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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.05.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010522021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901052202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901052202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-22
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Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Mittwoch den 22. Mai 1901. Anzeigen'Prei- die ö gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedactionSstrich (4ge'palten) 75 H, vor den Familiem«ul^ richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsa- entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördrrmig V0—, mit Postbejörderung X 70.— . Äunahmeschlrrß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Margen-Au-gabe: Nachmittags 4 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je eint halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. 85. Jahrgang. Die Wirren in China. Beigelegtcr Zwischenfall. Auf eine Anfrage im englischen Unterhause erklärte gestern der UnlerstaatSsekretär Les Aeußern Lord Cranborne, der britische Generalkonsul in Tientsin habe berichtet, Last am 4. Mai ein Schlepp- und Leichterschiff, welches die englische Flagge trug, eine deutsche Ponton- brücke ungefähren habe. Die deutschen Soldaten hätten Feuer auf den Schlepper gegeben und zwei Chinesen verwundet; später seien sie an Bord gekommen und hätten die Mannschaft ans Land gekrackt. Die Angelegenheit sei durch den in Tientsin commandirenden britischen General dem deutschen General mitgetheilt worden und der letztere habe in seiner Antwort das Bedauern über den Vorfall ausgedrückt und versprochen, Maßregeln zu treffen, um die Wiederkehr eines ähnlichen Vorgehens für die Zukunft vorzubeugen. Snischiidigung; Ailkeihefrage. Unterstaatssekretär Lord Cranborne führte gestern im Unterbause weiter aus, was den Vorschlag betreffe, daß die Entschädigung mittelst einer von dem europäischen Concert garantirten Anleihe bestritten werden sollte unter einer gemeinsamen internationalen Garantie, so sei die Ver pflichtung der Chinesen, die Entschädigung zu zahlen, un zweifelhaft eine gleiche für alle Chinesen und, wenn es je nothwendig werden sollte, was hoffentlich nicht der Fall sein würde, Gewalt zur Eintreibung an zu wen den, so würde es die gemeinsame Gewalt aller Mächte sein müssen. Die gegen die gemeinsame Garantie erhobenen Einwendungen seien so in die Augen springende, daß die Regierung nichts damit zu schaffen haben wollte im Hinblick darauf, daß der englische Credit stöber steht, als der irgend einer anderen Macht und England nur einen kleinen Tsteil der gesummten Entschädigung beanspruche. Es würde wahnsinnig gewesen sein, die Anleihe gemeinsam zu garan- tiren. WaS vie B e st r a f u n g der h o ck g e st e l l t e n Beamten, welche für die Ermordung von Enro- päern und den Angriff auf die Gesandtschaften verant wortlich seien, angebe, so seien sechs Personen zum Tode vernrtsteilt worden; hiervon seien drei hingerichtet worden, den anderen drei sei gestattet worden, Selbstmord zu be gehen. (Ironisches Gelackter.) Drei Beamte seien verbannt und zweien nach ihrem Tode ihre Ekren entzogen worden. WaS die Verbrecher in den Provinzen betreffe, so sei die Be strafung von 150 Personen gcscrdcrt; diese Forderung sei in Anbetracht des verruchten Cbaraklcrs der Morde nicht übertrieben, sie sei von den Mächten mit Ausnahme von Rußland gemeinsam gestellt. Im Ganzen traten die Dinge in China jetzt in eine friedlichere Phase und e§ sei zu stoffen, daß England in nicht allzu langer Zeit im Stande sein werde, die englische Streitmacht zurückznziehen. Dies bange davon ab, wie weil die chinesische Regierung in der Erfüllung der zahlreichen Forderungen der "Mächte geht. Schon seien über 3000 britische Truppen angewiesen worden, die besetzten Gebiete zu räumen. Es sei zu hoffen, daß in nächster Zeit eine noch größere Truppenmacht zurück gezogen werden würde. Was die Tientsiner Streitfrage betreffe, werde man sich erinnern, daß die Frage deS Reckls- titelß einer künftigen Prüfung Vorbehalten bleibe. Die britischen und russischen Truppen feien von den strittigen Punkten zurückgezogen worden; am 14. Mai sollten gewisse Aufschriften und Grenzsteine auf dem Boden errichtet worden sein, der von der chinesischen Bahnver waltung als der ihrige beansprucht wurde. „Wir haben keinen Grund zu glauben, fährt der Redner fort, daß dies mit Kenntniß der russischen Regierung geschehen sei". Es habe sich oft in China ereignet, daß russische Behörden Dinge gethan hätten, von denen er Grund zu basten glaube. Laß sie gegen den Wunsch der russischen Regierung ge schehen seien. Die Angelegenheit sei zur Kenntniß der russischen Regierung gebracht worden, deren Antwort dahin ging. Laß die Prüfung dieser Frage verschoben worden, bis wichtigere mit dem englischen Vertreter gepflogene Unter handlungen beendet seien. Das HauS geht alsvann zu einem anderen Gegenstände über. Auf eine Anfrage Spcncer's in der gestrigen Sitzung des englischen Oberhauses erwiderte La n düd own e, obwohl der Fortschritt in den chinesischen Friedensverhandlungen nicht be sonders rapide zu nennen sei, so sei man jetzt doch einer Beendigung der Verwickelungen bedeutend näher, als zur Zeit seiner früheren Rede. Redner wiederholte so dann die von Cranborne im Unterbaust rargelegten That- sachen über die Bestrafungen der schuldigen Chinesen. Außer dem hätten die Mächte die Suspendirung der Clvil- dienstprüfungen in mehreren wichtigen Städten gefordert. Jeder junge Chinese sei bestrebt, in den Civildicnst zu treten. Daher würde ein: Unterbrechung der Prüfungen eine schwere Strafe sein. Es werde über die Unzulänglichkeit der erlangten Vergeltung geklagt, er gebe zu, daß man in mancher Hinsicht hinter dem Wünschenswerten zurückgeblieben sei. Die Ne gierung sei aber nicht geneigt gewesen, die englischen Truppen auf unbestimmte Zeit in China zu belasten. So sei man schließlich zur Ucbereinstimmung über die gemeinschaftlich zu fordernde Entschädigungssumme von 450 Millionen Taels gelangt. Was die Zahlungsart betreffe, so wünsche die britische Regierung, jedwede Abmachungen zu ver meiden, durch welche China gezwungen sein könnte. Sonder verpflichtungen gegenüber einzelnen Mächten cinzugesten, Verpflichtungen, welche spccielle Hinterlegung chinesischer Ein künfte oder Verpfändung chinesischen Gebietes bedingen. Sie hoffe, die Mächte würden sich damit begnügen, ihre Forderungen auf gemeinsamen Grundsätzen zu basiren, sie aus gemein samen Hilfsquellen zu decken und Sicherheiten zu schaffen, die für Alle von gleichem Wertbe seien, sowie schließlich bei Der- absäumnng der Zahlung durch gemeinsame Action Zahlung einzufordern. Eine gemeinsame Garantie der Mächte stabe die britische Regierung beanstandet. Der Plan, den sie den übrigen Mächten zur Erwägung vorgclegt habe, sei der, daß China den betreffenden Mächten BondS zahlen solle je nach dem Antbeil seiner Schuld an die betreffende Macht. Diese BondS könnten in einer Reihe von Jahren durch Zahlung von Capital und Zinsen getilgt werden. Für den Dienst dieser Bonds sollte es möglich sein, gewisse Quellen chinesischer Einkünfte zu bezeichnen, deren Ertrag in Zwischenräumen an einen Verwaltungsratst abgesübrt werden sollte, der seinerseits das Geld zu empfangen und unter die Gläubiger-Mächte zu vertheilen hätte. An der Auferlegung oder Erhebung chinesiicher Stenern würde dieser Rath nicht betbeiligt sein. Der Vortheil eines solchen Abkommens liege darin, daß, falls China seine Verpflichtungen verabsäume, es die- den Mächten gegenüber gemeinschaftlich zu vertreten haben würde und daß dies durch jenen VerwaltungSratb er folgen müsse. Die britische Regierung hoffe, daß die Mächte diesem Plane zustimmen würden. In diesem Falle sollie die Einwirkung auf China auch wieder eine gemeinschaftliche und nicht eine solch- der einzelnen Mächte sein. Falls im Verfolge dieses Plaues die Zahlung von China in BondS zu ihrem Nenuwerthe eingetrieben werde und falls eS auch möglich sei, ein Abkommen zu treffen, das günstig aufzunebmen die Regierung bereit sei, nämlich nicht sofort den vollen Betrag dieser jährlichen Zahlung einzuforvern, so sei eS klar, daß Chinas Position dadurch sehr bedeutend ge bessert und es ihm leichter gemacht werde, den Ansprüchen zu begegnen, als wenn eS zum Hilfsmittel einer 2lnleihe ge zwungen würde. 3000 Mann der britischen Truppen würden China sofort verlassen, und für später hoffe cs, nur eine solche Streitmacht dort belassen zu können, als nölhig sei,während derUebergangsperiode guteOrdnungzu garantiren, bis die Negierung im Stande sei, die britischen Garnisonen blos auf die Zahl zu reduciren, die für die Gesandtschafts wache und für die zwischen dem Meere und Peking ^u unter haltenden Stationen erforderlich seien. Was Len Tientsiner Streitfall betreffe, so könne er sagen, Laß die vernünftige Lösung der Frage, die sich lediglich um einige Eisenbahn schwellen drehe, nm so befriedigender sei, als sie zu der Hoffnung Anlaß gebe, Laß künftig ähnliche. Schwierig keiten mit ähnlicher Mäßigung und gesunder Ver nunft behandelt würden. Bezüglich Les An bringens russischer Schilder und Grenzsteine durch die russischen Behörden, die einen Besitz andeuten, sei die Negierung der Ansicht, daß, wenn es einer Seite frei stehe, eine solche Schaustellung ihrer Tbätigkeit vorzunehmen, die gleiche Freiheit auch von der anderen Seite gefordert werden könnte. Hinsichtlich der Nord bahn sei die Stellung un verändert. Jüngst sei Las Gerückt aufgetaucht, Graf Waldersee sei im Begriff, eine militärische Expedition in großem Maß stabe in einiger Entfernung von Peking zu unternehmen, und wünsche dazu die Cooperation der alliirten Mäckte. Die Negierung sei über den Umfang der Expedition nickt unterrichtet worden; eS habe sich jedoch ergeben, daß eine Nothwendigkeit für die Expedition nicht bestanden habe; die Regierung haste von Anbeginn kein Gebeimniß von ihrer Abneigung gemacht, in irgend eine Expedition fern von Peking gezogen zu werden (Beifall), er glaube, dieses G-fübl werde von anderen Mächten getheilt, die den Augenblick kommen zck festen wünschen, wo sie die Truppen zurückzuziehen oder bedeutend vermindern könnten; er hoffe, wenn die Frage wieder im Hause aufgeworfen werde, werde eS sich zeigen, daß die Regierung nicht uneingedenk der großen Interessen Englands gewesen und daß ein Fortschritt in gewünschter Richtung gemacht sei. Darauf vertagt sich LaS HauS bis zum 10. Juni. Der Krieg in Südafrika. Ersatzansprüche. Im österreichischen Ab geordneten Hause beant wortete gestern Ministerpräsident v. Körber eine Inter pellation, betreffend die Ausweisung österreichisch ungarischer Unterthanen aus Transvaal. Der Ministerpräsident erklärt, jeder Negierung siehe Las Recht zu, zweifelhafte Personen auS ihrem Territorium zu entfernen. Das Vorgehen der englischen Behörden könne somit an sich nickt als eine Verletzung des Völkerrechts angesehen werden. In soweit jedoch über ungerechtfertigte Härten und unvermeidbare materielle Schädigungen geklagt worden sei, habe sich das Ministerium Les Aeußern bei der englischen Regierung im Sinne einer angemessenen Entschädigung geschädigter öster reichisch-ungarischer Staatsangehöriger verwendet. Die eng lische Regierung habe in entgegenkommendster Weise die Ein leitung einerUntersuchung zugesagt und ihre grundsätzliche Bereit willigkeit ausgesprochen, Jenen, deren Ausweisung sich nickt als gerechtfertigterweisen würde, Entschädigungen zuzuerkennen. Be hufs Untersuchung dieserFrage sei am 23. April in London eine Enquete-Commission zusammcngetreten. Die englische Regierung habe geltend gemacht, baß sich speciell die genannten aus gewiesenen Perionen an der Verschwörung vom 14. Juli 1900 in Johannesburg zum Zweck der Ermordung dortiger englischer Officiere betheiligt haben sollten. Damit die Angeschuldigten in der Lage seien, den Verdacht zu ent kräften, habe die österreichische Regierung deshalb vie ent sprechenden Staatsangehörigen aufgefordert, die zu ihrer Entlastung dienlichen Angaben zu macken. Die englischen Protokolle würden an das Ministerium LeS Aeußern geleitet, welches nicht ermangeln werde, berechtigte Ansprüche nach drücklich zu vertreten. Vor der in London tagenden südafrikanischen Commission erklärte gestern der Vertreter der hol ländischen Ersatzansprüche, er könne auch heute die von ibni in Aussicht gestellte wichtige Erklärung im Namen der holländischen Regierung noch nicht abgeben und sei auch leider noch nicht im Stande, irgend einen Reclamanten zur Vernehmung über die Umstände seiner Ausweisung vorzu führen. Nachdem auch andere Vertreter auf Anfrage des Vorsitzenden erklärt hatten, daß sie ihre Zeugen noch nicht bereit hätten, wurden die Sitzungen bis zum 3. Juni ver tagt. Der Vorsitzende sprach die Hoffnung aus, daß nach Pfingsten die Vorführung der Zeugen nicht mehr auf sich warten lassen werde. Den Commissaren sei daran gelegen, möglichst schnell mit den Arbeiten vorwärts zu kommen. LchicdSgcrichtSfragr. * Brüssel, 21. Marz. (Senat.) Bei der Erörterung der Petition zu Gunsten Transvaals spricht Lafontaine (Loc.), der die Petition unterstützt, von der Nothwendigkeit der Einsetzung eines Schiedsgerichts, weist auf den von der Kammer an genommenen Antrag hin und fordert die Regierung ans, in diesem Sinne bei der englischen Regierung vorstellig zu werden. Andere Redner, die ebenfalls zu Gunsten der Position sprechen, ergehen sich in heftigen Ausdrücken gegen das Verhallen der britischen Armee rn Südafrika. Minister Les Aenßercn de F-averau prolestirt gegen die ungerechten Behauptungen gegenüber den Engländern. (Widerspruch aus allen Bänken) und fährt alsdann jort, England habe die Civilija- tion in alle Länder der Welt getragen uud überall die persönliche Ge wissensfreiheit und das Privaleigcnthum vertheidigt. Viele von den Thal- fachen, diein Transvaal vocgekommen sein sollten, seien übertrieben oder erfunden, außer Zeitungsartikeln lagen keine Beweise vor. Die Regierung lehne es ab, Schritte zu thun, zu denen nian sie aus fordere. Das Ende deS Krieges sei zwar sehr erwünscht, aber die Regierung lehne es ab, der englischen Regierung eine Lection zu erthcilen und die Lage Belgiens blogzustellen. Der Minister schlägt alsdann vor, die Petition an das Ministerium LeS Neußeren zu überweisen. Mehrere Redner unterstützen Lea Antrag. Der Antrag Lafontaine wird hierauf mit 37 gegen 22 Stimmen abgelehnt und die Ueberweisung der Petition an da- Ministerium des Neußeren angenommen. Frnilletsn. Ein Engel der ^insterniß. Roman von Gertrude Warden. Antorisirle deutsche Nebersetzung von A. BraunS. Nachdruck verbolm. „Ich würde es wirklich niedlich einrichten können, wenn daS Geld nicht gar zu knapp wäre! Aber werden Sie mir wohl Glauben schenken, wenn ich Ihnen sage, daß ich ein ganzes Jahr habe sparen muffen, um nur so viel zusammenzubringen, den Firniß und die Farbe zum Anstreichcn und Malen der Fenster kaufen zu können? Ich darf aber auch gestehen, daß es mir nun desto lieber, weil ich darauf habe warten müssen. Es ist mir wirklich ein liebes Plätzchen für meine kurzen, freien Augenblicke. Frau Revelsworth schellt jeden Tag punct ^>6 Uhr. Suse trägt ihr dann den Thee hinauf, und ich lese ihr beim Einnehmen desselben bis 247 Uhr vor, dann kleide ich mich zum Diner an. Doch um die jetzige Zeit kann ich Ihnen und Ihrem Bruder stets mit einer Taffe Thee und meinen EakeS aufwarten." „Was? Finden Sie wirklich noch Zeit, Cakes zu backen? Sir sind ja ein wirkliches Weltwunder, Fräulein Betty!" „Sagen Sie doch blos Betty! Fast Alle nennen mich so." „Tbue ich sehr gern. IVell also, Betty, Sie müssen nämlich wissen, daß Sic mich und meinen Bruder lebhaft an mein; Stiefmutter in Paris, In vetite, wie wir sie zu nentten pflegten, erinnern." „Das hat er mir auch schon gesagt." „Es wird Ihnen sonderbar vorkommen, zumal Sie so viel jünger sind. Sie könnte aber recht gut als Ihre ältere Schwester gelten. Sie sieht nämlich nicht älter als 27 oder 28 Jahr« aus. Ich werde Ihnen ihr Bild zeigen. Abgesehen von Ihren frischeren Farben, während la iketito eher blaß ist, auch ihr dunkles Haar frisirt trägt, und Sie das Ihrige kurz geschnitten, und daß jene etwas fleischiger und so echt französisch und Sie dagegen echt englisch, so besteht doch zwischen Ihnen eine stark heroortretend« Ächnlichkeit. Es mag Ihnen als rin seltsames Compliment erscheinen, wenn ich sage, Sie wären meiner Stief- mutter ähnlich; aber ich will Ihnen damit nur klar machen, was für ein herziges, liebcnSwertheS Frauchen sie ist — so gut und rücksichtsvoll und selbstlos, so heiteren und glücklichen Tempera mentes und auch so hübsch — sie ist mit einem Worte ein« von jenen Frauen, die in die Welt gesandt, Sonnenschein zu ver breiten, wohin sie sich nur wenden, und wenn Viktor und ich ihre eolen Eigenschaften nicht anerkennen und Alles für la kstite hätten thun wollen, was in unseren Kräften gestanden, dann wären wir die undankbarsten, erbärmlichsten Geschöpfe auf Gottes Erdboden. Und nun wird uns hier das Glück zu Tbcil, in England ihr Seitenstück zu finden!" Betty wurde roth vor Freude. „Was Sie mir da sagen, ist wirklich erquickend!" rief sie. „Keiner sagt mir Elogen außer —" „Außer?" „Außer Herr O'Meara, der junge Irländer, welcher Frau Rkdelsworth's Pferdeställe gemiethet hat und nicht mitgerechnet wird. Jetzt kocht es im Kessel! Wollen Sie so gütig sein und Ihren Bruder holen?" Die Erwähnung von Heremon's Namen rief ihr auch Briton ins Gedächtniß, nach dem sie bei der Ueberbürdung von Geschäf ten nicht Wieder hatte sehen können, sich aber mehrere Male nach feinem Ergeben erkundigt hatte, und da war ihr die Antwort ge worden, er scheine besser. Sobald Dudley ihre Bude verlassen, schickte sie nach Josef, der auch sogleich mit rothgeweintch» Augen und thränenbenetzten Wangen und betrübter Miene vor ihr erschien. „Briton ist verreckt, Fräulein Betty!" schluchzte der Knabe. „Er wurde schlechter und schlechter, trotzdem Herr O'Meara «inen Thierarzt geholt hatte. Es sah aber aus, als könnte er nicht schlucken und nicht ertragen, wenn er angerührt wurde. Dor einer halben Stunde that er den letzten Zuck und weg war er, Mein Vater hat mich, seit er von Frau Revelsworth's Spazier fahrt hrimgckommen, beinah« zerhackt; er behauptet, ich hätt's verschuldet. Und ich hab' dem Hunde doch nichts gethan, Fräulein Betty — ich bin ganz unschuldig, können Sie mir glauben!" „Weiß denn Frau Revelsworth, Laß Briton todt ist?" „Es traut sich Keiner, ihr es zu sagen, nicht einmal der Later! Und wenn sic es erfährt, wird sie natürlich die Schuld an dem Tode des Hundes mir auf den Kopf zusagen. Nicht wahr, Fräulein, Sie werden mich in Schutz nehmen, wenn Sie es ihr mittheilen?" In eben diesem Augenblicke traten die beiden jungen Herren ins Zirwiner und Betty erzählte ihnen mit thränenumflorten Augen das Schicksal ides Bullenbeißers. Insonderheit Viktor schien über dies« Kunde sehr erschrocken. „Aon Visu!" rief er. „Das war der große Hund, der heute Morgen auf uns zusprang?" Doller Verwunderung wandten sich die Anderen nach ihm um. Dcktor wurde roth vor Verlegenheit. Auf Francesca's Bitte hatte er nicht ein Wort verlauten lassen in Bezug auf seine Entdeckung im Spukzimmer und den darauf folgenden Spazier gang hinunter nach dem Flusse. Um sieben Uhr hatten sie sich auf der Brücke getrennt, und Viktor war allein ins Haus zurück gekehrt; wie und wann Francesca gekommen, wußte er nicht; aber beim Frühstück war sie anwesend, frisch und schön wie immer, und war schon von Betty, als diese nm halb acht Uhr herunter kam, beim Durchblättern der Bücher auf den Regalen in der Bibliothek angetroffen worden. Sogleich fiel Viktor, als er das jähe Verenden des Hundes er fuhr, die wilde Attacke ein, die der Hund am Morgen auf Fräu lein Revelsworth vollführt, uns Vic wunderbare Art und Weise, mit der sie ihn in zitternde Unterwürfigkeit gebracht. War denn der Hund toll? fragte er sich in Besorgniß um die Dame seines Herzens. „Sind Sie überzeugt, Fräulein Betty, daß er nicht in Folge von Tollwulh verendet ist?" fragte er nun laut. „Hat er je Einen angcfallen und gebissen?" „Vorigen Sonnabend hat er mich in die Hand gebissen, ich yab's ihm aber nicht nachgetragen", versicherte Josef. „Und glauben Sie, daß er toll war?" „Toll? 'Behüte! Er war so gesund, wie nur Einer von uns!" behauptete Betty und trocknete ihre Thräncn ab. „Ein liebes, gutes Geschöpf und noch ganz jung, dabei doch der beste Haushuckd." „Der Diehdoctor sagte, er wäre sehr schlimm verletzt worden und habe etwas geschluckt, vielleicht etwas Giftiges — daS ihm nickt hotckmmen", fügte Joe hinzu. „Vorige Woche hatte er eine Schlacht mit einem FIcischerhunde aus Kingston, und ich börte, wie der Fleischcrbursche sagte, er wolle es bei ihm schon wieder gleich machen." Frau Revelsworth die Meldung vom Tode deS Hundes zu machen, wurde von den Dreien als eine seür schwere Aufgabe be trachtet, nachdem ein Besuch deS Pferdeställe? die Wahrheit von Josefs Darstellung erwiesen. Daselbst halten sie die Leiche des axZKn BeDon gefunden, noch warm, doch schon im Tode er starrend, auf einem Bündel Stroh aukgestreckt, die weit aus dem Maule heraushängende Zunge und der ganze Hals entzündet und geschwollen. Betty war ganz ergriffen von dem Anblick, und Thronen entquollen ihren Augen. Nach einer Weile legte Dudley seinen Arm mit brüderlicher Zärtlichkeit um ihre Taille und be redete six zur Rückkehr mit ihm ins HauS. un^itiqe Ende des treuen Thieres hatte die drei jungen Leute wirklich betrübt, und in gemeinschaftlicher Berathung kamen sie darin überein, daß der HauSherrin di« Mitthnlung nur allmählich und recht zart und schonend beigebracht werden sollte. „Es scheint wie ein unglücklicher Anfang für Ihren hiesigen Aufenthalt", äußerte Betty nachdenklich, „und erinnert mich an eine Bemerkung unseres vorigen Stubenmädchens bei ihrer Kun digung: „In einem Hause zu wohnen, in dem es umgeht, kann nichts Gutes und Glückbringendes sein!" Das gespenstisch- Rauschen sei es, was sic forttreibe, lautete ihre Erklärung. Hier bei fällt mir auch ein, daß ich Sie noch gar nicht gefragt, rvi.- Sie geschlafen und geträumt haben, und ob Sie in der Nacht ge stört worden sind." „Für meine Person kann ich versichern, wie ein Murmelthier geschlafen zu haben, bis mir ein Viertel vor acht Uhr mein heiße- Wasser gebracht wurde", begann Dudley, hielt aber jäh inne, be troffen über die Veränderung, die bei Betty's Frage auf dem Gesicht seines Bruders hervortrat. Viktor war dunkelroth ge worden und sah ganz verlegen aus, gerade so wie vor ein paar Minuten, als der Tod der Dogge zur Sprache gekommen. „Viktor verheimlicht mir etwas", dachte Dudley. „Was mag es nur sein?" Wie, wenn er die Dcrmuthung seines Bruders errathen und einem Kreuzverhör zu entgehen wünsche, verließ Viktor, sowie seiner Tante Schelle ertönte, die Betty nach oben rief, schleunigst das Stübchen, als Vorwand eine Verabredung ergreifend, die er mit seinen, Drachen aufsteigen lassenden Freunden getroffen. Ehe er jedoch den Fuß aus dem Hause gesetzt, trat zur Ueber- raschung des jungen Franzosen in der Halle Joe mit geheimnis voller Miene dickt zu ihm heran. „Der Hund ist gar nicht draußen gebissen worden", raunte er ihm zu. „Hier auf der Thürmatte fand ich Blutspuren, die ich aoer weggcivischt habe. War sie es, auf die er zusprang? Und glauben Sie, Herr Viktor, daß sie mit seinem Tode 'wat zu schaffen hat?" „Sie! Wer denn, Junge?" „Nun, die große Dame mit den glänzenden Augen!" XI. Duvley's Verwirrung und Staunen kam dem seine- Bruders und der Tante gleich, als er von der Existenz von France-ca's Mutter Kenntniß erhielt und Frau Revelsworth, die ihre beiden Neffen noch während ihrer Theestunde zu sich hatte bescheiden lassen, rhm den Brief ihrer Nichte übergab. Einen Moment flogen seine Gedanken zu der kleinen, unter- Utzten Person, deren Gesicht unsichtbar geblieben, als er ihr in der Musithalle mit Francesca's Doppelgängerin begegnet«. Nack nur kurzem Ueberlegen mußte er aber von seiner irrigen Ansicht zuruckkommen; dies» Person tonnt» doch unmtgllch yrance-eo'»
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