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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.03.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010328014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901032801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901032801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- S. 2286-2289 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
- Tag1901-03-28
- Monat1901-03
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Ämkslifatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Nolizei-Änttes -er Lta-L Leipzig. Anzeigen-Preis die Sgespaltene Petitzeile 25 H Rrelamen unter dem RedacnouSstrich (4 gespalten) 7b vor den Familtenuach» richten (0 gespalten) bO -ch. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenaynahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbrsürderlmg -l 60.—, mit Postbesörderuug .K 70.—. Annabmeschlnb fiir Anzeigen: Lbend-AuSgabe: Bormittag« l0 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. .V» 158. Donnerstag den 28. März 1901. 95. Jahrgang. Die Allldeutenunruhen in Rußland. Man schreibt unS: Wieder einmal hat sich die Gährung auf den russischen Uni versitäten in lebhaften Bewegungen und mehrfachen Excessen Luft gemacht. Dies« Studentenunruh,n tverden nicht durch bestimmte zufällige Vorkommnisse hervorgerufen, wenn auch mitunter ver schärft, sondern ihr Ausbruch erfolgt mit einer gewissen elemen taren Nothwendigkeit und Regelmäßigkeit, stetig an Ausdehnung und Intensität wachsend, und nicht eher tverden -diese von dem un« Westeuropäern allein geläufigen Standpunkte der Freiheit des Individuums aus berechtigten R-actionen gegen di« staat liche Knebelung der individuellen Rechte und die gewaltsame Unterdrückung jeder freien Willensbcstimmung und Meinungs äußerung aufhören, als bis ein« freiere Auffassung und Hand habung der Rechts, in die EntwickelungSveryältnisse des Einzelnen ernzugreifen, in den maßgebenden Kreisen der russischen Re gierung Platz gegriffen hat. Di« Kenntniß russischer Zustände bei uns ist vielfach so mangelhaft, ein Urtheil so schwierig, daß eß sich verlohnt, den Ursachen und Zielen der ganzen Bewegung, die eine weit über den engen Bezirk der Universität hinausgehende Bedeutung hat, nachzuspüren. Kaiser Alexander II., ein an deutscher Literatur gebildeter, durch die Kenntniß deutscher, namentlich preußischer Zustände und Einrichtungen stark beeinflußter Herrscher, war eS, der in der Erweiterung und Verbesserung des UnterrichtswesenS ein« sichere Grundlage für das Riesenwerk der Civilisirung seines noch halb barbarischen Volkes und in einem wissenschaftlich durchgebildeten, geistig hochstehenden Beamtenthum die beste Stühe in diesem Bestreben erblickte. So ist dieser Zar der Begründer deS modernen russischen Unterrichtswesens geworden. Die im Jahre 1863 ge schaffenen, verhältnißmäßig liberalen Universitätsstatuten übsim auf die russische Jugend beider Geschlechter ein« geradezu erstaunliche Wirkung aus. Alles strömte auf die neuerschlossenen Bildungsstätten, wo man das Wissen, das Macht bedeutet, sich aneignen zu können hoffte: ein förmlicher Heißhunger nach Bil, düng befiel die Söhne und Töchter der niedrigsten so gut wie der höchsten Stände. In des Fürsten Kropotkin Erinnerungen eines Revolutionärs ist dieses himmelstürmende Treiben der vielfach unreifen, oberflächlichen, unklaren, aber von idealer Begeisterung oder auch Schwarmgeistern erfüllten russischen Jugend sehr am* schaulich geschildert. Aber natürlich mußt« diese ganze Ent wickelung den Altrussen, deren Einfluß unter Alexander III. vor, waltet«, und di« auch heute noch, in erster Lini« durch d«n Ober- procurator deS heiligen SynodS vertreten, mächtig genug sind, ein Dorn im Auge, in tiefinnerer Seele verhaßt sein. Ihnen ge lang es denn auch, eine Aenderung der Statuten im Jahre 1889 durchzusehen, und gegen das seitdem herrschende System richt«« sich vornehmlich die Kundgebungen der letzten Jahr«. Das ge meinsame Ziel aller staatlich getroffenen Maßregeln ist, der aka demischen Jugend jede Bewegunasfreiheit zu nehmen und un- möglich zu machen. Deshalb fehlt den russischen Universitäten jegliche Autonomie: Die von der Regierung bestelltm^Docenten sind von den Studenten künstlich isolirt, die ganze Universitäts behörde steht mit der Polizei in engster Fühlung, den studenti schen Vereinen und Eorporation«n sind alle früheren Rechte ent- zogen, die Universitätsabgaben verdoppelt, der Besuch der Vor lesungen obligatorisch, die Arbeiten der Studenten, wie ihr ganzes Verhalten und womöglich ihre politische Gesinnung einer ständigen Controle unterworfen. Kein Wunder, daß gegen «ine solche Tyrannei eine Bevölkerungsgruppe, wi« die Studenten schaft, in der noch am ersten Solidarität vorhanden und möglich ist, sich immer wieder von Neuem aufbäumt. Ihre Bestrebungen richten sich naturgemäß zunächst und in hervorragendem Maße auf die Beseitigung dieser unwürdigen Zustände; man verlangt Oeffentkichkeit des akademischen Gerichtsverfahren-, Wahl der Professoren durch die akademischen Senate, Gleichberechtigung der Studenten aller Nationalitäten und Eonfessionen, freies Der- sammlungSrecht und Aufhebung der administrativen Verschickung. Diesen Tendenzen wird bei unparteiischer Beurtheilung, von Einzelheiten abgesehen. Niemand die Berechtigung versagen, und auch in Rußland stehen zweifellos die Mehrzahl der gebildeten Kreise der, wenn auch tumultuarischen akademischen Opposition sympathisch gegenüber. Um so mehr, als daS Vorgehen der Polizeiorgane und deS aufgebotenen Militärs meist in geradezu unerhört roher Weise erfolgt ist. ES ist noch erinn«rlich, wie am 20. Februar 1899, dem Jahrestage der Gründung der Petersburger Universität, von Polizisten und Kosaken mit Knuten grausam auf die von der Feier heimkehrenden Studenten eingehauen wurde, ohne jede der- nllnftige Veranlassung, offenbar hauptsächlich, weil die er wartete Demonstration auSblieb. Infolge dieser Brutalitäten kam eS, gerade wie jetzt wieder, zu mehr oder minder lauten Kundgebungen auf allen russischen Universitäten. Die Regierung säumte mit Gegenmaßregeln nicht. Im Juli 1899 wurde, nach dem Relegationen sich als fruchtlos erwiesen hatten, das Gesetz erlassen, daß in Zukunft demonstrirende Studenten für die Dauer von 1—3 Jahren als Gemeine zum Militärdienste heran gezogen werden sollten, ohne Rücksicht auf Familienverhältnisse, Alter und physische Beschaffenheit. Daß mit dem Gesetze nicht nur «in« moralische Wirkung "beabsichtigt war, sondern auch Ernst gemacht werden soll, beiveist die Nachricht, daß kürzlich 183 Stu denten der Universität Kiew unter das Militär gesteckt sind, weil sie bei eener Versammlung durch eine mit gezoaenem Säbel in da» Auditorium gedrungene Abtheilung der Gendarmerie über rascht worden sind. 7 von den 183 sollen wegen verweigerter Eidesleistung zum Tode verurtheilt worden sein. Auch in Odessa ist von 190 verhafteten Studenten die Mehrzahl zur späteren Einreihung in die Armee zunächst in daS Aefängniß für politische Verbrecher gebracht, der Rest mit der milderen Strafe deS Aus schlusses von ollen russischen Hochschulen belegt. Die im Lauf« dieses Monats in allen Universitäts städten, Kiew und Petersburg, Moskau und Kasan, Charkow und Odessa, gleichzeitig ausgebrochrnen Unruhen haben ihren wesentlichsten Grund in den dargelegten allgemeinenDerhältnissen. An speciellen Anlässen, die vorhandene Mißstimmung zu ver schärfen, hat eS freilich nicht gefehlt. Die von der Regierung be absichtigt« Versetzung des frühen Moskauer Professors Meli- chow, eine- Freundes der Arbeiterbewegung, in entfernte Gegen den, hat eine lebhafte Bewegung hervorgerufen, und zu dem Plane der Ueberreichung einer Adresse mit 6000 Unterschriften geführt. Besonders aber hat di« Excommunicatioude» Grafen Leo Tolstoi in allen Schichten der gebildeten Be völkerung, besonders unter der Studentenschaft, böses Blut ge macht. Die allgemein« Erregung hat sich, wie schon vorher zu einem Attentat auf den Unternchtsminister Bogolepow, der bereits an den Folgen der Verletzung gestorben ist, in diesem Falle zu einem Mordversuch auf den Opcrprocurator Pobjedonoszew zugespitzt. Es sei noch hervargehoben, daß nach Petersburger Meldungen vor Kurzem ein Ministerrath unter dem Vorsitze des Zaren be schlossen hat, das Gesetz, betreffend die Einstellung der Studenten in die Armee, zwar beizubehalten, aber vorläufig außer Kraft zu setzen; außerdem wurde die Aenderung der Statuten für di« russischen Universitäten beschlossen. Nicolaus II., der schon 1899 die Mißgriffe und Brutalitäten der Werkzeuge der Staatsgewalt in einem öffentlichen Erlaß gebührend gebrandmarkt hat, scheint also in di« Bahnen Akxander's II. einlenken zu wollen. (Gerade unter dom milderen Alexander II. aber nahm die Studentenbewegung einen gefährlichen, revolutionären Cha rakter an, und sie wird auch nicht eher in ruhigere Bahnen einlenken, als bis, wie kürzlich an dieser Stelle auSgeführt wurde, die sociale Laa« der studirenden Jugend, die sehr viel zu wünschen übrig läßt, verbessert wird. Den in dieser Richtung unternommenen Schritten hat eS bisher an Aufrichtigkeit und Folgerichtigkeit gefehlt. D. Red.) Die Bedeutung der Lebensmittehusuhr im Seekriege. Ll.6. In der Royal United Service Institution hi«It Ende Februar Captain Murray vom Regiment der Gordon- Highlanders einen Vortrag über „Our ^oocl suppig iu Limo ok ^'nr »uck Iwpvrin! Vskevo«". Der Vortrag war vom marine-militärischen wie staatswirth- schaftlichem Standpuncte auS ungemein interessant und lehrreich. Der Vortragende versuchte an der Hand statistischer Zahlen nach zuweisen, daß bei einem Kriege Englands mit ein«r oder mehreren Seemächten durch Verteuerung der Lebensmittel und Stillstand von Fabriken: а. mindestens 5 000000 Einwohner, deren EinkommenS- verhältniss« so bemessen sind, daß sie eine Steigerung der Lebens mittelpreise um daS Doppelte nicht vertragen können, und b- 2—-3 000000 Menschen, welche arbeitslos wevden, sofort, und ohne daß Englands Deeherrschaft schon direkt bevroht ist, der öffentlichen Wohlthätiateit zur Last fallen, б. daß dies« Zahl auf mindestens 20000 000 Köpfe stiege, wenn Englands Oberherrschaft zur See gebrochen würde. 1) In einem Kriege Englands geen ein« russisch-ame rikanische Allianz braucht letztere, um England niederzu zwingen, nicht viel mehr zu thun, als alle Ausfuhr von Lebens mitteln auS ihren Ländern nach England zu verbieten. 2) In einem Kriege Hegen den Zweibund Rußland- Frankreich »erbieten bekde die Ausfuhr nach England und lassen durch geschickte Agenten alles in den Bereinigten Staaten vorräthig« Getreide, d. h. ungefähr «in« ganze Jahrrsproduction, rechtzeitig aufkaufen, «in Verfahren, das, wie die ver- schiedentlichrn „Trusts" beweisen, in Amerika nicht die geringsten technischen Schwierigkeiten macht, — voraus gesetzt, daß di« Finanzen beider Staaten diesem Vor haben gewachsen sind. Auch wenn diese Operation nur zum Theil glücken sollte, so würde sie in Verbindung mit den gesteigerten Frachten schon genügen, um «in« schwere Hungers- noth in England hervorzurufen. 3) Bei einer deutsch-französisch-russischen Coalition droht England dies« Gefahr in weit höherem Maße, außerdem aber wird durch das Hinzutreten der deutschen Flotte die Seeherrschaft Englands auf das Ernsteste gefährdet. ES s«i daher ein dringendes Erfordcrniß, daß England sein« Flott« auf die Basis eine- ^tdres porver-sMvms" stelle, d. h. so stark mache, wi« die Flotten der drei größten Seemächte zu sammen. Aber auch bei einer solchen maritimen Stärke wäre eine Niederlage der englischen Flott« nicht ganz ausgeschlossen und die Möglichkeit einer „Aushungerungskrieg«-" bliebe immer bestehen. Captain Murray war daher der Ansicht, daß England unter allen Umständen «ine staatlich« Organisation schaffen müsse, welche «S befähigt, mindesten- zwei Jahr« — nämlich die Zeit, welche erforderlich ist, um sich für eine geschlagen« Flott« eventuell «ine n«u« zu schaffen — von den im Lande vorräthigen Nahrungsmitteln zu leben. Als Gesammiresultat seiner Ausführung«» schlug er vor: 1) Die Flotte muß auf den Standpunkt des „tkree povor- gebracht werden. 2) Die allgemein« Milizdienstpflicht muß eingesührt werden. 3) Die jetzt schon so sehr gesunkene und immer mehr dahin siechend« Landwirthschaft muß mit allen Mitteln wilder gehoben, die Entvölkerung deS flachen Landes ver hindert werden. Kein Preis ist hierfür hoch genug. 4) Es muß im Frieden schon eine Organisation geschaffen werden, welche di« Lieferung, Beschaffung und den Con- sum der Nahrungsmittel im Kriege regelt. Im Kriege müßten die zum absoluten Lebensunterhalt nöthigen Nahrungsmittel wie in einer belagerten Festung portions- lveis« allen Bewohnern des vereinigten Königreichs zu gemessen werden, damit England nn Stande sei, eine Unterbindung der Zufuhr, sei et durch Blockad«, sei es durch Aufkauf, autzuhalten. Captain Murray beschrieb dann di« Grundzüg« einer solchen Einrichtung, wie er sie sich denkt, und wi« sie nach seiner Meinung nn Stackd« ist, England über «ine längere Blockade hinwegzu helfen. 5) Ein KriegSschatz in baarem Geld« muh geschaffen oder die Goldreserve der Bank of England muß erheblich ver größert werden. Die in England schon vielfach angeregte und in letzter Zeit auch in privaten Kreisen viel besprochen« Einrichtung staatlicher Getreide-Silo» und die Gewährung von Subventionen für solche Leute, die sich vervflichten, ein größere» Brodfruchtlager zu halten (Bäcker, Müller), hat Murray merkwürdiger Weis« nur nebenbei, als von anderer Seite vorgrschlagen, erwähnt, aber nicht in seine eigenen Vorschläge mit ausgenommen. Sind die Autfithrungen de« Herrn Murran auch sehr inter essant, ganz »esonder« anch im Hinblick auf dt, Bvdwitung der deutschen Flotte als eventuellen Bundesge nossen in einer antienglischen Coalition, so fragt sich doch sehr, ob er mit seinen Vorschlägen durchdringen wird. England ist ja reich, aber seine Finanzen sind doch in letzter Zeit recht stark in Anspruch genommen worden, und allein di« Errichtung von staatlichen Getreidelaqern würde ca. 800 Mil lionen Mart an einmaligen und 20 Millionen Mart an dauern den Ausgaben erfordern. Undurchführbar aber wären diese Pläne nicht. Weniger Aussicht auf Erfolg haben die anderen Vorschläge. Das „tchres porvar-sMam" für die Flotte würde ungeheure Kosten erfordern, Kosten, die auch das reiche England neben der durchzuführenden Armeeorganisation zu bewilligen kaum im Stande sein würde; überdies würden auch wohl die Menschen zur Bemannung einer solchen Flott« fehlen- Die allgemeine Miliz dienstpflicht würde an der Opposition des ganzen Land:s scheitern, und der englischen Landwirthschaft wird jetzt kaum noch zu helfen sein. Vie Wirren in Lhina. Mandschnreiabknmmen. * Peking, 26. März. Tie Nachricht deS „Reuter'scken Bureaus", daß China de» Mandschurei-Vertrag mit Ruß- land verworfen hab», ist unbegründet, obwohl es gegen mehrere Puncte, di« jetzt zur Verhandlung stehen, Einwendungen erhoben hat. * Washington, 27. März. („Reuter'S Bureau".) Tie Ber- einigten Staate» haben am 19. Februar China ihre Meinung dahin ausgesprochen, daß eS unzweckmäßig und sogar äußerst gefähr lich sei, irgend welche geheime territoriale oder finanzielle Abmachung in Betracht zu ziehen, ohne die volle Aenuiniß und die volle Zustimmung aller Mächte. Staatssekretär Hay Hot »ine Copie deS Memorandum- an alle Völker, Rußland eingeschlossen, obgejaadt. Korea. * Petersburg, 2S. März. Nachrichten a»S Soeul zufolge dauerte die chrtstenfeindliche Bewegung unter der korea- nischen Bevölkerung an. Am lü. März kam r» in Jnischan zwischen Schülern der dortigen MtisionSichnle und »iner Anzahl Packträger zu einer blutigen Prügelei. Mehrere Schüler wurden bei diesem Zusammenstoß geröstet und viele Prrionen wurden verwundet, di» Packcräger waren bewaffnet. (Frks. Ztg.) Tie Entschädigung der Mächte. Die Entsendung deS ColonialdirectorS Dr. Stübel nach Lon don beweist, welches Gewicht die deutsche Regierung auf ein« baldige Erledigung der diplomatischen Berhandlungen mit China legt und wie wenig sie mit dem langsamen Gange der Berhand lungen einverstanden ist. Während es den Gesandten in Peking gelungen ist, in Bezug auf alle übrigen Puncte der von den Mächten am 23. December den chinesischen Fri-cdensunterhändlern unterbreiteten endgiltigen Forderungen ein allseitig befriedigen des Einverständnis mit der chinesischen Regierung zu erzielen, macht die Frage über die Festsetzung und Aufbringung der Kosten-Entschädigung bisher kerne Fortschritte. Zwar haben die Pekinger Gesandten einen Sonderausschuß eingesetzt, um einerseits die Frage der Leistungsfähigkeit Chinas und an dererseits die Frage der Höhe aller von den einzelnen Mächten aufgewendeten Kosten aufzuklären, aber diese Arbeit des Aus schusses wird ein« sehr zeitraubende sein, so lange die ver schiedenen Cabinet« untereinander in dieser Frage mrt ihren An schauungen und Zielen weit.auSeinandergehen. Es ist bekannt, daß das Washingtoner Cabinet schon die Ansicht ausgesprochen hat, China könne nicht mehr, wie 200 Millionen Dollars gleich 850 Millionen Mark aufbringen, und daß cs selbst zur Deckung der amerikanischen Kosten eine Summe von 25 Millionen Dollars, also etwa 106 Millionen Mark, beanspruche. Ander« Mächte sind der Uoberzengung, daß Chinas Leistungsfähigkeit eine weit größere ist und daß es nur darauf ankommt, zweck mäßige Maßregeln zu treffen, um höhere Einnahmen zu Gunsten des internationalen Schuldendienstes zu erzielen. Auch über die Einzelheiten dieser Maßnahmen, insbesondere über die Zweck mäßigkeit einer in erster Reihe stehenden Erhöhung der See zölle und über die Sicherung einer vertrauenswürdigen Ver waltung und Oberaufsicht gehen stne Meinungen auseinander, wenn auch alle Mächte darüber einig sind, daß, wie sie den Be stand des chinesischen Reiches in seinen äußeren Grenz«» un angetastet lassen wollen, so auch nach Beendigung der Wirren im Inneren deS Landes geordnete Zustände und demgemäß auH eine geordnete Finanzverwaltung möglich bleiben sollen. Bei d«m Vorhandensein dieser Schwierigkeiten ist eS begreiflich, daß Deutschland versucht, mit der an der Deckung der Expe- dikionskosten nächstbetheiligten Macht thunlichst bald über di« gemeinsam aufzustellenden Vorschläge ein« Verständigung zu er zielen. Die deutschen Kosten berechnen sich, wie aus den Reichs tag-Verhandlungen bekannt geworden «st, auf rund 470 Millionen Mark. Dies« Höh« erklärt sich auS der be sonderen Machtentfaktung, zu «der Deutschland durch di« Er mordung seines Gesandten gezwungen wurde, und cs ist ein durchaus berrchtigtes Ansinnen, daß von China weitgehende An strengungen gemacht werden, um diese Posten in ihrer vollen Höh« zu ersetzen. Nicht minderes Interesse hat auch England kraft seiner ausgedehnten wirthschaftlichen Beziehungen nach China daran, daß seine Kosten auf einem Wege gedeckt werden, der ein« weitere wirthschasttiche Entwickelung deS Landes er möglicht und sichert. Der Colnnealdtrector Dr. Stübel ist unter den jetzigen hohen Reicksbeamt«» sicherlich derjenige, dem in Folg« seines langen Aufenthalte» in Ostafien. insbesondere als nnhrjährigrr deutscher Generalkonsul in Shanghai, die reichsten Kenntnisse und Erfahrungen für die Beurtheilung dicser Fragen zur Verfügung stehen. Möge es, schreibt die „Köln. Ztg.", ihm gelingen, gemeinschaftlich mit den leitenden Staats männern Großbritannien» einen Mittelweg zu finden, der eine baldig« au-rrichend« Deckung der Kosten aller Mächte ermöglicht und sichert, und der auch für dir stbrigen Tabinere annehmbar erscheint. Gleichzeitig wird Dr. Stübel auch die Frage der Ent schädigung der deutschen Transvaal-Interessenten mit Nachdruck zu betreiben in London reiche Gelegenheit haben. Der Krieg in Südafrika. Tie Aricvcussrage. Man schreibt uns aus London unter dem 26. März: „Eine Wiedereröffnung der Friedensoerhandlungen mir L«n Boeren ist ausgeschlossen" —. DaS war -die kurze Antwort, welche Chamberlain gestern Abend auf die Fragen rm Parla ment abgab und mit welcher er ausdrücklich feslstellte, daß die britische Regierung durchaus nicht die Absicht habe, sich neuer dings auf Verhandlungen einzulassen, sondern ganz entschioden auf »en Anstchien und Entschlüssen beharren müsse, welche sie bezüglich dieses Gegenstandes bereits betannt gegeben habe. -- Damit wäre jedoch nicht ausgeschlossen, wenn es später einmal in den Kram des Herrn Chamberlain paffen würde, und wenn vielleicht wieder einmal Noth an den Mann geht, daß er doch noch mit sich handeln läßt oder virlleicht selbst einen neuen Handel vorzuschlagen hat. Die gestrige ParlamentSsihung bot noch ein« andere inter-. essante Conlrooerse mit Bezug auf den südafrikanischen Krieg, indem der Abgeordnete Sir R. Reed dem Haus« die Petition der beiden Mitglieder des Capparlaments und der Bondpartei Merriman und Sauer präsendirte, welch« sich mit d«r Bitte an die Volksvertretung von Großbritannien und Irland wende, di« Ausführungen zweier Afrikander anzuhören und in Er wägung zu ziehen, weiche an Hand ihrer genauen Kennrmß sämmtlicher Verhältnisse und Umstände in versöhnlichem Sinne thätig sein und eine Verständigung zwischen Boeren und Briten herbeiführen möchten. Die beiden genannten Herren wunjchen als Abgesandte einer großen organisirten politischen Partei in Südafrika, als die Vertreter der Majorität der europäischen Unterthanen deS Königs in den südafrikanischen Colonien d«r Regierung und dem Parlamente von England die ernste und be- klagenSwerthe Lage in Südafrika vor Augen zu führen und ihre Ansichten mit Bezug auf die Zukunft 6er durch »en Krieg ver wüsteten Länder zu dcfiniren und zu vertreten. In der Petition werden die durch den Krieg herbeigeführten und durch da- Stand recht noch verschlimmerten fürchterlichen Zustände auf dem Kriegsschauplätze eingehend und wahrheitsgetreu geschildert, so wie auf die geradezu unheilbaren Schäden hingewiesen, welch« die Sache der europäischen Civilisation und das Christenihum in den betreffenden Ländern bereits erlitten hat und noch ferner erleiden muß. Ferner wird an das Gerechtigkeitsgefühl der englischen VollStribunen appellirt und das gleiche Recht, gehört zu werden, auch für die andere, die feindlich« Seite verlangt, ohne daß natür lich die Herren Merriman und Sauer sich persönlich mit den Boeren itentificiren. Die südafrikanischen Deputaten „nehmen sich di« Freiheit", darauf hinzuweisen, daß viell«icht auch noch andere Mittel und Wege als Annrctirung der beiden Republiken hätten gefunden werden können, um zu einem für beide Theile befriedigenderen Abschluß und Ein- oerständniß zu kommen, und daß es entschieden «in schwerer Jrr- thum sein würde, den Transvaal und den Oranje-Freistaat als Kroncolonien verwalten zu wollen, weil diese Art d«r Regierung in zu scharfem Gegensätze zu den bisherigen republikanischen In stitutionen stehe und nur zu den schwersten und fatalsten Con sequenzen für die Zukunft Veranlassung geben würd«. — Zum Schluß btten die beiden Herren das Parlament, eine Gelegenheit bewilligt zu erhalten, um sich vor den Volksvertretern über die einzelnen Punct« der Petiiion frei und offen au-zusprechrn. Das Haus der Gemeinen wird sich noch darüber zu entscheiden haben, ob es dem Gesuch dieser beiden überzeuzungstrouen Män ner, die selbst das Amt als Minister in der Capcolome bekleidet haben, -entsprechen will. Eine Weigerung, sie anzuhören, würde jedenfalls den übelsten Eindruck in der ganzen Capcolonie und in ganz Südafrika Hervorrufen, und sie ist daher kaum zu befürchten. Inzwischen meldet Lord Kitchener wieder einmal einen eng lischen Sieg, indem er berichtet, daß General Babington den Boerengeneral De la Rey südwestlich von BenterSdorp an gegriffen und geschlagen habe, bei welcher Gelegenheit dir Boeren nicht weniger als 2 Feldgeschütze, 1 Pompom- und 6 Maxim kanonen, sowie viele Transportwagen, Munitionsvorräthe und schließlich noch 140 Gefangen« verloren haben sollen. Natürlich sind die Verluste auf britischer Seite selbst nach Kitchener'schrc Aussage wieder einmal „nur sehr leichte" gewesen, — so leicht, wie es scheint, daß Kilck^ner sie vorläufig gar nicht einmal erst namhaft mach!. Man wird wohl wieder auf die Verlustlisten warten müssen, aus denen sich dann ergeben wird, wie theuer dieser angebliche Sieg von den Engländern erkauft worden ist. General De la Rey wäre jedenfalls der Letzte, der sich seine Ge schütze und seinen Transport ohne viel Widerstand fortnehmen läßt, und deshalb wird die nächste Kitchener'sche Depesche wie üblich wieder dahin lauten, daß zu seinem Bedauern die Verluste auf britischer Seit« denn doch schwerer gewesen sind, als wie zu erst gemeldet wurde. Merkwürdiger Weise unterläßt der englisch- Obergeneral es gänzlich, zu vermelden, wohin der General Babington mit seiner großen Uebermacht denn eigentlich das Dr la Rey'sche Corps zurückgejagt hat; in mehr als lakonischer Weise heißt es in der officiellen Depesche nur: „Nachdem Babing ton De la Ren geschlagen hatte, verfolgte er ihn so rapide, daß die Nachhut der Boeren geworfen und ihr ganzer Eonvoi genommen wurde." — Dieser „Sieg" kommt natürlich jetzt nach dem Ab bruch der Friedensoerhandlungen sehr gelegen und auffallend prompt, so daß die weiteren verbürgten Einzelheiten dieses Enaag«ments mit besonderem Interesse abgewartet werden müssen. Eine neue Steschichte »an Kitchener Dcr „Outlook" erzählt Folgend«-: „Lord Kitchener ist he kanntlich ein sehr lakonischer Mann- — Dor einigen Wochen sollte eine soeben eing«troffenc Compagnie hübsch uniformirtrr Aromen mit einer Abtheilung krieg-barker Colonial Reiter «in Boeren- lager avqreifen und wenn möglich nehm«». Die Truppe befand sich bereits in Sicht der Wachtfeuer de- F«ind«S, als der Taz anbrach und den Engländern zeigte, daß sie selbst von den Boeren bereits eng umzingelt seien. Nur eine einzig« Lücke zeigt« sich in dem feindlichen Cordon, und ohne jede- Commando stürzten sich die tapferen Aromen, ibr Capitän an der Spitze, auf diese Oeff- nunz und entkamen auch glücklich, indem sie unaufhaltsam weiter flohen und ihre colonialen Kameraden -'n den Händen der Boeren zurückließen. General Clement-, der zum Entsatz« herbcieilü und die Aeomonry-Compagnie aufnahm, kekegraphirt« nachher
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