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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.04.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190104142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010414
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010414
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-14
- Monat1901-04
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.04.1901
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Bezug-»Preis t» dir Hauptrxpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus .zj 5.50. Durch die Post bezogen jur Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. .« «I. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstaltru in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für all« übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die - Expedition dieses Blattes möglich. Die Moraen-Au-gabe erscheint um */,7 Mir, die Abeno-AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. Re-action und Expedition: JvhanniSgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. v. Klemm'» Dortim. UmversitätSstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und Königsplatz 7. MpMer. TagMM Anzeiger. Amtsölatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Sonntag den 14. April 1901. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2b H. Reklamen unter dem Redaction-strich (4 gespalten) 75 H, vor den Famtlienuach- richten (Ü gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 (excl. Porto). Ertra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./L 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Aus der Woche. Auf dem Antialkobolikercongreß in Wien that ein Redner auS Böhmen den Ausspruch, in Oesterreich habe man be sonderen Anlaß, ernste Dinge ernst zu behandeln. Wir möchten aber dem Nachbarreiche in dieser Hinsicht keinen Vorsprung zuerkennen; die Mahnung ist auch für das heutige Deutschland am Platze, wo die Leichtherzigkeit wenigstens in der Politik mehr und mehr überhand nimmt. ES ist unverkennbar, daß man die Gewohnheit angenommen hat, einen ersten Schritt weniger reiflich, als ekedem üblich, zu überlegen. Daher die zahlreichen Fälle der Umkehr, die aber das Geschehene selten unwirksam macht. Um von der Re gierung in diesem Augenblick zu schweigen, so bedauern eS vielleicht die preußischen (konservativen, wenn sie über haupt den Namen verdienen, noch einmal bitter, daß sie sich zum Echo und zwar zum vielstimmigen Echo von Aus sprüchen gemacht haben, die dem Bremer Attentat eine politische Bedeutung beilegen wollten. Dem Abschlüsse der Untersuchung oder einem etwaigen GerichtSurtheil darf selbstverständlich nicht vorgegriffen werden, aber selbst wenn das Reichsgericht den Thäter für zurechnungsfähig befunden und bestraft haben sollte, würde eS ein nationales Unglück sein, wenn man an den Vorfall mit dem Versuche einer ver stärkten Repressivgesetzgebung, sei eS einer allgemeinen oder einer Ansnahmegesetzgebung, anknüpfen wollte. Denn der Mißerfolg wäre so sicher wie in früheren Fällen und wie nack dem Fiasco der Umsturzvorlage, der Beseitigung deö Oeynhauser Pro gramms und verwandten Anläufen würbe die Autorität aber mals Schaden leiden. Auch die Eonservativen haben durch das Fehlschlagen dieser Projekte sowie der von ihnen mit betriebenen Erweiterung der lex Heinze wahrlich nicht gewonnen. Dessen ungeachtet sind sie zur Zeit tbatsächlich im „Scharfmachen" begriffen. Derselbe Herr v. Manteuffel, von dem der Bericht über den Verlauf der letzten Audienz des Herrenbauspräsidiums beim Kaiser herrübren muß, hat sogar die Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Denkmals in PotSdam für eine geeignete Gelegenheit gehalten, auf den Bremer Vorfall anzuspielen. Er bezeichnete, wie berichtet, die Enthüllungsfeier u. A. als einen Act der Dankbarkeit gegen Gott, der den jetzt regie- renden Kaiser am 6. März vor größerem Unbeil bewahrt. Auf dem Denkmal sieben als Inschrift die von Wilhelm I. nach der Capitulation von Sedan geschriebenen, berühmt gewordenen Worte: „Welche Wendung durch Gottes Fügung«. Sie hätten einen besser passenden Anknüpfungspunkt zum Danke gegen Gott geboten. Das Potsdamer Denkmal war am Tage der Bremer That bereits fix und fertig und kein Mensch würde, wenn dieses beklagenSwerthe Ereigniß sich nickt zugetragen hätte, daran gedacht haben, auf eine feierliche Enthüllung in der Hohenzollernstadt zu verzichten. Aber gerade weil die Erwähnung des Attentats in diesem Zusammenhänge eine solche ist, daß Herr v. Manteuffel deren Plumpheit nickt verkennen konnte, ist sie ckarakteristisch für die augen blicklichen Pläne der preußischen Conservativcn. Graf Bülow kehrt aus den Osterferien zurück und die Berliner Parlamente nehmen ihre Verbandlungen wieder auf. Es könnte also wenigstens mit dem Canal rascher vor wärts gehen, nachdem in der Pause so viel über die wirkliche oder angebliche Verschleppung der Angelegenheit geklagt worden ist. Der Zolltarif ist noch nicht fertig gestellt, waS sicher nicht auf absichtlicher Verzögerung beruht. Man darf annehmen, daß die Berliner Regierung sich mit den Bundesregierungen über die politisch wichtigsten Tarifsätze, also vor Allem über die für landwirtbschaftliche Erzeugnisse, endgiltig zu ver ständigen wünscht, bevor der Entwurf officiell an den BundeSratb geht. Dort wird die Majorisirung eines größeren Bundesstaates in dieser Angelegenheit kaum staltfinden. Es scheinen auch schon jetzt ernste Meinungsverschiedenheiten nicht zn herrschen, vielmehr die Bundesregierungen einig darin zu sein, daß als Richtschnur zu dienen habe, waS dieser Tage officiöS verlautbart worden ist, nämlick: „Wenn ernst haft von einer Erböhung der landwirthschaftlichen Zölle die Red« ist, so gilt dies stets nur im Vergleiche mit den durck die Handelsverträge seit 1891 ermäßigten Zollsätze". AuS dieser Zeitbezeichnung braucht weder gefolgert zu werden, daß eine Erhöhung über 5 Mark hinaus bestimmt in Aussicht genommen sei, noch auch, daß die Ueber- fchreitung dieses älteren und ohne Handelsverträge von selbst in Kraft tretenden Satzes ausgeschlossen sei. Die officwse Bemerkung richtet sich gegen exorbitante, gegen „nicht angemessene« Sätze, denen bekanntlich auch die „Kreuzztg.« abgesagt hat. Bleiben nur die Herren von der Leitung deS Bundes der Landwirthe, an die sich weder die Regierung noch irgend eine größere Partei kehren wird. Die „Kölnische Volkszeitung« ist der Ansicht, daß die Agitatoren deS Bundes die Ablehnung ihrer maßlosen Forderung zu fürchten hätten, weil eS mit ihrem Erwerbe vorbei wäre, wenn sie auch in diesem Puncte nichts erreichten. Wir theiten die dieser Auffassung zu Grunde liegende gute Meinung von der Besonnenheit der gewissen Agitatoren verfallenen Landwirthe nicht durchweg und sehen voraus, daß nach dem Abschluß neuer Handelsverträge mit deren Kritik sich „noch etwas machen lassen wird«. Sodann wird die Doppelwährung wieder hervorgebolt werden. DaS letztere ist so gewiß, als eS gewiß ist, daß Herr vr. Hahn und die ihm Nachgeordneten nicht von der Luft leben. In Sachsen und im Rheinland! weiß die Social demokratie nicht« von Fortschritten, die sie im ver flossenen Jahre gemacht, zu berichten, eher vom Gegentheil. Man wird gut tbun, der Stagnation nicht allzuviel Gewicht bcizulegen. Interessant ist aber der Grund, der für sie und ins besondere für die Verminderung der Geldbeiträge angeführt wird: der stellenweise allerdings sckon sehr beträchtliche industriell« Rückgang. Bisher wurde behauptet, der Arbeiter habe von dem Aufschwünge der Industrie Nichts, aber auch rein gar nicht« gehabt und auch nichts davon haben können. Diese Lehre scheint, von der „Sächs. Arbeitcrztg." abgesehen, mit der wir uns an anderer Stelle beschäftigen, in den Schrank gethan worden zu fciu, bi» man mit ihr Wieder Hetzen kann. Die Versorgung der Lriegsinvaliden. — Am Dienstag nächster Woche wird der Reichstag seine Sitzungen wieder aufnehmen und sich zunächst mit der Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend die Versorgung der Kriegs invaliden und Kriegshinterbliebenen, zu befassen haben. Die Vorgeschichte des Entwurfs ist bekannt. Dem vielfach in be stimmter Form geäußerten einmüthigen Verlangen des Reichs tags nach einer Revision der Militärversorgungsgesetze war bis vor Kurzem vom Reichsschatzamt immer wieder unter Hinweis auf die finanziellen Schwierigkeiten Widerstand geleistet worden, bis bei der ersten Berathung des Gesetzentwurfes wegen Ver sorgung der Theilnchmer an der ostasiatischen Expedition und ihrer Hinterbliebenen am 24. Januar d. I. der Reichskanzler noch für diese Session eine die Besserstellung der Pensions berechtigten aus den früheren Feldzügen bezweckende Vorlage in bestimmte Aussicht stellte. Daraufhin lehnte der Reichstag am 13. Februar d. I. nach dem Vorschläge der Budgetcommission eine gesonderte Re«jung der Pensionsverhältnisse für die Theil nchmer an der ostafiatischen Expedition und ihre Hinterbliebenen ab und forderte ein allgemeines Gesetz, das die Versorgung aller Kriegsinvaliden und ihrer Hinterbliebenen einheitlich regele. Diese Forderung wurde durch den unter dem 19. März d. I. dem Reichstage zugegangenen, vom Bundesrath genehmigten Ge setzentwurf erfüllt. Der Gesetzentwurf geht im Allgemeinen von dem lobens- werthen Grundsätze aus, die bisherigen Sätze sowohl für die Pension, als auch für die Kriegszulage zu verdoppeln. Dem nach werden als monatliche Pension je Erwerbsunfähigkeit für Feldwebel in der 1.—4. Classe für Sergeanten in der 1.—4. Classe für Unterofficiere in der 1.—4. Classe für Gemeine in der 1.—4. Classe vorgeschlagen, während für die 5. Classe, die Halbinvaliden, die bisherigen Beträge von 180, 144, 100, 72 jährlich für die genannten 4 Rangstufen weiter gezahlt werden sollen. Er scheinen somit die Pensionsverhältnisse der Unterofficiere und der Mannschaften in einer Weise, die ebenso den Ansprüchen dec Billigkeit, wie den oft rundgegebenen Wünschen des Reichstags entspricht, geregelt, so kann man das^lbe von den Officieren leider nicht behaupten. Ihnen soll nach Z 2 des Entwurfs bis zu anderweitiger gesetzlicher Regelung die bisherige Pension weiter gewährt werden. Es ist unerfindlich, warum hier die Aufbesserung auf einen, wer weiß wie späten Termin, den manche Bezugsberechtigten sicherlich nicht mehr erleben werden, hinausgeschoben wird. Einerseits wäre es richtig gewesen, die jetzt bestehende Verschiedenheit in den Pensionsbezügen, bei spielsweise der preußischen und der bayerischen Officiere, zu beseitigen. Zum andern ist es doch, ohne daß man die Ver dienste der Einzelnen um das Vaterland einer graduellen Schätzung zu unterwerfen braucht, zweifellos eine Ungerechtig keit, daß ein Leutnant, dessen jährlicke Pension jetzt 429 nach dem Grade der 100 75 45 30 75 60 36 24 „ 65 50 30 20 „ 60 45 27 18 „ oder 35,75 <./( -monatlich beträgt, in Zukunft schlechter gestellt sein soll, als ein Feldwebel oder Sergeant schon in der 3. oder ein Gemeiner in der 2. und der 1. Jnvalidenclasse. Man wird dem in den „Hamb. Nachr." gemachten Vorschläge seine freudige Zu stimmung nicht versagen, daß wenigstens einstweilen den Officieren, deren jährliche Pension den Betrag von 900 cK nicht erreicht, bis zum Inkrafttreten des in Aussicht gestellten Reform- pcnsionsgesetzes eine Zulage bis zur Erreichung dieses Betrages zu gewähren sei. Auch in der Festsetzung der Höhe der Kriegszulage weist der Entwurf eine Benachtheiligung der Subalternofficiere auf. Nach § 3 soll die Kriegszulage fortan für Officiere vom Haupt mann abwärts 100 monatlich betragen. Hier ist von dem oben erwähnten Grundsätze, die bisherigen Sätze mindestens zu verdoppeln, abgewichen; denn für Leutnants beträgt die Kriegs zulage augenblicklich 750 jährlich, müßte also jenem Grund satz entsprechend auf 1500 <^( erhöht werden. Die Hauptleute 1. Classe dagegen beziehen jetzt nur 300 ->2 Kriegszulage, würden sich also einer Vervierfachung des bisherigen Betrags zu erfreuen haben. Ein gerechter Ausgleich scheint auch hier geboten. Dank bar anzuerkennen ist die neue Bestimmung, daß die Kriegs zulage fortan ohne Rücksicht auf den Zeitpunct der Anerkennung als Kriegsinvalide den Officieren gewährt werden soll, da der Wegfall der bisher bestehenden Frist um so mehr geboten er scheint, als für die Personen der Unterclaffen eine solche Frist nie bestanden hat. Um so befremdlicher ist es, daß in Z 5 die Zahlung einer Alterszulage an lriegsinvalide Officiere, deren jährliches Gesammteinkommen 3000 nicht erreicht, von der Vollendung des 55. Lebensjahres ab von dem Nachweis völliger Erwerbsunfähigkeit abhängig gemacht wird. Das würde einer nachträglichen Classificirung der Officiere gleichkommen. Und da selbst bei beschränkter Erwerbsfähigkeit es einem annähernd sechzigjährigen Officier, abgesehen von den im Reichs-, Staats und Communaldienst angestellten, bei der heutigen scharfen Con- currcnz vielfach schwer fallen oder unmöglich sein wird, aus reichenden Verdienst zu finden, sollte allen kriegsinvaliden Offi cieren, deren Gesammteinkommen unter 3000 ckl beträgt, auch ohne ärztliche Bescheinigung die Alterszulaqe gewährt werden. Sonderbar ist die Bestimmung des Entwurfs über die Zahlung einer solchen Alterszulage an Unterofficiere und Gemeine. Nach K 10 soll Ganzinvaliden, deren jährliches Gesammteinkommen 600 c(( nicht erreicht, im Falle völliger Erwerbsunfähigkeit vom 55. Lebensjahre ab eine Alterszulage bis zur Erreichung dieses Betrages gewährt werden können. Nun umfassen die 4. und die 3. Jnvalidenclasse die theilweise oder größjentheils Erwerbs unfähigen, die zum Civildienste tauglich sind; die gänzlich Er werbsunfähigen fallen in die 2. und 1. Classe. Hier aber be tragen Pension und Kriegszulage zusammen schon für Gemeine 720 bezw. 900 ES müßte also in tz 10 entweder der Mindestsatz für das jährliche Gesammteinkommen erhöht werden oder wenigstens der geforderte Nachweis der völligen Erwerbs unfähigkeit ebenfalls in Wegfall kommen. Im Uebrigen erfüllt der Entwurf die in allen Kreisen des deutschen Volkes an da» Versprechen des ReickSkanzlcrs ge knüpften Erwartungen durchaus, sowohl hinsichtlich der Auf besserung der Bezüge der kriegsinvaliden Militärpersonen und Beamten, als auch der Versorgung der Wittwen und Waisen von Kriegstheilnehmern. Die Aufbringung der Mehrkosten von 13 Millionen Mark, gleichgiltig, ob aus dem JnvalidenfondS oder anderweitig, ist eine Ehrenpflicht des Reiches. Hoffentlich wird aber die allseitig anerkannte Nothwendigkeit und Dringlich keit der Reform den Reichstag nicht hindern, die angedeutetcn Mängel des Gesetzentwurfes rechtzeitig zu beseitigen. Der Krieg in Südafrika. Man schreibt unS aus London unter dem 12. April: Die gestrige Meldung von der FriedenSsehnsucht deS General- Commandanten der Boeren, Louis Botha, der nach dem angeblich so trostlos verlaufenen Rendezvous mit Steijn und De Wet bei Heilbronn sich von dem Wahnsinn deS Letzteren überzeugt hat und nun sofort die vorher so stolz abgebrochenen FriebenSverhandlungen wieder aufzunehmen sich bereit erklärt haben soll, bestätigt sich, wie vorauszusehen, heute nicht nur durchaus nicht, sondern.erfährt auch noch aus Regierungs kreisen ein sehr entschiedenes Dementi. Die Preßmelvungen sind das Einzige gewesen, was der britischen Regierung in London über die ganze Sache zu Ohren und zu Gesicht gekommen ist, und zu ihrem Leidwesen ist sie also nicht in der Lage, die angenehme Botschaft auch nur bedingt bestätigen zu können. Wie eS scheint, hat Reuter auch hier einmal wieder einen seiner erfindungsreichsten Correspondenten an der Arbeit gehabt. — Es liegen im Uebrigen auch heule wieder mehrere Meldungen anderer Art vor, die einstimmig besagen, daß man im Hauptquartier der Boeren gar nicht daran denkt, den Kampf bereits jetzt aufzuzeben und etwa gar die Waffen ohne weiteren Wider stand zu strecken. Im Gegentbeil dürfte zu erwarten sein, daß die Engländer bei ihrem Versuche, in den nördlicheren Thcile deS Tranövaales mit verschiedenen Colonnen das forl- zusetzen, was man so gerne als Kesseltreiben und Einkreisen der Boeren bezeichnet, noch einmal den vollen, bitteren Ernst des verzweifelten Widerstandes der Boeren und größere Schwierigkeiten als je zuvor auszukosten haben werden. Die Zoutspanberge werden nicht durch einen oder mehrere militärische Spaziergänge t ersteigen und zu occupiren sein, und selbst der Besitz von PieterSburg kann dabei von keiner entscheidenden Bedeutung sein, da die Boeren natürlich Zeit genug gehabt haben, um den größten Tbeil ihrer dort aufgestapelt gewesenen KricgS- vorrälhe zu entfernen und in ihren GebirgSfesten sicher unter zubringen. Der Erfolg deS Obersten Plumer kann somit nur als ein nomineller betrachtet werden, und es bleibt abzuwarten, ob die Engländer es überhaupt unternehmen werden, den Boeren in die Fieberregionen von Houtbosch, Roosenckal, LeydSdorp :c. zu folgen, in welchem Districte die Transvaaler zum Ueberflusse noch einige recht ansehnliche Forts, wie Fort Botha, Fort Schutte, Fort Hendrina :c. in Vertheidigungs- zustand gesetzt haben, welche noch aus der Zeit deS Krieges gegen den gefürchteten und allmächtigen Eingeborcnenherrscker M'Pefu stammen und für uneinnehmbar gelten. Es würde den Engländern also ein regulärer Gebirgskrieg bevorstehen, in welchem sie, ganz abgesehen von Todesfällen durch Fieber :c., sicherlich höchst ansehnliche Verluste zu erleiden haben würden. Von Kimberley kommt die Nachricht, daß die englische Garnison in Hoopstad im Freistaat diesen Ort hat räumen müssen, nachdem eS ersichtlich geworden war, daß die Be satzung anderenfalls binnen Kurzem von den in der Nähe befindlichen Boeren aufgehoben werden würde. Aus dem Rückzüge der Engländer griffen 150 Boeren die Colvnue überraschend an, schnitten einen Theil des ConvoyS ab unv tödteten und verwundeten mehr als 20 der britischen Soldaten, während ungefähr vie gleiche Anzahl ihnen als Gefangene in die Hände fielen. Hier wie in Hoopstad machen die Boeren eine reiche Beule und der ganze Vorfall beweist aufs Neue, wie wenig die Engländer in jenem Bezirke Herren der Situation sind. DaS Londoner KriegSamt veröffentlichte gestern Abend unter der Ueberschrift „Uebergaben im Felde" den folgenden Armeebefehl: „Jeder Officier und Soldat, welcher vor dem Feinde die weiße Flagge oder ein anderes Symbol der Ueber- gäbe zeigt, wird vor dem Kriegsgericht abgeurtbeilt werden und zwar nach dem betreffenden Paragraphen der Armeegesetzc" — Diese wenigen Zeilen lassen tief blicken. — Der Krieg soll doch eigentlich längst vorüber sein, und eS müssen doch wohl noch reckt viele Uebergaben englischer Truppen vor kommen, daß sich daS hohe KriegSamt überhaupt genöthigt sieht, einen solchen vielsagenden Armeebefehl zu veröffentlichen. Diese scharfe Maßregel besagt jedenfalls, daß die weiße Flagge auf Seiten der Engländer sogar noch viel häufiger gezeigt worden ist, als vielleicht unbedingt nothwenvig gewesen wäre, denn andernfalls wäre nach ehrlicher Soldatenauffassung diese Strafandrohung überhaupt gänzlich überflüssig. Vom Boerenkrieg wird heute berichtet: * London, 12. April. Eine Brüsseler Drahtung der „Morning Post" besagt, Krüger und sein Anhang beanstanden fortgesetzt alle FriedenSaoträge, deren Grundlage nicht die Anerkennung dec völligen Unabhängigkeit beider Boerenstaaten bilde. Sie sagen, die TranSvaalregierung habe in Zoutpansberg 15 Mil- liouen Patronen und eine große Menge Gewehre angrsammelt. Da die Bürger demnach mit Waffen und Munition wohiversehrn seien, liege keine Nothwendigkeit vor, die unzulänglichen FrtedcnSbedingungen Kitchener'S anzunehmen. (Boss. Ztg.) Z»r »««nähme t»on PieterSburg. Der Besetzung von PieterSburg und der dort gelungenen Be schlagnahmung größerer Mengen von Schießbedarf legt man selbst im Londoner KriegSamt keine allzu große Bedeutung bei. Eine spätere Meldung Kitchener'S bestätigte, daß di« Patronen für di« nicht mehr gebrauchten Maufergewehre der Boeren ange fertigt waren, aber bereits völlig veraltet sind. Die großen MunitionSvorräthe der Boeren sollen sich vielmehr weiter nord lich in LeydSdorp befinden, von wo man sie jedoch, an gesichts «deS englischen Borrückens, bereits in di« unzugänglichen Theile der ZoulpanSß'erge wcggeschafft haben dürste. Vtn deutscher Officier über die Tapferkeit der Boeren. Aus Johannesburg g«ht der „Kreuzztg." «in Schreiben des preußischen Rittmeisters a. D. Freiherrn v. Dalwig zu, der sich gegen die Beschuldigung em«s Deutschen wendot, die in einem deutschen Blatte gestanden haben soll, daß die Boeren feige seien, und daß die Deutschen, dl« nach Trans vaal gekommen lvaren, die Boeren als Helden betracht^ hätten, bis sie enttäuscht worden seien. Der Verfasser schreibt: „Sollte der Schreiber jenes Briefes geglaubt haben, daß die Boeren einer mehr als zehnfachen Uebermacht gegenüber überall hätten mit stürmender Hand vorgehen müssen, so beneide ich ihn um seine militärische Weisheit! Im Anfang fehlte es den Boeren an den richtigen Führern und der nöthigrn Disüplin. Es ist vorgekomnz«n, daß gute Stellungen, die gehalten werden konnten, mit oder ohne Befehl geräumt wurden, und Manches, was hätte im Angriff Hethan werden können, wurde unterlassen. Darüber wird die Kriegsgeschichte zu urtheilen haben. Ich möchte mich darauf beschränken, aus meiner eigenen, in mehr als 80 Ge- fechtstagon gesammelten Erfahrung einige Illustrationen zu an geblicher Feigheit der Boeren zu liefern. Am 12. Februar 1900 stürmten 200 Engländer Morgens um 2 Uhr 40 Minuten, gerade als der Mond unterging, ein von mir bei Ramussa mit 50 Mann gehaltenes kleines Fort. Mein Befehl war: Kein Schuß ohne Commando! Als der Feind auf etwa 50 Schritt heran war, rief eine Stimme auf Holländisch: Nicht schießen, wir sind Boeren! Ich antwortete auf Englisch nach Götz von Berlichingen. Gleich darauf auf englischer Seite das leise ge gebene englische Commando: Jungens, auf die groß« Kanon«! Bei meinen Leuten Todtenstille. Da springt eine Gestalt über den letzten Drahtzaun gerade auf mich los, Rcvolver in dec Hand, und rief: „Haucks up!" Ich schoß den Mann, es war Capitän French, auf sechs Schritt Distanze durchs Herz und gab in demselben Augenblick das Commando: Schnellfeuer! Resultat: Flucht der Engländer mit Hinterlassung ihrer Tobten und Schwerverwundeten. Bezüglich Einzelheiten verweise ich auf den Bericht von Oberst Plumer, Rhodesia-Regiment. Am 28. Mai focht ich gegen General French und seine Batterie, in der Nähe von Johannesburg. Obgleich wir schwere Verluste hatten, mir wurden an diesem Tage zwei Ge schütze demontirt, hat Keiner meiner Leute auch nur einen Augen blick daran gedacht, die auf's äußerste gefährdete Position zu verlassen. — Am Ä. Mai hat die letzte noch brauchbare Krupp- kanon «, welche ich besaß, erst spät Abends in das Gefecht ein greifen können. Am Nachmittag bin ich aber mit einer Revolver- Maxim gegen die Flanke des ein Kopje stürmenden Regiments Gordon Highlanders auf 1200 Jards herangogangen und habe auf dieses Regiment meine sämmtliche Munition, bis auf 50 Schuß, mit denen ich zurückging, verschossen. Näheres siehe Verlustliste der Gordon Highlanders. Am 11. Juni gelang cs mir bei Pretoria, nach namhaften Verlusten, durch einen Flankenmarsch eine Position zu erreichen, welche es mir ermög lichte, eine feindliche reitende Batterie innerhalb zehn Minuten zum Schweigen zu bringen. Nach Aussage von Leutnant Begbi« von Royal Horse Artillerie sind von der öetreffendekl Batterie ein Leutnant und ein Mann am Leben geblieben. Das führten meine Leute im heftigsten Lydit-Granaten- und Schrapnellfeuer mehrerer englischer Bakterien aus. Am 12. Juni nahm ich Nach mittags um 3 Uhr 30 Minuten das Lager von General French unter Feuer und wurde selbst binnen kurzer Zeit der artig beschossen, daß es zeitweilig unmöglich war, in Folge des Staubes der explodirenden feindlichen Geschosse die Kanonen zu richten. Der Baum, von welchem aus ich, der besseren Uebersicht halber, das Gefecht dirigirte, wurde von mehr als 100 Schrapnell kugeln getroffen. Nachdem am Abend das Feuer geschwiegen hatte, schickte General de la Rey, der von einem nahen Hügel aus dem Gange d«s Gefechtes gefolgt war, zu mir und ließ fragen, wie Viele von uns noch am Leben geblieben seien. D«n ganzen Monat Juli, bis zu meiner am 24. August erfolgten schweren Verwundung, habe ich mit Bethal's Commando ge fochten. Da ich diese ganze Zeit mit Capitän Alexander Dumas le Roy von den Spahis zusammen war, so kann ich es getrost diesem meinem tapferen Freunde überlassen, zu erzählen, wie oft wir mit einem Häuflein Menschen gegen 6000 bis 8000 Engländer gefochten haben. Niemals haben meine Leute ihre Position ohne meinen Befehl verlassen, stets haben st- freudig mit mir dem Befehl zum Angriff Folge geleistet. Ich bin stolz darauf, so brave Leute befehligt zu haben." Die Wirren in China. * London, 13. April. (Telegramm.) Wie „Daily Mail" erfährt, beträgt die Summe der englischen Entschädigungs forderungen 6 Millionen Pfund Sterling. Der „Daily Tele graph" meldet aus Washington: Rußland verlangt et« Ent schädigungssumme, welche über die von Deutschland geforderte hinausgeht. Es verlangt entschädigt zu werden für die Kosten der Erhaltung von 123 000 Mann Truppen in China, für die Be schädigung der transmandschurischen Bahn und für Anderes. Ueber die Reise der Cbina-Truppen-TrauSport« dampfer liegen folgende letzte Meldungen vor: „Wittekind „Gera« „Palatia" „Crefeld" (N. D. Lloyd) 6. April von Shanghai. (N. D. Lloyd) 23. März in Sbangbai. (Hamb. A -L.) 15. - in Sbanghai. .... (N. D. Lloyd) 9. April von Sbangbai. H. H. Meier« (N. D. Lloyd) 10. - Gibraltar passirt. Deutsches Reich. Leipzig, 13. April. (Die Lebenshaltung der Arbeiterschaft und die Socialdemokratie.) Mittel unlauterster Art werden in der „Sächs. Arbeiterzeitung" angewandt, um den Ar beitern estizureden, daß ihre Lage sich nicht in an haltender Besserung befinde. Spöttisch wird bemerkt, daß der Fleischkonsum auf den Kopf der Bevölkerung „während eines Menschenalters um etliche Gramm" gestiegen sei, daß der Ar beiter „im Jahre eine Maß Bier mehr" trinke, daß der ProcenI« satz der Steuerzahler, die ein Einkommen von 300 <iA haben, zu Gunsten derer abgenommen habe, die ein Einkommen von
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