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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010212019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901021201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901021201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-02
- Tag1901-02-12
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Uurverfität-strab» S (PaulinumX Louis Lösche, Katharinenstr. 14, part. und Lüoigsplatz L» Mdpgen -Ausgabe. , MpL-i-eUsPr«- die 6gespaltene Petitzeile KL Reklamen unter dem Redactionsstrich (-gespalten) 75 vor den Familienaasp richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ztffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren sür Nachweisungen mid Offertenannahme L5 (excl. Porto). ErtraBeilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderong SO.—, mit Postbesörderung 7V.—- Tlnnahmeschlnß für Anzeigen: Anzeiger. Ämtsölatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Abend-Ausgabe: Vormittags lO Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- - Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition jll ricyitU. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol- t« Leipzig 78. DienStag den 12. Februar 1901. 85. Jahrgang. am nus- Pichon durch den Hinweis auf die vor 50 Jahren vollzogene Hinrichtung eines Prinzen, der ebenfalls dem Hofe nahe ge standen habe. Nun folgt ein Gespräch, das charakieriststch genug ist. Jener Prinz Hobe einen Ausstand gegen den Hof selbst geführt, antworteten die Chinesen. „So wollen Sie also sagen", rief Pichon, „daß Prinz Tuan nicht in gleich« Art schuldig ist, und daß, was er gethan hat, auf Befehl der Negie rung geschehen ist!" Auf diese Entgegnung wußten die Chi nesen keine Antwort. Prinz Tuan soll inzwischen an den Grenzen der Mongolei in Sicherheit sein. Der Hof besitzt kaum die Machtmittel, Vie Hinrichtung des Prinzen zu erzwingen, besten Thätigteit gegen die Fremden und die Christen sich unter den Augen des HvslS abgespielt hat. Da man mit den gegebenen Größen rechnen muß, so konnte die an sich berechtigte Forderung des französischen Vertreters nicht aufrecht erhalten werden. Die Fassung oer gemeinsamen Note spricht sie nicht ausdrücklich aus. Einer der größern Sünder bleibt so vielleicht straflos, die kleinern tverden gehenkt; aber die größte Süniderin zu richten, di« Kaiserin- Tante, die für sich Ehren und Achtung vor dem Thron be ansprucht und auch heute noch in fast unverständlicher Weise sich mit Macht zu umgeben weiß, konnte kaum auf dem Pro gramm stehen. Im Interesse aller betheiligten Mächte liegt die schnelle Lösung der Fragen, und diesem Grundsätze wird man die Zugeständnisse machen mästen, die unter Wahrung der Haupt punkte möglich sind. Zwei weitere Fortschritte in der Durch führung der Friedensbcdingungen sind festriistellen. Punct 2 der gemeinsamen Note bestimmt, daß di« Staatsprüfungen auf fünf Jahre in den Bezirken unterbleiben, wo Fremde ermordet oder mißhandelt worden sind. Punct 10 bedroht den Anschluß an fremdenfeindlicht Gesellschaften mit dem Tode und macht die höheren Beamten für die Ruhe verantwortlich. Wie aus Shanghai berichtet wird, sind soeben zwei kaiserliche Erlasse im Sinne der beiden Forderungen ergangen. Ob der Wortlaut genau die Ansprüche der Mächte befriedigen wird, ist noch nicht erwies«m Frankreichs Festungen. V. ^7. Seitdem General Andr 6 vor wenigen Tagen au- Lille I zurückgetehrt ist, wohin er sich unangemeloet begeben hatte, nicht I um die Festung selbst, sondern die Zugangsstragen uns das an-1 liegende Geläno« zu besichtigen, beschäftigt sich fast die gestammte I Presse Frankrnchs mit oen Eindrücken, die oer Kriegsminister an Ort und 'stelle gewonnen, und mir Erwägungen, wie er I seinen Ansichten vor der Senatscommission in Bezug auf die viel l besprochene, militärisch und auch politisch wichtige Frage der Ent- I sestigung einer ganzen Neihe großer und kleiner Festungen Aus- l druck geben werde. Es liegt aus oer Hand, daß Vie Entscheidung, I di« die erste Körperschaft Frankreichs in dieser Angelegenheit zu treffen hat, für Entschließungen derdeutschen obersten Heeres leitung von eminenter Bedeutung ist, und da es bei allen großen I militärischen Fragen unserer westlichen Nachbarn besonders l schwer sällt, aus den Darstellungen oer französischen Presse Sach- ! liches und Thatsächliches aus den politischen Zuthalen und Fär bungen herauSzufinoen, so erscheint ein turzes anschauliches Bild I von den in Reo« stehenden Verhältnissen geboten. Einer der ersten Schritte, die Frankreich im Interesse der I LandeSvertberdigung für geboten erachtete, nachdem es sich von den Niederlagen des Krieges gegen Deutschland erholt, war die Neubefestigung seiner Ostgrenze und Vie damit verbundene Ver- I Mehrung seiner schweren Artillerie. Es entstanden dir drei I großen Lertheivigungscentren Verdun, Toul und Epinal, die unter den Fortschritt«» der Technik und der modernen Bewasf- I nung sich nach und nach zu einem scheinbar unüberwindlichen Grenzwall entwickelten. Trotzdom aber konnte man in Frankreich die Besorgniß vor der Möglichkeit eines feindlichen Durchbruchs Lurch jene befestigte Linie nicht los werden, und fast ebensosehr fürchtete man einen etwaigen Vormarsch feindlicher Armeen im Norden und Süden unter Verletzung der belgischen uns der schweizerischen Neutralität. So entstanden in verhältnißmäßig kurzer Zeit nicht weniger als 33 befestigt« Plätze, von denen I LLon, La Före und Reims mit'ihren zahlreichen Forts hinter der I natürlichen Felswand der Champagne den Schutz der vorderen I Befestigunaslinie bilden sollten, wahrend Lille und Marlbeuge I im Nordosten, Besangon, die Gegend von Pontarlier und vor I allen Dingen LangreS im Südosten einem feindlichen Vormarsch I auf Pari» hindernd in den Weg treten sollten. Mit einem großen Kostenaufwand waren diese zum Th«il I ganz gewaltigen befestigten Anlagen soeben beendet, als die Wir- I jungen neuer Explosivstoffe und oer nothwendige Schutz gegen sie I durch stärkere Betonschichten, gepanzerte Eindeckungrn u. s. w. ! bekannt resp. als unerläßlich erachtet wurden. Es entstand die I Frage, ob neue Mittel zu bewilligen seien, um sämmtliche I Festungcn auf der Höhe moderner Forderungen zu erhalten, oder I ob dieser Gedanke als M kostspielig zu verwerfen und durch v«n I Entschluß zu ersetzen sei, einen Theil der kaum beendeten Be- I festigungen zu schleifen und fallen zu lassen und nur die festen I Plätze erster Linie weiter zu verstärken und auszubaum. Und I es wurde sodann die Frage erörtert, ob es nicht zweckmäßig und I vortheilhast sei, die vielen neu zu bewilligenden Mittel dazu zu I verwenden, das befestigte Lager von Toul durch Umschließung l von Nancy zu vergrößern und dadurch dem Abschluß d«r Ost- I grenze gegen Deutschland einen noch stärkeren Schutz zu geben. I Diese Frage steht bekanntlich schon seit langen Jahren in ernster Erwägung, da man der Ansicht ist, daß Nancy im Verein mir Toul nicht nur die nach dem Innern von Frankreich führende Bahnlinie völlig umfasse, sondern auch selbstständig den großen Straßenzug beherrsche, der eine südliche Umgehung von Toul unter Umständen zulassen würde. Unter den Ansichten nun, die für die Entfestigung der Festungen Reim», LangreS und Lille geltend gemacht werden, stehen die Erwägungen deS Kostenpunktes für weitere Schutz maßregeln zwar immer noch obenan; daneben erheben sich jedoch sehr einflußreiche Stimmen, die unter dem Eindruck der neu bewaffneten Feldartillerie und einer nahe in Aussicht stehenden verbesserten Schußwaffe der Infanterie in den vielen Festungen ein Hemmniiß der Offensive sehen und gleichzeitig darauf Hin weisen, daß zur Besatzung sömmtlicher befestigter Anlagen mehr als 1^ Millionen Mann nothwendig wären, die der Feldarmee ganz oder theilweise verloren gingen. Diejenigen, die für den Beibehalt der großen Festungen zweiter Linie ploidiren, sprech«» aus, daß die Kosten der Entfestigung fast eben so hohe sein würden, wie einzelne, durch Erfahrungen und Erfindungen! neuenr Zeit bedingte Verstärkungen der bestehenden Werke, und sie betonen außerdem, daß, sollte die Armee der vordersten Linie geschlagen werden und der Gegner sich den Durchbruch durch die befestigte Ostgrenze erkämpfen, diesem der Vormarsch auf Pari» sowohl von Verdun und Toul her al- über die dann offenen Grenzen im Südosten und Nordostcn durch Belgien und die Schweiz so gut wie offen stände. ES ist an? zuverlässigen Nachrichten erkennbar, daß General AndrL in Folg« seiner vorerwähnten Reise nach Lille Anhänger der letztgenannten Richtung geworden ist und seinen Einfluß und sein Votum dahin abgeben wird, daß Lille, LLon, La Före, Reim» und LangreS unter allen Umständen als Waffenplätze ersten Range? zu halten und ausrustatten, Conde, QueS- noy, Pöronne, Longwy und vielleicht auch Perpignen dagegen zu entfestigen seien. Ueber die Vergrößerung von Toul scheint eine Entscheidung in nächster Zeit noch nicht hevorzustehen, denn die Ansichten über die Zweckmäßigkeit eines solchen Entschlusses weichen noch zu sehr von einander ab. Nur soviel mag als sicher gelten, daß man in Frankreich nach wie vor mit etner schneller verlaufenden Mobilmachung ans deutscher Seite rechnet und da her glaubt, zu strategischer Defensive gezwungen zu sein, die eS nothwendig mache, den Aufmarsch nicht zu nah« an die Grenze zu verlegtn, sondern dorthin, wo er ungestört vor sich aehen könne. ES konnten hier nur Thatsachen und nahe bevorstehende Er eignisse von Wichtigkeit objektiv behandelt werden, denn es würde unklug sein, den französischen Entschlüssen thrr Lor- und Nach theile nachzuweisen, und unpatriotisch, auf di« deutscherseits zu treffenden Anordnungen «inzugehen. Der Krieg in Südafrika. Tie Pest in Lapftadt. "London, 11. Februar. «Telegramm.) „L:andard" berichtet aus Kapstadt von gestern: In Kapstadt sind nunmehr 13 Pest-Erkrankungen feitacst Ut. Zwei Personen find bereits an der Pest gestorben. Wieder ein Boercnerfolg. * Vradock. 11. Februar. (Rentcr.) Bei dem Freitag in der Räbe von Klip plant Jcmelio» gefochtene» Kampfe verloren Sic süSafritaiiischcu leichten Reiter zwei Todte, fünf Verwundete und IS Gefangene. Gemeint ist Wohl Klipp ladt, welches ganz im Süden der Capcolonie, nur 150 lcm von der Hafenstadt Port Elisabeth liegt, unv zwar au dem Punkte, an welchem die von Port Elisabeth unv Aliwal South berauskomnienden Bahnlinien sich vereinigen. Von KUppladt führt die Bahn dann in nördlicher Richtung weiter nach Graas- Neiuet, Middelburg, ColeSberg, Bloemfontein rc. Es be leuchtet die Situation grell, daß die Boeren schon so weit vordringen und einen so wichtigen Eiseiibahnknotenpunct erfolgreich bedrohen konnten. Wo bleiben da die Phrasen der osficiellen englischen Berichterstattung, nach welcher die Boeren in der ganzen Capcolonie unaufhaltsam nordwärts dem Oranjefluß zu getrieben werden! Auch eine OrSenaverleihnng. * Wien, 11. Februar. Der Kaiser verlieh dem Oesterreicher Evlrr in Johannesburg, der da- dortige, säst aus lavier Oesterreichern bestehende Polizeicorps commandirt, das Ritter kreuz d«S Franz Joses.Orden». (Voss. Ztg.) Te» voerenkriegeS zweiter Tbeil. Unter diesem Titel bringt das „Militärwochenblatt" den Anfang einer weiteren kritischen Besprechung der kriege rischen Vorgänge in Südafrika, in der u. A. Folgendes ausgeführt wird: Inzwischen ist eine unerwartete Verschiebung der Grundlagen eingetreten, auf denen sich der weitere Widerstand der Boeren ausbaut. E» liegen heute Beweis« dafür vor, daß sich nicht allein in den Kreisen der Boerenführer ein zutreffendes Urlhul darüber entwickelte, in welcher Weise eine bessern»» Veränderung in der Organisation ihrer Streitmittel und in den Erfolgen ihrer Kriegführung herbeigeführt werden könnt«, sondern daß auch die waffenfähig« Boerenbevölkerung unter dem Drucke äußerster Bedrohung auS ihrer Kurzsichtigkeit und der ihr eigen- thümlichen Schwerfälligkit aufgerüttelt wurde, um in Einigkeit, Gehorsam und Unterordnung unter den Willen v«r Führung da» wieder zu gewinnen, zu dessen Verlust der Mangel dieser Eigenschaften so Wesentliches b«igetragen hatte. Es gilt zwar auch hier, was der südafrikanische Krieg auf englischer Seite bereit» in überzeugender Weise zeigte, daß da», wa» die Friedenserziehung einer Truppe vernachlässigt hat, sich I im Kriege nicht ohne Weitere» gewinnen läßt. Eist dir Zukunft I muß lehren, ob die bessernde Hand, die die Boerenführung in zwischen an di« Organisation und Erziehung ihrer Streitkräfte legt«, noch erfolgreich genug ist, um deren Leistungsfähigkeit zu I vrrsammeltem kriegerischen Handeln und zu größeren, auf rin I entscheidende» Ziel gerichteten Operationen zu steigern. Denn I in dieser Beziehung muß auch heute unter dem Eindrücke der I von den Boeren inzwischen errungenen Vortheile an dem Satze I festgehalten werden, daß Unternehmungen de» kleinen Krieges I für sich allein eine Entscheidung im Krieg« nicht herbeizuführen I vermögen. Da» Verdienst, bessere Verhältnisse in der Organisation der ! Boerenstreitkräfte herbeigeführt zu haben, gebührt neben dem I Oberbefehlshaber Botha auch dem Präsidenten Steijn. Beider I Augenmerk war zunächst auf die Hebung der Lommandogewalt I und damit auf die Verbesserung der DiSciplin gerichtet. Com- ! mandoführer von zweifelhafter Befähigung oder Entschiedenheit I wurden, soweit sich die- ohne Verletzung der einzelnen Com- I mando» durchführen ließ, unschädlich gemacht. Ter früher I innerhalb der Commando» «ine wichtige Rolle spielende KriegS- ! rath wurde aufgehoben; der Führer sollte ausschließlich nach » eigener Beurtheilung der Lage handeln, hiernach seine Befehle Die Wirren in China. Die Durchführung der Frtedensbedingnngcn. Da» „Bureau Lassan" meldet au» Peking, daß während der Besprechungen der Gesandten mit den chinesischen Bevoll mächtigten der französische Gesandte Pichon die Forde rung der Hinrichtung de» Prinzen Tuan, de» Vater» d«s Thronfolgers, von Neuem besonder» betonte. Die Erwiderung der Chinesen, daß Tuan dem Hofe zu nahe stehe, entkräft»» ertheilen und mußte den Vollzug derselben mit Strenge über wachen. Die Zahlung des monatlichen Feldgehaltes an die Commandanten wurd« von der Vollzähligkeit ihres Commandos abhängig gemacht, so daß schon aus diesem Grunde von An wendung der früher vielfach mißbrauchten Bcurlaubungsbefugniß kaum mehr die Rede war. Auch den unteren Chargen und den Mannschaften wurde eine ausreichende Löhnung zuerkannt als Gegenleistung für die geforderte, von den einzelnen Befehls habern aufs Nachhaltigste zu überwachende Pflichterfüllung. Die oberen Dienstgrade erhielten Rangabzeichen; aus Gründen der Disciplin wurde ihre militärische Begrüßung zur Pflicht gemacht. Frauen und Kinder wurden aus den Feldlagern ent fernt, da sie ein Hemmniß für die Schnelligkeit der Bewegungen waren und ihre Anwesenheit nach einer unter den Boeren weit verbreiteten Auffassung Entschlüsse hervorgerufen hatte, die zu mehrfachen unglücklichen Wendungen des Krieges Veranlassung gaben. Der Geheimhaltung der jeweiligen Absichten und Pläne wurde seitens der Boerenführer, begünstigt durch den Wegfall des Kriegsrathes, eine früher nicht gekannt« Aufmerksamkeit zu gewendet. Besonderen Nachdruck legte man darauf, daß sich kein waffen- sähiger Boer seiner Waffenpflicht entzog. Rücksichtnahme auf einen etwa geleisteten Neutralitätseid blieb dabei außer Be tracht. Man betrachtete diesen als eine nur unter dem Drucke der äußersten Noth eingegangene und deshalb unverbindliche Verpflichtung. Nur das Commando Delarey's, das die Gegend zwischen Pretoria und Zeerust beherrscht« und, wie schon vorher, so auch späterhin durch seine Rührigkeit und die Geschicklichkeit seiner Führung aufficl, nahm angeblich Niemanden auf, der den Neutralitätseid geleistet hatte. Auch bezüglich des Commandos De Wcl's bestanden besondere Ergänzungsverhältnisse. Es band sich nicht an eine Landsmannschaft, wie dir übrigen districtweise zusammengesetzten Commandos, sondern wurde aus den unter nehmendsten, unerschrockensten und kriegsfrcudißsten Mann schaften aller Gegenden gebildet, verfügte damit über die ein gehendste Kenntniß aller Schlupfivinkel und Wege des ganzen Kriegsschauplatzes und in Folge seiner reichen Ausstattung mit vorzüglichem Pferdematerial und leichten Proviantkarren über eine seltene, nicht mehr durch schwerfällige Ochsenwazen begrenzte Beweglichkeit. De Wet wurde damit der Träge« der weiter ausgreifenden Offensivpläne und war nach seinen eigenen trefflichen Führer eigenschaften und der Beschaffenheit seines Commandos in der Lage, sie mit überraschender Schnelligkeit in die That umzusctzen. Man wird kaum irregehen, wenn man die Eigenart seines Com mandos als aus der Absicht der oberen Führung hervorhegangen betrachtet, eine offensive Kriegsführung möglichst zu begünstigen. Zur Verschiebung der für die beiderseitige Kriegsfllhrung maßgebenden Verhältnisse haben auch Vorgänge auf englischer Seite beigetragcn, so die Anordnung erbitternder Repressalien durch Lord Roberts, die Aussicht, daß mit dem Uebergang des Oberbefehls an Lord Kitchener di« beiden Republiken die Faust des Siegers noch empfindlicher fühlen würden, und vor Allem die Kriegsmüdigkeit der englischen Truppen. Letztere war auch in England vorhanden. Die verfügbaren Verstärkung«» reichten kaum hin, um ein Gegengewicht zu bilden für die Verluste. Was an Fcldtruppen verfügbar war, war verbraucht — die Miliz hatte sich auf dem Kriegsschauplätze mindcrwerthig er wiesen — ein neues Aufgebot von Freiwilligen hatte nur ge ringen Erfolg —, Verstärkungen, die die Colonien leisteten, fielen nicht ins Gewicht. Es zeigt« sich, daß mit der Fortdauer des feindlichen Widerstandes die mangelhafte militärische Vor bereitung Englands, die schon bei Beginn des Krieges so klar in die Erscheinung getreten war und erst nach und nach die Be reitstellung eines umfangreicheren Kräfkaufgebotes ermöglicht hatte, in folgenschwerer Weise neuerdings wirksam wurde und die Nachhaltigkeit des englischen Uebergewichts in Südafrika mehr und mehr in Frage stellte. In demselben Maße, in dem die verbessernden Acnderungen in der Organisation der Boerenstreitkräfte wirksam zu werden begannen, entstand mit jener Kriegsmüdigkeit und den an dauernden Verlusten den englischen Truppen auf materiellem und moralischem Gebiete eine Schwächung, die auch von dem früher beobachteten guten Einfluß der höheren Führung nicht mohr ausgeglichen werden konnte. Denn mit der Ansons Oktober eingetretenen Auflösung der englischen Streitkräfte in kleinere, zur Beruhigung des Landes und zur Bekämpfung deS kleinen Krieges bestimmte Einheiten trat die Einwirkung der höheren Führung mehr in den Hintergrund, und die Geschicklichkeit einzelner Unterführer nahm eine bestimmende Rolle ein. Es war nicht vortheilhast für die Sache der Engländer, daß sich Lord Roberts durch diesen auf allen Punkten des Kriegs- f schauplatzes auflodernden, für die englischen Truppen so außcr- i ordentlich ermüdenden und verlustreichen Widerstand verleiten ließ, sein« schon in der letzten Zeit ungewöhnlich strengen Unter drückungsmaßnahmen zu verschärfen. So wenig in Abrede ge stellt werden kann, daß die unter gewissen Voraussetzungen an geordnete Niederbrennung der Farmen unter Umständen ein im Kriege unvermeidbares Mittel bleiben muß, um Sühne für ver steckt« Feindseligkeiten zu fordern und ihrer Wiederholung ab schreckend entgegenzutreten, so war in dem vorliegenden Falle, in dem die Boeren durch die Gesetze zum bewaffneten Widerstand verpflichtet waren, ohne durch einheitliche Uniformirung als die ordnungsmäßigen Vertheidiger ihres Landes bezeichnet zu werden, die Unterscheidung der hierbei «inzuhaltendrn Grenzen doch besonders schwer. Dazu kam, daß di« von Lord Roberts angeordneten Repressalien von seinen durch die beständige Be drohung ihrer Existenz erbitterten, des Krieges überdrüssigen, ruhelos umhergescheuchten Truppen vielfach mit übertriebener Grausamkeit und unberechtigter Härte in die Wirklichkeit über setzt wurden. E» zeigte sich eben auch hier, daß mit der Durch führung solcher im Kriege kaum zu vermeidenden Repressalien nur Truppen von hoher MannSzucht und unter strenger Ueber- wachung beauftragt weiden sollten. Beide Vorbedingungen scheinen hier nicht gegeben gewesen zu sein. Vergleicht man die Wirkung dieser Maßnahmen gegenüber dem gemäßigten Verhalten von Lord Robert» nach dem Ein märsche in Bloemfontein, so möchte man zu dem Schlüsse kommen, daß er hier seinen Gegner weniger zutreffend beur- Iheilte, als bei seinen taktischen und strategischen Anordnungen. Er schürte damit den WiderstandSgeist der Boeren, trieb ihren Commando» neue erbitterte Streikr zu, veranlaßte jene, die den NeutralitätSeid geleistet, zur abermaligen Ergreifung der Waffen und rief auch in der Capcolonie eine Beurtheilung der englischen Kriegsführung hervor, di« sich im weiteren Verlaufe der Ereignisse als außerordentlich einflußreich auf das Verhalten der dortigen Afrikander erweisen sollt«. Insbesondere hatte diese Streng« zur Folge, daß die Neigung der Boerenführer zu Verhandlungen völlig schwand. Dies« Er fahrung mußt« Lord Roberts schon Ende October machen. Botha zeigte sich völlig abgeneigt, auf Vorschläge einzugehen, sind Präsident Steijn lehnte es überhaupt ab, einen Parlamentär zu empfangen. Alles deutele darauf hin, daß man erst jetzt vor dem Ausbruche des wirklichen Volkskrieges stehe. Weiter werden die kriegerischen Vorgänge während des Monats Oktober beleuchtet. Die Verluste der Engländer bis dahin werden auf 1186 Gefallene und an ihren Wunden Ge storbene, 13 684 Verwundete, 7764 Vermißte und Gefangene, 6230 an Krankheiten Verstorbene und 34 499 als invalide in die Heimath Zurückgekchrte, insgesammt also auf 66 363 Mann, be rechnet, zu denen noch die vielen in den Lazarethen liegenden Kranken, die in die Heimath zurückgekehrten Freiwilligen u. s. w. kommen, so daß der gcsammte Abgang bei den Englcirchern mehr als das Doppelte der auf Seiten der Boeren anfangs über haupt ausgestellten Kämpfer betrug. Deutsches Reich. ,7. Leipzig, II. Februar. (Arbeitergesangvereine und Socialdemokratie.) Die socialdemokratischen Agitatoren pflegen eifrig in Abrede zu stellen, daß dir social demokratische Partei eine lange Reihe von Arbeitervergnüaungs- u. s. w.-Vcrein«n in den Dienst der socialdemokratischen Agita tion stelle. Gegenüber solchen Ableugnungsversuchen veroicnt ein urkundliches Zeugniß aus der Mitte der Vereine selbst Be achtung. Abgelegt wurde das in Rede stehende Zeugniß auf der letzten Generalversammlung des Arbeitersänger bundes von Dresden und Umgegend. Nach dem in einem sächsischen Socialistenblatt abgedruckkn Geschäfts berichte des Bundes hat letzterer nicht nur zur Maifeier mitgewirkt, sondern auch der „Parier, sowie den Gewerkschaften gegenüber seine Pflichten durch geschlossenes Mitwirken, sowie durch das Mitwirken der ihm angehörenden Vereine bei Partei» und Arbeiterfestlichkeiten stets erfüllt". In einer von der Generalversammlung beschlossenen Resolution wird sogar gesagt: „Da wir jederzeit der Partei und dcn Gewerkschaften gegenüber etwas mehr wie unsere Pflicht gethan haben, halten wir uns berechtigt, zu fordern, daß man in Zukunft uns seitens der Arbeiterpresse etwas mehr Ent gegenkommen und Beachtung schenkt." — Angesichts dieses Eingeständnisses ist es unmöglich, zu bestreiten, daß die Arbeitergesangvereine Agitationsorgan« der Socialdemokratie sind. 1t Berlin, II. Februar. Ueber die Wirkungendes neuen JnvalivcnversichernngSgesetzeS, welches am l. Januar 1900 in Kraft getreten ist, liegt in dem Nach weise deS ReichS-VersicherungsamtcS über den Stand der Renten und ter BeitragSerstaltungen zum 1. Januar 1901 eine amtliche Mitlbeilung vor. Zunächst wird au» ihr ersichilich, daß, wie auch überall vorausgesetzt wurde, die Zahl der Invalidenrenten infolge der vielfach günstigeren Vorschriften deS neuen Gesetzes sich beträchtlich gesteigert bat. Während am l. Januar 1900 rund 324 000 Invalidenrenten liefen, betrug deren Zahl am 1. Januar 1901 schon rund 405 000, sie batten sich also um 81 000 in dem neuen Jabre gesteigert. Die Zabl der laufenden Altersrenten bat sich dagegen weiter vermindert. Den rund 195 000 am Anfang des vorigen JakreS laufende» Altersrenten standen zu Anfang de- JahreS 1901 rund 188 000, also 7000 Altersrenten weniger, gegenüber. Hier übersteigt die Abnahme in Folg« Tode» oder Auswanderung der Berechtigten oder au- anderen Gründen noch immer die Zunabme in Folge Be willigung neuer Renten. In den ersten Jahren der Geltung deS alten JnvalidenversicherungSgesetzeS übertraf bekanntlich die Zahl der taufenden Altersrenten die der Invalidenrenten ganz beträchtlich. Auf Grund der jetzt vorliegenden Zahlen kann man eS als ganz sicher bezeichnen, daß schon im zweiten Jabre der Giltigkeit deS neuen JnvalidenversicherungSgesetze« die Zahl der laufenren Invalidenrenten die der Altersrenten um da» Doppelte überstiegen baden wird. Die Krankenrenten fino eine wesentlich erweiterte Schöpfung dcS am Beginn de» VorjahreS in Kraft getretenen Gesetze-. Von ihnen sind im Laufe deS Jabre- 1900 inSgesammt 6677 bewilligt und am 1. Januar 190l liefen noch 5118. Die i Wirklichkeit ist auf diesem Gebiete wobl etwa- hinter I den Schätzungen zurückgeblieben. Auf Grund der Denk- I schrift zum Gejetze ist nämlich ooch im ReichS- bauehaltSetat sür 1901 die Zabl der für dieses Jabr zu er wartenden Krankenrcnten auf 56 000 berechnet, eine Zahl, di» um das Vielfache über dir wirklichen Bewilligungen de» JahreS 1900 binauSgcht. Immerhin wird man gut tbun, nicht auf Grund der Ergebnisse de- ersten Jabre» eia Urtheil zu fällen; auch hier kann namentlich die Erweiterung der Kenntniß ter einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sehr bald einen Umschwung und rme beträchtlich, Steigerung der Renten zahl herbeifübren. * Berlin, 11. Februar. (Die Abgg. v. Treitschke und v. Stauffenbrrg und der »Toleranz,»trag'.) Unter dieser Uebrrschr-ft veröffentlicht ei» Mitarbeiter der Münchener „Allgem. Ztg.' in diesem Blatte eines Artikel, der besonders den nichtklrrikaleu Mitgliedern der Reichstag»- commi'sion, an die der .Tolerauzantrag' de» Eeutru»« verwiesen worden ist, zur Beachtung zu empfehlen ist. Er lautet: „Unsere alteren Leser erinnern stchvielleicht bei dem jetzt in der ReichSlagScommissto» rudeude« sogenannten Toleranz antrage deS EentrumS jener so mächtig wirkenden Rede Hein rich v. Treitschke'S, gebalten 187l im Reichstage au» An laß eine» gau» verwandten Antrages der Ultramontanra. E» war bei der veratdung der Brifaffuna de« neuen Deutschen Reiche». Da hatten der Abgeordnete Reichin»p«rg«r und Genossen mit einer nur im ersten Augenblick verblitsfeud unschuldigen Miene r» unternommen, grwiff« Grundrecht« in die Reich-versassung «in,»schwärze«, nachdem di«S gegenüber der preußischen Verfassung als nachahmen»- werthrm Borbilde so prächtig gelungen und noch fei»«r ausgenutzt worden war: richtige Setzanzeln, nichtSabaead«, vrr»rau«n»srUg« Geschöpf« daran zu fangen »ad jämmrr-
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