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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000502011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900050201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900050201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichniß. Tabellarischer und Zissernia- nach höherem Tarif. Extra-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung >ll 70.—. Innahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Lelpzkg. Mittwoch den 2. Mai 1900. 8L Jahrgang. Conservative und Liberale im sächsischen Landtage während Ser letzten 50 Jahre. I. Im Verlause eines Federkrieges zwischen der konservativen und der liberalen Presse Sechsen- wurde von letzterer Seite an den Unterzeichneten, als den voraussichtlich ältesten sächsischen Landtagsabgeordneten, das Ersuchen gestellt, er möge auS seinen parlamentarischen Erfahrungen in Bezug auf den Stand des ParteilebcnS in Sachsen während der früheren und der neuen Zeit Einiges mittheilen. Da Mittheilungen dieser Art, auS unmittelbarem Mit erleben heraus, ein mehr als bloS persönliches oder auch nur Parteiinteresse darbietcn, und Manchem, der von der Zeit vor 50, ja vor 30 Jahren nicht viel weiß, willkommen sein dürften, so will ich mich einer solchen Mühewaltung gern unterziehen. Der erste Landtag, an dem ich als Mitglied der Zweiten Kammer Theil halte, war der sog. „Widerstandslandtag" von 1849/50, so zubenaunt, weil er der Beust'schen Politik, die nach außen und im Innern nach den vormärzlichen, alt- bundeStäglicheu Zeiten zurückstrebte, nach Kräften Widerstand leistete. Beide Kammern (auch die Erste war damals eine Wahlkammer, nur nach einem andern Wahlsystem) wiesen ganz überwiegend liberale Mehrheiten auf. Als Herr von Beust diesen Widerstand nicht zu brechen vermochte, half er sich mit einem Staatsstreich oder Verfassungsbruch, dem ersten in jener an solchen so fruchtbaren Zeit (selbst vor dem des dritten Napoleon vom 2. December 1851), indem er die 1848 in allen verfassungsmäßigen Formen aufgehobenen allen Stände vom Jahre 1831 wieder einberief. Diese verhalseu ihm denn auch 1866, durch Bewilligung der von ihm ge forderten Rüstungen, dazu, Sachsen im Bunde mit Oesterreich in den Krieg mit Preußen zn treiben, wofür das Land mit einer Kciegskosteuentschädiguug von 30 Millionen Mark büßen mußte und beinahe mit dem Verlust seiner Selbst ständigkeit hätte büßen müssen. DaS kleine Häuflein Liberaler in der II. Kammer vermochte dagegen nichts. Erst nach dem unfreiwilligen Rücktritt Beust'S, nachdem dessen Regiment volle 16 Jahre auf dem sächsischen Volke gelastet, kam in das politische Leben Sachsens wieder ein frischerer Zug. Tas Wahlgesetz, welches das Ministerium Friesen-Noslitz-Wallwitz 1868 mit den alten Ständen verein barte, sühnte den Beust'schen Staatsstreich wenigstens in seinen Folgen, indem es die II. Kammer deS dadurch ihr aus geprägten feudalen Charakters entkleidete und wieder zu einer wirklichen Volksvertretung machte. AlSbald zeigte sich, daß der Liberalismus im Lande unter dem reactionären Drucke nur geschlummert hatte, nicht ver schwunden war. Der erste nach dem Wahlgesetz von 1868 gebildete Landtag (1869/70) enthielt eine überwältigend starke liberale Mehrheit, nahezu von 2/.,, in der II. Kammer. Das Ministerium erkannte die Nothwendigkeit einer Ver jüngung des seit lauge ins Stocken geratheucn öffentlichen Lebens und neigte zeitgemäßen Reformen zu. So kamen viele solche und sehr wichtige auf diesem und dem nächsten Land tage zu Stande. Die Gemeiudegesetze für Stadt und Land (von 1832 und 1838), bei ihrem Erscheinen mit Dank be grüßt (zumal das erstere, der Stein'schen Städteordnung nachgebildele), waren seitdem in vielen ihrer Bestimmungen veraltet und wurden durch zeitgemäßere ersetzt. Aehnlich war cs mit dem Volksschulgesetze von 1835. Daö bestehende Preß gesetz datirte auS ter Zeit der ärgsten Reaction deö wieder- dergestcllten Bundestags (1854) und bedurfte dringend einer Umgestaltung, die ihm denn auch zu Theil ward. Bei allen diesen Gesetzgebungsarbeiten war die liberale Partei mit bestem Erfolge thälig. In einer der wichtigsten Materien ergriff sie sogar die Initiative. Ans dem Landtag von 1869 brachte sie einen Antrag in die II. Kammer auf Herstellung von Organen der Selbstverwaltung über den Kreis der einzelnen Gemeinde hinaus, von Bezirks- und Kreisvertretungen. Die Negierung ging auf den Gedanken ein und legte dem Landtage von 1871 einen Gesetzentwurf vor, der im Wesentlichen dem Anträge entsprach. Die nationalliberale Partei SachsenS, von deren Ver tretern der betreffende Antrag ausgegangen, hatte neuerdings die große Genugtbuung, daß, als eine Deputation deö nationalliberalen Landesvereins für Sachsen Sr. Majestät, dem allgeliebten LandeSvater, zum 70. Geburtstag eine Adresse mit ehrerbietigen Glückwünschen überbrachte, der König mit warmem Lobe der günstigen Wirkungen der Organe der Selbstverwaltung, insbesondere der Bezirksausschüsse, gedachte. Die conservative Partei der II. Kammer hatte dem Gesetze keinen dauernden Widerstand entgegengesetzt. Wohl aber that die- die I. Kammer, und eS bedurfte der ganzen Zähigkeit der sog. BereiniguugSdeputation der II. Kammer und de fekten Zusammengehens deS Ministers des Innern Nostitz- Wallwitz mit dieser, um das Gesetz unverkürzt durch zubringen. Nicht ganz so glücklich war die liberale Partei bei der Berathung des Volksschulgesetzes. Zwar die weitaus meisten Bestimmungen desselben enthielten Fortschritte, durch welche dasselbe noch heut eine hervorragende Stelle unter den deutschen Volksschulgesetzen behauptet, so die Bildung von Schulvorständen als Vertretern der Familie, die Bestellung des Geistlichen zum Localschulinspcctor nicht mehr als Geistlichen, sondern als eines staatlichen Beamten (neben der Aufsicht desselben in seiner Eigenschaft al- Geistlicher über den Religionsunterricht), die Einsetzung pädagogisch gebildeter BezirkSschulinspectoren, die Einrichtung obligatorischer Fort bildungsschulen in allen Gemeinden mit dem Zwange mehr jährigen Besuche- derselben u. a. m. Nur in einem Puncte hatte da- Gesetz einen unfreien Charakter und behielt solchen auch infolge der Zähigkeit der Eonservativen in der Ersten Kammer, denen der EultuS- minister von Gerber sich anfchloß, trotz aller Anstrengungen der Liberalen. Letztere wollten die Volksschule al« eine Staat«- und Gemrindeanstalt behandelt wissen — mit voller Der icksichtigunz deS confessionellen Elements beim Religions unterrichte. Die Regierungsvorlage trug dem insoweit Rechnung, al- sie verfügte, daß da, wo es nur eine einzige Art von Gemeindeschule gebe, auch die Kinder der anderen Consession diese besuchen müßten. Dagegen sollten, wenn an einem Orte eine Schule der anderen Confessiou bestände oder entstände, die Kinder dieser Confession nur letztere besuchen dürften, auch wenn die Eltern etwa den Besuch ter Gemeinde schule vorziehen würden. So kam durch das Gesetz eine Halbheit und ein Selbst widerspruch in die Volksschule, die zwar zum Tbeil Gemeinde schule, aber unter Umständen auch ConfessionSschule ward. Für die höheren Schulen erging auf einem späteren Land tage ein Gesetz, welches (ohne dergleichen grundsätzliche Spal tungen) nur die Lehrgegenstände, die Lehrziele und die Unter richtsfächer regelte. Gegen mögliche Uebergriffe der Kirchengewalten, sowohl der römischen als der eben damals ins Leben gerufenen Organe der lutherischen Kirche, der Synode und deS Con- sistöriumS, in staatliche Befugnisse wurden gesetzliche Schutz wehren errichtet. Eine wichtige Reform im liberalen Sinne auf tvirth- schaftlich-socialem Gebiete war daS im Landtag 1873 an gebahnte, 1874 durchgesührte Gesetz wegen Einführung einer progressiven Einkommensteuer. Eine andere wirthschaftliche Maßregel von tiefgreifender Bedeutung, die das Ministerium Friesen auf dem Landtage 1875/76 durchsetzte, die Uebernabme der größten (Leipzig- Dresdener) Eisenbahn auf den Staat, der darauf andere Maßregeln in gleicher Richtung folgten, stieß anfangs bei einem Tbeile der Liberalen und der Eonservativen sowohl wegen der davon befürchteten Belastung der StaatS- finanzen, als weil man fürcklete, die Verwandlung des kaufmännischen Betriebes dieses wichtigen Verkehrszweiges in einen bureaukratischen möchte sich als ungünstig erweisen, aus Widerstand. Bei Manchen war es auch ein Act von Pietät gegen den ursprünglichen Schöpfer und Leiter der Eisenbahnen in Sachsen, den freien AssociationStrieb der Privaten, was sie dagegenjeinnahm. Die Praxis hat glücklicherweise jene Bedenken widerlegt. WaS insbesondere den finanziellen Punct betrifft, so hat das sächsische Staatseisenbahnnetz, obschon Regierung und Kammer im Laufe der Jahre noch eine Menge kleinere Bahnen erwarben (darunter viele, die von HauS auS mehr wegen ihrer wirthschaftlichen Vortheile für die von ihnen durchzogenen Landestheile, als wegen ihrer ökonomischer Er träge Werth hatten), sich dennoch als ergiebig genug erwiesen, um nicht blos die Anlagekosten zu vergüten, sondern auch Nebcrschüffe zu gewähren. Dabei hat Sachsen den Ruhm, jedenfalls das an Eisenbahnen reichste Land zu sein. Von diesen Ueberschüssen ist ein Theil den ärmeren Gemeinden im Lande zur Entrichtung ihrer Schullasten überwiesen worden. Wenn man diese stattliche Reihe von meist sehr wichtigen Gesetzen überblickt, so muß man mit Freuden gestehen, daß die aus dem Wahlgesetze von 1868 hervor gegangenen Landtage äußerst fruchtbar an solchen gewesen sind. Ebensowenig wird in Abrede zu stellen sein, daß den Liberalen ein hervorragender Antheil daran gebührt. Dagegen muß auch anerkannt werden, daß die Regierung bei den meisten dieser Reformen sich entgegen kommend erwies, daß die Eonservativen in der Zweiten Kammer ihnen keinen schroffen Widerstand entgegensetzten und daß nur in der Ersten Kammer dieselben ihren Stand- punct des Beharrens in etwas starrer Weise behaupteten. Daß auf eine sowohl extensiv als intensiv so bedeutende Nesormtbätigkeit der Gesetzgebung ein „Stillstand" folgte, war nicht zu verwundern. Ganz die gleiche Erscheinung hat sich im Reiche wiederholt sowohl auf dem politischen als auf dem socialen Gebiete — erst nach der so ausgiebigen Gesetzgebungs arbeit des Norddeutschen Bundes, dann wieder nach den Justizgesetzen der 70cr und den Versicherungsgesetzen der 80er Jahre. An einen „Rückgang" oder „Rückschlag"^ eine „Reaction" ist darum noch lange nicht zu denken. Mit unserer pro gressiven Einkommensteuer waren wir unserem großen Nachbarstaat Preußen lange voraus. In der Volksschnl- gesetzgebung sind wir eS noch immer; in der unlängst vollzogenen Einrichtung eines VerwaltungsgerichtShoses (zum Schutze der Staatsbürger gegen etwaige bureaukralische Uebergriffe) sind wir ihm nachgefolgt. Auf dem Gebiete der Selbstverwaltung sind unsere Einrichtungen zum Theil ein facher und darum praktischer, als die preußischen und badischen. Auf dem Gebiete des Vereinswesens ging Sachsen voran mit der Aufhebung deS Verbots der Vereinigung politischer Vereine untereinander. Unser freisinniges Preßgesetz hat Beschränkungen erfahren nicht durch die LandeSgesctzgebung, sondern durch das Reichspreßgesetz von 1874. Die Aenderung des Wahlgesetzes endlich von 1898, bei welchem Conservative und Liberale zusammengewirkt haben, wär eine Sache der Nothwehr gegen die Ueberfluthung der Zweiten Kammer mit socialdemokratischen Elementen. Immerhin giebt eS gewiß Stellen in unseren öffentlichen Zuständen, wo die bessernde Hand angelegt werden muß. Daß darüber immer zur rechten Zeit zwischen der Regierung und den beiden großen Parteien, der eonservativen und der liberalen, sowie dicker unter sich, ein friedliche« Einvernehmen stattfinde, ist zum Heil deS Lande- zu wünschen, aber auch zu hoffen. Karl Biedermann. Der Krieg in Südafrika. Zur Lage bestätigen die letzten Nachrichten lediglich unsere Auffassung und Interpretation der englischen Operationen: Sie waren uichtS als ein aufgezwungener Act der Selbstvertheidiaung und keineswegs die Einleitung der viel angekündibtrn Offen sive und des Vormarsches aus Pretoria. Die englische Cavallerie ist, ganz wie di« Infanterie hinter ihr, auf der ganzen Linie zu spät gekommen und hat eS nirgend» verstanden, den Feind zu stellen, geschweige denn ihm den Rückzug abzuschneiden. French und Hamilton sind in Thabanchu geblieben; von einer „Ver folgung" der Boeren schweigen all, Kabel und da« weitest gehende spricht nur zaghaft die Hoffnung aus, daß Thabanchu gehalten werde, um eine Wiederkehr der Einfälle zu verhüten. Commandant Delarey's fliegende CommandoS halten die Höhenzüge von Thabanchu biS über DcwetSdorp hinab so lange, dis die vor Wepener liegenden Föderirten ihren Rückzug in aller Rude bewerkstelligt und der letzte Ochsenkarren Lady- brand passirt bat. Auch jetzt scheint die Nachhut der Boeren noch die Höhen östlich von Thabanchu zu halten. Die eng lische Meldung von dem Rückzug über den Vaalfluß ist natürlich lediglich Combination. — Folgende neuere Meldungen sind zu verzeichnen: * London, 1. Mal. „Reuter'- Bureau" berichtet aus Thabanchu unter dem 30. April: Die Boeren unter nahmen gestern einen entschlossenen Flankenangriff, nm sich eines Bergpasses zu bemächtigen und einen Eonvoi ab zuschneiden. General French griff sofort die Flanke des Feindes an und sandte Truppen auf die dort sehr steilen Berge. Die Dunkelheit ermöglichte eS den Boeren, sich znriickzuziehen. Die Stellung der Boeren hier ist fast uneinnehmbar. Die Berge, die steiler als bei Colesberg sind, dehnen sich auf Meilen rings um die Stadt aus. Tie Lage ist unverändert. Den ganzen Tag über ist ein Artilleriekampf im Gange gewesen. Eine Eolonne unter General Hamilton ist in nord westlicher Richtung vorgerückt und hat die Stellung des Feindes ausfindig gemacht, der auf eine weite Entfernung feuert. * Masern, 30. April. („Reuter'S Bureau".) Ter ungeordnete (?) Rückzug der Boeren dauert fort. Ihre Rückwärtsbewegung nach Norden erfolgte, soweit bekannt ist, ungehindert. Eine starke britische Streitmacht, die Wepener entsetzt hat, räumt diesen Platz wieder vollständig. * Brüssel, 1. Mai. (Telegramm.) Eine Privatdepesche aus Pretoria meldet die Verwundung des Boerengenerals Ollivier bei Wepener vom 23. April. (Magdeb. Ztg.) * Kimberley, 1.Mai. (Tel.) Aus Windsorton wird berichtet: Eine Boerenabtbeilung überfiel das Dorf und verhaftete den Hotelwirth und zwei andere Einwohner. (Reutermeldung.) * Köln a. Rh., 1. Mai. (Kölnische Zeitung.) Nach einem Kabelberichif, der einem in Johannesburg sehr gut bekannten Herrn zugegangen ist und unS zur Verfügung gestellt wird, scheint bei üer Explosion der Geschoßfabrik in Johannesburg keiner der dort wohnhaften bekannteren Deutschen Verletzungen davon getragen zu haben. Die betroffenen Fabrikanlagen von Begbie L Co., deren Betrieb bekanntlich vor einiger Zeit von der Regierung von Transvaal übernommen worden ist, liegen in einer Vorstadt südöstlich von Johannesburg, in der Nähe der Bergwerke Jubilee und Wemner. Diese Werke scheinen keinen Schaden erlitten zu haben. Der Stadttheil, in welchem sich die Begbie'sche Fabrik befindet, wird von der ärmeren Bevölkerungsclasse bewohnt. — (Köln. Ztg.) Zeitungsnachrichten aus Capsladt berichten, daß die Einwohner von Johannesburg jetzt vorwiegend Deutsche seien und sich den Engländern gegenüber rücksichtslos be nommen hätten; sie hätten erst seit der Niederlage Cronje's ihre Haltung geändert. Nach der Aussage eines Herrn, der vor fünf Wochen Johannesburg verlassen hat, ist diese Behauptung voll kommen unzutreffend und unrichtig. Die gesammte Bevölkerung von Johannesburg habe in jener Zeit ungefähr 8000 bis 10000 Seelen betragen. * London, 1. Mai. (Telegramm.) Es verlautet, daß nach der Veröffentlichung der Kritik des Lord Roberts über die Kämpfe ani Epionkop General Buller um seine Entlassung gebeten habe, die Lord Roberts jedoch nicht bewilligte. (Boss. Ztg.) Tic Ableugnung des KricgssckrctiirS, eS habe in Bloemfontein an Pferden gemangelt, respective daß dieser Mangel die Verschleppung der Operationen ver schuldet habe, bat, wie der Correspondent der „Morning Post" kabelt, „in Bloemfontein einige Ueberraschung hervorgcrufen" und fügt hinzu: „Die Armee wird bis zum letzten Tage deS Feldzuges immer wieder frischer Pferde bedürfen." DaS führt Spencer Wilkinson zu folgender Polemik: „Die von unserem Correspondenten angegebenen Gründe sollten selbst das KriegSamt überzeugen. Die Cavallerie bat über eine sehr weite Aera bin zu recognoSciren und die Operationen zu verschleiern und wenn diese nothwendigsten Aufgaben gelöst werden sollen, muffen sie zu einem Verlust an Pferdefleisch führen. Bald wird auch das GraS auf dem Felde fehlen, die Pferde werden ohne GraS ernährt werden müssen und das wird Krankheit unter ihnen herbeisühren. Dies Alles lag von Anfang an auf der Hand. Aber die britische Nation hat selbst jetzt noch nicht einmal be gonnen, den Krieg Ernst zu nehmen. DaS erste Zeichen dafür, daß die Nation im Ernst ist, wird darin sich äußern, daß man die Feld armee von Männern mit allem Röthigen versehen läßt, welche dafür verantwortlich gemacht werden können, daß das ordentlich geschieht. Es Ware wünschenSwerth, wenn daS Publicum sich darüber klar würde, daß hier zu Lande die Thatsache, daß irgend eine besondere Maßregel absolut noth- wendig, als Vorbereitung für den Krieg ist, daß noch lange nicht zu der Annahme berechtigt, daß diese Maßregel nun auch wirklich ergriffen werde, obwohl der Krieg inzwischen bereit- in vollem Gange ist! (Eine schärfere Derurtbrilung der britischen Kriegsverwaltung von so ernster und com- prtenter Quelle auS ist noch nicht vorgekommen.) Tie Schleusen der Kritik sind wieder weit geöffnet und ihre zornig tosenden Wasser drohen diesmal, selbst bis zu den Spitzen der FrldmarschallS - Federn hinaufzuspritzen, welche daS Haupt des britischen Oberbefehls habers in Südafrika zieren. Und sie sind nicht immer sehr rein lich, diese Wasser, die zischend und murmelnd unS dabei allerhand Geschichten erzählen. Geschichten aus dem Modderlager, aus den Tagen vor Paardeberg, aus dem Lager bei Bloemfontein und den Kreisen der geheimgeblirbenen Generale ohne Eommando. Un verbürgte Geschichten, wahrscheinlich voll diel Falschem und mit einem Hörnchen Wahrheit, nicht immer ohne Bosheit erzählt, und interessanter als Zeichen der Zeit und Barometer der öffent lichen Stimmung in der Hauptstadt, dann als Documente zur Kriegsgeschichte. Sie erzählen uns, daß Lord Roberts bisher stets zu spät gekommen und eigentlich nichts gethan habe, als Diejenigen zu kritisiren, welche die Ar beit geleistet. Kimberley sei ohne sein Wissen und Wollen ent setzt, eigentlich durch Zufall und in Wahrheit lediglich, weil General French weiter vorgerückt, als ihm befohlen war, und, als er den Weg vor sich frei sah, auf eigene Faust weiter zog, bis er sich vor den Thoren der belagerten Stadt befand. Auch von Cronje's Abzug habe Roberts keine Ahnung gehabt, nebenbei be merkt, ebenso wenig, wie irgend ein anderer der englischen Gene rale. Aber Lord Kitchener habe auf einem Ausritte plötzlich am Horizonte eine Staubwolke bemerkt, und rasch aus dieser auf den Abzug des Feindes schließend, seinen Adjutanten mit dem Befehle abgesandt, alle in seiner Nähe befindlichen Truppen so fort ihre Marschroute ändern und jener Staubwolke vocheilen zn lassen, während er selbst an der Spitze der Cavallerie querfeldein davon sprengte, um der Staubwolke den Weg abzuschneiden. All' das sei geschehen, ohne daß Lord Roberts benach richtigt worden, oder auch nur eine Ahnung davon ge habt habe. Als dann Cronje glücklich zum Stehen gebracht und umzingelt war, erschien Roberts, um seine Kritik in die zwei Worte „unnützes Blutvergießen" zusammenzufassen. Es folgte eine Scene mit Kitchener, und dessen bekanntes Avancement zum „ R e i s e g e n e r a l", der aber nach den bösen Zungen nach wie vor Alles, was einer wirklichen Action ähnelte, schuf und leitete, während Roberts ruhig in Bloemfontein saß. Kitchener rettete nach seinen Freunden die Lage im Griqualanoe, Kitchener schlug den Aufstand südlich vom Oranjefluß nieder, Kitchener organisirte von Douglas aus jene mythische fliegende Colonne, welche über Kuruman Mafe king entsetzen konnte, Kitchener brachte die Dinge bei Aliwal Norih wieder ins Gleis, als die Boeren sich dieses Platzes ebenso wie Bethulies und Norwals Ponts wieder zu bemächtigen drohten; Kitchener sorgte dafür, daß Rundle's Brigade rechtzeitig in Bethanie eintraf und den Vor marsch gegen Dewetsdorp beginnen konnte, Kitchener endlich schaffte Remonten und Borräthe für die letzte Action nach Bloem fontein und organisirte diese selbst — bis Roberts durch seine Langsamkeit und sein stückweises Operiren die Karre wieder seit fuhr. So die Einen. Die Geschichte der Anderen ist das gerade Gegenbild der Medaille. Nach ihnen müßte Kitchener entfernt werden, weil er durch sein herrisches Auftreten und seine rücksichtslose Behandlung von Officieren wie Mann schaften Alles verdarb, und seine Entfernung aus dem Haupt quartiere sei nichts als eine verkappte Ungnade, genau so, wie Lord Methuen seine Hochländer- und Gardebrigaden genommen und ihm jenes kleine Thätigkeitsfeld zugewiesen wurde, auf dem er auch jetzt wieder sich neue Niederlagen geholt. Eine andere Geschichte erzählt, wie Lord Roberts gar keine Ahnung davon gehabt habe, daß seine Co m m u n i c at i 0 n S - linie mit dem Oranjefluß bedroht sei und ihm die Thatsache von London aus gekabelt werden mußte. Ein anderes Bild: Als Lord Roberts zum ersten Male nach seiner Ankunft an der Modder Lord Methuen begegnete, faßte er seine Ansicht von dessen Feldherrntalent (ich citire wärt sich) in den verächtlichen Rath zusammen, nach Capstadt zurück zukehren und dort mit den Kindern Marmorkugelchen zu spielen. Hätte er wenigstens noch gesagt, Billardspielen. Nicht viel besser ergeht es dem armen Sir Charles Mar ren, dem man nicht einmal das Eommando desDetschuana- landes anvertraut hat und sich nun zum schlichten Nachfolger des Obersten Kekewich degradirt sieht — denn der Titel Militär- gouverneur von Griqualand West bedeutet unter den gegenwärtigen Umständen kaum mehr, als derjenige, „Com Mandant von Kimberley". Nebenbei bemerkt, hat diese Er nennung nach zwei anderen Seiten hin einen pikanten Beige schmack: Erstens erfolgte sie nicht durch das Obercommando. sondern „auf Antrag des Obercommisiars Sir Alfred Milner" und richtet zweitens eine nicht mißzuverstehende Spitze gegen Herrn Cecil Rhodes — denn Marren ist ein alter per sönlicher Feind von Rhodes, mit dem er sich gelegenlich seines früheren Commandos resp. als Gouverneur von Betschuanaland wiederholt scharf in den Haaren gelegen, bis Marren ihm weichen mußte. So illustrirt der Fall Warren's gleichzeitig die Ungnade des einst allmächtigen Rhodes. Wie Eronje entsetzt werde» sollte. * Ein Mitkämpfer im Heidelberg-Tommando, I. E Kriegler, veröffentlicht, um den verschiedenen, die Wahr! auf den Kopf stellenden Erzählungen die Spitze abzubrecb folgende Beschreibung des Versuches zum Entsatz Gene. . Cronje's in der officiellen „Bolksstem": „Am Sonntag, den II. Februar zogen wir (Heidelberg-Con mando) unter dem wahrnehmenden Commandanten Spruijt, etwa 260 Mann stark, von Springfontein ab. Bei Rietriv.r schlossen wir uns dem Hauptcommando de Wet an und rückte r von da zum Entsatz General Cronje's vor. Unterwegs bc gegirrten wir dem Fechtgeneral Botha mit einer Patrouille, di: sich uns gleichfalls anfchloß, so baß wir jetzt ungefähr 600 Manu zählten. Wegen Schwäche von Pferden ließen wir hier aber 10 > Mann zurück, waren also nur noch 500 Mann stark. Am Sonn tag, 18. Februar, bekamen wir Paardeberg in Sicht und nähme i Stellung ungefähr 4000 Schritte von General Cronje's Lage Unsere Leute wurden getheilt, und die eine Hälfte un*-r Feck>' general Botha stürmte den Stinkfontein genannte Plgy, wo ei ' Anzahl Engländer sich verborgen hatte. tödteten einige von ihnen, nahmen etwa 10 gefangen un^ machten eine Anzahl Pferde mit Sätteln und Reitzeugs "einige Wasserkarren mit Mauleseln als Beute. Die andere Hälfte unter Eommando,,! de Wet stürmte die Position oirect gegenüber General Croi/e Ein Trupp Reiterei, der di'/Position beseht hielt, flüchtete, r/- einen Schuß zu lösen, so 'daß wir ohne Widerstand die Po^^n nahmen. Der Feind b'.schoß unS nun von vorne in gewaltiger Weise mit Kanonen, t^obei einige von uns verwundet und einige Pferde getödtet wurden. Unsere Kanonen, ein freistaatlMcknr Armstrong-Dorlad-r und ein freistaatliches Maxim-Bon»ben geschütz, waren u s wenig von Nutzen. Wir beschossen deMyalb den Feind mit. -rausrrn, und zwar derart, daß er noch in r prr- selben Nacht ',ie Flucht ergriff, so daß am Montag MoL.g.n
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