Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010712021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901071202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901071202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-12
- Monat1901-07
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vezrrg-.PrrtS lt» d«r Haupfixpedttio» oder dea t» Stndb berirk »ud deu Vororten errichtete» Au»- gaoestelleo abgeholt: vierteljährlich 4.50, bet zweimaliger täglicher Anstellung in» Han» 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. S. Man abonatrt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bet den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Hollaud, Luxem- Sura, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Dooaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten Ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di« Expedition diese» Blatte» möglich. Dt« Moraeu-Su»aabe erscheint um »/,7 Uhr, di« Abeud-AuSgabr Wochentag» um 5 Uhr. Nr-actio« und Erpeditio«: JohanniSgasse 8. Filialen: Alfred Lahn von». O. Klemm'» SoMm. UmversititSstraße 8 (Paultuum), Louis Lösche, Kathartneustr. I< pari, und Kön>g«platz 7. Abend-Ausgabe. ApMrr. TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nalizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2S Nrelamea uuter dem Redaction»strich (4 gtspatten) 75 vor den Familienuach« richten (S gespalten) SV Tabellarischer und Atffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme 25 (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuug 60.—, mit Postbesörderuug ^l 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgea-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bet deu Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geösiner von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig. 351. Freitag den 12. Juli 1901. 95. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Neue Schriftstücke. * Lauda», 9. Juli. (Frkf. Ztg.) Gestern Abend ging dem Parlament ein Blaubuch zu, das weitere Documente aus Süd afrika enthält, die sich über die Zeit vom 7. März bis 2. Juli d. I. erstrecken. Das erste darin veröffentlichte Schriftstück ist der schon bekannte Brief Kitchener's an den Com- mandanten Louis Botha, worin die Friede nsvor- ,schlüge der englischen Regierung formulirt sind. Diese Friedcnsvorschläge wurden bekanntlich verworfen, und darauf telegraphirte am 19. April Chamberlain an Milner, daß dieselben nunmehr zurückgenommen würden. Dazu fügte Chamberlain die Mittheilung: „Sollten Botha oder andere Führer der Boeren von sich aus weitere Vorschläge zu machen haben, so wird Kitchener uns dieselben natürlich übermitteln, ohne Denen, die die Vorschläge machen, irgend eine Ansicht darüber auszusprechen. Aber es sollte weder Frau Botha noch sonst Jemand zu der Anschauung veranlaßt werden, daß wir für die Boeren günstigere Bedingungen, als die, welche verworfen worden sind, in Erwägung ziehen konnten." In dem von Sir Bindon Blood eroberten Boerenlager bei Roos Senekal fand man neben anderen Dokumenten in einer vom 13. April datirten Nummer der Zeitung „De Brandwacht", welche, wie cs auf dem Kopfe derselben heißt, „nach der Unabhängigkeit Südafrikas strebt und an die Kommandos gratis vertheilt wird", ein vom General Dewet „an die Offi- ciere und Bürger des Oranje-Freistaates" gerichtetes Mani fest, worin es heißt: „Wiederum haben wir gezeigt, daß unser Wunsch darauf gerichtet ist, Frieden zu erhalten. Wiederum hat unser Feind mit größter Deutlichkeit bewiesen, daß die Vernichtung des Afrikander-Volkes sein einziger Zweck in diesem Kriege ist. Un sere Brüder in der Südafrikanischen Republik haben darum die einzige Antwort gegeben, welche auch uns zu geben möglich ist, nämlich, daß wir mit dem Kampfe fortfahren werden, bis wir unser Land wiederum vom Feinde befreit haben. Ihr könnt selbst sehen, welchen Werth die Bedingungen haben, die der Feind uns bietet. Wir sollen eine Regierung erhalten, in der in erster Linie die Stimme des Volkes nicht gehört werden wird und in letzter Linie dieselbe erstickt iverden kann. Eine gewisse Bezahlung für Gegenstände, die unsere Commandos von den Bürgern genommen haben, wird angeboten, dieselbe wird aber nicht im Geringsten ausreichend sein. Selbst wenn es zum Schlimmsten kommt, wird der Feind, wie der General-Commandant Botha richtig bemerkt, auf Grund der Gesetze und Gewohnheiten der ganzen civilisirten Welt ge zwungen sein, bei der Uebernahme des Vermögens eines Landes auch seine Schulden zu übernehmen. Der von Lord Kitchener genannte Betrag ist fast nicht hinreichend dazu, um das von der Regierung der Südafrikanischen Republik gesetzmäßig in Um lauf gebrachte Geld zu decken. Unsere Sprache wird unterdrückt werden, denn obwohl gesagt ist, daß beide Sprachen gebraucht werden sollen, wissen wir doch wohl, wie es unserer Sprache in Natal und in der Capcolonie ergeht, wo dieselbe Theorie gilt, die Praxis aber so verschieden ist . . . Doch, um es kurz zu sagen, was hat es für einen Zweck, alle die Puncte zu prüfen, da das Einzige, wofür wir kämpfen, die Unabhängigkeit un serer Republiken und unsere n a t i o n a l e E x i st e n z ist. Aus diesem Grunde, und allein aus diesem Grunde wollen, können und dürfen wir den Kampf nicht aufgeben. Brüder, laßt Euch in Eurem Glauben und Vertrauen an den Herren nicht wankend machen. Viele kostbare Menschenleben sind schon für unsere große Sache geopfert, und diese Menschenleben fordern uns auf, fortzufahren. Laßt uns nicht verzagt sein, sondern laßt uns, Männer, das Schlimmste erdulden, treulich unsere Pflichten un serem Lande und unserer Nation gegenüber erfüllen und de- müthig auf den Gott unserer Väter warten, der noch unser Gott ist. Er wird zu seiner Zeit uns ein freudiges Ende bereiten." Zu den Documenten, die im Lager von Roos Senekal auf gefunden wurden, gehört auch ein Circular, worin General Botha anordnet, welche Maßregeln gegen solche Boeren zu unternehmen sind, die die Waffen niederlegen und den Neu- tralitäts - Eid schwören. Darin heißt es: „Alle dienstpflichtigen Personen, welche auf den genannten Listen verzeichnet sind und die sich weigern, auf Aufforderung seitens des Feldcornets die Waffen wiederum zu ergreif^:, müssen sofort zum nächsten Gefängnisse geschickt werden, um dort die vom Gesetze vorgeschriebene Strafe zu verbüßen. Den genannten Personen muß ihre bewegliche Habe genommen wer den und der betreffende Feldcornet muß in Verbindung mit seinem Kommandanten und seinem General für Requisitions zwecke ein ordentliches Verzeichniß davon machen. Doch muß in allen diesen Fällen dafür gesorgt werden, daß für den Unter halt der Ehefrau und der Familie genügende Mittel übrig bleiben." Das Blaubuch schließt mit den folgenden Schriftstücken, die sich auf die letzten Unterhandlungen der Boeren- Co m Mandanten mit Krüger beziehen. Am 10. Mai schrieb General Louis Botha an Kitchener: „Wie ich Ew. Excellenz schon versichert habe, ist mir sehr darum zu thun, diesen Krieg und seine traurigen Folgen zu be endigen. Es ist aber, um den Bestimungen der Verfassung dieser Republik und anderen Bestimmungen Genüge zu thun, nöthig, daß, ehe in jener Richtung irgend welche Schritte geschehen, die Lage unseres Landes und der Stand unserer Sache Seiner Ehren dem in Europa weilenden Staatspräsidenten Krüger zur Kenntniß gebracht werden, und ich wünsche darum zwei Per sonen zu ihm zu schicken, damit ibn diese mit diesen Umständen genau bekant machen." Daran fügt Botha das Gesuch, Kitchener möge der Person oder den Personen, welche er zu Krüger zu entsenden wünsche, die ungehinderte Reise hin und zurück gestatten. Kitchener erwiderte darauf, er könne wegen Beendigung der Feindselig keiten nur mit Botha und den anderen im Felde befindlichen höheren Officieren unterhandeln, dagegen könne er irgend welchen anderen Personen in den ehemaligen Republiken keine officielle Eigenschaft zuerkcnnen. Kitchener fährt dann fort: „Wenn jedoch Ew. Ehren wünschen, zwecks Beendigung der Feindseligkeiten sich mit irgend welcher Person in Europa zu berathen, so will ich jedes Telegramm, das Ew. Ehren deswegen zu senden wünschen, befördern und Ihnen die Antwort zukommen lassen. Sollten jedoch Ew Ehren noch wünschen, Boten zu senden, und mir ihren Namen und ihren Charakter mit theilen, so will ich die Angelegenheit Seiner Majestät Regierung zur Entscheidung vorlegen." Am 2. Juli theilte dann Kitchener dem Kriegsministerium in London mit, daß die Boeren folgende von Schalk Burger und Steijn unterzeichnete Bekanntmachung veröffentlicht hätten: „Da Seine Ehren der Staatspräsident Krüger und die Deputation in Europa seit der Conferenz zwischen dem Gcneralcommandanten Botha und Lord Kitchener in Middel burg nichts Directes von unserer Regierung gehört haben, und da die Regierung der Südafrikanischen Republik cs für wünschenswert!) hielt, daß dieselben über die Lage der Dinge hier unterrichtet werden sollten, wurde denselben auf Ersuchen des Generalcommandanten und mit gütiger Erlaubniß Lord Kitche ner's ein privates Telegramm geschickt, in welchem die gesammte Lage der Dinge hier genau beschrieben und, um dem Rathe Sr. Ehren und der Deputation noch mehr Gewicht zu geben, ab sichtlich in das ungünstig st e Licht gesetzt wurde. Darauf hin theilte uns Seine Ehren mit, daß er und die Deputation noch große Hoffnung auf ein befriedigendes Ende des langen Kampfes hätten . . . und daß sie ihrerseits schon alle Schritte gethan hätten und noch weitere thun würden, um für die gefangenen Frauen undKinder und die Kriegsgefangen en gehörig zu sorgen. Um die Antwort Seiner Ehren zu discutiren und zu erwägen, wurde eine Con ferenz der Regierungen der beiden Republiken einberufen, an welcher der Hauptcommandant C. R. Dewet, der General- commandant L. Botha und der assistirende Commandant I. H. Delarcy theilnabmen . . ." Auf dieser Conferenz wurde, wie dann weiter mitqetheilt wird, in Anbetracht des befriedigenden Berichts des Präsidenten Krüger, sowie wegen des guten Fortschritts, den die Sache der Boeren in den Colonien mache, und mit Rücksicht auf die unschätzbaren materiellen und persönlichen Opfer, die ge bracht sind, und auf den ungebrochenen Geist des Widerstandes, der die große Mehrheit der Männer, Frauen und Kinder noch immer beseelt, beschlossen, „daß kein Frieden gemacht undkeineFriedensbedingungenangenommen werden sollen, bei welcher unsere Unabhängigkeit und unsere nationale Existenz oder die Interessen unserer Brüder in den Colonien der Kaufpreis sein sollen, daß ferner der Krieg kräftig fortgeführt und alle Maß regeln ergriffen werden sollen, um unsere Unabhängig keit und unsere Interessen zu bewahren." * äeernst» 8. Juli. General Methuen überraschte auf dem Marsch nach Enselsburg am Abend de» 3. Juli ein Dorren« lager und nahm 43 Boeren gefangen, erbeutete 29 Gewehre, 553 Stück Rindvieh, 600 Schafe, 38 Wagen und 600 Säcke Ge treide. 40 Boerensamilien wurden in das britische Lager gebracht. Die Boeren ließen 3 Todte auf dem Felde. Der Commandant entkam. Auf englischer Seite wurden 2 Mann verwundet. (Wer meldet dies? D. Red.) * London, 12. Juli. (Telegramm.) Die „Daily News" melden aus Bloemfontein vom 10. Juli: Dewet soll mit seinem Commando bei Braudfort stehen. Tie britische Abtheilung operirt südlich von Kroonstadt. Die Wirren in China. * London, 12. Juli. (Telegramm.) Den „Times" wird auS Shanghai gemeldet, daß dort hartnäckig sich Gerüchte er halten, daß Prinz Tuan mit einem großen Heere südwärts nach der Provinz Schansi marschire und der Thronfolger Puchyn zu ihm gestoßen sei, waS nur mit dem Wissen und der Zustimmung der Kaiserin.Regentin möglich ist. * Ehnilghai, 11. Juli. (Meldung de- „Reuter'schen BnreauS".) Lin Decret der Kaiserin-Regentin bestimmt, daß die chinesischen Gesandten diejenigen im Auslande lebenden jungen Chinesen namhaft machen sollen, die in ihren Studien oder ihrer sonstigen Thätigkeit hervorragende Fähigkeiten gezeigt haben; sie sollen aus Kosten der chinesischen Regierung nach China znrückgejandt werden und für geeignete Aemter gewählt werden können. * London, 12. Juli. (Telegramm.) Der „Morning Post" wird aus Nint schwang vom 8. Juli gemeldet: Der Hasen von Balny in der Tulienwen-Bucht wird im Lause des Herbstes theil- weise eröffnet werden. Die dortigen Docks werden für sechs oder sieben Dampfer Platz bieten. Wladiwostock kann mit Balny al» Endpunct der transsibirischen Bahn nicht verglichen werden. Der Berkehr zwischen Charbin und Niutschwang ist noch nicht er- öffnet, obgleich die Bahnlinie fertig ist. Die Russen haben an scheinend keine Absicht, Niutschwang zu räumen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 12. Juli. Der lächerliche, aber auch in hoben: Maße schädliche Zu stand, der durch das Fehle» eines RetchSzollgertchtS bedingt wird, dauert fort. Der BundeSrath hat etwas zur Be hebung der Uebelstände zu thun versucht, er legte im Jahre 1898 jeder deutschen Zollrircctivstelle da» Recht bei, amt liche Auskunft über die Tarifirung einer bestimmten Waare zu ertheilen, und schrieb vor, daß diese Auskunft für alle Zollstellen dieser Directivstelle bi» auf Weiteres maßgebend sei. Solcher Zolldirectivstellen giebt eS im Reiche nicht weniger als 27. Bon einer einheit lichen Tarifirung kann also so wenig die Rede sein wie vor diesem BundeSrathSbeschluß, der, genau besehen, den einzel staatlichen TarifausleguugSparticulariSmuS noch verschärft. Daß daSMittelchen deSBundeörath» wenig geholfen hat,bestätigt eine Darlegung deS Oberzollraths Volk in Köln, die in der „Zeitschrift für Zollwesen und Reichssteuern" erschienen ist. Ter Verfasser erkennt das Fortbestehen von Mißständen, die durch die Ungleichheit ver Tarifirung verursacht werden, rückhaltlos an. In Uebereinstimmung mit der Geschäftswelt hält er die Bundscheckigkeit der Zolljudicatur für gemein schädlicher, als tbatsächlich unrichtige Tarifirungen an sich. Ein richtiger, reeller Wettbewerb ist zwischen „Unterlhanen" verschiedener Directivstellen kaum möglich. Für den Wider sinn des Zustandes bat man im Reichstage ein Beispiel aus älterer Zeit angeführt, daS bei den betreffenden Artikeln sich nicht wiederholen wird, aber bei anderen Maaren noch immer in die Erscheinung treten kann. Die preußischen Zollstellen waren von der Ansicht ausgegangen, daß nur auf echten Eognac, Rum oder Arac die früheren Eingangssätze von 125 ./ll anzuwenden seien. Nach peinlicher Unter suchung der Waare wurde aber häufig der höhere Satz von 180 angewandt. Bayern und die andern süddeutschen Staaten verfuhren weniger subtil, sie be handelten allen handelsüblich als Cognac, Rum, Arac geltenden Branntwein nach dem gelinderen Zollsätze. Natür liche Folge: die für Norddeutschland bestimmten Cognac sendungen wurden über süddeutsche Aemter geleitet, dort zu dem niedrigeren Satze verzollt und dann ihrem Bestimmungs orte zugeführt. Mit solchen Vorkommnissen, die, wie gesagt» auch jetzt nicht inS Bereich der Unmöglichkeit gehören, hätte sich daS römische Reich deutscher Nation sehen lassen können. Abhilfe würde nur ein Reichsamt für Zollstreitigkeiten schaffen. Einer solchen Einrichtung aber widersetzten sich die Negierungen, die auf ihre Zuständigkeit nicht verzichten wollen und zum Verzichte nach ter Verfassung nicht gezwungen werden können. Deshalb haben sogar die Nationalliberalen oder doch diejMebrheit der oationalliheralen ReichStagSabgeord- neten im Jahre 1896 da» von ihnen seit Beginn der 80er Jahre geforderte NcichSzolltarifamt zwar nicht dem Gtdankeu nach preiSzegeben, aber sich vorläufig mit dem Verlangen nach obligatorischen ParticularauSkunslöstellen begnügt. Dieser Nothbchelf ist halb und halb geschaffen. Wie unzulänglich er ist, zeigt die oben erwähnte Auffassung deS Oberzollraths Volk, der gründliche Abhilfe für dringend nöthig erklärt. Einem Reichstarifamte spricht der Beamte angesichts deS Widerstandes der Negierungen nicht daS Wort, WaS be greiflich ist. Er will nur eine Centralauskunftsstelle errichtet sehen, eine Einrichtung, die, wie er meint, die Re gierungen ebenso gut acceptiren könnten, wie sie Einzel- directivstellen geschaffen haben. „Die juristische Construction bleibt die gleiche, nur die zolltechnische und volkSwirth- schaftliche Wirkung würde sich ändern." Herr Volk erbofft aber offenbar auch diese Neuerung nicht ernstlich. Er glaubt „fast", dieselbe Wirkung wie die Er richtung einer CeutralauSkunflSstelle würde dadurch erzielt werden können, daß alle von den einzelnen Directivstellen ertheilten Auskünfte sämmtlichen Bundesstaaten zur Kenntniß gebracht würden, die dann im eigenen Interesse „wahrschein lich" gleichlautende Verfügungen erlassen würden. Wahr scheinlich vielleicht nicht, denn wenn die Regierungen in der konsequenten Uebereinstimmung unter einander ihr eigenes Interesse erkännten, so würden sie schon jetzt in den Fällen, wo ihnen Auskünfte, die von ihren eigenen abweichen, bekannt sind, gleichlautende Verfügungen erlassen haben. Und wie soll sich eine Regierung verhalten, wenn ihr gleich zeitig zwei miteinander unvereinbare AuSkunftSertheilungen zur Kenntniß gebracht werden? Jeder neue Vorschlag in Feuölletsn. wahren Sie ihn bis morgen früh güt auf. Dan sind wir doch wenigstens sicher, baß sie ihn liicht wioder nächtlich mcksammt ihrem Brillantring verschenkt." Nach Schluß 'der Tafel bestand idi« Frau Staatsanwalt darauf, daß sich die eben 'Genesene zu einer Nachmittagsruhe nicderkege. „Nach dem Kaffee", sagte sie, „magst Du meinetwegen mit dem Herrn Rechtsanwalt zur Feier des Tages eine Wagenfahrt unternehmen. Aber jetzt wird geschlafen." Sie selbst geleitete die Miner noch Schwache in ihr Zimmer und nahm sich dabei imdeincrkt das werthvolle Papier aus idem Nachttischkasten, das sie oilbzst im S-ckbec schrank verschloß. Der Rechtsanwalt fuhr schnell in seine 'Kanzlei um den wackerem Born vom glücklichen Gelingen des Werkes zu unter richten und selbst in aller Eile nach den laufenden Geschäften zu sehen. Dann eilte er in die Avalibertstraße zurück, wo ihn Staats anwalts näbst der Frau Doctor zum Kaffee erwarteten. Diese hatte sich durch die kurze Mittagsruhe sehr gekräftigt und erholt unlo willigte gern in die von der Frau 'Stlaiatsanwalt vorge- schlageme Wagenfahrt. Jetzt, nun er an ihrer Sekt« zur -Städt hinaus in di« grünenden.Parkanlagen fuhr, jetzt fühlte er sich erst recht im Besitz seiner Braut, die er haute erst einem entsetzlichen Schicksal abgerungen und.dem Leben zurückerobert halt«. Mitten in den e-vwaichenden Frühling bi nein fuhr er nick ihr, und alle Angst und Qual der letzten Tage waren von seiner Seel« «-geschüttelt. Sie hatten die Hände ineinander verschlungen, uNd er erzählte 'ihr den Traum, den er heut« Morgen im Garten von ihrer oemeinsauren Zukunft geträumt hatte. Er erzählte ihc auch auf ihr Bitten all die Versuche und Enttäuschungen, die die J^gd nach >drm verhängmßvvllen Brief in diesen Tagen gebracht hatte. Doch scheute «r sich, «ihr Vie Unechtheit -deS künstlichen Erweckungsbriefes «inzugestehen. Gegen Ende der Erzählung wurde er daher langsamer uNd weitschweifiger uNd mußt« zu seiner Freude seinen Bericht abbrechen. Denn si« waren wiodrr zu Haufe angekommen, ehe er bis zum Schluß seiner Schilderung gelangt war. „Auf morgen", verabschiedete «r sich von chr, als er sie aus dem Wagen hob. „UNd nicht wchr? Heute Nacht verwandelst Du Dich zum Letzten Mate?" „Zum letzten Mal. Leb' wohl! Morgen auf Wiedersehen I" Rechtsanwalt Lohmann. Roman von Rudolf Jura. -lacht ruck vndottn. ,,Für Deine Gesundheit fimloen sich wohl auch andere Mittel" entgegnet« er; „und Du kannst doch nicht im Ernst daran denken, Dich auch, wenn wir vekheiraihet sind, immer von Abends zeqn Uhr bis Morgens zchn Uhr in Dein Dienstmädchen zu ver wandeln." Sic «rröthet« und schüttelte lächelnd den 'Kopf. „Nun also", fuhr er fort, „was verschlägt es Dir denn schließ, lich, gleich >heufi mit dieser unheimlichen Sache ein Ende zu machen? Gisb es auf! Versprich es mir!" Si« nahm die vargebotenc Hand und antwortete: „Ich verspreche Dir, es heute Abend -um letzten Mal« zu thun. Heute Wend aber brauche ich diesen tiefen Schlaf noch einmal zu meiner Stärkung. Denn ich fühle mich fahr ange griffen und muß morgen bei frischen Kräften sein, damir ich den Anstrengungen .des Strafgerichts gewachsen bin, >das wir morgen über daS saubere Fräul'ein -Kurzmüller abhalten wollen." Der Rechtsanwalt begnügte sich mit diesem Versprechen. Denn an dom wohlvertraufin festen Ausdruck rhres Gesichts merkte er nur zu gut, daß eS unmöglich sein Würde, sie zu einem noch woitergcheNden Versprechen zu 'bewegen. Daß aber diese letzt hypnotische Nacht ohne Unheil ablaufen 'mußte, dafür würde er schon sorgen. Boi Tische also, als der Staatsanwalt zur Feier der Ge- nestung i«L> Verlobung feiner SchnÄgerin rin Gläschen nach dem andern krank uNd sich tn rin behagliches, ganz unjuristisches Ge spräch mit ihr verwickelt hotte, wandet« sich der Rechtsanwalt an di« Frou Staatsanwalt und theilte ihr »mit, daß sich sein« jung« Braut nicht davon abbringen lass«, heute Nacht noch einmal, ge wissermaßen zum Abschied, ihr« gewohnte Verwandlung vorzu nehmen. „Damit itun nicht zuletzt noch «iwmol »in Unglück geschieht", schloß er feine Mckheilemg, „so bitt« ich Sie, nehmen Sie ihr dar» hchmHch den kostbaren Bofif au» dem Nachttisch und h«. Die Wagenfahrt war ihr gut bekommen. Nur ihr ge schwächter Körper hatte aus der frischen Luft eine schwer: Müdigkeit mitgebracht und ohne noch einmal bei Staatsanwalts vorMprechen, begab sie sich in ihre Wohnung, um zur Rühe zu gehen. Sie zog den Schubkasten des Nachttisches auf, um sich den Erweckungsbrief bereitzulegen, und da sie ihn darin nicht m«hr vorfantd, schrieb sic sich am Schreibtisch einen neun: und legte diesen aus die gewohnte Stelle. Dann hypnot-isirte sic sich, wie sonst allabendlich, und sank alsbald in ihren fisten Dienstmädchenschlaf, ohne von Brautschast unld Liebe zu träumen. XIII. Die Frau Staatsanwalt hatte den Brief sehr sorgfältig auf bewahrt, und um jede Möglichkeit eines abermaligen Mißgeschicks zu vermeiden, brachte sie ihn am a-nioern Morgen erst gegen zehn Uhr ihrer Schwägerin hinauf, zu welcher Zeit ihn diese ja ge wöhnlich zu lesen pflegt«. Zu ihrem größten Erstaunen trat ihr di« Schwägerin jedoch vollständig angrkleidet und in normalem Zustand entgegen, schien also diesmal ihre Dienstmädchenrolle gar nicht gespielt und aus diesem Grunde auch den Brief nicht gebraucht zu haben. Dir Frau Staatsanwalt erwähnte daher auch nichts davon, daß sie im Begriffe gewesen war, ihn ihr auf den Nachttisch zu legen. Sie hätte doch sonst einen Grund für die heimlich« Wegnahme de» Briese» an geben müssen und zog es natürlich vor, derartige Erklärungen zu vermeiden, 'Vie nur geeignet waren, die Aufmerk samkeit Maria's auf di« Fälschung des Briefes zu lenken. Si« behielt ihn daher ruhig in der Tasche und fragt« nur mit herzlicher LntheSinahrne nach ihrem Befittven. ,-Ausgezeichnet geht -mir's. Di« Antwort vom Vorstände deS Frauenvereins habe ich auch bereits. Er rrcheilt mir alle Vollmacht, und so werde ich heute Mittag das liebe Fräulein Kurzmüller mit mein«m Besuche überraschen und Abrechnung mit ihr halten. Ich hin sonst nicht eben rachsüchtig, aber ich gestehe doch, mich auf die Auseinandersetzung mit ihr e-niger-maßen zu freuen." „Rege Dich nur nicht zu sehr auf und schon« Dich noch. Du siehst immer noch recht blaß aus." „S« unbesorgt. Ich bin wisper ganz kn Ordnung. Ich will jetzt noch ein bis zwei Stunden arbeiten und daun mit dem Herrn R mit -meinem Bräutigam nach der Speisranstalt gehen." Dieser Vorsatz, zu arbeiten, -wurde jedoch nicht in die That umgesetzt. Denn kaum war ihre Schwägerin verschwunden, so traf der Rechtsanwalt «in, um sich ebenfalls nach ihrem Befinden zu erkundigen. Er erhielt keine so kurz« Auskunft, wie die Frau Staats anwalt. Fast bis Mittag saßen si« in traulichem Geplauder bei einander. Dann aber mahnte sie zum Aufbruch. „Ich muß -mich doch inoiner Freundin Kurzmüller als genesen vorstellen", sagte sie. „Auf denn zum Rachozug!" pflichtete er bei. Die schlau« Leiterin der Speisranstalt war eben 'wieher, genau wie vor acht Tagen, mit der Vertheikung der dürftigen sonn- täg'icheii Hungerkost unter ihre Tischgäste beschäftigt, al» ihr daS Mädchen denselben -Besuch meldete, der sie am Sonntag zuvor aus ihrem Frieden uns ihrer Gewissensruhe so jäh emporgeschrrckt Hatfi. Heufi erschrak sie noch mehr, als -das fitzte Mal; der Eintritt der Frau Doctor kam für sie einem Besuch aus dem Jenseits gleich. Denn sie hatte sie bereits als aus den Reihen -der Lehmden auSgeschfiden betrachtet und war -nun bei ihrem Anblick vor Urberraschung ganz fassungslos. Frau Doctor Römer blickte rhr mitt ruhiger, fast müder Ur Verlegenheit in -die vor Staunen und Gewissensangst verzerrten Züge, und nur «in I-eiser Ton -des SpotfiS lag in ihren Worten, als sie zu sprechen begann: „Warum tbun Sie so überrascht, liebes Fräulein? Eit war doch wohl selbstverständlich, daß ich angesichts der Zustände, die ich vor acht Tagen in Ihrer Buch- und Wirthschaftsfiihrung vor fand, alsbald noch einmal nach Ihnen und Ihrer Thätigkeit sehen würde!" „Gewiß, selbstverständlich, gnädigste Frau Doctor", «rwlderte Fräulein Kurzmüller, die allmählich ihre Fassung wi«d«rgewann. „Ich bin auch durchaus gerüstet, Ihnen Bücher und Taffe vorzu legen. Die kleinen Lücken, die ich bei meiner großen Arbeitslast an einigen Stellen gelassen hatte, habe ich auf das Sorgfältigste nochgetragen. Si« werden Alles in bester Ordnung und nichts auszusetzrn finden. Ich rechne auf Ihre gütige vollständige Zu. frtSdrnhrit." ' >
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite