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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010709019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901070901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901070901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-09
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Amtsblatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Natßes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzigs Anzeigeu-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reelameu unter dem RedacNouSstrich (sgespaltea) 75 vor den Familieanach- richten («gespalten) KO Lj. Tabellarischer und Zifferusap entsprechend höher. — Gebühren für Mchweisungeu und Offerteuannahme LS L, (excl. Porto). Erkra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 80.—, mit Postbesürderuog 70.—. Aunahmeschluß für Anzeigern Abeud-AuSgab«: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stet» au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck «ad Verlag vou L. Polz tu Leipzig. Dienstag den 9. Juli 1901. 95. Jahrgang. Japans wirlhschastliche Offensive. R.N.8. Wenn der Globetrotter au» dem fernen Lande der aufgehenden Sonne nach Hause schreibt, daß sein Paradies von irdischer Schönheit zwischen Hakodate und Dokohama liege, so vergißt er oft hinzufügen, daß gerade Japan das Land der Blumen ist, die nicht duften, der Vögel, die nicht singen, und de» alles Familienleben untergrabenden „Geisha- wesens", um das MaScagni noch Perlen seiner Tonkunst in die Hinterstraßencloake eines TheehauSviertels fallen ließ! Ohne dieses Bild weiter auszuführen, auf dem auch die landschaftliche Scenerie, der, bei der fast immer gleich trans parenten Luft, jeder versöhnende Ueberganz vom Starren zum Lebendigen fehlt, vortheilhast Platz fände, darf man nicht übersehen, daß gerade dieses Nüchterne in der Natur der sie umgebenden Dinge dem Volks charalter der Japaner unverkennbar seinen Stempel aufgedrückt und sie befähigt hat, durch kritische Auswahl in einer so unglaublich kurzen Zeit sich wenigstens wirthschaftlich das zu eigen zu machen, um was Europa seit Jahrhunderten gerungen hat. Die ungeheuren Fortschritte, die das östliche Jnselvolk auf praktisch-industriellem Gebiete gemacht hat und die e» unter der Maske deS Krieges gegen China (1894) in Praktische Werthe umzusetzen begann, werden oft verkannt oder unterschätzt, unterschätzt ganz besonders wegen der Gefahren, welche sie unseren Industrien zu bringen droben. Wohl spricht man noch von einer gelben Gefahr, schließt hierbei aber Japan al» „modernes Culturvolk" grundsätzlich auS und verlegt deren Ccntrum dahin, wo auS der Mitte deS von einer unfähigen Regierung bis an den Rand wirthschaftlicher Hilflosigkeit geführten Chinesenvolkes eine Expansionsbewegung entstellen könnte, die wohl niemals zu einer Völkerverschiebung Anlaß geben, jedoch schließlich dazu beitragen könnte, daß auch die reichen Tbee- und Seidendistricte wirthschaftlich herunterkämen, wodurch dann allerdings die Henne geschlachtet würde, die der europäischen Industrie die goldenen Eier legt. Die großen Entscheidungen werden heute im „Schweiß deS HirnS und der Hände" aus wirtschaftlichen Gebieten auSgefochten! Das Hal Japan oder das haben seine leitenden Kreise Wohl erkannt, und wie in Rußland nie die Milliarden fehlen, wenn es eine Staatsnolhwendigkeit zu ordnen gilt, so hat auch Japan über die Leistungsfähigkeit des Volkes weit hinaus stets Mittel in Bereit schaft, um die wirthschaftliche Offensive er greifen zu können, wo sich ihm auch immer hierzu Gelegenheit bieten sollte. Daß Japan hierbei nicht immer Erfolg hatte, hat es nicht entmuthigt, sondern immer mehr zur rastlosen Fortarbeit angetrieben. So hat der Krieg gegen Cbina den Japanern wohl keine großen wirth- fchaftlichen Vortheile gebracht, Wohl aber hat er ihnen die Wege geebnet, auf denen sie die Eifersucht der industriellen Großmächte zurGewinnung socialer Gleichstellung ausnntzen konnten, und da moralische Schranken bekanntlich ungleich schwerer niederzulegen sind als Mauern auS Stein und Mörtel, so muß man anerkennen, daß an der Spitze der Regierung in Japan fähige Männer stehen, deren politische Actionen selbst europäischen Diplomaten zu denken geben können? — Hierbei darf man aber nicht vergessen, daß dieses unentwegt zielbewußte Vor gehen der leitenden Kreise in Japan nur so lange möglich ist, wie diese Kreise sozusagen einen eisernen Ning gegen die breiteren Volksschichten geschloffen halten und diese für ihre Zwecke auSbeuten können. Das japanische Volk sitzt bekannt lich noch tiefer im Sumpfe unverfälschten AsiatenlhumS, als die Chinesen der Süd- und der Mittelprovinzen, und selbst dem Handelstalente der Kaufleute deS japanischen Mittelstandes stellt ein Bericht deS englischen Auswärtigen Amtes kein be sondere» Zengniß auS. Zwar versuchen sie, heißt eS darin, Alles nachzumachen, vom Fahrrad bis zur Locomotive, aber da zeigt es sich deutlich, daß der Japaner mit uns nur in den Artikeln concurriren kann, zu deren Herstellung die bekannte Hand fertigkeit der Japaner genügt. Auf mechanischem Wege her gestellte Waaren können die Japaner vielleicht mit Bortheil für ostasiatische Länder liefern, aber gerade dadurch schädigen sie unsere Industrien merklich. Erstens, weil alle diese auf nahmefähigen und kaufkräftigen Gegenden schlechte Waare für gute Werthe beziehen, dann aber auch, weil diese Werthe nach Japan wandern und da, vor der Hand wenigstens, zu modernen Culturbestre« bungen Verwendung finden, die weder dem japa nischen Volke zu Gute kommen, noch den Werth der west ländischen Cultur den Ostasiaten zu empfehlen geeignet erscheinen. DaS Gros deS Volkes, also die Binnenjapaner, sind bis jetzt weder wirthschaftlich noch politisch mündig und legen nur die erhöhten Abgaben als Maßstab an die Großmacht stellung Japans, aber sie sind ein gefährliches Werkzeug in der Hand ihrer Altvorderen, für die sie unerbittlich schaffen und von denen sie ihre Stellung, oft sogar ihre Existenz durch unbedingte Subordination erkaufen müssest! Diese Altvorderen, also die leitenden Kreise, die nach wie vor ein Monopol auf die wichtigsten Staatsämter haben, verfolgten mit der Eröffnung Japans ursprünglich eine andere Politik als heute. Sie wollten sich lediglich von außen her das anschaffen, was zu fehlen begann, um im Innern dominiren zu können. Sie waren mit neuen Maschinen unter Volldampf in die Welt hinauSgefahren; aber als sie während des Krieges 94 einzusehen begannen, daß das AdhäsionSgewicht dieser Maschinen zu groß war und den alten Train auseinanderzureißen drohte, gaben sie Contre- dampf und begannen sich systematisch für wirthschaftliche Entscheidungskämpfe vorzubereiten und sich am Culturangriff auf Cbina zu betheiligen. Mag Japan hierbei immerhin einige Vortheile erringen; daß es geeignet sein sollte, unter den ostasiatischen Völkern einmal führend aufzutreten, glauben wir vor der Hand nicht, wohl aber, daß Japan nach Wiederherstellung des Status gun in Cbina ganz be sonders dorthin seine wirthschaftliche Offensive richten und manchem alten europäischen Hause auf alten und neuen Ab satzgebieten Terrain streitig machen wird. Die Thatsache, daß eS sich an der internationalen Action in so hervorragender Weise betheiligt hat resp. betheiligen durfte, werden die Chinesen ihm dabei gewiß nicht nachtragen. Im Gegentheil, sie werden bemüht sein, ihren Fremdenhaß ganz besonders dadurch zum Ausdruck zu bringen, daß sie sich thunlichst nur an die ihnen ohnehin gar nicht so unsympa thischen Japaner wenden, wenn es wieder gilt, Handelsartikel fremder Provenienz zu erwerben, an deren Gebrauch oder Genuß sie gewöhnt waren; sind ihnen doch die Japaner während des ZusammenarbeitenS mit den Europäern als gleichberechtigtes Culturvolk von diesen vorgeführt worden! Fürst Hohenlohe f. (-) Berlin, 8. Juli. (Telegramm.) Die Beisetzung des verewigten Alt-ReichskanzlerS erfolgt Donnerstag Vor mittag 1t Uhr. (Wiederholt.) (-) Raga;, 8. Juli. (Telegramm.) Fürst Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der erst gestern Nach mittag aus Podiebrad eintraf, theilte den deutschen Bundes fürsten und auswärtigen Herrschern officiell den Tod seines Vaters mit. Unter den eingelaufenen Telegrammen befinden sich zahlreiche von Beamten, die mit rührender Verehrung ihres einstigen Chefs gedenken. Namens des AuSwär tigen Amtes drückte Staatssekretär Frbr. v. Richthofen sein Beileid aus. Auch von den in Berlin beglaubigten Bot schaftern liefen Telegramme ein. Der P rinz-Regent Luitpold von Bayern wird sich bei der Beisetzung durch den Minister Graf v. Crailsheim vertreten lassen. Auch der Großherzog von Baden hat einen Vertreter angemeldet. Morgen früh wird die Leiche in aller Stille von der hiesigen katholischen Geistlichkeit nach dem Bahnhöfe geleitet und mit dem Zuge zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags über Lindau und Nürnberg nach Schillingsfürst übergeführt werden. Dort wird die Leiche zuerst in das Schloß und von dort in feierlichem Zuge nach dem Friedhöfe gebracht werden, wo die Beisetzung neben der Fürstin erfolgt. Der verstorbene Fürst hat bestimmt, daß aus seinen Grabstein, der in der Form dem der Fürstin gleichen soll, nur die Inschrift komme: „Chlodwig Karl Victor Fürst zu Hobenlohe-Schillingsfürst, Prinz von Ratibor und Corvey, geb. 31./3. 1819 zu Rothen burg, gest " Auch daß er in einem einfachen schwarzen Gewände oder in kleiner Uniform be stattet sein wolle, hat der Fürst bestimmt. Es haben sich Erinnerungen des Fürsten vorgefunben, deren Umfang aber noch nicht genau festgestellt ist. Der Fürst hatte die Absicht, von Nazaz nach Aussee, von dort im Herbste nach Schillingsfürst überzusiedeln, wo er seine Denkwürdigkeiten ordnen wollte. Es lag nicht im Wunsche des Verewigten, daß die Denkwürdig keiten gleich nach seinem Tode zur Veröffent lichung gelangen sollten. Das Testament des Fürsten befindet sich im HauSarchiv in Schillingsfürst. (-) Raga;, 8. Juli. (Telegramm.) Die „Schweizerische Depeschen-Agentur" meldet: Die von einem Berliner Blatte gebrachte Nachricht, daß druckfertige Erinnerungen des Fürsten zu Hohenlohe Vorlagen, die alsbald ver öffentlicht werden würden, kann nach Informationen aus bester Quelle als unrichtig bezeichnet werden. (-) Berlin, 8. Juli. (Telegramm.) Nach der „Nordd. Allgem. Ztg." werden bei der Beisetzung deS Fürsten Hohenlohe vertreten sein: der Reichskanzler durch den Cbef der Reichskanzlei Frhrn. v. Wilmowski, das Aus wärtige Amt durch den Staatssekretär Frhrn. v. Richtbvfen und das Königliche Staatsm inisterium voraussichtlich durch die Staatsminister v. Thielen und Graf PosadowS ky, sowie den Unterstaatssekretär Frhrn. v. Seckendorfs. * Gotha, 8. Juli. Der Regent begiebt sich zugleich mit seinem Vater, dem Fürsten Statthalter zu Hohenlohe- Langenburg zur Beisetzung des am Freitag verstorbenen früheren Reichskanzlers, Fürsten Chlodwig zu Hobenlohe- Schillingsfürst, seines Verwandten, nach Schillingsfürst. veileidSknndgcbungen. (D München, 8. Juli. (Telegramm.) Der Prinz- Regent sandte aus Anlaß des Ablebens des Altreichskanzlers an dessen Sohn, den Fürsten Philipp Ernst, ein Hand schreiben, in dem er sein tiefstes Beileid zum warmem Ausdrucke bringt. (Wiederholt.) (D Raga;, 8. Juli. (Telegramm.) Der Präsident des deutschen Reichstages sandte aus Berlin an den Fürsten Philipp Ernst zu Hohenlohe nachstehendes Bei leidstelegramm: „Aus Veranlassung des Hinscheidcns des früheren Reichskanzlers spreche ich Eurer Durchlaucht und den anderen hohen Hinterbliebenen Namens des Reichstages und im eigenen Namen die tiefgefühlteste Theilnahme aus. Graf Ballestrem." K. Raga;, 8. Juli. (Privattelegramm.) Aus Mann heim ist folgendes Beileidstelegramm des Reichstagsabgeord neten Bassermann bei dem Fürsten Philipp Ernst zu Hohenlohe eingegangen: „Im Namen der nation al libe ralen Reichstagsfraction und im eigenen übermittele ich Ihnen den Ausdruck der herzlichsten Theilnahme. Dem verdienstvollen Kanzler des deutschen Reiches werden wir ein dankbares Andenken bewahren. Bassermann." Prctzstimme» aus -cm Auslande. D Petersburg, 8. Juli. (Telegramm.) Die hiesige Presse widmet dem verstorbenen Altreichskanzler Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst freundlich gehaltene Nachrufe. (D London, 8. Juli. (Telegramm.) Zu dem Hinscheiden deS Fürsten zn Hohenlohe bemerkt der „Stan dard": Fürst zu Hohenlohe war ein bewunderungswürdiger Vertreter der Staatsmänner ersten Ranges. Nur wenige haben von dem Geschicke größere Gaben erhalten oder haben sie besser ausgenutzt. — Die „Times" führen auS: Deutschland verliert einen Staatsmann, der der Sacke der nationalen Einheit sein ganzes arbeitsreiches Leben hindurch ständig unschätzbare Dienste erwiesen hat. Fürst Hohenlohe hat in der Geschickte Deutschlands mit bewundernswerthem Urtheil und Tacte eine Rolle gespielt. Seine Stellung und sein Temperament waren Gaben, die ihn in ausnehmender Weise für sein Amt befähigten. — „Morning Post" schreibt: Große staats männische Fähigkeiten wohnten in der kleinen, gebrechlich aussehenden Gestalt des Kanzlers, dessen Stimme man so selten hörte, Lessen Hand man aber überall verspürte. Schon das bloße Stehen am Ruder während der ganzen sechs Jahre der nationalen Entwickelung war eine That, die nur von einem festen, entschlossenen Charakter durchgeführt werde» konnte. Der Krieg in Südafrika. Beyers' „Niederlage" bei Warmbaths. „Vom Kriegsschauplätze nichts Neues!" — Der britische Gene ralissimus Lord Kitchener schweigt sich wieder einmal gründlich aus, und seit vierzehn Tagen weiß in England so ziemlich Nie mand, mit Ausnahme vielleicht des Kriegsamtes, was in Süd afrika vorgeht und wie es um die weiteren voraussichtlichen Chancen des Krieges bestellt ist. Selbst die sonst so redseligen und mit Meldungen von erfolgreichen Waffenthaten der eng lischen Feldarmee um sich werfenden Kriegscorrespondenten der Londoner Blätter wissen nichts Neues zu berichten oder werden, was noch viel wahrscheinlicher ist, von der militärischen Preß- censur wieder einmal schonungslos an der Absenoung ihrer schönen Berichte verhindert. Auch „Reuter" ist seit seiner letzten Blamage außerordentlich vorsichtig und wortkarg geworden und scheint absolut keine glatten Siegesmeldungen mit Bezug auf die britischen Trupven auf Lager zu haben. Inzwischen bemüht er sich aber mit allen Kräften, seinen befleckten Ehrenschild wieder rein zu waschen, und hat auf dem Kriegsschauplätze Himmel und Erde in Be wegung gesetzt, um fcstzustellen, wie es sich eigentlich in Wirklich keit mit der seiner Zeit von ihm gemeldeten und dann von Kitchener und dem Londoner Kriegsamt officiell desavouirten Niederlage des Boerencommandanten Beyers bei Warm baths verhielt: Bekanntlich sollten nach „Reuter" die „Kitchener'schen Schützen", ein bekanntes Freiwilligencorps, dem Kommandanten Beyers bei Warmbaths in seinem Lager an gegriffen, ihn geschlagen und zahlreiche Gefangene und schwere Beute gemacht haben. Lord Kitchener telcgraphirte damals auf die Anfrage des Kriegsministers kurzweg, daß diese Sieges meldung jeder Begründung entbehre, worauf die ganze Londoner Presse, an der Spitze die majestätischen „Times", einstimmig über „Reuter" herfiel und ihm seine vielen Sünden schonungslos vor hielt. Jetzt will Reuter herausgefunden haben, daß am 5. Juni thatsächlich der betreffende Ueberfall auf ein Boerenlager mit dem gemeldeten Erfolge stattfand, und daß nur in der Namen angabe des Boerencommandanten ein Jrrthum passirt sei, invem es nicht Beyers, sondern ein Anderer war, was Lord Kitchener auf Anfrage des betreffenden Reuter-Correspondenten ausdrück lich feststellt. Wenn sich die ganze Affäre nun wirklich so verhält, wie Reuter sie jetzt schildert, so ist und bleibt es unverständlich, wes halb Kitchener nichts über dieses erfolgreiche Engagement meldete resp. weshalb das Londoner Kriegsamt nichts darüber veröffent lichte. Das sieht sehr verdächtig aus, und selbst regierungs freundliche englische Blätter nehmen an Hand dieser Angelegen- Feuilleton. Die Hohenlohes. DaS alt« fränkisch« Geschlecht der Hohenlohes trägt seinen Namen von der Burg Holloch (Hohloch, Hohenloch), di« zwischen Creglingen und Uffenheim (an der württembergisch-bayerischen Grenze) sich erhob und im Bauernkriege 1525 vollständig zerstört wurde. Hohenlohe bedeutet so viel wie Hohenwald, denn loh, loch, niederdeutsch Ivo --- Wald. (Vergleich« die Ortsnamen Haiger loch — Häherwald und Degerloch — Degerwald in Schwaben, Waterloo ---- Wassevwald in Belgien u. a.) Ist auch di« uralt« Ueberlieferung, wonach die Hohenlohes den Herzog Eberhard von Franken (f 938, Bruder Kaiser Konrad's I.) als ihren Ahnherrn betrachten, nicht nachweisbar, so steht doch geschichtlich fest, daß das Geschlecht in ältester Zeit schon dem hohen Adel der Dynastenfamilien angehört« und sehr früh große Besitzungen im Kocher-, Jagst-, Tauber- urnd Golbachgau batte. Nach dem von Karl Weller im Auftrage de» Gesammthauset der Fürsten Hohen lohe herauSgegsbenen „Hohenlohischen Urkunden buch", dessen erster Band (mit Urkunden von 1153 bis 1310) im Herbst 1899 bei W. Kohlhammer in Stuttgart erschien«» ist, tritt da» Geschlecht 1183 erstmals au- dem Dunkel in der Person Konrad's von Weikersheim-Hohenlohe. Bald darauf gewann es bereit» großen Einfluß und wichtige Bedeutung für die Reichs geschicht«. Im Kampfe zwischen Kaiftrthum und Papstthum er- wirsen sich dl« drei Brüder Gottfried, Konrad und Heinrich von Hohenlohe als Stützen des Stauftnhaus«» in Deutschland und Italien, vergeblich suchte Papst Jmwcenz IV. auf Gottfried von Hohenlohe etnzuwirken, dem er in einem Schreiben nach rühmt, daß er da» Laster verschmähe, der Lugend nachstreb« und an ehrfurchtsvoller Liebe des göttlichen Namen» sein« Freude habe. Tapfer im Streit, war dieser Gottfried auch ein Mann von fein«r Sitte und versucht« sich auch als Dichter. Di« nächste Generation der Hohenlohe unterstützte Rudolf von Habsburg in der Festigung der deutschen Herrschaft gegen die Tschechen in der Ostmark. Auch zu den Hohenzollern, die durch die Erwerbung der Burggrasschaft Nürnberg ums Jahr 1191 ihre Nachbarn geworden waren, traten die Hohenlohe frühzeitig in nahe Beziehungen. Der Codex Erzbischof Balduin's von Trier vom Jahre 1314 enthält ein Bild, das den zwei Jahre zuvor er folgten Angriff Kaiser Heinrich's VII. auf einen festen Thurm bei der „trefflichen Bruck" Ponte molle bei Rom darstellt. Da sieht man unter den Stürmenden, neben einander kämpfend, einen Ritter mit weiß-quadrirtem Schild und einen anderen, dessen Schild in Weiß zwei übereinander schreitende schwarze Leo parden zeigt. Die guten Kameraden sind Burggraf Fried rich II. von Zollern-Nürnberg und Graf Gott- fr i« d II. v o n H o h e n l o h e. Seitdem sind di« Hohenzollern .Kurfürsten von Brandenburg, König« von Preußen und deutsche Kaiser geworden, während ihre Nachbarn von 1312 di« Be deutung ihres Hauses durch Teilungen schwächten und schließlich ihre fürstlich« Selbstständigkeit unverschuldet verloren. Aber immrr wieder, wie vor sechs Jahrhunderten, treffen wir die Hohenlohe bei den Hohenzollern., sei es im Kriegsdienst, sei es als Berather und Gehilfen in Staotsgeschäften. Die alten Urkunden weisen nach, wie sich di« Hohenlohes schon im frühen Mittelalter in der Schlacht und im Turnier auf deut schem und welschem Boden hervorthatrn, wie si« daneben aber auch di« Werke des Friedens förderten. Oft fungirten sie als Vertrauensmänner, Schiedsrichter und Vermittler, als Rathgeber bei Hofe, als Landvögte an der Tauber und an der Pl«iße. Warm schlug ihr Herz für die Ideale der Zeit, für die frommen Fahrten in» heilig« Land, für die Wallfahrt zur Schwelle der Apostel, wohin Gottfried und Konrad 1223 zogen, für den frommen und doch echt deutschen Culturberuf de» Deutschordens, dem das Haus unter großen Opfern eine Heimath auf fränkischem Boden (in Mergentheim) gründete und dem e» später zwei .Hochmeister gab. In milden Stiftungen bethätigten die hochgemiuthen Herren ihren frommen Sinn; das Kloster Frauenthal ist eine hohenbohische Gründung. Aber bei aller Frömmigkeit wankt« dieses Geschlecht nicht in der Kaisertreue, als der Papst mit seinen Bannstrahlen gegen das StaufenhauS und seine Anhänger verging. Würdevoll harrte Gottfried von Hohenloh« im Banne aus, bl» der Papst Jnnocenz IV. den Gebannten nach dem Tode Konrads IV. unter Anerkennung seiner Frömmigkeit und Rechtschaffenheit zur Rück kehr in den Schooß der Kirche mit eigenhändigem Schreiben einlud. Bei der Einführung eines Hohenzollern in der Mark Brandenburg halfen die Hohenlohes. Hans von Hohen- lohewarderFeldherrdeserstenHohenzollern inderMart. Er stand an der Spitze der Truppen des Burggrafen Friedrich, als der märkische Adel, die trotzigen Quitzows voran, im Bündniß mit den Pommernherzögen gegen Friedrich zog. In dem heißen Kampfe auf dem Damme bei Kremmen am 24. October 1412 fiel Hans Hohenlohe im treuen Dienste für die Hohenzollern. Als „Held vom Kremmer Damme" lebt er in der Geschichte und im Liede fort. Ein Kreuz, das 1845 erneuert wurde, bezeichnet auf dem Kremmer Damme die Stelle, wo er den Heldcntodt fand. Eine bildliche Darstellung seines Todes im Kampfgewühl enthält die Klosterkirche in Berlin. Graf Wolfgang von Hohenlohe trat mit Eifer für die Reformation ein und war der erste seines Landes, der sich öffent lich zur evangelisch-lutherischen Kirche bekannte. Er starb 1545. SiegmundHohenlohe, Domdechant zu Straßburg, ver öffentlichte 1525 das sogenannte Kreuzbüchlein, das neben ernst lichen Mahnungen an die Geistlichen zu sittenreinem, gott gefälligem Lebenswandel die Forderung einer Verinnerlichung des Gottesdienstes enthält. Aus der Neuenstein'schen Linie des Geschlechts ist Graf Philipp von Hohenlohe berühmt als Held im niederländischen Befreiungskämpfe; zu seinen RuhmeSthaten gehören die Ueberrumpelung von Breda und die Einnahme von Gertrudenberg. Ein Gemälde in der Stift»kirche zu Oehringen zeigt ihn und seine Gemahlin Maria, eine Tochter Wilhelm'» von Oranien; in derselben Kirche sind etliche seiner bedeutendsten Kriegsthatcn in Reliefs dargestellt. Graf Wolfgang von Hohenlohe kNeuenstein) und Graf Ludwig Gustav von Hohenlohe (Waldenburg) waren vortreffliche Staatsmänner. Der Erstere that sich auch als Krieger in schwedischen, franzö- fischen und deutschen Diensten hervor. 1663 erhielt er da» Com- mando über einen Theil der Reichstruppen in Ungarn, wo ihm der größere Antheil an dem Siege bei St. Gotthard über dke Türken beizumessen ist. Kaiser Leopold I. belohnte ihn dafür unter öffentlicher Belobigung durch Erhebung zum Generalfeld marschall. Von seinen drei Söhnen zeichnete sich der älteste, Georg Friedrich, während des Dreißigjährigen Krieges aus. Friedrich Wilhelm, Fürst von Hohenlohe-Kirch berg, war kaiserlicher und Reichs-General- Feldzeugmeister; 1789 führte er das Generalcommando in Siebenbürgen und schlug ein Corps der Türken; im selben Jahre war er Sieger bei Porenny und Vaideny. 1791 war er commandirender General in Böhmen. Im französischen Kriege 1792 half er Longvie und Verdun erobern und siegte über Beumonville bei Trier und Pallingen. Am 11. August 1795 schloß er in Prag sein ruhm gekröntes Leben. Den bitteren Wechsel von Erfolg und Ruhm zu Niederlage und Ungnade erfuhr Fürst Friedrich Ludwig zu Hohen lohe-Ingelfingen, der während der Rheincampagne 1793 als Commandeur einer Division gegen die Franzosen sich auszeichneke und 1794 bei Kaiserslautern einen glänzenden Sieg erfocht, wo für König Friedrich Wilhelm II. ihn mit einem goldenen, mit Brillanten besetzten Ehrendegen ehrte. Zwölf Jahre später büßte er seinen Kriegsruhm ein: Bei Jena wurde er von Napoleon ge schlagen und bei Prenzlau mußte er mit den Ueberresten seiner Truppen die Waffen strecken. Der unglückliche Schlußakt seiner Laufbahn verbitterte ihm den Lebensabend. 1813 bat er den König in einem rührenden Briefe, ihn ohne Rang und ohne Ge halt im Kampfe zu verwenden; sein Ansuchen wurde kühl ab gelehnt. Vereinsamt und vergrämt starb er am 15. Februar 1818 auf seinem Alterssitz Slaventitz in Schlesien. Von den zahlreichen Hohenlohes, die in den letzten Jahrzehnten öffentlich hervorgetreten sind, hat insbesondere der vor drei Tagen entschlafene Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst in langem, thatenreichem Leben dem alten Ruhme des Hauses neuen hinzugesügt. Und sicherlich haben mit ihm die Hohenlohes, gegenwärtig eins der blühendsten Geschlechter des deutschen Hoch adels, ihre bedeutende Rolle in der Geschichte noch lange nicht aus gespielt. Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, wie sich der Wahlspruch des Geschlechtes: „üx klammis orion" in der mehr als 700jähriaen Geschichte der Hohenlohe» glänzend be währte. Nach Schicksalsschlägen stieg das unverwüstlich« Ar« schlecht jedes Mal zu neuem Leben und zu neuen Ehren auf«
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