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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010226019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901022601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901022601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-02
- Tag1901-02-26
- Monat1901-02
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Auzeig-u-Preis die Nqespaltene Petitzeile Lss Reklamen unter dem Redaction-strich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennack,- richten (8 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme L5 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefürderung .Zt 80.—, mit Postbrsörderung 70.—. ^nnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gab«: Bormittag- 10 Uhr- Morgen-Au-gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. B 10t. Dienstag den 26. Februar 1901 Nationalliberale Jugendvereiue. X. v. Zn jüngster Zeit ist, zunächst im Westen Deutschlands, der Rheinprovinz, der Pfalz, die Idee ausgetaucht, neben den längst bestehenden nationalliberalen Vereinen, die sich aus reiferen Männern zusammensetzen, besondere national liberale Jugendvereine zu gründen. Die Idee hat in den Kreisen der Jugend rasch Wurzel gefaßt nnd Verbreitung gefunden. E- bestehen bereits solche Vereine in Köln, Dürk heim, Elberfeld, Kaiserslautern, Erefeld, Ludwig-Hafen, Mann heim, Oppenheim, Ruhrort, WormS, Zweibrücken. In einer Ver sammlung von Delegirten dieser Vereine zu Köln am 2 l . Oktober vorigen Jahre- schlossen sich dieselben zu einem „Reich S- verbande" zusammen, der nach der Absicht der Stifter allmählich das ganze Reich umfassen soll. Schon jetzt zählt dieser ReichSverband über 3000 Mit glieder, die einzelnen Vereine haben deren 1004 (Köln), 5l8 (Erefeld), 470 (WormS), 320 (Mannheim) u. s. f. Der Gesammtverband veröffentlicht als sein Organ eine Zeitschrift unter dem Titel „Nationalliberale Jugend, Monatsschrift dcs RcichSverbanteS der Vereine der national liberalen Jugend" (30 vierteljährlich). Die erste Nummer davon (12 Seiten gr. 4) erschien im Januar 1901. Sie beginnt mit einer „Ansprache des NechtSanwaltS Or. Fischer-Köln (deS eigentlichen Urheber« dieser ganzen Organisatiion, der auch zum Vorsitzenden deS Nc-ickSverbanves gewählt ward) an die Versammlung vom 2l. Oktober" mit der Ueberschrift „Unser Programm". Dari» wird als hauptsächlichster Zweck dieser Vereine folgender bezeichnet: „Die Lässigkeit der Jugend gegenüber den Aufgaben dcs politischen Leben« zu bekämpfen und die Mitglieder zur Mit arbeit mit der nationalliberalcn Partei beranzubileen." Die Jugendvereine wollen nicht etwa den bestehenden nationalliberalcn Vereine» Eoncurrenz macken, vielmehr im Anschluß an diese für die gemeinsame Sacke arbeiten; sie wollen ihnen nicht Mitglieder entziehen, vielmehr solche zu führen, indem sie die nationalliberal gesinnte Jugend aus ihrer Lässigkeit aufrütteln und zur activen Tbeilnabme an der Ausbreitung und Förderung deS nationalliberalen Ge dankens anregen. Die Vereine beschränken sich ausdrücklich auf die Auf nahme solcher Mitglieder, welche das 35. Lebensjahr noch nicht überschritten haben, und weisen die älteren den be stehenden Mälinervereinen zu. Eine lobeuswertbe Eigenthümlichkeit dieser Jugendvereiue ist die, baß sie nickt einem oder einigen einzelnen Berufsständen al« Organe Lienen, sondern möglichst alle Stände in sich ver einigen und deren Sonderinteressen tbeils unter sick, theilS mit dem Gemeinintcresse des Vaterlandes und der Nation auszuglcichen bestrebt sein wollen. In der Thal zeigen die hier mitgeibeilten Personenlisten der verschiedenen Vereine eine so große Mannigfaltigkeit der BerusSstände, wie man sie in den Männervereinen nich er doch nur höchst selten findet. So gehören dem Kölner Vereine an: 425 Kausleute, l38 Archi tekten, Ingenieure, Ebemiker und Techniker, 6l Juristen, 9 Philologen, 13 Volkssckullebrer, 10 Aerzte, Tbier- und Zahnärzte, 11 Apotheker, 37 höhere, 89 mitttlere, 31 untere Postbeamte, 2 höhere, 11 mittlere, 3 untere Bahnbeamte, .5 höhere, 8 mittlere Sleuerbeamte, 26 Bank-, 25 Ver- sicherungS-, 16 Privatbeamte, 63 Handwerker und Arbeiter. Dem Vorstände des Elberfelder Vereins gehören an: 1 Bahn beamter, 2 Juristen, 4 Fabrikanten, 2 Handwerksmeister, 1 Chemiker, 6 Kausleute, 2 Lehrer, 1 Redakteur. Besonders erfreulich ist es, raß die verschiedenen Clafsen von Beamten sich von dem Zutritt zu einem solchen national liberalen Jugendvereine nickt haben abhalten lassen durch die Besorgniß, sie könnten dadurch ihren Vorgesetzten mißliebig werde». Das zengt entweder für den politischen Muth der betreffenden Beamten oder für die Parteilosigkeit und Ge rechtigkeit ihrer Obern. Zur Anregung und Negeerbaltung ihrer Mitglieder dienen den Vereinen regelmäßige Versammlungen mit Vorträgen und daran sich schließenden Diskussionen. Mil Recht legen die Vereine ein besonderes Gewickt auf letztere, weil durch diese theilS die Selbstständigkeit deS Denken», tbeils die Herausarbeitung einer wohlerwogenen eigenen Ueber- zeugung mebr als durch das bloße Anhören von Vorträgen gefördert werde. Principiell werden in diesen Versammlungen nicht sowohl politische Tagesfragen, als vielmehr die Grund lagen dbr Partei, ihr Verhältniß zu anderen Parteien und zu den allgemeinen Nationalinteressen besprochen. Für die Heranziehung neuer Mitglieder und für die Be arbeitung der öffentlichen Meinung un Sinne des National- librraliSmus bedienen sie sich theilS de- lebendigen Wortes, indem sie Redner an solche Orte senden, wo ein Jugend verein in der Bildung begriffen ist ober in Aussicht steht, tbeils der Presse, letztere- namentlich auch durch „Ausarbeitung, Massenherstellung und Versendung von Flugschriften, An leitungen zu Gründungen, Mustern zu Agitationsdrucksachen rc." Dir« ist in kurzen Zügen »in Bild von den Zielen und von dem Wirken dieser Jugendvereiue. Gern vernimmt man, mit welchem Eifer die Jugend an den Vortrag-- und DiScussionS- abeuden sich betheiligt, nicht bloS passiv zubörend, sondern auch activ mit di-culirend. Sie wird da nicht blos, wie da- in den svcialdemokratischen Di-cussion-stunden wohl aller- meist geschieht» zum Anhören, Beklatschen und Nachsprechen der Schlagworte eine« oder des anderen Führer« gedrillt, ondern zum eigenen Denken und zur selbstständigen Aus- prache und Vertretung ihrer Gedanken gebildet. So kommt le dann wohlvordrreitet in dir gleichgesinnten Männer reis« und tritt, soweit sie da- wahlfähig« Alter erreicht >at (und in diesem steht die Mehrzahl der Mitglieder von Jugrabverrinen), mit vollem Bewußtsein und mit längst gewecktem Eifer an dir Wahlurne, um die höchste politische Pflicht eine« deutschen Manne« zu erfüllen. E« wär« zu wünsche«, daß da« vom Westen gegebene Beispiel nickt verloren ginge, vielmehr auch in anderen Theilen de« Reiches Nachfolge fände. Der Eentralvorstand der nationalliberalen Partei zu Berlin hat in einem Schreiben seine- Vorsitzenden, Or. Hammacher, an Len Kölner Verein sein« Freude und seinen Dank für die Bildung national liberaler Jugendvereine ausgesprochen. In diesem Schreiben wird gesagt: „Die gejammte Partei ist von lebhaftem Gefühl dcs Dankes sür diese patriotische Bemühung unserer jüngeren Freunde im Westen und Südwesten deS Reiches durchdrungen. Wir selbst haben mii größtem Interesse verfolgt, wie sich ans den in Köln, WormS, Mannheim und anderen Orten der Rheinprovinz gleichzeitig ge pflanzten Keimen in verhälinißmäßig kurzer Zeil und unter mancher Ungunst der äußeren Berhältmsse dennoch eine jo erfreuliche Saat entwickelt hat, daß wir heute bereits die übrigen Gaue des deutschen Reiches aus dos anregende und erfolgreiche Beispiel unserer rheinische» Freunde verweisen können und daß in de: That die Anregung vom Westen her auch schon manches neue erfolgversprechende Gebtld in Mittel-, Süd- und Norddeutjchland gezeitigt Hal".*) *) Zur näheren Orientirung über Wesen und Wirken der Vereine dienen mehrere vom Verein zu Köln veröffentlichte Schriftstücke, wie „Jahresbericht sür 1899—1900' , „Satzungen sowohl dcs Kölner Vereins al- des Neichsverbandes der nalionalliberaleu Jugend vereine", „Ausrufe an die nationalliberale Jugend" u. s. w. Die „Eentralstelle des Vereins" (von der wohl solche bezogen werden können) befindet sich Köln, Ehlodwigplatz 17, II. Die Wirren in China. Einiges über Chinas Zukunft Der „Ostasiatische Lloyd" bringt in seiner Ausgabe vom 18. Januar einen interessanten und beachtenswerthen Leitartikel, dem wir die folgenden, die Zukunft Chinas betreffenden Stellen, entnehmen: „In fünfzig Jahren wird cs fünfzig Millionen patriotische Boxer geben, das kann gar keinem Zweifel unterliegen", — meinte kürzlich Sir Robert Hart. Diese Prophezeiung und ähn liche Auslassungen des in chinesischem Dienste ergrauten General- Zolldirectors Haven viel Achselzucken erregt. Mit dem Voraussagen ist es allerdings ein« eigen« Sache. Das hat übrigens, wie nicht so allgemein bekannt sein dürfte, Sir Robert Hart schon wiederholt erfahren. Als er den Zoll- >dienft Stufe um Stufe aufzubauen begann, legt« er den Beamten in den sechziger Jahren nachdrücklich ans Herz, sie müß'en sich mit dem Gedanken vertraut machen, daß ver ganze Dienst ln absehbarer Zeit in chinesische Hände überginge. Jetzt sieht es aber nicht darnach aus, daß selbst der jüngste Zollbeamte das noch erbeben wird. Ferner hatt« Sir Robert Hart den festen Glauben, nach der Eröffnung der ersten Häfen am Uangtsekiang müßte sich der Handel von Shanghai allmählich nach Chingkiang ziehen. Er stützte sich hierbei hauptsächlich darauf, daß der große Kaiser canal bei Chingkiang den Uangtse kreuzt. Trotz dieses für Chingkiang günstigen Umstandes ist aber Shanghai doch das Handelscentrum von Mittclchina geblieben und wird es voraus sichtlich auch in Zukunft bleiben. Wir wollen hier nicht ei-ne Prophezeiung gegen die ander« setzen. Aber ein paar Worte über die muthmaßliche Zukunft des großen Reiches werden vielleicht doch am Platze sein. UnS scheint es, als ob Vie Verhältnisse immer mehr dazu drängten, den Mandarinen die oberste blegierungszewalt allmählich aus den Händen zu nehmen und sie an Abendländer zu übertragen. Die Chinesen sind kein Herrcnvolk und werden auch nie eins werden. Sie sind vortreffliche Kaufleute, aber keine guten Herr scher. Die große Meng« dcs chinesisch«» Volkes würde schwerlich etwas dagegen cinzuwenden haben, wenn sie Fremden eine Art Oberaufsicht Uber das ganze Reich erhielten. Was bekümmert sich der Durchschnittschinese um solche Dinge. Sie sind ihm ganz gleichgiltig. Wenn andererseits heut« wenig Aussicht vor handen zu sein scheint, daß tatsächlich eine derartig« Bevor mundung der gesammten Regierung in die Wege geleitet wird, so dürfte daS vor Allem daran liegen, daß gegenwärtig noch Nie mand recht anzugeben weiß, wie eine solche Oberaufsicht am besten einzurichten ist. Die Zeit dafür ist noch nicht reif. Aber schon in fünfzig Jahren wird die Oberaufsicht Europas über China vielleicht eine Thatsache sein. Wir hoffen, daß die Möglichkeit einer derartigen weiteren Entwickelung bei der jetzigen Neuordnung der Tinge im chinesi schen Reiche auch an maßgebender Stelle beachtet werden wird. Jedenfalls würde es ein schwerer Fehler sein, wollte man mit ihr nicht rechnen. Die chinesische Frage wird weder heute noch morgen gelöst werden.' Das Günstigste, was wir erwarten können, ist, daß von den Mächten ein moclrm vivoncki ge funden wird, der die große Katastrophe, für die heute die euro päischen Mächte vielleicht noch viel weniger vorbereitet sind, als die Chinesen, auf ein paar Jahrzehnte hinausschiebt; kommen muß aber eine Umwälzung von Grund aus, und es fragt sich nur, w«r in dem Augenblick, wo sie unvermeidlich wird, sich in Voraussehung dessen, was eintreten mußte, von den Ereignissen nicht überraschen läßt, wie heute tatsächlich die Mächte ohne Ausnahme von ihnen überrascht worden sin-a. Diese Thatsachen bieten vor allen Anderen genügende Be rechtigung, die Prophezeiung des Sir Robert Hart, welche mehr wi« geeignet ist, die öffentliche Aufmerksamkeit in ganz falsche Bahnen zu lenken, als fragwürdig hinzustellen und ihr zu widersprechen. Irren ist natürlich menschlich, aber es wird für die Chinesen sicherlich die Zeit kommen, wo di« natürlich« Ent wickelung der Dinge rücksichtslos und unaufhaltsam über ihre Köpfe Hinwegschreiten muß und wird." * Berlin, 25. Februar. („Wolff'S Telegr-Bureau.") Feld- Marschall Graf Walders»« telegrovhirt auS Peking: Dir Tolonne Hoffmeister trat den Rückmarsch von Kuangtschang nack Poatingsu an. Die Verlust« der Lhinelen, dir bet Kuangtschang in guter Ordnung angriffen, ist erheblich größer, al« gemeldet worden Ist; sie betrage über 300 Todt«. Der Krieg in Südafrika. In der vorigen Woche haben di« Engländer einen Boeren ge fangen, bei dem ein« lange Proklamation Ltetsn- und Te Wct's gesunden worden sein soll. In diesem Schriftstück, . ImF«lde, 14. Januar" datirt, wird Folgendes ausgeführt: Der von der britischen Regierung beiden Republiken auf gezwungene Krieg wird noch fortgeführt, und zwar unter Mißachtung aller Vorschriften der Genfer und Haager Con vention. Die Engländer haben Kaffern und Eingeborene be waffnet und im Kriege gegen die Boeren verwendet, Frauen und Kinder sind, selbst wenn sie krank waren, gefangen genommen und fortgefllhrt worden. Frauen sind vergewaltigt und das Eigenthnm selbst getödteter Boeren nicht respectirt worden. Der Welt ist von den Engländern fälschlich mitgetheilt worden, daß sie solche Zerstörungen vornehmen mußten, lveil die Boeren Eisen bahnlinien nnd Tclegraphendrähte zerstört und die weiße Flagge mißbraucht hätten. Fast all« Häuser in beiden Republiken seien zerstört, gleichviel, ob sie in der Nähe einer Eisenbahn liegen oder nicht. Die Klage über den Mißbrauch der weißen Flagge sei so alt, als di« Berührung der Boeren mit den Engländern. Diesen genüge es nicht, den Boeren ihr Eigenthum zu rauben, sie wollen ihm auch seinen guten Namen nehmen. Die Repu bliken sind noch nicht erobert, der Krieg ist noch nicht beendet. Die Streitkräfte der Boeren werden noch immer von verant wortlichen Führern geleitet unter der Oberaufsicht der Re gierungen der beiden Republiken. Daran kann die Behauptung des Lord Roberts und deS Lord Kitchener, daß nur noch Räuber banden im Felde seien, nichts ändern. Die Bürger wären keine Männer, wenn sie nach der Mißhandlung ihrer Frauen und Zer störung ihres Eigenthums die Engländer unbestraft ließen. Des halb fei ein Theil der Bürger in die Capcolonir gesandt worden, nicht nur, um dort Krieg zur führen, sondern auch, um Repressalien zu ergreifen, wie dies schon mit Bezug auf Ambulanzen geschehen ist. Wenn die englischen Officiere nicht aufhören, Eigenthum in den Republiken zu zerstören, werden die Boeren durch Zerstörung von Eigenthum englischer, den Boeren unfreundlich gesinnter Unterthanen Rache nehmen. Frauen und Kinder sollen aber stets un belästigt bleiben, trotz Allem, was die englischen Truppen ge» than haben. „Wir", so schließt die Proclamation, „verlangen nichts von unseren Brüdern in der Capcolonie, aber wir fordern sie auf, ebenso wie die civilisirte Welt, wegen der gemeinsamen Civilisation und deS Christenthums beizustehen, daß der bar barischen Kriegführung des Feindes ein Ende gemacht werde. Unser Gebet wird stets sein, daß der Gott unserer Väter uns nicht in diesem gerechten Kampfe verlassen möge." Deutsches Reich. -^Berlin, 25. Februar. (Socialdemokratie und Heer.) Der „Vorwärts" mackt fick darüber lustig, daß eine größere deutsche Zeitung ihre Verwunderung darüber aus spricht, daß die Socialdcmokraten in der Bndgetcommission bei der Berathung des Militäretats sich selten an der Dis- cussion betbeiligen. Da- socialdemokralische Blatt meint, die Socialdemokratie lebue den Militäretat überhaupt ab und hab« deshalb keinen Anlaß, Abänderungsanträge zu stellen und sich deshalb an der Discussion zu betbeiligen. Damit wird also gesagt, daß der Militäretat für die Socialdemokratie über haupt nicht existire. Daraus aber würde sich logischer Weise ergeben, daß auch das Heer überhaupt für die Socialdemo kratie nicht exislirte, denn ohne die Geldausgaben für vas Heer könnte die Armee nicht bestehen. Daraus aber würde sich wieder logischer Weise ergeben, daß die Socialdemokratie, ebenso wie sie zu den Ausgaben für das Heer keine Anträge stellt uno nicht das Wort ergreift, auch daS Heerwesen selbst nicht als existent ansähe und dazu nicht das Wort ergriffe. Man wird aber diesmal wie in jedem Jabre bei der zweiten Lesung deS Militäretat- daö Schauspiel erleben, daß die Socialdemokraten mindestens doppelt so oft da- Wort er greifen, wie alle ankern Parteien zusamluenzenommen. Sie machen also das Wort „wer nicht mitthaten will, soll auch nickt mit rathen" ganz und gar nicht zu ihrer Richtschnur. Nach derselben Taktik verfahren die Socialdemokraten auch bezüglich der C h i n a v o r l a g e. Sie bewilli gen selbstverständlich von der ursprünglichen und von der soeben dem BunceSrathe zugcgangenen neuen Forderung nicht einen Pfennig, aber sie wollen nicht nur alle wirklichen oder angeblichen Mißstände bei den in Cbina befindlichen Truppen auf da- Breiteste erörtern, sondern sogar dem Grafen Waldersee dreinreden, ob er KriegSzüge zn unternehmen habe oder nicht. Die Aeußerung eines regierungsfreund lichen Blattes, daß der Reichstag wohl kaum Neigung haben dürfte, sich als ReichskriegSratb aufzuthun, er grimmt den „Vorwärts" gewaltig. In dem Augen blicke, wo man neue hundert Millionen fordere, unler- stebe man sich, dem Reichstage das Recht abzusprechen, in die Kriegführung drein zu reden. Nun, wenn Diejenigen, die die lOO Millionen zu bewilligen bereit sind, im Gefühle ihrer militärischen Unbefangenheit dem Grafen Waldersee seine Truppenbewegungen verschreiben wollten, so würden sie sich wenigstens nur lächerlich machen; wenn aber Diejenigen, die nichts bewilligen, sich als Ewilstrategcn aufspielen und Vorschriften machen wollen, so sind sie nicht nur lächerlich, sondern auch unverschämt. * Berlin, 23. Februar. (Verschlechterung der Finanzlage im Reiche und in Preußen.) Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht die „Post" einen Artikel, der Stimmung gegen die neue Canalvorlage machen soll, aber auch in solchen Staaten, die an dieser Vorlage ein dir«ctes Interesse nicht haben, Beachtung verdient. Er lautet: „Durch die jüngsten Mittheilungen des Herrn Staatssekretärs im Schatzamt ist «in neues Moment der Unsicherheit in die Beurtheilung der finan- ziellen Lage Preußen- gekommen. Ei unterliegt darnach keinem Zweifel, daß die Herstellung des Gleichgewicht«» zwischen Ein- nahmen und Au-gaben im Reiche für da- Jahr 1902 ungleich größere Schwierigkeiten bieten wird, al« die- jetzt der Fall ist. 'Der Ausfall de« Ueberschusse«, welcher in dem Etat für 1901 mit mehr al- 30 Millionen Mark in Einnahme figurirt, der sicher zu «rwartende Minderertrag der Reich»st«mpelsteu«r gegen den Stat-ansah, die starke Vermehrung de« Bedarf- für die Reichsschuld in Folge der China-Anleihe und der bi» dahin flüssig zu machenden Beträge für Heere»- und Flottenzwecke lassen in Verbindung mit der sonst zu erwartenden Zunahme der Ausgaben eine Verschlechterung der Bilanz um nahezu 100 Millionen Mark befürchten. In dem Etatsentwurf für 1901 decken sich Ueberweisungen und Matri- cularumlagen; «ine solche Verschlechterung der Bilanz wäre daher, sofern nicht neue Deckungimittel herangezogen werden, gleichbedeutend mit einer Spannung zwischen Matricular- umlagen und Ueberweisungen von gleichem Betrage. Daß neue Dcctungsmittel für 1902 bereit gestellt wekven könnten, erscheint aber mehr als unwahrscheinlich. Es eröffnet sich daher für vie Bundesstaaten die unerfreuliche Aussicht auf einen starken Betrag durch Ueberweisung nicht gedeckter M a t r i c u l a r u m l a ge n. Beziffert sich dieser Betrag, wie mindestens möglich ist, auf 100 Millionen Mark, so beläuft fick der Antheil Preußens auf etwa 60 Millionen Mark, d. h. Preußen würde aus seinen eigenen Einnahmen einen Zuschuß von diesem Betrage zu den Kosten des Reiches zu leisten haben. Dieses Mißverhältniß zwischen Bedarf und Deckungsmitteln im Reiche wird sich allerdings ändern, sobald mit dem Ablauf der Handelsverträge ein Zolltarif mit beträchtlich höheren Sätzen für eine Reihe als Finanzquellen wichtiger Zölle in Kraft tritt. Stände «in« solch« Vermehrung der eigenen Einnahme des Reiches nicht in Aussicht, so würde Preußen geiwthigt sein, zur Erhaltung des Gleichgewichtes zwischen Einnahmen und Aut- gaben mit seinen Einnahmen besonders pfleglich umzugehen, und es würde an den Voraussetzungen fehlen, unter denen nach dein Ausspruch des Herrn Finanzministers Preußen auch ein großes Unternehmen wagen kann, dessen Erfolg nicht völlig gesichert ist. Bevor man sich also für ein solches Unternehmen engagiren kann, muß man wenigstens mit einiger Sicherheit auf die «m nächstige wirksame Erhöhung der Zolleinnahmen rechnen können. Auch unter diesem Gesichtspunkte erscheint es dringend Wünschenswerth, daß die Vorbereitungen für die Feststellung des neuen Zolltarifs möglichst balv zum Abschluß gebracht würden." A Berlin, 25. Februar. (Telegramm.) Die „Frei sinnige Zeitung" batte hervorgeboben, daß der von Wolffs Telegraphischem Bureau im AuSzuge verbreitete Artikel der „Peter-duracr Handels- und Jndustrie-Zettuna", der nach der Angabe der russischen Telegrapbenagenlur all dem russischen Finanzministerium stammt, verschiedene persönliche Spitzen gegen den Retch-kausicr Graf v. Bülow entkalke. Dazu schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeiiung: Die Thatsache ist bei der Herkunft de- Artikel- ungewöhnlich, aber richtig. Wir glauben indessen nicht, daß der deutsche Reichskanzler geneigt ist, dem Versaffer de- Artikels auf diesem Wege zu lolgen und die im Handelsverkehr zwischen Deutschland und Rußland ob waltenden beiderseitigen wichtigen Interessen einer persönlich zugespitzten Behandlung zu unterwersrn. Dagegen befindet sick die „Freisinnige Zeitung" im Jrrlhum mit der Be hauptung, daß im Auszuge des Wolff'schen Bureau- jene persönlichen Bemerkungen durch eine im Auswärtigen Amte auSgeübte Censur gestrichen worden seien. Der von der russisch»» Telegraphenagentur dem Wolff'schen Bureau über mittelte Auszug hat hier keinerlei Zensur zu durchlaufen gehabt. (-) Berlin, 25. Februar. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" meldet: Dem früheren Gesandten in Mexico, bisherigen deutschen Delegirten bei der Internationalen Finanzcommission in Athen, v. Winckler, wurde der Rothe Adler-Orden zweiter Elasse mit Eichenlaub verliehen. — Zu Mitgliedern deS Reichs-GesunohritSrathe- wurden vom BundeSratbe ge wählt die Abtbeilungsvorsteher im kaiserlichen Gesundheits amte, RegierungSrälhe Wutzdorf und von Buckka. Zum Vorsitzenden wurde der Präsident des kaiserlichen Ge sundheitsamtes, Köhler, und zu dessen ständigen Stell- vertrVter der Geheime Medicinalrath und Professor an der Universität Berlin, Gerhardt, ernannt. (-) Berlin, 25. Februar. Die CentrnmSfraction des preußischen Abgeordnetenhauses hat, wie die „Ger mania" berichtet, gestern beschlossen, die Stacusrcgierung auf- zuforkern, baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die besonderen Beschränkungen und Erscheinungen, denen die Krankenpflege und die sonstige Hebung werk- tbätiger Nächstenliebe seitens der Mitglieder katholischer Orden und or-ensähnlicher Eongregattonen unterworfen sind, behufs Gleichstellung derselben nut den Mitgliedern anderer der Krankenpflege gewidmeten Vereinigungen auf gehoben werden. — In der Sitzung des Staatsministeriums, die am Sonnabend stattfand, führte der Reichskanzler Graf v. Bülow den Vorsitz. Außer sämmtlichen preußischen Ministern nahmen auch die Staatssekretäre deS Reich-schatz- amtS und des ReichSpostamtS an der Sitzung Tbcil, welche fast sechs Stunden, von 3 bis gegen 9 Uhr, dauerte. — Der bisherige französische Marine-Attachö Capitän Buchard hat Berlin verlassen, um sich über Pari- auf seinen neuen Posten nach Madagaskar al» Gouverneur von Diego Euarez zu begeben. AlS sein Nachfolger wird in diesen Lagen der Capitän Gras de Toussrlin erwartet, dec bisher Marine-AttachS in Rom war. * Aus -em Kürstenthum Aatzeburg. Der Landtag für unser Ländchen, der seit 1870 alljährlich berufen wurde, aber wegen des Nichterscheinens der bäuerlichen Abgeord neten noch nicht ein einziges Mal beschlußfähig war, ist m diesem Jahr« auf den 25. Februar angesetzt. Da in den letzten Jahren einige Abgeordnete gestorben sind und Neuwahlen stattgefunven haben, so war man geneigt, den diesjährigen Landtag für be schlußfähig zu halten. Gestern hat nun in Schöneberg ein« Ver sammlung der bäuerlichen Abgeordneten einstimmig beschlossen, den Landtag nicht zu besuchen und die» der Landvogtei mitzu- theilen. Die Opposition behält also auch bi-Smal die Oberhand, falls sich nicht einer der neuen Abgeordneten bi- dahin ander» ent schließt. * Haie a. S., 24. Februar. Auf beute Nachmittag batte der diesige nationalliberale Verein nach den „Kaiser sälen" eine öffentliche Wähler-Versammlung «inberufea. Der selben ging «ine Versammlung von etwa SO—70 Vertrauens männern der nationalliberalen Part« drr Provinz Täcksen voran, welcher u. A. di« ReichStagSabarordnrtrn Rimpau, Placke, Schmidt, die LandtagSmitglieder vr. Friedberg, Reichardt, Dippe, Wierstorfs beiwohnten. In den Verhandlunden drr Vertrauensmänner wurde beschlossen, «ine enger« Orga nisation d«r Partei in der Provinz Dachsen zn schaffen. Dir öffentliche Versammlung war von gegen LOO Tbeilnebmern besucht. Es sprachen Reich-taa-aLgrordnrtrr I)r. Bassermann-Mannheim über die nächsten Aus gaben de- Reichstage», Professor vr. Friedberg-
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