Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000613022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900061302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900061302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-06
- Tag1900-06-13
- Monat1900-06
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
i«,«l, 24.60 cki-colli 21, s. e Zsds Xoreeuvx. »s »eUv»Ll>er »uk Ltetix. 'satr.-Lvt.! 129 srnkaelüc) 73^, V1I/32. iorlttitso. ll>. 8t»Lk»j lisots ,. kre4U.lv . ll^ nin.8.7a.8 ). 9 u. 10 Io. 2 u. 8 .1. Lieend. '»e. k.kio. KeaKieo 'ck. Lissllb. S0L» 93.40 83.75 91,90 99,SV 100,- 91,SY 57,10 103,20 «6.25 88.75 16,37 'r.. Hsillr. sru kaeik. keotrsld. Horckost ir. Vllivo 116,78 7ö,10 90,60 216,— l.krsckltd. orlbouic ctiv Lg.uk »oll. ÜLllk 111,25 136, 138. 156,75 138,40 Vollk. .ki,b.ksck ksxelleeli r Llggedt. li.elekt. 8. c liv. K m. 8trssd v. VLitsr ckütteLt.? Ibräo SSLU L^v Lerxbou KLInt.-rV. örsunll. sr2clltdr. »st. vökl. imx. V.-L. r.-6rk.-^. VVebstLIk. ^er Krud. rsitLIKtr Sir Halske Lawiuxsp - Liok-^.. Salineii ^ellblscd .kinselkb. . k'akrrack ex.L.IK»1i ler V.-L. er kassst 160.50 130,70 142.75 118,— 47,90 181,25 ;iop,— 209^20 170,60 149.75 209.50 194.10 163.— 254.50 75,— 144,— 224,— 730,— 208,— 170,— 100,- 73,50 172,— 68 — 205,50 «136,— 238,25 5 raxs I Ickooats borx 8 l'. 3. lilovate liau 8 r«. r. Laiiko. cvs cko. 84,20 215,80 215 80 84.45 216,05 Kall-Vien clisallleik msr ullcksr liiitts lickatioll kiredea ler ck» VVllLIllit Lacketk. Llo^ck abauill 221,75 107,50 234,— 355,—- 197^- 20SH0 21«i-0 151^5 124^0 181.,— lli. rlinv.k!sseo/8udr renrulir-. ickroek verdaten ) s llllck Laiserocka kslä Lrisk — 8450 » 80 8K. —» 5025 3525 18000 18400 — 3325 3800 3000 — 2575 —— 11200 — 18700 — 9650 — 13700 cd 8100 8250 14900 15250 —— 6000 — — 2850 — 4600 tia 775 rl. 1725 1775 3900 4000 —— 900 re 2150 2775 2900 — 4025 — 15950 rsd 1550 2375 1rc>l> — 1825 —— 1650 135 150 2000 2100 27?» 90 110 22850 23125 1150 1225 — 3900 — 2600 — — 15 14800 15000 — 625 m. — 4350 —— 1175 3700 —— 14500 —— 1350 üeäsirtliek Xncli- nl. ?sll 0,05). ll 0,12). ir Hamdllrx- Lilkiiklls Ur. 3103 iüfadrts - Oesell in Havre <10 V) ", ill 8t. T-Kome» lldllrx", alle tunk 5er: ill Uovills k, cker vowillioa- lsr ^llallckallipker ickampksr «kellll- : ill tlostoll !116) ck»"> voll yllsdec ckrei ll»od bam- Vork, voll Lode t-I>illieckawpfsr. ipter „vowioioo' - ill Sremeo, k io l-eipiir, tacdell", in 6«I- ^ell tU/v, II vdr ») «Krosser Lur- <acdm) SckllsII- .krinr keinriek. 12 kkr Xaclits) l naeii kremen »er Vilkelm II ' traliell. «ll visr Vorbei k: 8ci>oeII- llllck olm ck«r Krosse' -Laieerio Ueri» Lllrkckrst" 11,7, art' 21/6, „kl. tt lvestoll: «vor- >, ,8tol k«r/r' SO 0, - 7,7. «Villedeck- 10/7. .kamdnrr' 1er»- IL7. Die Morgnt-AuSgabr erscheint «« '/,? Uhr, die Abeud»L»Sgabe Wochentags nm L Uhr. Redaktion und Expedition: JahauniSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- unnnterbroche» geöffnet von früh 8 bis Abend» - Uhr. Filialen: LlfreB Hahn vorm. v. klemm'» Garttnu UniversitätSstrabe 3 (Paulinum», Laut» Lösche. OschMmnßr. la, Pan. und königS-latz A Bez«gS.PreW 5» d« Hmlptrxprdition oder den in» EMS» »eztrk »nd de« Vororten errichteten AnS- ^bestelle« ab geholt: vierteljährlich ^>4.50, »ei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» ^l b^O. Durch die Post bezogen für Deutschlaud und Oesterreich: vierteliährlich S.—. Direkte tägliche kreuzbandlendung ins Ausland: monatlich ^g 7.bv. Abend-Ausgabe. Mpzigtr TagMM Anzeiger. Mtsölatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd Molizei-Äintes -er Ltadt Leipzig. 296. Mittwoch den 13. Juni 1900. Anzeigen.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RrdactionSstrich (4g» spalten) bO^j, vor den FamiliennachrichtM (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis« Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffervsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen «Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. .Annahmeschluß für Anzeigen: Abend'AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ei» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition »u richten. Druck und Verlag vo» L. Pol» tu Leipzig 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 13. Juni. Der Kehraus wird wild getanzt und deshalb darf man sich auch nicht wundern, daß eS in der gestrigen letzten Sitzung des Reichstages ziemlich bunt zuging. Rechts verhältnisse in den Schutzgebieten, Handelsabkommen mit England, Seuchengesetz, Stempelzesetz, dann wieder Nechts- verbältnisse in den Schutzgebieten, Zolltarifgesetz, Flotten gesetz, Leutenoth und schließlich noch Wablprüsungcn — ein seltenes Durcheinander. Die Hauptsache ist: die Flotte mit den Deckungsgesetzen ist unter Dach; K 1 des Flotten gesetzes wurde mit der Mehrheit von 199 gegen 107 Stimmen angenommen; bei der Abstimmung über das ganze Gesetz war die Mehrheit um einige Stimmen stärker, in beiden Fällen repräsentier sie die Mehrheit eines vollständig besetzten Reichstages. In letzter Stunde wurde der Borlage die Ehre zu Theil, vom Reichskanzler ver treten zu werden. Der alte Herr sprach hübsch und geist reich über den Unterschied der Biedermeierzeit und jetzt, über das Jahr 1848 und die damalige Flvttenbcwegung. Die Rechte lachte geärgert, als Fürst zu Hohenlohe der guten alten Zeit daS übrigens nicht einmal halb ernst gemeinte Lob spendete, man babe damals wenig Staatsschulden, wenig Steuern und keine Agrarier gehabt. Der Nachweis, daß die Flottenbewegung aus dem Volke hervorgcgangcu, gelang dem Reichskanzler ebenso gut wie nachher dem die Sacke an einem anderen Zipfel anfassendcn Abgeordneten vr. Hasse. Der Abgeordnete setzte sich mit Herrn v. Szmula vom Centrum auseinander, der nichtige Ein wendungen gegen die Flotte vorgebracht batte, und später auch mit 16 Fractionsmitgliedern gegen sie stimmte. Fürst Hohenlohe— und er war in diesem Falle nicht der Be- neideuSwerthere — wandte sich gegen Liebknccht, der sein ver blassendes Prestige in der Partei durch besonders rohe Aus fälle aufzufrischen gesucht und das Bedürfniß gefühlt hatte, England wieder einmal seines Vertrauens und seiner Sympathie zu versichern. Und nebenbei ein wenig zu denunciren. Die Behauptung deS Soeialdemokraten, daß die Flottenverstärkung „ausschließlich" gegen England ge richtet sei, war für englische Commentatore» bestimmt. Dennoch muß man sagen, der Abg. I)r. Sattler hat mehr als seine Pflicht gelhan, daß er jene Behauptung — einem Liebknecht gegenüber — widerlegte. Die auswärtige Politik, wenn man so sagen darf, lockte auch den Staatssekretär Grafen Bülow auf den Plan. Wir haben vor einigen Tagen bemerkt, mit Sympathien und Antipathien und, wie wir biuzufügen, mit der Kritik von Sympathien dürfe man den Leitern der auswärtigen Politik oder denen, die dafür gelten, nicht kommen; man mache ihnen die Erwiderung zu leicht. Diese Erfahrung mußte gestern der Abg. Liebermann v. Sonnen berg machen, der eine AuSlauLSpolitik nach der Maxime „Blut ist dicker als Wasser" nicht ideal fand. Der Herr wurde mit der dem Grafen Bülow eigenen, allen Leuten von Geschmack und Stilgefühl ein Gegenstand der Bewunderung gewordenen rhetorischen Eleganz in den Sand gestreckt, natür lich, um als ein völlig Beruhigter sich wieder zu erheben. Wenn nicht überhaupt, so leben wir Deutschen deS neuen CurseS wenigstens hinsichtlich der Auswärtigen Politik ohne Frage in der besten aller Welten. Also die Flottenverstärkung ist Tbat- sache. Von den Conscrvativen zogen nur zwei Abgeordnete die Con sequenzen der „Stimmungsbilder" der „Deutschen Tageszlg.", die Herren v. Bonin-Lahrenbusch und v. Treuenfels. Die übrigen Gegner waren außer den schon erwähnten — meist baye rischen — CentrumSmitgliederii, die gewöhnlichen, isckmidt- Elberfeld und Lenz manu von der freisinnigen Volkspartci waren aber richtig geflissentlich wcggebliebcn, zufällig fehlte aber auch Herr Richter selbst bei der namentlichen Abstimmung. Bon den daS Flottengesctz slankirendcn Deckungsvorlagcn wurde das Stempelgesctz mit der großen Mehrheit von 208 gegen 87 Stimmen, der erhöhte Zolltarif in einfacher Ab stimmung angenommen. In dem letzteren waren vorher zwei Milderungen zum Besten der Kuxschcine eingcfügt worden. WaS der Reichstag sonst noch vor dem vhne Sang und Klang erfolgenden Schluß erledigte, ist schon genannt worden. Mehr als vom Präsidenten ge nannt wurden jene Dinge gestern zumeist auch nicht, dann ging es an die Abstimmung. Der zum Handelsabkommen mit England gestellte Antrag, die Verlängerung bis zum 1. Juli 1903 zu gestatten, wurde mit Rücksicht auf die Ge schäftslage zurückgezogen und ohne Debatte die Verlängerung nur auf ein Jahr endgiltig beschlossen. Von der Regierung ließ sich noch Graf PosadowSky vernehmen, der die nationale Nothwendizkeit, Vorsicht bei der Zulassung von Ausländern zu üben, betonte, worin ihm der Abg. vr. Hasse energisch zustimmte. Der bevorstehende Rücktritt deS Unterstaatssekretärs im preußischen Cultusministerium I)r. von Barisch veranlaßt die „Köln. VolkSztg.", einen klerikalen Wunschzettel in Bezug auf die Umgestaltung des preußischen CultuSministeriums zu überreichen. Or. von Barlsck soll einer der Hauplvertrcter jenes Systems gewesen sein, nach dem die Rechte LcS Staates gegenüber der Kirch? bis aufs Aeußersle auSgenntzt (!) werden. Ein Wandel hierin könne nur eintreten, wenn der Cultusminister mehr als bisher von katholischen Rätheu berathen werde. Da cö einstweilen ausgeschlossen erscheine, daß in Preußen daS CultnSministerium auch einmal einciy Katholiken übertragen werde, und da an die Wiedererrichtung einer katholischen Abtheilung im CultnS- ministerium vor der Hand auch nicht zu denken sei, schlägt die „Köln. VolkSztg." vor, entweder dem protestantischen CultuSminister stets einen katholischen UnterstaatSsekrctär beizu geben, ober ihm einen evangelischen UnterstaatSsekretär für die evangelischen und einen katholischen für die katholischen Angelegenheiten an die Seite zu stellen. Angenommen, die Forderung des rheinischen CcntrumsdlatteS würde erfüllt, so wurden die klerikalen Beschwerden doch nur dann aufhören, wenn der katholische UnterstaatSsekretär ein klerikaler Parteimanu wäre. Ist er das nickt, so wird er als „Taufschein-Katholik" stigmatisirt und womöglich noch schlimmer behandelt, als ein evangelischer. Denn nach der Anschauung der CentrumS- partei hätte der katholische UnterstaatSsekretär die aufgehobene katholische Abtheilung zu ersetzen. Ursprünglich als eine Einrichtung gedacht, mit Hilfe deren katholische Preußen die Rechte ihres Staates in den Beziehungen zn Rom vertreten sollten, war die katholische Abtheilung, wie Fürst Bismarck in seinen „Gedanken und Er innerungen" betont, durch den Wechsel der Mitglieder nach und nach zn einer Behörde geworden, die inmitten des preußischen Beamtenthumö die römiscken und die polnischen Interessen gegen Preußen vertrat. Schlüge der von der „Köln. VolkSztg." geforderte katholische oder vielmehr ultramontane Unterstaatssekretär nicht in dieselbe Kerbe, wie die seiner Zeit entartete katholische Abtheilung, so würde ei genem so leidenschaftlich befehdet werden, wie der evangelische Cultusminister selbst. Einen klerikalen Parteimanu aber in die zweithöchste Stelle des CultusministeriumS zu berufen, diesen Schritt wird die „Köln. VolkSztg." im Ernste dem König von Preußen nicht zutrauen — trotz der von einem großen Thcile dcö Ccntrumö bei der Flottennovelle geleisteten „guten Dienste." Henle stießen die Nachrichten über die Boxcrgefahr in China weil spärlicher, so daß zu befürchten steht, die Lage habe sich weiter verschlimmert und die Verbindung von Peking nach dem Meere sei unterbrochen. ES wird unS nur Folgen des berichtet: * Tientsin, 11. Juni. (Meldung deS „Reuter'schen Bureau»".) Wie gemeldet wird, sind fremde Truppen mit der Wieder herstellung der Eisenbahn zwischen Losu und Lang fe ng beschäftigt. Der fünfte Souderzug ist heute mit Vvrräthen für die englischen Truppen abgegangcn. DaS französische Kriegs schiff „Lion" und das englische Kriegsschiff „Barfleur" sind heute in Tak u eiugetrosfen. Der österreichisch-ungarische Gesandte in Peking, Freiherr Czikann von Wahlbvrn, welcher sich gegenwärtig in Wien aushält, hat zu einem Mitarbeiter der „N. Fr. Pr." u. A. geäußert: „So weit meine Kenntnis; der Dinge reicht, glaube ich auf Ihre Frage, ob die Boxers eS auch auf den Sturz der regierenden Mandschu - Dynastie ab gesehen hätten, mit „Nein" antworten zu sollen. Ick bin der Ansicht, daß, wenn die Boxers solche Absichten hätten, sie nicht auf großen Anhang zählen könnten. Die Bewegung bat sich ja jetzt in Nord - China auSgebreitet und reicht fast bis an die Thore von Peking. Nun, etwaigen gegen die Maudschub-Dynastie gerichteten Tendenzen könnte man noch eher in Süd-Chma, sagen wir iu Canton, begegn««, als in Nord-Cbina, wo die Leute wohl kaum solchen Umsturz planen. WaS nun die mit Rücksicht auf die letzten Nachrichten an mich gestellte Frage betrifft, ob die Europäer in Peking stark gefährdet seien, so glaube ick, daß die Detachements europäischer Truppen, die daselbst zur Ver fügung der Gesandtschaften eintreffen, für die Sicherheit der Europäer genügen werden. Die Europäer breiten sich nicht etwa über weite Thcile der kolossalen Stadt auö, sondern sind auf ein Quartier concentrirt, und die Gesandt schaften selbst sind in der Europäerstavt ziemlich eng an einander gerückt. So wird cS nicht zu schwer sein, die Europäer zu beschützen." In der Thal ist, selbst wenn ein ernster Angriff der BoxerS und deS Pekinger Pöbels auf das Gesandtenviertel in Peking stattfinden sollte, Hoffnung vorhanden, daß sich dasselbe, da sich bereits fast 2000 Mann internationaler Landungstruppen dort befinden dürften, bis zum Eintreffen deS russischen Corps wird halten können. Die Lage deS Diplomaten-QuartierS in Peking ist allerdings nicht ganz so günstig, wie der Gesandte eS schildert. Die Hauptstadt deS chinesischen Reiches, die einen Raum von 6340 Hektaren einnimmt, besteht nämlick aus zwei durch eine 9 Meter hohe und sehr breite Mauer getrennte Theile, der Tartarenstadt und der Chinesenstadt. Die nördliche Tartaren- oder Mandsckustadt bildet ein nahezu regelmäßiges Viereck, das von einer 23,6 Kilometer langen, 13 Meter hohen und oben 1 l Mcter breiten Mauer, durch welche 9 Thore führen, umgeben ist. Südlich von derTartarenstadt liegt die Chinesenstadl und führen 3 Thore von der ersteren in die letztere. Sowohl Mauern und Wälle, als Thore und Thürme und auch der 18 m breite Graben, der die beiden Städte einschließt, befinden sich in arg zerfallenem Zustande. Die Tartarenstadt besteht auS dem Kingtsckcng, welche gleichsam die äußere an der Um wallung liegende Schale der Stadl bildet. In dieser befindet sich die kaiserliche oder gelbe Stadt, und innerhalb der letzteren wieder die heilige rothe Stadt. Im südöstlichen Theile der äußeren Stadt und hart an der die Tartarenstadt von der Cbinesenstadt trennenden Mauer liegt das diplo matische Viertel mit den deutschen, englischen, französischen, italienischen, japanischen, österreichischen, russischen und amerikanischen Gesandtschastsgebäuden. Obwohl daS Diplo- maten-Ouartier ein ganzes Viereck einnimmt, so ist es doch von einem Gewirre enger Gassen und Gäßchen um geben, so daß die Bertbeidigung wegen der leichten und gedeckten Annäherung des Feindes und deS kurzen Schuß feldes der Vertheidiger sehr erschwert sein dürfte. Die Europäer werden eö aber gewiß nicht versäumen, alle Zugänge zu dem Gesandtenviertel gut zu verbarricadiren, und da sie überdies mit Nepetirgewehren und zahlreichen Schnellfeuergeschützen aus gerüstet sind und hoffentlich genügende MunitionSvorräthe mitgebracht haben, so können sie Wohl mit Zuversicht in die nächste Zukunft blicken. Eine Gefahr wäre nur zu besorgen, wenn etwa Mangel an Proviant eintreten würde, was mit Rücksicht darauf, daß die ganze europäische Colonie von Peking, die allerdings nicht sehr zahlreich sein dürfte, sich nach dem GesandtschastSquartier zurückgezogen haben wird, immerhin möglich wäre. Wassernoth ist dagegen weniger zu befürchten, da gerade in den Monaten Juni, Juli und August sehr aus giebige Regengüsse stattfinden, welche die zahlreichen Teiche -füllen. Eine lange Belagerung wird das Diplomaten-Vicrtel hoffentlich nicht auszuhalten haben und die russischen Truppen rechtzeitig erscheinen, um nicht nur die Fremden, sondern vielleicht anck die staatliche Ordnung in China und die herrschende Mandschu-Dynastie gegen die Wufständischea zu schützen. Nach einer Meldung der „Daily Mail" aus Kopenhagen hat der russische Gesandte in Peking, der auch zugleich Däne mark dort diplomatisch vertritt, dem dänischen Ministerium deS Auswärtigen mitgetheilt, daß die Mächte sich in Bezug auf einen ActivnSplan gegenüber China geeinigt haben. Unter Führung Englands und Rußlands werden nicht nur alle Großmächte, einschließ- lick Oesterreich-UngarnS und Italiens, sondern auch die kleineren Mächte an einer großen europäischen Demonstration theilnchmen. Die kleineren Mächte werden nicht aufgefordert werden, Truppen zu senden, weil schon genug Truppen an Ort und Stelle sind, aber man wird sie ersuchen, zu ge statten, daß ihre Flaggen gehißt werden, so daß unter den vereinigten Flaggen Europas eine Demonstration vorgenommen oder eine Schlacht (!) geschlagen werden Fenilletsn. Aus dem Leben einer Russin. 8j Von CH. v. Fabrice. Nachdruck verboten. Ms Anna Fcodorowna nun an 'das Fenster klopfte, fuhr der Jude empor und blieb, an allen Gliedern zitternd, inmitten des Zimmers stehen. Sein scharfes Gehör unterschied indessen sehr bald, daß es nur eine einzelne Person sei, die Einlaß be gehrte. Das beruhigte ihn. Er öffnete ein wenig das Fenster und lugte in die Dunkelheit hinaus. „Laßt mich ein, ich habe mit Euch zu sprechen", rief Anna Feodorowna. Eine Frauenstimme erkennend, fragte der Jude überrascht hinaus: „Wer seid Ihr und was führt Euch zu dieser späten Stunde hierher?" „Eine Frau, die Euch ein lohnendes Geschäft bringt", lautete die Antwort, auf die hin sich alsbald die Hausthiir öffnete. Auf der Schwelle erschien der sich ängstlich nach allen Seiten umsehende Wirth und musterte dann mit scharfem Blick die Fremde. Anna Feodorowna's mit Schlamm beschmutztes, von Dornen zerrissenes Gesicht, ihre in Fetzen herakchängende bäuerliche Kleidung, ihre zerfchundenen, blutenden Hände und Füße mochten wohl keinen sehr vertrauenerweckenden Anblick gewähren. Dessenungeachtet erkannte der schlaue Hebräer sofort, daß er eine Dame vor sich hatte, und wenn sie in dieser Ver kleidung in der von polnischen Insurgenten wimmelnden Gegend erschien, mußte es eine Russin sein. Er ahnte ein gutes Geschäft, das ihm mit wenig Mühe hundertmal mehr ein bringen mußte, als die elende Schacherei, mit der er sich ge wöhnlich abquälte. Eine unterwürfige Grimasse schneidend, verbeugte er sich deshalb tief vor der Fremden. Als diese seinen demüthigen Gruß als etwas Altgewohntes kaum beachtete, wußte er, daß er sich in seinen Voraussetzungen nicht geirrt hatte und rieb sich vergnügt die Hände. „Gott Abraham's! Eine Dame, «ine Russin!" rief er, sich ein über das andere Mal verbeugend, — „konnte ich ahnen, so hohen Besuch, der ist geworden meiner armen Hütte." „'Laßt das Gerede", unterbrach ihn Anna Fcodorowna mit einer ungeduldigen Handbewegung. „Ich habe mich verirrt, und will sofort in das Lager der Kosacken. Ihr verdient Euch eine reiche Belohnung, wenn Ihr mich selbst als Führer begleiten und ohne Verzug dahin bringen wollt." — Sie ließ bei diesen Worten ein Goldstück in ihrer Hand blitzen, bei dessen Anblick die Augen des Juden gierig funkelten. Dennoch zauderte er noch. Wenn die zu den Insurgenten haltenden Bauern aus der Nachbarschaft von der Sache er ¬ fuhren, konnte es ihm den Hals kosten. Aber er war ein zu schlauer Fuchs, um sich von diesen Tölpeln fangen zu lassen. Augenscheinlich hatte er es mit einer vornehmen Dame zu thun, und wenn er sie rettete, und die Russen blieben im Lande, so war das eine Gelegenheit, viel Geld zu verdienen. Unschlüssig suchend schweifte sein Blick zu der Alten hinüber, die ruhig am Feuer sitzen geblieben war. Diese nickte ihm bedeutsam zu, und so entschloß er sich, der Fremden zu Diensten zu stehen. Nach dem Anna Fcodorowna alle seine Geldforderungen ohne Feil schen bewilligt hatte, konnte sie endlich unter seiner Führung ihren Weg fortsetzen. Inzwischen war es etwas Heller geworden. Der Nebel be gann sich zu zertheilen, und bildete Wolken, zwischen denen nur einige Sterne hindurchschimmerten. Es fiel starker Thau. Der Morgen konnte nicht mehr fern sein. Der sie führende Jude hatte einen schmalen, kaum sichtbaren Fußweg eingeschlagen, unld so ging es noch eine Werst weit immer durch dichten Wald. Endlos schien dieser Weg der nun ängstlich-vngeduldigen, müden Wanderin. Endlich näherten sie sich dem Waldessaume, und fast gleichzeitig trat ein« Feldwache aus dem Gebüsch an den Rand des Weges und ri«f -sie an, das Gewehr im Anschlag. Nachdem sie sich zu erkennen gegeben, gesellte sich ein zweiter Wachtposten zu ihnen und führte sie zu dem Ausgange des Waldes. Vor ihnen, ganz nahe, waren niederbrennende Wacht feuer zu srhen, und rings um dieselben lagerten di« Kosacken. Anna Feodorowna war außer sich vor Freude, als sie endlich ihr Ziel erreicht hatte. Sie winkte mit den Armen und rief schon von fern«: „Zu Hilfe, Soldaten, zu Hilfe!" Man hatte ihren Ruf gehört, und alsbald war das ganze kleine Lager in Be wegung. Die Kosacken sprangen zu ihren Pferden und hielten sich bereit, in den Sattel zu steigen. Ihr Führer war sehr er staunt, als er die elegante Reisende vom vorigen Abend nun in ihrer bäuerlichen Kleidung und in diesem Zustande äußerster Erschöpfung wiederfand. Von der Sachlage unterrichtet, er klärte er sich, trotz der geringen Stärke seiner Abtheilung. so gleich zu einem Versuche bereit, durch einen kecken Ueberfall des Schlosses die Befreiung des gefangenen Staatsraths zu be wirken. Anna Feodorowna, ohne ihrer Erschöpfung zu achten, drängte zum sofortigen Aufbruch. Man hatte ihr einen wärmenden Mantel gebracht und eines der Kosackenpferde vor geführt. Gewandt schwang sie sich in den Sattel. Sie war eine vorzügliche Reiterin und war entschlossen, die Truppe zu begleiten. In wenigen Minuten war das Sammeln fertig, und die kleine Schaar bereit zum Gefecht. Bevor der Marsch angetrcten wurde, nahmen alle Kosacken di« Pelzmützen ab und be kreuzigten sich. Schnell und schweigend trabten die Reiter durch den Wald. Im Osten begann der Himmel sich merklich aufzuhellen, und das grauröthliche Dämmerlicht gestattete bereits, alle Einzelheiten deutlich wahrzunehmen. In der Nähe des Schlosses ange langt, ließ der Leutnant die Pferde unter der Bedeckung einiger seiner Leute zurück, und auf demselben Wege, den Anna Feo dorowna zum Verlassen des Schlosses benutzt hatte, gelangten die Kosacken unter ihrer Führung unbemerkt bis in den Park. Plötzlich tönte ein Gewehrschuß: ein Wachtposten hatte die Russen bemerkt und das Signal zum Kampf gegeben. Mit donnerndem „Hurrah!" gingen die Kosacken sofort zum offenen Angriff gegen das Schloß vor. Eine entsetzliche Verwirrung entstand unter den durch bisse Ueberrumpelung völlig über raschten Polen. Alles lief wild durcheinander. An den schnell erleuchteten Fenstern sah man dunkle Gestalten vorüberhuschen, während Andere sich im Hofe von der Spreu erhoben und in kopfloser Hast hin- und herstürzend, sich vergeblich um ihre Führer zu sammeln suchten. Von allen Seiten krachten ihnen Schüsse entgegen, und bald hörte man einzelne Rufe: „Verrath! Rette sich, wer kann!" — Da stürmten die polnischen Anführer, die der Angriff im sorglosesten Schlummer überrascht hatte, auf >drn von lautem Kampfgetöse erfüllten Hof hinunter, und unter wilden Flüchen versuchten sie, ihre Leute zum Stehen zu bringen und um -sich zu schaaren. Furchtlos hatte Anna Feodorowna die allgemeine Ver wirrung überblickt und mit den ersten Kosacken war sie beherzt über die kleine Wendeltreppe in das Schloß eingedrungrn. Ohne sich um den wiithenden Kampf, Mann gegen Mann, der das ganze weitläufige Ge bäude durchtobte, zu kümmern, unter dem Klirren der auf das Pflaster des Hofes hercrbfallenden Fenster scheiben und dem Krachen der überall aufblihenden Gewehr schüsse, eilte sie schnellen und festen Schrittes nach dem Gemach, in welchem sie ihren verwundeten Gemahl zurückgelaffen hatte. Mußte sie doch fürchten, daß ihr zur äußersten Wuth gereizter Gegner, in dem letzten Augenblicke noch versuchen würde, die Ge fangenen zu ermorden. Diese Stunde der Gefahr rief sie an die Seite des Gatten, um über ihn zu wachen, und, wenn es sein sollte, mit ihm zu fallen. Doch Kraszinski dachte jetzt nicht an seine Gefangenen. Wenn auch seit der letzten Begegnung in Warschau seine alte leidenschaftliche Rachsucht wieder übermächtig in ihm erwacht war, so daß seine Raserei zu jeder anderen Zeit vor keiner Schandthat ihn hätte zurückscheucn lassen, wenn eine solche ihn in den Besitz des von ihm ebenso gehaßten als geliebten Weibes gesetzt hätte, so übte dennoch bei der Gefahr der Seinen, das Gefühl der Verantwortlichkeit seinen strengen und heilsamen Einfluß auch auf ihn aus. Ungeachtet aller seiner Verirrungen und Niedrigkeiten, zu denen ihn sein ausschweifender Lebenswandel geführt hatte, der großen und heiligen Sache seines unglücklichen Vaterlandes war er stets treu geblieben, und sein Herz war ganz dem Kampfe für Polens Freiheit geweiht. Er wußte, daß in dieser Stunde von ihm, dessen kaltblütiger Führung die Insurgenten voll vertrauten,°^er Ausgang des Gefechts und die etwa noch mögliche Rettung der Freischaar allein abhingen. Dies gab ihm seine volle Selbstbeherrschung zurück. In der all gemeinen Verwirrung wußte er eine bewundernswerthe kalte Ruhe zu bewahren und erwies sich selbst in dieser verzweifelten Lage noch als der echte Sohn der kampfesfrohen, altpolnischen Schlachtizen. Einer der Ersten, war er nach dem Hofe geeilt und suchte mit lautschallender Stimme die Freischärler zu sammeln und in Schlachtordnung zu stellen. Doch der Anprall der Kosacken war ein so ungestümer, baß der Kampf hier nur kurze Zeit dauerte. Die Russen warfen sich mit ganzer Wucht auf die Hauptabthcilung der Insurgenten, die sich um Kraszinski unv einige andere Führer geschaart hatte und die Anstürmenden mit einer Salve empfing. Jeder längere Widerstand war un möglich. „Mir nach! Zum geordneten Rückzug!" commandirte eine Stimme. Beider hierauf folgenden zurückweichenden Bewegung lösten sich sofort alle Bande der Disciplin. Die Polin theilten sich nach allen Seiten und strebten, durch die noch herrschende Dämmerung gedeckt, in fluchtähnlichcr Hast den nahen Wald zu erreichen. Nur eine kleine Schaar zog sich geordnet und langsam zurück und bemühte sich durch anhaltenis Feuern, die Flucht der Kameraden zu decken. So erreichte sie den Saum eines kleinen Fichtengehölzes, als eben die Sonne wie «ine große flammende gelbe Scheibe über der dunklen Linie der hohen Waldbäume rmporstieg und ein frischer Morgenwind die schwellenden, weiß lichen Nebelmassen auseinandertrieb. Bei der Schaar dieser Tapferen befand sich KraSzinski. Eine Fahne aufpflanzend, versuchte er in dieser Stellung noch einmal den Widerstand gegen die nachdrängenden Russen zu organi- siren. Der Kampf ward heiß. Ringsum fielen die In surgenten, von den wohlgezielten Schüssen der Kosacken ge troffen, die ihrerseits wenig von den Salven der Polen litten, da die Schlotzbaulickkeilen ihnen treffliche Deckungen boten- Das polnische Häuflein ward kleiner, und dicht gedrängt lagen bald die Tobten und Verwundeten um d«n letzten Vertheidiger der Fahne. Keiner dieser Männer dachte mehr an Rettung. Der Gefahr trotzend, hatten sie zum Sterben das: „Mesners ?o)8lca mezZnwtn*-angeftimmt *); doch immer schwächer tönte *) Ein in diesem Aufstand sich häufig wiederholender Vor gang. Groß« Massen des fanatisirten Volkes, Frauen und Kinder, stimmten dieses Trutzlied selbst noch unter dem Feuer der russischen Kanonen an.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite