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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010128012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901012801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901012801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-28
- Monat1901-01
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Äitttsötatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Montag den 28. Januar 1901. Anzeigen-Preis die Sgespaltene Petitzeile LL Reklamen unter dem RedactionSstrtch (4 gespalten) 75 H, vor den Familirnnach richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechest höher. — Gebühren für Nachweisungen and Lffertenannahme L5 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Exvedttsrs zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Volz iu Leipzig. 95. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, ZwangSinnung sür das Conditoren-Gcwerbe betreffend. Vom Zweigverbande Leipzig selbstständiger deutscher Conditoren ist beantragt worden, anzuordnen, daß innerhalb des Vez rkes der Königlichen Krrisbauptmannschaft Leipzig sämmtliche Gewerbe treibenden, die das Canditorenhandwerk selbstständig ausüben, einer neu zu errichtenden Conditoren-Kreis-Zwangs-Jnnung angehören müssen. Von der Kreishauvtmannschaft Leipzig mit der kommissarischen Vorbereitung ihrer Entschließung beauftragt, mache ich hierdurch bekannt, daß die im Regierungsbezirke Leipzig außerhalb der Stadt Leipzig wohnhaften, der Person nach bereits ermittelten Conditoren auf mein Ersuchen durch die Gemeindebehörden ihres Ortes wegen ihrer Abstimmung zu Protokoll vernommen werden sollen. Von den in der Stadt Leipzig wohnhaften Conditoren dagegen sind die Aeußerungen sür oder gegen die Errichtung dieser ZwangSinnung schriftlich oder mündlich in der Zeit vom 1. biS 8. Februar dieses Jahrcö bei mir abzugeben. Die Abgabe der mündlichen Erklärung kann während des an gegebenen Zeitraumes werktäglich von 10 biS 12 Uhr Vor mittag» und von 2 bis 5 Uhr Nachmittag» in den Dienst- räumen deS Gewerbeamtes, Brühl 80, I. Obergeschoß, Zimmer Nr. 11, erfolgen. Ich fordere hierdurch alle Gewerbetreibenden, die innerhalb der Stadt Leipzig das Conditorenhandwerk selbstständig auSüben, zur Abgabe ihrer Aeußcrung mit dem Bemerken aus, daß nur solche Erklärungen, die erkennen lassen, ob der Erklärende der Er- richtung der Zwangsinnung zustimmt oder nicht, gültig sind und daß nach Ablauf des obigen Zeitpunkte- eingehende Aeußerungen unberücksichtigt bleiben. Leipzig, Len 25. Januar 1901. Ter Kommissar. Vl. 243. Siadtralh l)r. Wagler. Donack. Brennbolz-Auction. Mittwoch, den 30. Januar d. Js. sollen im konncwitzer Revier in Abthcilung 35 33 Rmir. Kichcn-Brennscheite, 4 - Ellern 60 Haufen Abraum und 100 Haufen Schlagreisig gegen sofortige Bezahlung an den Meistbietenden verkauft werden. Znsammcnknnst: Vormittags 0 Uhr am Bahnübergang deS Schlentzigcr Weges. Leipzig, am 25. Januar 1901. Des Raths Forstdeputation. Vermicthungcn. 1) Brühl Rr. 57 1 Wohnung im II. Obergeschoß zu 542 ./tl jährlich, 2) Ärotzc Flcischergasse Nr. 12 I Wobnung im I. Obergescdoß zu 750 jährlich, 3) Kleine Flcischergasse Rr. 5/7 1 Wohnung im I. Obergeschoß — Promenadenseite — zu 850 jährlich, 4) Klostergasfe Nr. 13 1 Niederlage im I. Obergeschoß zu 360 .6 jährlich. Sämmtliche Räume sind vom 1. April 1901 an zu vermieihen. Mirtbgrsuche werden aus dem Rathhause, II. Obergeschoß, Zimmer Nr. 20, entgegen genommen. Leipzig, den 12. Januar 1901. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Trüudlin. Römer. Bekanntmachung. Der erste diesjährige Markt für Borsten findet in der Zeit von Montag, den 25. Februar bis Sonnabend, den 2. März 1S0I statt. Leipzig, den 10. Januar 1901. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Borrmann. Versteigerung von Bauplätzen an der Oststraße in Leipzig-Reudnitz. Die dem Johannishosvitale gehörigen 4 Bauplätze von je 16,67 m Front, 50 m Tiefe und ca. 833 qm Flächengehalt sollen Donnerstag, den 7. Februar diese» Jahres von Vormittags 10 Uhr an im 2. Obergeschoß der alten Rathewage, Kalharinenstraße Nr. 1, erst jeder sür sich und dann zusammen zum Verkauf öffentlich versteigert werden. Der Versteigerunqstermin wird pünktlich zur angegebenen Stunde eröffnet und die Versteigerung bezüglich eines jeden der einzeln nach einander auszubietenden Bauplätze bez. der gejammten 4 Bau plätze geschlossen werben, wenn darauf nach dreimaligem NuSruse kein weiteres Gebot mehr erfolgt. Die Versteigerungsbedingungen mit Parzellirungsplan liegen aus dem Ratkhause, 2 Obergeschoß, zur Einsichtnahme aus. Exem plare davon können daielbst gegen Bezahlung einer Gebühr von 1 entnommen werden. Leipzig, am 15. Januar 1901. Der Rath der Stadt Leipzig. la. 5405/00. vr. Tröndlin. Krumbiegel. Konkursmasse-Versteigerung. Am Dienstag, den 29. Januar, und folgende Tage von Vormittags 10 Uhr bis Nachmittags 2 Uhr sollen Jacob- stratze 2, im Restaurant Bahcrifchc Krone, im Auftrage des Konkursverwalters Herrn Paul Goitjchalck, die zur Konkursmasse Derpltr: gehörigen Cigarre», Cigaretten und Rauchutensilten gegen Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Lermunn Relätzr, Localrichter. Städtebilder aus Sachsen. Nachdruck verraten. Zwickau. (Schluß.) Im Laufe der Jahrhunderte ist von den ehemals betriebenen Gewerben manches zum Erlöschen gekommen, oder es hat sich den veränderten Zeitverhältnissen angepasst, um so der Gegen wart Rechnung zu tragen. Neben den allerortsüblichen Hand werken machen sich in Zwickau auch recht ansehnliche in dustrielle Unternehmungen bemerklich, und ist Zwickau auf dem Wege, sich zu einer Industriestadt um zuwandeln, wozu auch die denkbar günstigsten Voraus setzungen, als vielseitige Bahnverbindung, niedrige Gemeinde steuern, geeignetes Bauland und vor Allem billiger Kohlenbezug vorhanden sind. Einen hervorragenden Platz in der einheimischen Industrie nimmt die Metallindustrie ein; bedeutend ist auch die Erzeugung chemischer Producte, die Firniß-, Farbwaaren-, Glas-, Porzellan-, Steingut- und Papierfabrikation. Man fertigt außerdem noch Treibriemen, Cocosmatten, Glacehand schuhe, Portefeuilles, Strumpf-, Woll- und Baumwollwaaren. Um Zwickau her breiten sich bedeutende Gärtnereien aus, auch das Gerbereigewerbe steht noch immer im Flor. Weitere In dustriebetriebe sind Mahl- und Dampfsägemllhlen, Kunsttischle reien, Fassfabriken, Färbereien, Ziegelbrennereien, Coaksanstalten und Bierbrauereien. Noch blüht der Getreide- und Steinkohlen handel; von welchem Umfange der letztere ist, ersieht man daraus, daß im Jahre 1899 aus dem Zwickauer Kohlenbezirke 1883 435 Tonnen Kohlen abgefahren wurden. Die Geldgeschäfte ver mittelt eine Reichsbankncbenstelle, eine Filiale der Sächsischen Bank zu Dresden, die Vereinsbank, die Zwickauer Bank und ver schiedene Privatbankgeschäfte. Für Kohlenactien ist die Zwickauer Börse bedeutend. Daß bei einer solchen Industrie auch der Bahn- und Postverkehr ein ansehnlicher sein muß, ist einleuchtend. Von welchem Umfange dieser ist, soll durch einige Angaben belegt werden. Die Gesammteinnahme aus dem Personenverkehre be trug 1890: 679 619,67 ott; 1897 bereits 812 907,08 an Fracht für den Güterverkehr wurden in den gleichen Jahren ver einnahmt 5 818 566,44 und 6 428 268,47 Das ist di höchste Summe der bei einem Bahnhofe Sachsens erzielten Einnahme für den Güterverkehr. Bei der Post wurden auf gegeben 1890 : 3 280 628 Briefsendungen, gingen ein: 2 804 646; 1897 : 4 436 640 und 4 058 886. Postan weisungen wurden 1890 eingezahlt 145 815 mit 9 448 244 Mark, ausgezahlt 133 087 mit 10 800 284 c«; 1897: 181 508 mit 11 097 190 ausgezahlt 178 082 mit 12 626 788 (Die Verkehrsziffern für das Jahr 1899 konnten noch nicht gegeben werden, da der Bericht der Handels- und Gewerbekammer Plauen noch nicht zur Ausgabe gelangt ist.) Die vorstehenden Zahlen geben ein erfreuliches Bild von dem AufblühenderStadt; auch aus den Bevölkerungsziffern erkennt man das stetige Wachsthum, und da dieses ein sicherer Massstab für die Erwerbsverhältnisse ist, so ersieht man daraus, daß in Zwickau die wirtschaftlichen Verhältnisse günstige sind. Nach der Zählung vom 1. December 1837 betrug die Einwohner zahl 8789; 1864 : 22 432; 1880 : 35 005; 1895: 50 391 und 1900 55 572. Die Kreisstadt Zwickau liegt an der Zwickauer Mulde, das Stadtgebiet umfasst 1776 Hektar 85,5 Ar. Die nächste Umgebung weist zahlreiche, dicht bevölkerte Ortschaften — im Umkreis von zwei Stunden sind es 40 mit rund 100 000 Ein wohnern — auf, deren Bewohner in lebhaftem, geschäftlichem Verkehre mit der Stadt stehen. Das Vermögen von Zwickau bezifferte sich zu Ende 1898 auf 16105035,33 diesem standen 9 923 737,25 Schulden gegenüber, so daß sich der wirkliche Vermögensbestand auf 6181298,08 bezifferte. In den Dienst der leidenden Einwohner stellt sich das städtische Krankenhaus; in ihm sind 23 Krankenzimmer und vier Jsolirzellen vorhanden, aufgestellt sind 150 Betten. Gleich neben dem Krankenhausc befindet sich das städtische I o - hannisbad. Es ist dies eine Stiftung des hochherzigen vr. Schlobig, der die Stadt Zwickau zu seiner alleinigen Etbin ein setzte. Im Jahre 1899 wurden 44 930 Bäder genommen und dafür 23 855,10 vereinnahmt. Seit dem Jahre 1888 wird alljährlich ein Theil des Sparcassen-Reingewinnes zurückgelegt, um die Mittel zu dem Bau einer Schwimmhalle zu beschaffen; bis Ende 1899 waren auf diese Weise 217 823 beschafft wor den, so daß nun der Bau beginnen soll. Das Bürger - Hospital ist gleichfalls ein Denkmal gemeinnütziger Ge sinnung; die Mittel zu dieser mit großem Segen wirkenden An stalt wurden durch Schenkungen, Vermächtnisse und Vereins beiträge seit 1864 aufgebracht; von 1873 wurde ein Sechstel des Reingewinnes der Sparkasse dem Bürgerhospitalfonds zuge wiesen. Eröffnet wurde es am 15. Juni 1895. Das Bürger hospital ist eine Anstalt, in welcher bejahrte und würdige Bürger, die eine dem Alter erforderliche Pflege und Unterstützung durch Angehörige nicht erlangen können, eine freundliche Wohnung nebst Heizung und Beleuchtung, volle Beköstigung, Pflege in Krank heitsfällen und sonst den nöthigen Beistand bis zu ihrem Tode erlangen. In dem Hospital können zwanzig Hospitaliten Auf nahme finden. Die Fürsorge und Erziehung der Waisen über nimmt das städtische W a i s e n h au S, das in den Jahren 1882 bis 1883 mit einem Aufwande von 116 203,98 erbaut ward. Die vorbenannten Anstalten haben durch die städtische Spar kasse eine wesentliche Förderung erfahren. Eröffnet wurde die selbe am 16. April 1845. Im ersten Jahre ihres Bestehens wurden eingezahlt 9075,50 <-/s, zurückgezahlt 366 Gesammt- vermögen 8558,95 c-s, Einlegerguthaben 8791,09 <^t, 1899 be trugen die Einzahlungen 3 453 375,44 c/k, die Rückzahlungen 3 472 356,48 <^, das Gesammtvermögen 15 165 068,19 c-kk, das Einlegerguthaben 14 281589,90 Der Reservefonds betrug am Schlüsse 1899 : 766 305,23 <-^, außer demselben hat die Casse seit ihrem Bestehen bis 31. December 1899 einen Reingewinn von 1993 915,09 c/k erbracht, der für wohlthätige und gemein nützige Zwecke Verwendung fand. Das städtische Wasserwerk versorgt Zwickau und einig angrenzende Orte mit gutem Trink- und Wirthschaftswafler. Es sind drei Leitungen, die Stenner, Weißenborncr und Wiesen burger Hauptleitung, vorhanden, alle drei führen nur Grund wasser zu. Im Jahre 1899 wurden im Stadtbezirke 1413109 Kubikmeter Wasser verbraucht, das ergiebt tm Durchschnitt pro Tag und Kopf 76 Liter. Mit der Beleuchtung derStraßen hat man bereits im Jahre 1725 begonnen; in diesem Jahre wurde ein« Anzahl Laternen am Rathhause angebracht. 1727 wurde eine Anzahl La ternen an den Eckhäusern angebracht, deren Besorgung den Nacht wächtern oblag. Bis 1853 erfolgte die Straßenbeleuchtung durch Oellaternen, am 27. Februar 1853 ward die erste Gasanstalt er öffnet, diese übernahm am 1. April 1856 der „Verein für Gas beleuchtung der Stadt Zwickau", welcher sie bis 1890 bewirth- schäftete, alsdann ging die bedeutend erweiterte Gasanstalt für den Preis von 1200 000 okk in den Besitz der Stadt über. In den letzten zehn Jahren hat der Gasverbrauch sich gewaltig ge steigert, 1890 wurden abgegeben 1983 320 Kubikmeter, 1899 dagegen 3102 240 Kubikmeter, daS ist ein« Zunahme von 1118 920 Kubikmetern oder 56,4 Procent. Da die alte Gas anstalt im Laufe der Jahre doch mangelhaft geworden war, so wurde bald nach Uebernahme derselben der Plan zu einem Neu bau entworfen, bereits 1893 konnte die neue Gasanstalt dem Be triebe übergeben werden, Erneuerungen werden an der alten Gas anstalt nicht mehr gemacht. In Zukunft wird die neue Gas anstalt allein die Erzeugung der nöthigen GaSmengen bewirken. Einen Schlacht- oder Kuttelhof erbaute man schon 1492, derselbe wurde im Dreißigjährigen Kriege zerstört, 1653 und 1693 erweitert und neu aufgeführt. Der jetzige städtische Vieh- und Schlachthof wurde von 1891 bis 1893 er baut und am 8. Januar 1894 dem Verkehr übergeben. An Schlachtungen wurden 1899 in dem Schlachthofe 34 840 aus geführt. Seit der Eröffnung deS SchlachthofeS hat der Fleisch- Lsttilletsn. Die letzte Ruhestätte der Königin Victoria. Von Frank Robinson. Nachtru4 verlöten. An der Seite ihres Gemahls wird Königin Victoria in Schloß Windsor ihre letzte Ruhestätte finden. Zu den vielen historischen Erinnerungen und Merkwürdigkeiten des ehr würdigen Königsschlosses wird sich so eine weitere gesellen, und mehr als je wird Windsor Besuch von nah und fern anziehen. Lärmend raffelt der Eisenbahnzug aus der Halle. Nicht un gern sahen wir ihn sich entfernen; uns dünkt, die Gegenwart des „dampfschnaubenden Rosses" paffe nicht recht zu der friedlichen Idylle von Windsor. Nun ist das letzte Dampfwölkchen am Horizont« verschwunden, und tiefe Stille herrscht wieder in Windsors Straßen, durch die wir langsam dahinschlendern. Welch' ein« stündliche, anmuthige, einnehmende Stadt! Wie behaglich und nett die niederen Häuser, die die breiten Straßen säumen; wie schön und reich die alten Ulmen und Eichen, die zwischen ihnen hcrvorblicken und prächtige, lange Alleen bilden; wie malerisch die breite Themse, von deren vielen Windungen der Ort wohl seinen Namen „vincielZ ora", d. i. „gewundener Strand" hat. Ja, hier ist'S gut sein; nahrhaft und reich ist die Gegend, behäbig und lebensfroh sind die Bewohner, und wir glauben es leicht, daß schon in alten Tagen zu Windsor ein lustiges Leben herrschte. Damals war die Stadt durch die Zahl und Güte ihrer Wirthshäuser berühmt, deren man im Jahre 1650 nicht weniger als 70 zählte; aber am berühmtesten war das Wirthshaus zum Hosenbande, dessen Andenken mit dem des un sterblichen Sir John Falstaff für immer verknüpft ist. Denn hier wohnte und schwelgte ja der feiste Ritter bei seiner lieben „Frau Wirthin vom Hosenbande", und hier wird wohl auch William Shakespeare so manche Kanne kanariensect getrunken haben. So steigen grosse Schatten vor uns auf, wenn wir durch das stille Windsor wandeln, und wir sehen die übermüthige Frau Fluth über die Strasse huschen und „Herrn Bach" voll innerer Wuth dem Wirthshause zum Hosenbande zusteuern. Bis 1792 stand in dem kleinen Parke auch noch Herne'S Eiche, jener alte Baum, unter dem der dicke Sünder den Lohn seiner Lüsternheit empfing, Elfen neckisch ihr Spiel trieben und Jungfer Anna ihren Liebhaber fand. Hernv'8 Oak starb ab, und das Wirths- hauS zum Hosenbande ist mit allen anderen alten Inns ver schwunden; Windsor erscheint trotz des hohen Alters der Ansiede lung heut« nicht als ein« alte Stadt, sondern «» lebt sehr v«r- gnügt und gesund in der Gegenwart und dem, was sie der Stadt bietet. Diese Gegenwart aber heißt: das Schloß. Und da stehen wir auch an einer Wendung der Straße und mit einem Mal liegt das Schloß, wie ein Feenwerk, vor uns. Ein Anblick, der nie wieder zu vergessen ist. Das ist nicht ein Schloss, das ist eine Stadt mit Wall und Mauern, mit Thürmen, Kirchen, Häusern. Bedeckt doch das Schloss ein Areal von 4,1 Hektar! Auf einem Kreidehügel gelegen, beherrscht es das gesegnete Land weithin; es erscheint weniger hoch, als breit und fest, und obgleich alte und neue Bestandtheile in seine Architektur sich mischen, so ruht doch jener volle Zauber des Geschichtlichen, der nie und nirgends zu ersetzen ist, ungeschmälert darauf. Ja, Schloß Windsor ist etwas Einziges, einzig selbst Im schlösser- reichen England. Die Briten sehen in Windsor Castle gewisser massen ein Symbol ihrer Landesverfassung, da es stark, grossartig und alt wie sie sei: und sicher ist, dass kaum mit einem zweiten Bauwerke die englische Geschichte von Urzeiten her so eng ver woben ist, wie mit Schloß Windsor. Hier haben wohl schon die Römer ein die ganze Gegend beherrschendes Bollwerk er richtet, hier haben die angelsächsischen Könige residirt, und aus dem gewaltigen Erdwerke, das sie angelegt haben, ist im Laufe der Jahrhunderte der berühmte ungefüge Runde Thurm ge worden, in dem heute die Königin wohnt. Eduard der Bekenner hat den Platz zeitweilig durch Schenkung dem königlichen Besitz« entfremdet; der erste Normannenkönig aber erkannte sogleich wieder di« Bedeutung Windsors, kaufte es zurück und legte zuerst ein richtiges Schloß hier an. Seitdem ist Windsor acht Jahr hundert« lang die Vorzugsresidenz der englischen Könige gewesen. Seine Glanzperiode aber beginnt mit Eduard III. (1327—77), der hier geboren war und «inen großen Neubau aufführen ließ, der für die weitere Entwickelung des Schlosses grundlegend wurde. Seit Heinrich VIII. hat dann fast jeder Monarch hier Neubauten hinzugefügt oder Verbesserungen vorgenommen; im Anfang unseres Jahrhundert! noch wurde eine großartige Restau ration vorgenommen, deren Gesammtkosten reicht weniger als 1800 000 betrugen, und auch Königin Victoria hat die Gartenanlagen erweitert, neue Grundstücke angrkauft, die Terrainverhältnisse verbessert, vor Allem aber jene Capelle, in der einst Cardinal Wolsey sich ein prächtiges Grabmonument hatte errichten lassen, zu einer Memorial Hall für ihren unvergeßlichen Gemahl, den Prince-Consort, umgestaltet. Ja, w«nn irgendwo die Steine sprechen, so gewiß hier in Wind sor. Königliche Hochzeiten und Taufen von KönigSkindern haben diese alten Mauern g«sehen; si« sahen die ältliche Maria (die Katholische) mit dem blonden jungen Philipp von Spanien, der soeben ihr Gemahl geworden war, und hier durch ein Fest qe- rhrt wurde. Sie bergen die^ Leicht de! ersten Aork'S, Ed- ward's IV., und in freundlicher Nachbarschaft die seines Gegner-, d«» letzt«» Lancaster», d«S sanften Heinrich'» Vl. Hi«r hielt Karl I. Prunkhafte, durch Schönheit und Kunst geadelte Feste, hier harrte er als Gefangener seines Schicksals; hier fand nach der Wiederherstellung des Königthums sein Leib die letzte Ruhestätte. Seit Georg III. sind alle englischen Fürsten und die Mehrzahl ihrer Kinder hier beigesetzt worden. Wenn wir durch den wuchtigen Thorweg Heinrich's VIII. eintreten, so liegt der sogenannte untere Hof vor uns, der größer« von den beiden, der vom oberen Hofe durch den bereits erwähnten Runden Thurm getrennt wird und sein« hauptsächliche Physiog nomie durch die St. Georgs-Capelle erhält, die durch ihre etwas treng«, doch Ehrfurcht gebietende Architektur sogleich das Auge auf sich zieht. Ihrer Geschichte nach uralt (sie geht bis auf Heinrich I. zurück), erregt sie unser Interesse ganz besonders als die Ordenscapelle des „höchst ehrenwerthen und edlen Orden vom Hosenbande", dessen ganze Geschichte mit Windsor Castl« auf das Engste verbunden ist. ES war im Jahre 1349 am St. Georgstag, als das erste Kapitel dieses Ordens in der Capelle seines Schutzheiligen, St. Georg, zu Windsor gehalten wurde, und noch heute bestimmen die Traditionen und Einrichtungen des Ordens das Innere des ehrwürdigen Gotteshauses. Hier werden die neuen Ritter installirt; hier befindet sich für jeden Ritter ein Sitz, und über jedem Sitze befindet sich unter einem Baldachin sein Schwert, Mantel und Helm, sowie «in Banner mit seinem Wappen. An der Rückseite des Sitzes ist auf einer Kupferplatte des Ritters Namen, Stand und Titel ausgezeichnet, und während bei seinem Ableben Schwert, Banner und alle anderen Insignien entfernt werden, bleibt diese Tafel zur Er innerung an ihn hängen. Da liest man denn heute so manchen grossen und werthen Namen, dessen Träger längst Staub und Asch« ist; brutsche Kaiser, wie Sigismund und Karl V., ferner Franz I. von Frankreich, Friedrich Wilhelm IV. von Preussen u. s. w. leben hier im Gedächtnisse des Hosenband-Ordens fort. Muh «in so großes und bedeutendes Stück Geschichte, wie es hier Namen, Wappen und Sitten vor Augen stellen, in eine ernste Stimmung versehen, so wird diese Stimmung vertieft und er höht durch die Architektur des Raumes, die an geschlossener Wirkung vielleicht selbst die von Westminster-Abbey übertrifft und jedenfalls einen Zug weihevoller Großartigkeit trägt. Viel tragen auch zu dem gewaltigen Eindrücke des Raumes die herr lichen gemalten Glasfenster bei, die größtentheils aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts stammen und zu jeder Tageszeit jenes „fromme Dämmerlicht" verbreiten, daS die Stimmung eines gothischen Gotteshauses erst vollendet. Wohl etne würdig« KönigSgruft, und keine schönere Ruhestätte konnte sich der un ruhige Heinrich VIII., der Blaubart auf dem Throne, wählen, der hier tm Gewölbe neben «iner seiner Gemahlinnen, Lady Jane Seymour, schläft. Während der untere Hof eine Reihe von Baulichkeiten zu den verschiedensten Awecken umfaßte — hier befinden sich die Wohnungen der militari krügltts, die drS Decans, die zur Kirche gehörigen Gebäude u. s. w. —, wird der kleinere Hof hauptsächlich von den StaatSgemächern umschlossen. Eine schier endlose Reihe prächtiger Räume, zumeist aus der prachtliebenden Zeit Karl's II. stammend, und unter Georg III. renovirt. Audienzsaal, Banketthalle, Ballsaal, Thronsaal, Waterloosaal — unabsehbar scheint die Flucht. Am schönsten sind vielleicht die grosse Bankett- oder die St. Georgs-Halle durch ihre wunder vollen fürstlichen Dimensionen, und der Ballsaal durch die Schön heit seiner im Stile Ludwig'S XIV. gehaltenen Innendekoration. In all' diesen Räumen ist jene Unzahl kostbarer Gemälde ver streut, durch die Schloss Windsor einen ganz besonderen Ruf hat. Allein von unserem Meister Holbein befinden sich hier gegen 90 Porträts der bedeutendsten Männer von Heinrich's VIII. Hofe; van Dyck's vornehme Kunst grüßt, kann man sagen, von allen Wänden, sein Lehrer Rubens hat gleichfalls reichlich zum Schmucke des Schlosses beigetraaen, und man müßt« von Quen tin Massys und Sebastiano del Piombo bis zu Joshua Reynolds fast alle großen Namen der Kunstgeschichte aufzählen, wollte man von Windsors Schätzen eine Vorstellung geben. Doch mit der Kunst paart sich die Natur. Aus den Fenstern der Staats gemächer genießt man zauberhafte, stets wechselnde Blicke auf dies schöne Stück Erde, wo, wie der Dichter sagt, Hügel und Thäler, Wald und Ebene, Erd« und Wasser einander begegnen, doch nicht chaosartig durcheinander geworfen, sondern harmonisch vereinigt. Durch das lachende Land strömt majestätisch und still die Themse dahin und prächtige Forsten und Park- verschönern überall die Landschaft. Die schönsten davon gehören zum Schlosse selbst. E» aiebt einen kleinen und einen großen Schlosspark. Im kleinen Parke liegt daS Schlößchen Fragmore und das weihevolle Mausoleum des Prinz-Gemahls. Der große Park umfaßt nicht weniger al» 730 Hektar und ist berühmt durch seinen herrlichen, alten Baum bestand. Lange Alleen durchquer«» ihn, die schönste davon viel leicht ist jene 4 Kilometer lange Ulmenallee, die vom Schlosse direkt zu Snow Hill führt, den Westmacott'S gewaltig«» Denk- mal Georg'S III. krönt. Im südlichen Theile deS Parke» be findet sich Virginia-Water, ein 3,5 Kilometer langer und bi» zu einem halben Kilometer breiter See. Ueberall aber in diesem herrlichen Parke finden sich malerische Stellen, köstliche Ausblicke, stille Winkel voll tiefen Frieden», kleine Häuser, liebliche An lagen; das stolze Schloß blickt grüßend durch die Bäume, ab und zu fällt der Blick auf di« freundliche Stadt oder schweift über die Themse zu Eton'S altberühmtem College, und wohl verstehen wir hier des Briten Stolz auf diese» Schloß, dessen Wälder und Parke ein Poet „zugleich der König« und der Musen Gttz* nannt hat.
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