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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010225017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901022501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901022501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-02
- Tag1901-02-25
- Monat1901-02
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Umversitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und Königsplatz 7. 102. Morgen-Ausgabe. MpMcrTagtlilalt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Ratljes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Montag den 25. Februar 1901. Anzeigen-Preis Die 6gefpaitene Petitzeile Lb Reclamei« untre dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porlo). Extra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung .XL 00.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Rath und Universität in alter Zeit. Von G, Wustmanu. 4. Die Frage nach den Ursachen der häufigen Zusammenstöße zwischen den Studenten und den Handwerksgesellen wird in den zahlreichen Gutachten und Beschwerden, die aus Universitäts kreisen an den Herzog Georg gelangten, aber auch in Eingaben des NathS und in den Protokollen über die Rathssitzungen oft berührt. Dreierlei ist eS namentlich, was immer wieder als Ursache angegeben wird: das Wohnen der Studenten in den Bürgerhäusern, ihre Theilnahme an dem „gemeinen Tisch" und das Waffentragen der Studenten und Handwerksgesellen. Namentlich über den dritten Punkt herrschte nur eine Stimme: könnte man das Waffentragen abschaffen, so würde damit die Hauptursache beseitigt sein. In der That war das „Mefsertragen" oder „Wehren tragen" damals allgemeine Sitte oder Unsitte. Alle Welt lief mit der Waffe herum. Nicht bloS Professoren und Studenten, auch Handwerksmeister und Handwerksgesellen, alle trugen daS Messer oder Schwert an der Seite. Die Studenten kamen damit in die Vorlesungen. 1512 trug sogar ein Baccalaureus, der in der Nicolai- kirche Eboralist war, auf dem Kirchcnchor „ein lang Messer", so daß er deshalb in Streit mit den Pfarrern kam, diese sich vor ihm fürchteten, und ihm die „Eboralei" aufgesagt wurde, und 1513 klagt der Rath, das Messertragen „nehme übertrefflich überhand, also daß auch kleine Knaben tragen". Alle Bemühungen, dieser Unsitte zu steuern, waren ver geblich. Niemand wollte nachzeben, Niemand den Anfang machen, am wenigsten die Studenten, die das Waffentragen als ihr Vorrecht betrachteten. Genügte es doch schon, daß Handwerk^csellen, wie 1516 die Schuster, „den Studenten zu Angesicht Messer getragen" hatten, d. h. die Waffe wohl etwas herausfordernd batten sehen lasten, und die Schlägerei war fertig. Jeder erwartete und verlangte, daß zuerst der Andre abrüste. Der Rath zeigte rin paarmal di- ehrliche Absicht, mit gutem Beispiel voranzugehen und den Handwerkern daS Waffen tragen zu verbieten; da aber die Universität nie nachsolgte, änderte er auch seine Gesinnung wieder und führte seine Absicht nicht aus. In den Rathsbeschlüssen jener Zeit herrscht in dieser Beziehung ein geradezu kläglich komisches Schwanken. Schon 1503 batte der Rath infolge eines herzoglichen Mandats beschlossen, die Gemeinde, Bürgersöhne, Ein wohner, Handwerksknechte sollten keine Messer, Schwerter oder Schweizerdegen tragen bei 10 Groschen Strafe und Wegnahme der Waffen, ebenso keine Bleikugeln, Spitzbarten, Armbrust bei „Berzäblung" (Verweisung) aus der Stadt. Wenn daS Verbot überhaupt etwas genützt hat, so war die Wirkung jedenfalls nicht von langer Dauer. 1511 bekennen die Facultisten der philosophischen Facultät dem Herzog ganz offen, die Studenten trügen „öffentlich Messer, Degen und ander Gewehr, wollen dem roctori, wann er sie citirt und ladet derhalben, nit obediren noch unterthänig sein, sagend: Wir sind edel! Auch tragen die Handwerksgesellen und Bürger Gewehr und sperren sich damit, vor welchen wir unS müssen besorgen. Darum wollen wir auch unserGewehr anhenken, wir werden durch sie darzu verursacht". Trotzdem beschloß der Rath im Januar 1512: „Wo man kann erfinden, daß die Messer können verboten werden, soll man sie verbieten." Aber im November desselben Jahres ist er wieder andre- Meinung und beschließt: „Dieweil die Studenten Mester tragen, so sehen die Herren für gut an, daß die Bürger und andre auch tragen mögen, damit ein Schwert das andre in der Scheiden behalte." Ende De- cembcr hat man sich aber wiederum anders besonnen und beschließt: „Weil das Messertragen merklich überhand ge nommen, will man es allenthalben verbieten und zuerst bei den Handwerkern ansangen." Dabei bleibt man auch im April 1513; man will versuchen, es erst bei den Handwerks meistern und Gesellen abzuschaffen und dann, „wo cs sich will thun lassen", weiter gehen. Aber 1515 ist man abermals andrer Meinung geworden: man will die Meister auffordern, es den Gesellen zu verbieten; den Meistern selbst soll es nachgelassen werden, „als denjenen, zu denen man sich nicht Arges ver sehe"; nur Bleikugeln und Kreuze (?) sollen ganz verboten werden. 1516 beschließt zwar der Rath nochmals, eS zu ver bieten, aber „mit Willen und Bewußt" des Herzogs, „auf daß die Doctores und ander Gewaltige sich in dies Gebot desto eher begeben". 1517 heißt es denn auch, der Herzog habe in der Sache einen „ernstlichen Bries" geschrieben. Da aber „viel Doctores allbie" seien, „auch viel Edelleute und andre, die Befreiung haben wollen, Messer zu tragen", so sei es schwer, das Verbot aufrecht zu erhalten. Wenn eS der Gemeinde verkündigt und dann nicht befolgt würde, komme Schimpf auf den Rath. Man will daö dem Herzog vorstellen und ihn um Rath bitten. Als dann im Sommer 1521 der große „Unwille und Hader" zwischen den Studenten und den Kürschnern ausgebrochcn war, beschloß der Ralh sofort wieder „darauf zu gedenken, wie man Frieden machen und die Messer verbieten solle", und als im September wegen dieses Aufruhrs uud wegen des Diebstahls in Wiedemaun's Hause herzogliche Räthe in Leipzig waren und mit dem Rath und der Universität über diese Vorgänge verbandelten, schlugen sie ebenfalls vor, beide Theile möchten den Ihrigen das Wehrentragen verbieten. Auch in der ersten Sitzung des neuen Raths von 1524 wird die Frage aufgeworfen: „Ob das Messertragen weiter zu verbieten? Oonelus.: Es soll darob gehalten werden." Nach der Schlägerei von 1539 unterhandelte die Universität abermals mit dem Rathe darüber, dock ohne baß eö zn einer Einigung kazn. Die Universität verlangte, daß das Waffenträger« n.ckt öloü den Handwerks gesellen, sondern auch den Bürgern, „Einlegern", Kaufleuten und Kaufgesellen verboten werden sollte, dann wolle sic cs auch den Doctoren und Magistern verbieten. DaS lehnte der Rath ab. Es sei das früher nie der Fall gewesen, sei auch unnnölbig, denn die Doctoren, Magister, Bürger und Kauf leute singen keinen Zank an, das thäten immer nur die Studenten und die Handwerksgesellen; auf diese beiden müßte daS Verbot beschränkt werden. Die Bürger seien dem Nalbe mit Eidespflichten verwandt und müßten „im Falle der Noth- durft die Studenten erretten und schützen helfen". Der Rath sei bereit, daS Webrentragen den Kauf- und Handwerks gesellen zu verbieten, aber die Rectoren müßten eS dann auch den Studenten verbieten, „der itzo wenig hier sind". Im Mai 1545 erließ noch einmal Herzog Moritz ein scharfes Verbot gegen alles Waffenlragen der Studenten und Handwerksleute. Er wolle, versickerte er, die Universität bei allen ihren Freiheiten schützen, aber damit das möglich sei, müsse auch „die Ursacke der Zwietracht gänzlich abgeschnitten werden." DaS Verbot sollte den Studenten durch den Rector, den Handwerksleutcn durch den Rath alle Vierteljahre aufs neue cingeschärft werden. Und weil „unsere Stadt Leipzig Frieden, Reckt und Schutz hat", sollten alle Uebertreter „unnachläßlich gestraft" werden. Aber auch dieses Verbot wird schwerlich viel genützt haben; es ging den Verboten des Waffentragenö wie den Kleiderordnungcn und Luxusverbotcn: sie waren gänzlich wirkungslos. Auf die beiden andern Ursacken wurde namentlich von Seiten der Universität hingewiesen, besonders auf das Wohnen der Studenten in den Bürgerhäusern. Alle Studenten in den Eollezienhäusern unterzubringen, war schon kurz nach der Gründung der Universität ein Ding der Unmöglichkeit. Alle konnten sie nickt, und vornehme Studenten Wollten auch gar nicht in den Eollegien wohnen. So ent standen schon frühzeitig in der Nähe der Universiiätsgebäude, namentlich auf der Ritterstraße und auf der Nicolaistraße, Privatbursen, an deren Spitze irgend ein Magister stand. Nitterstraße und Nicolaistraße waren damals das „lateinische Viertel" der Stadt. Sogar der Rath hatte hier eine Burse eingerichtet, die dem Georgenhospitale gehörte: die Meißner Burse. Als 1495 als Verwalter (Conventor) dieser Burse ein Illuminator (Handschrifteninaler) verpflichtet wurde, wurde ihm auferlegt, daß er sie „redlichen MagistriS und Gesellen vermiethen, auch die Bursa redlich halten und nicht gestatten, daß man unzüchtige Dirnen auS- und cinsühre, und sonderlich, daß er die Zinse fleißig einbringen und die dem Spitalmeister oder Vorsteher zu St. Georgen reichen und geben" sollte. Einzelne S'.udentcn wohnten aber auch schon frühzeitig für sich allein bei Bürgersleuten, wo sie zugleich die Kost mit hatten. Schon 1441 gab eS ein Formular sür solche Fälle, wo Universitätsangehörigen erlaubt wurde, außerhalb der gemeinsckaftlicken Magisterbursen zu wohnen; schon damals muß cs also häufiger vorgckommen sein. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts aber war eS schon etwas ganz Gewöhnliches geworden. Gleich nach der ersten „Reiormation" der Universität von 1502 klagte die Artistenfaculrät, daß sehr viel Studenten bei den Bürgern und Handwerksleuten in der Stadt wohnten, wodurch sie „ungezogen und von stuäiis, clisputatiouibm, lakiuitatö und guten Sitten abgewandt, und dann auch die andern und frommen Gesellen durch dieselbigen verführt würden". Ebenso klagen 1511 vor der zweiten „Reformation" die Facultisten der Artistenfakultät, daß die Studenten nickt mehr „an Ioc«8 approbatis, bursis et collegiis, sondern in dec Stadt bei den Bürgern" wohnten; „ziehen zu sich andre Gesellen und Knaben, welche viel Unfug, Auf ruhr machen, ihre loctiouos versäumen". In einem gleich zeitigen Sondergutackten eines einzelnen Docenten heißt eS, sowie daS neue Eollegium fertig, und den Juristen das Pädagogium cingeräumt sei, müßte das ganz verboten, auch den Bürgern Lurch den Bürgermeister bekannt gemacht werden, daß sie bei zwei Schock Groschen Strafe ohne Er- laubniß des Rectors keine Studenten aufnebmen dürften. Einige Jahre später klagt die ganze Universität gegen den Herzog über das „sträfliche Leben" der Studenten, die sich in den Bürgerhäusern „von allen« Gehorsam, Gemeinschaft der Magister und p«aocoptoro8 entbrechen" und, da die Häuser nicht verschlossen wären, mannigfaltigen Unfug verübten; der Herzog möge doch beim Rathe dafür sorgen, daß den Bürgern bei 10 Gulden Strafe verboten würde, ohne Erlaubniß des Rectors Studenten bei sich aufzunehmen, „ausgeschlossen nam- hastig Adel und Herrschaft". Der theologischen Facultät er schien sogar schon der Weg der Studenten aus einem Collegium ins andere als Verführung. Da die zweite „Reformation" bestimmte, Rhetorik und Poetik sollten nur in« Pädagogium gelesen «verden, bemerkte die theologische Facultät dazu: „Wenn unsere 8cliolare8 oxcollo8ii8 sollten in daö Pädagogium gehen, würden sie zu spazieren auf dem Markte und aufs Ratbhaus zum Tanze zu geben, auch zu andern Leichtfertig keiten mehr denn sonst geursackt." Tie zweite „Reformation" von 1511 ordnete denn auch an, daß kein Student ohne Er ¬ laubniß des Rectors oder Ordinarius außerhalb der Collegien wohnen sollte; jeder sollte, wo er auch wohne, einen Doctor oder Magister haben, in dessen Gehorsam er stehe. Trotzdem blieb aber Alles beim Alten. Durch die erste „Reformation" von 1502 war auch ein „gemeiner Tisch" für arme Studenten errichtet worden. Da aber das Tisckgeld bald erhöht wurde (auf 5 Groschen wöchentlich), so daß eS uickt mehr für unanständig galt, daran theilzunehmen, drMgten sich immer mehr Studenten zu dem „gemeinen Tisch", wo sie unter sich und ohne Auf sicht waren. Die Facultisten der Artistenfacultät klagen 1511, daß die, die den „gemeinen Tisch" besuchten, „weder Zucht noch Latein über dem Tisch gebrauchen und in großem Eigen willen leben, in aller Freiheit ohne praeceptor«^, derhalben wenig oder gar nichts in guten Künsten und n>o«idll8 zu nehmen und profitiren". Wenn sie nach ihren „Sitten und Künsten" promoviren sollten, würden nur wenig zugelassen werden; damit sie nickt ganz ungestraft blieben, müßten sie bei der Dispensation (Examen?) einigermaßen gestraft werden, damit „die Pön und Buß den andern piomov6neli8 eine Furcht eindringe und einbilde".Jn dem schon erwähnten Sonder- gutachteu eines einzelnen Dozenten ertönt die Klage: „Leben über Tisch obne Scheu und Sitten, reden kein Latein, sondern aus bas allerschändlichste von fleischlichen Sachen. Dann nach Essens geben sic zugleich an unehrliche Ort, und alle die losen Vettern, die sich weder bei Doctoribus noch Magistris oder auch bei den Bürgern haben redlich gehalten, finden sich da zu Haus, und wird ein Asylum der Buben, verziehen den Magistris ihre Knaben, sprechend: Was willst du dich deinen Magister lassen vexiren? Gehe mit uns all mensain communem, da sind wir gute Gesellen!" Aebnlich klagen die nicht zur Facultät .gehörigen Magister, daß die Studenten am gemeinen Tisch „ohne männiglichs Ein fügung und Scheu mit Vergessung und Darsetzung aller Zucht, lateinischer Sprach, guter Sillen und ziemlicher Kleidung ihres MuthwillenS gebrauchten" und „ihr väterlich Hilf und Trost in Tabernen unnützlich verzehrten". Aus allen diesen Klagen spricht ja nun viel weniger die Sorge um das leibliche und Scelenwohl der Studenten als oie um den eigenen Lebensunterhalt. >1e mehr eö die Stu denten vorzogcn, bei den Bürgern zu wohnen, je mehr sich die Eollegienhäuser und Bursen leerten, in desto bedrängkere Lage gericthen die armen Magister, die auf die Errichtung von Privatbursen, auf die Beherbergung uno Verköstigung von Studenten angewiesen waren. Der Bürger nahm ihnen ihre Pfleglinge, ihre „Domicellen" aus der Wohnung, und durch den „gemeinen Tisch" verloren sie ihre „Comniensalen". Aber daß diese wirthschaftliche Umwandlung des Studenten- lebenS, die ja nicht aufzuhallen, geschweige denn rückgängig zn machen war, zunächst eine gewisse Zucht- und Zügel losigkeit zur Folge hatte, war wohl nicht iu Abrede zu stellen. Mehr als alle diese Ursachen aber verschuldete ohne Zweifel die schlaffe Justiz der Universität. Zwar mackt ge legentlich die Universität gerade diesen Vorwurf dem Rathe. 1539 behauptete die meißnische Nation, die Studenten würden namentlich dadurch zum Aufruhr veranlaßt, daß „an einer Zeit her" viele Studenten erschlagen worden und doch kein Thäter ergriffen und bestraft worden sei; sie kämen dadurch „auf den Wahn, daß sich niemand ihrer annehme". Den Tbälern müßte, wenn sie nicht ergriffen würden, wenigstens die Stadt für alle Zeiten verboten werden, sie dürften ohne Wissen und Willen der Universität nicht wieder hereingelasscn werben. Mit viel größerem Rechte aber konnte doch der Rath der Universität diese«» Vorwurf machen. Darum for- Feuilleton. Zigeuners ErdenwaUcn. Bon Victor von Reisner. Nachdruck verboten. Es giebt wohl kaum ein interessanteres Volk auf dem weiten Erdenrund, als die Zigeuner. Wir wissen noch immer nicht be stimmt, woher sie stammen, und obgleich es ganz klar ist, daß ihre Wege nicht in Egypten stand, wie sie selbst aus Gründen, die ich später anführen will, verbreiteten, so ist es Äoch nichts weiter, als eine, wenn auch ziemlich wahrscheinliche, Muth- maßung, daß sie aus Indien ihren Weg nach Europa gefunden haben. Da die ungarische Regierung, wie kürzlich angekündigt wurde, den Versuch machen will, die in den Ländern der Stefanskrrme beheimatheten Zigeuner seßhaft zu machen, so lohnt es sich wohl, auf frühere derartige Experimente zurückzukommen und auf Grund des uns bekannten Charakters des Zegeuners die Frage zu erörtern, ob «in derartiger Versuch heute mehr Erfolg ver spricht. Es muß dabei vorausgeschickt werden, daß es sich hierbei um annähernd 100 000 Menschen handelt, die zu steuerkräftigen Bürgern herangebildet werden sollen, und welche weittragenden Folgen dies auch für anldere Länder, namentlich aber für die Balkanstaaten mrd auch für Spanien haben kann, ist leicht zu ermessen. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über das Auf tauchen der Zigeuner führen in da» 13. Jahrhundert zurück. In Deutschland wird ihrer erst im Jahre 1417 Erwähnung gethan, und da sie in Folge ihre» fremdartigen Aussehens und ihrer Kunstfertigkeiten Interesse und Duldung fanden, so zogen ste alsbald immer neu« Schaaren heran, cki« nun, da ihre wahren Charaktereigenschaften zum Durchbruch kamen, eine kaum zu er tragende Landplage wurden. Man suchte «Ich deshalb ihrer zu erwehren und scheute auch vor Gewaltmaßregeln, als da sind: Spießen, Hängen, Rädern, nicht zurück. Daß die Zigeuner diesen lieblichen Volksbelustigungen, bei denen sie der leidende Theil waren, keinen Geschmack aogewinnen konnten, ist klar. Zu schwach, um der Gewalt Gewalt entgegenzusetzon, speculirten sie auf die Dummheit der Meng« und verbreiteten di« Mär, daß sie sich auf dem Weae nach Rom befänden, wo sie der Papst von den Sünden ihrer Vorfahren loSsprechen sollte. Diese hätten, so erzählten ste, dem flüchtenden Jesukindlein Obdach verwehrt, und deshalb seien sie verflucht, so lange zu wandern, bis sie der Nachfolger Petri entsündige. Später, als diese Fabel nicht mehr zog, wiesen sie Geleits briefe des Königs Sigismund vor, ii« Folgen deren sic den Schutz der Behörden fanden. Ob diese Geleitsbricfe echt oder gefälscht waren, ist, da keiner erhalten blieb, nicht mehr festrustellen, That- sache ist aber, daß derselbe Fürst, der ja auch gleichzeitig Kaiser von Deutschland war, und dessen Standbild erst voriges Jahr in der Berliner Siegrsallee enthüllt wurde, ihnen die Freiheit zum Wandern nach ungarischen Städten und Dörfern gab. Fürst Georg I. RLkoczy von Siebenbürgen, der 1643 in Ungarn einfiel und bis Preßburg vordrang, ließ die Zigeuner sogar zum Schwure zu, doch mußten sie sich einer anderen, ihrem Charakter angepassten Formel bedienen. Diese ist so originell, dass sie gewiss allgemeines Interesse finden dürfte. Sie lautet in der wörtlichen Ueberfetzung: „Wie Gott den König Pharao im Rothen Meere ersäufte, so soll den Zigeuner der tiefste Abgrund der Erde verschlingen uud «r verflucht sein, wenn er nicht die Wahrheit redet, kein Diebstahl (!), kein Handel und sonst ein Geschäft soll ihm gelingen. Sein Pferd soll sich beim ersten Hufschlag allsogleich in einen Esel verwandeln, und er selbst soll durch Henkershand am Hochgericht hängen." Man sieht, daS Vertrauen, das man damals dem Zigeuner entgegenbrochte, entspricht vollkommen dem heutigen; der Cha rakter des Volkes scheint sich also in nichts geändert zu haben. Kaiser Josef II. «vor der erste Fürst, der den Versuch unter nahm, diese Nomaden sesshaft zu machen. Er beschränkte sich dabei auf seine ungarischen Länder, in der richtigen Voraus setzung, daß sich der Zigeuner mit dem gleichfalls aus Asien stammenden Magyaren am ehesten assimiliren würde. Es mag ihm dabei die, man möchte beinahe sagen, Liebe des Ungarn für den Zigeuner vorgeschwebt haben, denn thatsächlich begegnet noch heute Niemand diesem schmutzigen, sich noch immer vom Aas nährenden Volke mit so viel Nachsicht, wie der edle Magyare. Trotzdem scheint Kaiser Josef geahnt zu haben, daß nur dra konisch« Maßregeln seinem Wunsche Achtung verschaffen könnten, und so erließ er denn am 9. October 1783 ein „Hauptregulativ", wie «S kaum strenger und schärfer gedacht werden kann. Die Hauptpuncte dieses Erlasses warrn folgende: 1) sollten die Zi geuner gezwungen werden, Religionsunterricht zu nehmen; 2) durften sie ihre Kinder nicht mehr nackt umherlaufen lassen; 3) sollten ihnen di« Kinder mit dem vierten Jahre abgenommen und Den Gemeinden überantwortet werden, die fortan für ihre Erziehung zu sorgen hätten; 4) wurde dem Zigeuner der Pferde handel verboten; 5) der Gebrauch der Zigeunersprache bei vier undzwanzig Stockhieben verboten; 6) sollte sie dieselbe Strafe treffen, wenn sie sich voin Fleische gefallener Thiere nährten, und 7) wurde ihnen die Heirath untereinander untersagt. Dass dieses Regulativ seinen Zweck vollständig verfehlen würde, war vorauszusehen, unv selbst di« von einigen Komitaten eingeschlagenen humaneren Wege blieben völlig erfolglos. Im Bihattr Comitat ging man sogar so weit, ihnen Häuser zu er bauen und kostenlos zur Verfügung zu stellen, doch die Zigeuner zogen es vor, in den von ihnen am Hofe aufgeschlagenen, zer lumpten Zelten zu Hausen, und verschwanden, sobald die be hördliche Aufsicht nachließ, auf Nimmerwiedersehen. Der ungebundenste Freiheitsdrang, dem selbst die geringste Fessel Den Lebensnerv abschneidet, war ebm dem Zigeuner da mals geoade so wie heute zu eigen. Er hungert und durstet lieber, als dass er sich irgend einem Zwang unterwirft, und dieses Mo ment ist es wohl, das ihm, trotz seiner sonstigen schlechten Charaktereigenschaften, unsere nicht abzulcugnend« Sympathie abringt. Es giebt kein Verbrechen, insofern es nicht persönlichen Muth erfordert, vor dem der Zigeuner zurückschrecken würde, nur eines einzigen beschuldigt man ihn völlig ungerechtfertigter Weis«, und das ist — ^ves Kindesraubes. Trotzdem taucht dieser Vor wurf immer wieder von Neuem auf, und noch heute kann man es beobachten, daß die Bäuerin beim Herannahen einer Zigeuner bande zu allererst ihre kleinen Kinder in Sicherheit bringt. Für die Grundlosigkeit dieses allgemeinen Verdachtes spricht wohl am besten der außerordentlich« Kinderreichthum d«r Zigeuner — entfallen doch beispielsweise in Ungarn von den ge zählten Zigeunern allein 30 Procent auf die Minderjährigen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die von Dorf zu Dorf ziehenden Stämme sehr wohl wissen, dass sie einer Verfolgung und der nachfolgenden strengen Bestrafung gar nicht entgehen könnten. Der von mancher Seite gemachte Einwurf, daß der Zigeuner des- halb fremde Kinder raubt, weil er di« eigenen viel zu sehr liebt, um sie unter Schmerzen für alle möglichen Akrobotenkunststückc abzurichtcn, ist ebenso haltlos. Thatsächlich liebt er ja sein eigen Fleisch und Blut, dies hindert ihn aber nicht, eS auf eine geradezu barbarisch grausame Weise aufzuziehen. Im Sommer wird das kaum geborene Baby, mit Fett ««»gerieben, den glühendsten Sonnenstrahlen ausgesetzt, im Winter hingegen wird es, eben auch der Abhärtung wegen, in den eisigen Schnee gelegt. Sonderbarer Weise ist die Sterblichkeit unter den Neugeborenen trotz dieses Radical- mittels keine allzu grosse, und stirbt wirklich einmal solch' ein armes Wurm, so weint ihm nicht einmal die eigene Mu»t«r eine Thräne nach, sondern schämt sich noch, ein derartig schwächliches Kind zur Welt gebracht zu haben. Läßt man dieser eigenartig««» Anschauung Würdigung wider fahren, dann muss der Vorwurf des Kindesraubes wohl ver stummen, denn schliesslich muß doch jedes Verbrechen irgend einen selbstsüchtigen Zweck verfolgen, und der entfällt in diesem Falle vollkommen. Es wäre kein vollständiges Charakterbild, wenn wir uns nicht schliesslich auch mit der Religion der Zigeuner befassen würden. Es giebt keine Confession, die man im Zigeunerlager nicht ver^ treten fände. Befinden sie sich in der Türkei, dann sind sie Moslims, wandern sie gegen Westen, so werden sie nach und nach griechisch-katholisch, römisch-katholisch, protestantisch und, wenn cs sein müßte, auch jüdisch. Bei ihnen, die absolut keine«« Begriff von einem Gott haben, ist der Glaube eben keim Gefühls fache, sondern einzig und allein Geschäft, und verspricht ihnen ein Pfarrer oder em Pastor ein Pathengeschenk, so kommt es ihnen gar nicht darauf an, sich als Heiden auszugeben und sich und ihre Kinder zum so- und sovieltcn Mal« taufen zu lassen. Berücksichtigt man alle die angeführten Züge unD di« That- sache, daß der Zigeuner trotz seiner Jahrhundert« langen An wesenheit in Europa sich stets vollkommen gleich blieb und abso lut nichts von den Völkerschaften, mit denen er in Berührung kam, annahm, dann drängt sich einem wohl die Vermuthung auf, dass der diesmalige ungarisch« Versuch ebenso fruchtlos auS- fallen wird, wie der zuletzt im Jahre 1867 unternommene. Dieser voraussichtliche AuSgang wird aber daS Interesse für dies räthselhafte Volk, daS sich absolut keinem einengenden Zwange unterwerfen kann und will, nur noch heben, und wird die tiefe Wahrheit des nachfolgenden, von Rosenfeld übersetzten Gedichtes, in dem des Zigeuneri ganz« Sehnsucht nach Freiheit zur Geltung kommt, «ist recht bestätigen: 0 vo?om Io prajtonra O »sirrllelo Io poronra!' «neo ckar elilelmv» >nckro tu!« cbutsuvu. 0 vossia sukarosa ?oii»reu«ur man lolr'akan»! Noe wo« llar <jiüli»v» 8tar baroro cduteavs. O du dichtbelaubte» «üldlein, O du zaNqefliigelt Vöglein! Wenn di» Angst mich übermannt, Komm ich rasch z«r euch gerannt. Wälder Ibr im FrühltngSprangen, Wollt mich einmal noch empfang«» t Läbmt» selbst dt« Angst mich schier, Ueberspräng' ich Mauern virr.
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