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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.07.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000726028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900072602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900072602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-07
- Tag1900-07-26
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Arizetgerr-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4ge» spaltens 50 vor den Familiennachrichtea (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und giffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung tt).—, mit Postbesörderung ^l 70.—. Annahmeschtuß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ei» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz t» Leipzig 378. Donnerstag den 26. Juli 1900. SL Jahrgang. Die Wirren in China. DieOperationen gegen Peking sollen,darin stimmen alle Berichte überein, in den nächsten 14 Tagen beginnen, aber sämmtliche näheren Angaben über die Eröffnung der eigentlichen Offensive erweisen sich als Conjecluren. Das gilt besonders von den aus New Jork gemeldeten, sie sind ausdrücklich von Washington aus demenlirt worden. That- sächlich hängt die Einleitung des NormarscheS von einer ganzen Reihe von Bedingungen ab, die nur die an Ort und Stelle befindlichen Befehlshaber zu überblicken im Stande fein dürften, und die selbst sie nicht n priori stets zu übersehen in der Lage sein können. Daß von Washington der Befehl an den amerikanischen Admiral ergangen, seine College« im Commando der vereinigten Truppen zu möglichster Beschleunigung aller so nöthigen Borbereitungen zu überreden, ist richtig, das aber ist auch Alles! Wenn die Operationen nicht früher beginnen konnten und auch jetzt noch ans sich warten lassen müssen, so liegt das an der unumgänglichen Nothwendigkeit, in allererster Linie für die nöthigen Trans portmittel zu sorgen und zwar an Dschunken und Flössen für die in Tientsin liegenden vereinigten Truppen sowohl, als am Tranöportiren für die auf der alten Kaiserstraße vorrückenden Japaner. Dabei wird der Transport der gar nicht zu entbehrenden starken Artillerie und besonders der schweren Geschütze die größten Schwierig keiten machen, da der Peiho gegenwärtig außerordentlich seicht und von Matou, ja bereits von Tschuang-Tsckeng ab so niedrig ist, daß er kaum noch die leichtesten Flösse trägt. Dazu kommt nicht nur, daß diese Flösse, mit schweren Ge- schlltzstücken beladen, nur zu leickxt auffahren könnten, sondern daß die Chinesen selbst den Fluß an verschiedenen Stellen nach scheinbar zuverlässigen Berichten gesperrt haben. Davon, schwere Artillerie durch die weite Morast-Ebene von Tientsin nach Peking über Land zu schaffen, kann gar keine Rede sein. Fast dasselbe gilt von der nicht weniger entbehrlichen Cavallerie. Die Japaner sollten bereits am 1. August von Tschang- Hai-Kuan aus an der chinesischen Mauer entlang ihren Bor marsch über Tsung-Hua beginnen, aber auch dieses Dalum dürfte nicht eingehalten werden können und der Aufmarsch der angeblich 15 000 japanischen Enisatztruppen nicht vor Ende der ersten Augustwoche vollendet sein. Dort wartet man auf die Ausschiffung der nöthigen, überaus zahlreichen Transport- thiere, besonders Maulesel. Die Japaner aber müssen, da sie die dreifache Wegstrecke nach Peking zurückzulegen haben, als die von Tientsin aus operirenden vereinigten Truppen, noth- wendig früher aufbrcchen, um rechtzeitig eingcciscn zu können. Das ist um so nothwendiger, als nach den neueste» Angaben die Truppen der Vereinigten sich am Peiho einer zehnfachen, wenn nicht noch größeren Uebermacht gegenüberseheu würden, der überdies eine mindestens gleichwerthige, numerisch wahr scheinlich überlegene Artillerie zur Verfügung steht. Ebenso muß damit gerechnet werden, daß auch die Japaner schon im ersten Stadium ihres Vormarsches auf Widerstand stoßen und das umsomehr, als die Straßen, welche ihnen zur Ver fügung stehen, sei es nun der alte Hcerweg über Tsun-Hua, oder die Route über Jung-Ping, durch stark gebirgiges Ge lände führten, welches leicht zu vcrlheidigen ist und in ihrem ersten Drittel vom Lao-mu-bo-Flusse durchquert wird, dessen Uebergang ein chinesisches Heer dem vordringcnden Gegner leicht streitig machen könnte. Aus London, 25. Juli, früh schreibt man unS: „DaS Schreiben Sir Claude Macdonald's hat den Glauben daran, daß die Gesandten in Peking noch am Leben sind, hier keineswegs bestärkt. Ganz im Gegentheil. Schon das Datum desselben, der 4. Juli, sprach dagegen (bekanntlich sollte die Zerstörung, der britiscben Gesandtschaft in ter Nacht zum 7. erfolgt sein), und die Tbalsache, tag der Ueberbringer dieses Briefes volle 17 Tage gebraucht hat, um die kurze Strecke von Peking nach Tientsin zurückzulegen, waS em guter Läufer bequem in 24 Stunden lhun kann, machte auch dieses „Lebenszeichen der Tootgeglaubten" nur nach um so verdächtiger. Selbst in Downing Street ist das Mißtrauen gegen die heutigen Machthaber Cbinas so lief eingewurzelt, daß man in dem plötzlichen Eintreffen des Boten Macdonald's nur ein weiteres Symptom jener Bestrebungen der gegenwärtigen Pekinger Negierung siebt, die Lage zu verwirren, und deshalb anzunehmen geneigt ist, daß auch dieser Brief, gerade wie die vorangegangenen Depesche» bis jetzt von den chinesischen Behörden zurückbehalten und plan mäßig gerade in diesem Augenblicke zur Beförderung gelangte. Auch der Inhalt dieses zweiten Notbschreies (es war gerade ein Monat verflossen, seit der erste verzweifelte Hilferuf Sir Robert Harts zu uns gedrungen) bestätigt eher die schlimmsten Befürchtungen, als daß er unsere Hoff nungen neu zu beleben vermöchte. Dieselbe Auffassung herrschte in der Lobbe des Unterhauses und in den Wandelgängen der Lords. Ich begegnete dort kurz vor Schluß der Sitzung dem ersten Sekretär einer der maßgebendsten Personen des Auswärtigen Annes, der mir die dort herrschende Auffassung in folgenden Worten resumirte: „Den Wendcpunct in ter Haltung der Pekinger Negierung, wer immer augenblicklich deren Träger sein mögen, führte offenbar Japans Weigerung herbei, sich mit China gegen die West Mächte zu verbinden. Besonders die Kaiserin und Li habe» seit längerer Zeit ibre Hoffnung auf eine Verbindung mit Tokio gesetzt und dabei, was gerade jetzt nickt vergessen werden sollte, besonders Prinz Ching's Unterstützung gesunden. Auch Inng-lu ließ sich für diesen Plan gewinnen, der bekanntlick seiner Zeit scheiterte. Daß man jetzt im Kaiser-Palaste auf diesen Plan zurück griff, erscheint ebenso natürlich, wie es kaum einem Zweifel unterliegt, daß die Kaiserin-Wittwe ebenso wie chre Umgebung, und zwar Mandschuö wie Chinesen, die Boxerbcwegung gern benutzt bällen, um sich ein- für alle mal von der drückenden Bevormundung und der Controle der Großmächte zu befreien. Hätte Japan sich mit China gegen uns verbunden, so würde die Kaiserin zu allerletzt daran gedacht haben, ein Compromiß zu suchen. Ist die Absage des Mikado rechtzeitig in Peking eingetroffen, so ist es nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich, daß die Kaiserin und selbst Prinz Tuan, jedenfalls aber Ching und Jung-lu, sofort die Nolbwcndigkeit erkannt, das Acußerste zu verhüten, um nicht die Existenz der Dynastie selbst auf das Spiel zu setzen, und da würde es das Erste gewesen sein, daß sie alle oder wenigstens einige vonihnenden Versuch machten, die Gesandten zu retten, die sie vorher unthälig der Wuth des aufständischen Pöbels preisgegeben. Das Eintreffen unseres Telegramms, Lord Salisbury kalte die Träger der Pekinger Regierung persönlich verantwortlich für das Leben der Gesandten, kann diese Tendenz nur verstärkt haben. Möglich ist, daß eS darüber zu einem offenen Bruch zwischen den ver schiedenen Strömungen gekommen ist. Ob heute in Peking eine Doppelregierung besteht, wissen wir nicht, aber N weiß das offenbar gerade so genau, wie Liu; beide sagen uns nur, was ihnen geeignet erscheint. Li's Berufung nach Peking erfolgte erst nach jener Wendung. Jetzt scheint eine Zwischen pause eingetreten: Man wartet in Peking und Shanghai auf die Wirkung der Beruhigungstelegramme und den Erfolg der Vermittelungsgcsiiche." ^.Äl.O. Daö französische ExpeditionScorpS in China besteht ans zwei Marineinfanterieregimentern von je 1800 Mann Stärke, 4 Batterien Marine-Artillerie sowie Pionier-, Telegraphen- und Sanitätsabtheilungen. Eins dieser Regimenter befand sich bereits in Indo-China, während daö andere und die Artillerie auf den Transportdampfern „Nive", „Cachar" und „Colombo" von Toulon aus ab gegangen ist. Die Pionier- und Telegraphenabtbeilungen werden mit dem Dampfer „Vinh-Long" befördert. Für jedes Geschütz wird Munition für >30 Schuß an Bord genommen; jeder Infanterist erhält 122 Patronen. Als Reserve werden 2100 Geschützmunition, 500 Gewehre und eine Million Gewehrpatronen theilweise an Bord der „Vinh-Long" und theilweise auf der „Nive" cingeschifft. * Neapel, 25. Juli. Ter Dampfer „Preußen" mit dem Vorcommando des deutschen ostasiatischen Expeditionscorps ist heute Nachmittag hier eingetroffen. Der deutsche Consul, sowie Spitzen der Behörden statteten dem Transvortsührer einen Besuch an Bord ab. Die „Preußen" setzt Abends 9 Uhr die Reise fort. * Nom, 25. Juli. Wie der „Agenzia Stefani" aus Shanghai gemeldet wird, gab Li-Hung-Tschang dem italienischen Consul die Versicherung, daß die Mitglieder der Gesandtschaften in Peking wohlbehalten seien und daß die chinesische Regierung Vorbereitungen treffe, um dieselben unter Geleit nach Tientsin zu befördern. * Petersburg, 25. Juli. Nach Ansicht des Generalstabes muß sich die Schntzwacht aus der Bahnstrecke zwischen Charbin und Telin in peinlicher Lage befinden, da keine sicheren Nach- richten von ihr vorliegen. Man weiß nur, daß die Frauen und Kinder der Arbeiter nach Charbin geflohen sind, wo sich der Haupt- ingenicur Zugowitsch und General Gcrngroß befinden. Die Be fürchtung einer Gefahr ist um so begründeter, als das 200 Mann starke Detachement schon Ende Juni von etwa 15000 Chinesen mit Artillerie bedroht wurde und am 17. Juli noch nicht in Charbin oder am Jungaui-Flusse angelangt war. Man befürchtet, daß es aufgericben worden ist, oder große Verluste er litten hat. * Petersburg, 25. Juli. Oberst Artamonow, welcher früher im Auftrage des Gcneralstabes Abessynien bereiste, ist nach Kwantung commandirt und dem Generolgouverneur von Port Arthur zur Verfügung gestellt worden. — Viceadmiral Alexejew meldet aus Tientsin vom 17. Juli: Aus der Stadt Schaitschen wurden unsere Truppen beschaffen, 8 Ange- hörige der Schutzmache wurden verwundet. — Ein Telegramm des Generals Sacharow berichtet aus Michailo-Semenows« kaja vom 22. Juli, er sei im Vormarsch begriffen und habe den befestigten Posten von Louscki beschossen, die Garnison sei geflohen, der Posten und der Wall sei zerstört worden. — Nachrichten aus Chabarowsk vom 22. Juli besagen, daß die russisch-chinesische Bankfiliale in Charbin bis auf Weiteres geschlossen und daß alle Werthe derselben nach Wladiwostok überführt worden seien. * Parts, 25. Juli. Das Schreiben des Kaisers von China an den Präsidenten Loubet, welches am 19. d. Mts. telegraphisch durch den Gouverneur von Schantung übermittelt und im Ministerrathe am 21. d. Mts. vorgelegt wurde, lautet: China ist seit mehreren Jahren durch Bande der Freundschaft mit Ihrem ehrenwerthen Lande verknüpft. Alle Angelegenheiten, welche unsere Beziehungen hinsichtlich der Grenze gegen Kuangsi und Aünnau be trafen, wurden auf versöhnlichem Wege erörtert und geregelt. Es sind keine Beschwerden zwischen uns vorhanden. Als kürzlich zwischen der Be- völkerung und den Christen Feindseligkeiten ausbrachen, benutzten aufrührerische Leute aus dem Volke die Gelegenheit, um Plünderungen zu begehen, woraus folgte, daß die fremden Nationen den Verdacht hegten, der Hof beweise Parteilichkeit gegen die Bevölkerung und sei argwöhnisch gegen die Christen. Sodann wurde ein Angriff auf die Forts von Taku gemacht und dieselben wurden genommen. Hieraus erfolgte ein militärisches Vorgehen und es ereigneten sich unglückliche Vorfälle, Lurch welche die Lage immer verwickelter und gefährlicher wurde. Da wir glauben, daß im Bereich der internationalen Beziehungen Chinas zum Auslande Ihr ehrenwerthes Volk die herzlichsten Beziehungen zu China unter hält und da China durch die Umstände dahin gelangt ist, daß es sich den Zorn der ganzen Welt zugezogen hat, können wir, um diese Schwierigkeiten beizulegen und diese Verwickelungen zu lösen, nur aus Ihr ehrenwerthes Land rechnen. Deshalb öffnen wir Ihnen unser Herz in aller Aufrichtigkeit, legen Ihnen unsere innersten Ge fühle Lar und richten au Sie mit vollem Freimuthe dieses Schreiben einzig und allein in der Hoffnung, daß Sie das Mittel finden werden, die Dinge zu ordnen und daß Sie die Initiative ergreifen werden, die gegenwärtige Lage wieder umzugestalten. Wir bitten Sie, uns eine wohlwollende Antwort zugehen zu lassen, die wir mit der größten Unruhe erwarten. * London, 26. Juli. „Daily Mail" berichtet auS Shanghai vom 25. d. M.: Admiral Seymour und General Gaselee sind am 24. d. M. in Wei-hai-wei eingetroffen. Nach einem Tele gramm der „Daily News" aus Niutschwang ist am 16. Juli die Bahnlinie zwischen Liaoyang und Mulden und zwischen Mulden und Tjeling, sowie die Locomotiven und das rollende Material zerstört worden. „Standard" erfährt auS Shanghai unter dem 24. Juli: Ein hoher chinesischer Beamter in Peking habe am 9. Juli an seine Verwandten in Shanghai ein Schreiben gerichtet, worin es heißt, daß infolge der ständigen Kämpfe nur noch etwa 300 Personen in den Gesandt schaften am Leben seien. — Nach einer Meldung der „Daily Mail" ist ein chinesischer Dolmetscher aus der britischen Gesandtschaft in Peking nach Niutschwang entkommen. Dieser erzählt, daß, als er Peking verlassen habe, dieMehrzahl der Mitglieder der Gesandtschaften todt und die Lage der noch Lebenden hoffnungslos gewesen sei. Sir Robert Hart sei am 2. Juli gestorben. Meldungen der „Times" aus Shanghai zufolge ist dort am 25. Juli aus Niutschwang die Nachricht cingegangen, daß die Russen sich 15 Meilen östlich vom Hafen concentriren. Cie warteten indessen noch Verstärkungen ab, ehe sie aus Mulden über Haitschang und Liao yang vorrücken würden. Die Boxer hätten nunmehr auch aus der Strecke Schanhaikwan - Kiautschau die Brücken zerstört. „Daily Telegraph" berichtet aus Canto» unter dem 24. d. MtS.: Der stellvertretende Vicekünig von Taksu veröffentlicht eine Bekannt machung, in der der Wortlaut des kaiserlichen Tecrets vom 23. Tage des 6. Monats angegeben ist; das Decret lautet: „Wir haben Tientsin verloren. In Peking werden große Vorbereitungen getroffen. Ter Friede kann nicht erlangt werden, wenn wir nicht zuvor aus dem Krieg bestehen. Wir fürchten, daß die Vicekönige und Frrsttleton» 8s Graf Egon's neue Nachbarin. Novelle von G. von StokmanS (Germains). Nachdruck vrrdolcn. Die Sache ging ihm unausgesetzt im Kopfe herum und be schäftigte «ihn mehr, als seine, rein äußerlichen Beziehungen zur Baronin, eigentlich rechtfertigen. Als nun auch der Professor wieder von ihr zu schwärmen begann und er gewahrte, daß selbst die wechselnden Eindrücke des vielbewegten Berliner Lebens nicht im Stande gewesen waren, ihr leuchtendes Bild in der Erinnerung der drei Freunde verblassen zu lassen, und er auch von ihnen wieder nur das hörte, was mit den, sich ihm jetzt aufdrängenden Vorstellungen so gut harmonirte, wurde ihm die Ungewißheit beinahe zur Qual. Er konnte uud wollte der selben ein Ende machen und suchte deshalb unter einem Vor wand den Grafen Bohlen auf, von dem der Rittmeister gesagt hatte, daß er über die betreffenden Personen und Verhältnisse genau unterrichtet sei. Ein Uebergang vom allgemeinen zu dem bewußten Thema fattd sich sehr bald. Graf Egon brachte selbst das Gespräch auf den rothen Dänen, wie Butenop im Club genannt wurde, und fügte dann hinzu: „In unserer Gegend, auf dem Gut meines Bruders, wohnt seit Jahresfrist eine Baronin Scram, die von ihrem Gatten ge schieden ist und in größter Zurückgezogenheit lebt. Glauben Sie, daß sie identisch sein kann mit der einstigen Baronin Butenop?" »Ich Zweifle keinen Augenblick daran", meinte der Andere. „Der Name Butenop ist ihr nach Allem, was sie durchgemacht hat, verhaßt, und da die Familie einen Doppelnamen führt und ihr Niemand verwehren kann, sich nur Scram zu nennen, hat sie sicher diesen Ausweg gewählt. Obgleich sie das Urtheil der Welt wahrhaftig nicht zu fürchten, scheint sie ihre Spur möglichst verwischen zu wollen, und, wie jede fein empfindende Natur Neugier und Mitleid ebenso zu fürchten hat, wie Andere die üble Nachrede einer boshaften und klatschsüchtigen Menge." „Und sie hat wirklich viel gelitten durch den Mann?" „Unglaublich viel, und mit einer Würde, einem Heroismus, der in der Gesellschaft die höchste Bewunderung erregte. Erst all ihr einziger Bruder, ein eleganter, lebensfroher, liebens ¬ würdiger Mensch, der Butenop zur Rechenschaft gezogen hatte, in dem unseligen Duell fiel, brach sie zusammen." Graf Egon nickte: „Ich hörte davon, aber wie kam sie iiber- überhaupt dazu, diesen rohen Menschen zu heirathen?" Bohlen zuckte die Achseln. „Was weiß ich? Wahrscheinlich aus Unerfahrenheit und jugendlichem Unverstand. Sehr junge Mädchen halten ja mit unter das, was wir sofort als Brutalität erkennen, für Kraft und echte Männlichkeit und lassen sich dadurch imponiren. Viel leicht war er zuerst auch nicht so schlimm. Wenn sie Eltern gehabt hätte, wäre sie vor dem Unglück dieser Ehe doch wohl bewahrt geblieben." „Und das Kind — was ist aus dem Kinde geworden?" „Ah", meinte Bohlen, „davon wissen Sie auch?" Graf Egon wurde fast verlegen, aber er brauchte ja hier nicht anzugeben, «us welchen Quellen er seine Wissenschaft ge schöpft hatte, und so sagte er zögernd: „Nicht wahr, es war ein Mädchen — Rosi mit Namen?" »Ja, so hieß sie, und besonders hart erschien es den Freunden der schwer geprüften Frau, daß man ihr die Kleine nahm zu einer Zeit, wo sie derselben gerade am meisten bedurfte." „Nach ihrer Scheidung?" „Nein, schon während derselben, aber sie selbst wollte es nicht anders. Als der Vater sich zum zweiten Male verheirathete —" Graf Egon war so erregt, daß er die gebotene Höflichkeit ver gaß und den Anderen unterbrach. „Aber er hat ja gar nicht wieder geheirathet", sagte er schnell. „Rosi's Vater?" — „Ja — natürlich." „Doch, ich kenne die zweite Frau sogar. Sie ist eine Freiin von Angerstein, und das Paar wohnt jetzt in München —" „In München?" wiederholte Graf Egon „— ich bitte Sie — Baron Butenop ist jetzt doch hier!" „Gewiß, aber was hat das mit der Sache zu thun? Wir reden doch nicht von ihm, sondern von Rosi's Vater, dem Lega tionsrath von Dohlenbeck. — Er war früher in Rom und verlor seine erste Frau, ein blutjunges, reizendes Geschöpf im Wochen bett. Verwandte, welche sich des Kindes annehmen konnten, waren nicht vorhanden, die italienischen Dienstboten unzuver lässig, und so übernahm die Baronin Scram, die damals mit Dohlenbeck's in einem Hause wohnte, die Pflege des Kindes. Sie war ihm fünf Jahre hindurch die gewissenhafteste, zärtlichste Mutter, und Niemand dachte, daß die Beiden sich trennen würden. — Sobald aber Dohlenbeck wieder eine Frau und eine Häuslichkeit hatte, hielt die BaroNin es für richtiger, ihnen das Kind zurückzugeben, — und sie hat ihren Willen durchgesetzt, — wie schwer es ihr auch geworden sein mag." Graf Egon schwieg. Also auch dieses Räthsel war gelöst, und je mehr er von seiner neuen Nachbarin erfuhr, um so mehr stieg seine Achtung vor ihrem Charakter, ihrer Auffassung und Handlungsweise. Nein, wahrlich, sie brauchte die Wahrheit nicht zu scheuen, sie hatte nichts zu verbergen und zu verhüllen, außer den Wunden, die man ihrem Stolz und ihrem Herzen geschlagen, und die Trauer, die sie an den Tag gelegt hatte, galt wirklich dem Bruder, nicht dem Geliebten. Ganz beschämt kehrte er in seine Wohnung zurück, und als er am nächsten Tage wieder mit seinen Freunden, Professor Sietze, Hans Dude und Werner Schacht, zusammentraf, erzählte er ihnen die Leidensgeschichte der Baronin. Es wurde ihm das nicht leicht. Fast eine Entweihung schien es ihm, von dem zu reden, was sie so nahe anging, selbst Jenen gegenüber, die an sie geglaubt hatten von Anfang an, aber er meinte, ihr diese Genugthuung schuldig zu sein, und stellte nun Hre Vorzüge ins hellste Licht- Wenn er ihr früher auch nicht durch Worte geschadet, nicht direct ihren guten Ruf an gegriffen hatte, die Zweifel, die er in Bezug auf ihre vor wurfsfreie Vergangenheit heimlich gehegt, waren durch sein ab lehnendes Betragen, sein spöttisches Lächeln, doch mehr oder weniger zu Tage getreten, und er fühlt« sich schuldig ihr gegen über, wenn auch nur vor dem Richterstuhl seines eigenen Ge wissens. In dieser Stimmung kehrte er nach Schollen zurück, aber auch hier hatte das Bild sich inzwischen verändert. Gräfin Gabriele, die eine sehr auSgebreitete Correspondcnz besaß, weil sie einmal angeknüpfte Beziehungen, die irgend einen Vortheil für die Zukunft versprachen, unter allen Umständen aufrecht erhielt, hatte dieselbe benutzt, um ihrerseits Erkundi gungen über die neue Nachbarin einzuziehen, und ihren Zweck damit auch vollkommen erreicht. Sie stellte in ihren Briefen nie eine directe Frage nach dieser Richtung hin, denn erstens konnte diese Frage an sich schon als Mißtrauensvotum aufgefaßt und eventuell übel vermerkt werden, und zweitens wußte sie ja auch nicht, wo sie den Hebel ansehen sollte. Aber die Welt, die sogenannte „große" Welt, ist ja so klein — irgendwo — das war mit Sicherheit anzunehmen —, würde der ausgeworfene Haken hängen bleiben, und so ließ sie nur mit größter Conse quenz in ihre Briefe die beiläufige Bemerkung einfließen, daß eines ihrer Schlösser jetzt von einer Fremden, einer Baronin Scram, bewohnt werde, die von ihrem Gatten geschieden sei und sich wohl auf das Land zurückgezogen habe, — um zu vergessen. Wenigstens lehne sie jeden Verkehr fürs Erste ab, und dies set um so mehr zu bedauern, als sie, nach Auftreten und Erscheinung zu urtheilen, vielleicht eine werthvolle Errungenschaft für die Gegend sei. Auf diesen Passus reagirten zwei Personen, und zwar fast gleichzeitig: ein entfernter Vetter der Gräfin, der als Militär attache in Paris gewesen war, und die Fürstin Palm-Rodenstein, eine sehr streng denkende, unbestechliche alte Dame, deren Urtheil für ganz besonders scharf und treffend galt. Beide sagten das selbe, beide bekundeten nicht nur Mitleid, sondern die größte Hochachtung und Bewunderung für die junge Frau, und die Fürstin legte dieselbe der Gräfin sogar warm ans Herz. Sie schrieb: Es ist Ihre Pflicht, liebste Gabriele, sich der Baronin anzunthmen. Ihre ablehnende Haltung darf Sie nicht abschrecken. Nach Allem, was ich Ihnen von ihrem traurigen Vorleben erzählt habe, werden Sie es natürlich finden, daß sie zuerst vor jeder Berührung mit Fremden zurückscheut, daß sie sich ganz ihrem Leid und ihrem Kummer hingcben will. Aber das 'darf nicht sein. Sie ist noch jung, sie kann wieder froh und glücklich wepden. Eine feste Hand muß sanft und liebreich in ihr Schicksal eingreifen, ihr neue, sonnige Wege weisen und zwischen Vergangenheit und Zukunft eine Brücke bauen, die sie beschreiten kann. Dann wird sie nicht vergessen, denn das ist unmöglich, aber mit der Zeit überwinden, und Sie, liebe Gabriele, werden viel Freude und Anregung von ihrem Umgang haben. Darf ich Sie bitten, ihr meine herzlichsten Grüße zu überbringen?" Dieser Brief gab den Ausschlag. Schon der Wunsch, sich die Fürstin zu verpflichten, hätte Gräfin Gabriele veranlaßt, der Weisung zu folgen, hier kamen aber noch ihre eigenen Interessen ins Spiel, und wenn es galt, dieselben zu fördern, so kannte sie kein Zögern und keine Schwierigkeit. Die Baronin Scram war nicht nur jung, interessant und hübsch, sie war auch wirklich reich, und dieser Vorzug, der für die Gräfin eine große Anziehungskraft besaß, weil sie sich der Macht des Geldes bewundernd beugte, gab ihr in diesem Falle noch besonders zu denken. Ein Plan reifte in Ihrer Seele heran — zuerst von allerlei Bedenken im Wachsthum behindert —, nun aber, da sie auch über die fleckenlose Vergangenheit, den guten Ruf der Baronin Gewißheit erlangt hatte, sich fröhlich zu fester
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