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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010125016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901012501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901012501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-25
- Monat1901-01
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Amtsblatt -es Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Mokizei-Ärntes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile SS Rrelame« untrr dem Rrdaction-strtch (4 gespalten) 78 H, vor den Familiruuach» richten («gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnannahme 25 H (excl. Porto). Extra Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbeförderung ^ti 60.—, mit Postbesörderung ^4 70.-^. Ännaifmeschluk für Anzeigen: Abend-Au-gabe: vormittag- l0 Uhr. Morge»-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei de« Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Erpedftisn zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig. 95. Jahrgang. Die Arbeiterlöhne in England und in Deutschland und die Socialdemokratie. -7- Au- der amtlichen „Labour Gazette" theilt die „Sociale Praxis" interessante Angaben über das Steigen des Arbeitslohnes in England mit. Darnach haben im Jahre 1900 rund 14 Procent der englischen Gesammtarbeiter- schaft eine wöchentliche Lohnerhöhung von 203 240 Pfund Sterling gehabt. Weitaus am meisten profitirten die Kohlen arbeiter von der günstigen Conjunctur: 679 000 von ihnen, das sind 95 Procent aller Kohlenarbeiter, erlangten Lohnerhöhungen von fast 5 pro Kopf und Woche. Nächst den Kohlen arbeitern erzielten die Eisen- und Stahl-, die Bau- und Textil arbeiter die größten Lohnerhöhungen. Letztere wurden zum ganz überwiegenden Theile ohne Streik erreicht; noch nicht 5 Procent der an den Lohnerhöhungen betheiligten Arbeiter verdanken sie Ausstände. Mehr als eine Million Arbeiter bekam den höheren Lohn in Folge von Schiedsgerichten, Anrufung von Einigungs ämtern, directen Vereinbarungen, gleitenden Scalen. Besonders hat die Errichtung von ConciliationS Boards (etwa dem Tarif amte der deutschen Buchdrucker vergleichbar) in den Kohlen revieren von Schottland und Northumberland das Zustande kommen friedlicher Abmachungen begünstigt. Soweit die Angaben der „Socialen Praxis". Wollte die deutsche Socialdemokratie aus ihnen die rechte Lehre ziehen, so müßte sie zunächst an die Beseitigung desjenigen Punktes im Er furter Parteiprogramm denken, der von der „wachsenden Ver elendung der Massen" handelt. Zweitens müßte sie ihr Ver halten in Bezug auf Streikbewegungen, di« sie aufs Eifrigste -u schüren pflegt, von Grund aus ändern. Und drittens müßte sie ihren Widerstand gegen Tarifgemeinschaften, wie sie im Buch druckergewerbe besteht, «instellen. Von alledem aber dürfte nicht« sich erfüllen. Vielmehr zeigt ein in der „S ä ch s. A r b e t t e r - zeitung" erschienen«! Artikel, der ebenfalls auf die englische Veröffentlichung über die Lohnsteigerungcn in England eingeht, daß die deutschen socialdemokratischen Agitatoren jeneLohn - steigerungen lediglich zur Erregung de- Neidet der deutschen Arbeiterschaft verwerthen. Da» genannte sächsische Blatt stellt nämlich die Lohnsteigerungen in England den Verhältnissen in Deutschland m der Art gegen über, daß es behauptet: Die Engländer hätten Dank der Ge werkschaften Dortheil von der günstigen Conjunctur der letzten Jahre gehabt, die deutschen Arbeiter aber nicht. „Der Nntheil der (deutschen) Arbeiter (an der günstigen Conjunctur), von denen die wenigsten wirkliche Lohnerhöhung«» erhielten", — schreibt die „Sachs. Arbeiterztg." wörtlich — „bestand, so weit nicht direct Lohnreductionen vorgenommen worden sind, in der Hauptsache nur in einer kleinen Erhöhung ihres Gesammtverdienstes in Folge reichlicherer Arbeitsgelegenheit und genügender Beschäfti gung, die Ueberstunden und Ueberanstrengung zur Folge hatt«n. Das dadurch vermehrte Bedllrfnitz nach Nahrungsmitteln dürfte den aus dieser Quelle geflossenen Mehrverdienst ganz oder größtentheils absorbirt haben. Dazu kam die Vertheuerung aller Bedarfsartikel, besonders der Wohnungen." Die Frage, ob Wohnungen und Lebensunterhalt in Eng land theurer geworden sind, wirft dar sächsische Socialistenblatt gar nicht auf. ES liegt ab«r schlechterdings kein Grund vor, anzunehmen, daß in England in dieser Begehung die Verhält- Nisse anders sind, als bei unS. Im Gegentheil: der südafrikanische Krieg wird in Folge deS großen Bedarfs an Nahrungsmitteln, BekleidungSgegenständrn u. s. w. auch in England prriSsteigernd gewirkt haben, ganz abgesehen davon, daß die aus dem Kriege er wachsene Steuerlast auch für die englische Arbeiterschaft fühlbar werden wird. Doch dies nebenbei! WaS aber die Behauptung von den Lohnverhältniffen in Deutschland anbetrifft, so ist sie vollkommen tendenziös. Hoben wir in Deutschland auch keine amtliche Instanz, die Berechnungen wie die in der „Labour Gazette" veröffentlichten, besorgt, so ist doch daS Steigen der Löhne in Deutschlano auch von socialdemokratischer Seite ganz allgemein anerkannt worden. Und zwar war «» gerade daS Organ der socialdemokratischen Gewerk schaften, daS jüngst, glmch als ob eS die obige Behauptung der „Sächs. Arbeiterztg." sogar ihrem Wortlaute nach im Vorau» widerlegen wollte, u. A. das Nachstehende schrieb: „Durch Ver kürzung der Arbeitszeit und Verweigerung der Ueberstunden- arbeit wurde der wahnsinnigen Ueberhastung bei Erledigung vor- handcner Aufträge entgegengewirkt und durch Kampf um Lohn erhöhung der Arbeiter gegen den kommenden Rückschlag wider standsfähiger gemacht. . . . Die deutsche Arbeiterclasse wird in der Lage sein, sich den größt«» Therl der Errungenschaften deS letzten Jahrfünfts ungeschmälert zu erhalten." — So zuver lässig sieht das Gewerkschaftsorgan selbst einer etwaigen wirth- schaftlichen Krisis entgegen! Nach der „Sächs. Arbeiterztg." aber giebt eS „Errungenschaften de- letzten Jahrfünfts" über haupt nicht! König Eduard VN. von England. Im sechzigsten Lebensjahre hat Eduard VH. den Thron seiner Väter mit dem stolzesten Titel: König des Vereinigten Königreiche- Großbritannien und Irland und seiner Colonien und Zubehör in Europa, Asien, Afrika, Amerika und Australien, Kaiser von Indien, Vertheidiger deS Glaubens. Im Titel prägt sich das britische Weltreich auS. Als Prinz Albert Eduard — wir geben im Folgenden nach der „N. Fr. Pr." noch einige Ergänzungen zu unserer biographischen Skizze in Nr. 41 deS „Tageblattes" — als zweite» Kind der Königin Victoria und des Prinz«» Albert von Sachsen-Koburg-Gotha am 9. No vember 1841 im Buckingham Palace geboren wurde, trug seine Mutter bereits im vierten Jahre die Krone. Groß« politische Be deutung wurde damals dem Besuche de» preußischen König- Friedrich Wilhelm IV. beigelegt, welcher als Pathe d«S Thron erben nach England kam. Die Königin, bekanntlich eine strenge Mutter, leitete die Erziehung ihrer Kinder in diesem Sinne. Man erzählt sich von einem „historischen" Backenstreich, welchen sie dem neunjährigen Thronerben anläßlich eines Besuches der Londoner Au-stellung öffentlich verabreichte, weil der Knabe trotz ihres wiederholten Verbotes, die ausgestellten Gegenstände, welche nach seinem Geschmack« waren, berührte. Dies« königliche Maul- schelle wurde damalt von den Blättern in Leader- behandelt und sozusagen pädagogisch beleuchtet. Die Männer, welchen die erste Erziehung de- Prinzen von Wale-, jetzigen König» von England, anvertraut wurde, waren der Reverend Henry Birch, Rector von Prestwich, Reverend Tarvar, Rechtsanwalt GibbeS und Mr. H. W. Fisher. Nachdem hierauf Prinz Albert Eduard ein Se mester in Edinburgh studirt, bezog er di« Oxforder Universität, wo er während eines Jahres die Vorlesungen an dem berühmten Christ Church-Collegium hörte, um dann in Cambridge seine Studien zu vollenden. Seine Erziehung ist ein« gemischt eng lisch-deutsche, sehr sorgfältige gewesen. Er spricht eine Reihe von Sprachen, daS Deutsche, die Sprach« seines Vater-, mit kxsonderer Vorliebe in der Familie. Auch allen SportS- künsten hat sich der Prinz allezeit mit Eifer gewidmet. Frühzeitig, nach Art vornehmer Engländer, ging der Thron folger auf Reisen. Er besuchte fast alle Gebiete des weiten bri- tischen Reiches. An reichlicher Gelegenheit, die Welt kennen zu lernen, fehlt« es ihm somit nicht. Daß bei Prinzen damit auch allemal die Kenntniß der Menschen verbunden sein muß, wird Niemand behaupten wollen. Jedenfalls aber erwarb sich Prinz Albert Eduard auf seinen vielen Reisen ein gutes Stück Auf geklärtheit, VorurtheilSfreiheit, Weltklugheit und Leutseligkeit im geselligen Umgänge. Im Sommer 1860, noch nicht neun zehnjährig, besuchte er die Vereinigten Staaten von Nordamerika, sowie Canada, wo ihm ein begeisterter Empfang zu Theil ward. Seine zweite große Reise (1862) ging nach dem Orient, wo er, vom Dechanten Stanley begleitet, Jerusalem besuchte. DaS Jahr darauf, Februar 1863, nahm er seinen Sitz im Oberhause ein. Am 10. März desselben Jahres vermählte er sich mit der neun zehnjährigen Prinzessin Alexandra, der ältesten Tochter des Königs Christian IX. von Dänemark. Diese Ehe hatte die innigsten Beziehungen zwischen dem englischen und dänischen Hofe zur Folge. Politisch trat der Prinz von Wales nicht viel hervor, daße^en bethriligte er sich mit seiner Gemahlin allemal in erster Linie, wo es die Vertretung der Königin bei Aus stellungen und Veranstaltungen von öffentlichem Interesse galt. Im Jahre 1867 acceptirte er die Präsidentschaft deS bekannten großen St. Bartholomew-Hospitals. Prüfungsvoll für den Prinzen von Wales war der Ausgang deS Jahres 1871, wo er im December von einem bösartigen Typhus befallen wurde, der ihn an den Rand deS Grabes bracht«. Wochenlang schwebte er zwischen Leben und Tod, verzweifele man an seinem Aufkommen, und ganz England horchte in schmerzlicher Spannung nach dem Krankenbette des Thronerben hin. Endlich erklärten ihn die Aerzte für gerettet, der Kranke erholte sich langsam und konnte bereits am 27. Februar 1872 der großartigen Dankeskundgebung beiwohnen, womit in der Sanct - Pauls - Cathedrale seine Wiedergenesung gefeiert wurde. AIS 1874 der Marquis of Ripon die Großmeisterschaft über die englischen Freimaurer niederlegte, wurde der Prinz von Wales sein Nachfolger. Seine Aufnahme in die Loge fand in der Albert- Hall (South Kensington) am 28. April 1875 statt. Ein Jahr später wurde er in Freemasons Hall als Oberster der Royal Arch - Freimaurer instalirt. In die Jahre 1875 bis 1876 fällt die große indische Reise. Die enHlischrn Zeitungen verzeichneten jed« Etappe dieser Reise deS künftigen Kaisers von Indien, welchem die Maharadschas und NizamS allenthalben ihre Hul digungen darbrachten, die sie mit wahrhaft königlichen Geschenken begleiteten. Die ganze Reise glich einem Triumphzuge. Der wahrhaft märchenhafte Schatz an Kostbarkeiten und indischer Kunstarbeit jeder Art, welche der Prinz von seiner Jndienfahrt heimbrachte, erregte daS Entzücken und die Bewunderung der Besucher der 1878er Pariser Weltausstellung, wo diese glänzende Sonder-Exposition eine kirst attraotion bildete. Der Prinz von Wales bezeigte damit, daß er der Ausstellung diese Schätze zur Verfügung stellte, da» große Interesse, welches er gerade dieser Weltausstellung entgegrnbrachte, die ihm einen guten Theil ihrer Erfolge verdankt. Als im März 1883 Kronprinz Friedrich von Preußen und die Prinzeß Royal ihr« Silberhochzeit feierten, weilte der eng lische Thronerbe al» Gast in Berlin. Bri diesem samtlienfestlichen Anlass« erfolgte seine Ernennung zum preußischen General-Feld- marschall, sowie die Verleihung de» Blüchrr'schen Hufaren-Regi- ment«». Diesen beiden selten«» Auszeichnungen wurde eine poli tische Bedeutung brigemrssen, ja, die „Time»" ging so weit, die- selben al» Zeichen voller Uebereinstimmung zwischen der deutschen und englischen Politik zu betrachten. Prinz Albert Eduard hatte e- allerdings auch in der englisch«» Armee, wo er bereits mit 17 Jahren Oberst war, zum Feldmarschall gebracht, ohne indeß einen mehr als vorübergehenden Antheil an den HeereSangelegen- heiten zu nehmen. In der österreichisch-ungarischen Armee war der Prinz seit 1888 Inhaber de» 12. Husaren-RegimentS Prinz of WalcS. Im Ganzen war er indeß dem Militarikmu» nicht zugethan, wie auch seine behäbige äußere Erscheinung nichts von jener Strammheit und Schneidlgkeit aufwies, die man mit dem Soldaten zu verbinden pflegt. AIS König wird er seine Nei- gungen und Gepflogenheiten schwerlich ändern. Im Jahre 1885 unternahm da» englische Thronfolgerpaar, von seinen Kindern begleitet, eine Rundreise durch Irland. Drei Jahre später feierte e» seine silberne Hochzeit; daS Jahr darauf besucht«» der Prinz und die Prinzessin von Wales mit ihren Kindern die 1889er Pariser Weltausstellung, und im Oktober desselben Jahres wohnte der Prinz der Hochzeit seines Neffen, des Herzog» von Sparta, in Athen bei. Wenn man nicht verschweigen kann, daß der Prinz von Wales in früheren Jahren manche Kritik über seine Lebensführung er fahren mußte und seine Popularität nicht immer denselben Wärmegrad zeigte, so muß doch constatirt werden, daß er im reiferen Alter sich allmählich eine große Beliebtheit zu erringen gewußt hat. ES trat dies besonder» wieder verflossenen Sommer bei dem Attentate Sipido im Brüsseler Bahnhofe hervor, welches in England die allgemeinste Entrüstung entfesselte. Ebenso all gemein war dir Befriedigung darüber, daß di« Kugel de» unreifen Burschen den im Coupö sitzenden Prinzen gefehlt hatte. Wo sich der Prinz in den beiden letzten Jahrzehnten öffentlich zeigte, be gegnete man ihm allenthalben in sympathischer Weise. So bei allen Ausstellungen in South Kensington, bei der so denkwürdigen, 1886 von der Königin eröffneten Colonial- Ausstellung, wo er al- Präsident funairte. Prinz Albert Eduard war der Schöpfer dei königlichen Oolierrv ok ^lunia, und seiner Initiative verdankte eine» der großartigsten Institute, welche- al» Frucht de» sechzigjährigen RegierungS-Jubiläum» der Königin Victoria fortleben wird, da» „Imperial Institut«", sein Ent stehen. Wenn e- ihm somit, wie die« bei der Stellung eine» Thronerben in dem konstitutionellsten Lande Europas natürlich, nicht vergönnt war, politisch wirksam auf den Plan zu treten und sich irgendwie am Parteigetriebe zu betheiligen, so gelang eS ihm andererseits, auf socialem Gebiete eine ersprießliche Wirk samkeit zu entfalten. Daß er, der eleganteste Engländer, im Reiche der Mode und des Geschmacks im wahren Sinne des Wortes ein Herrscher und Tonangeber wurde, ist allbekannt und von uns schon „gebührend" hervorgehoben. Was aber ganz be sonders zur Festigung seiner früher bisweilen schwankenden Po pularität beitrug, war der Umstand, daß er vom Wirbel bis zur Zehe ein Engländer im englischesten Sinne deS Wortes war. Jedermann wußte, daß er der politischen Gesinnung nach dem Imperialismus huldigte, war doch der größte Imperialist, den Größer-England besessen, Lord Beaconsfield, welcher der Königin Victoria daS indische Kaiserdiadem auf die Stirn ge drückt, sein bester Freund. AuS der Ehe des Prinzen von WaleS mit Alexandra von Dänemark sind fünf Kinder (zwei Prinzen und drei Prin zessinnen) entsprossen: Herzog von Clarence, der am 14. Januar 1892 starb; Prinz Georg, Herzog von Aork, der künftige Thronerbe; Prinzessin Louise, l889 vermählt mit Alexander Duff, Herzog of Fife; Prinzessinnen Victoria und Prinzessin Maud, welch Letztere im Juli 1896 den Prinzen Karl von Dänemark geheirathet hat. Herzog von Uork, welcher seit sieben Jahren mit Victoria Mary Fürstin von Teck vermählt ist, hat drei Kinder, die Prinzen Eduard Albert und Albert, so wie die Prinzessin Victoria Alexandra. Bekanntlich sollte sich der vor Kurzem zum Contre-Admiral ernannte Herzog von Aork mit seiner Gemahlin dieses Frühjahr nach Australien be geben, um das erste Parlament deS neugeschaffenen australischen Staatenbundcs feierlich zu eröffnen. Ob nach den jüngsten Er eignissen diese Reise stattfindct, bleibt dahingestellt. Der Krieg in Südafrika. König Edward VN. und der voerenkrteg. Ein Mitarbeiter der „Daily Expreß" hatte es sich nicht nehmen lassen, sobald die Krankheit der Königin eine bedenkliche Wendung genommen hatte, eine Anzahl englischer Politiker daraufhin zu befragen, ob im Falle eines Thronwechsels eine Aenderung in der Haltung Englands gegenüber den Boeren zu erwarten se Alle Gefragt--» erklärten einstimmig, daß sie eine unmittelbare Einwirkung des künftigen Königs auf die von der Regierung geleitete Reichspolitik als völlig ausgeschlossen an sähen. Außerdem gaben selbst liberale Parlamentsmitglieder zu. daß der Prinz von Wales zu wiederholten Malen seine volle Billigung des Boeren krieges ausgesprochen habe, und daß er auch seit Jahren inengengesellschaftlichen Beziehungen gerade zu denjenigen Finanz kreisen stehe, welche am stärksten an den transvaalischen Ge schäften betheiligt sind. Der Reuter'sche Correspondent in Johannesburg hört aus guter Quelle, daß britische Proklamationen von den Boerenführern aufgefangen und vernichtet werden. In einem Falle habe General Smits sich geweigert, Frauen die Ab lieferung der letzten Proklamation Lord Kitchener'S an ihre Männer zu gestatten. Diele der Leute in den CommandoS kennten daher die ihnen von dem britischen Oberbefehlshaber angebotenen Bedingungen noch nicht. Boeren-Gefangene sagten, daß es in verschiedenen Commandos an Munition zu fehlen be ginne, und daß die Leute des Commandos bei VenterSdorp kein Mittel sehen, ihren Dorrath zu ergänzen. Das Verbot der Verbreitung von südafrikanischen bocrensrcunditchen Zettungc» in Distrikten der Capcolonie, wo der Kriegszustand erklärt ist, werde, — so telegraphirt der Reuter'sche Correspondent in Cap stadt unterm 19. d. M. —, nicht den geringsten Einfluß haben, wenn die Verbreitung boerenfreundlicher Literatur au» England fortgesetzt werden dürfe. E» sei bemerkenSwerth, daß eine eng lische boerenfreundliche MonatS-Revue und andere Journale, die den britischen Interessen feindlich seien, in jeder Farm anzu treffen seien. Man glaube, daß diese mehr al» die localen boerenfreundlichen Blätter zur Illoyalität aufreizten. ES werde daher als unumgänglich notbwendig angesehen, daß die Ver breitung solcher Literatur in Südafrika verboten werde. Die Vchan-lung der gesaugenen voerensraut» «nd Kinder iu den englischen Schutzloser». In einem amtlich«» Berichte Kitchener'S wird offen zuge geben, daß unter den Boerenfamilien, die in den von Kitchener eingerichteten großen „Schuhlagern" gefangen gehalten werden, alle diejenigen, von denen noch männliche Angehörige unter Waffen sichen, nur „halbe Rationen" für ihren Lebensunterhalt bekommen. Nach der Erklärung Kitchener'S habe sich dieses Mittel bereits in mehreren Fällen wirksam erwiesen, indem auf die Bitten der hungernden Frauen und Kinder hin die betreffen den Familienangehörigen tne Waffen niederlegten und ebenfalls nach den „Schützlagern" kamen. Andere Boerenfrauen seien jedoch, so sagt der Bericht, noch „eigensinnig" und weigerten sich, die Aufforderung zur Waffenniederlegung an ihre Männer oder Söhne zu unterzeichnen. — Hieraus geht hervor, daß diese Auf- forderung-briefe von den Engländern selbst hergestellt werden, und daß man die betreffenden Frauen durch Hunger und die Entbehrungen ihrer Kinder zu zwingen sucht, diese Briefe zu unterschreiben. u. Utrecht, 24. Januar. (Privattelegramm.) Professor Snellen und vr. Heyman habe« beute Mittag die an gekündigte Augenoprration Leim Präsidenten Krüger vollzogen. lWirdrrholt.) Deutsch?- Reich. * Leipzig, 24. Januar. Im „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und die verwandten Geschäftszweige" wird folgende Erklärung veröffentlicht: DeutscheBerlegerkammer. Den Bestrebungen und Beschlüssen de» Verbände- deutscher Illustratoren gegenüber sieht sich die Deutsche Verlegerkammer zu der Erklärung veranlaßt, daß der jetzige, durchaus im Einklang mit den gesetzlichen Bestim mungen stehende Gebrauch, wonach dem Verleger für die bei dem Illustrator bestellte Zeichnung mangels besonderer Ab machungen daS uneingeschränkte Vervielfältigungsrecht und Veräußerungsrecht zusteht, durch einseitige Beschlüsse nicht abgeändert werden kann. Die Bezugnahme des Verbandes deutscher Illustratoren auf die Bestimmungen des Urheber rechtes ist belanglos, da in den Fällen, in welchen der Verleger beim Illustrator eine Zeichnung bestellt, lediglich ein Werkvertrag und kein DerlagSvertrag zu Stande kommt. EL bleibt aber dem Illustrator unbenommen, sich bei An nahme der Bestellung bezüglich der Verwendung und Ver- werthung seiner Zeichnungen Einschränkungen auszubedingen, und es ist dann Sache des bestellenden Verlegers, auf die einschränkenden Bedingungen einzugehen oder nicht. Auch bezüglich der vom Verleger nicht bestellten und nicht veranlaßten, vom Illustrator zwecks unbeschränkter Vcr- werthung erworbenen Zeichnungen steht dem Verleger das gleiche unbeschränkte Vervielfältigungsrecht und Veräußerungs recht zu. Die Deutsche Verlegerkammer hält diese Erklärung für nöthig, um der sonst möglichen Annahme zu begegnen, als ob die Erklärung deS Verbandes deutscher Illustratoren eine Aenderung des bestehenden Gebrauchs herbeigeführt habe Leipzig, 21. Januar 1901. Jos. Bielefeld, vr. K. Trübner, O. R. ReiSland, Vorsitzender. Schriftführer. Cassenwart. vr. Ad. Geibel. E. Mohrmann. Ferd. Springer. E. Vollert. Eg. Werlitz. tt- Vtrltn, 24. Januar. Dir „tugendhafte Social demokratie" hatte sich bekanntlich vor einiger Zeit stark darüber entrüstet, daß nach ZeitungSmittheilungen der Major a. D. Endell au» der Casse der Landwirthschaftskammer von Posen Vorschüsse entnommen haben sollte. Jetzt erklärt das Centralorgan der socialdemokratischen Partei eine solche Hand lungsweise für durchaus erlaubt—allerdings handelt es sich dabei um einen „Genosse n". In Nürnberg ist einer der socialdemo- kratischen Caffenvorsitzenden wegen Unterschlagung zu vier Mo naten Äefängniß verurtheilt, ist abc^ wieder zum Vorstand« ge wählt worden. Der „Vorwärts" erzählt nun, daß der betreffende Vorsitzende, abgesehen von Anderem, sich Vorschüsse aus seiner Casse habe geben lassen, und erklärt dies für völlig gerechtfertigt. Dem socialdemokratischen Centralorgan ist die Aehnlichkeit dieses Falles mit dem von ihm verurtheilten des Majors a. D. Endell aufgefallen, und es findet deshalb einen Unterschied darin, daß Major a. D. Endell sich selbst den Vorschuß genommen habe, während der „Genosse" ihn sich habe geben lassen. Die „Tugend haftigkeit" des „Vorwärts" ist eigenartig. Hält «r die Ent nahme von Vorschüssen aus einer Casse für ein Vergehen, so kommt eS doch nicht darauf an, ob eine oder zwei Personen dabei betheiligt sind. Aber ein „Genosse" muß unter allen Umständen weiß gewaschen werden, selbst wenn ihn das Gericht auf Grund verschiedener Vergehen zu einer Gefängnißstrafe von 4 Monaten verurtheilt hat; bei dem Anhänger einer anderen Partei indessen, der nichts weiter gethan, als daß er einenDorschuß aus einerCassc entnommen haben soll, ist dies ein Verbrechen. Für die Social demokratie ist Alles, waS im Parteiinteresse geschieht, selbst Handlungen, die vom Gerichte mit vier Monaten Gefängniß be legt werden, erlaubt; Alle?, was von Anhängern anderer Par teien gethan wird, selbst wenn daS Gericht gar keinen Grund findet, sich damit zu befassen, ein Verbrechen. Und das ist die „tugendhafte" Partei! 6. II. Berlin, 24. Januar. Ausdemanarchistischen Heerlager dringt jetzt wenig in die Öffentlichkeit; wenn man aber daraus den Schluß ziehen wollte, daß die anarchistische Be wegung rückläufig wäre, so würde man sich bedenklich täuschen. Im Stillen entfalten die Anarchisten ein« rege Organisations- thätigteit, di« aufmerksam verfolgt werden sollte. In Süd deutschland, von Bietigheim ausgehend, und in Schlesien haben sich kürzlich die Anarchisten eine ziemlich straffe Verbindung ge schaffen, jetzt sind auch in Rheinland und Westfalen einige Anarchisten an d«r Arbeit, um nach dem Muster der süddeutschen Organisation eine solche für die beiden Provinzen zu schckffen. Ein Aufruf zur Organisation ist von dem Anarchisten Wilhelm Georg in Solingen ergangen, eine Conferenz soll einberufen werden, um die Organisanon weiter auSzubauen. Weiter ist bemerkenSwerth, daß in Berlin di« Anarchisten noch niemals eine so zahlreich besuchte Massenversammlung zu Stande gebracht haben, wie die kürzlich veranstaltete, die angeblich nur von Arbeitslosen besucht war. 3000 Personen mochten anwesend sein; der anarchistische Agitator Pawlowitsch präsidirte, der anarchistische Agitator Dempwolff referirte und die Hörer lauschten aufmerksam den aufhehenden Reden, die stürmischen Beifall weckten. Daß sind Vorgänge, die jedenfalls auf alles Andere, als auf Rückläufigkeit der anarchistischen Bewegung schließen lassen. Auch die Thatsache, daß der vereitelte Anarchistcncongreß in Berlin ernstlich geplant war, liefert den Beweis, daß die anarchistischen Führer nichts weniger als ent mutigt und arbeitsmüd« sind. (») Berlin, 24. Januar. (Tel.) Der VundeSrath überwies in seiner heutigen Sitzung die Mittheilung deS Prä- sidentendeSReichstages über den Beschluß veS Reichs tages zum Anträge deS Abgeordneten Hitze unv Genossen au; Herbeiführung gesetzlicher Bestimmungen für die P f l e g e d e s Friedens zwischen den Arbeitgebern unv Arbeitnehmern und die weitere Ausgestaltung der Ge werbegerichte, sowie die Vorlage, betr. den Entwurf von Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über die elek trischen Maßeinheiten den zuständigen Ausschüssen. L. Berlin, 24. Januar. (Privattelearamm.) Der erkrankte Staatssekretär des Auswärtigen Amte» Freiherr »on Nichthofen leidet an Influenza; er wird von dem Unter- staaiüsecretär Wirkt. Geb. LegationS-Rath v. Mühlberg vertreten. Der Zustand deS gleichfalls erkrankten Landwirth- schaftS-MinisterS ». Hnmmerftei« hat sich gebessert. — Der Kaiser wird sich, wenn die Beisetzungsfeierlich- keiten in England vorüber sind, ebenfalls zu seiner Mutter nach Friedrich-Hof begeben. — Um an der Lösung der Landarbeiterfragt mit- zuwirken, will die deutsche Landwirthschaft»- Gesellschaft zunächst der Frage der Seßhaftmachung von Landarbeitern näher treten und Material darüber sammel», -
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