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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010419017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901041901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901041901
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- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Äurksklatk des Lömglrchen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Notizei-Ämteo der Stadt Leipzig. Freitag den 19. April 1901. Anzeigen Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redacnonsstnch (sgespalten- 75 vor den Familiennach- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offectenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./r «0.—, mit Postbesörderung .41 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Sie chinesische Kriegsenlschadigungsfrage. Wann endlich wird unter den Mächten ein Einvernehmen über die Beilegung der chinesischen Wirren erzielt worden sein? Noch läßt sich diese Zeit nicht absehen. Immer neue Verwicke lungen scheinen aufzutauchen. China an sich ist schon rin unge fügiger Factor, aber noch weit hemmender ist der Gegensatz der Interessen unter den Mächten. Sonst wurde die Frage der Kriegsentschädigung verhältnißmäßig leicht erledigt. In China scheint gerade sie besonders langwierig zu werden. Es handelt sich um Höhe, Aufbringung und Ver - tHeilung der Kriegsentschädigung. Was die Höhe betrifft, so wird sie bekanntlich abhängig gemacht von der Leistungs fähigkeit Chinas, von der Aufbringung. Darüber aber bestehen unter den Mächten in Folge von Interessengegensätzen bedenk liche Meinungsverschiedenheiten. Uebereinstimmend waren alle Kenner Chinas für eine ent sprechende Erhöhung der chinesischen Seezölle. Die Ver waltung der chinesischen Seezölle ist eine europäische, ihre Ein nahmen sind sicher und ausreichend. Eine Verdoppelung der Seezölle von fünf auf zehn Procent des Werthes würde Mehr einnahmen in Höhe von annähernd 65 Millionen Mark jährlich ergeben haben, also ausreichend, um unter Bürgschaft der Mächte eine chinesische Deckungsanleihe in Höhe bis zu 1200 Millionen Mark aufzubringen. Alle Mächte waren geneigt, diesem Vorschläge zuzustimmen, nur England zögerte und erhob endlich nach drücklichen Einspruch dagegen. Man befürchtet in England von einer Erhöhung der Seezölle eine entsprechende Schädigung des englischen Ausfuhrhandels und außerdem eine Förderung des russischen und des französischen Landhandels, der von einer Erhöhung der Seezölle nicht betroffen werden würde. Dieser Landhandel ist indessen sehr unbedeutend und wird bei den Schwierigkeiten der Landbeförderung in absehbarer Zeit ohne Bedeutung bleiben. Schon vor einigen Jahren wurde die Erhöhung der chinesi schen Seezölle erörtert. In Folge der Silberentwertbung waren die Einnahmen Chinas aus den Seezöllen fast um die Hälfte ihres ursprünglich vereinbarten Werthes zurückgegangen, so daß die Einfuhr thatsächlich nicht 5 Proc. Zoll vom Werthe, sondern nur etwa die Hälfte davon zu zahlen hatte. Die Mächte würden demnach nur ein Gebot der Billigkeit erfüllt haben, wenn sie der chinesischen Regierung gestattet hätten, die Zollsätze so zu regeln, daß sie wieder in Wirklichkeit 5 Procent vom Werthe der be treffenden Maaren ausmachten. Inzwischen hat man es ja auch zugelassen, daß Japan aus dem angedeuteten Grunde seine Zölle erhöhte. Als Li-Huny-Tschang im Jahre 1896 Europa bereiste, war es seine Hauptaufgabe, von den Mächten die Einwilligung zu einer Erhöhung der chinesischen Seezölle von 5 auf 8 oder 10 Procent zu erlangen. Damals verhielt sich das Cabinet Salisbury keineswegs ablehnend dagegen, sondern verlangte Gegenzugeständnissc zu Gunsten englischer Sonderinteressen, ins besondere Concessionen für den Ausbau eines chinesischen Eisen bahnnetzes. Man nahm in England an, daß durch die Eifen bahnen die Likinsteuer fozusagen von selbst beseitigt werden würde, da sie im Eisenbahnverkehr an den Zwischenstationen nicht mehr würde erhoben werden können. Englische Interessenten erhielten dann auch in der That die meisten Eisrnbahnconcessionen, bauten aber am wenigsten, weil ihnen die Kapitalbeschaffung Schwierig keiten machte und noch nicht zeitgemäß erschien. Mit der Er höhung der chinesischen Seezölle erklärten sich damals alle Mächte, wenigstens grundsätzlich, einverstanden, auch England. Indessen zögerte England mit seiner formellen Zustimmung in der Erwartung greifbarer Gegenzugeständnisse zu Gunsten seiner Sonderinteressen, und Li-Hung-Tschang kam nicht zum Ziele. Auf Veranlassung Englands hat nunmehr Sir Robert Hart, der Chef der chinesischen Seezollbehörde, eine ganze Reihe von Gegenvorschlägen gemacht. Er will eine Stempel steuer, eine Opiumsteuer und eine Gebäudesteuer einführen, eine Gebrauchsabgabe auf Salz, eine Gebühr auf die Dschunken, Oktroiabgaben ar^f den Verbrauch von Peking legen u. s. w. Allein die meisten dieser Vorschläge dürften bei ernsthafter Prüfung nicht annehmbar erscheinen. Zunächst ist der finanzielle Ertrag zweifelhaft, sodann setzen die wichtigsten Vorschläge vor aus, daß europäische Steuerverwaltungen im Innern Chinas eingerichtet werden, da die Erhebung der neuen Steuern un möglich chinesischen Händen anvertraut werden kann. Mit Recht haben alle Chinakenner davor gewarnt, in das innere Finanz wesen Chinas einzugreifen. Auch Graf Bülow hat die Ansicht ausgesprochen, daß ein Eingreifen in den inneren chinesischen Staatsorganismus zu vermeiden oder doch aufs Aeußerste zu be schränken sei. Die Organisation europäischer Verwaltungen iss China für die Erhebung innerer Steuern würde nicht nur sehr schwierig sein, sondern auch fortwährende Reibungen mit den chinesischen Behörden Hervorrufen und vor Allem die Unzu friedenheit der Chinesen über die europäische Einmischung und besonders über die europäische Steuererhebung wach erhalten und noch verschärfen. Wenn man in England nicht etwa die Absicht hat, die Bei legung der chinesischen Wirren zu verschleppen, um die anderen Mächte dort zu beschäftigen, dann wird man sich der Erkenntniß nicht verschließen können, daß die Vorschläge Sir Robert Hart s, so ansehnlich sie sich auf dem Papiere ausnchmen, zumeist schwer oder gar nicht zu verwirklichen sind und daß kein anderer zweck mäßiger Ausweg übrig bleibt, als in eine entsprechende Erhöhung der chinesischen Seezölle zu willigen. Das wäre in Wirklichkeit, wie schon angedeutet, in Hinblick auf den gesunkenen Silberwerth keine Erhöhung und würde die Kaufkraft der Chinesen wie ihre Einfuhr an europäischen Erzeugnissen nicht merklich beein trächtigen. Auch Graf Bülow ist dieser Ansicht und hat als das beste und sicherste Object für die Kostentilgung die Er höhung der Seezölle empfohlen. Nur ergänzungsweise wczren einige der Vorschläge Sir Robert Hart's anzunehmen und auch nur, soweit sie an der Küste durchgeführt werden können, etwa durch Schaffung eines Salzzolles oder durch Dschunkenzölle und dergleichen. Erst wenn ausreichende Bürgschaften für die Durchführung der Friedensbedingungen, insbefondere für die Zahlung der Kriegsentschädigung, geschaffen worden sind, können die Mächte ihre Truppen aus China zurückziehen. Da alle Mächte von dem lebhaften Wunsche beseelt sind, diese Maßnahme sobald als möglich anzuordnen, so werden sie einen einhelligen und starken Druck auf England ausüben müssen, um der Gefahr vorzu beugen, daß durch unfruchtbare Erörterungen der chinesischen Kriegsentschädigungsfrage weitere unerwünschte Verschleppungen entstehen. Was dann die Höhe und die Veriheilung betrifft, so werden in der „Freisinn. Ztg." unter Vergleichung mit der Ge schichte der Kriegskostenentschädigung nach dem deutsch-fran zösischen Kriege Vorschläge gemacht, die uns in manchen Puncten wenigstens zutreffend erscheinen, in anderen freilich weniger. Zustimmen kann man zunächst der principiellen Forderung, daß zunächst einmal die Mächte eine bestimmte runde Summe von China verlangen sollen und daß dann erst die Frage, wie diese Summe unter die Mächte zu Vertheilen sei, zur Erledigung gelangen möge. Dies Princip erscheint uns deshalb als zu treffend, weil man sonst überhaupt nicht vom Flecke kommen und nach dem Grundsätze handeln würde, das Fell des Bären zu ver theilen, ehe man ihn erlegt hat. Wenn die „Freis. Zig." sie von China zu verlangende Summe auf eine Milliarde Mark bemißt, so wird man ihr auch darin zustimmen können, daß diese Z'-ner keineswegs zu hoch bemessen sei. Was endlich tue Frage der Verkeilung zwischen die Mächte anlangt, so ist das Richter'sche Organ jedenfalls insofern im Rechte, als es den amerikanischen Vorschlag, allen betheiligten Mächten die gleiche Summe zuzuweisen, schlechthin zurückweist. Man könnte sich fast darüber wundern, daß die sonst so geschäfts kundigen Uankees einen derartigen Vorschlag machen, wenn man nicht bei näherer Betrachtung dahinter käme, daß die Ver einigten Staaten bei Durchführung dieses Vorschlags recht günstig fortkämen, da sic viel weniger Aufwendungen gemacht haben, als beispielsweise Deutschland und England. So einfach, wie die Amerikaner es sich denken, geht es nicht, andererseits aber auch nicht so complicirt, wie die „Freis. Ztg." in einem etwas zu mechanischen Anschlüsse an die Vertheilung der französischen Kriegsentschädigung an die deutschen Bundesstaaten sich die Sache oorstellt. Es sind da doch zwei sehr erhebliche Unterschiede vorhanden: einmal wurden die Kontingente der deutschen Bundesstaaten in fast gleicher Weise verpflegt, bekleidet und mit Waffen ausgerüstet, so daß auch thatsächlich die Aufwendungen ungefähr dem Procentsatze der von jedem Staate ins Feld gestell ten Truppen entsprachen. Zweitens handelte es sich damals eben um eine Ausgleichung zwilchen Bundes st aaten, so daß es von vornherein sicher war, daß alle etwaigen Differenzen sich freundschaftlich lösen würden. Ganz anders ist es in China. Deutschland hat für die Ausrüstung und für die Verpflegung seiner Truppen ungleich größere Aufwendungen zu machen, als die viel genügsameren Russen und Japaner. Zweifellos aber würden die Letzteren es sich nicht gefallen lassen wollen, daß für die deutschen Truppen eine entsprechend höhere Entschädigung festgesetzt würde. Ebensowenig würden sie der Forderung zustimmen, daß Deutschland, das die größten Transportkosten gehabt hat und beim Rückzug wiederum die größten Kosten haben wird, dafür besonders entschädigt werde, denn sie werden — und von ihrem Standpuncte aus nicht mit Unrecht — sagen, es ginge sie gar nichts an, daß Deutschland vergleichsweise geographisch un günstig gelegen sei. Da es sich hier nicht, wie 1871, um Ver bündete ai d ein Reich bildende Staaitrn handelt, so wird es überhaupt gut sein, möglichst wenig Unterschiede zu schaffen, denn je mehr Unterschiede, desto mehr Reibungsgelegenheit, je mehr Reibungsgelegenheit aber, desto schlimmer für den Welt frieden, der doch schließlich wichtiger ist, als ob die eine oder die andere Macht 2 oder 3 Mil lionen mehr oder weniger erhält. Das Einfachste wird sein, für jedes runde Tausend Mann bezw. Pferde und für jeden runden Monat eine bestimmte Einheitsquote festzustellen und dann jedem Staate nach der Zahl der von ihm nach China gesandten Tausende von Mannschaften und Pferden und nach der Dauer der Anwesenheit dieser Truppen die entsprechende Ent schädigung zu gewähren. Dabei wird Deutschland freilich kein sehr outes Geschäft machen, aber wir sind der Ansicht, daß Deutschland gerade bei dieser Angelegenheit den Standpunct des Geschäftsmannes nicht in übertriebener Weise hervorkehren sollte. Die Wirren in China. Die Brandkatastrophe. * Berlin, 18. Avril. (IV. 1. L.) Graf Waldersee meldet aus Peking: Der beste Theil des Winterpalastes ist in ver gangener Nacht durch Feuer zerstört worden. General Schwarzboff hat dabei den Tod gefunden. Die Ursache ist unaufgeklärt. Die französische Garnison und die Javaner haben bereitwilligst Hilfe geleistet. General v. Gayl, Oberstleutnant Bocken, Major v. Lauenstein, Hauptmann Wilberg, Leutnant v. Rauch und ich haben dabei fast die ganze Habe verloren. * Peking, 18. April. (Telegramm.) Es ist keine Hofs, nung mehr, daß der General Groß v. Schwarzhoss gereitet sein könnte. Die Leiche ist nicht gefunden worden, und man muß onnehuen, daß sie völlig verkohlt ist. Nach den bis- drri en Ermittelungen ist der General das einzige Lpker Les Brandes. Tas Feuer wurde unter kräftiger Hilfe der Franzosen auf zwei Höfe beschränkt, deren Gebäude nieder gebrannt sind. Die Acten sind gerettet. Feldmarschall Gras Waldersee befindet sich wohl und bleibt zur Zeit noch in dem großen Gebäudecomplex, der vom Feuer verschont geblieben ist. Niedergebrannt sind außer der Wohnung des Feldmarjchalls die Wohnungen der Osficiere Groß v. Schwarzhoss, v. Gayl, Böhn, Brixen, v. Wilberg und v. Rauch. Tie Entschädigung. * Pokohama, 17. April. (Telegramm des „Reutn'schen Bureaus.") Aus guter Quelle verlautet, die Entschädigungs« sorderung Japans an China belaufe sich auf fünf bis sechs Millionen Pfund Sterling und basire genau auf den im Verlaute des chinesischen Feldzuges entstandenen Kosten. * London, 18. April (Telegramm.) Dir Morgenblätter melden aus Peking vom 16. d. Mts.: Die Instructionen der Regierung der Bereinigten Staaten an Rockhili, wie sie den hiesigen Vertretern der Mächte mitgetheilt worden sind, weisen den Vertreter der Vereinigten Staaten an, in erster Linie daraus hin» zuarbeiten, daß die Gesammtsumme der Entschädigungs forderungen bis zu 40 Millionen Pfund Sterling betrage. Die Regelung der Vertheilung unter die einzelnen Mächte solle diesen selbst überlassen bleiben. Der Lrieg in Südafrika. Krieg für immer. Eine Brüsseler Drabtiueldunz des „Standard" besagt, beim Empfange mehrerer deutscher Abordnungen er klärte Präsident Krüger, daß die Einstellung der Feindseligkeiten in Südafrika nicht als bevorstehend betrachtet werden könne, da die Boerensübrer einstimmig die Lotung: „völlige Unabhängigkeit oder Krieg für immer" auSgegeben haben. Schalk Burger ließ eine Kundgebung unter den Burgern verlheiken, welche die Gründe auseinanversctzt, die die Transvaal-Regierung veranlaßten, Kitchener's Friedensbedingungen abzulehnen. Nach einem Kriegsrathe in Ventersburg unter dem Vorsitz De Wet's wurden Instructionen an Kritzinger und Foucbe gesandt, ihre Aufmerksamkeit zu richten auf die Beschädigung der Eisenbahn zwischen der Capcolonie und Pietersburg. Die CommandoS unter Kritzinger und Fouche sind etwa 2000 Mann stark. Nach dem KriegSrathe reiste De Wet ab. (Poss. Ztg.) * London, 18. Avril. (Telegramm.) Kitchener meldet aus Pretoria vom 17. d. M.: Beim Vormarsch des General- K ichrner von Lydenburg sprengte der Feind den „langen Tom" in die Luft. Es wurden 13 Gefangene gemacht. Eine Abtheilung unter Oberst Douglas besetzte Tool- stroom. Dabei wurden 6 Boeren getödtet. Oberst Plumer besetzte Bathfontein, machte 13 Gefangene und erbeutete ^rurlletsn. Gustav Theodor Fechner. Zu seinem hundertsten Geburtstag am 19. April 1901. Von Herm. Pilz. Nachdruck »erbet n. Zwei Seelen wohnten in seiner Brust. Die eine drängte ihn rastlos vorwärts auf der Bahn philosophischer ürkenntniß und trieb ihn zu wissenschaftlichen Studien auf dem Gebiete der Physik und Chemie, Anthropologie und Philosophie an, roährend ihn die andere, die poetische, dieser Welt entrückte und ihn hinaufführte in das Reich der Phantasie, in die bunte Welt der Traume. Und oft respectirten diese beiden Seelen die Grenzen nicht, die ihnen gezogen sind, und die eine griff wohl auf das Gebiet der andern hinüber, die Phantasie ergänzte die Lücken, vor denen die Wissenschaft kopflos stand. Die nüch ternen Denker schüttelten dann freilich vornehm mit dem Kopse und verurtheilten diese Art und Weise, die zur Erkenntniß der Welterscheinungen sich nicht allein an das exacte Wissen hielt, sondern der Spekulation freien Spielraum bot. Gustav Theodor Fechner, von dem ich hier rede, und der vor nunmehr 100 Jahren, am 19. April 1801, in Groß-Sährchen bet MuSkau in der Niederlausitz geboren wurde, gehörte ehedem zu den bekanntesten Erscheinungen in Leipzig. Meine Erinne rungen an ihn reichen hinauf bis in meine Knabenzeit. Draußen tm Rosenthale trafen wir Gymnasiasten ihn bei unseren bescheidenen botanischen Exkursionen an, dort erging er sich in der grünen Einsamkeit, dort sann er in der heiligen Stille der Natur über die Geheimnisse der Pflanzenwelt nach, er suchte die „innere Helligkeit" seiner Lieblinge zu ergründen. Fechner hatte im Jahre 1817 die Universität Leipzig bezogen, um hier Medicin zu studiren. Allmählich jedoch mehr zum speciellen Studium der Naturwissenschaften hingezogen, habilitirte er sich für dieses Fach an der sächsischen Hochschule und erhielt hier im Jahre 1834 die ordentliche Professur für Physik. In diese Zeit fallen seine vorzüglich den Galvanismu- betreffenden Untersuchungen, die „Maßbestimmungrn über die galvanische Kette", dir Heraus gabe des „Pharmaceutischen Centralblatte-", deS „Repertoriums der Experimentalphysik" und de- „Repertorium- der neuen Ent deckungen in der unorganischen Chemie". Diese Werke drangen freilich nicht in da» große Publicum hinein. Und doch war Fechner auch in diesem weiteren Kreise kein Unbekannter mehr. Hatte er sich doch immer den Ernst der Arbeit durch den feinen Humor, den scharfen, satirischen Witz oder die derbe, barocke Komik, über die er in so köstlicher Weise verfügte, versüßt. Die heiteren Kinder seiner Muse, die seit 1821 erschienen waren, fanden damals freundliche Aufnahme, und vor Allem die Anerkennung Jean Paul's, dessen Pathenkinder sie gewisser maßen waren. Wer von Fechner nichts wußte, kannte gewiß den „vr. Mises", der den Beweis geliefert hatte, „daß der Mond aus Jodine bestehe", der die launige „8tupelirr rrüxta" verfaßt und eine „vergleichende Anatomie der Engel" heraus gegeben hatte. Auch sein Panegyrikus der jetzigen Medicin und Naturwissenschaft" gehört-in die Reihe der humoristischen Schriften Fechner's, die 1875 als „Kleine Schriften von Vr. Mises" gesammelt erschienen. Aus späterer Zeit sind darunter noch die „Schutzmittel für die Cholera" und die „Vier Paradoxen" zu erwähnen. Das letztere Werk ist darunter wohl das be deutendste. Der Beweis, daß die Welt nicht vom schaffenden, sondern vom zerstörenden Princip ausgegangen sei, wird darin mit beißender Satire geführt, und richtet seine Lanze gegen eine Theorie der modernen Philosophie. Fechner hatte die ersten dieser Werke Jean Paul selbst unterbreitet, und dieser munterte ihn zu weiterem Schaffen auf. In der That darf Fechner mit den „Kleinen Schriften", wie es Gottschall in seiner „Nationalliteratur" thut, unter die „Epigonen Jean Paul's" gerechnet werden. Der Barockstil Jean Paul's kehrt auch bei Fechner wieder. Die „Extrablättchen", die wir im „Siebenkäs", „Quintus Fixlein", „Hasperus" u. s. w. finden, sind die Vor bilder der Humoristika Fechner's gewesen, und den Beweis, daß die Weiber eigentlich nur Kleider sind, könnte ebensogut.Jean Paul, wie vr. Mises geleistet haben. In Jean Paul's Werken ist eine derbkomische und eine mehr ideale Richtung zu unter scheiden. Die erstere findet in „vr. Katzenberger'S Badreise", den „Flegrljahren" u. s. w. ihren lebendigsten Repräsentanten, und der Ton, der hier angeschlagen wird, ist es, der auch Fechner's Schriften beherrscht. Aber deshalb ist die Jean Paul'sche Ge- fllhlsschwärmerei nicht ausgeschlossen. Ihre Blüthen schimmern zuweilen so lieblich und leuchtend hervor, wie bei dem klassischen Meister echten HumorS. Im Jahre 1839 wurde Fechner durch ein Kopf- und Augen leiden gezwungen, sein Lehramt al- Ordinarius der Physik niederzulegrn. Seitdem widmete er sich der Philosophie, Aesthetik und Anthropologie mit Eifer, und namentlich die „Psychophysik" wurde sein eigentliches geistiges Lebens element. Fechner's Augenleiden verlor sich nie wieder, und auch ich sehe ihn nur noch mit einem riesigen grünen Augenschirm bewaffnet im Geiste vor mir stehen. In seiner philosophischen Richtung schließt sich Fechner an Lotze an, der mit ihm, insofern er auf den exacten Wissenschaften fußte, der Schule Hcrbart's angehört, wenn er auch, ebenso wie Fechner, im Uebrigen von den Anschauungen des Göttinger Philosophen bedeutend abwich. Fechner insbesondere theilte die Gegnerschaft Herbart's in Be zug auf Spinoza nicht, und mancher spinozistische Gedanke hat sich in seine Werke selbst eingeschlichen. Die Psychophysik, die Lehre von den Gesehen, nach denen Leib und Seele Zusammen hängen, hat Fechner's Namen unsterblich gemacht. Sein Haupt werk sind die „Elemente der Psychophysik" (1860), worin zum ersten Male selbstständig und unter dem von Fechner neu erfundenen Namen, der seitdem allgemein acceptirt wurde, die Beziehungen zwischen Leib und Seele auf exacter Grundlage behandelt werden. Denselben Gegenstand betreffen die Schriften: „In Sachen der Psychophysik", „Revision der Hauptpunkte der Psychophysik" u. s. w. Alles Geistige hat seinen Träger oder Ausdruck in etwas Körperlichem und dadurch seine weiteren Wirkungen und Folgen im Körperlichen. Leib und Seele sind nur zwei verschiedene Erscheinungsweisen desselben Wesens. Allem geistigen Geschehen läuft ein körperliches, allem psychischen ein physisches parallel. Das ist der Ausgangspunkt der Fechner'schen psychophysischen Anschauung. Er stellt die ganze Psychologie damit auf einen realen Boden, indem er die Erkenntniß des Organismus zu ihrer Basis macht, von der auS er sie der idealen Höhe wieder zuführt. Dadurch würde aber auch eine schärfere Betonung des Individuellen nothwendig. Wenn das Seelenleben von der Beschaffenheit und den Functionen eines Organismus abhängig ist, so liegt ein weiterer Schritt der Psychologie sehr nahe, dieses Seelenleben nämlich auch in den einfachsten, thierischen Orga nismen aufzusuchen, ja schließlich es in der Pflanze als pflanzliches Seelenleben zu erforschen. Damit sind wir bei der LieblingSidee Fechner's angelangt, die er in ein gehender Weise in seinem Buche: „Nama oder über das Seelenleben der Pflanzen", das im vorigen Jahre neu aufgelegt wurde, am ausführlichsten behandelt hat. Das Werk erschien in einer bewegten Zeit, im Jahre 1848. Da lauschte man dem Seelenleben der Völker und hatte kein Inter esse übrig für die stillen Kinder FloraS! Das war dem Buche verhängnißvoll. Nur langsam arbeitete es sich auS der Ver schollenheit heraus, in dir e- gleich bei seiner Geburt verbannt war. Wer es aber einmal in die Hand genommen und für die Vorgänge im Pflanzenlrben ein Interesse bat, dem wird eS Stunden schöner Erbauung bieten. Ich gestehe, daß es mich heute noch ebenso fesselt, wie in den Studentenjahren, da uns Professor Schenke gelegentlich auf dasselbe aufmerksam machte, und daß nur das rabulistische Urtheil Schleiden's in seinen „Studien" („Die Beseelung der Pflanzen"), dem Fechner in seinem Schriftchen „Professor Schleiden und der Mond" ent gegentrat, immer als ein Act der Ungerechtigkeit erschienen ist. Fechner tbut in diesem Werke ja den gewagtesten Schritt, den die Metaphysik thun kann. Er überträgt seine Vorstellungen vorn Organischen auch auf das Unorganische. Von den organischen Körpern unterscheiden sich die unorganischen der Substanz noch gar nicht. Auch stehen organische und unorganische Körper in stetiger Wechselwirkung. Die ganze Vorstellung von der Materie als einem Haufen todter, starrer Atome und Moleküle wirft der Leipziger Philosoph über den Haufen. Er gelangt damit schließ lich bei der „Weltseele" an, bei welcher später auch Materialisten wie Czolbe ankamen, dir damit die Rückkehr zu Plato gefunden hatten. Es ist hier der Platz, wo auch Fechner's Werk „Zend - Ave st a oder über die Dinge des Himmels und des Jenseits" namhaft gemacht werden muß. Die Frage des Verhältnisses der Menschen zu Gott ist die endliche Frage seiner Psychophysik. Die Natur erscheint Fechner als gottbrseelt. Die Welt ist der lebendige Leib Gottes. Der Mensch ist also in Gott. Unsere Seele ist ein Theil der Seele des großen lebendigen Gottes, wie unser Leib ein Theil seines Leibes. Die Lehre Fechner's, wie sie uns auch in den Schriften „Ueber das höchste Gut", „Ueber die Seelenfrage", „Die drei Motive und Gründe des Glaubens" u. s. w. entgegentritt, ist nicht irreligiös, wir schon die Abfindung mit der Erlösung der Menschheit von der Dämmerung dieses Lebens in seiner Lehre beweist. Auch die Aesthetik Flechner'S hat ihre Originalität. Auch in ihr nimmt er vom Boden exacter Wissenschaft aus den Flug ins Höhere. Das bedeutsamste Werk ist hier seine „Vorschule der Aesthetik". An diese ernsten Arbeiten des philosophischen Forscher reihten sich aber immer bis in die letzten Tage seines Schaffen poetische Gaben. Seine „Gedichte", die schon 1841 erschienen, enthalten sinnige, tiefe Gedanken in einer freilich ost recht spröden Form. Dagegen sind seine Räthselpoesien klassisch. Dai „Räthselbüchlein" des vr. Mises ist noch heute unvergessen und Jung und Alt erfreut sich noch gern an diesen liebenswürdigen Ge schenken seiner Muse. Fechner starb in Leipzig am 18. November 1887. Der Tag endete da- Leben eine- emsigen Forschers, einer kühnen Denkers.. . . Und die Blumen trauerten, da sie den Tod ihres Freunde- erfuhren. . . ,
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