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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.07.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190107071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010707
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010707
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-07
- Monat1901-07
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.07.1901
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BezugS-PreiS w der Hauptexpedition rder den im Stadt» bezirk und den Bororten errichteten AuS» qabestellen abgeholt: Vierteljährlich ^l 4 80. bei zweimaliger täglicher Zu ne klung in» Hau» ^l K.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. s. Man abonntrt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bet den Postanstalten in der Schweiz. Italien, Belgien, Holland, Luxem» bur-, Dänemark. Schweden und Norwegen, Rügland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch dl« Expedition diese» Blatte» möglich. Di« Moraen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, di« Abend-AuSgabe Wochentag» um Ü Uhr. Nr-action und Lrpeditiou: Johannisgasse 8. Filialen: Alfred Sahn vorm. O. Klemm'» Gortim. Unrversitätsstraße 3 (Paulinum), «out» Lösche, Aatharinenstr. 14, part. und KüntgSplatz 7. Nip)igcrTageblatt Anzeiger. Aintsölatt des Königlichen Land-, und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Nolizei-Ärntes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 78 H, vor den Familiennach» richten («gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechen» höher. — Sebübren für Nachweisungen und Offertenannayme SS (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesürderung 70.—. Almahorrschlnß für Anzeige»: Tb end-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgeu-Tu»gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei de« Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet» au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» nnunterbrocheu geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 341. Sonntag den 7. Juli 1901. 95. Jahrgang. Aus der Woche. DiesEinführung der Rückfahrkarten mit 45tägiger Dauer ist vom Publicum begreiflicher Weise ohne Vorbehalt begrüßt worden. In politischen Kreisen aber hat, bei unS ebenso wie in Bayern, die Art der Einführung einiges Be denken hervorgerufcn. Ist doch das Schwergewicht der preußi schen Eisenbahnen in überaus drastischer Form zur Geltung gelangt: das Vorgehen des preußischen Eisenbahnministers al» solches genügte, um binnen 48 Stunden die sächsische und die süddeutschen Eisenbahnverwaltungen sammt der mecklenburgischen zur Nachfolge einfach zu zwingen. Daraus erwachst anscheinend für keinen der betheiliglen Bundesstaaten ein erheblicher Schaden; indessen sind die Befürchtungen, daß die preußische Eisenbahn-Majestät den übrigen Bundes staaten einmal unbequem auf den Geldbeutel drücken könnte, nicht von der Hand zu weisen. Die parteipolitische Ausbeutung de» Leipziger Bank bruch« steht in voller Blüthe. Abgesehen von der „Deutschen Agrarcorrespondenz" de« Herrn Klapper ergeht sich die socialdemokratische Presse in Versuchen, auS der beklagenswertheu Katastrophe durch Verallgemeinerung Capital zu schlagen. „In der Periode des Krachs", schreibt ;. B. die „Sächsische Arbeiterzeitung", „krankt die kapitalistische Herr lichkeit in ihren Grundfesten; eS gilt dann, mit gesammelter Kraft gegen sie vorzustoßen, um denZusammenbruck zu beschleunigen." Ständen wir wirklich in der Periode eines allgemeinen Krachs, so wäre die Hoffnung auf die Stoßkraft der Socialisten erst recht eitel. Denn solche Zeiten pflegen dieser Stoßkraft lehr abträglich zu sein. Zum Glück aber sind wir, die stark« Ab schwächung der Conjunctur ohne Weiteres zugegeben, von einer allgemeinen WirthschaftSkrisiS doch weit entfernt. Was wollen die gegenwärtig eingetretenen Fallissements bedeuten im Vergleich mit den 400—500 Bankrotten, die bei der amerikanischen Krisis von 1893 wöchentlich gezählt wurden? Daß unsere Nachbarn jenseits der Vogesen ihrer Schadenfreude und ihren Entstellungüküristen iu Sachen der wirthschaftlichea Lage Deutschland« freien Lauf lassen, wird Niemand in Erstaunen setzen. Ei» moralische« Recht dazu haben sie natürlich nicht im Geringsten. Es sei nur an die „Union g6nörale" erinnert, über die Professor Herkner »n seiner Abhandlung „Krisen" lehrreiche Angaben macht. Der Gründer dieser Gesellschaft, Eugöne Bontoux, fand bei seinem angeblichen Streben, die Herrschaft der Rothschildgrnppe zu brechen, die ausgiebigste Unterstützung der klerikalen Parteien Frankreichs und Oesterreichs. Der Schwindel bestand in der Hauptsache darin, daß die Gründungen der „Union gönörale" ihre eigenen, nicht voll eingezahlten Actien aufkausten, dadurch eine künstliche Hausse berbeiführten uud diese , zu Emissionen neuer Actien benutzten. Um für da« der „Union" zu strömende Capital Verwerthung zu finden, wurden in fieberhafter Hast zahlreiche Versicherungsgesellschaften, Gaswerke, TranSportunleryehmungen, Kohlenbergwerke ge gründet oder übernommen. Auch brachte man mehrere Zeitungen an sich, damit dem Publicum eine vor- theilhafte Meinung über di« Unternehmungen der „Union" eingetrichtert würde. DaS luftige -Gebäude kam zuerst zu Lyon ins Wanken. Ein Consortium reicher Leute zeichnete 32 Mill. Francs zur Hilf-action, konnte aber den Zusammenbruch nicht aushalten. Am 29. Januar 1882 stellte die „Union" ihre Zahlungen ein; die Directoren Bontoux und Feder wurden verhaftet, mußten aber sreigegeben werden: sie hatten nur baö französische Actiengesetz, das den Ankauf eigener Actien gestattete, völlig auSgenützt.... »» Die Annahme der Gewerbeordnungs-Novelle durch den BundeSrath bat der Socialdemokratie ein charakteristi sches Geständniß entlockt. Das Dresdner Socialistenblatt er klärt nämlich die Annahme der Novelle durch den Bundes rath für eine „zweifellose Niederlage der Scharfmacher, die in den letzten Tagen vor der Entscheidung Alles aufgeboten haben, um den Entwurf zum Scheitern zu bringen". — Und über einen „Klage" - Artikel eines „Scharfmacher" - Blattes spottet da» Socialistenorgan: „Die verbündeten Regierungen baden natür lich die Aufgabe, im Fahrwasser der Scharfmacher zu schwimmen und auf dem politischen Markte nür mit dem Centralverbande der Industriellen Geschäfte zu machen. Für 12 000 kann man doch da« verlangen." So macht sich jetzt über die Mutbmaßung einer Abhängig- keit der Regierung vom Centralverbande deutscher Industrieller wegrn der 12 000 ^t-Affäre dieselh« Presse lustig, die gar nicht eifrig genug den Glauben an eine der artige Abhäugigkeit Hervorrufen konnte! Noch al« der Abg. Möller da« Handelsministerium übernahm, wurden von der socialdemokratischen Presse gegen da« „Ministerium de« Centralverbande«" dir gröbsten Verdächtigungen geschleudert: jetzt spottet eben jene Presse ihrer selbst „und weiß nicht wie" i Der „Vorwärts" freilich macht eine — köstlich« — Ausnahme. Während fern Dresdner „Bruderorgaa" die obige Selbstvcrhöhnung an eine wörtlich abgedruckte Auslassung eines „Scharfmacher'-Blatte» anknüpft, erzählt der ..Vorwärts" seinen Lesern, daß di« Scharfmacher nach der Annahme der Novelle durch den BundeSrath „mäuschen still" geworden seien und „kein Scheltwort" darüber wagten. Angesicht« dies,« „jähen verstummen«" (!) erhebt sich bei dem Centralorgan der deutschen Socialdemokratie der Verdacht, das v,r „ganze Spectakel" gegen die Novelle „nur rin Kunstproduct", nur „der Mantel um so zärtlicherer anstößiger Liebe" zwischen Ministerium und Ceniralverbaud war! Ja, e« if: ein erleuchteter, feiner politischer Kopf — dieser Spiegel berg „Vorwärt»!" Wie lieblo» von dem Dresdner „Brudrrorzan", gegenüber dem Chef Spiegelbrrg den „Stockfisch" Roller zu machen, d. h» in di« centralorgauischt Supp« unbedacht hiaeinzuspuckinl Die Wirren iu Lhiaa. England und Frankreich t« Htntertudte» nnd Tüdchina. Au» Kalkutta, 12. Juni, schreibt man tm»:> Falls di« Nachricht, daß die Fran»ol»n -«bsichttgen, rin« 46s Kilometer lang« Eisenbahn von chvea vefibmi^en m Hmter- Mdren nach Mnan zu bau«», sich bestätigen sollte, so ist wohl mi Sicherheit anzrnrehmen, daß di« hiermit inaugurirte Politik in England auf einen Gegenstoß stoßen wird. Sicher ist, daß in England eine starke Partei existirt, die unter dem Einflüsse der Lehren des Chimrreisenden Archibald Colquyun, der bekanntlich in« Landreise von Peking nach Ober-Birma glücklich durchge- ührt hat, Uünan für die Engländer reclamirt. )üwan (und das östliche Tibet) ist vir Brücke, durch di« England einen indischen Besitz mit dem Mmgtsekiang verbinden kann, in dem es, zu Lande vor dringend, am oberen Nangtse festem Fuß fassen kann. Die hier skizzirt« Politik ist so geradezu ein« Pflicht der Selbsterhaltung für England, daß kaum anzunehmen ist, daß es ruhig zusehen wird, wie Frankreich in Mnan festen Fuß faßt, um dann, langsam nach Westen vorwärts marschirend, die Eng länder vom oberen Pangtse abzudrängen. Von dieser Seite ist die Nünanfrage noch kaum beleuchtet worden. Hierbei ist es gleichgiltig, ob Mnan wirklich das reiche Land ist, als das es allgemein gilt. Fest steht wohl, daß Mnan ein ganz außer ordentlich gebirgiges, stellenweise alpines Land ist, das zum größten Theile noch mit dichtem Urwalde bestanden ist. Eine extensive Landwirthschaft ist daher unmöglich und wird auch nur in geringem Maße betrieben. Dagegen soll Mnan ungeheuer reich an Mineralien sein. Ob dem so ist, mag dahingestellt bleiben, die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß dieser Mineral» reichthum ganz erheblich überschätzt wird. Sehen wir nun» 'was England bisher gethan hat, um sich Mnan eventuell zu sichern, so kann man von mehreren wiffen- chaftlichen Expeditionen, die vor der Annexion von Ober-Birma erfolgten, und durchweg fehlschlugen, absehen. Allein, nachdem Ober-Birma dem indischen Kaiserreiche einverleibt worden, war eine sichere Basis geschaffen, von der aus Mnan leicht zu erreichen ist. Ober-Birma ist eingestandenermaßen hauptsächlich darum anmectirt worden, damit die Franzosen verhindert würden, sich am oberen Jrawaddr festzusehen. Die nordöstliche Grenz« des indi- chen Kaiserreiches bildet kern« natürliche, leicht zu Vertherdigende Linie, wie etwa di« Grbirgsländer westlich des Indus, sondern ist nur dadurch geschützt, daß die Chinesen den jenseitigen Theil I»alten. Befände sich dagegen eine europäische Macht, insonder heit die Franzosen, im Besitze des an Birma angrenzenden TheilrS von Mnan, so wär« damit eine ständige Bedrohung des englisch-indischen Besitzes geschliffen. Nach der glänzend durchgeführt«» Pacifikation von Obtr- Zirma galt eS vor Allem, dos Land durch Eisenbahnen zu er- chließen, die jetzt schon, kaum 15 Fahre nach der Annexion, in einer Läng« von etwa 1000 englischen Meilen im Betrieb: sind. Noch vor Vollendung der Linie, welch di« bedeutende Hafenstadt Rangoon mit der alten Landeshauptstadt Mandalay verbindet, wuvde in England eifrig für «ine Wetterführung der EisenbahnnachDünan agitirt, um, wie es so schön hieß, „to t»p tde rekouroos vk tknt cnuutr^." Das Project Man - )alay-Künlon am Salwin trug den Sieg 'davon. Vor- ausgesshen war hierbei eine Ueberbrückung des Jrawaddi südlich von Mandalay bei Sagaing, 'wodurch in weiterer Zukunft ein Anschluß an das indisch Eisenbahnnetz erleichtert würde. Diese Eisenbahn ist auf «ine Strecke von etwa 225 Kilometern von Mandalay bis nach Hsipawin den nördlichen Schau- staaten vollendet worden und soll vorläufig bis nach Lashio, dem Sitz des Gouverneurs der nördlichen Schcmstaaten, weiter geführt werden. Der Bau dieser Eisenbahn, die aller dings schmalspurig (1 Meter Spurweite) und vorläufig nur ein gleisig angelegt ist, muß als ein Triumph der Jngenieurkunst bez«ichn«t werden. Der sehr schwierige Anstieg von der Ebene deS Jrawaddi bis zu dem Curorte Maymyo, mit einer Gesammt- höhe von cirra 3300 eugl. Fuß, wobei Stegungen bis zu zu überwinden waren, ist glänzend bewältigt worden. Nicht minder schwierig war die Ueberbrückung der Gokleikschlucht, welch die Eisenbahn in «iner Höhe von circa 800 engl. Fuß Uber 'dem Bachniveau überschreitet. Wegen der Höhe der Bau kosten wird diese Bahn, di« bis zum Salwin geplant und später nach Ueberbrückung dieses Flusses bis nach Talifu, der Hauptstadt von Ulina», fortgesetzt werden sollte, einst weilen nicht über Lashio, etwa 40 englische Meilen westlich vom Salwin, hinauSgeführt, ober falls die Nachricht von dem Bahn bau der Franzosen sich bestätigen sollte, dann wird auch diese Bahn, trotz der Kosten, weitergeführt, und, was auch immer eintreten sollte, die Engländer werden dann früher in Ta lifu sein als di« Franzosen. Inzwischen bereisen eine Reihe englisch-indi scher Officier in Verkleidung Aünan, um dort topographische Aufnahmen zu machen. Wird späterhin ein Vormarsch mit Truppenmacht erforderlich, so ist man über die gangbarsten Routen und Wege aufs Genaueste mformirt. Jeden falls kann man dem indische» „Intelligence Depart ment", da» einer Abtheilung unseres GeneralstabeS entspricht, nickt den Vorwurf der Saumseligkeit machen. Im Gegentheil, diese Behörde ist bestrebt, die eingehendsten Erkundigungen, die später von dem größten Werthe bei einer militärischen Operation sind, einzuziehen. Die Provinz Birma ist zur Zeit Uber den ge wöhnlichen Durchschnitt einer indischen Pro vinz mit Trupp«» beseht. Es würde also ein Leichtes sein, rin genügend starkes Expeditionskorps abzugeben, das für alle Eventualitäten mehr als genügend ist, und, wenn nöthig, durch Nachschübe rasch verstärkt werden kann. Ver Krieg in Südafrika. Dl« Vries »er Frau »es General» De Wet. Die „Daily News" hat von Frau Lhristian De Wei folgenden Brief erhalten: Johanne»burg,24. April 1901. An den Herausgeber d«r Ztitung in England, in welcher End« März ein Porträt von mir und meinen Kindern erschien. Mein Herr! Da man mir mitaetheilt hat, daß Sie außer meinem Porträt auch noch veröffentlicht haben, daß ich jetzt in Johannesburg „unter dem Schutze" I. Maj. Regir- rung lebe, so wünsche ich hiermit ganzeneraisch gegen di« Anwendung eine» solchen Ausdrucke» zu prote sirren. Nachdem unsere Farm von I. Maj. Truppen verwüstet und alle unsere anderen Besitzungen zerstört und weggenommen waren, irrte ich mit unseren Kindern einige Monate lang umher, um nicht in die Hände der Feinde unseres Volkes zu fallen, bis zum 20. No vember 1900, als ich gefangen genommen und nach Johannes burg gebracht wurde, und zwar rn einem Viehwagen, obgleich sie wohl wußten, daß ich die Frau des Generals De Wet war. Nach dem ich gefangen und gegen meinen Wunsch und Willen hierher gebracht und aller Sachen beraubt worden war, verlangte ich von den Militärbehörden hier genügende Nahrung und von guter Be schaffenheit. Zuerst wurde mir dies versprochen, aber später wurde mir schriftlich mitgetheilt, daß ich Nahrung nur erhalten würde, falls ich ein Schriftstück unterzeichne und darin erkläre, „daß ich ohne Subsistenzmittel sei und gänzlich von I. Maj. Regierung abhänge. (Die Königin von England lebte damals noch.) Die Behörden behielten sich ferner das Recht vor, ein solches Schriftstück zu veröffentlichen. Dies zu thun, wäre für mich sehr demüthigend gewesen und ich konnte mich dem nicht aussetzen, insbesondere nicht gegenüber dem Feinde unseres Volkes. Ich habe von dem Feinde keine Gunst verlangt, und ich habe nicht die Ab sicht, d i e s j e z u t h u n. Es ist wahr, ich lebe in Johannes burg, aber gegen meinen Willen. Von den Engländern erhalte ich nichts und wünsche nichts von ihnen. Was ich wünsche, hoffe ich durch Menschenfreunde zu erhalten, nicht von den Engländern. Ich bin u. s. w. gez. C. M. De Wet. (Frau des General Christian De Wet.) Die Frau ist deS tapferen Generals würdig. "Berlin, 5. Juli. Seit dem letzten Besuch der Königin von Holland in Berlin sind hier Gerüchte aufgetaucht, daß eine Intervention zur Beendigung des Transvaalkrteges bevor stehe. ES ist versichert worden, daß darin nichts Wahres ist, und das gilt auch von der neuesten Version, wonach Kaiser Wilhelsm mit dem König von England und die auswärtigen Aemter in London und Berlin in dieser Angelegenheit in einem Depeschen wechsel ständen. ES findet nicht» Derartiges statt und an der be- kannten Auffassung de» Reichskanzlers über die Intervention hat sich auch neuerdings nichts geändert. (Frkf. Ztg.) Deutsches Reich. Berlin, 6. Juli. (Auf dem Wege nach Capua.) Wiederholte Hinweise auf di« im deutschen Officier- corps überhand nehmende Urppigkeit bei festlichen und officiellen Gelegenheiten haben bisher noch keine tiefere Wirkung und Umkehr auf dem betretenen Pfade hervorzurufen vermocht. Es beschwört doch recht ernste Gedanken herauf, wenn wir lesen müssen, daß den luxuriösen Sitten der deutschen Ofsiciers- casinos der Feldarmee in China die geflissentlich zur Schau ge tragene Einfachheit der französischen Waffengefährten gegenübergestellt wird! Wo ist die alte Einfachheit und Ge nügsamkeit des Casinolebens des preußischen Officiercorps ge blieben? Hat durch diesen Wandel in den geselligen Sitten unser Heer gewinnen können? Auf diese Erscheinungen hin zudeuten und muthig auszusprechen, was vielleicht schon Manchem auf der Zunge lag, unternimmt wieder jener alt preußische Ofsicier, den wir schon wiederholt an dieser Stelle zu Worte kommen ließen, C. v. Wartenberg. Der Zweck seiner im „Lotsen" veröffentlichten Zeilen ist, daß zur Wahrung der Schlagfertigkeit der Armee dem Ueberhandnehmen des Wohl lebens im Officierscorps kräftig gesteuert werde. Bei den Ver handlungen über die Schreckensthat im Mörchinger Officiers- casino stellte sich heraus, daß bei den fröhlichen Vereinigungen der Officiere der studentische Biercomment üblich war. Ebenso schädlich wie dieser ist aber die seit einem Jahrzehnt immer mehr hervortretende Neigung zur Veranstaltung officieller Festlichkeiten, zu denen jedoch die so genannten „Liebesmahle" nicht gerechnet sind. Als „officielle Festlichkeiten" bezeichnet C. v. Wartenberg die großartigen Feiern, die zur Begehung eines Stiftungstages oder zur be sonderen Ehrung des Regimentschefs oder endlich zur Be grüßung einer erlauchten Persönlichkeit veranstaltet werden. Die Kosten solch eines Festes ziehen sich das ganze Jahr hin durch durch alle Abrechnungen und entlocken den von Abzügen ack stoo betroffenen weniger bemittelten Officieren immer neue Seufzer. Und auf solchen Festlichkeiten geht eS leider, trotz der Versicherung, daß Alles so einfach als möglich hergerichtet werden solle, meist sehr hoch her. Wenn diese Veranstaltungen wirklich nur alle Jubeljahre wiederkehrten, brauchte man davon kein Aufhebens zu machen. Aber die mittelbare Aufforderung zu Festlichkeiten macht sich bei vielen Officierscorps relativ häufig geltend. „Je öfter sie aber wiederkehren", meint C. v. Warten berg, „desto mehr wird sich auch der Geschmack an den besseren materiellen Genüssen steigern, desto mehr wird sich auch auf diesem Wege das Wohlgefallen an üppiger Lebensweise ein schleichen. . . ." Wenn zwar dem in die OfficierScasinos ein gedrungenen studentischen Biercomment leicht ein Riegel vor geschoben werden kann, falls man sich bei den höheren Com« mandostellen erst einmal von den üblen Wirkungen desselben überzeugt hat, so steht es doch ganz anders mit den officiellen Festlichkeiten, die sehr häufig gar nicht von dem Willen de» be treffenden Officierscorps abhängig sind. Für solche Fälle müßten für letztere» nach Ansicht Wartenberg'« Repräsentations gelder auigeworfen werden, mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß die officiellen Feste unter keinen Umständen üer die durch sie gesteckten Grenzen hinauSaehen dürften. Einmal würde dann jedem überflüssigen Aufwand vorgebeugt werden, zum anderen würde allen Betheiligten, den Gästen wie den Wirthen, der leidige Kostenpunkt weniger beklemmend sein. Auch für die Väter der jüngeren Officiere, di« noch nicht wirthschaftlich auf eigenen Füßen stehen, würden solche Repräsentation».Gelder eine große Erleichterung sein; denn mat Recht bemerkt der Verfasser deS bebrrzigenSwerthen Artikels „Der Weg nach Cabua": Eigentlich sind di« Väter die Gastgeber bei den officiellen Festlichkeiten. SS ist wirklich nicht ander»: wer einem Officierscorps die Ehre seine» Besuchs in Aussicht stellt, ladet sich mittelbar auch bei den Vätern der jüngeren Officiere iu Gap; die Väter haben für jeden Riß in dem monatlichen Etat ihrer Söhne «inzustehen. Diese Repräsentationskosten für das Gesammt-OfficiercorpS könnten unserer Ansicht nach durch Herabminderung der persönlichen Repräsentationsgelder für die Chargen vom Brigadegeneral aufwärts gedeckt werden. Weit besser aber wäre e», wenn man in den OfsicterScasino» zu der einfachen Lebensweise früherer Zeiten umzukehren versuchen wollte, um den „Weg nach Capua" zu vermeiden! -5- Berlin, 6. Juli. (Reichspost, Welfen und welfische Schutztruppe.) Bekanntlich ist ein in Braunschweig aufgegebenes, an den Herzog von Cumber land gerichtetes Begrüßungstelegramm vom Berliner Tele graphenamt zurückgewiesen worden. Das führende rheinische Centrumsorgan läßt diese Gelegenheit nicht vorübergehen, ohne dem Welfenthum seine Unterstützung zu gewähren. Aus dem Umstande, daß der Vorsteher des Braunschweiger Postamtes n seiner Mittheilung an die Aufgeber des Telegramms anfllhrt, das Telegramm sei vom Telegraphenamt in Berlin beanstandet worden, zieht die „Köln. Volksztg." den Schluß, daß der Braunschweiger Vorsteher mit der Auffassung des Berliner Tele graphenamts nicht einverstanden sei. Ein derartiger Schluß ist willkürlich; denn der Vorsteher des Braunschweiger Postamtes hat in der erwähnten Wendung lediglich den Aufgebern des Telegrammes den Sachverhalt angegeben, wie er bei der Be anstandung des Telegramms sich abspielte. Selbst wenn aber die Schlußfolgerung der „Köln. VolkSztg." richtig wäre, müßte gegen die weiteren Consequenzen, die sie daraus ableitet, Ein spruch erhoben werden. Die „Köln. Volksztg." fährt nämlich fort: „Trifft diese Voraussetzung (in Bezug auf die Auf fassung des Braunschweiger Postamts-Vorstehers) zu, so ent steht die weitere Frage, warum hat sich das Postamt in Braun schweig hierbei beruhigt und nicht die Beförderung auf einem anderen Wege versucht, oder wenigstens die Entscheidung der zweiten Instanz, nämlich der vorgesetzten Oberpostdirection, angerufen?" — Auf Grund von Erkundigungen, die wir an zuständiger Stelle eingezogen haben, können wir die Zumuthung des rheinischen CentrumS- blattes, daß das Braunschweiger Postamt den Versuch zur Beförderung des in Berlin beanstandeten Telegramms auf einem anderen Wege hätte machen sollen, als vollkommen aussichtslos bezeichnen. Das Einzige, was das Braunschweiger Postamt thun konnte, war das Anrufen der Entscheidung der zweiten Instanz, nämlich der Braunschweiger Oberpostdirection. Es würde zu einer Anarchie innerhalb der Postverwaltung führen, wenn ein Postamt das Recht hätte, ein Telegramm, das von der zuständigen P.ostanstalt beanstandet wurde, auf einem anderen Wege zu verbreiten. Daß der „Köln. VolkSztg." die Ein sicht in dieses thatsächliche Derhältniß nicht üusgegangen ist, ist für ihren Eifer in der Unterstützung des WelfenthumS be zeichnend. Nicht weniger charakteristisch ist die Haltung, die aus dem gleichen Anlaß das Organ der hessischen Rechtspartei, die „Hessischen Blätter", einnehmen. DaS genannte Blatt verlangt Erörterungen im braunschweigischen Landtage und im deutschen Reichstage über die Frage, welche» Recht und welches Interesse die maßgebende Stelle daran habe, „einem deutschen Bundesstaate die Existenz seines ohne jeden Zweifel rechtlich wie thatsächlich vorhandenen, wenn auch an der vollen Ausübung seiner Rechte zur Zeit angeblich (!) ver hinderten Landesherrn zu bestreiten." — Es ist auf das Dringendste zu wünschen, daß speciell im Reichstage die Welfen zu der entsprechenden Fragestellung sich entschließen. Alsdann wird es sich Herausstellen, in welchem Grade auchheutenoch das Centrum als welfische Schuhtruppe fun- girt. Vielleicht fühlt Herr I)r. Lieber wieder einmal das Bedürfniß, bei dieser Gelegenheit sich als „Mußpreußen" in Erinnerung zu bringen. Und dawider hätten wir nicht das Mindeste einzuwenden! T Verkitt, 6. Juli. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" schreibt: „Fürst Hohenlohe, der dritte Kanzler de» deutschen Reiches, ist beute früh 5 Ubr in Ragaz sauft ent schlafen. In allen deutschen Landen wird diese Nachricht die aufrichtigste Trauer erwecken; denn mit dem Fürsten Hohen lohe ist ein Mann der ausgezeichnetsten Verdienste um das Reich und den Staat dabingegangen. In allen Stellungen, oft unter den schwierigsten Verhältnissen, al» bayerischer Ministerpräsident, al» deutscher Botschafter in Paris, als Statthalter von Elsaß-Lotbringen, endlich als Kanzler des Deutschen Reiche», hat er jene hohen Eigen schaften, eine aufopfernde Hingebung und eine uner müdliche Pflichttreue, bewahrt, die Seine Majestät der Kaiser in seinem Handschreiben bei dem Abschlüsse seiner langen und ehrenvollen Dienstlaufbahn vor noch nicht drei viertel Jahren dankbar hervorgeboben hat. Wie seine staats männische Wirksamkeit die warme Anerkennung aller patriotischen Kreise gefunden hat, so schätzte Jeder, dem eS vergönnt gewesen ist, ihm persönlich nahe zu treten, seinen hoben Sinn, sein einfaches, klares und freie» Wesen und seine immer gleich vornehme Liebenswürdigkeit. So wird die dankbare Verehrung für ihn, den klugen Staatsmann, den tapferen Deutschen und den edlen Menschen, die Trauer an seinem Grabe überdauern." (-) Berlin, 6. Juli. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg" meldet: Der BuudcSrath hat in seiner Sitzung am 29. Juni beschlossen, daß für den nach dem 15. Juli 1901 auSgeführten, zur Essigbereitung verwendeten oder vollständig denaturirten Branntwein Brenn» steuervergütungen nicht mehr zu gewähren sind. 8. Berlin, 6. Juli. (Privattelegramm.) Zu einem Artikel der „Nationalliberalen Correspondenz", welcher die übermäßigen Inspektionsreisen der Beamten, sprciell der Postinspectoren und der Posträthe bemängelt, bemerkt die „Nordd. Allgem. Ztg": So unbedingt nöthig auch die Sparsamkeit bei der ReichSverwaltuog erscheine, so verkehrt erscheine e«, wenn man die Postverwaltuna auf Erzielung von Ersparnissen durch Einschränkung der Inspektionsreisen der Aussichtsorgane Hinweise. Bei dem ausgedehnten Netze der Postanstalten und Trlrgraphenämter, die in engster Beziehung zum Publicum stehen, müsse Pch eine ziel bewußte Verwaltung durch ihre Organe in steter naher Berührung mit den örtlichen BetritbSanstalten und in enger, ununterbrochener Fühlung mit den Bedürfnissen dt» Verkehr» halten. Dir» werd« durch die Reisen der Posti«sp«etorrn uud der Posträth« «rr«icht. Eine Unterbindung di«s«r Be ziehungen würde ernste Nachtheile für den Dienst und schwere Schädigungen für da» Interesse de» Publicum« zur Folge haben, gegen deren finanzielle Wirkungen die Ersparnis an Reisekosten verschwindend klein wäre. — Der Verein der FestungSstadte hat beschlossen, einen Gesetzentwurf zur Einführung einer sogenannten Zu- wach»steuer (Rente) bei Entfestigungen zunächst den be- tbeiligten Stadtgrmeindcn und dann den Staatsbehörden zn
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