Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010304020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901030402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901030402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
- Tag1901-03-04
- Monat1901-03
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Abend-Ausgabe eipMer TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Bezugs-Preis Br der Hauptexpeditiyo vd,r de» im Gtadd bezirk und den Vororten errichtet»» Aus gabestelle» abgeholt: vierteljährlich 4.V0, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus ^ll S.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: Vierteljahr!. -4 0. Ma« abomkirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei de« Postanstalt», in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland. Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaat»», der Europäischen Türkei, Egvpteu. Für all» übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blatte» möglich. Di« Vkorgen-Auäaabe erscheint um '/,? Ubr, die Abend-Ausgabe Wochentag» um S Uhr. NrLaction und Expedition: JohanniSgaffe 8. Filialen: Mfiwd Hahn vorn». O. Klemm s Sortiin. Umversitätsstraß« S (Paulinum), Louis Lösche, Katharineustr. bch Part, und Königsplatz 7. Anzeige«-Preis die 6gespaltem Petitzeile L- Rrclameu unter dem Nedactionsftrich (4 gespalten» 7ö H, vor den Familiennach- richten (tt gespalten) -0 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Brbühren für Nachweisungen und Offertenannayme 8N H (rxcl. Porto». Ertra veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördrrung SO.—, mit Postbesörderung 70—. Ännahmeschluß fir Anzeigen. Abend-Ausgab«: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bet den Filialen uad Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet vou früh 8 bi« Abend« 7 Ubr Druck und Lerlag von E. Polz in Leipzig. 11«. Montag den 4. März 1901. 95. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. De »«. * Lytttzv«, 4. März. (De leg ramm.) „Reut»'« Bureau" berichtet au« Eole«berg unter dem 1. März: Steijn und Devet überschritten mit IbOO Mann gestern bei Lilirnfontein den Oranje-Alusz tu der Näh» der zerstörten Brücke von Coles« berg «nter dem Feuer der Colonialschützen. Die Schützen standen in gnter Deckung und tödteien mehrere Boeren. Trotz de» hohen Staude« und der reißenden Strömung de» Flusses brachten die Boeren acht Nagen über den Strom, sie mußten aber fünf Wagen uad viele Pferd« zurücklassen. Sin Farmer au» Lilien- solltet« berichtet, Steiju seh« sehr elend au« und das ganz» Eom- maudo leid« «aisetzlichen Hunger. — ..Daily Expreß" erfährt auS gut unterrichteter Quell«, Botha sei stillschweigend ein Waffen stillstand gewährt worden, um ihn in Stand zu setzen, mit Krüger zu verkehr«», an de» er sehr bestimmte Fragen ge richtet hab«. Präsident Krüger habe al« letzte« Ausknnstsiniltel unt«r Berufung auf die Haager Conferenz in Petersburg zu sondirea v«rsucht, die Antwort sei aber unbefriedigend gewesen. AuS London, 2. März, schreibt uns unser Torrespondent: Endlich wieder eine Meldung von Kitchener, wenn auch nur lnapp und unklar, wie gewöhnlich: „De Wet ist nordwärts über den Oranjefluß zurückgedrängt worden und ist jetzt aus der Capcolonie entkomme n." — Damit gilbt der britische Oberbefehl-Haber also die Bestätigung dessen, waS wir in den letzten Tagen fortgesetzt meldeten, daß nämlich De Wet „siegte, wie er wollte", mit anderen Worten, daß der Boerengeneral die ausgedehnten englischen Operationen, welche auf seine Unschädlichmachung abzielten, im vollen Umfange zu Schanden gemacht hat. Nach seiner Bereinigung mit Hertzog und Brand ist De Wet von Petrusville zunächst in der Richtung auf Coles- berg vormarschirt, was jedenfalls ein Scheinmanöver -war, um dann plötzlich nach Osten abzubiegen und den Oranje fluß bei Zand-Drift zu überschreiten. So weit die vorliegenden Meldungen reichen, bewegt er sich jetzt in der Richtung auf Philippoli» und dürfte die Absicht haben, die Eisenbahnlinie Bloemfontein-Springfontein-Bethulie zu gewinnen, und wenn nicht alle Anzeichen täuschen, so wird sein iveiterer Plan dahin gehen, eine neue Schwenkung nach Südostcn oder nach Ge winnung der Eisenbahn vielleicht auch direct südlich auszuführen, um aufs Neue den Oranje-River zu überschreiten und entweder im Stessnburg- »der Alival-North-District tveiter nach Süden in die Capcolonie vorzuriicken. Andere unbestätigte Nachrichten wollen allerdings wahr haben, das; De Wet dieses Mal einen Be such im Norden, und zwar im Bloemfontein-Bezirk beabsichtigt, und die nächsten Tage dürften über sein« neuesten Pläne einige Aufklärung bringen. Keinenfalls wird er es nöthig haben, viel Zeit zur Auffrischung seiner berittenen Truppe zu verlieren, weil die Tommanoanten Brand und Hertzog ihm Alles in Allem 3—4000 Pferde zugeführt haben. Von dem ungeheuren Verdruß der Engländer über das ewige „Entkommen" De Wet's legt ein lanaathmiger Erguß der ehr würdigen „TimeS", in welchem sie an Hand der Mcttiungcn ihres KrieaScorrrspondenten in Hopetown die letzte wilde Jagd hinter De Wet schildert, Zeugniß ab. Danach waren Oberst Plumer und die übriaenBrigadrrr» vemBoerengeneral natürlich immer dicht auf den Fersen, aber, wie e» in dem Artikel »wiederholt heißt, „die furchtbaren Regengüsse, dai schlechte Wetter, verhinderte die sorg fältig angelegte Umeingelunq und den wiederholt beabsichtigten commnirtrn Angriff." — Merkwürdig ist dabei nur, daß das chlechte Wetter Christian De Wet absolut nicht verhindern tonnte, eine Operationen erfolgreich durchzuführen. Der Boer cheint also nicht nur gewandter und auSdaurrnder als der Eng- ändrr, sondern auch mehr „rvntorproock" als Jener zu sein. Die „Times" resümiren ihre Schilderung dahin, daß sie be haupten, „die De W«t'sch«n Reiter seien schließlich immer nur noch wie gehetzte Hasen davongestoben. Der Feind sei stets in wilder Flucht gewesen und — yäire schließlich doch in die Hände der vom Norden, von Kimberley, anrückenden Colonne fallen müssen, wenn er nicht in dunkler Nacht vorbei geschlüpft wär«." Im Uebrigen ist De Wet nach der Meldung deS „Times"- Correspondenten jetzt „in seinem krankhaften Fanatismus wahnsinnig geworden und peitscht Jeden, der »hm in den Weg kommt, so daß z. B. Commandant Haasbroeck mit seinem ganzen Commando sich bereits geweigert hat, mit dem „Ex- Helden" weiter zu cooperiren". Eines Commentars bedürfen diese „verrückten" Ausführungen nicht; sie reihen sich würdig den vielen anderen Albernheiten an, welche letzthin in der englischen Presse mit einer wahren Wollust über De Wet verbreitet wurden, und welche ihren Höhepunct in der famosen Meldung fanden, daß „Christian De Wet bitterlich weinte, cls er in seiner Be- drängniß wiedir «inmal von dem Anmarsch« der Engländer hörte". Die „Köln. Ztg." schreibt zur Sache: Kitchener hat, was De Wet's Entkommen an'betrifft, der Dache die beste Seite abzugewinnen versucht. Gewiß war es zunächst die Aufgabe der Briten, die Capcolonie von den Ein dringlingen zu befreien. Aber das oberste Ziel jeder Strategie muß sein, nicht nur die Absichten des Gegners zu durchkreuzen, sondern ihn selbst dauernd actionsunfähig zu machen. Dieses Ziel schien in den letzten Wochen bei der verzweifelten Lage De Wet's in greifbarer Nähe; man hätte glauben fallen, daß De Wet, der am Südufer des Oranje von PrieSka bis Hopetown und darüber hinaus ostwärts entlang irrte, wie die geängstigte Maus, die einen Ausweg aus der Falle sucht, von den Stra pazen erschöpft, fast aller Hilfsmittel beraubt, an dem ange- fchwollenen Oranje zerquetscht werden müßte. Aber der wunder bare Mann hat das Unmögliche abermals möglich gemacht. Da bei kann der Druck, der von Süden, Westen und Osten her auf ihn ausgeübt wurde, nicht einmal sehr stark grwesen sein, denn nach den Truppenaufzählungen der englischen Berichte konnte von einer Umstellung De Wet'S kaum die Rede sein. Der Weg nach Süden war ihm keineswegs versperrt, und nur die Verluste an Hilfsmitteln, an Artillerie, Munition, Proviant, Reit- und Zugthieren, zwang ihn, in den Freistaat zurückzukehren, um dort seinen Leuten die nöthige Erholungspause zu gönnen und sein« Ausrüstung zu erneuern. Seine Verluste an Leuten übersteigen di« Zahl 200 kaum, und daS ist für ihn die Hauptsache. Solange ihm das Menschenmaterial nicht ausgeht, kann er feinen Guerilla kampf fortsetzen; denn für Proviantirung sorgen schon lang« dir Engländer, die eS bis heute noch nicht gelernt haben, dem Eisen bahndienst eine solche Sicherung zu geben, daß die Angriffe aus Züge aus wohl vorbereitetem Hinterhalte aufhören. — Bei aller Kürze enthält aber Kitchener's Meldung doch auch «ine recht giftige Pille. Der Verlust von 80 Mann der Kitchener's Fighting Scouts, des Kundschaftercorps, das erst jüngst der bekannte Colenbrander gegründet hat, wird englische Herzen mit Schmerz erfüllen. Es ist nicht klar, ob dies« 80 Mann des Corps, das von Westen her mit Le Liste und Bethune gegen Hertzog vor gedrungen ist, De Wet in di« Hände gefallen sind oder einer anderen Boerenabtheilung. Man 'wird weitere Aufklärung dar über abwartrn müssen, wie überhaupt die Einzelheiten der letzten Vorgänge noch sehr der Ergänzung bedürfen. Die Gerüchte von der beabsichtigt«» Capitulation Lo»iS vottzS'S wollen trotz aller officiösen und offiriellen Widerrufe noch nicht zur Ruhe kommen. Neue Nahrung erhalten sie heute aus den Thatsachen, daß Kitchener schleunigst nach Pretoria zurückgekehrt ist, um dort mit Sir Alfred Milner zusammenzutreffen, der, wie er selbst in seiner Abschiedsrede in Capstadt constatirte, be sonderer Umstände halber plötzlich nach dem Norden abzureisen gezwungen war. Es heißt nun, daß Milner und Kitchener, wie „Speaker" heute schreibt, „Louis Botha vielleicht einen ehren haften Compromlß anzubieten haben". Die Pest. *Eapftatzt, S. Mär». (Reuters Bureau.) Die Pest breitet sich immer mehr au«. Gestern und henke sind 1t neue Fälle zur kenntnth gelangt. Unter den Erkrankten befindet sich eine europäische Krau. Ferner sind die Leichen Von fünf Farbigen gefunden worden. Politische Tagesschau. * Leipzig, 4. März. Die Budgetcommission deS Reichstag« hat am Sonnabend ein Mittel gefunden, das Kode Haus bei der zweiten Plenarderatbung des Etat- des Auswärtigen Amtes biö auf den letzten Platz zu füllen: sie verzichtete zu Gunsten deS Plenums auf die Eiörterung vor» Fragen der hohen Politik. Ob der Herr Reichskanzler daS vorder wußte und deshalb der Commisstonösitzung fern blieb, oder ob er nicht erschien, um daS Interesse deS Plenum- an dem, waS er über die politische Bedeutung oder Nicktbedeutung des letzten Kaiser besuche« in England z» sagen hat, nicht abzuschwächen, sei dahin gestellt. Genug, die Commission übte «ine Entsagung, die dem Plenum zu Gute kommen wird, von dem man doch wieder einmal wird sagen können, daß eS beschlußfähig gewesen sei. Vielleicht würde der Besuch der Plenarsitzungen überhaupt etwas besser werden, wenn die Commissionen gewisse fette Bissen auS der BundeSrathSküche nicht selbst verzehrten. Jedenfalls würde daS Aussparen solcher Bissen für daS Plenum daS Ansehen deS hoben Hauses mehr heben, al- das Eingehen auf den Vorschlag der Confervativen, von der Ge- wäbrunz von AnwesenbeitSgcldern für die Reichstags abgeordneten abzuschen und daS Uebel der chronischen Be- scblußunfähigkeit des Plenums durch Herabsetzung der Beschlußfähigkeitsziffer zu bekämpfen. Dieser Vorschlag ist übrigens nahezu so alt wie der Reichstag selbst, denn nur sieben Jahre nach der Schaffung de- norddeutschen und drei Jabre nach derjenigen deS deutschen Reich-lag« schlug bereits Fürst BiSniarck vor, die BrschlußsähigkeitSziffer berab- zuseyen, und zwar in recht erheblicher Weise, nämlich auf ein bloße« Fünftel der gegenwärtigen Ziffer. Während nämlich jetzt die Hälfte der ReichStagSabgeord- ueren, also 199, zur Beschlußfähigkeit gehören, wollte Fürst Bismarck, daß der Reichstag sich mit 40 Mitgliedern zur Beschlußfäbigkeit begnüge. So sehr wir sonst den Auf fassungen Bismarck'- zuznstimmen geneigt sind, so darf man doch nicht vergessen, daß er in diesem Falle lediglich von seinem Interesse, d. b. von demjenigen der Negierung auSging. Je geringer die Zahl der zur Beschluß fähigkeit nothwrndigen Abgeordneten ist, desto leichter ist eS dem leitenden Dtaatswannr, da- Parlament nach seinem Willen zu lenken. Sache be« Parlament« ist eS aber, diese Frage nicht vom Standpuncte der Regierung aus, sonbern von dem deS eigenen Ansehen- auS zu be trachten. Und da versteht «S sich von selbst, daß der Reichs tag eine Art von Selbstmord vornimmt, wenn er die De- schlußfäbigkeit herabmindert. Denn wenn statt zweihundert Abgeordneten schon vierzig über die gesetzgeberischen Fragen sollen entscheinen können, so wird damit der großen Mehrheit der Parlamentarier gesagt, daß sie eigentlich völlig überflüssig seien. Sowohl bei den nächsten Etatsverhandlungen des Reichstags wie bei den in Aussicht stehenden Erörterungen über den gegen wärtig den Bundesrathsausschüflen vorliegenden Entwurf wegen Erweiterung der Versorgung der KriegSinvaliden wird der NetchStnvalt PrnfonP» ein« Rolle spielen. Dieser Fonds ist bekanntlich ebenso wie der Kriegsschatz und die schon aufge brauchten Baufonds, Eisenbahnbaufonds, Reichstagsgebäude- sondS u. s. w. seinerzeit der französischen Kriegskostenentschädi gung, und zwar in Höhe von 561 Millionen Mark entnommen, um zunächst die auf Grund de« Militärpensionsgesetzes von: Jahre 1871 zu leistenden Ausgaben sichrrzustrllen. Späterhin sind auf den Fonds nicht blo« die in den si«bzig«r und den neun ziger Jahren erfolgten Pensionserhvhungen, sondern auch andere Ausgaben angewiesen. Die Zmsvinnahme des Fonds und di: zur Ergänzung derselben flüssig zu machenden Lapitakbestände sind im ReichSetat festzusetzen. Die erstere Einnahme wird natürlich, abgesehen von zufälligen Ausnahmen, stetig kleiner. Für 1901 ist die Zinseinnahme auf 13 Millionen und der Capitalzuschuß auf 16,3 Millionen von den verbündeten Re gierungen veranschlagt. Da indessen die Budgetcommission de- Reichstages eine der auf den Fonds angewiesenen Ausgaben um 1,2 Millionen erhöht hat, so ist anzunrhmen, daß der dem Capital »u entnehmende Betrag sür 1901 schließlich auf nahezu 17^> Millionen Mark festgesetzt werden wird. Die genannte Reichs tagicommission wünscht ferner insofern eine Aenderung an den» Etat oorgrnommen zu sehen, al- künftighin die für die Veteranen Versorgung nöthigen Mittel in einem besonderen Titel aufge führt und nicht mehr in den Etat für d«n Jnvalidenfonds auf genommen werden. Von den auf den Fond» angewiesenen Aus gaben, die sich insgesammt für 1901 nach den Vorschlägen dec Budgetcommission des Reichstags auf 30Vs Millionen Mark be laufen würden, nehmen die Jnvalidenpensionen infolge de» Krieges von 1870—71: 18,8 Millionen Mark, die infolge der Kriege vor 1870: 3,6 Millionen Mark, die Zuschüsse zum Dis Positionsfonds des Kaisers zu Gnadenbewilligungen aller An, Pensionszuschüsse, Unterstützungen, worunter auch der von der Budgetcommission abgeänderte Titel fällt, 8,4 Millionen Mark, die für Jnvalideninstitute nahezu 0,4 Millionen Mark in An spruch. Es wird natürlich unter allen Umständen dafür Sorge getragen werden müssen, daß alle auf den Fonds angewiesenen Ausgaben bis zum Ablaufe der Verpflichtungen deS Reiches auch bezahlt werden können. Die panslawistischen Bestrebungen in Oesterreich treten immer unverhüllter zu Tage. In Wien erscheint seit einiger Zeit rineZeitschrift unter dem Titel „SlavjanSti Wjek" (Slawisches Jahrhundert), herausgegeben von Vr. Weißuk, der kürzlich in Petersburg einen Vortrag über die westeuropäischen Slawen, ins besondere über Tschechen und Polen, hielt und mit den üblicher Uebertreibungen schildert«, wie diese slawischen Stämme trotz aller Unterdrückungen durch die Deutschen ihre Nationalität hoch hielten. vr. Werguk appellirte, nach Berichten russischer Blätter, die der „Ostdeutschen Rundschau" zugegangen sind, an das slawische Mutterland, an das starke Rußland, sich seiner unter drückten Stammeskinder anzunebmen, und erwartete, daß Ruß land endlich «in entscheidendes Machtwort sprechen und die west europäischen Slawen, die ohnehin an die russische Sprache An schluß suchten, unter seinen Schutz bringen werde. Nach den bisherigen Erfahrungen darf man sagen, daß nicht nur die Polen, sondern auch die Tschechen weit davon entfernt sind, sich ruffi- siciren lassen zu wollen, sondern gegebenen Falles auf daS Ec bittertste ihre Eigenart wahren würden, gerade auch gegenüber Rußland. Polen wie Tschechen glauben, den Russen kulturell überlegen zu sein, auch confessionell besteht zwischen ihnen rin Gegensatz, der kaum zu überwinden ist. Mit dem Appell an Rußland will man anscheinend nur einen Druck auf die Wiener Regierung ausüben, um sie zu weiteren Zugeständnissen an die österreichischen Slawen zu veranlassen. Ueber die geplante Verlegung des finnische« Bta-t-- archtd» nachPrterSburg erhält die Münchner „Alla. Ztg. au« gut unterrichteter Helstngsorser Quelle untrem Ä-. Abruar eine interessant« Correspondenz, der wir Folgendes entnehmen: Herr v. Plehve, FinlandS Minister-Staatssekretär, hatte von Anfang an sein Augenmerk auf das Staatsarchiv gerichtet. Als er vor ungefähr einem Jahre Helsingfors besuchte, hielt er sich recht lange in dem schönen Archivgebäude auf und ließ sich aufs Genaueste über dessen Inhalt unterrichten, wobei er es den Be amten scharf verwies, daß sie von gewissen, g«rade jetzt wichtigen Urkunden Facsimile-Abbildungen hatten veröffentlichen lassen. FerMlstsn. Die Landstreicherin. Obtrbayerische Erzählung von Anton Frhr. v. .Perfall. Hochdruck »rrdotrn. ' Jetzt vernahm man etwas — oder ahnt« man es nur? — Hatz Erfinde 'drängte sich zusammen, auch Bärbl erhob sich, die Hände wi« zum Gebet« faltend. Marion blieb auf ihrem Platz. Der Zug näherte sich. Schwarz, schwer und ernst kam er daher üb» die silberigen Wiesen. Dunkelt Schattin krochen vorauL. Leut« aut dem Dorfe hatten sich cngeschlossen, Gebete murmelnd. Marion sah di« Bahre, das bleiche Haupt darauf, — sie sah ad» noch etwa», eine wankende Gestalt, weit rückwärts, getrennt dom Zuge — AmbroS! Bärbl jammerte laut, da» GefinLe drückt« sich in schwächlicher Rührung um den Verun glückten. Marion aber stand an der THUre, ließ die Bahre an sich vorbei und wehrte jedem Unberufenen den Eingang. Di« Stube füllte sich trotzdem, auch der Arzt war herbeigreilt. Der Lawiner lag in der Wohnstube auf dem breiten Leder- fopha hinter dem Ofen. Sein« Hand war krampfhaft auf die Brust gepreßt, seine Augen rollten unstät im Raume umher. Jetzt erst trat Marion, Biela an der Hand, vor. Der Schauer des Tode», welcher den ganzen Raum erfüllte, drängte jede» Gefühl zurück in der Brust de» Kindel. Marion sank auf die Kni« vor dem Verwundeten, ihr Haupt lag an seiner Brust. Dn Lawiner legt« seine zitternd« Hand darauf. „Marron!" E» »ar kaum zu glauben, daß von de» Lawiner» Lippen der wckche, innig» Ton kam. „I — i dank' Dir — i weiß ja do — Dunst'« ja g'pand'n, heut' erst —" „Darum — warum hast Du mir da» grthantz" schrie Marion auf In wahrem Schmerz. Der Unglücklich« hob mübsam die Hand gegen die Stirn. .Darum, — ja —" Er sucht, sichtlich in stimm Sedächtnitz. „I — i hab' ja ganz ruhig —" Da veränderten sich seine Ge- sichtlzüge immer mehr, als ob ihm plötzlich der ganze Vor gang zum Bewußtsein käme. „Da — da —" Alles bing an seinem Munde, der Förster, der Arzt, Marion, man übersah darüber, daß noch Jemand eingetrcten. Plötzlich richtete er sich krampfhaft in die Höhe, wandt« das Haupt. Aller Augen folgten seiner Bewegung und trafen auf AmbroS. Der Lawiner hob den Arm und wie» auf ihn, den Blick gläsern, den Mund verzerrt. „Der hat'» 'thon — mein «ig'ner Sohn —" Di« Wucht der Anklage war so ungeheuer, daß krk Laut hörbar war. Alle» stand »sie gebannt. Auch Ambro» wankte unter der Wucht der Worte, dann aber trat er vor den Sterbenden. „Vater! Du gehst mit einer Lüg' 'nüber! I schwör's, i hab'» net 'than!" Der Lawiner wollte auflachen, stieß aber nur einen Schmerzensschrei au», griff nach seiner Brust und sank m die Kissen zurück. „Er hat'» 'them", röchelte er, „glaubt ihm n«t, dem Mörder, — dem verflucht'» Mörder! Zurück kommen iS er sogar, um — mi ganz — ganz — Marion —" Noch einmal erhob er sich, al» wenn «in ferner Gedanke ihn durchzuckte. „I sag'», a Sterbender, er iS der Mörder, der Ambw», — kein Anderer." Jetzt entlud sich erst die Erngung der Anwesenden über da» Unerhörte. Entrüstunasauidrück« wurden laut. „I hab'» ihm gsti' ang'sthn. dem Schuft!" schrie der Förster. Ambro» blickte wortlo» auf Marion, in deren Brust sich «in qualvoller Kampf erhob, ihr« Hand griff n«rvö» nach der Sophalehne, plötzliche machte sie eine energische Bewegung gegen den Sterbenden. „Franz, hör' mich an, — und Ihr Alle! E» ist «in« Lüge. Ambro» ist so unschuldig, wie ich an d«r blutigen That — «ch kann e» beweisen — Di« Züge de» Lawiner spannten sich von Neuem, e» war, al» ob er da» L<ben gewaltsam zurückhalten wollte, und seine Arm« streckt«» sich nach Marion au», al» ob er sie sich eilen hieße. „Der Ambro» war bei mir auf dem Hof, wie der Schuß gefallen ist, der Dich getroffen — ich habe ihn selbst gehört —, ich kann's beschwören? Der Lawiner erstarrte förmlich in ihrem Anblick, dann ver zog sich sein Mund ^u einem höhnischen Lächeln, doch kein Laut kam von seinen Lippen, di« sich vergeblich ansirengten, ein Wort »u bilden. Plötzlich rötbete sich da» fahle Antlitz, die Hand krampfte sich zur Faust, ein unartikulirter Aufschrei, und er sank in die Kissen zurück. Der Arzt trat vor und beugte sich über ihn. Marion stand regungslos, Biela an sich drückend, die vor d«m furchtbaren Anblick zu ihr geflohen, das Gesicht an ihrer Brust bergend. Das Sopha, auf dem der Lawiner lag, krachte in allen Fugen, der Sterbende streckte sich. Der Arzt erklärte den eingetretenen Tod. DeS ÄrauenS war in diistm Augenblick zu viel. Scheue und empörte Blick« richteten sich auf Marion, in manchem lag sogar etwa» wie Be wunderung einer so ungeheuerlichen V«rworstnheit. Sprach sie die Wahrheit, war e» schrecklich, mit dem Sohn de» eigenen Vaters «in Stelldichein, eine Liebelei! Seit Jahr und Tag wohl log sie, betrog sie. War er nicht bei ihr zur Zeit der Frevel- that, dann war's noch schrecklicher, gar nicht vu»zud«nk«n, — dann war sie di« Mitwisserin, die Anstifterin — die Anstifterin zum — nein, das war gar nicht einmal zu denken — man be kreuzigte sich und schlich aus der schwülen Stube hinuu». Al» sich die Thür hinter dem Letzten geschlossen, erhob sich die Bärbl, welch« vor dem Bett de» Lobten gekniet und ihm di« Augen zugedrückt. Marion saß vor d«m Lisch«, den Blick auf den Boden ge richtet, völlig apathisch, den Arm um Biela gelegt. Ambro» stand am Fenster, gegen die Wand gelehnt, ermattet, aufg«rieb«n, jeder weiteren Teilnahme an dem Ereignisse scheinbar unfähig. Bärbl lieh ihre Blicke zwischen den Beiden schw«if«n, dann stand sie plötzlich auf und trat zu Marion. „Du hast g'log'n, er war net im Hof um die Zeit. I inuaß b'schwören, wenn i g'fragt werd'. Um ihn z' rett'«, hast g'log'n. I» so, Marion? Vor der furchtbaren Anklag', vor jedem Verdacht, aus Dankbarkeit, weil er Dir a amal '» Leben g'rett' hat. Da» wär'ja brav von Dir, aber wenn i' schwvr'n muatz — t kann kan' Meineid schwvr'n. So red'! — Rath'!" Marion erwachte wie aus «In«m dumpfen Traum. „Ich hab' nicht gelogen, er war bei mir. Nicht im Haus, — unter der großen Buch', — da haben wir uns —" Sie sprach nicht weiter, die Veränderung in Bärbl's Gesicht erschreckt« sie. „Unter der Buch'? Du und der AmbroS?" Bärbl lacht- grell auf. „Heut' Abend und gestern Abend — und all« Tag Abend — unter der Buch'. Und da i» ausg'macht word'n, die Schandthat, die freche Lug —" Ihr Auge loderte jetzt im wilden Brand, der alte zurückgrdränAe Haß gegen dtests Weib flammte wieder auf. „Der Mord am eigenen Vater." Ein Aufschrei erfolgte vom Fenster her. Ambros trat vor sie hin, di« Fäuste erhoben. Bärbl wich nicht. „Schlag' zu! Kommt nimma drauf z'samm'. I hab's ja net glauü'n woll'n. Dir furchtbar« An klag', die er g«gen Dich g'schleudert hat, und wenn'» no Tausend mit ihm g'sagt hätt'n. Wer kann denn ausdenk'n, da» Furcht bare! Aber jetzt glaub' i'S, jetzt b'schwör i'», jetzt klag' i Dick an für dem Mörder, Dich und die, — die vor Allen, die mit dem Bösen im Bund g'stand'n hat, die Dich verführt hat dazua, die 's Unglück in» Haus 'bracht Hot von der ersten Stund' an." Ein unbestimmter Lärm drang von außen herein, Stimmen gemurmel, laute Rufe. AmbroS trat, Schlimme» ahnend, in finsterer Entschlossen heit an die Seite Marion'», er wollte sie zu dem zweiten Aus gang drängen, welcher durch eine Nebenkammer gegen die Wald seit« in» Frei« führte. „DaS Gssmd'l i» zu allem fähig in s«rn' Haß." Marion sträubt« sich erst. „Dein' Kind z'lrab, Marion!" Da wollte sie nachgeben, doch Bärbl stand vor der Thür und wehrt« ihr den Aus gang, ihr« kräftigen Arme ausbreiten-d. Ambros faßte nach ihr, rang mit ihr vor der Leiche de» Vaters, — da öffnet« sich d!« Thür, der Förster trat ein mit Gerichtsbeamten und Gendarmen, hinter ihnen In dem Gang drängte sich ein« lärmende Menge. Sin H«rr trat vor. „Ambro» Enmoser, Sohn de» heute verstorbenen Franz Enmoser, genannt zmn Lawimr, ich ver hafte Sie im Namen de» Gesetz«»."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite