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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000404021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900040402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900040402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Hoffentlich ist cs auch nur durch Jahreszeit unv Geschäfts lage zu erklären, wenn an einer Stelle, wo die Regierung oder Mitglieder der Negierung nicht selten zu Worte kommen, die Frage der bayerischen Briefmarken wieder ausö Tapet gebracht wird und zwar in ziemlich offensivem Tone. Pläne, die sich in dieser Richtung bewegen, würden ganz gut zu den neuerlichen, von uns nicht ganz unberücksichtigt gelassenen Erzählungen von einem sehr wenig herzlichen Verhältnis; zwischen Berlin und München passen, aber eben deshalb — so viel Optimismus muß man sich trotz Allem bewahrt haben — ist nicht anzunehmen, daß sie z. Z. von Neuem verfolgt werden. Es wird jetzt gesagt, der Besuch LeS deutschen Kronprinzen am bayerischen Hofe, der nach der Groß jährigkeitserklärung des ältesten Sohnes der Kaisers in Aus sicht genommen ist, werde zeigen, daß an jener Erzählung nichts Wahres sei. Das bleibe dahingestellt, jedenfalls würde eine zweite Briefmarkcn-Campagne verstimmend wirken. Und nicht nur das, sie müßte auch der Autorität des Reiches schaden, denn der unzweifelhafte Ausgang wäre ein abermaliges Fehlschlagen. Die „Bert. N. N." bemerken, im bayerischen Landtage würde sich z. Z. nicht eine einzige Stimme, auch nicht eine nationalliberale, für die Abschaffung der Landespostwerthzeichcn erheben. Diese Vermulhung ist wahrscheinlich ganz» jedenfalls in der Hauptsache begründet. Erinnert man sich doch, daß sogar bei dem ersten Anlauf im vorigen Jahre bayerische Handels kammern gegen eine Aenderung des bestehenden Zu standes sich ausgesprochen haben. Bei dieser Sachlage müßte Herr v. PodbietSty wirklich ein überlustiger Gesell sein, wenn ihn schon jetzt das Fell zum zweiten Male juckte. Auch wir bedauern das Bestehen der Particularbriesmarke, aber wir sind überzeugt, daß rieben den gegenwärtigen Ver hältnissen ein erneuter Berliner Versuch nur die Wirkung hätte, den ohnehin nicht zahl- und nicht einflußreicher werdenden reichsfreudige» Mitgliedern des bayerischen Ministeriums Verlegenheiten zu bereiten. Für die Be- thäligung etwaigen Berliner FrühjabrStbatendrangeS bietet sich ja sonst Gelegenheit genug, und es heißt auch, man wolle an maßgebender Stelle der Leitung des Bundes der Landwirthe Ernst zeigen, wirklichen Ernst. Daran glauben wir vorläufig nicht, und wir wissen nickt einmal, ob wir es wünschen sollen, denn die Berliner Feldzüge sind seil zehn Zähren immer zum Vortheile der Bekriegten ausgefallen. Meistens erinnerten sie an die Kanonade von Lalmy. Zunächst bat man wieder einmal eine „Frage" groß werden lassen, in der auch das Centrum zu bekämpfen ist. Die Regierung, wir haben cS mitgetheilt, läßt halb amtlich erklären, die Gestaltung, welche die Commission des Abgeordnetenhauses dem Waarenbaus-Besteuerungs- ge setze gegeben, widerspreche dem Zwecke der Vorlage durch aus und fei „für die Staatsregierung völlig unannehmbar". Diese Erklärung kommt, wenigstens für die politische Gc- sammtlage, zu spät. Man kann sich gar nicht Wundern, daß es sofort heißt, nun zeige sich, daß die Regierung gar nichts Ernstliches für die kleinen Geschäfte habe thun wollen. Hätte man in der Commission mit aller Energie das Entstehen der unannehmbaren Beschlüsse — die Regierung ist Lock nicht über rumpeltworden— bekämpft, so könnte wenigstens diese hetzerische Anklage nicht erhoben werden. Die üblen Folgen des Fehlers, aus Regierungsvorlagen in der Commission etwas ganz Anderes, als das von der Regierung Beabsichtigte werden zu lassen, sind doch unter dem neuen Curs wahrlich schon oft genug hervorgetreten, so daß man gewitzigt sein könnte. Die Re gierung wird ja dieses Strickgesetz niemals acceptiren, aber sie Hal sich eine neue Schwierigkeit geschaffen, die, mag der Ausgang sein wie er wolle, ihre Schuldigkeit üu Interesse der Agitatoren thun wird. Am Unterliegen in der Sache liegt der Agitation, wie wir wieder bestätigt finden, nichts. Das gilt auch vom Fleischeinfuhrverbot im Beschaugesetz. Die conservativcn Führer v. Manteuffel und Graf Mir- ba ch-Sorquittcn haben sich durch öffentliche Erklärung aus Seile des Grasen Klinkowström geschlagen, der für ein Compromiß thätig ist. Der Vergleich kommt auch zu Stande. Wenn die „D. T." sich vernehmen läßt, „die Stellungnahme deS Bundes der Landwirtbe würde selbst verständlich durch die Kundgebung (der Herren v. Man teuffel und Graf Mirbach) in keiner Weise berührt", so bat dies für die Gesetzgebung gar nichts zu sagen. Denn parlamentarisch bedeutet die Bundesleitung für sich nichts, wenn nicht das Gros der Conservativcn hinter ibr steht. Die Conservativcn wollen eS sich aber noch einmal überlegen, ehe sie das Fleischbeschaugesctz zu dem Versuche gebrauchen, den Fürsten Hohenlohe zu stürzen. Warum sie nachdenklich geworden sind, ist eine Frage für sick. Nicht nur die „Kölnische Zeitung", auch die „Post" wollen An zeichen entdeckt haben, die ein Umschlagen des Ober- windcS zu Ungunsten der Conservativcn befürchten ließen. Die Conservativcn könnten sich umso eher friedlich zeigen, als der ihnen verhaßte Mittellandeanal in immer weitere Ferne zu rücken scheint. Soeben verlautbart eiu Osfieiöser, daß oie Vorarbeiten noch viel Zeil in Anspruch nehmen, und ein Anderer meint, offenbar nickt sehr ernsthaft» in der zweiten Hälfte des Mai könnte die Vorlage vielleicht dem Landtage zugcbcn. Unverkennbar sind auch die sozusagen inneren Cbancen des Canals im Sinken. Eine in der neuen Auslage deS Handwörterbuches für Staatswiffenschaften erschienene Abhandlung des bekannten, gar nicht agrariscl)en Göttinger VolkSwirtbes Gustav Cohn giebt den Gegnern manche neue nicht unsolide Stütze und in einer Delegirtenversammlung des Central verbandes deutscher Industrieller ist die Meinungsverschieden heit in der Tazesfrage des — vorigen JabrcS unverküllt zu Tage gekommen. Der als Gegner ausgetretene Herr VopeliuS ist zwar ein Interessent des Saargebietes und man wußte längst, daß die Industriellen dieses Reviers, insbesondere auch der Freiherr v. Stumm, den Canalbau nicht wünschen. Aber es ist doch fatal für die Canalfreunde, daß sie sich in der Presse jetzt mit der Versicherung abmühen müssen, die Saar-Leute stünden mit ihrer Opposition im Centralverbande allein. Während die „Dtsch. Tagesztg." lebhaft für die Tage gelder an die Rctchstagsmitgltcdcr, unv zwar in der Forni der Anwesenbeitsgelder cintritt, bekämpft die „Kreuzztg." diesen Vorschlag nach wie vor, aber jetzt nickt mehr wegen des angeblichen Zusammenhanges der Diätenlosigkeit mit dem Reichswahlrecht, sondern wegen der Gefahr einer Zersplittc- ' rung bei den Wahlen. Das conservative Blatt schreibt: „Nach wie vor müssen die Conservative» befürchte», daß die Gewährung von Tagegeldern die bei den Reichstagswahlen ohnehin schon längst herrschend« Zersplitterung nur noch ver mehren und damit die Aussichten der Um stürz Partei und der im Bunde mit ihr auf Stichwahlersolge speculireuden Freisinnigen noch günstiger gestalten würde, als sie es ohnehin schon sind. Damit aber wäre reichlich ausgeglichen, was hier und da. auch von Seiten der mehr rechts stehenden Gruppiruugcn, für die Gewährung vou Tagegeldern vorgebracht wird: daß sie die Wahl tüchtiger, aber unbemittelter Leute ermöglichen würde. Das glauben wir eben nickt. Diese „tüchtigen, aber unbemittelten Leute" brauchen im Wahlkampf mehr als das Bewußtsein ihres Werthes. Wenn er von allen Seiten bestritten wird, Hilst es ihnen sehr wenig. Das allgemeine Stimmrecht wird nach ganz anderen Gesichtspunclen gelenkt. Das sollte man nachgerade Loch wissen. Ten Conservative» ist cs bekannt; sie können sich deshalb auch von diesem Standpnncte aus nicht für die Tagegelder erwärmen." Ist die Behauptung, die „tüchtigen, aber unbemittelten Leute" brauchten im Wahlkampfe mehr als das Bewußtsein ihres Werthes, etwas dunkel, so ist der Grund, aus dem die „Kreuzztg." gerade für die conservative Partei Zer splitterung als die Folge der Einführung von Tagegeldern fürchtet, um so klarer. Keine andere Partei hat so viel verschiedene Anhängergruppen, die nur deshalb auf die Ausstellung eigener Candidaten verzichten, weil die Ausübung eines Neichstagsmandats mit er heblichen Kosten verknüpft ist. Fallen diese Kosten weg, so finden sich unter den „Hausagrariern", den extremen Zünftlern, den radicaleu Gegnern aller Waarenhäuser und Consumvcreine rc., die jetzt für wohlsituirte conservative Candidaten stimmen, sicherlich Männer genug, die selbst nach Berlin geben nnd dort im Reichstage ihren Willen durchzu setzen versuchen möchten. Kein Wunder also, daß die „Kreuzztg." als Folge der Einführung von Tagegeldern Zer splitterung der conservativcn Stimmen zu Gunsten social demokratischer oder freisinniger Gegner besorgt. Der neue französische Gesetzentwurf betr. die t^cwcrkvcrctne beschäftigt zur Zeit sowohl die öffentliche Meinung als die Tageüpresse Frankreichs, lieber den Werth desselben sind die Ansichten sehr grtheilt. Er verleibt den Gewerkoereinen das Recht, im eigenen Namen Eigenthums- besitz anSzunben und vor Gericht zu agircn, sowie Geschäfte zu betreiben, drei Puncte, welche in dem Gesetze von 1884 nicht zugestauden waren. Durch daö Versprechen dieser Zu wendungen gelang eS dem Ajiuisterpräsidenten Waldeck- Rousseau, als er seine Regierungöcandidatur aufstellte, uameut- lich die Arbeiter seiner Sache günstig zu stimmen, und indem er jetzt die Annahme seiner Vorlage betreibt, löst er nur ein früher gegebenes Versprechen ein. Inzwischen aber hat es sick heraus gestellt, daß der Ministerpräsident im Irrthume war, wenn er glaubte, daß seine Initiative vou der Arbeiter schaft mit Beifall begrüßt werden würde. Der Ver band der Arbeitsbörsen, der wichtigste Factor in der gewerkschaftlichen Bewegung, bat sich nahezu einstimmig gegen den von Waldeck-Rousseau geplanten Aus van des Gesetzes von 1884 erklärt, und dasselbe hat eine Anzahl von Journalisten befragter GewerkvereinS- sekretäre gethan. Aus der Buntscheckigkeit der gegen den Gesetzentwurf eingewendeten Argumente lassen sich einige ein fache Grundgedanken heraussckälen. Die Gewcrkvereine be fürchten von der ihnen zugedachten Erweiterung ihrer Befugnisse und Vorrechte, daß sie von ihrem normalen Entwickelungsgange abgclenkt werden möchten. Sie wittern hinter der Ermäch tigung, EigenthumSbcsitz auszuüben, eine Falle, indem das Vorhandensein von Gewerkvereinsgrundbesitz der Staats gewalt die Möglichkeit gebe» würde, die Gewerkvercine an ihrem Aktivvermögen zu schädigen. Noch mehr aber fürchten sie, daß ihre Mitglieder, wenn sie vou der Berechtigung, bürgerliche Handelsgeschäfte vorzunebmen. Gebrauch machen, sick mit der Zeit „embourgeoisiren" dürften, und endlich spricht überall das Mißtrauen mit, welches die Regierung gerade dann der schlimmsten Ab sichten gegen die socialdemokratisch organisirte Arbeiter schaft für fähig hält, wenn sie derselben mit Zugeständnissen entgegen kommt. Da übrigens nicht alle Führer auf diesem Standpunkte stehen, insbesondere Jaurös den Walveck- Rousfeau'schen Entwurf eifrigst protezirt, dürfte cs in der Kammer zu leidenschaftlichen MeinungSkämpsen gerade zwischen den Genosien selbst kommen. Jedenfalls wird es nickt Schuld der Negierung sein, welche den socialdemc- kratischen Macktgelüstcn auf alle Weise die Stange hast, wenn die Ueberhäufung der Gewerkvereine mit gesetzlichr» Wohlthaten unterbleiben sollte. Der Krieg in Südafrika. —Das „New Jork Journal" veröffentlicht rin Tele gramm auS Bushmanskop, in dem gemeldet wird, daß der Hauptmann Rcichmann, der die Boereu in den Hinterhalt bei Kornsprüit geführt haben soll, Carl Reichmanu, Hauptmann im Heere der Vereinigten Staaten sei und die Boerentruppeu als amerikanischer Militärattache begleite. Einem Tele gramm derselben Zeitung aus Washington zufolge hält das dortige KriegSamt diese Nachricht für unglaublich, obgleich das KriegSamt in letzter Zeit nichts von Reichmann gehört bat. Reichmann ist Deutschamerikaner, woraus englische Blätter sofort einen Deutschen machen. Der Schauplatz deS für die Engländer unglücklichen Gefechts vom 31. März liegt zwischen den Bloewfonteiner Wasserwerken und Bloem fontein selbst, etwa 35 km westlich von Bloemfontein, 3 km östlich der Wasserwerke. Oberst Broadwood war gezwungen, sich von Tbabanchu zurückzuzieheo, »veil er sonst zweifellos abgeschnitten und von dem auS Norden Und Osten in zwei Abtbeilungen heranrückendeu Feind umfaßt und bei der geringen Stärke seiner Truppen einfach erdrosselt worden wäre. Die Division Colville bat eine treffliche Marschleistung vollbracht. Um 2 Uhr Nachmittags batte sie bereits die 35 Kilometer bis zum Schauplatz deS Kampfes zurückgelegt und konnte so Schlimmeres verhindern. Daß Lord Roberts die Gesahr nicht unterschätzt, geht daraus hervor, daß er auch den General French mit den beiden übrigen Cavalleriebrigaden noch hinter der Division Colville berschickte. Diese Besorgniß ist begreiflich; die ge fährdete Abtheilung bestand nur aus berittenen Truppe», die für die Heerführer um so kostbarer.sind, als sie nur in be schränkter Zahl vorhanden sind und durch die Anforderungen des Feldzuges schon beträchtlich gelitten haben. Die schleunige Hilfe hat denn auch das Aeußerste abzuwenden vermocht. Die Wasserwerke. Nach einer Meldung deS „Mornina Leader" aus Bloem fontein fand man ungefähr 80 verwundete Engländer vor. Die Meldung besagt weiter : „Die Boeren halten, wie schon mitgetheilt, noch immer die Wasserwerke besetzt und man glaubt, daß sie die Leitung, welche täglich 250 000 Gallonen FerMleton. 8, Drei TheUhaber. Roman von Bret Harte. Nachdruck »erdeten. Beim Eintritt der kleinen Gesellschaft entstand eine plötz liche Bewegung im Saal. Alle Köpfe wandten sich nach dem großen Finanzmann hin, als würden sie magnetisch angezogen. Von Tisch zu Tisch flüstert« man sich seinen Namen zu, ja manche Gäste waren keck genug, sich auf ihren Stühlen um- zudrchen, während er bei ihnen vorbeikam. Frau Barker zeigte sich sehr gesprächig in ihrer Aufregung; sie fah rosig und hübsch aus; Stacy hatte eine würdevolle Miene airgenommen. Nur Barker behielt seine natürliche Unbefangenheit. Im Verlauf des Mittagessens fand Barker wenig Gelegen heit, mit seinem früheren Theilhaber von alten Erinnerungen zu reden. Er erfuhr nur, daß Stacy einen Brief von Demorest erhalten habe, der seine baldige Heimkehr aus Europa an- kiindigte. Seine Briefe waren noch immer traurig — darin stimmten Beide überein. Dabei sah Stacy zum ersten Mal an diesem Tage Barker mit jenem Blick an, den er vom Kicferberg her genau kannte. „Glaubst Du, daß es derselbe alte Kummer ist, der ihn noch immer quält?" fragte Barker im Ton inniger Theilnahme. „Jawohl, ohne Zweifel", erwiderte Stacy mit ebenso tiefem Gefühl. — Kitty spitzte die hübschen Ohren; ihres Gatten stets reges Mitleid war für sie nichts Neues, aber daß der kalte, prak tische Stacy sich durch irgend etwas rühren ließ, rekzte ihre Neugier. „Und Du meinst, er sei nie darüber hinweggekommen?" fuhr Barker fort. „Die einzige Möglichkeit, die sich ihm bot, hat er von der Hand gewiesen", entgegnete Stacy mit Nachdruck. Statt allein nach Europa zu reisen und seiner Schwermut- nachzühängen, hätte er in mein Geschäft treten sollen; das würde ibn zu einem anderen Menschen gemacht Haden." „Aber er wäre reicht Demorest geblieben", fiel Barker rasch ein. „Was sind denn das für schrecklich geheimnißvolle An deutungen?" fragte Frau Barker ungednlsig. „Ist Demorest krank?" Beide Männer schwiegen, wie aus alter gmeinsamcr Ge wohnheit. Endlich sagte Stacy: „Nein!" in einem Ton, der alles weitere Fragen abschnitt. Barker war ihm dankbar dafür, ja er wurde einen Augenblick seiner Kitty abtrünnig. Frau Barker hatte mit Wonne beobachtet, wie am Nebentisch die Aufmerksamkeit sich auf sie lenkte und sogar Frau Hornburg von Zeit zu Zeit zu Stacy hinübevschaute. Daß aber diese Dame offenbar auf dm Bankier einen ebenso tiefen Eindruck machte, überraschte sie außerordentlich. Seine kalten Züge wurden warm, sein kritischer Blick milde, er fragte nach ihrem Namen. Kitty gab mit geläufiger Zunge Auskunft; sie war offenbar falsch unterrichtet und jedenfalls voreingenommen. „Ich weiß, wie die Sachen stehen", entgegnete Stacy mit großer Bestimmtheit. „Ihr Mann war der schlechteste Kerl unter der Sonne. Nachdem er ihr das Leben mit ihm un erträglich gemacht hatte, verließ er sie, damit sie ohne ihn an ihrem guten Rus Schiffbruch leiden sollte. Sie hätte sich längst von ihm scheiden lassen können, aber sie will nicht." „Das ist wohl der Grund, weshalb sie für Euch Männer so anziehend ist?" fragte Frau Barker spöttisch. „Ich sehe sie heute zum ersten Mal", fuhr Stacy in ruhigem Goschäftston fort, „obgleich mir und zwei anderen Herren die Verwaltung ihres Vermögens obliegt; wir haben es den Klauen ihres Gatten entrissen. Man sagte mir, sie sei schön — und das ist sie auch." Barker, der sich über diesen Beweis einer menschlichen Schwäche bei Stacy freute, warf seiner Frau einen verständniß- vollen Blick zu. Aber sie sah beharrlich nach der anderen Seite und die Augen des jungen Ehemannes, die noch vor innerer Befriedigung strahlten, begegneten Frau Hornburg's Blicken. Diese wandte sich erröthend üb, was den leichtgläubigen Barker ohne Weiteres überzeugte, daß sie Stacy's Bewunderung er widere. Jugendliche Akunftsträume umgaukelten ihn wie in früherer Zeit: er sah Stacy glücklich mit der schönen Frau ver einigt, und erst als das Mittagsmahl zu Ende war, kehrte er wieder in die Gegenwart zurück. Stacy bot nun Frau Barker den Arm und führte sie, wie es die Sitte heischte, durch den großen Salon. Später besuchte er auch den Kleinen im oberen Stock und nahm dann rasch Abschied. Jedoch nicht, bevor er Barker ganz nach alter Weise die Hand geschüttelt und gesagt hatte: „Komm, an welchem Tag Du willst, aus die Bank: wir frühstücken dann zusammen und plaudern von Philipp Demorest." Dies beglückte Barker so sehr, als hätte er ihn zu sich bestellt, um ihm die Bitte zu gewähren, die er ihm am Morgen abgeschlagen. Aber seine Frau faßte di- Einladung anders auf. „Du glaubst doch nicht wirklich, daß er Dich auffordert, ihn zu besuchen, um mit Dir von Demorest und seinem albernen Ge- heimniß zu reden?" meinte 'sie verächtlich. „Vielleicht auch noch von anderen Diegen", versetzte Barker, der froh war, daß sie nicht nach dem Geheimniiß fragte. „Ebenso gut hätte er auch hier frühstücken können, um nicht blos über s i e zu sprechen, sondern s i c auch zu sehen", sagte Kitty, sich abwendend. Inzwischen hatte sich Stacy in sein Clubhaus begeben, das in einer der nächsten Straßen lag. Dort erregte sein Erscheinen das gleiche Interesse wie im Hotel, nur daß die Clubzenossen kein Hehl daraus machten. „Haben Sie schon die große Neuig keit gehört?" fragten wohl ein Dutzend Stimmen aus einmal. Stacy wußte nichts davon; er hatte auswärts gespeist. „Der Bau der Zweigbahn, dieser niederträchtige Schwindel, ist in der gesetzgebenden Versammlung durchgegangen." Stacy mußte sogleich an Barker's lächerliche Zuversicht und deren Gründe denken. „Sind Sie denn so sicher, daß es Schwindel ist?" fragte er mit großer Gelassenheit. Bei dieser kühlen Aeußerung des Mannes, der am meisten gegen das Unternehmen geeifert hatte, entstand eine Tckdtenskille. „Aber", nahm endlich einer der Herren zögernd das Wort, „die Bahn führt doch nirgends hin und hat nicht den geringsten Zweck." „Damit ist noch nicht gesagt, daß sie nicht einen Zweck haben und irgend wohin führen wird, nun sie thatsächlich zu Stande kommt", entgegnete Stacy, das Gespräch abbrechend. Er begab sich ruhig in das Lesezimmer, aber schon im nächsten Augenblick verließ er es wieder durch die Seitenthür. Rasch erreichte er auf einer anderen Treppe die Vorhalle und betrat gleich darauf wieder das Hotel. Sofort lieh er Barker herunterrufen, legte ihm die Hand auf den Arm und sagte in der alten herrischen Art: „Laß Dir, ohne den geringsten Aufschub, einen schriftlichen Vertrag über Deinen Erwerb des Gebietes der Exceksior-Gruben ausfertigen!" Barker lachte.. „Ist bereits geschehen. Habe ihn diesen Nachmittag erhalten." „So weißt Du es also schon?" rief Stacy überrascht. „Ich weiß nur", sagte Barker erröthend, „daß Du sagtest, ich könnte noch zurücktrrten, wenn ich Nicht unterschrieben hätte, und Kitty war derselben Meinung. Da kam es mir ganz er bärmlich vor, einen Anderen an sein Wort zu binden, wenn der Handel so unsicher ist. Kurz und gut — aber Du darfst nicht böse Wersen,, altes Haus — ich wollte die Spche Schwurz auf Weiß haben, damit es ganz außer Frage wäre, daß ich mein Versprechen halten muß." Er sagte das» in vollstem Ernst und mit großer Treuherzigkeit. „Du wirst mich wohl für ganz ein fältig halten", fügte er betrübt hinzu. L-tacy biß sich auf die Lippen. „Lassen wir das auf sich beruhen. Aber wenn Du in unser Zweiggeschäft kommst, Barier, glaube ich, daß Du das Gelo für den Grube »kauf ohne alle Schwierigkeit erheben kannst. Gute Nacht, alter Junge!" Wenige Augenblicke später war er wieder im Clubhaus — kein Mensch wußte, daß er es überhaupt verlassen hatte. Im Rauchzimmer fand er die Herren noch in eifrigem Gsspräch über die neue Eisenbahn. Jemand äußerte gerade: „Man sollte die Linie verlängern und sie am Kieferberg vorbei bis nach Boom- ville führen, dann wäre Alles in Ordnung." „Das ist auch mckne Meinung", sagte Stacy mit beifälligem Kopfnicken. Drittes Capitel. Endlich hatte di: mühsam daherschwankende Postkutsche von Boomville nach manchem Ach und Krach den ebenen Bergrücken erreicht. Noch bei dem letzten Ruck wirbelte sie Wolken rothen Staubes in die Höhe, dann rollte sie leichter vorwärts. Die ganze Kutsche tvar inwendig und auswendig mit einer dicken Lage dieses feinen Staubes bedeckt; er war durch die Fenster ein gedrungen, die wegen der unerträglichen Hitze weit offen standen. Schon zum dritten oder vierten Male während des Aufstiegs hatte einer der ganz mit Staub bedeckten Fahrgäste sich aus dem Buch, das er las, eine Rinne gemacht und hineingeblasen, daß eine dichte Wolke aufstieg. Auch in den Falten des rothseidenen Neisemantels, der die schöne Dame auf dem Rücksitz einhüllte, lag 'dichter Staub, und als sie ihn abzuschütteln versuchte, um gab er sie mit einem rothen Glorienschein. Den anderen In sassen beschmutzte er die Taschentücher, mit denen sie sich den Schweiß abwischten, und ließ auf ihrer Stirn blutrothe Streifen zurück. Gerade, als der Wagen langsam die Höhe erklommen hatte, ging die Sonne hinter dem Älack-Spur-Gebirg« unter, und sobald sie ganz verschwunden war, wehte ein wunderbar kühler Hauch über den Bergrund. Die Fahrgäste holten tief Athem; der Romanleser schloß sein Buch, die Dame lüftete den Schleier ein wenig »nd fuhr leicht mit dem Tuch über ihre Stirn, auf die ein paar feuchte Haarlocken hevabhingen. Selbst der vornehm aussehende Herr auf einem der Vorderplätze, der bisher in unnahbarer, unerschütterlicher Ruhe, wie eine Bikd säule, dagesessen hatte, gerietst in Bewegung und wandte den gedankenvolle» Blick nach dem -Fenster hin. Sein« scharf ge schnittenen Züge und di: stark gebräunten Wanzen paßten gut zu dem rothen Staub, der seinen braunleinenen Reisemantel so dicht
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