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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000208010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900020801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900020801
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Die Morgev-Au-gab« «scheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wocheatag« um 5 Uhr. Nedactio« und Erpe-ition: AohanntSgaffe 8. Di« Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Filialen: Wfrr» Hahn vorm. v. Klemm'» Sorti«. Uuivrrsität-straße 3 (Paulinum), Lonit Lösche, Kalharineustr. 14, Part, und Königsplatz 7. Bezugspreis tu der Hauptexpedition oder den im Stabt- deair? und den Vororten errichteten AnS- oabesirllen abgeholt: vierteljährlich ^»4.S0, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» HauS 2^0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährlich ^l 6.—. Dtrrctr tägliche Kreuzbandsendung in» Ausland: monatlich ./» 7.50. O 7V. Morgen-Ausgabe. MpMer Tagcblaii Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Donnerstag den 8. Februar 1900. Anzeigenprei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem NedactionSstrich (4 ge spalten) SO^z, vor den Familiennachrichtea (8 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe. ohne Postbeförderung 60.—, mrt Poslbrsörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end «Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morge»-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stund« früher. Anzeigen sind stets an di>. Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. „Französische Plane". Der Telegraph hat aus Köln über einen unter der vor stehenden Ueberschrift in der „Köln. Ztg." erschienenen Leit artikel berichtet, der in sehr pessimistischer Weise die Lage bespreche und besonders auf das Ziel deS französischen Kammerpräsidenten DeSchanel und der übrigen Chauvinisten Hinweise, Deutschland vom Dreibunde loszulösen, die Annäherung Rußlands und Italiens an England zu betreiben, um mit activer Hilfe Rußlands und unter Innehaltung aus reichender Neutralität Englands, Oesterreichs und ItalienSElsaß-Lotbringen zurückerobern zu können. Der Artikel liegt uns jetzt im Wortlaute vor. AuS ihm er sehen wir, daß der Telegraph den ersten Theil in er schöpfendem Auszüge wiedergcgeben, den zweiten aber kaum berührt hat. Und da nun vielfach angenommen werden wird, der alarmirende Artikel sei, wenn auch nicht vom Aus wärtigen Amt in Berlin inspirirt, aber doch wenigstens im Einverständniß mit dieser Stelle verfaßt und veröffentlicht, so glauben wir den zweiten Theil hier wörtlich folgen lasten z« sollen. Er lautet: „Auf diese innere Lage hat jetzt für alle Außenstehende die viel besprochene Rede deS Kammerpräsidenten DeSchanel ein neues Helle» Schlaglicht geworfen. Herr DeSchanel ist einer der kommenden Männer Frankreichs er ist, überaus ehrgeizig, vorausschauend, klug berechnend, und allseitig wird von ihm angenommen, daß sein Streben dahin gerichtet ist, zur Freude aller derjenigen Franzosen, welche nach der Wahl den neuen Präsidenten der Republik mit dem Rufe „Oonrpuer Uondet," begrüßt hatten, demnächst die Präsidentschaft der Republik zu übernehmen. Wenn dieser Manu jetzt di« Zeit für gekommen hält, seine politische Standarte aufzuhiflen und feine Anhänger um das Banner eines neuenDrei- buudeSFrankreich-Rußland und England gegenDeutsch- land zu sammeln, so ist daraus ein Rückschluß gestattet, wie weit dieser sonst so vorsichtige und zurückhaltende französische Staatsmann schon jetzt einen großen Theil der öffentlichen Meinung in Frankreich für diese» Ziel wohl vorbereitet und reif erachtet. Gewiß steht »och beule daS republikanische Regiment eines Waldeck-Rousseau fest und zur Zeit unangreifbar da. Auch seine Gegner, deren Zahl in den letzten Monaten nicht abgenommen hat und die durch die Hinein ziehung de- Socialisten Millerand in die Regierung große Verstärkung erfahren haben, denken vorläufig nicht daran, Herrn Waldeck-Rousseau und damit den von ihnen verachteten Präsidenten Loubet zu stürzen. Für ganz Frankreich ist das volle Gelingen der Weltausstellung die Hauptfrage, und kein Franzose wird eS wagen, einen Schritt zu thuu, der ihm die Verantwortung für einen Mißerfolg aufbürden könnte. Aber wenn somit zwischen den französischen Parteien im Inner» zur Zeit eine Art Gottesfrieden herrscht und geboten ist, so hindert da» nicht, daß die Waffen in aller Stille vor bereitet m»d gerüstet werden, um von ihnen den erwünschten Ge- brauch zu machen, sobald die Verhältnisse es ermöglichen. In dieser Hinsicht komme» deu Franzosen die Niederlagen der Engländer im TrauSvaalkrieg ganz besonders zu statten. Mau wird sich er innern, wie unverhohlen beim AuSbruch des TrausvaalkriegeS der Haß und die Mißgunst der Franzosen gegenüber England, die Schadenfreude über diese Vergeltung wegen Faschoda zum Ausdruck kamen. Selbst französische Gerichte gingen in diesem Hasse so writ, daß sie sogar für fraazöfifche Schmutzverhältnisse unerhört rohe Schmähgedichte und Epottbilder gegen die Königin Victoria straffrei erklärten. Heute beginnt eine andere Strömung immer deutlicher Platz zu greifen. Wie auf ein gegebene» Zeichen wird Frankreichs Aufregung gegenüber England zur Ruhe vermahnt, wird Deu sch land als der bösartige Störenfried dargestellt, der sich in Genugthuung über di» englischen Niederlagen nicht genug zu thun wisse und sich schon heute darauf einrichte, die Erbschaft deS zofammenbrechendrn eng lischen LolonialrrichS anzutreteu. Erst vor wenigen Wochen konnte mau in hervorragenden französischen Zeitungen lesen, daß die fran zösische Flotte der englischen schon jetzt überlegen sei, daß die schweren Mängel, welche die englische Heeresverwaltung großgezogeu habe, ebenso für die englische Flotte zoträfeu und diese vollend» unge- sährlich machten. Alle beredten, langjährigen Mahnungen Lockroy'S über die schweren Mängel der französischen Flotte, die traurigen Erfahrungen, welche bei der Ausreise deS Präsidenten Faure nach Kronstadt mit au-gewählte» französischen Kriegsschiffen gemacht worden waren, schienen vollständig vergessen. Heute hofft man zwar auf «ine solche Herabdrückuug der englischen Macht, daß sie nicht mehr allein ausschlaggebend zur See ist, aber mau bemüht sich um so mehr, ein schließliche» Zusammenwirken herbeizuführen, auf daß der deutsche Erbfeind endgiltig sich al» besiegt werde erklären müssen. Man weiß in diesen französischen Kreisen, daß eia Zusammenwirken mit England nur auf dem Umwege über Rußland zu erreichen ist und daß diesem Ziele wichtige russische Interessen entgegenstrheu. Herr HervS, dessen nachträglicher Lob- «du« Herr DeSchanel ist, hat für dieses Ziel im „Solell" drei Jahrzehnte vergeblich gekämpft, aber Herr DeSchanel hält jetzt den Slngeublick für besonder» geeignet, mit neuen ernsten Bewerbungen eiuzasetzeu. Bor Allem wird da» jetzige Unglück der britischen Truppe» mit allen Mitteln benutzt, um England au» seiner jetzigen Jfolirong hervorzurütteln. So sehen wir, wie die „Agrnce Hava»" mit AufstandSversuchen der Truppen in Egypten, mit Selbstständigkeits gelüsten Eanada» die öffentlich« Meinung in England in» Bock». hoSn zu treiben sich bemüht, die russisch« Truppenverschiebung nach Kurschk, die Ausdehnung de» russischen Einflusses über Persien durch den Abschluß der jüngsten Goldanlrihr, die hongerSnoth in Indien, die ein« Bevölkerung von drei bis vier Millionen Menschen aufs Schwerste Helmsucht, ohne daß die indisch« Regierung genügend ein schreiten kann, alles da» wird zu einem bunten Kaleidoskop zu sammengewürfelt mit der Absicht, den beonrahigten Eng ländern klar zu machen» daß allein in dem felsen fest«» srauzösisch-russische» Zweibund da- Rück- grat d«r «urapäischen Politik s«i, und daß allein im engen Anschluß an ihn England vor den Krallen deS zum Sprunge bereit liegenden deutschen TigerS sich schützen könne, der England die coloniale Vor- Herrschaft entreißen wolle. Erst, wenn Frankreich im Rücken durch England unbehelligt, im engen Bunde mit Rußland, das nur ein mächtiges Frankreich als Bundesgenossen gebrauchen kann, dem Tiger die Krallen beschnitten, d. h. sich die Provinzen Elsaß- Lothringen zurückerobert habe, erst dann dürfte es auch in Indien und Ostasien die maßgebende und friedensichernde Stellung cinuehmen können, die sowohl für England wie für Rußland die Sicherung eines befriedigenden Ausgleichs verbürgt. Lange Jahre hat jetzt Frankreich sich an Bündnissen mit Rußland, dem vielumworbenen Ziele Les Herrn H^vS, erfreuen können, ohne einen praktischen Nutzen daraus für sich zu gewinnen. Frankreich hat Rußland mit ungeheuren Geldsummen unter die Arme gegriffen, so daß cs kaum noch weitere Vorschüsse darbieten kann; eS ist bisher in muster hafter Folgsamkeit allen Winken und Wegen der russischen aus wärtigen Politik gefolgt. Wie wäre es nach französischer An schauung Lenkbar, daß Rußland Frankreich im Stich lassen sollte, wenn dieses den Zeitpunkt einer erneuten Abrechnung mit Deutsch land für gekommen erachten sollte! Ein im Zweikampf geschlagenes Frankreich würde für Rußland werthlos sein; so müßten die eigenen Interessen Rußland auf einen Dreikampf hindrängcn. Wir glauben mit diesen Darlegungen in unverblümter und unzweideutiger Weise diejenigen Bestrebungen geschildert zu haben, welche für die französische auswärtige Politik maßgebend sein würden, falls einmal in unserm Nachbarlande die Herren DeSchanel, Mercier und die Dreyfusgegner des französischen Generalstabes die Oberhand gewinnen und die Zügel der Regierung in die Hand nehmen sollten. Wir glauben diese Darlegungen jetzt um so rechtzeitiger zu machen, weil einerseits das Bcvorstehen der Pariser Weltausstellung ihre baldige Verwirklichung hindert, während anderseits ein Mann von der hervorragenden Vertrauensstellung des Herrn DeSchanel sich nicht scheut, ihren Grundgedanken offen auszusprechen. Unser deutsches Publicum mag sich dieselben ganz besonders gegenwärtig halten, wenn die nächsten Monate lehren werden, wie jene fran zösische« Kreise Alles aufbieten, einen gründlichen Haß Englands gegen Deutschland groß zu ziehen. Wir haben heute kein andere» Ziel, als unsere Leser daran zu erinnern, welche Gewitterwolken seit dem Frankfurter Frieden unausgesetzt an dem politischen Himmel Deutschlands schweben und wie nothwendig eS ist, ihre Weiterentwickelung mit aufmerksamem Auge zu verfolgen und rechtzeitig für zuverlässige Blitzableiter zu sorgen, damit sie niemals unserem Baterlande gefährlich werden. Deutschlands Kraft und Macht bleibt Deutschlands Sicherheit." Daß der Verfasser sich in Bezug auf die Plane des Herrn DeSchanel und seiner Freunde irre, glauben wir nicht; eS fehlt nicht an schlagenden Beweisen dafür, daß iu der Thal in Frankreich zahlreiche Federn thätig sind, die den in Eng land gegen Deutschland herrschenden Haß gegen Deutschland zu schüren suchen, um die öffentliche Meinung des Insel- reichö dem Anschlüsse an das französisch-russische Bündniß geneigt zu machen. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß daS Auswärtige Amt iu Berlin cs nicht ungern sieht, wenn kurz vor dem Eintritt in die erste Berathung der Flottenvorlage auf die Gefahren aufmerksam gemacht wird, die nn» drohen könnten, „fall- einmal in unserem Nachbarland« die Herren DeSchanel, Mercier und die Dreyfusgegner deS französischen Generalstabes die Ober hand gewinnen sollten". Aber jedenfalls steht das Auswärtige Amt, daS »och unlängst in die „Köln. Zeitung" recht deutliche Auslassungen über die Beschlagnahme deutscher Dampfer lancirte, der ebenso deutlich aus den vorstehenden Auslassungen herausleuchtenden Tendenz fern, Stimmung in Deutschland für eine Sich- anbettelei an England oder gar für eine Unterstützung des selben in seinem „Unglück" zu machen. Davor, daß die deutsche Diplomatie Englands Feindschaft provociren werde, sind wir aus mehr als einem Grunde gesichert; aber unsere Staatsmänner wissen auch, daß wir Englands Wohl wollen nur mit Lahmlegung unseres Welthandels und mit Verzicht auf eine energische Colonialpolitik erkaufen könnten; sie werden daher zu Demüthigungen sich nicht herbeilaffen, die doch fruchtlos sein würden, wenn England glaubte, seinen Vortheil in einer auf die Vernichtung der deutschen Weltstellunz gerichteten Verbindung mit Rußland und Frankreich zu finden. Wenn eine solche Verbindung mit allen Mitteln der Diplo matie zu verhüten gesucht und für alle Fälle unsere Waffen im besten Stande erhalten werden, kommen wir weiter, als wenn wir einer Macht unS beugten, die jede Beugung als Schwäche deuten und um so eifriger darauf bedacht sein würde, mit Anderen auf unsere Kosten sich zu bereichern. Revolutionen und wirthschastliche Aufgaben in Uruguay. Nachdruck d«b»len. W. L. Aus Montevideo, 10. Januar, schreibt unS unser ständiger Herr Mitarbeiter: Wieder einmal hält man dm AuSbruch einer Revolution in dem Freistaate Uruguay für sehr wahrscheinlich. Längere Ruh- hat unser Ländchen ja seit seiner LoStrennung vom der Argentinischem Republik, also seit etwa 80 Jahren, überhaupt noch nie genossen. Solche Putsche (denn meist handelt es sich nur um Chirmadas, wie der technische Ausdruck lautet) beginnen gewöhnlich damit, daß ein mehr oder weniger bekannter Caudillo in seinem Bezirk eine zuerst sehr kleine Baud«, viel leicht 10 oder 15 Laute, züsamnrenbringt umd die Brrtherdigung des Bolkswohls damit einlritet, daß er so viele Pferde zutsammen- vambt, als nur immer möglich; denn Pferdefüße spielen immer die Hauptrolle bei solchen Trug-Komödien. Gar /bald sind die Führer des Aufstandes in der Lage, zur Bikdung mehrerer „Heere", jedes von vielleicht 100 Mann, davon vielleicht 30 Osfi- ciere, wenn es hochkommt von 300 Mann bilden zu können. Nach einiger Zeit treten dann dir btiden Parteien in Unter handlungen und gelangen zu Vereinbarungen, in welchen, nach dem die Führer durch nicht in di: Oeffentlichkeit gelangende Ab machungen sich verständigt Haden, als crste Klausel eine Be stimmung zu finden ist, welche die Anerkennung des Ranges der Officiere der Aufständischen ausspricht. Daher kommt oie ganz unverhältnißmäßig große Zahl von Officicrcn in Uruguay, die, nach erfolgtem Fricvenssch'luß, wieder zu ihrem bürgerlichen Gewerbe zurückkehren, aber — uno das ist eben di« Hauptsache — vom Ladendiener oder Schullehrer zum .Hauptmann, vom Be sitzer eines Kramladens zum Obersten und vom unbeschäftigten Advocaten zum General sich ausgewachsen haben. Und als solche in den Bcsoldungslisten der „Armee" stehen, ganz abgesehen von den kleinen, aber reichlich löhnenden Geschäftchen, dir sie wahrend des Krieges so nebenbei zum Abschluß bringen konnten. Nun ist es sicher, daß es gegenwärtig wieder stark gährt; das beweisen auch die von der Regierung ergriffenen Vorsichts maßregeln, darunter die F e st na h m e m eh r e rr r höherer Officiere und sonstiger einflußreicher Personen. Anderer seits aber hat der derzeitig: Präsident. Herr CuestaS, obwohl er nur sehr wenige Freunde und keine Partei aufzuweisen ver mag, es verstanden, die Schwingungen der Regirrungsschaukel so weise zu bemessen, daß er die eine der beiden Hauptpartbien durch die andere, die Colorados durch die Blanoos, und diese durch jene in Schach halten konnte. Es ist mithin wohl möglich, daß sich dieses System auch bei der jetzigen Gelegenheit bewährt. Präsident Cuestas ist ein Mann, der es mit der w i r t hs chaf t - ltchen Hebung der Republik ernst nimmt und bedeutend« Pläne verfolgt. So hat er die für die Erschließung des Landes sehr wichtige und nothwendige Regelung des Lan/dwegewasvns kürzlich in Angriff genommen, so ganz besonders den Bau des Hafens von Montevideo mit großer Energie ge fördert. Dieses Werk, für dessen Ausführung sowohl in tech nischer als auch in finanzieller Beziehung mit den Gesetzen vom 7. November bekanntlich die erste Grundlage geschaffen worden ist, steht jetzt hier im Vordergründe des Interesses. Zur Deckung der Kosten sollen in erster Linie Zuschlagszölle auf die Ein- und Ausfuhr, deron Iahresertrag auf etwa eine Million Pesvs Gold veranschlagt wird, sowie Hafen- und Leuchtihurmabgaben herangezogen werden. Auch ist eine Hafenbaus »leih« bis zu anderthalb Millionen Pfund Sterling geplant. Die Nach dem Gesetz mit der Verwaltung der für den Hafenbau bestimmten Gelder beauftragte Commission ist bereits ernannt; die Auswahl der Persönlichkeiten, unter denen sich übrigens nur ein Fremder, und zwar ein Deutscher, be findet, ist hier beifällig ausgenommen worden. Dies groß: Unternehmen kann nun aber leicht ins Stocken gerathrn, wenn wieder die Revolution im Land« ausbricht. Jedenfalls liegt für die fremden und speciell für die deutschen Unternehmer, Grund zur größten Vorsicht vor. Es ist gar nicht un möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich, daß der Hafenbau sich zu einem gut gehenden Unternehmen gestalten könnte, aber der Eribauer könnte, falls er betreffs der Bezahlung seiner Arbeit sich nicht vorgesehen, bösen Erfahrungen ausgesetzt sein. Daß die Wirksamkeit des Präsidenten Cuestas ein« größere Selbstständigkeit des Landes in wirth schrift licher Hinsicht herdeigeführt hat, kann zugegeben werden und erhellt auch aus einer von der hiesigen Generalzolldirectivn vor Kurzem veröffentlichten Getzen'überstellung des Imports der auch im Lande hergestellten Artikel in den Jähren 1889 und 1898. Halten wir uns nur an die Artikel, an deren Einfuhr Deutschland größeren Antheil hat, so war der Import (in uruguayischen Goldpefos — 4,35 cM an 1889 1898 Bier 132 753 7110 Süßen Zwiebacken 52642 25 041 Schweinefett 42166 4650 Butter 18339 2092 Käs« 93628 29 701 Cigarren 149 415 13 848 CorsctS 43 305 2 IM Möbeln 226 208 54 034 Schinken 24 267 10 783 Diese Ausstellung, die eine enorme Abnahme der Einfuhr zeigt, — und ähnlich steht es mit zahlreichen anderen Artikeln —, ist jedoch mit Vorsicht zu beuriheilen. So ist die Abnahme der Einfuhr vielfach auf ein Herunter gehen des Verbrauchs zurückzuführen. Beispielsweise ist die Weineinsuhr, an der Deutschland sich nur schwach dethe'ilitzt hat, von 33 Millionen Liter im Jahre 1889 auf 18 Millionen im Jähre 1898 zurückgeganyen, während nach einer ProductioNS- stskistik desselben Jahres höchstens 4 Millionen Liter im Lande erzeugt worden sind. Es bleibt auch zu bedenken, daß die Ein fuhrziffern des sogenannten „Schwindeljahres" 1889 sich weit über den Durchschnitt der letzten Jahrzehnte erheben; während andererseits die Einfuhr des Jahres 1898 im Allgemeinen als normal zu bezeichnen ist. Immerhin bleibt eine Anzahl von Artikeln, wie z. B. Bier und Streichhölzer, übrig, bei denen sich der erfolgreiche Wettbewerb des einheimischen Gewerbefleißes geltend macht. So brauchte Uruguay vor Allem jetzt Ruhe, um sich befriedigend weiter entwickeln und seine wirthschaftlichcn Aufgaben lösen zu können. Aber die Hoffnung, daß diese Be dingung erfüllt werde, ist schwach und beruht nur auf der Energie und dem Geschicke des Präsidenten. Der Krieg in Südafrika. -p Während bei Ladysmitb und am oberen Tugela die Lage unverändert ist, scheinen sich im Norden der Capcolonie große Ereignisse vorzubereiten. Man meldet unS: * London, 7. Februar. (Telegramm.) DaS Renter'jche Bureau" berichtet auS Sterk ström unter dem 6. d. M.: Die allgemeine Lage ist unverändert, jedoch verließ die Imperial Mounted Jnsantry mit dem Train daS Lager am Sonnabend früh in westlicher Richtung. ES werden wichtige Vorgänge er- wartet. Tie Militärbehörden lehnen jegliche Aeußerung ab. Feldmarjchall Roberts erließ eine Proclomatiou, in der er die Freistaat, und TranSvaal-Boeren auffordert, die Sache der beiden Republiken im Stiche zu lassen, indem er ihnen «ine gut« Auf- nähme bei den Engländern verspricht; ferner wird in der Prokla mation deu Rebellen auS den Eolonien angerathen, sich jetzt zu ergeben, statt sich der Gefahr auSzusetzen, im Feld» gefangen genommen zu werden; die Rebellen dürften jedoch nicht dieselbe Behandlung, wie jene Boeren erwarten. * London, 7. Februar. (Telegramm.) Die Abendblätter veröffentlichen ein Telegramm aus Sterkstrom vom 7. d. M, nach dem die Boeren die Vorposten an verschiedenen Punctr» gleichzeitig angriffen. Es ist ein Kampf im Gange. * Kapstadt, 6. Februar. (Telegramm.) Die Generale Roberts und Kitch en er haben Capstadt verlassen. (Reuter'» Bureau.) Sterkstrom, wo Gatacre'S Division steht, liegt, wie auS unserer im gestrigen Abendblatt reproducirten Karte zu er sehen ist, an der östlichen der drei von der Südküste Afrika» nach dem Norden führenden Bahnlinien, und zwar zwischen OueenStown und Stormberg, wo Gatacre bekanntlich aufs Haupt geschlagen wurde. Wie allgemein angenommen wird, versucht Gatacre, Fühlung mit der westlich bei Thebus stehenden Division Kelly Kenny zu gewinnen, welche wieder das Verbindungsglied mit der Division French bei Coleeberg bildet, wo der erste Hauptschlag geplant za sein scheint. Wieder eine Enttäuschung! X. 0. London, 5. Februar. General Buller hat immer noch kein Lebenszeichen von sich gegeben, allerdings haben das Andere für ihn gethan, aber wunderbarer Weise finden sich immer weniger Leute, welche diesen Anderen Glauben schenken wollen, obwohl sie sonst zu den besten Autoritäten gehören. Dem naiven Spaziergänger, „dem Manne auf der Straße", konnte freilich nicht der leiseste Schatten eines Zweifels kommen, wenn er die Riesenasfichen der Zeitungen betrachtete. Da stand es mit Monstre-Leltcrn gedruckt: „Buller eintrifft heute Abend in Ladysmith". — „Buller durchbricht die Reihen des Feindes siegreich". — „Große Action Buller's, brillante Kanonade". — „Ladysmith hört, wie Buller die feindlichen Stellungen zer schießt." Und wenn man in die Zeitungen hineinblickte, dann fand man darin, daß Buller „heule Abend in Ladysmith zu sein erwartet" — eine Erwartung, die nicht gerade alle Welt theilte, oder eine Wiederaufwärmung deS liefsinnigen Kabels deS „Daily Telegraph" aus SpearmanSkamp 4 /2- 6.15 Abends: „Wir haben heute Abend wieder brillantes Wetter" oder dascorrespondirende Kabel der „Morning Post"von Winston Churchill selbst von 9 bis 10 AbendS: „Buller'S Reden haben tiefen Eindruck gemacht Der Glaube ist allgemein, daß alles auf den einen Wurf der kommenden Schlacht gesetzt werden wird. . . . Die moralische, wie materielle Kampf fähigkeit der Armee war nie höher als jetzt" — wobei sich der ungläubige Mann der Straße in seiner Dummheit wieder fragte, waS diese Kampffähigkeit dann in den achttägigen Kämpfen um den SpionSkop gewesen sei» da man jetzt von derselben und ihren praknschen Resultaten osficiell gar nichts mehr höre, und in diesem Skeplicismus wurde er bestärkt durch so ehrbare Blätter, wie die „Pall Mall Ga zette", welche auf ihrer Affiche allerdings selbst hervorragend kämpfte und unterwegs nach Ladysmith war, in ihrem redaktionellen Theile aber sich über all diese reizenden Siegesberichte lustig machte: „Herr Burleigh", schrieb sie, „telegraphirt um 6 Uhr 15 Minuten Abends Be trachtungen über daS Wetter, Tingel-Tangel und Tabak sendungen für Ladysmith. Das ist höchst verdächtig." Sein „wir haben heute wieder brillantes Wetter gehabt" kann ja auch ohne Diclionär dahin übersetzt werden: „Es gebt sehr viel vor, aber man darf nicht davon sprechen". (Oder auch: „ES geht elwaS vor — man weiß nur nicht waS.") DaS ist eben so gut. Die Verwandten Derjenigen in der Front stehen ihr volles Maß Angst auS, ohne daß man ihr« Gefühle noch durch dunkle Anspielungen über DaS, WaS in einigen Tagen passiren könnte, auf die Folter spannt. Tic „Central NewS" telegraphirt sogar auS Durban ganze fünf Minuten später, „sie erwarte, daß Buller noch beute Abend Ladysmith erreiche." Sie setzt ein rührendes Vertrauen in deS Generals „Woche" und voraussichtlich in die Steuer barkeit seines MilitärballonS, aber sie scheint — die Boeren ganz vergessen zu haben. Kurz, eS war nichts mit Buller'S Siege, wenigstens bis dabin nichts, und nun kam noch daS böse KriezSamt und bewies so wenig Verständniß für die Lag«, so gar keine Rücksicht für die Nerven der öffentlichen Meinung, um ein fach zu erklären, eS halte irgend eine Bewegung oder gar Operation Buller'S für durchaus unwabrscheinlich, da zu beiden keinerlei Veranlassung vorliege. Um sich zu trösten, nahm man schnell 7000 Boeren gefangen. French besorgte das bei ColeSberg — beinahe; eS fehlen ihm nur „zwei große Marinegeschütze,-UM die Boeren fast sofort zur Uebergade zu zwingen". So zu lesen in allen Abendblättern, gestützt aus den „Daily Telegraph". Das Parlament trtngtS au deu Tag L. t!. London, 5. Februar. Niemand hätte gedacht, daß diese kurze Session des Parlaments, um die sich hier sckwu seit mehreren Tagen Niemand mehr bekümmerte, vom Lesen der Debatten ganz zu schweigen, außer jenen Wenigen, die ihr ^Beruf dazu verurtheilte, noch so interessante Dinge zu Tage fordern könnte. Ich spreche nicht von Harcourt'S Rede, noch von Chamberlains patriotischem Ergüsse, beide standen auf dem Programm und mußten zu ihrer Zeit kommen. Aber da waren andere Dinge: Die Ermordung unschuldiger Engländer in Harrismith — das Niederschießen verwundeter englischer Soldaten — daS Füsiliren irischer „Illoyaler". Die Unterhandlungen der Freistaats generale mit britischen Generalen über ihren Verrath an deu Boeren, militärische Rüstungen, Verstärkungen auS Indien und, IsLt vot lenst, das überraschende Endergebnis der frei willigen Aushebung in England selbst. Und daS Resultat? Es stellte sich heraus, daß über jeden einzelnen dieser Gegen stände sich cine Legende gebildet batte, welche in geradem Widerspruche mit der schlichten Wahrheit stand.
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