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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010205014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901020501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901020501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-02
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Wenn sich in deutschen katholischen Kreisen in neuester Zeit wieder «da und dort gewichtige Stimmen erheben, die größerer kirchlicher Freiheit in literarischen und wissenschaft lichen Dingen das Wort reden, so hat man bisher noch nicht be merkt, daß man in Rom jetzt mehr Gefallen daran sirioe, denn in früheren Zeiten. Gewisse Fälle zeigen vielmehr, daß auch Vas gegenwärtige Regime der römischen Kirche das alte Miß trauen gegen derartige, merkwürdiger Weise gerade im Lande der Reformation immer wiederkehrende Regungen nicht ver winden kann, obwohl der oberste Träger dieses Rögimes in der katholischen Welt den Ruf eines ausgezeichneten Kenners und Gönners von Literatur und Wissenschaft genießt. Um so be- merkcnswerther ist die Thatsache, daß unter der Regierung Leo's XIII. «das alte Zeugniß römischer Unduldsamkeit, der luäox libroilliu proiiibiwrum, eine Einschränkung hinsichtlich des Umfanges sowohl als auch principicller Natur erfahren hat. Entsprechend einem Dccret des Papstes hat nämlich dieJ nLex - congregation eine Neuausgabe des Kataloges der ver botenen Bücher besorgt. Das Resultat ist nicht, wie man nach der Natur der Sache erwarten sollte, die bisherige periodisch er neute, „verbesserte und vermehrte", sondern eine — vermin derte Auflage. In einem interessanten Aufsätze der Zeitschrift „Deutsche Stimmen" vertritt Maximilian Claar die Ansicht, daß in die neueste Arbeit der Congregation wenigstens ein Bruch theilchen ruhigeren Denkens eingedrungen sei. Diese Thatsache ist deswegen von besonderem Interesse, lveil sie gerade deutsche Geisteserzeugnisse «betrifft. Die päpstliche Verfügung hat näm lich bestimmt, daß alle vor dem Jahre 1600 erschienenen Werke nicht mehr in den neuen Katalog ausgenommen werden sollen. Also gerade die Litcraturerscheinungen, welche den hauptsäch lichsten Anstoß zur Einrichtung des Index gegeben haben, du Schriften Luther' s und der Reformation kommen in Wegfall. Selbstverständlich darf man hierbei nicht etwa an eine kirchliche Freigabe dieses reichen literarischen Materials senken; cs bleibt nach wie vor dem Fluche und dem Verbote der Kirche im Sinne des Jnioex verfallen. Andere Erwägungen haben die Streichung veranlaßt. „Man weiß im Vatikan ganz genau", so wird in dem erwähnten Aufsatze ausgeführt, „daß die einen Schriften Niemand «mehr liest, «weil sie nur Mittel zu einem längst erreichten Zwecke waren, während die anderen unaus löschlich ins H-rz des evangelischen Volkes eingegrabcn stehen und «den Thcilen des katholischen Volkes, die dafür zugänglich sind, «aus tausend lebendigen -Quellen ihrem Inhalt nach zu strömen." Man «Hai also den Katalog in diesem Falle nur von einem unnützen Ballast befreit. Anders steht es mit einer zweiten Ein schränkung. In «der päpstlichen Verfügung heißt es nämlich, daß solche Bücher gestrichen werden können, denen trotz Frivolität des Inhalts und sonstiger verbotener Eigenschaften durch Vor nehmheit der Diction und des Stils, sowie durch poetischen Werth eine gewiße Berücksichtigung zukommt. Man kann nicht leugnen, -daß dieser Ordre des Papstes eine ge wiße principiclle Bedeutung zukommt, insofern sie trotz ihrer vorsichtigen Fassung einen Fortschritt in der Auffassung be kundet. Der Congregation ist damit eine gewisse Freiheit des Uriheils eingeräumt, die «bei entsprechender Zusammensetzung des Collegiums gute Früchte tragen könnte. In der That hat dix Verfügung bereits die für uns Deutsche erfreuliche Wirkung ge zeitigt, daß vor Allem Goethe, dann aber auch andere deutsche Autoren, z. B. Freiligrath, vom Index verschwunden sind, «während Heine, wie begreiflich, aber auch Lenau, noch keine Gnade vor den Augen der holten Congregation gefunden haben. Was werden nun diejenigen unserer Ultramontanen sagen, die «auch in diesen Dingen päpstlicher sind als «der Papst? Wie werden vor Allem die Herausgeber jener berüchtigten katho- lichen Kalender- und Zertschriften-Literatur sich dazu verhalten, die noch in jüngster Zeit dem katholischen Volke und besonders den katholischen Schülern der höheren Bildunasanstalten Vie Lectüre unserer klassischen -Autoren durch unerhörte Schmähungen zu vergällen suchten? Ob sie wohl den am meisten gehaßten Alt meister Goethe auch weiterhin «als den ketzerischen Prediger des Unglaubens und der Sinnlichkeit verdammen werden, oder ihn trotz der „Frivolität des Inhalts und sonstiger verbotener Eigenschaften" wegen der „Vornehmheit der Diction und des Stils die verdiente „gewiße Berücksichtigung" zu Theil werden laßen? Allzu große Hoffnungen darf man au das Vorgehen der Congregation keinesfalls knüpfen; wer die deutschen Verhältnisse kennt, wird sich der Vermuthung nicht entschlagen können, daß für die immerhin dankenswerte Maßregel «der Congregation nicht ausschließlich «die Initiative Leo's XIII. und die eigene günstige «Beurteilung unserer Klassiker ausschlaggebend gewesen sei. Man darf nämlich nicht vergeßen, daß die Bewertung des Index in weiten Kreisen -des katholischen Deutschlands keine allzu hohe ist; für «diese Bewerthung war der Umstand nicht gerade'förderlich, daß auck an den meisten ausschließlich oder überwiegend katholischen Bildungsanstalten die von «der höchsten kirchlichen Instanz verbotenen Classiker, einschließlich Goethe'S, oft recht fleißig gelesen wurden. Der hierin sich offenbarende und erfahrungsgemäß auch von katholischen Schülern bemerkte und viel erörterte Widerspruch ist jetzt teilweise gelöst. Vielleicht bewirkt die Thatsache, idaß auch andere deutsch« Schriftsteller, wie Heine und Lenau, trotz -des Inder zahlreiche gute katholische Verehrer Haden, ein «weiteres Fortschritten auf dem von der Con gregation lietretenen Wege. Für die Autorität des Index wäre das sicherlich nicht von «Schaden, wenigstens nicht in denjenigen einsichtigen katholischen Kreisen, deren eingangs besondere Er wähnung gethan ist und die den deutschen Katholicismus nicht auf daS geistige Niveau deS specirll romanischen gedrückt sehen möchten. Der Krieg in Südafrika. Es wird behauptet, daß die Minen an den ausländische Aktionäre hauptsächlich betheiligt seien, von den Boeren für die Zerstörung zunächst in» Auge gefaßt seien, in dem Glauben, die fremden Regierungen würden solchermaßen unter Druck zur Intervention veranlaßt werden. Der Kor respondent der „Pall Mall Gazette" tn Johannesburg zweifelt jedoch, daß eine so „kindische Idee" im Kopfe eine» Boeren- Commandanten Platz finden könne. Immerhin herrsche in den Kreisen der Burgher», und besonder» unter den Frauen ein« solche Jubel-Stimmung, und die Deutschen hätten am.einem Tage an fünf verschiedenen Plätzen Johannesburgs Versamm lungen abgehalten (in einer der Boerensache nicht feindlichen Absicht), so daß irgend etwas in der Luft liegen müsse. Die Boeren schienen so kampfesmuthig wie nur je zu sein, und es scheine, als ob die Zerstörung, welche Lord Roberts verhindert habe, jetzt mit allen ihren schrecklichen Folgen doch noch herein brechen solle. Der Schaden, der an der Kleinfontein-Minc, an gerichtet sei, werde auf eine halbe Million Pfund Sterling ge schätzt. (Die Gesellschaft selbst schift ihn auf 200 000 Pfund Sterling. Red.) Der Manager der Mine hatte gerade einige Freunde zum Weihnachtscßen eingeladen, als die Boeren ihren Besuch abstatteten. Die Herren wurden von den Boeren ge fangen genommen und durften zusehen, wie der Commandant mit seinem Stabe sich Plumpudding und Cbampagner bestens bekommen ließen. Später ließ man die Engländer ihre Wege ziehen. Ein alter Burghcr, der in Schränken und Kisten Um schau gehalten und eine Menge brauchbarer Dinge zusammen gebracht hatte, amüsirte seine Kameraden durch die praktische Me thode seiner Verpackung. Er vermochte keinen Sack zu finden und nahm daher ein Paar Unaussprechliche, band deren untere Enden zu, füllte das Kleidungsstück mit Schuhen, Büchsenfleisch, Brod und 'den besten Hemden des Managers an und hing cs dann über sein Pferd. Der Korrespondent erzählt ferner, daß man in Johannesburg auf sehr schmale Rationen gesetzt sei und daß viele englische Familien, obgleich sic zahlen tonnten und wollten, kein Fleisch zu erhalten vermochten, weil da; Angebot nicht der Nachfrage entsprach. AuS den Gebieten von Spelonken und Leydsdorp sind aber mals britische Unterthanen auSgewiesen worden und nach den britischen Linien unierwegts. Man glaubt, der„Frkf.Ztg." zufolge, daß diese allgemeine Ausweisung britischer Unterthanen aus solchen noch unter Controle der Boeren stehen den Distrikten aus Rache für Lorv Kitchener's neue Art der Taktik geschieht. — In Kalkutta ist die Meldung eingctroffen, daß Lord Kitchener 1V VA) gefangene Boeren nach Indien senden will. Zu dieser Meldung erfährt das Reuter'schc Bureau, daß kürzlich dem Staatssekretär für Indien vorgeschlagen worden sei, eine große Anzahl gefangen«- Boeren in den Nilziri-Hügeln anzusiedeln. Eine Entscheidung in der Sache sei jedoch noch nicht getroffen. * Clanwilliam, 3. Februar. (Telegramm.) Eine Pa» trouille der Colonialtruppen stieß gestern mit den Boeren in der Nähe von Klipfontein zusammen. Nach einem fünf, stündigen Ge fech te wurden sie auS ihrer Stellung vertrieben, eine Verfolgung war wegen dichten Buschwerks unmöglich. Die Boeren verloren drei Mann, die Engländer hatten keine Ver luste. Lord Kitchener's Spähertruppe stieß mit dem Feinde gestern in der Nähe von Dornriver zusammen. * Hang, 3. Februar. Hier verlautet, Botha habe den form- licheir Besedl erlaßen, alle Boeren, die Mitglieder des Friedens- comitös in Bloemfontein und Pretoria seien, als Verräther zu behandeln und krlegsrechtlich abzuurtheilen. (Mgdb. Ztg.) Die Wirren in China. Der Berichterstatter der „Etoile Belge" schreibt: Das inter nationale Recht, -aS Völkerrecht, ist den Chinesen unbekannt. Es stellt eine Gesammthcit von Grundsätzen dar, die aus dem gegenseitigen Verkehr gleichberech tigter Staaten hervorgegangcu ist. Nun ist aber China die „über allen andern stehende" oder vielmehr di« „einzige" Nation. That- sächlich war es dies Jahrhunderte hindurch in dem Sinne, daß die Himmlischen, ohne jeden Verkehr mit dem Abendlandc, wie die Römer den Mittelpunkt der ihnen bekannten Welt bildeten und um ähre achtzehn Provinzen tributpflichtige Länder sahen. Zwischen dem Sohne des Himmels und den Nachbarherrschern bestanden nur die Beziehungen eines Suzeräns zu Vasallen. Das internationale Recht konnte, wie wir es verstehen, nicht in das Land eindringen. Allerdings haben die Dinge sich inzwischen geändert, aber die frühere Theorie besteht noch. Das Volk ist von ihr durchdrungen, und die Mandarinen beeilen sich nicht, ihm den Jrrthum zu nehmen. Es ist noch nicht so lange her, daß chinesische Beamte, die Unkenntniß des Chinesischen von Seiten der Gesandten benutzend, auf dem Rücken von deren Stühlen mit Kreide die Inschrift anbrachtcn: „Abgesandte aus den Vasallenstaaten des Westens, die kommen, um dem Kaiser den Tribut zu zahlen." Zwar hat die chinesisch« Regierung das Völkerrecht angenommen — wenn auch .mit Widerwillen, denn sie hätte lieber auf die Störung ihres stolzen Selbstbewußtseins durch internationale Einflüße verzichtet —, aber die im Unwissen belassene Bevölkerung hat nie geahnt, daß ein Gesandter eine unantastbare Persönlichkeit sei, und wenn der Pekinger Kuki stets in geheiligter Entfernung vor dem mächtigen Fremden vorüber ging, so lag dies weniger an der Achtung vor dem internationalen Recht, als an den bei schlechter Führung zu erwartenden Bam busstreicken. Uebrigens «behandeln die Chinesen im Kriege sich gegenseitig, wie sie die Fremden behandelt haben; der Massen mord ist ihr strategisches Lieblinqsmittel und sie foltern ihre Gefangenen än verschiedenster Weise. Damit ist nicht gesagt, daß es mit der chinesischen Grausamkeit nicht besser werten könnte. Gleiche Zustände herrschten im Mittelalter im Abend lande; Japan ist schnell fortgeschritten. Mögen die Mächte Bürg schaften nehmen, da ihre Rechte verletzt sind; mögen sie die Häfen besetzen, die Hand auf di« Zölle legen, kurz, thun, was si« wollen; mögen sie aber ruhig abwarten, welche Negierung aus dem Wirrwarr hervorg«ht, und um Gottes Willen das Verlangen nach Bürgschaften nicht so weit treiben, daß sie eine Regierung schaffen, die den Wünschen des Volkes nicht entspricht. Auf Grund von Mittheilungcn aus Niutschwang stellt der Shanghaier Korrespondent der „Times" fest, daß nach der Be setzung dieses chinesischen VertragShafenS in der Mandschurei durch die Rußen di« Einnahmen her Tee,öle für da» Quartal Jult-September kaum mehr al» ein Drittel d«r Einnahmen tn der entsprechenden Zett de» vorhergehenden Jahres betragen haben. Die Einfuhr hat ganz aufgehört und die Ausfuhr ist fast um zwei Drittel zurückzegangen. Die halb jährige Einfuhr für 1899 hatte einen Werth von 18^ Millionen Taels und die Ausfuhr einen solchen von 13 700 000 Taels. Die Zolleinnahmcn des Hafens Niutschwang für 1899 werden mit 930 000 Taels angegeben, betragen aber in Wirtlichkeit fast Millionen, da viele für Niutschwang bestimmte Maaren schon in Shanghai den Zoll bezahlen. Da die Rußen fast gar kein Interesse an dem Handel Niutschwangs haben (im Jahre 1899 kaum 1 Proccnt des ganzen Handels), liegt ihnen auch nicht viel daran, den Handel der fremden Staaten Wieser zu beleben. Sie haben auch noch keine Maßregeln ergriffen, um den Räubereien der Chinesen auf dem Lande ein Ende zu machen, und das Benehmen der russischen Soldaten in den Städten der Mandschurei wird als ein sehr schlimmes geschildert, ganz im Gegensätze zu der japanischen Okkupation von 1895, wo Ord nung und Gerechtigkeit herrschten. Privatleute können daher nicht mit Sicherheit im Lande reisen und auch die Beförderung von Maaren ist unmöglich. Derrtschr's Reich ¬ ls Leipzig, 4. Februar. Das Reichsgericht sprach den Redakteur und NcickStagsabgeordnetcn M ol kenbuhr, der vom Landgerichte Hamburg wegen Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Lübecker S tr ei kp ost c n ve rord - n un g zu 100 .Zl Geldstrafe vcrurtbcilt worden war, frei, weil diese Verordnung als ungiltig anzusehen sei. (Wiederh.) Berlin, 4. Februar. (Die Marine und das See kriegsrecht.) Das Erscheinen einer Dienstanweisung für die Handhabung deS Seekriegörechts, wie es jüngst für die Flotte der Bereinigten Staaten von Amerika ei folgte, veranlaßt die „Marine-Rundschau" zu dem Wunsche, daß auch für unsere Maxine bald eine ebenso klare und be stimmte Anweisung erlassen werden möge. Begründet wird dieser Wunsch von dem genannten Fachblatte folgender maßen: Wie die jüngste Vergangenheit lehrt, sind die Gesetze und Gebräuche deS Seekrieges noch weit davon entfernt, von allen seefahrenden Völkern in übereinstimmender Form anerkannt und gehandhabt zu werden. Bei der starken Inanspruchnahme durch den laufenden Dienst wird cs nur in seltenen AuS- «..abmesällen dem Seeosficicr möglich sein, auch nur die hauptsächlichsten Werke turchzuarbeilen, die sich mit diesem viclumstrittenen Stoffe hcschäfligen, und sich eine eigene Ansicht als Richtschnur sür sein Handeln im gegebenen Fall zu bilden. Nun giebt cs zwar auch kurzgefaßte, von Staats- rechtslehrcrn und Seeosficicren geschriebene Darlegungen der über die einzelnen Fragen des Seekriegörechics herrschenden Ansichten, aber keiner der Verfasser kann dafür bürgen, daß sich diese Ansichten mit den von der StaatSregicrung im gegebenen Fall vertretenen decken, wie ja die Aufbringung und Untersuchung der deutschen Postdampfer der Ostafrikalinie durch englische Kriegsschiffe zeigte. Der Sccbcscblöhaber ober -Commandant eines Kriegsschiffes wird sich nun in Fragen der praktischen Handhabung des Leckriegsrechtes bei Fassung und Durchführung seiner Ent schlüsse nickt durch die Rücksicht auf eine mögliche Bloßstellung seiner Handlungsweise durch seine Negierung davon abhalten lassen, das im Einzelfalle nach den geltenden Lehren und seiner Beurtbcilung Les Sackverhaltcs Erforderliche zu tbnn und seinen Vorgesetzten gegenüber zu vertreten. Seine Ent schließung aber wird wesentlich erleichtert, spätere diplomatische Auseinandersetzungen werden häufig vermieden werden können, wenn dem Commandanten als Richtschnur seines Handelns die von der Regierung seines Landes anerkannte Auffassung des Scekriegsrcchtes und Gebrauches an die Hand ge geben wird. --- Berlin, 4. Februar. (Rechtsanwälte und Ehren gerichte.) Hier ist dieser Tage ein Rechtsanwalt in einer Acliengründungssache zu vier Monaten Gcfängniß verurihcilt worden. Der Gerichtshof bat ihn sür besonders straffällig erklärt, weil er als Mitglied eines bochangeschencn StaneeS meSr als Andere die Pflicht habe, sich von strafwürdigen Actionen fern zu halten. Mau wird dieser Ausfassung des Gerichtshofes nur bcistimmcn, denn zweifellos wird der AnwallSsland schwer geschädigt, wenn Mitglieder desselben^ zu Freiheitsstrafen verurtheilt werden müssen. Diese Sckädigung würde nickt cingetreten sein, wenn der betreffende Anwalt schon früher auS dem Anwalts stande entsernt worden wäre. Gerade dieser Anwalt genoß schon seit recht langer Zeit keines guten Rufes unter seinen Collegen, aber wie leider so häufig drückte die ehrengerichtliche Vertretung der Anwaltschaft, so lange eö nur irgend anzugehcu schien, ein Auge zu. Genau so war es bei dem ^u einer gewissen Berühmtheit gelangten Rechts anwalt I)r. Fritz Friedmann der Fall, der längst schon reif und überreif sür die Ausstoßung auS dem AnwattSstande war, aber eist dann ausgestoßen wurde, als die staatsanwalt- schasllicken Steckbriefe hinter ihm her waren. Bei der engen Fühlung, die die Anwälte durch ihren Beruf mit einander haben, ist selbst in so großen Städten wie Berlin, wo die Anwaltjchast mehr als 800 Mitglieder umfaßt, daS Gebühren jedes Anwalts der gejammten Collegenschaft recht wohl be kannt, und es müßte deshalb doppelt leicht sein, gegen un würdige Mitglieder voizngehen, so lange eS noch an der Zeit ist, d. h. so lange die breite Ocffentlichkeit noch nicht Gelegenheit gehabt hat, sich mit den weniger ehrenwerthcn Mitgliedern deS Standes zu befasse». Wenn eS erst dabin gekommen ist, so leidet nicht nur der betreffende Anwalt selbst unter der Strafe, die er erhält, sondern der ge- sammte AnwaltSstand. Jeder Stand genießt LaS Ansehen, das er sich selbst zu geben veisicht, und wenn die Anwälte sich immer beschweren, daß man nicht Respekt genug vor ihnen habe und daß sie von den Richtern, die dock nur denselben Bildungsgang gehabt haben, wie sie selbst, ost nicht als ganz für voll angesehen werden, so sollten sie daran denken, daß sie selbst durch ihre Duldsamkeit gegen schlechte Elemenie zum Tbeil an diesem ^minterlen Respekt vor ihrem Staube Schuld tragen. Sie haben die Mittel, ihren Stand intact zu erhalten, und deshalb sollten sie auch von diesen Mitteln rücksichtslosen Gebrauch machen. Gewiß gehört zu der Aus ¬ schließung richtehrenwertber Elemente eine gewiße Mitleids losigkeit, denn es wird für ausgeschlossene Anwälte nicht leicht sein, einen ihrer Bildung entsprechenden neuen Lebcnsberus zu finden, aber man muß doch auf d« anderen Seite sagen, daß, wenn irgend wer, so doch gerade Der nickt von den Pfaden des Reckts abweichen darf, der das Reckt zum Studium und Lebensberuf gemacht^ hat. Thut er es aber, so verdient er auch kein Mitleid. * Berlin, 4. Februar. lieber die Wahlbetheilignng und die Vertheilung der Wablstimmen bei den letzten preußiscken Landtagswahlen sind der amtlichen Statistik folgende Angaben zu entnehmen: Gütige Stimmen wurden hier abgegeben in der I. Mtheilung 162 428 von 97 654 Urwählern, in der II. Abtheilung 382 870 von 225 572 Urwühlern, in der III. Abtheilung 1476040 von 866 290 Urwählern, zusammen also 2 021 338 von 1189 516 Ur wühlern, so Laß von den wahlberechtigten Urwählern sich gütig an der Wahl betheiligten in der I. Abtheilung 46,22 (1893 48,13), in der II. Abiheilung 30,65 (32,05), in der III. Abtheilung 15,67 (15,21), überhaupt aber 18,36 (18,40) v. H. Die Wahl- bethciligung ist also im Allgemeinen noch etwas schwächer gewesen als im Jahre 1893; besonders hat sie in der I. und auch in der II. Abtheilung abgenommen, während sie in der III. gestiegen ist. In den Städten war die Beteiligung mit20,34 stärker alsaufdem Lande mit 16,95. Cie hat seit 1893 in den Städte», wo sie damals 18,64 v. H. betrug, zugenommen, aus dem Lande dagegen (18,22) abgenommen. Bei den Wahlen von 1849 betrug die Wahlbeteiligung 31,9, sie sank 1855 auf 16,1 und erreichte daun allmählich steigend 1862 ihren Höbepunct mit 34,3, um 1867 wieder auf 17,6 zuriickzusinken. Seit mehr als 30 Jahren sind dann sür das Staatsgebiet im Ganzen erhebliche Schwankungen der Betheiligung an den Urwahlen nicht cingetreten. In den einzelnen Provinzen war die Be theiligung an den letzten Landtagswahlen sehrverschieden. Sie überschritt dort, wo Deutschtum und Polenthum aufeinander treffen, den Staats- durckschnitt sehr erheblich: in Posen betrug sie 46,80, in West preußen 39,72, dann folgen Schlesien mit 20,41, Schleswig-Holstein mit 17,65, Berlin mit 17,43, Ostpreußen mit 17,21, Rheinland 16,69, Brandenburg 15,95, Sachsen 14,01, Westfalen 13,17, Hessen- Nassau 12,97, Hannover 11,43, Pommern 11,32, Hohenzollern 10,88. Es sind also nur drei Provinzen, in denen sich mehr als ein Fünftel der Urwähler an der Wahl betheiligt hat, während in mehreren Provinzen wenig mehr als ein Zehntel zur Wahlurne geschritten ist. Noch weit großer als in den Provinzen sind die Verschiedenheiten in Len einzelnen Kreisen, 19 Kreise halten eine Wahlbeteiligung von über 60 v. H., die am größten war in den Kreisen Gnesen mit 73,09, Witkowo mit 73,14 Wongrowitz mit 73,58 und Berent mit 76,57 v. H., während 13 Kreise eine Beteiligung von unter 5 v. H. hatten, die im Kreise Wetzlar auf 3,88, im Landkreise Dortmund auf 3,82 und im Stadtkreise Gelsenkirchen auf 2,94 v. H. sank. In dec III. Abtheilung erschienen in fünf Wahlkreise» weniger als 2 v. H. der Wähler. In 965 (1893 802) Urwahlbezirken, nämlich 307 städtischen und 658 ländlichen, kam in einer Abtheilung eine Wahl wegen Mangel an Vetheiligung überhaupt nicht zu Stande, dabei war 725 Mal die I., 148 Mal die II. und 92Mal die III. Abtheilung betheiligt. Von diesen ergebnißlosen Abthei- lungswahlcn kamen 216 allein aus das Rheinland, ferner 124 auf Westfalen und 115 auf Schlesien. Auch in Berlin gab es 29 wegen Mangel an Vetheiligung ausgefallene Wahlen, darunter 28 in der I. und eine in der II. Abtheilung. — Gras Pückler teilte am Freitag Abend in» Wahl verein der dcutschsocialen Reformpartei zu Berlin mit, daß er am Tage zuvor von dem OberverwaliungSgericht end- giltig seines Postens als AmtSvorsteher entsetzt worden sei. — Im Hotel Bristol fand gestern das verschobene Diner des Reichskanzlers statt, welches derselbe am Geburtstag Les Kaisers dem diplomatischen Corps alljährlich giebt. — In der Wandelhalle des preußischen Abgeordneten hauses sand gestern Abend 6 Uhr das Festessen statt, das die Mitglieder des Abgeordnetenhauses sonst am Tage deS Geburts tages des Landesherr» vereinigt, diesmal aber wegen Les Todes der Königin von England verschoben wurde. Den Kaiser toast brachte der Präsident aus. T Kiel, 4. Februar. (Telegramm.) Prinz Heinrich ist ä la suite der englischen Flotte gestellt worden. (Wh.) * Bremen, 3. Februar. Gegenwärtig werden zwischen den Werftbcsitzern der Schiffsbauanstalten in Bremen, Vegesack, Bremerhaven und Geestemünde B«rathungen gepflogen über die Gründung eines „Verbandes der Werft besitzer an der U«nt«rweser". Der Zweck dieses Ver bandes soll sein, den Werften durch den Zusammenschluß die Möglichkeit zu geben, etwaigen ungerechtfertigten Forderungen der organisirten Arbeiterschaft mit größerem Nachdruck entgegentrcten zu können. (Rhein.-Westf. Ztg.) * Hildesheim, 4. Februar. Eine gestern hier abgebaltene Welfenversammlung, in Weicker der Abgeordnete Frhr. von Hodenberg die Wiederherstellung deS Königreichs Hannover forderte, wurde polizeilich aufgelöst. (Nat.-Ztg.) * Barmen, 3. Februar. Im Rathhause fand gestern Abend zwischen Vertretern der Arbeitgeber und Arbeit nehmer eine Vorbesprechung über die Errichtung einer Ar beitsnachweisstelle in Barmen stakt. Grundsätzlich er klärten sich alle Anwesenden mit der Errichtung einer Arbeits nachweisstelle einverstanden, auch fand die vorgeschlagene Organi sation im Allgemeinen Anklang. Die Gründung soll von einer Verbandsvcrsammlung, bestehend zu gleichen Thcilen aus Arbeit gebern und Arbeitnehmern und einem unparteiischen Vorsitzenden, erfolgen. Die Geschäfte führt ein engerer Vorstand. Ueber alle wichtigeren Fragen entscheidet die Verbandsversammlung. Für die Einrichtung wird ein Verwalter angestellt. Ein Beschluß darüber, ob die Benutzung der VermittelungSstelle auch für den Arbeitgeber kostenfrei sein soll, wird später gefaßt. (-) Weimar, 4. Februar. (Telegramm.) Der Groß herzog bar am Sonnabend Vormittag daß Bett verlaffrn und beute den Vorsitz in der Gitzuna de« Ministerium« geführt,
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