliegenheiten „die Sorgfalt eines' ordentlichen Geschäfts mannes anzuwenden". Mitglieder, die ihre Obliegenheiten ver letzen, haften der Gesellschaft als Gesammtschuldner für den daraus entstehenden Schaden, d. h. jeder Einzelne kann mit seinem Privatvermögen für den ganzen Schaden in Anspruch genommen werden, und bleibt es ihm überlassen, gegen die andern mitschuldigen Mitglieder des Vorstands und Aufsichts raths seinerseits einen theilweisen Erstattungsanspruch zu er heben. Das Gesetz führt als Beispiel einige häufiger vor kommende Zuwiderhandlungen auf, wovon hier erwähnt sein möge: die Zahlung von Zinsen oder Gewinnantheilen, obwohl kein Gewinn gemacht ist, sowie die Bezahlung von Schulden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft cingetreten oder ihre Ueberschuldung sich ergeben hat. Auch wenn die Aktionäre ihrerseits darauf verzichten, Ansprüche zu erheben, so bleibt dieses Recht dessenungeachtet den Gläubigern, vor Allem den Obliga tions-Inhabern. Vorstand und Aufsichtsrath bleiben, wenn ihre Handlungsweise eine gesetzwidrige war, wie z. B. in den oben erwähnten beiden Fällen, ersatzpflichtig, auch wenn ihre Handlungsweise auf einem Beschluß der Generalversammlung beruht. — Der Begriff „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäfts manns" ist mit Recht vom Gesetzgeber nicht näher bestimmt worden, da die Verhältnisse der einzelnen Geschäfte zu verschieden sind, als daß sich die Pflichten näher umschreiben ließen. Es wird deshalb das Gutachten anderer Kaufleute, welche ein gleiches Geschäft treiben, maßgebend sein. Keineswegs ist es hierbei uöthig, daß es Direktoren von Aktiengesellschaften sind, sondern cs muß genügen, daß sie die geschäftliche Erfahrung besitzen, welche sie zu einem Urtheil darüber befähigt, wie ein ordentlicher Kaufmann bei solcher Geschäftslage handelt. Die Rechte, welche den Actionären aus pflichtwidriger Ge schäftsführung des Vorstandes zustehen, kann nun nicht ein einzelner oder eine beliebige Anzahl von Aktionären im Proceß- wege geltend machen, sondern nur die Generalversamm lung kann darüber beschließen. Nach dem alten Actiengesetz bedurfte cs dazu eines Beschlusses der Mehrheit. Die Aktien novelle von 1884 hat hierin glücklicher Weise Wandel geschafft, indem sic es für genügend erklärt, wenn von einer Minderheit, deren Antheile jedoch den zehnten Theil des Grund kapitals erreichen, die Verfolgung der Ansprüche der Ge sellschaft aus der Geschäftsführung gegen die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrathes verlangt wird. Wenn der traurige Fall vorliegt, daß neben dem Vorstand auch der Anf- sichtsräth die Pfade des Rechts verlassen hat, wird dieser die Be rufung der Generalversammlung ablehnen oder verzögern. Die Aktionäre müssen deshalb ihre Zuflucht nehmen zu dem 8 254 des Handelsgesetzbuchs, wonach Aktionäre, deren Aktien zu sammen den zwanzigsten Theil des Grundkapitals erreichen, die Berufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe fordern können. Genügt nach dem GesellschaftSvertrag ein ge ringerer Aktienbesitz, so bleibt es dabei. Wird dem Verlangen der Aktionäre weder durch den Vorstand, noch durch den Auf sichtsrath entsprochen, so kann das Gericht die Aktionäre selbst zur Berufung der Generalversammlung ermächtigen. Zugleich kann cs über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung Bestimmung treffen. Zur Führung deS Rechtsstreites kann die Generalversammlung besondere Vertreter wählen. Blieben die jenigen Aktionäre, welche den Rechtsstreit verlangten, in der Minderheit, so daß es in der Generalversammlung zur Wahl von Vertretern nicht kam, so kann das Gericht die von der Minderheit bezeichneten Personen als Vertreter zur Führung des Rechtsstreits bestellen. Die Erhebung der Klage muß binnen drei Monaten nach der Generalversammlung erfolgen. — Die Beschwerlichkeit dieses Weges hält davon ab, ibn zu beschreiten, und so sehen wir denn jetzt, daß Wochen und Monate vergehen, in denen fast Tag für Tag öffentlich über Vorstand und Aufsichtsrath der obbezeichneten beiden Banken Thatsachen be hauptet werden, welche sehr wohl geeignet sind, die Behauptung ungetreuer Geschäftsführung zu begründen, ohne daß seitens der hierdurch unmittelbar geschädigten Aktionäre irgend welche Schritte geschehen sind. Nur die Obligationsinhaber rühren sich; ihr Verlust überragt den der Aktionäre um das Vielfache. Den Actionären und Obligationsinhabern ist es natürlich das Erwünschteste, wenn sie im civilen Wege den Ersatz des er littenen Schadens herbeifiihren können. Wenn dies nicht mög lich ist, weil das Vermögen der Mitglieder des Vorstands und Aufstchtsrathes zur Deckung des angerichteten Schaden« nicht ausreicht, so bleibt ihnen nichts weiter übrig, als die Be- strafung herbeizuführen. In Betracht kommen hier zwei Vorschriften, nämlich die 88 312 und 314 Nr. 1 deS Handels gesetzbuches. Nach 8 312 weriden die Mitglieder des Borstandes oder des Aufsichtsraths oder Liauidatoren, „wenn sie absichtlich zum Nachtheilder Gesellschaft handeln, mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bi« zu 20000 bestraft". Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf Geldstrafe erkannt werden. Liegen keine mildernden Um stände vor, so kann die Gefäugnißstrafe bis zu fünf Jähren betragen. Die Voraussetzung, daß die Direktoren u. s. w. „absichtlich" zum Nachtheil der Gesellschaft gehandelt haben missten, soll nicht bedeuten, daß es ihr Zweck war, die Gesell schaft zu schädigen, sondern lediglich, daß sie sich bei ihrer Hand lung bewußt waren, diese gereiche der Gesellschaft zum Nach theil. Der sogenannte Eventualdolus, das heißt das Be wußtsein, daß eine Handlung möglicher Weise eine Schädigung der Gesellschaft herüeiführen werde, ist bald für genügend erklärt, bald nicht. Neuerdings ist mehrfach in dem Sinne erkannt, daß das Bewußtsein der bloßen Möglichkeit einer Schädigung nicht zur Bestrafung ausreiche. Erforderlich ist aber nicht für den Thatbestand, daß eine positive Handlung vorliegt, sondern es genügt auch eine Unterlassung, z. B. die der Anzeige von der pflichtwidrigen Handlungsweise eines Vor standsmitglieds. Der Vorstand kann wegen einer bewußt schädigenden Handlung dann nicht gestraft werden, wenn er einen Beschluß der Generalversammlung oder des Aufsichtsrathcs ausführte. Das Gesetz erfordert, daß „zum Nachtheil" der Gesellschaft gehandelt ist. Ein Nachtheil, das heißt eine Verminderung des Gesellschaftsvermögens, muß durch die betreffende Handlung wirklich eingetreten sein. Es genügt nicht, daß der Nachtheil nur mit Sicherheit zu erwarten war. Andererseits ist aber nicht nöthig, daß dieser ein dauernder war. Deshalb beseitigt auch späterer Ersah des Schadens oder dessen sonstige Beseitigung durch eine andere Handlung oder ein zufälliges Ereigniß das einmal begangene Delikt nicht. Es genügt dafür eine durch die Handlung bewirkte ungünstigere Gestaltung der Vermögens lage der Gesellschaft. Es ist auch nicht erforderlich, daß das Vorstands- oder Aufsichtsrathsmitglied in eigennütziger Absicht gehandelt hat. Dies würde nur einen Erschwerungsgrund bilden; die Strafbarkeit selbst ist aber schon vorhanden wegen der ungetreuen Verwaltung des anvertrauten Gesellschaftsvcr- mögens. Zu beachten ist hierbei jedoch, daß im kaufmännischen Verkehr oft Ausgaben gemacht werden, welche zunächst die Ver mögenslage ungünstiger beeinflussen, man denke z. B. an eine kostspielige Reklame, wobei aber ein späterer, die Auslagen um das Vielfache übersteigender Gewinn erhofft wird. In solchen Fällen kann man immer dann nicht von bewußter Schädigung der Gesellschaft sprechen, wenn die Hoffnung, daß die auf gewendete Summe in anderer Weise der Gesellschaft w'coer zu Gute kommen werde, nicht völlig ausgeschlossen ist. Hierfür lassen sich allgemeine Regeln nicht aufstellen, es ist vielmehr nach Lage des einzelnen Falles zu benrtheilen, ob man annehmen kann, daß die Ausgaben für Zwecke innerhalb oder außerhalb der Gesellschafts-Interessen gemacht sind. Die zweite in Betracht kommende Strafvorschrift enthält der 8 314 des Handelsgesetzbuchs, welcher Mitglieder des Vor standes oder des Aufsickllsrathes oder Liquidatoren mit Ge fängniß bis zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu 20 000 bedroht, „wenn sie wissentlich in ihren Darstellungen, in ihren Uebersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft oder in den in der Generalversammlung gehaltenen Vorträgen den Stand der Verhältnisse der Gesellschaft unwahr darstellcn oder vcrfchleiern". Es muß also die Verschleierung oder un wahre Darstellung von den genannten Personen ausgehen, einerlei, ob es Mittheilungen sind, welche der Vorstand in der Generalversammlung oder durch Circulare den Aktionären macht, oder Mittheilungen des Vorstandes an den Nufsichtsrath oder sonstige Veröffentlichungen von ihm, auch wenn diese nicht vor geschrieben sind, z. B. die Veröffentlichung einer Halbjahrs bilanz zum Zwecke der Vertreibung ungünstiger Gerüchte. In die Presse unter der Hand gebrachte (lancirte) Nachrichten ge nügen nicht, weil sie nicht offensichtlich von den Organen der Gesellschaft ausgchen. Auch der Aufsichtsrath ist schuldig, wenn er die, wie er weiß, unwahre Darstellung des Vorstandes pafsiren läßt. Eine unwahre Darstellung des Standes der Verhältnisse hat das Reichsgericht auch angenommen, wenn in der der General versammlung voraeleaten Bilanz zweifelhafte Forderungen zu dem ihren wahrscheinlichen Werth erheblich übersteigenden Nenn betrag angesetzt sind. Justizrath S t a u b in seinem vorzüglichen Kommentar des Handelsgefetzbuchs zäblt auch bewußt unrichtige Schätzungen zu den unwahren Darstellungen im Sinne des Ge setzes, denn das Sprichwort „Taxen sind Faxen" enthalte zwar einen wahren Kern, sei aber eine Ucbertreibung. Der Kampf ums Recht in solchen Fällen ist für den einzelnen Aktionär zu schwierig, um ihn durchführen zu können. Man wird fachkundige Kaufleute mit der Ermittelung der Sachlage und einen Anwalt mit der Verfolgung der Ansprüche betrauen müssen. Die Wirren in China. Vine chinesische Demonstration in deutsch-freundlichem Sinne Aus Peking, 24. November, erhalten wir den folgenden Bericht, der ein besonderes Interesse -darum besitzt, weil er zeigt, daß die Chinesen selbst in wachsendem Maße Vertrauen zu Deutschland und den Deutschen fasten. Der Bericht lautet: Die deutsche Gesandtschaft war in diesen Tagen Schauplatz einer chinesischen Kundgebung, die interessante Einblicke in die Anscharmngen und das Empfindungsleben unserer gelben Mit menschen bot. Es war 11 Uhr Vormittags, -als «ine Abordnung von etwa zwanzig Chinesen vor unserer Gesandtschaft erschien, die nach ihrer Kleidung sämmtlich den besseren Ständen an gehörten. Zwei deutschsprechendc Zopfträger, früher Mitglieder der Berliner chinesischen Gesandtschaft, waren die Führer der Gesellschaft, unter der sich mehrere Inhaber des ersten Rang knopfes befanden. Eine chinesisch« Musikbande machte die Be gleitung. Die Mitglieder der Abordnung waren in großer Amtstracht, trugen aber über diesen glänzenden Gewändern Ueberwürfe auS durchsichtigem schwarzen Stoffe. Damit sollt: angedeutet sein, daß der Zweck ihres Kommens die Verrichtung einer Trauer-Ceremontze sei. In einer wohlgesehten Ansprache erklärten sie denn auch, sie kämen als Vertreter der im östlichen Theil von Peking lebenden Chinesen und wären von diesen beauftragt, ihrem tiefen Ab scheu über die Ermordung des deutschen Gesandten, Freiherrn v. Kettel«, Ausdruck zu geben und zur Bekundung ihrer Trauer nach chinesischer Sitte Ehrenschirme und Fahnen an der vor läufigen Grabstätte des verewigten Gesandten aufzustellen. Die Erlaubniß hierzu wurde gewährt und alsbald begann die Musik den mehr charakteristischen als wohllautenden Vortrag einer nationalchinesischen Trauerbymne, bei deren Klängen dle Ehrenschirme und Fahnen feierlich herbeigebracht und an der Grabstätte aufgepflanzt wurden. Die Fahnen zeigten di« chine sischen Trauerfarben Weiß, Schwarz und Blau. Die beiden früheren Mitglieder der Berliner Gesandtschaft widmeten dem Ermordeten noch einen riesigen Kranz, der auf einem weißen Tragegestell gebracht und ani Grabe aufgestellt wurde. Astern, die einzigen Blumen, die es gegenwärtig in Peking giebt, bildeten diesen chinesischen Trauerkranz für unseren tosten Gesandten. Nach Aufstellung der Weihgeschcnke machten alle Mitglieder der chinesischen Abordnung eine tiefe Verneigung nach der Grabstätte hin. Der Gesandte v. Mumm ließ durch den ersten Dolmetscher Freiherrn v. d. Goltz für diese in würdiger Weise vollzogene Ehrung seines Vorgängers danken. Allein die Aufgabe der Abordnung war noch nicht beendigt. Die Chinesen legten vielmehr jetzt die schwarzen Oberkleider ao und ihre Gesichter, die bis dahin den Ausdruck aufrichtiger tiefer Betrübniß getragen hatten, verzogen sich zu liebenswürdig grinsender Freundlichkeit. Denn nun, so erklärten sie, wollten sie noch dem Nachfolger des Freiherrn o. Kettel« ihre Glück wünsche 'Vorbringen. Wieder begann die Musikbande ihren diesmal «ine Jubelhymne vorsteUenoen Lärm, wieder wurden Ehrenschirme und Fahnen feierlich hcrbeigetragen, aber diesmal in der glückbringenden rothen Farbe. Statt des Kranzes er schien auf einem Traggestell eine kunstvoll ausgeführte Stickerei, worin dem Empfänger langes Leben, schnelles Avancement und — reicher Kindersegen gewünscht wurde. Herr v. Mumm er kannte auch diesmal den guten Willen und die Höflichkeit der Chinesen an und ließ ihnen durch Freiherrn v. d. Goltz danken, worauf sie befriedigt von dannen zogen. " Berlin, 15. Januar. („Wolst's Tclegr.-Bureau") Feld marschall Graf Waldersee meldet aus Peking: Die Colon ne Pavel ist znrückaekehrt, nachdem die Hauptkräfte Suanhua erreicht haben. Das Detachement unter Major Thiemig ist von Tientsin gegen Thsang, 25 km südlich von Tientsin, abmarjchirt, wo sich räuberische Banden zeigten. * Paris, 15. Januar. (Tel.) Wie verlautet, kehrt dec franzö sische Gesandte in Peking aus Gesundheitsrücksichten demnächst nach Europa zurück und tritt dle ihm zugesagte Stelle eines General- rcsidenteu in Tunis an. Zu seinem Nachfolger sei der Cabiaets- director im Ministerium des Aeußeru Paul Beau ausersehen. Der Krieg in Südafrika. Boni Kriegsschauplätze veröffentlicht das „Reutcr'sche Bureau" nachstehende Tele gramme: * Piquetbcrg, 14. Januar. Eine starke englische Ab- tHeilung ist hier eingelroffen. Tie letzten Nachrichten besagen, daß die Boeren in Calviuia nicht weiter vorrücken. * Kimberley, 14. Januar. Etwa 170 Verdächtige aus Vryburg sind hier einquartiert; binnen Kurzem werden noch 800 hierher gebracht werden. * Capstavt, 14. Januar. Es ist gestattet, daß außer der bereits bestehenden, für die Vertheidigung der Johannesburger Minen bestimmten Abtheilung eine 250 Mann starke Schutz wache für die Diamantminen des Oranje-Freistaates gebildet wird. Da sich die Radfahrer-Nbtheilungen im Front dienste bewährt haben, werden den irregulären Corps Radfahrer- Rotten beigcgebe». * London, 15. Januar. (Tel.s Eine Depesche deS Lord Kltchener aus Pretoria vom 14. Januar meldet: Commandant Beyers überschritt am Sonnabend die Eisenbahn bei Kaal- fontein (zwischen Pretoria und Johannesburg) mt seiner ganzen Mannschaft und wandte sich nach Osten. In den Verhältnissen der Capcolonie hat sich nichts wesentliches geändert. Einige kleinere Boerenabtheilungen scheinen (!) aus dem Rückwege nach dem Oranjeireistaat zu sein. Einige Aufständische, die sich den Boeren in der Capcolonie anschlossen, haben sich ergeben. Sir Henry Fowler, der im letzten liberalen Cabinet Minister für Indien war, hielt vorgestern in Willenball eine Rede, in deren Verlauf er über den südafrikanischen Krieg sagte: Der Krieg sei unvermeidlich gewesen und keine Diplomatie hätte ibn Verbindern können. Früher oder später hätte er ausbrecheu müssen. England kämpfe, um Südafrika unter eine Flagge zu bringen und diese Flagge könne nur der Union-Jack sein. Englische» Capital, englstches Blut und englische Intelligenz batten das heutige Südafrika geschaffen. Dieses Reick wolle England sich nicht entreißen lassen. Der südafrikanische Krieg sei einer, der zu Ende gcsübrt werden muffe, und dazu sei auch die Nation entschlossen. Nachdem daS Uebergewicht Großbritannien» in Südafrika hergestellt ist, sollen alle Rasten die Rechte und Frei beiten genießen, die daS Privilegium aller Uutertbanen der britischen Krone in allen Welttheilen seien. Auch dazu sei da» britiscke Volk entschlossen. Ein Correspondent des „Daily Telegraph" batte ia Brüssel Unterredungen mit vr. LeyvS und Herrn Fischer. Der Letztere erklärte, baß er, der stet» die besten Eigen schaften bei Boeren und Engländern gesucht habe, von den ersteren als Engländerfreund, von den letzteren al» Boeren- freund angesehen worben sei. Auf die Frage, wes halb die Boeren den doch hoffnungslosen Kampf noch fortsetzen, entgegnete Fischer: Die Boeren sähen die Dinge nicht mit britischen Augen an, wie man in England von Anfang an angenommen habe. Daher die englische Ansicht, die Boeren Kälten sich gegen das britische Reich verschworen, sie würden jedoch einem Angriff nicht lange Stand halten, ein Krieg gegen sie würde ein Picknick werden, und die Einnahme Pretoria» würde den Krieg beenden. Gewiß habe man die Schwierig keiten de» Feldzüge» unterschätzt, bemerkte der Correspon dent, Karten de» kande» hätten gefehlt — hier sagte Fischer jedock, e» sei durchaus falsch, anznnebmen, die britischen Offmere hätten keine guten Karten de» Lande» besessen; sie batten ausgezeichnete Karten gebabt, wie die Boeren sie nie besessen, auch Karten de» Oranje-Freistaate», und er habe diese mit einem Operationüplan gegen den Oranje-Freistaat selbst gesehen. Neber die Fortsetzung de» Kriege» sagten Or. Lehr» und Herr Fischer, di« Leut« in England erfahre« au« Süd afrika keineTbatsachen, sondern zuerst großartige Prophezeiungen und dann merkwürdige Erklärungen, weshalb diese nicht ein getroffen. Die Boeren würden au Sh alten, bi» sie alle ge- tövtet oder gefangen seien. Der Boer kenne nicht daö Wort „Strapazen", er sei bedürfnißloS, er könne den ganzen Tag im Sattel sein, ohne sein Thier zu ermüden: daS vermöge er 14 Tage lang und mit 2 Pferden 5 Wochen zu tbrin. Proviant und Munition erbeut'' er von den Engländern oder auf den Farmen, jedenfalls sei genug verbanden. England könne seine großen Opfer nicht ewig bringen und passiver Widerstand werde biS zu gelegener »jeit immer andaucrn. Kriegsgefangene. Aus Capstadt, 25. December, wird der „Frlf. Ztg." ge schrieben: Da, wo der Tafelberg in seinen nördlichsten Aus läufern, dem Löwentopf und Signalberge, sich am meisten der Tafelbay nähert, schiebt sich zwischen Land und See ein mäßig breites, völlig flache- Stück Schwemmland ein, der sogenannte „Common". Diese weite, im Winter mit Gras bestandene, im Sommer wüstenhaft aussehende Fläche, das Gemeindeland der beiden Vorstädte Green- und Scapoint darstellende Gebiet, hat während des Krieges eine merkwürdige Wandlung durchgemacht. Wo früher Kühe weideten oder die Capstädter Jugend sich an freien Nachmittagen bei Fußball und Cricket tummelte, ist jetz: eine mächtige Stadt von Blechhäusern entstanden, in welchen Tausende von englischen Soldaten Wacht halten über ebenso viele Tausende von kriegsgefangenen Boeren, die hier innerhalb zweier riesigen Blechumwallungen eingepfercht leben. Zu An fang tonnte man viel Wahres und Unwahres über die Lebens weise hören, zu welcher diese Gefangenen verurtheilt waren; gegenwärtig ist ihr Loos kein hartes; es fehlt ihnen nicht an Bewegungsfreiheit innerhalb ihr« Umfriedigung, die Nahrung ist hinreichend und kräftig und durch die Mildthätigleit der Cap städter Bevölkerung sind sie größtentheils auch in den Besitz vou auskömmlicher Kleidung, Wäsche und Schlafzeug gelangt. Wo gegen es aber kein Mittel für sie giebt, das ist die Langeweile und die Ungewißheit über den Stand und Fortgang -cs Krieges, über das befinden der Ihrigen und über das Schicksal ihre- Bermögens und Landes im Allgemeinen. Zeitungen und Zeit schriften sind im Lager nicht zulässig; der Besuch von Personen darf ebensowenig stattfinden, und so lommt es denn, daß der Horizont dieser Aermsten fast genau mit dec Blechwand schließt, welche für sie die Grenze der Welk bedeutet. Ab und zu bringt aber doch etwas Licht in diese enge Behausung, denn ab und zu öffnen sich die Thore der Blechumwallung, um neue Gefangene bereinzulassen. Diese Neuen sind denn auch die Träger des Neuesten, was draußen passirt ist. Viel wissen sie freilich nicht zu erzählen, denn außer ihren persönlichen Kriegserfabrungcn können sie nichts berichten, weil ihnen meist das rechte Verständnis; für die allgemeine Lage fehlt. Um den Gefangenen eine Weih nachtsfreude zu bereiten, hatte ein Wohlthätigkeitsausschuß die Erlaubniß erhalten, jedem derselben eine geringe Gabe reichen zu dürfen. In den meisten Fällen wünschen sich die Gefangenen Tabak oder Bekleidungsaegenstän-e; daneben aber lagen nicht weniger als zweihundert Gesuche vor um — Glas kugeln zum Spielen! Thatsächlich befinden sich denn auch viele Hunderte von Knaben unter den Gefangenen, und wer die Straße entlang geht, welche aus der Stadt nach dem Gefangenen lager führt, wird mit stiller Wehmuth beobachten können, wie ge legentlich ganze Trupps von englischen Soldaten vorbei - marschiren, in deren Mitte ein einzelner Boerenknabe als Kriegs gefangen« einherschreitct. Kein Wunder, daß die Zahl der Kriegsgefangenen bereits 16 000 Seelen — Mann läßt sich wohl kaum sagen — überschreitet. Wie viele Gefangene hingegen die Boeren bisher im Kriege gemacht haben, läßt sich nicht ermitteln, da ja dieselben ihre Gefangenen immer wieder freilassen. Bisher glaubte man, daß es überhaupt zwecklos für die Boeren sei, Gefangene zu machen, und nur so eine Art Ehrensache oder moralischen Sieg bedeute. Auf dem Worcester Kongreß sind aber ganz merkwürdige Dinge an den Tag gekommen, welche geeignet wären, die Sache in ganz anderem Lichte erscheinen zu lassen. So z. B. trafen sich dort englische Soldaten ein und desselben Regiments, und mit Erstaunen erkannten die Einen, daß einzelne ihrer früheren Kameraden, welche von der Ge fechtslinie zurückgekehrt wgren, die Uniform ausgezogen hatten. Auf Befragen derselben streiften sie ihren linken Rockärmel in die Höhe und auf der nackten Haut zeigten sich in f e u e r r o t h en Brandnarben die Buchstaben v. VV. O. (Da IVer'« O «vn), das heißt also D« Wet's Leibeigene. Als Er klärung erzählten sie, daß De Wet sie bei Gelegenheit eines Gefechtes gefangen genommen, später wieder freigelassen habe, jedoch mit der bestimmten Zusicherung, daß sie standrecht lich erschossen werden würden, falls sie nochmals die Waffen gegen die Boeren ergreifen und von diesen abermals gefangen genommen werden würden. Damit wäre erwiesen, daß das Gefangenemachen doch keine zwecklose Sache für die Boeren ist. Die GebraiÄ»markten werden sich jedenfalls hüten, denselben je wieder zu nahe zu kommen. Deutsches Reich. ^.8. Leipzig, 15. Januar. (Der Lippische Apana gen- Proceß.) Die Lippe-Biesterfrlder und die Lippe-Weißenfelder Linie beziehen au« der fürstlichen Rentenkammer zu Detmold eine jährliche Rente, die sogenannte „Lippische Reute", und leiten ihre Berechtigung bierzu au» dem sogenannten „Haupt vergleiche" vom 24. Mai 1782 ab, wonach di« Biesterfelver Linie 10 000 Tblr. JahreSrente und die Weißenfelder Linie eine solche in Höhe von 5000 Thlr. erhielt. Dieser „Haupt vergleich" war die Folge langer Verhandlungen, welche durch Erbstreitigkeiten zwischen den Mitglieder« de» Hanse- Lippe entstanden. Die Brüder Graf Friedrich Karl August (von Biesterfeld) und Graf Ferdinand Johann Lodwig (von Weißenfeld) hatten schon vorher den sogenannten „Brüdervergleich" am 14. Angust I74S geschloffen und machten noch unmittelbar, nachdem der „Hanptvergleich" geschloffen war, unter sich den sogenannten DilocitationSreceß vom 25. Mai 1762 ab. Die jetzige Klage hat h« Graf und Eble Erich zur Lippe-Weitzenfeld in Berlin gegen den Grafrrgenten Ernst zur kippe- Biesterfeld in Detmold, angestrengt, sie behauptet, daß der Beklagt, nicht berechtigt sei, von der fürstlichen
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