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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000418013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900041801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900041801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Er sprach von den Leuten, die unter dem Vorwande der Vater landsliebe die Cirkel der französischen auswärtigen Politik störten und das Ministerium zu stürzen suchten, um ihre eigenen ein seitigen Pläne zu verfolgen. Ob das Vaterland dabei zu Grunde gehe, sei ihnen herzlich gleichgiltig. Natürlich find die Nationalisten über die ihnen ertheilte Censur wiithend, aber da die Welt-Ausstellung er öffnet ist, so wird es ihnen nicht gelingen, daS Ministerium zu stürzen. Sie werden aber Herrn Delcassß seine Aeußerungeu nicht vergessen. Er steht bei ihnen jetzt mindestens ebenso auf der schwarzen Liste, wie der Ministerpräsident Waldeck-Rousseau nnd di« socialistischen Minister Millerand und Baudin. Was hat Herr Delcassö «igentlich verbrochen? Daß es ihm an Energie nicht mangelt, hat er durch sein« Rede über die fran zösische Eolonialpolrtik dargethan. Und daß er richtig erkennt, daß England der für die colonialen französischen Absichten zu fürchtende Gegner ist, geht daraus hervor, daß er einen Nath des Auswärtigen Amtes beauftragt hat, eine Denkschrift darüber abzufassen, ob England völkerrechtlich zu dem Durchzuge durch Beira befugt sei und ob Portugal, indem es diesen Durchzug gestatte, nicht di« Pflichten der Neutralität verletze. So sympathisch die Boeren den Franzosen und vielleicht auch Herrn Delcafsß persönlich sein mögen, so dürfte der Minister diesen Auftrag kaum auf Grund dieser Sympathien crtheilt haben, um so weniger, als ihnen praktisch damit ja nicht geholfc werden kann. Man wird vielmehr in der Ausarbeitung ein. derartigen Gutachtens einen Act weiser Voraussicht erblicke, müssen. Der Minister hält es offenbar nicht für ausgeschlossen daß Frankreich einmal ebenso in einen Confiict mit England gsrathen kann, wie jetzt die Boeren, und daß alsdann der Durch zug englischer Truppen durch neutrales Gebiet für Frankreich höchst gefährlich sein könnte. Es soll deshalb schoi^bci Zeiten eine Rechtsgrundlage gegen ein derartiges Vorgehen der Eng länder geschaffen werden. Daß man in England die Anschauungen des französischen Ministers des Auswärtigen über das Derhältniß zwischen beiden Ländern wohl beachtet, «rgiebt sich aus einer Auslassung des Lords der Admiralität Goschen; diese Auslassung wird,weil sie scheinbar gelegentlich gefallen ist, vielleicht nicht die Aufmerksam keit «rregen, die ihr doch wohl zukommt. Herr Goschen hat bei einer Besprechung über die Bedeutung der Untersee boote erklärt, daß diese eine wesentliche Waffe für die auf die Vertheidigung angewiesenen See mächte sein müßten. Es sei natürlich, daß dieNationen, die in dieser Lage sich befänden, sich bemühten, diese Waffe zu entwickeln. Man erinnere sich, daß Frankreich das erste Unterseeboot gebaut hat und auch fortfährt, derartige Boote zu bauen. Goschen giebt also den Franzosen durch die Blume zu verstehen, daß sie bei ihrer hinter der englischen Marine zu rückstehenden Flotte lediglich auf di« Vertheidigung angewiesen seien. Wenn also Herr Delcassö sich mit dem Gedanken eines mög lichen Zusammenstoßes mit dem Jnselreiche jenseits des Aermel- canalS vertraut macht, so handelt er im wohlverstandenen Interesse seines Vaterlandes. Damit aber verstößt «r gegen die „Ideale" der Nationalisten. Ein Theil von diesen braven Leuten möchte wohl gern mit England anbinden, aber auch gleichzeitig mit Deutschland; ein anderer Theil von ihnen, wie Her: Des- chanel, möchte mit England auf gutem Fuße leben, um desto gerüsteter gegen Deutschland zu sein. Keiner von ihnen aber denkt daran, etwa um England gewachsen zu sein, auf den Revanchegedanken zu verzichten. Diese Idee ist das rothe Tuch für den nationalistischen Stier. Ihr wirb unbedenklich die gesunde wirthschaftliche Entwickelung Frankreichs geopfert, die nur dann möglich ist, wenn Frankreich eine kräftige Colonialpolitik verfolgt. Denn der wirthschaftliche Wettstreit der Völker im letzten Jahr zehnt hat dargethan, daß Frankreich bei dem Wettbewerb auf fremden Märkten zuriickgedrängt wird. Um so mehr muß deshalb die Regierung dieses Landes darauf bedacht sein, sich eigene Märkte zu schaffen. Aber di« französischen Nationalisten denken eben wie jener Grenadier bei Heinrich Heine: „Was scheert mich Weib, waS scheert mich Kind, ich trage ganz anderes Ver langen; laß sie betteln geh'n, wenn sie hungrig find! Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!" Der Gedanke an die Schmach von Sedan beherrscht dies« L«ute «benso vollkommen, wie jener französische Grenadier von dem Gedanken an die Gefangennahme d«S ersten Napoleon beherrscht war. In einem Puncte freilich hinkt der Vergleich. Der Heine'sche Grenadier steigt inS Grab, wo er nicht viel Schaden anrichtrn kann. Di« französischen Nationalisten aber lasten stch nicht be graben, sondern wühlen vielmehr unausgesetzt, um der nicht aus Revanchefchreiern zusammengesetzten Negierung das Grab zu bereiten. Wenn ihre Agitation sich lediglich gegen die innere Politik der Regierung richtete, so könnte das noch hingehen. Aber sie find auch bemüht, der auswärtigen Politik der Regierung einen Knüppel zwischen bi« Bein« zu werfen, und daS ist «in Zeichen eine» recht anrüchigen Patriotismus. Die inneren Streitigkeiten mögen die Parteien noch so erbittert ausfechtrn, in der äußeren Politik aber ist «S unbedingt nokihwendig, daß di« Parteien ge- schlossen hinter der Regierung stehen, weil nur so «ine erfolgreiche und zrelbewußte Politik denkbar ist. Neue Gefahre« auf Len Philippinen durch amerikanische Fehler. Nachdruck »eriotm. AuS Manila, 10. März, spreibt der ständige Bericht erstatter der „Welt-Corwspondenz": Wie die Amerikaner durch Brutalität and Ueberhebung die Eingeborenen zur Empörung förmlich zwingen, indem fi« ihr Ehr« und Selbstgefübl mit Füßen treten, dafür ist ein Beispiel der nachfolgende Vor fall, der eine fast buchstäbliche Wiederholung derGeßlerhut- Scene genannt werden darf. In Pagsanjan an der Laguna de Bal — 8 Stunden von Manila — befehligt ein Major Orwig vom 37. Jnfant«ri«-Negiment zwei Compagnien. Am 18. Februar fand es genannter Herr für angezeigt, sein Stand quartier aus dem Convent heraus in ein an die Hauptstraße grenzendes Grundstück, von dem er selbstverständlich ohne Ge währung einer Entschädigung Besitz ergriffen hatte, zu ver legen. Vor dem Mittelfenster der ersten Etage wurde alsbald eine Stang« angebracht und an dieser eine amerika nische Fahn« befestigt, nicht etwa die Regimentsfahne, der gegenüber man immerhin auch von Leuten des Civilstandes eine gewisse besondere Achtung fordern könnte, vielmehr ein ganz gewöhnlicher, mit den amerikanischen Nationalfarben bedruckter Zeuglappen. Auf der anderen Straßenseite ward ein Wacht posten mit Front zum Majorshause aufgestellt, der die Passanten zu veranlassen hatte, der Fahne ihre Reverenz zu be zeigen. Bei Nichtbeachtung des mündlichen Grußbrfehls konnte man im nächsten Augenblick in Folge einer energischen Hand bewegung des Postens den Hut und womöglich auch den Träger der Kopfbedeckung im Straßenkoth liegen sehen. Die Ein wohner von Pagsanjan haben bereits Beschwerde nach Manila gegen die Weiterdauer des ihnen aufgezwungcnen Reverenzunfugs gesandt, selbst hiesige englische Zeitungen Haven für die beleidigten Leute Partei genommen; aber es verlautet nichts davon, daß General Otis etwa Remedur geschaffen hätte. Er scheint also das geschilderte Vorgehen seiner Officiere in der Provinz durchaus in der Ordnung zu finden. *) Einen weiteren Grund zur Mißstimmung der Filippinos bildet der Umstand, daß sie über die Absichten derAmeri- kaner für die Zukunft nicht ins Reine kommen können, bezeichnend "dafür ist dec Bericht eines Deutschen aus Benguet, w ein« Verfassung ausgearbeitet und auch von dem dort com- :andirendsn General Z) o u n g genehmigt wurde. In diesem Be ichte heißt es: „Kurios berührt es, oben gedachte Constitution zanz ohne Preambulo und ohne Unterschrift zu sehen; und ^as bringt mich darauf, im Allgemeinen des bemerkonswerthen tmstandes Erwähnung zu thun, daß di« amerikanischen Militär behörden augenscheinlich, schon zu ihrem eigenen Besten, ein r'wilr«giment von und für Eingeborene herbeizuführen wünschen, and doch, sei es aus Unkenntniß, sei «s aus Vorsicht oder mangels' höherer Dispositionen oder aus sonst was für geheimen Gründen, stch zu scheuen scheinen, die Sache selber officicll anzuerkennen und ihr eine klare, staatliche Grundlage zu geben, so daß Alles in der Luft zu schweben scheint." Durch dies« Abneigung der Amerikaner gegen eine schriftliche Ordnung und klare Sanctio- nirung der Verhältnisse erwecken sic bei den Eingeborenen den Verdacht, daß fi« selbst kein Vertrauen zu dem Bestände ihrer Herrschaft auf den Philippinen haben. Verstärkt wird dieser Verdacht durch die Scheu der amerikanischen Militärver waltung, permanente. Institutionen ins Leben zu rufen, wenn sie auch noch so nöthig sind. So wurde bei Ausbruch der Pest der Befehl gegeben, ein« gründliche Straßenreinigung in ganz Manila vorzunehmen. Als aber nach dem ersten Monat die Ausgaben sich auf 9000 Dollars beliefen, wurde die Ordre sofort zurück gezogen. Die leidenschaftlichste Empörung ist schließlich dadurch hervor gerufen worden, daß der amerikanische Senator Beoeridge, der di« Philippinen bereist hat, unter den Ausdrücken der Ver achtung gegen die Tagalen die AuSwucherung der Inseln durch di« Amerikaner befürwortet. Nachdem er den Reichthum deS Landes in begeisterten Ausdrücken gepriesen, seine günstige Lage hervorgehoben und die Hoffnung ausgesprochen hat, daß di« Voreinigten Staaten das einmal Errungene auch halten werden, kommt er auf di« Einwohner zu sprechen. Er nennt sie Barbaren, modificirt durch den dreihunderkjährig«n Contact mit einer degenerirenden Rasse. Wie sollen solche Menschen sich selbst regieren? Ihre Fähigkeiten, als Rasse genommen, sind arm selig. Was Erziehung onbelangt, so zeigen sie sich täppisch und dumm. Drei der besten Lehrer haben ihm versichert, daß die Inder an Stumpfsinn sich mit ihren Büffeln vergleichen lassen. Sie sind keine guten Ackerbauer; ihre Verschwendung bei der Zuckerfabrikation ist unverzeihlich; ihre Vergeudung des Hanfs kindisch; gegen ihre Faulheit giebt es kein Mittel u. s. w. Er glaubt, daß freundschaftliche Maßnahmen nicht zum Ziel« führen; di« Nachricht, daß der Congreß bereit ist, wenn nöthig 100000 bis 200 000 Mann für den Krieg zur Verfügung zu stellen, würde besser für di« Beendigung der Wirren wirken. Da die Philippiner daß Land nicht aufschließen könnten, müßten sich junge Amerikaner hier f«stsetzen, um mit geringem Capitäl große Schätz« zu erwerben. Sehr geschickt hat Mabini, der Sekretär Aguinaldo'S, diese Offenherzigkeit aus- gobeutet, indem er di« Ansichten Beveridge'S zu einem glühenden Pamphlet an seine Landsleute verwerthet«. Er sagt darin: „Mr. Beveridg« verkündigt Euch: Der währe und einzige Gott der Amerikaner ist daS Gold. Glaubt nicht den Redensarten von Humanität, Freiheit, Civikisation und Fortschritt. Das Blut, daS fließt, fällt nicht ins Gewicht, sondern nur der Profit." — Es kann keine energischere und wirksamer« Propa ganda für die Revolution geben, cäi di« Auslassungen Beveridge'S. *) Möglich, daß dieser Vorfall neben anderen in erster Linie di« Veranlassung dazu gebildet hat, daß General OtiS das Ober kommando auf den Philippinen adgenommen wurde. Anm. d. Red.) Der Krieg in Südafrika. —p. Ueber kriegerische Ereignisse war bi« gestern Abend nicht« Neue« zu ersabren, statt dessen wird einige« über dir voerenarsandtschaft au- dem Haag berichtet. Am Sonntag hatte der Minister de« Aeußern Beaufort eine lange Unterredung mit den Abgesandten. Man bestätigt, daß diese bezüglich der Uitlander« dir weitestgehenden Zugeständnisse zu machen bereit find, sofern sonst ihre Unabhängigkeit ver bürgt wird. Die Gesandtschaft würde rine ewige Neutralität der beiden Borrenstaaten annebmen. E« verlautet, dir Königin Wilhelminr mache Schritte, um die FriedenS- vrrmrttelung ve.S Zarrn bervorrurnfen 2>n Uebrigen lebnte die Gesandtschaft es in aller Form ab, sich über den Zweck ihrer Reise Berichterstattern gegenüber zu äußern. Bisher hat sie ausnahmsweise an den Dingen in Südafrika direct interessirle Persönlichkeiten empfangen. Die Gesandtschaft hofft, daß die Königin sie empfangen wird, doch ist hierüber noch nickt« bestimmt. Den vorgestrigen Abend verbrachte die Gesandtschaft bei der Wittwc reS früheren Gesandten von Transvaal Bcelaer. Morgen früh sollen im Hotel des Indes Personen empfangen werden, die eine Aussprache über dringende Fragen wünschen. Zn Luzern, wo die Commission letzter Tage übernachtete, sprach sich dieselbe über die Kriegsaussichten absolut zuver sichtlich aus. Unter keinen Umständen würden die Engländer in Pretoria einziehen. Beide Republiken wollen aufS Engste verbunden bleiben und sind entschlossen, sich niemals zu unterwerfen. Tie voerengefangenen. * Sankt Helena, 16. April. (Meldung des „Reuker'ichen Bureaus".) Heute wurde der erste Trupp Kriegsgefangener gelandet nnd nach dein für sie bei Deadwood errichteten Lager gebracht, wo sie mit Militürmusik empfangen wurden. Die Ge fangenen sind guter Dinge, freuen sich, wieder an Land zu fein und sind von der gesunden Lage des ihnen zugewicsenen Aufenthalts befriedigt. Sechs Gefangene, die an Typhus, und neun, die an Masern leidend eiutrafen, kamen ins Hospital. Oberst Schiel wurde wieder aus der Citadelle entlasten und zu den Nebrigea nach dem Lager von Deadwood gebracht. (Wiederholt.) Der Protest Lord Roberts' an Präsident Krüger, der schon kurz erwähnt wurde, lautet wortgetreu: „Ew. Ehren. Ich erfahre, daß die colonialen Gefangenen in Prätoria im Gefängnisse festgehalten werden und schlecht genährt sind. Ich höre ebenso, daß sich im Gefangenenlager zu Waterval SO Fälle von entenjchem Fieber nnd Dysenterie unter den Gefangenen befinden und der Arzt deniisionirt hat, weil er es unmöglich fand, die richtige Medicin und entsprechenden medicale Bequemlichkeiten und Erleichterungen zu erhalten. Es wird gleicherweise berichtet, daß die Gefangenen bei Waterval gezwungen find, auf offenem Felde zu biwakiren, ohne Schutzdächer und nur mit Stroh als Lager, während die Kranken in einem offenen Schuppen ohne Dach gehalten werden. Es wird mir mit- grthcilt, daß Medikamente und Matratzen erst geliefert wurden, als vr. Bangreldt zu demifsioniren drohte. Ich kann kaum glauben, daß Ew. Ehren das bekannt ist, oder daß dieselben die harte Behandlung billigt, welche den Gefangenen der colonialen Streitkräfte zu theil wird, und den Mangel an Berücksichtigung, der den britischen Gefangenen bei Waterval gezeigt wird, welche britische Unterthanen und regelmäßig angcworben sind, und nach Kriegsbrauch daher Anspruch haben aus gleiche Behandlung, wie andere Soldaten. Ich muß Ew. Ehren daran erinnern, daß alle unter meinem Befehl stehenden Gefangenen gleichgut behandelt werden, gleichviel, ob dieselben Burgher oder Ausländer sind. Ihre Kranken und Ber- wundrten werden auf das Sorgfältigste behandelt, und keinerlei Unterschied zwischen ihnen und unseren Soldaten gemacht. Ich erbitte Ew. Ehren baldige Aufmerksamkeit auf diese Zeilen und ersuche darum, daß Befehle gegeben werden mögen, dahin gehend, daß die Leute der Eolonial-Streiikräfte aus dem Gefängnisse entlassen und alS Kriegsgefangene behandelt werden, wie auch, daß man die Gefangenen bei Waterval mit Schutzdächern (Obdach) versieht, und die Kranken und Verwundeten ordentlich pflegt in Uebereinstimmuug mit Artikel 6 der Genfer Convention." - gez. Roberts. Bisher wußte man auf Grund zahlreicher Belege, daß die Behandlung von Boerengefangenen in Capstadt sehr viel zu wünschen übrig ließ, während die gefangenen Engländer in Pretoria in einer Weise freundlich behandelt wurden, welche entschiedene Proteste in den dortigen Blättern hervor rief. Die Antwort Krüger s wird nicht auf sich warten lassen. Lte Ernüchterung der öffentliche« Meinung stellt sich in England mit jeder mißlichen Wendung deS Kriege« von Neuem nur in progressiv schärferer Form «in. DaS Osterfest ist kein erfreuliche«, zumal da daS Kriegsamt während Lieser Tage nichts auSgab, al« neue lange Berlust- listeu, auf denen jetzt TypbuS und Ruhr die meisten Opfer fordern. Nicht der geringste kleine Localerfolg kam, um daS Gedrückte dieser Stimmung in etwa« zu beleben und so spiegeln sich Mißmuth und Niedergeschlagenheit in aller Mienen wieder. Die „Sundah Times" rrsumirt diese Stimmung sehr richtig in ihrem heutigem Leitartikel, indem sie schreibt: „Da« britische Publicum schäumt vor Wuth ob der Berschleppung de« Kriege«. Die Sturzsee sriudltlder Kritik, welche Lord RoberlS Erfolge einen Augenblick geftout, ist wieder losgebrocken und ergießt sich glrildzeitig über daS Kriegs amt und dir commandirenden Generäle. Es heißt, die lauge Paus« sei durch die Thatsache veranlaßt, daß die Pserd« uuserer Eavallerir und die Uniformen und Stiefeln unserer Truppen verbraucht seien und man müsse «atten, bi« Remonieo und Winterzeug «iugetroffen, eh, man den Marsch aus Pretoria ontrrten könne... So findet «nS Ostern noch immer bei unserem südafrikanischen Kriege und ohne sofortige Aussicht aus desien ve- endigung. Er Hot jetzt sechs bis sieben Monate gedauert; obwohl da» Blutvergießen auf beiden Seiten schon die „Menschheit mit Einsetzen erfüllt Hot", s« verspricht der nächste Theil desselben ebens» theurr, blutig und lauqdauernd wir der vorhergegangen« zu sein. Wir Hobe» einen ganz unerklärlichen Aufschub von sechs Wochen erlebt, während dessen Lord Robert« in Bloemfontein wartete und General Baller ossenbar in Ratal faullenzte. Indessen faßten die Boeren wieder Mnth ..... recrutirten ihre Eom- mando« Io gut wie wir und verstärkten überall ihre Stellung. Si, zieben wieder dnrch den ganzen Lronjrfrristaat hin, und viele der Freistaat-Vurgher, welch» sich angeblich Lord Robert« unletworse« datirn, sind wieder zu den Boerrnsahnen geeilt. Offenbar sind wir jetzt am Borobrnd wichtiger und neuer Operationen, aber wann der Vierkleur in Pretoria herabgehalt und der Union Jock dort aus- gepflan-t werden wird, erscheint heute noch viel problematischer, ol» vor sechs Monat»" Die Lhorhrit derjenigen, welch« zu Weih nachten in Pretoria eiuziehea wollten, ist zur Genüg« erwiesen uud selbst die revidirte Prophezeiung: „in Pretoria zu Königin Geburtstag" erscheint jetzt durchaus unwahrscheinlich. (Von den Prophezeiungen Lord Roberts, Lord Wolseley's und anderer hohen Persönlichkeiten ganz zu schweigen, welche zu Anfang Juni bereits die siegreichen Truppen wieder nach Hause senden wollten.) . . . Die vor Weihnachten getroffenen Vorkehrungen, es war da mals al« unsere Niederlagen begannen. wurden im Hinblick auf längere und größere Operationen in Südafrika gemacht; und die Folgen des Klimas und der rauhen Arbeit hätten damals ent sprechend ins Auge gefaßt werden müssen. Wie die Dinge liegen, hat der lange Stillstand, welchen dieses „aus der Hand in den Mund System" nach sich gezogen, nicht nur den guten Eindruck der gewonnenen Siege wieder aufgehoben, sondern wahrschein- Uch unsere Kriegslasten um einige Millionen erhöht. Zweifellos werden, wenn das Parlament wieder zusammentritt, sehr dringende Erkundigungen nach denjenigen «ingezogen werden, welche für alles dies gehängt werden müssen. Daß der Schuldige wirk lich gehängt wird, möchten wir nicht behaupten. Wer immer auch schuldig ist, zu bezahlen haben wird wieder der britische Steuer zahler für den Mangel an Voraussicht unserer Militärbehörden." Das Blatt kommt dann eingehender auf die Ursachen des ConflictcS zurück und schließt mit den gerade für dieses vor nehme Organ besonders bezeichnenden Worten: Die Ver gehen der Herren RhodeS und der Chartered Company wünschen wir keineswegs in milderem Lichte er scheinen zu lassen Wenn die Regelung kommt, kann die Regierung sich gestatten, gerecht und versöhnlich zu sein, ohne im Geringsten nach diesen Leuten zu hören. Nlwdesia sollte der Chartered Company abgenommen und direct durch der britischen Regierung verantwortliche Beamte verwaltet werden. Zweifellos müssen wir in angemessener Zeit dem Transvaal und dem Freistaat« rin sehr volles Maß von Selbstverwaltung wiedergeben. Lcr Bacrenfreund Webster TaviS. Bon den amerikanischen Aemterinhabern sagt ein Sprich wort, baß wenige von ibnen sterben, keiner aber sein Amt freiwillig niederlege. Das trifft auf Herrn Webster Davis nicht zu. Er hat sein Amt als UnterstaatSsekretär des Depar tements deS Innern niedergelegt, um sich als freier Mann der Sache der Boeren widmen zu können. Er batte die Reise nach Südafrika während eines Urlaubs zur Stärkung seiner Gesundbeit angetreten. In Capstadt verkehrte er mit den englischen Behörde» und war auf dem Kriegsschauplatz ein gern gesehener Gast bei den Eng ländern sowohl wie bei den Boeren. Schließlich begab er sich auch nach Pretoria und zwar reiste er dorthin von der Delagoa-Bai in dem Privatwagen des Präsidenten Krüger. Sein Aufenthalt in Transvaal und die Gerüchte, die sich daran knüpften, veranlaßten die Regierung der Ver einigten Staaten, amtlich zu constatiren, daß Herr Davis keinerlei Mission auözuüben, sondern als Privatmann Pretoria besucht habe. Nach seiner Rückkehr nach den Vereinigten Staaten erfuhren nur seine intimen Freunde von ihm, welchen Entschluß er gefaßt habe. Im Gegensatz zu anderen amtlichen Persönlichkeiten, die sich nicht scheuen, ihre Re gierung in Verlegenheit zu bringen, erklärte der Unterstaats sekretär allen Anzapfungen der Presse gegenüber, daß er sich nicht für befugt erachte, sich öffentlich über seine in Südafrika erhaltenen Eindrücke Hu äußern. Man weiß jedoch, daß er sich sofort zum Präsidenten M'Kinley begab, um ihm zu sagen, daß er in Transvaal die Ueberzeugung gewonnen habe, daß die Vereinigten Staaten die Pflicht hätten, dem Krieg ein Ende zu machen; da aber der Präsident anderer Meinung sei uud für die Boeren überhaupt keine Sympathien habe, so bleibe ibm, Davis, nichts Anderes übrig, als sein Amt niederzulegen. Der Präsident nahm diesen Verzicht an. Diese Nachricht erregte begreiflicher Weise großes Aufsehen. Herr Davis war bisher eine der stärksten Stützen Mac Kinleh'S. Seine energische und außerordentlich rührige Thäligkeil während der Präsidentenwahl von 1896 brachte ihn als einen maß gebenden Parteiführer in den Vordergrund. Nach seinem Rücktritt vom Amt svrach er sich io einem der Presse über gebenen Interview folgendermaßen au«: „Mein Entschluß entsprang lediglich meinem Gewissen. Ich kam nach Südafrika ohne Vorurtheil, und sah beide Armeen und auch viel von dem Volke der Boeren. Was ich sah, überzeugte mich davon, daß die Sache der Boeren eine gerechte ist und daß hier die beiden kleinsten Republiken der Welt gegen daS grüßte Weltreick, für ihr» Freiheit und für ihr Heim kämpfen. Die grfammte Boereobevölkerung, Frauen und Kinder eingefchlossen, ist nicht größer als die der Stadt Washington, und Loch hat dieses tapfere Volk den Muth, in einem Kampf, wie ihn die Weltgeschichte nickt auszuweisen hat, einem von vierhundert Millionen bewohnten Reick die Stirn zu bieten. Als ich von Pretoria abreistr, ver sammelten sich über zweitausend Männer und Frauen, meistens Frauen, deren Väter, Männer und Söhne zum Kampfe ausgezogcn waren, auf dem Bahnhof, um mir Lebewohl zu sage« und mich weinend uoch zum letzten Mal zn bitten, ich möchte nach meiner Rückkehr Alles, was in meiner Kraft steh«, ausbieten, um das amerikanisch« Volk über die wahr« Lag« der Dinge aufznklären und es wissen zu lassen, wie schändlich die Boeren von den Sag- ländern verleumdet worden sind. Den englischen Lorrtt'pondentrn macht es keine Schwierigkeit, ihre Berichte in die Well kabeln zu lassen, während es unmöglich ist, da« amerikanisch« Volk mit der Lage der Dinge vom Standpunkt der Boeren au« bekannt zu machen. Wollt« ich, «in freier Amerikaner, mich diesen Bitten verschlirßen, mein Gewissen würde mich martern nnd die trauernden Augen dieses gequälten Volkes, wie Gott kein braveres und edleres geschaffen hat, würden mich bi« an mein Lebensende verfolgrn. Ich bin darum entschlösse», de« Boerenvolk mit dem ganze» Aufgebot meiner geringen «rüste zn helfen. Sein» Sache ist eine gerecht« und eS vertrant aus Gott, und im Grdaokni an di« Bergouaenheit des amerikanisch», Volke«, da« «just einen gleichen Kamvk zu sühren hatte, glaube ich, daß die Boeren siegen «erden. Wir mitflrn England und die Welt wissen lassen, daß die Sympathien des ameri- kantfchen Volkes nicht England, sonder» den Boeren gehören »ad daß dir Sach« der Menschlichkeit and Eivilisation di» Sache der Boeren ist. Wir sollten die Welt wissen lassen, daß einem so «n- heiliqrn Kriege ein End« gemacht werden muß nnd zwar sofort." Herr Davis hält in diesem Sinne öffentliche Reden und fing damit in Washington an, wo er von angesehenen Bürgern ohne Unterschied der Partei rinaeladen war, die Laar in Transvaal zu schildern. Diese Agitation ist drm Präsidenten sebr unbequem. (Magdeb. Ztg.)
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