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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.04.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010406018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901040601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901040601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-06
- Monat1901-04
- Jahr1901
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Morgen-Ausgabe Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig 85. Jahrgang. ^-175. Sonnabend den 6. April 1901. s Anzeigen «PreiS die 6gespaltene Petitzeile 25 <5.. Reklamen unter dem Redacnonsstrich (Sgespaltea) 75 Lz, vor den Familiennack,- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsah entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung »Zt 60.—, mit Postbesörderung 70.—. eiWger. Tageblatt Anzeiger. AmtSvM -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aatyes un- Nolizei-Ämtes -er Stadt Leipzig. Am Weiten Oster-Feiertage erscheint keine Nummer unseres ölalles. Anzeigen für die Frühnnninrer vorn Dienstag, den 0 April, evbitten wiv brs spätestens heute, Sonnabend, Abend ? Abv BezugS-PreiS t» der Hauptexpedttion oder den im Stadt» b«»irk «ad den Vororten errichtete» Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^l 4.5<H »ei zweimaliger täglicher Zustellung i«M Han- 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: Vierteljahr! 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schweiz-Italien, Belgien, Holland, Luxem» bürg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäische» Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staate» ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di» Expedition diese» Blatte» möglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr« die Abend-AuSgab» Wochentag» «m 5 Uhr/ Nr-lutton und Lrpedit^^ Johanni-gaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sartin». Universitätsstraße g (Pauliaum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, zurrt, uud König-Platz 7. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. die verstärkte Kgl. Ersatz-Eommission Leipzig-Stadt I im Anschlüsse an da» Musterungsgeschäft Sreitaa, de» IS. April 1901, Bormittags V Uhr im „Eldorado", Pfassendorfer Strotze 4, I., Sitzung halten, zu welcher die Antragsteller persönlich zu erscheinen haben, um der weiteren Eröffnung gewärtig zu sein. Die getroffenen Entscheidungen sind endgiltig und behalten bis znm nächstjährigen Zurückstellungötermine Giltigkeit; auch befreit die etwa genehmigte Zurückstellung nicht von den jährlichen Uebungen. Leipzig, den 18. Januar 1901. Der Eivil-Borfitzende der Königlichen Ersotz-Commisston de» Aushedungsbcztrks Leipzig-Stadt I. VI./I. 337. Ör. Platz mann. Rr. Vermicthung. Die zur Zeit von der Firma Friedrich Jung L Co. im Erd geschoß des städtischen Grundstück- Grimmaiiche Straße Nr. 1 be nutzten Geschäftsräume sollen Vom 1. Oktober 1V01 an ander- Weit vermiethel weiden. Miethgesuche werden aus dem Rathhause S. Obergeschoß, Zimmer Nr. 20, rntgegengrnommen. Leipzig, den 11. März 1S01. Der Rath der Stadt Leipzig. l>r. TröodUn Römer Israelitische Religions-Schule zu Leipzig. Die Anmeldung neuer Schüler und schüler-nnen findet Sonn tag, den 7. April, vormittag» von 10 bis 12 Uhr in der Kanzlei der Synagoge statt. Geburtsschein des Kindes ist mitzubringen. Tas neue Schuljahr beginnt Mittwoch, den 17. April, an welchem Tage sich alle neu ausgenommew-n Schüler nachmittags um 2 Udr im Saale der II. Bürgerschule (äußere Löhrsiraße» einznfinden haben. Der regelmäßige Unterricht beginnt Souu» abcud. den 20. April, nachmittags 2 Udr. Leipzig, Len 29. März 1901. Der Direktor: Rabbiner Or. kt. karges. Evangelisch-reformierte Gemeinde. Die Eltern, deren Kinder zu Ostern 1902 in der reformierten Kirche konfirmiert werden sollen, werden hierdurch ersucht, sie Dienstag, den S. oder Mittwoch, den 1«. April, zwischen 8 und o Uhr, im Sitzungszimmer de» Psarrhau es (Parterre) anzumelden, und zwar die Mädchen bei Pastor Boahoff, die Knaben bei Pastor Meblhorn. Di, Kinder können sich nicht selbst anmelden, doch ist erwünscht, daß sie mitkommeu. Leipzig, den 4. April 1901. Evangv-reformicrteS Pfarramt. Amtlicher Theil. Die Zurückstellung der Reservisten, Landwehrleute, Ersatz-Reservisten und ausgebildeten Laudsturmpslichtigen II. Aufgebots betreffend. Nach den Bestimmungen in 88 118^, 120,» und 122 der Wehr ordnung vom 22. November 1888 können aus Anlaß dringeuder häuslicher und gewerblicher Verhältnisse für den Fall einer Mobilmachung oder nolhweudigcn Verstärkung des Heeres I) Reservisten hinter die letzte JahrrSclasse der Reserve, L) Mannschaften der Landwehr ersten Aufgebots, sowie in be sonders dringenden Fällen auch Reservisten hinter die letzte JahreSclasse der Landwehr ersten Aufgebots, 8) Mannschaften der Landwehr ersten und zweiten Aufgebot», sowie in besonders dringenden Fällen auch Reservisten hinter die letzte JahrrSclasse der Landwehr zweiten Aufgebot-, 4) Ersatzreservisten hinter die letzte JahreSclasse der Ersatzreserve, sowie in besonders dringenden Fällen hinter die letzte JahreS classe der Landwehr zweiten Aufgebots, und ö) Landsturmpflichtige hinter die letzte JahreSclasse des Land sturms zweiten Aufgebots zurückgestellt werden. Zurückstellungen fraglicher Art sind nur zulässig und dürfen erfolgen, wenn L. ein Mann als der einzige Ernährer seines arbeitsunfähigen Vaters oder seiner Mutter, beziehungsweise seines Großvaters oder seiner Großmutter, mit denen er dieselbe Feuerstätte bewohnt, zu betrachten ist, und ein Knecht oder Geselle nicht gehalten werden kann, auch durch dir der Familie bei der Einberufung gesetzlich z.'Oebend» Unterstützung der dauernde Niedergang des elterlichen HanSstandeS nicht abgrwendet werden könnte; b. die Einberufung eines Mannes, der das dreißigste Lebens jahr vollendet hat und Grundbesitzer, Pächter oder Gewerbe treibender oder Ernährer einer zahlreichen Familie ist, den gänzlichen Verfall des Hausstandes zur Folge haben und die Angehörigen selbst bei dem Genüsse der gesetzlichen Unter stützung dem Elende prciSgeben würden, und c. in einzelnen dringenden Fällen die Zurückstellung eines Mannes, dessen geeignete Vertretung auf keine Weise zu ermöglichen ist, im Interesse der allgemeinen Landeskultur und der BolkSwirthschaft für unabwcisltch nothwendig erachtet wird. Diejenigen im Bezirke der Stadt Leipzig (mit Einschluß von Anger-Crottendorf, Reudnitz, Renrendnitz, Thonberg, Bolkmarsdorf, Sellerhausen, Ncnfellcrhause», Renschöne- seld, Neustadt, Gohlis, Eutritzsch, Liudenau, Plngwit;, Kleinzschocher, Schleuß,», Conucwitz und Lößnig) aufhältlichen Mannichaften mit Familiennamen —14, welche auf Berück- sichtigung Ansvruch machen, haben ihre Gesuche beim Stadtrathe zu Leipzig unter Beifügung ihrer Militairpapiere, sowie unter genauer Darlegung der niilitairischcn, bürgerliche« uud VcrmögcnS- verhältuiffe, sowie unter Angabe der obwaltenden besonderen Umstände, durch welche die zeitweise Zurückstellung bedingt werden soll, zur Prüfung einzureichen. Anträge, welche sich auf die Arbeitsunfähigkeit der Eltern bezw. Großeltern stützen, müßen, dafern daS Zeugniß eines beamteten Arztes nicht beigebracht worden ist, durch ärztliche Untersuchung im Termine bestätigt werden und haben sich dieselben daher persönlich mit einznfinden. Zur Berathung und Entscheidung über derartige Gesuche wird Feuilletsn. Die Reise nach München. Oster-Novellette von Emma Merk-München. Nachdruck verboten. Der Alte Ander! vom Grasleittnerhof war in seinem langen Leben kaum au» seinem HeimathSoorfe fortgetommen. Di« Eisen bahn hatte er nie gesehen, in einer größeren Stadt war er nie gewesen. Wenigstens sagte er so. Er war allerdings schon dre ur.dnet.kzig Jahre alt, der Ander!; da kann man Manches vergeßen haben. Und nun sollt« «c in seinen alten Tagen nach München reisen und bekam'» bezahlt und obendrein ein neue» G'wand und ein Geldgeschenk! So ein Glück! Wo: do» rin Ereigniß auf dem Grasleittnechof, als di« Zu schrift eintraf, daß der Großvater mit auserwählt worden zu den zwölf ältesten Männern de» Königreiche», an denen am Gründonnerstag der bayerisch« Regent im Hinblick auf da» er hobene Vorbild und al» Bewei» christlicher Demuth und Nächsten liebe di« Fußwaschuna vollzieht. Lesen konnte der Großvater freilich nicht. Aber auch al» seine Urenkelin, die blond« Rest, ihm di« Botschaft einige Mal« in die Ohren «schrien hatte, wollte rr «» gar nicht glauben, daß der Regent den armen Ander! kannte und wußte, wie alt «r sei, und die Augen wurden ihm naß vor Rührung über die große Sbre, die ihm widerfuhr. Er war ja «in so bescheidene», «in- geschrumpfte», gebückte» Männlein, da» mit s«in«m guten, welken Gesicht Jeden um Verzeihung zu bitten schien, daß er noch immer da war. Lieber Gott! So ein alter „Austrägler", der nicht mehr arbeiten kann! Bei seinem Enkelsohn, „dem Buben von seiner Tochter selig" — aß er doch nur daS Gnadenbrot», und die Bäuerin, die eine ganz« Schaar Kinder hatte, ließ e» sich wohl merken, daß sie «» al» eine Last betrachtete, den Großvater noch Immer mitfüttern zu müßen. Oeffentlichc Zustellung. Der Inhaber eines Herren-Moden-SalonS, Kurt Kreter in Leipzig, vertreten durch Len NechtSanwalt Or. Eickiler II in Leipzig, klagt gegen den vr. ptill. Emil vsu*ats Raffer, früher in Ltirzig, ptzt uuüetunntrn Aui.inhairs, b-a.-tragt :mt dem Ersuch'N, das Urtheil gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, zu erkennen, daß der Beklagte schuldig ist, dem Kläger 403 98 jammt Zinsen zu 4 Proc. vom Tage der Klag- zustellung ab zu bezahlen und ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die dritte Civilkammer de» Königlichen Landgerichts zu Leipzig auf den 24. Mai 1S01, Vormittags S Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Leipzig, den 1. April 1901. Der «erichtsschreiber de» Königlichen Landgericht». Vorläufige Bekanntmachung. Lieferung von Kartoffeln. Die Lieferung des Bedarfs an Kartoffeln für die Truppen küchen des Iv. Inf.-RcgtS. Rr. 134 in Höhe von 5VVV Etr. ist auf die Zeit voin I. Oktober IKOl bis mit 3V. September 1902 zu vergebe», hierbei sollen Produzenten in erster Linie berücksichtigt werben. Bedingungen können im Geschäftszimmer der Ventral-Ver kaufsstelle gen. Regiments eingesrhen werden. Aufforderung zur Einreichung von Angeboten wird im September dieses Jahres erlassen werden. Leipzig, im April 1901. Kommando des 10. Infanterie-Regiments Nr. 1L4. An diesem Sonntage aber, an d«m es sogar von der Kanzel verkündet wurde, daß der Andreas Dirnbühler vom Grasleittner- hof zur „Fußwaschung" in die Stadt berufen worden, da ging sie mit ungewohnter Freundlichkeit neben dem Alten her und gab ihm den „Weihbrunn", als sie in die Kirche eintraten. Das ganze Dorf sah den Ander! mit Neugier und Ehrfurcht an. Er selber hielt sich aufrechter als sonst. Das weiße Haar leuchtete ordentlich um sein verklärtes Gesicht. Zum ersten Mak empfand er sein hohes Alter, das ihn bisher nur schwer.zu Boden gedrückt, als eine Auszeichnung, als eine Würde. Am allermeisten aber freute sich die Resi. Man konnte den alten Mann nicht allein fahren lasten, und da sie die Schneidigste und Gewandteste auf dem Hofe war, durfte sie ihn begleiten. Etwas Lieberes, Erwünschteres hätte ihr gar nicht geschehen können.... Ihr Schatz, der Lenzl Hinterwallner, hatte vor drei Jahren einrücken müssen zum Militär. Siebzehn Jahre war sie erst alt gewesen, al» sie ihm bei dem Kreuz auf der Straße nach Rosenheim unter Thränen „B'hüt di Gott" sagte. Aber den Septembertag vergab sie ihren Lebtag nicht. Da» Herz hatte ihr gar so weh gethan, als sie dem Lenzl nachwinkte, al» seine Gestalt kleiner und kleiner wurde und endlich ganz derschwand, wie aufgesogen vom Herbstnobel. Nun hatte er seit dem Oktober seine Dienstzeit hinter sich; ,r war Unterofficier geworden — aber heimgekommen war er nicht. Sie konnte es ihm auch nicht verdenken, nach dem, wa» er ihr geschrieben: „So viel schön iS in der Stadt, Rest! Und araV leicht der- dient man sein Geld! Draußen derfst Dich schinden und ab- rackern und kriegst die ganzen Wochen kein Brocken Fleisch, und in der Stadt gtebt'» Würscht und Bräteln und Bier grab' genug und mehr Unterhaltung i» auch, wie daheim. Lübe R si, such' Dir einen Dienst in München, dann hast Deinen schönen Lohn und kannst Dir wa» dersparen, daß wir bald heiratknn könn', und am Sonntag, wenn Du Deinen AuSgang hast, führ' ich Dich zur Mubsik." Zwei Monat, war der Brief schon alt. Die Resi hatte ihn immer wieder gelesen und e» nicht an Andeutungen fehlen lasten, Das Lramerbuch. Man muß es unserer Handelskammer lasten, sie kennt nicht nur Vie materiellen Ziele, die ihr vom Gesetz« vorgeschrieben .find, sondern sie rpeiß auch, was sie d«m Ansehen de« Le-vzigrr 'Handels, neben seiner wirthschaftlichen Hebung z. B. bei den Niesten, in anderer Beziehung schuldig ist und handelt darnach. Es ist ja bekannt, wi« sie durch ihre Theilnahm« an allen ein schlägigen Kongressen sich in steter Verbindung mit den treibenden Kräften der socialen und handelspolitischen Bewegung hält, wi« sie durch ihr Eintreten für Handelsschulen untd Handelshoch schulen das Leipziger kaufmännische Schulwesen an der Spitze des Handelsschulwesens erhielt und wie sie durch die Gründung und Dotirung ihrer Bibliothek dem Kaufmann und Bolkswirth- schaftler Gelegenheit zu wissenschaftlichen Studien in seinem Fache gab. Nun ist sie gar noch unter die Historiker gegangen und hat einen kostbaren Schatz zum Gemeingut Aller gemacht. Während sich unsere Leipziger Geschichtsschreiber abmühten und neuere Quellen zur Stcrdigeschicht« Leipzigs zu entdecken suchten, während in der Stadtbibliothek, auf dem Rachhause, in den Kirchen jedes Blättchen und Actenfascikel einstens umgewendet wurde, ob sie nicht Auskunft über eine Phase aus der Stadt geschicht« geben könnten, ruhte das Kramerbuch in dem Archiv dieser Innung und würde vielleicht heute noch dort ruhen, wenn nicht die Zeiten mit dem großen Schwamm gekommen wäre und die Innung, die ihren Zweck erfüllt hatte, ausgewischt hätte aus den Corporationen Leipzigs. Die Handelskammer trat die Erb schaft der Kramer-Innung an, und neben vielem anderem Nütz lichem und Gutem ist bei dieser Vereinigung oas Kramerbuch ent deckt worden. Und nun hat der Bibliothekar der Handelskammer, Siegfried Moltke, in einer fleißigen und lehrreichen Schrift dieses alte erste Kramerbuch benützt, um an seiner Hand ein treues, lebendiges Bild der „Leipziger Kramer- daß sie fort möchte in einen Dienst. Aber die Mutter wollte davon nichts wissen. Geld hatte sie keins und zu Fuß konnte st auch nicht nach München laufen. Und nun fiel ihr diese schön« Gelegenheit in den Schooß! Sie war fest entschlossen, nicht mehr zurückzukommen. Wie sie den Großvater heimexpedirte, das wußte sie freilich nicht. Aber der Lenzl würde schon einen Rach ausfindig machen. Wenn sie ihren Lenzl nur wieder hätte! Ihr Feiertags-Gewand zog sie ohnedies an und darunter barg sie ihre Werktagsröcke, und waS sie nicht am Leibe tragen konnte, stopfte sie heimlich in den Korb, in dem sie der „Basen", bei der sie in München wohnen wollten, Butter und Lier und Nudeln mitbrachte. Sie war viel aufgeregter vor der Reise, al» der Großvater, der still und gottergeben, wenn auch mit innerer Angst, dem Schicksal entgegensah, das ihn aus der gewohnten Umgebung fortführte. Die Resi nahm ja Abschied von dem Dorf und von dem Hof auf Nimmerwiedersehen. Aber e- war ihr gar nicht bang' dabei; nein, erwartungsfroh und übermüthtg, al» ginge es nun geradewegs dem Glück entgegen. Dm weiten Weg zur Bahn hätte der Großvater nicht zu Fuß laufen können. So nahm der Metzger sie in der Frühe mit auf seinem „Kalb'lwagerl", auf dem man freilich auf der steinigen Straße tüchtig gestoßen wurde. Ein blichen frierend, mit dem rothgewürfelten Schnupf, tüchel in der Hand, in dem sein Reisegepäck eingeknüpft war, saß der Ander! an der Station und wartete doll Neugier und Grauen auf den Zug. Al» aber dann «da» große, fremde Ungrthüm herandampfte, packte ihn eine solche Bestürzung, daß er um keinen Preis ein- steigen wollte und der Londueteur ihn mit Gewalt in dln Wagen schieben mußte. „Heilige Maria, Mutter Gottes!" murmelte der Alte, an allen Gliedern zitternd, verstört uns schreckensbleich, wie e» dann weitrrging, Immer rascher und rascher. Er zog den Rosenkranz auS der Tasche und betete, als wäre seine letzte Stunde nahe. Erst allmählich, als er sah, wie gemüth- Jnnung im 15. und 16. Jahrhundert" zu geben, das zugleich ein Beitrag zur Handelsgeschichte Leipzigs ist. Dieses alte, ehrwürdige Kramerbuch, das in der von der Handelskammer herausgeg«benen Schrift abgebildet ist, ist 32^ Centimeter hoch und 20^2 Centimeter breit; das Buch enthält 227 Blätter, welche hanvschriftlich die Zahlen 7 bis 234 tragen und mit dem Leder band eine Gesammtdicke des Buches von 7^ Centimetern er geben. Der Lederüberzug des unteren Deckels ist derart ver längert, daß er über den Buchschnitt und dann noch etwa 7 Centi meter über den oberen Deckel hinwegreicht. Ueber den Buchrücken ist oben und unten in späterer Zeit je ein Leserstreifen auf den Deckeln mit braunen Leder- bezw. neueren, rothgefärbten Perga mentstreifen befestigt, welche auf den Strecken, die am Buchrücken entlang laufen, mittels zweier zu Schnur gedrehten Lederriem chen die Papierlagen unter Zuhilfenahme von Hanfschnuren an den Lederband fesseln. In der Mitte der Buchhöhe läuft eben falls ein Rindlsderriemen, auch erst aus späterer Zeit stammend, hier aber um das ganze Buch herum. An diesem Schließgurt haftet auf dem oberen Deckel eine ganz einfache Meflingschnalle. Von der Schlußklappe des unteren Lederdeckels her greift eine noch neuere, in der Farbe Heller erhaltene Lasche herüber, welche die Schließlöcher, acht an der Zahl, enthält. Der Rücken trägt ein erst im 18. Jahrhundert angebrachtes schwarzes Lederschilo, das den Goldtitel in römischen Buchstaben und deutschen Ziffern trägt: „Cramer-Buch 1477—1577". Worte und Zahlen des Schildes trennt eine über die ganze Breite reichende, gestrichelte Filete, oben und unten laufen je zwei goldene, durch ein« eben falls goldene Strichfilete getrennte Blattfileten am Schilde ent lang. Das ist die einzige Vergoldung, welche der Einband auf weist. Beide Decken tragen dieselbe Blindpressung. An den vier Rändern lauft eine Wittels R)?2ei.stempe's aufgcpreßtr Bordüre entlang, welche sich an Den Ecken überschneidet, so daß eine eigent liche Eckfigur nicht entstanden ist. Für die freihändige Führung des Rollenstempels spricht die Ungeradheit der Bordüre. Diese verbindet an den Längsseiten je acht, an den Schmalseiten je fünf gothische Blumen durch ein von Akanthusblättern über- ranktes Band und ist von ebenfalls blindgepreßten, zum Rollen stempel gehörenden Linien begleitet. Die groß«, zwischen den Bordüren liegend« Deckelfläche ist in aufrecht stehende, verschobene Vierecke, Rhomben, durch blindge preßte dreifache Linien, von denen die mittlere die breitere ist, ge- theilt. Jedes der Fächer enthält eine gothische Blume: einen aus zwei kleinen Blättchen aufstrebenden, mit einer Distel gekrönten, rechts und links von Bliithenblättern flankirten St«ngel. Die Hand, welche diese Blumen frei aufgepreßt hat, ist nicht immer glücklich gewesen: der Stempel ist nicht in jedes Feld gleichmäßig eingesetzt worden, an manchen Stellen greift die Blume sogar auf die Randbordüre über. Die von dem unteren Deckel Über schlagende Schließklappe zeigt dieselbe Bordüre, jedoch ist im Mittelfelde die Fächertheilung weggelassen worden, und di« Blumen nur in zwei senkrechten Reihen übereinander gestellt. Diese Klappe ist jedenfalls auch innen bezogen gewesen; leider zeigt auch nicht eine Stelle mehr di« Art dieses Ueberzuges, nur Reste von zwischengeklebtem, bedrucktem Papier sind übrig ge blieben. Auch an den Innenseiten der Deckel ist, abgesehen von eigentlichen Deckelresten, die Art des inneren Ueberzuges nicht mehr festzustellen. Diese eigentlichen Deckel sind in Ermange lung von Pappe aus caschirtem Papier hergestellt gewesen. Dis völlige Loslösung des ersten Blattes des oberen Deckels, welches lich die Nachbarn ihre Pfeifen rauchten und schwatzten, beruhigte er sich einigermaßen und nickte müde ein. Die Resi aber schaute immerfort zum Fenster hinau», und so oft ein Kirchthurm auftauchte, fragte sie ungeduldig: „Ist das München?" Sie hatte dem Lenzl geschrieben, daß sie käme und daß er sie abholen sollte, und sie meinte nun, diese letzten Stunden der Trennung nicht mehr überstehen zu können. „Aussteigen!" „Großvater! Raus müssen wir!" Zum Glück war die „Basen" da mit ihrem Mann. Die Resi schaute nur mit großen Augen und offtnem Munde nach allen Seiten herum nach ihrem Lenzl, und der Alte stand, verwirrt, hilflos, wie ein verirrtes Schäflein, in der hohen, weiten Halle, in dem Gedränge. Als man dann an den Bahnhofsplatz kam und er das Hasten der Menschen sah, die hin und her eilenden Wogen, di« vorüber gleitenden „Elektrischen", da setzte er sich auf die Stufen des Bahnhofsgebäudes nieder und erklärte weinerlich: „Laß mi da! Ich wart', bi» et Nacht wird! Mir wird so ganz dumm im Kopf!" Die Base und ihr handfester Mann nahmen ihn schließlich in die Mitte und schleppten ihn durch alle Gefahren bi» in ihre Wohnung. Nachdem er sich mit einem Mittagessen gestärkt und in den vier Wänden aeborgen fühlte, schaute rr voll Verwunde rung hinunter auf dir von Menschen wimmelnde Straße und schüttelte immer wieder den Kopf: „Oh mei, oh mei! — Na! Na! Dv Leut'! Dv Leut'!" Die Resi war auf dem Weg an alle Vorübergehenden an gerannt, hatte sich ein paar Mal von einem Wagenlenker zornig anschreien lassen müssen, weil ste immer nur herumspäht«, acht- lo» auf alle Hindernisse. Die ärgerte sich über die vielen, vielen fremden Gesichter, unter denen nur da» eine, heißersehnte, nicht auftauchen wollte. Hatte der Lenzl Ihren Brief nicht bekommen? War er krank? Am li-bsten wäre sie gleich zu der Landsmännin gelaufen, bei >drr er zuletzt gewohnt hatte — eine SchlosierSsrau in der „Sendlingergasien". Aber sie mußt« den Großvater begleiten, der sich in «ftiem
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