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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.03.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010322020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901032202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901032202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
- Tag1901-03-22
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März: „Und Chamberlain sprach: General Botha hat Lord Kitchener in einem Briefe mitgetheilt, daß er nicht in der Lage ist, die Fricdensbedingungen, welche Lord Kitchener ihm anzubieten den Auftrag hatte, seiner Regierung zur ernsthaften Er wägung zu empfehlen. Botha fügte hinzu, daß seine Negierung und seine sämmtlichen höheren Officiere in dieser Hinsicht vollstän dig mit ihm übereinstimmen." — An diese in der gestrigen Darlamentssitzung abgegebene Erklärung schloß Herr Chamber lain noch das Versprechen an, den Wortlaut, respective den In halt der fiattgefundencn Verhandlungen zwischen Botha und Kitchener auf den Tisch des Hauses niederzulegen, was aller dings auch geschah; jedoch können diese Acten nicht eher ver öffentlicht werden, als bis „die Abdrücke von den Mitgliedern des Cabinets revidirt worden sind!!" Nicht umsonst ist die britische Regierung während der ganzen ..Friedensverhandlungen" mit scheuer und ängstlicher Zurück haltung dem Parlament und der Nation gegenüber aufgetreten. Sie schämte sich, zuzugestehen, daß nicht ciwa die Boeren die ersten Schritte gethan haben, sondern daß Lord Kitchener den Auftrag hatte, dem feindlichen Oberfeldherr mit Vorschlägen nahe zu treten und ihn zu ersuchen, diese Vorschläge weiterzu geben, mit anderen Worten, den englischen Wunsch auf schleu nigen Friedensschluß also, „seiner Regierung" zu unterbreiten. Wer waren wiederholt an Hand privater und wohlverbürgter Informationen in der Lage, auf diese Thatsachen hinzuweiscn und die plumpen Bemühungen der englischen Presse zu wider legen, welche dahin gingen, das stark erschütterte „Prestige" der englischen Sache zu'schützen und vor der Nation den Schein zu währen, als ob dir Boeren demüthig darum ersuchten, sich über geben zu dürfen, worauf dann England sich großmüthiz in so genannte Friedensverhandlungen einließ. Mit welch' hart näckiger Verlogenheit wurde nicht in den englischen Zeitungen Tag für Tag die Capitulation Botha's als unmittelbar bevorstehend festgestellt, und mit welch' pompöser Zuversicht hieß es immer wieder, daß der Krieg nunmehr endgiltig vorbei und die Boeren unterworfen seien. Und nun, — ein neuer gräßlicher moralischer Katzenjammer ist Alles, was von der protzigen Ueberhebung, von der voreiligen freudigen Aufregung übng geblieben ist, und mit wenig Würde, aber mit viel weinerlichem Verdruß wird dem englischen Volke in der Presse jetzt noch einmal die angenehme Perspective eröffnet, noch fernere ungeheuere Opfer an Gut und Blut für die Fortsetzung des südafrikanischen Krieges bringen zu muffen. Wie wir hören, soll Botha erklärt haben, daß nicht nur die angebotenen Bedingungen nicht acceptabel seien, sondern daß die Boeren sich auch dafür bedanken müßten, in irgend welcher Weise von einem Manne, wie Sir Alfred Mil'ner, „regiert" zu werden, und demnach scheint also die Ernennung dieses Herrn zum „Generalgouverneur der beiden neuen „Colonien" dem Faße den Boden ausgestoßen zu haben. Milner ist bekanntlich nicht nur bei den Boeren, sondern auch bei sämmtlichen Capholländern und Afrikandern nach Cecil RhodeS der bestgehaßte Mann in ganz Südafrika, und dadurch, daß die englische Regierung ihn zum Generalgouverneur ernannte, bewies sie auf das Deutlichste, daß sie an eine Politik der Versöhnung den Boeren gegenüber überhaupt nicht denke. Die Folge davon ist dieser wohlver diente, beschämende Schlag ins Gesicht, welchen Botha mit eben soviel Schneid, wie Würde dem ehrenwerthen John Bull mit der höflichen Ablehnung der Friedensvorschläge verseht hat, und FrirrHeton. Zwei Dritter. Koma» von Franz Rosem Nachdruck vkrtoNu. LazinSky hatte ihr gegenüber auf einem niedrigen Sessel Platz genommen, stellte seinen Helm daneben auf den Teppich und meinte, ohne Mariä anzusehen: „Sie können sich doch denken, was mich fern hielt. Ein so junges Ehepaar ist am liebsten allein und empfindet jeden Dritten al« eine Störung." „Ach — so sind wir nicht", sagte Maria verwirrt und unbedacht. „Nicht?" fragte er gedehnt und sah sie groß an mit seinen Augen, von denen er wohl wußte, wie gefährlich sie jungen Weiberherzen sein konnten. „Ich hatte gehofft —" „O —:man kann sehr glücklich sein, auch wenn man sich nicht immerfort küßt", sagte sie hastig, die gefährliche Wendung des Gesprächs erkennrnd. Er machte eine zustimmende Bewe gung und fuhr dann leichtherzig fort: „Nun also, kleine Freundin, verzeihen Sie und nehmen Sie den reumüthig Zurückgekehrten in Gnaden wieder auf. Mir selbst ist es schwer genug geworden, so lange fernzubleiben. — Sind Sie allein?" fragte er, scheinbar verwundert, obgleich er recht gut wußte, daß Manfred abwesend war. »Ja", sagte sie mit einem tiefen Seufzer. „Er ist auf der Jagd — seit heute früh. Es ist schrecklich, allein zu sein, wenn man sich schlecht fühlt. Aber die Männer haben dafür kein Ver- ständniß." Er lächelte halb mitleidig, halb ermunternd. „Männer haben Verpflichtungen, denen Sie die süßeste kleine Frau nicht immer überbeden kann. Lassen mir das. Jetzt sind Sie ja nicht allein. Jrtz: bin ich gekommen, nm rin Stündchen mit Ihnen zu derplaudern." Und das verstaub er, in dec gewandtesten, liebenswürdigsten, freundschaftlichsten Weise; von tausend Nichtigkeiten und von den ernstesten Dingen in anregender, scheinbar ganz von selbst sich gestaltender Abwechselung. Sie wurde ganz vergnügt und unbefangen, wie in ihrer Mädchenzeit und sah frisch und hübsch auS. Er ließ seine Blicke oft mit unverhohlenem Entzücken auf ihr ruhen, und sie fand einen eigenen Reiz darin, sich von Je mand — wenn auch nur mit den Augen — anbeten zu lassen, de^iHt Hr eigener Mann war,, ----- x einen schwereren und ruinöseren Stoß konnte das Prestige des hochmütigen Albions gar nicht erhalten haben. Derselbe Colo- nialminister Chamberlain, der gestern Abmd im Unterhause in den sauren Apfel beißen und von der Botha'schen Abweisung Mittheilung machen mußte, erklärte bereits im vergangenen Sep tember mit der ihm eigenen Selbstgefälligkeit und Wahrheits liebe, daß der Krieg vorbei sei und die Rebellcnbanden der Boeren sehr bald zu Paaren getrieben und vernichtet sein würden. Auch gestern Abend zeigten sich in dem süffisanten, glatten Gesicht des Herrn Chamberlain keine Spuren von irgendwelcher Ent täuschung oder Aufregung, und er gab die historische Erklärung von der Fortsetzung des Boerenkrieges in demselben Tone und mit derselben blassirten Miene ab, als wenn es die gleichgiltigste Sache von der Welt gewesen wäre. Sonst ist in London die Stimmung in allen Kreisen eine äußerst gedrückte, und es wird kaum noch weiterer heftigerer Anstöße bedürfen, um die K r i e g s m ü d i g k e i t, die Kriegsunlust allseitig laut und vielleicht überwältigend zum Ausbruch zu bringen. Lord Kitchener hat, wie uns ver traulich mitgetheilt wird, in den letzten Tagen wieder unaufhör lich um Beschleunigung der Absendung von Verstär kungen ersucht, da er mit den zu seiner Verfügung stehenden Truppen der Aufgabe, den Krieg noch sd iukinituin fortzusetzen, sich nicht mehr gewachsen fühlt. General Botha hat bereits seit einigen Tagen die Feind seligkeiten auf der ganzen Linie wieder er öffnet und die Delagoa-Eisenbahn an verschiedenen wichtigen Stellen besetzen lassen, wo es seinen Kommandos fast täglich gelingt, englische Transportzüge abzufassen und auszuplündern. Im klebrigen haben die unter Botha stehenden Boeren die Zwischenzeit sorgfältig ausgenützt und ihre Munitionsvorräth: durch Herstellung"neuer Patronen und Granaten u. s. w. ergänzt, während sie gleichzeitig aus den vielen geheimen Depots in Trans vaal sich auch sonst für die Fortführung der Campagne frisch ausrüsteten. Privatmeldungen weisen trotz der scharfen Preß- censur auf dem Kriegsschauplätze darauf hin, daß die Feindselig keiten in den ersten Tagen mit ganz besonderer Energie ' -m den Boeren, die durch die englische Hilflosigkeit und Friedenssehn- sucht natürlich erst recht angespornt worden sind, wieder aus genommen werden dürften, und daß andererseits die englischen Truppen sowohl im Transvaal, wie im Freistaat und in der Capcolonie abgehetzt und meistens kampsunlustig sind, während die neuen berittenen Corps, die nun schon so lange in der Bildung begriffen und doch immer noch nicht vollzählig geworden sind, selbstredend ohne Weiteres nicht gerade sehr felddiensttllchtig sein werden. Und so wird denn der Heldsnkampf des Boeren- volkes um seine Freiheit seinen Fortgang nehmen, bis . . . ? ? ? Die Wirren in China. Russisch - englischer Eonflict. Ile-ber Sie gestrige Sitzung des englischen Oberhauses liegt uns jetzr folgender ausführlicher Bericht vor: Spencer fragt >don Staarssekreiär des Auswärtigen Marquis of LandS- downe, ob er dem Hause hinsichtlich des Streitfalles in Tientsin eine Mirtheilung zu machen habe. Marquis of Landsdowne weist in seiner Antwort zunächst darauf hin, daß der englisch-russische Streitfall sich aus ein ziemlich ausgedehntes Stück Land aulf dem linken Hier des Peiho be zieht, welches im vorigen Herbst von dein Russen besetzt und als ihnen durch ihre alleinige Eroberung gehörig in Anspruch genommen wurde. Die englische Regierung sei später benach richtigt woüden, daß zwischen der chlnüsischen Regierung und Len russischen Militärbehörden ein Abkommen getroffen Es that ihr aufrichtig leid, als er sie wieder verlassen wollte. Aber sie wogte doch nicht, ihn zu längerem Bleiben auf- zufordrrn. „Kommen Sie nicht einmal zu uns?" fragte er Leim Ab schied. Sie zögerte. „Ich gehe jetzt wenig aus", sagte sie verlegen. „Nun, wenn Sie erlauben, komme ich bald wieder, nach Ihnen zn sehen. Grüßen Sie Ihren Mann. Und nun gute Nacht. Gott befohlen." Es durchzuckte sie seltsam. Es wäre ihr lieber gewesen, er hätte den Namen Gottes nicht genannt. Er paßte nicht zu ihm — und zu dieser Stunde. Warum eigentlich nicht? — Nicht mit einer Silbe hatte er der zarten Beziehungen gedacht, die einst zwischen ihnen be standen — so wenig, daß sie fast geneigt war, es Übelzunehmen. Aber dennoch — diese Beziehungen hatten sich in dieser Stunde von Neuem lebenskräftig angesponnen. Es war ihr nicht ganz behaglich zu Muth. Soviel sie sich sagte, daß sie nichts Unrechtes gethan habe, und daß es ihr Nie mand verdenken könne, wenn sie die Gelegenheit wahrnshme, eine kurze Stunde dieses langen, öden Tages angenehm auszufüllen — das Unbehagen blieb. Sie ging früh zu Bett, konnte aber nicht einschlafen. Trotz dem that sie, als erwache sie aus ihrem Schlummer, als Man fred zu vorgerückter Stunde leis« das Schlafzimmer betrat. Er war glücklich, sie wachend zu finden und fragte zärtlich besorgt nach ihrem Ergehen. „O — gut, ich danke. Lazinsky war hier", setzte sie schlaf trunken hinzu; „er wollte Dich besuchen und blieb einen Augenblick bei mir sitzen. Sonst war es recht öde und lang weilig." XXIII. Kurz vor Weihnachten starb die alt« Frau von Waldburg. Mit strahlendem Gesicht kam Manfred in das Zimmer seiner Frau und schwenkte den schwarzgeränderten Bogen. „Freue Dich, Maria, jetzt machen wir eine Erbschaft! Nun kommen wir endlich wieder in Ordnung!" Maria ließ 'das Buch in den Schooß sinken, in dem sie mit ziemlich gelangweilter Miene laS, und sah ihn starr an. „Aber, Manfred! Wie Unglaublich pietätlos!" „Nun ja — Du hast Recht — es klingt ja nicht hübsch — aber es ist doch wahr. Weshalb soll ich Dir eine Trauer heucheln, die ich nicht empfinde!" Sie lachte. „Freue Dich noch nicht pu sehr! Mit solchen Erbschafts- hoffnungen ist schon manch Smer sehr angeführt worden, — Wir wovdcn sei, nach welchem das Landstück von den Russen zu be setzen sei. „Das Gebiet", fährt LandSdowne fort, „umfaßte einige Stück Land, die als der Verwaltung der chinesischen Nordbahn gehörig betrachtet wurden und deshalb einen Theil der Sicherheit'der an dieser Linie interefsirren englischen Bond- Holders bildete. Die Linie bildet einem Theil der Eisenbahn, welche ursprünglich von den russischen Truppen besetzt worben war, von der aber jüngst eine Strecke von Len russischen Militärbehörden dom Grafen Waldcrsee und von diesem den englischem Behörden übergeben wurde, die seirher an der Strecke arbeiten ließen. Es scheint, daß cs als für die Bequem lichkeit der vevbünveten Truppen nöthig evachtet wurde, auf einem der von mir bezeichneten rcservirten Stücke Land eine A u s w e i ch st e l l e zu bauen, unÄ wir erfuhren, daß die An wesenheit britischer Avbeiterabtheilungen auf dem Platze von den russischen Militärbehörden als ein widerrechtliches Betreten russischen Gebietes angesehen wurde. Es wurde nun be'lMüitet, das russische Grenzzeichen sei von unseren Soldaten entfernt und dadurch die russische Flagge be schimpft worden. Wir telegraphirtcn deshalb am 16. März an die englischen Behörden in China, daß nach unserer Meinung die Frage, ob die englischen clder die russischen Truppen be rechtigt seien, gewisse strittige Puncte zu besetzen, eine Frage sei, die am angemessensten vom Grafen Walde rsee als Lbercoinmandirenden erledigt werden könnte, und wir wiesen Gaselee an, den Grafen Waldersee zu ersuchen, die augenblick liche, zwischen den englischen und rufssichen Militärbehörden entstandene Differenz zu regeln, indem wir dabei die Frage der Giltigkeit der Concessiom und der beanspruchten Eigen- thumsrechte einer späteren Prüfung vorbehielten. Marquis of LandSdowne fährt fort: Gaselee wurde ferner angewiesen, sich inzwischen der Anwendung von Ge walt zu enthalten, es sei denn zum Zwecke der Ab weisung eines Angriffs. Da sich gestern der Zwischenfall in Betreff der Entfernung des russischen Grenz - Zeichens wiederholt hat, wurtde unser Vertreter in Peking wieder dahin instruirt, daß, da behauptet werde, die englischen Truppen seien in russisches Territorium eingedrungen und hätten russische Grenzzeichcn emtfernt, und da die Thatsachen bestritten wunden, die eiraliiche Regierung bereit sei, die Ange legenheit dem Grafen Waldersee ctder einen von ihm behufs Herbeiführung einer Verständigung ernannten Commifsar zu überwesien, und daß, wenn sich ergebe, daß eine von beiden Seiten sich Ilnrcgclimäßigkeiten haue, zu Schulden kommen lassen, diese Seite a n g c mcs s e n e G e n u g t h u u n g geben soll. Wir fügten hinzu, daß nach unserer Meinung der Bau der AuSweichitelle, die wir von Wichtigkeit für die verbündeten Truppen hielten, fortgesetzt werden sollte, jedoch unter vom Grafen Waidersce zu bestimmendem Bedingungen. Ick freue mich, inittheilen zu können, daß wir heute früh vom englischen Botschafter in Petersburg erfahren haben, daß Graf Lams- dorff ihn ersucht hat, unverzüglich der englischen Regierung vorzuschlagen, daß alle auf die Eigenthumsrechte bezüglichen Fragen der Prüfung der beiden Regierungen Vorbehalten werden, und daß wir inzwischen gleichzeitig zur Vermeidung von etwaigen Zwischenfällen Befehl zur Zurückziehung der Truppen von -en strittigen Puncten errheilcn. Graf Lamsdorff fügte hinzu, der rmsische Kriegsminister werde ausführliche Instructionen in diesem Sinne telegraphisch eviheilen, wenn die englische Regierung dem Vorschläge zustimmc, und gab schließlich seinem Wunsche Ausdruck, jcden, Grund zu einer Friction zu ver meiden. (Beifall.) Marquis of Landsdowne schließt: Wir gaben sofort tele graphisch unsere völlige Zustimmung zu den Ansichten des Graren Lamsdorff, um zo mehr, als alle Minister sich in vollkommener llebercinllimmung mit den bereits von uns zum Ausdruck gebrachten Ansichten be fanden. Wir wiesen unsere militärischen Behörden an, die Zurückziehung der Truppen gleichzeitig zu bewerk stelligen, und fügten hinzu, daß wir cs für wünsckenswerih hielten, daß die Zurückziehung der Truppen in einer Weile ge schehe, die den Grafen Wal de rsee so befriedige, daß kein Miß- verständniß Platzgreifen könnte. Was die Einzelheiten betrifft, kämen nun endlich wieder in Ordnung, meinst Du — ja, sind wir denn in Unordnung?" Manfred stand am Fenster und betrachtete angelegentlich das winterliche Straßenbild. Plötzlich wandte er sich um und sagt«: „Ja, sage mal, Schatz, was meinst Du denn eigentlich, was unser Leben uns bis jetzt gekostet hat? Von den laufenden Ein nahmen können wir das unmöglich allein bestreiten. Ich habe Dir unsere erste Glllckszeit nicht mit diesen Dingen verbittern wollen — Du warst es nicht anders gewöhnt — aber mir ist manchmal himmelangst geworden. Und wenn nicht die Aussicht auf diese Erbschaft gewesen wäre —" Maria war aufgesprungen und sah sehr erregt aus. „Dos ist sehr unrecht von Dir, Manfred, Laß Du mir daS nicht längst gesagt hast. Ich bin Deine Frau — nicht ein ver wöhntes Kind, dem man Alles fcrnhalteu muß. Und wenn man sich erst an ein Leben gewöhnt, das man nachher nicht fortsctzen kann, ist es viel schwerer, zurückzustecken, als wenn man von An fang an etwas sparsam wirthschaftet." Dieser sehr vernünftigen Weisheit seiner Frau gegenüber stand Manfred etwas beschämt da. „Schatz — ich schwieg doch nur aus Liebe zu Dir!" Sie küßten sich und es war wieder gut. Dann begannen sie, ihr Erbe einzutheilen. Zunächst mußte Peter Las Seine zurückbekommen, darüber Warrn sie Beide einig. Dann mußten die anderen Schulden be zahlt werden. Und dann — ja dann kam es darauf an, wie diel noch übrig blieb. „Jedenfalls müssen wir uns mit dem, was wir dann haben, einrichten; wir dürfen nicht mehr so in den Tag hineinleben. Wir werden bald für «in Drittes zu sorgen haben. Das ist Grund genug, ein solides Leben anzufangen und den Leichtsinn zu quit- tiren. Nur auf einem sicheren Fundament kann man ein sichere« GebäuLe aufführen", schloß er weise. Maria seufzte trotzdem. „Ja, ja, das ist Alles recht schön — wenn Du Dich nur nicht schrecklich verrechnest!" Am andern Tage reiste er mit Peter zum Beqräbniß und blieb zwei Nächte fort, da man gleich das Geschäftlich« zu er ledigen wünscht». Als er um Mittag des dritten Tages heimkam, lief ihm Maria erwartungsvoll entgegen. Sie blieb betroffen stehe», als sie sein finsteres, verstimmtes Gesicht sah. Eine ganz« Weile war er zu keiner Ausklärung zu bewegen. Maria, die gleich das Richtige ahnte, wollte ihm Zett lassen. Auch fand sie es paffender, erst nach der Trauerfeier und den näheren Einzelheiten des Todes zn fragen. Endlich konnte sie es nicht mehr aushalten, hoffe ich, daß daS HauS äus dsm von mir ihm mitgsHeiüen Schriftwechsel ersehen wind, -aß-er Zwischenfall that sächlich erledigt ist und sah es sich in Wirklichkeit um ein« klerne Sache von rein örtlicher Bedeutung gehandelt hat, welche die Beziehungen zwischen zwei Ländern nicht stören darf. (Beifall.) * Tientsin, 21. März. („Reuter'S Bureau".) Die britischen Marinesoldaten und die russischen Soldaten stehen sich noch tm strittigen Gebiete gegenüber. — Die französischen Officiere erklärten, sie wünschten dringend, daß der englisch-französische Zwischenfall beigelegt werde. General Boyron begiebt sich heute noch Tientsin und wird wahrscheinlich die Einleitung einer Unter suchung anorduen, welche General Barron wegen thätlicher An- grisfe auf britische Officiere verlangt hatte. * Peking, 22. März. („Reuter'S Bureau".) In einer Conferenz. an der Feldmarschall Graf Waldersee theilnahm, beschlossen die Generale Barrow und Wogack, die englischen und russischen Truppen heute früh ö Uhr von dem streitigen Gebiete bei Tieutsin zurückzuziehen und die Arbeiten am Bahngleise einzustrllen, bi« zur Regelung der Frage auf diplomatischem Wege. Eine rhatsächlicke Erledigung -es Zwischenfalles ist durch die Geneigtheit Leider Regierungen, i» Verhandlungen einzu treten, schwerlich schon erreicht. Diese Verhandlungen können noch zu recht gereizten Auseinandersetzungen führen. Schließ lich dürfte aber doch England nachgeben. Der chinesische Hof. Die in Shanghai erscheinenden „Norah China Daily SiewS" wollen, wie uns der Draht von dorr meldet, aus gurer Quelle wissen, der kaiserl, -i, e Hof wolle Mitte April sich nach Liang ja ng in der Provinz Hupch begeben, wo er bis zum Mmanme der Verbündeten von Peking bleiben wolle. Dieser Beschluß müsse, bemerkt das Blatt, als ein Prolestgege n die Befestigung der Gesandtschaften angofehe n Werden. politische Tagesschau. * Leipzig, 22. März. Trotz der Eil-, mit der gestern der Reichstag die dritte Lesung de« Etats beendete, um in die Ferien zu kommen, fand er noch Zeit, Aufklärung über den Stand einiger An gelegenheiten zu verlangen, deren Erledigung dringend gewünscht wird. Die Antworten vom BundeSrathStische fielen freilich zumeist ungenügend aus. So erfuhr man z. B., daß die Revision des Strafgesetzbuches in Angriff genommen sei, eine entsprechende Vorlage aber für die nächste Session noch nicht in Aussicht gestellt werden könne; nur die ver langte Zusammenstellung der Vorschriften, die in Len einzelnen Staaten über den Ausschluß des Rechtswegs bestehen, wird dem Hause in nächster Zeit vorzelegt werden können. Was Len Zolltarif betrifft, so wurden die Frager belehrt» daß der Entwurf im Reichsschatzamt fertig gestellt ist und zur Zeit der gemeinsamen Beratbung mit anderen Ressorts unter liegt. Da alsdann der Neudruck mehrere Wochen beanspruchen wird, so ist noch nicht abzusehen, ob die Vorlage vor Ablauf des nächsten Monats dem BundeSrathe wird zugeben können. Daß die polnischen UebersetzungS stellen sich bewährt hätten, mochte Herr v. Podbielski weder behaupten noch be streiten; er scheint aber Loch mit der Möglichkeit der Nicktbewährunz zu rechnen, denn er stellte für diese» Fall die Aushebung der Einrichtung in Aussicht. Eine Gehaltsaufbesserung für die P o st a s s i st e n t e n sagte „Nun — und wie ist e- mit der Erbschaft?" fragte sie ge radezu. Manfred lachte grimmig. „Wir können keinen Pfennig Schulden bezahlen, liebes Kind, wenn wir nur einigermaßen unser Auskommen haben wollen." Dann erzählte er. Sie waren die einzigen Erben. Aber es fiel für Jeiden so wenig ab, daß Manfred's gewohnt« Zulage dabei nicht mehr voll hcrauskam. Die Großeltern hatten augen scheinlich schon lange vom Capital gelebt. Es hieß also sich ein schränken. „Peter ist noch dageblieben, wegen der Möbel, die auch mit wenig Ausnahmen uns zugefallen sind. Ich habe ausgewählt, was wir irgend brauchen können. Das Uebrige kann verkauft werden — was sollen wir mit all dem Zeug besser, wir haben das Geld dafür." Maria nahm, nachdem sie die erste Enttäuschung überwunden, die Sache nicht so schlimm. „In der ersten Zeit kommen immer so viel Extraausgaben für Dinge, die man noch nicht hat — nachher wiro das Lebens ganz von selbst billiger. Und wir brauchen uns ja auch nicht mehr jeden Wunsch und jede Laune zu erfüllen." Manfred aber hatte von diesem Tag« an Sorgen. Er sprach sich nicht darüber aus, auch nicht zu Maria. Aber sein ganzes Wesen war verändert — bedrückt und zerstreut. Wenn Maria ihn darum befragte, suchte er sie mit Scherzen und ausweichenden Redensarten zu beruhigen. Sie merkte, daß er nicht darüber zu sprechen wünschte, zog sich gekränkt zurück und fragt« ihn nicht mehr. Er blieb auch Abends häufiger aus, als bisher, und wenn sie ihn fragte, !vas er getrieben, bekam sie ungenügende Antworten. Das Alles hat« eine andauernde Verstimmung bei ihr zur Folge. Sie fühlte sich verletzt und vernachlässigt, jetzt gerade, wo sie ein besondres Anrecht auf liebevolle Rücksichtnahme zu haben meinte. Und Manfred, der lhr eben diese Rücksichtnahme zu erweisen glaubte, indem er ihr nicht sprach von dem, was ihn so sichtlich drückte, erreicht« das Gegentheil; sie hüllte sich ihrerseits in trotzige Theilnahmlosigkeit und beschloß, die Dinge, die mit ihr zu theilen er sie augenscheinlich für zu kindisch hielt, einfach zu ignoriren. So arbeiteten sie sich in eine gereizte Stimmung hinein, in der sich Beide höchst unglücklich fühlten. 4 In dieser Zeit waren ihr Lazinsky'« Besuche ein« immer will kommenere und angenehmere Abwechslung. Er hatte sie oft wiederholt, zu jeder Tageszeit, manchmal nur für ein paar flüch tiae Minuten, manchmal blieb er zum Thee. Zuweilen war, Manfred dabei — zuweilen auch nicht. Lazinsky war als Ritt- > meister über die Dienstzeiten der jüngeren Officiere stets gut orientirt, und Maria hielt es nicht mehr für nöthig, ManfrB^
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