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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190107140
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010714
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-14
- Monat1901-07
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1901
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Anzeigen-Pret- die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reelamen unter dem RedactionSstrich (»gespalten) 75 H, vor dell Familicnnach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l 60.—, mit Postbesörderullg 70.-> sAnnahmeschtnß für Anzeigen: Abe ad-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags nnunterbrocheu geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz iu Leipzig» 354. Sonntag den 14. Juli 1901. S5. Jahrgang Aus der Woche. Da» deutsche Reich hat seinen dritten Kanzler begraben. Viel warme Sympathie ist dem Fürsten Hohenlohe in die Gruft gefolgt und der Groll hat sich so wenig geregt, daß sogar die Frage auftauchte, ob eS denn für einen ge wesenen Reichskanzler schmeichelhaft sei, wenn von ihm gesagt werden dürfe, er habe keinen Feind hinterlassen. Dies läßt sich aber von dem Verstorbenen nicht mit Recht sagen. Dem UltramontaniSmus konnte cS nicht zweckmäßig erscheinen, am offenen Grabe des unbestreitbar frommen Katholiken und bayerischen Aristokraten seinen wahren Gefühlen Luft zu machen. Gehaßt bat man aber bis zum Ende in dem Fürsten Hohenlohe den Mann, der ein Rundschreiben gegen daS Unfehlbarkeitsdogma erlassen, und noch weit mehr den Politiker, der zur Einigung Deutschlands unter Preußen so viel gerade an jener Stelle gewirkt, wo sich ihr die größten Hindernisse entgegenstellten: in dem ausgedehnten und Gebiete von vier deutschen Stämmen umfassenden süddeutschen König reiche. Nom, wo der Name Hohenlohe wegen des Kanzlers Bruder, des dort allezeit verdächtigen Cardinals, ohnehin keinen guten Klang hat, vergißt nicht. Fürst Chlodwig Hohenlohe hat sich wohl auch über die Gesinnung des IesuitiSmuS selbst in der Zeit, wo er aus ihm wohlbekannten Gründen eine gewisse politische Unterstützung seitens desRcichStagScentrums genoß, keiner Täuschung hingegeben. Davon, ob sich in seinen Auf zeichnungen hierüber etwas findet, weiß man natürlich ebenso wenig wie davon, ob von den reichen Erinnerungen des Staatsmannes, der an vielen Punkten und in entschei denden Augenblicken am Webstuhle der Zeit gesessen, der Welt überhaupt etwas zugänglich gemacht werden wird. Jedenfalls darf man nicht boffcn, von den Intimitäten seiner Kanzler- thätigkeit zu erfahren. Hohenlohes höchste Verdienste in seinem letzten Amte bestanden im Verhindern; der loyale Monarchist wird nicht die Hand dazu geboten haben, daß infolge seiner Dazwischenkunft unausgeführt gebliebene Pläne nachträglich bekannt werden. Wenn die freisinnige TageSgeschichtschreibung zuverlässig gewesen wäre, so hätten wir wohl in der Woche, da der dritte Kanzler aus dem Leben ging, den vierten auS seinen Aemtcrn scheiden sehen. Bestätigte sich die Angabe, daß das preußische Staatsministerium die Bestätigung des StadtratheS Kaufs mann als Bürgermeister von Berlin in Vorschlag gebracht, so wäre eS auch in dem heutigen Preußen ausgeschlossen gewesen, daß nach der entgegengesetzten Ent scheidung des Monarchen Graf Bülow seine Ent lassung nicht genommen hätte. Die Nachricht war falsch, der Ministerpräsident, mag er auch vielleicht die Bestätigung erwartet und gern gesehen haben, ist mit dieser Angelegenheit im constitutionellen Sinne nicht befaßt gewesen. Damit entfällt für das nichtpreußische Deutschland das brennende politische Interesse an der neuesten „Affäre". Der Führer der freisinnigen Volkspartei hat, wie immer, schlecht operirt, als er eine Maßregel, die ihm begreiflicher weise auffallen mußte, im Widerspruch mit dem Sackver- halte unter einen Gesichtspunkt rückte, von dem aus man im ganzen Reiche die Berliner Negierungsverhältnisse scharfer Kritik hätte unterziehen müssen. Herr Richter arbeitet an scheinend auch jetzt nickt glücklicher, wenn er behauptet, die „Militäraffaire" des Herrn Kauffmann, also die Verab schiedung als Landwehrosficier, sei in einem Schreiben deS Ministers des Innern an den Oberbürgermeister als der Grund der Nichtbestätigung bezeichnet worden. Die „Frei sinnige Zeitung" läßt Lurchblickeu, daß Frhr. v. Hammerstein dem Herrn Kirschner damit etwas auch ihn, den Minister, Ueberraschendes mitgetheilt habe, daß also für den eben erst ins Amt getretenen Chef der politischen Verwaltung der Anlaß gegeben sei, aus der Nichtbeachtung eines Vorschlags in einer politisch nicht gleichgiltigen Angelegenheit die Con sequenzen zu ziehen, um so mehr, als die Nicht bestätigung auf das Militär - Cabinet znrückzuführen sei. Freiherr von Hammerstein soll in der Thal die Bestätigung beantragt haben. Aber nicht einmal von freisinniger Seite wird behauptet, die „Militäraffaire" sei ausschließlich für die Ablehnung deS Gewählten be stimmend gewesen. Herr Kauffmann gehört der radikalen Fraktion an, die von Herrn Eugen Richter im radikalen Sinne und — was in diesem Falle von Wichtigkeit ist — in schroffen oppositionellen Formen geleitet wird. Der Nicht bestätigte hat für seine Person allerdings niemals zu er kennen gegeben, daß ihm das Auftreten seines Fraktion-- führers sympathisch sei. Herr Kauffmann, der, beiläufig be merkt, als Vicepräsident der ReichStagScommission für da» Bürgerliche Gesetzbuch fungirt hat, ist kein Mann der scharfen Tonart. Und da die Zugehörigkeit zur freisinnigen Volkspartei an sich auch neuerviug» nicht praktisch mit der Unfähigkeit zur Bekleidung hoher Gemeindeämter iventificirt worden ist, vielmehr nur, wie im Falle Dullo, die Be stätigung aus Gründen, die aus der Art der Bekundung der parteipolitischen Ueberzeugung hergeleitet waren, versagt worden ist, so wäre die Ablehnung Kauffmann'-, wenn sie wegen seiner Parteimitgliedschaft erfolgt sein sollte, ausfällig. Eine Erklärung wäre aber immerhin zu finden. Der Bürger meister, dessen Nachfolger der Nichlbestätigte werden sollte, der gleichfalls der VolkSxartei angehörige Brinkmann, kam von aus wärts, Kauffman» hingegen ist schon vor mehreren Jahren zum Berliner Stadtrath gewählt und die Berliner Gemeinde verwaltung und -Vertretung haben schon wiederholt Kund gebungen des Mißfallen« über sich ergehen zu lassen gehabt. ES sei nur beispielsweise an den Empfang der Abordnung erinnert, die dem Kaiser den sogenannten BezaS-Brunnen zum Geschenk anbot, sowie an da» bekannte Schreiben de- Oberhvfmeister- Grafen Mirbach au die Stadtverordnete». Auf alle Fälle ist auch diese neue „Affaire" keine erfreuliche. Die Ankündigung der Canalvorlage für die nächste Landtag-session, die von Herrn v. Thiele in Coblrnz erging, ist von der canalfreundlichen Presse, die doch etwa- zugelernt zu haben scheint, mit gedämpfte» Tönen der Genugthuung ausgenommen worden und die canalfeindliche schweigt entweder gänzlich oder sie giebt sich den Anschein, zu glauben, e» sei überhaupt noch kein definitiver Beschluß gefaßt worden. Die Aeußerung deS EisenbahoministerS lautete aber ganz bestimmt und unzweideutig. Er kann sich vielleicht nicht auf seine College» berufen, aber der Zustimmung der maßgebenden Stelle muß er sicher gewesen sein. Sollte wirklich über haupt noch nichts beschlossen sein, so würde der Coblenzer Vorgang nicht anders zu erklären sein, als aus dem Schlüsse, den der Abgeordnete Bassermann im Reichstage auö den Er scheinungen bei der Ausfahrt deS Grafen Walbersee zog: „DaS Reden steckt an." Es giebt in Deutschland verwunderlicherweise Leute, die sich wundern, daß der Papst die französische Republik nach dem Zustandekommen des Vereinsgesetzeü über die geistlichen Orden so glimpflich behandelt hat. Tas Verhalten der Curie entspricht jedoch durchaus ihrer Politik, die dem Lande des Revanchegedankens und dem Mitgliede des Zweibundcs ernstliche Verlegenheit nicht bereiten will. Wenn es den großen Plan der Revibirung der Ereignisse von 1866 und 1870/71 zu fördern gilt, ist der UltramontaniSmus niemals empfind lich und eS hat auch gar nichls Ueberraschendes, daß der klerikale Deutschenfresser Ugron nichts dabei fand, mit dem antiklerikalen Herrn Delcassö Fühlung im Interesse der Zer störung des Dreibundes zu suchen. Und die deutschen Centrumsleute lassen sich an Toleranz gegen deutschfeindliche Feindschaft gegen den KatholiciSmus vom Auslande kaum übertreffen. Der Krieg in Südafrika. Ruhland und der Vocrcnkrirg. Von tranSvaalischer Seite in Brüssel wird die jüngste Erklärung deS Präsidenten Krüger, daß jede Hoffnung auf eine Intervention des Zaren anfzugeben sei, in folgender Weise erklärt: Or. LeydS hatte während der letzten Monate drei Mal Schritte unternommen, um den Zaren zu irgend einer Handlung oder Kundgebung zu Gunsten der Bveren zu veranlassen. Der erste Versuch war direct an den Zaren gerichtet; die Antwort trug jedoch einen hin zögernden Charakter, indem Kaiser Nicolaus einerseits ab lehnte, Krüger in Livavia zu empfangen, und er anderer seits wegen seiner noch nicht feststehenden Neisepiäne für den Sommer den Ort und Zeitpunct einer Zusammenkunft noch nicht angeben könne. Alsdann ging vr. LeydS die französische Regierung um ihre Ver mittelung bei der russischen Regierung an; dieser Schritt schien anfangs sehr erfolgreich, als plötzlich die Marokko- frage dazwischentrat und man in Paris die süd afrikanische Angelegenheit nur noch mit offenkundiger Lauheit behandelte. Aehnlich ging cs mit den ver sprochenen guten Diensten der n o r d a m e r i k a n i s ch e n Negierung, die noch vor drei Monaten zugesagt batte, sie würde die russische Regierung zu einem gemeinschaftlichen Vorgehen hinsichtlich der FrievenSvermittelunz eiuladcn. (?) Das Envergebniß auch dieses Schrittes war ein völlig negatives, wobei die inzwischen eingetretenen zo l lp o l it: sch en Gegensätze zwischen Rußland und Nordamerika wesentlich beigetragen haben dürften. Nachträgliches zum Diebstahl des ActenkosferS aus der rransvaalgcsanvtschast. AuS Brüssel wird unS gemeldet: Vor etwa einem halben Jahre war bekanntlich aus dem Hause der Trans vaalgesandtschaft ein Koffer entwendet worden, welcher vielfach von vr. LeydS auf seinen Reisen als Behälter diplomatischer Actenslücke mikgefübrt worden war. Inzwischen ist es den vereinten Bemühungen der belgischen Polizei und der transvaalischen Gesandtschasls- beamtrn gelungen, die Persönlichkeit des ThäterS fest zustellen. Derselbe ist aus der französischen Schweiz gebürtig und war kurze Zeit in Südafrika, wo er sich einige Empfehlungen von Boerenseite zu verschaffen wußte. Seit Beginn deS Krieges hielt er sich in Brüssel auf, kam häufig in die TranSvaalgesandtschast und wurde in der selben auch einige Wochen aushilfsweise als Schreiber beschäftigt. Jedenfalls aber leistete derselbe von Anfang an für England Spionendienste und so glaubte er durch die gelegentliche Entwendung deS Actenkoffers seinen englischen Auftraggebern einen großen Dienst zu leisten. In dem Koffer befanden sich jedvch in dem fraglichen Augenblick nichts weniger denn diplomatische Actenslücke. Der Thäter aber war seit jenem Tage in Brüssel nicht mehr gesehen worden und dürfte sich jedenfalls auf dem ihm mehr Sicherheit bietenden englischen Boden aufhalteu. * L»ub»N, 13. Juli. (Telegramm.) In seinem Dank schreiben für die ihm übermittelte, rin Vertrauensvotum für die Regierung enthaltende Resolution einer Versammlung im Guildhall drückt Lord Salisbury die Ansicht au», die Ermuthigung der Boeren rühre von den Reden der Boerensreunde In England her, und versichert, die Regierung sei fest entschlossen, den Krieg zu einem «»dgiltigrn und erfolgreichen Ab- schluss« zir bringe». Die Wirren in China. L-iuaS Handel tu» ersten Vierteljahr 1S01. AuS Shanghai, 2. Juni, schreibt man unS: Soeben wird bekannt, daß die Einnahmen des chinesischen Seezollamte» im ersten Vierteljahr 1901 sich auf 4,36 Millionen Taels belaufen haben. Das ist sogar noch eine Kleinigkeit mehr al» im ersten Quartal 1899, wo sie 4,32 Millionen Tael» betrugen, und eine halbe Million mehr als 1898. Hinter 1900 bleibt die Einnahme allerdings um 1,03 Millionen zurück. Es ist interessant, einen Blick auf die einzelnen Landestheile zu werfen und zu sehen, in welcher Weise sich die Folgen de» Kriege» bemerkbar gemacht haben. Der Ausfall in den vier nördlichen BertragShäfen beläuft sich gegen 1900 auf nur 30000 Tael». Im Aangtsethal, abgesehen von Shanghai, sind die Einnahmen um nur 10 000 Taels hinter denen des Vorjahres zurückgeblieben und übertreffen die der drei ersten Monate 1899 um rund Million Taels. Ein Rückgang ist dagegen in Shanghai zu verzeichnen; hier sind nur 1,26 Mil lionen Taels eingegangen, gegen 2,27 Millionen im Jahre 1900 und 1,36 Millionen im Jahre 1899 und 1,31 Millionen in 1898. Im Süden ist von der Einwirkung des Krieges überhaupt nichts zu merken, Canton weist sogar eine ansehnliche Zunahme in den Zolleingängen auf. Jedenfalls hat das Resultat hier ganz außerordentlich über rascht und man sieht, wenn die Unruhen erst einmal wirklich ihr Ende erreicht haben, einem erheblichen Aufschwung im Handel entgegen. Ob dieses Ende allerdings schon vor der Thür steht, ist eine ganz andere Frage; in dieser Hinsicht ist man auch heute hier noch nicht sehr optimistisch. * London, 13. Juli. „Daily Mail" meldet aus Peking vom 12. Juli, es sei ein neuer wichtiger Schritt bei den Verhandlungen mit China vorwärts gethan worden. Es sei nämlich ein neuer Vorschlag betreffend die Schaffung eines Schuldentilgungsfonds für die chinesische Entschädigung gemacht worden und bei allen Mächten zur Annahme gelangt. Nach dem Plane handele es sich um eine Art von steigender Skala, welche eine völlige Einlösung aller Bonds zum Jahre 1934 vorsieht. * Washington, 13. Juli. (Teigramm.) Ter Staatssekretär Hay hat den amerikanischen Vertreter in Peking, Nockhill, an gewiesen, den Antrag Japans auf Erhöhung der von Japan geforderten Schadenersatzsumme zu unterstützen. Japan will damit einen Ausgleich für Len Minderwerth erhalten, den seine Bonds im Vergleich mit denen der übrigen Mächte haben. Deutsches Reich. -g- Leipzig, 13. Juli. An Stelle deS in den Ruhestand tretenden Herrn ReichsgerichtsratheS Schulte wurde Herr Landgerichtspräsident Boele in Aurich zum Neichsgerickts- rath ernannt. — Ueber die Richterlaufbabn des Neu ernannten, der am 1. October d. I. sein Amt antreten wird, sind wir in der Lage folgenve Mittheilungen zu geben. Nach Vollendung des Vorbereitungsdienstes wurde Herr Boele im Jahre 1869 Gerichtsassessor, 1871 KreiSrickter in Lüding hausen und später in Ibbenbüren, wo im Jahre 1879 seine Ernennung zum Amtsrichter erfolgte, in welcher Eigen schaft er 1887 nach Bochum versetzt wurde. Im Jahre 1888 erfolgte seine Beförderung zum AmtSgcricktSrath, 1889 zum Oberlandcsgerichtsrath in Hamm, 1897 zum Landgerichtspräsidenleu in Aurich und nunmehr zum Rcichs- gerickisrath. Für seine manuichfachen Verdienste wurde ihm der Rothe Adlerorden vierter Classe verliehen. Berlin, 13. Juli. (Klerikale Förderung der Los von Rom-Bewegung.) Daß eine ultramontane Verlagsanstalt auS Erwerbssucht sich dazu hergeben werde, die Los von Rom-Bewegung zu fördern, haben wohl auch Diejenige», die den Gesckästsultramontanismus auS Erfahrung kennen, nicht sür möglich gehalten. Und doch ist es geschehen, und zwar durch die Verlagsanstalt G. S. Maur in München, in der der „Bayerische Courier" erscheint. Je unbequemer nun dieses Blatt schon öfter dem KlerikalismuS geworden ist, mit um so größerer Schärfe wendet sich nunmehr die gesammte süddeutsche und österreichische klerikale Presse gegen den Verlag, der eine so unerhörte Handlungsweise sich hat zu Schulden kommen lassen. Entdeckt bat dies Verbrechen die in Salzburg erscheinende „Kathol. Kirchenztg." in einem im österreichischen Preßpolizeiblatte veröffentlichten Erkenntniß des Landgerichts Innsbruck vom 20. Februar 1901, dem zufolge „die von Karl Habermann in Innsbruck heraus gegebene, in der Deutschen Verlagsanstalt G. S. Manz in München gedruckte und im Commissionsverlage in München erschienene Druckschrift „Zur Wiedergeburt des deutschen Volks thums" sür Oesterreich verboten wird." In diesem Fluzblatte werden der „Scherer" und der „Odin", die Broschüre Graßmann's gegen Liguori, das Werk des Grafen Hoensbroech über das Papstthum, ja sogar Panizza's Sckrift über die unbefleckte Empfängniß der Päpste empfohlen l DaS Salzburger klerikale Organ bemerkt hierzu unter Andern: „Wenn ein wegen religiöser Verhetzung beschlagnahmtes Flugblatt in derselben Druckerei ber- gestellt wird, wie Herz-Jesu-Bücher, so ist daS eine Schande für eine katholische Anstalt, ein Gebühren, wie es wohl ohne Beispiel dastehen wird und wie eS in um gekehrtem Falle von einem katholikenseindlichen Geschäfte kaum jemals wird vorgekommen sein." — DaS Verfahren der Münchener Manz-Druckerei ist allerdings sehr „eigenthüm- lich"; doppelt eigenthümlich ist eS dc-halb, weil von reichsdeutscher klerikaler Seite die Los von Rom-Bewegung nicht nur als eine religiöse, sondern auch als eine politische, „hochvcrrätherische" bekämpft wird. Dem „Bayr. Courier" dürfte die Aufdeckung seiner geschäftlicken Beziehungen zur LoS von Rom-Bewegung noch lange zu schaffen machen. Berlin, 13. Juli. (Ein anarchistischer Grün- dungsplan.) Tie Anarchisten in Zürich können eS nicht mehr länger mit ansehen, daß der Anarchismus i» den deutschen Ländern nicht ernst genug genommen wird. Zur Abhilfe diese- UebelstandeS haben st« die Gründung eines neuen Anarchistenblattes in- Ange gefaßt. Dasselbe soll monatlich in Broschürenformat 16—24 Seiten stark er scheinen und allen Richtungen des Anarchismus offen stehen. Außerdem soll eS der Entwickelung der socialdrmo- kratischen Lehre mehr Aufmerksamkeit schenken. „Durch Bernstein haben sich die theoretischen Parteigrundsätze der maßen verschoben, daß die Waffen, die wir zu ihrer Be kämpfung anwenden, weil zu alt geworden, ihre Schärfe verloren haben. Durch kritisches Beleuchten der socialdemo- kratischen Jdeenentwickelung sollen den Genossen neue scharfe Waffen geliefert werden." — Da- Berliner Anarchistenorzan „Neues Leben" wünscht zwar dem Züricher Unternehmen den besten Erfolg, fügt aber die ebenso skeptische wie be zeichnende Anmerkung hinzu: „WaS die materielle Hilfe an- belangt, so sehen wir leider etwas pessimistisch in die Zukunft, denn wir können vielen unserer Genossen den Vorwurf nicht ersparen, daß sie viel versprechen und leider wenig halten." * Berlin, 13. Juli. (Schutz gegen unlauter» Wettbewerb im AuSlande.) Bekanntlich steht nach dem Gesetze über den unlautern Wettbewerb Denjenigen, deren Hauptniederlassung sich nicht innerhalb des Reichs befindet, ter Schutz nur insoweit zu, als nach einer Bekanntmachung des Reichskanzlers den Reichsangehörigen ein entsprechender Schutz ebenfalls gewährt wird. Bisher ist eine der artig- Bekanntmachung noch nicht ergangen, und mit vollem Neckt: hat daher die Rechtsprechung angenommen, daß die betreffenden Personen sich auf den Schutz des Wettbewerbs gesetzes nicht berufen können. Die früher bestrittene Frage, ob nicht der Abschluß eines StaatenvcrtragS über den gegen seitigen Patent-, Marken- und Musterschutz einen Voll wertbigen Ersatz für die vorgesehene Bekanntmachung des Reichskanzlers bilde, wird ganz überwiegend in ver neinendem Sinne beantwortet, so auch vom Reichsgericht mit Bezug auf das Verhältniß zwischen Deuschland und Oesterreich-Ungarn. Aus diesem RechtSzustande ergiebt sich nun die für den deutschen Gewerbetreibenden, der mit dem AuSlande in geschäftlichen Beziehungen steht, höchst unangenehme und nachtheilige Thatsache, daß er in den meisten Staaten auf die Gewährung deS Schutze- gegen unlautern Wettbewerb regelmäßig verzichten muß; selbst in Frankreich ist eö höchst zweifelhaft, ob der Ausländer die Praxis über die ccmcurreuco ckelo^Llö zum Schutze seiner Interessen anrufen kann. Eine Aenderung in dieser Hin sicht wäre sehr erwünscht und eS erscheint durchaus an gebracht, wenn man sich in den Kreisen der engeren Inter essenten lebhaft mit der Frage befaßt, ob nicht Verhand lungen zum Zwecke deS Abschlusses von Staat-verträgen anzu bahnen seien, die einen gegenseitigen Schutz gegen den un lautern Wettbewerb, vollkommen gleichwerthig demjenigen, der den eigenen Staatsangehörigen zu Theil wird, gewahren würden. Dieser durchaus berechtigte Wunsch wird theilweise durch den Beitritt veS Reichs zu dem Pariser bezw. BrüsselerVertragüberdenSchutzdeS gewerblichen Eigenthums erfüllt, mit dessen Genehmigung der Reichstag sich zu befassen haben wird. Für die Angehörigen de- UnionS- landeS wird ein Schutz gegen unlautern Wettbewerb gewährt, ob der Umfang und Inhalt desselben durchaus der gleiche ist wie der dem Inländer zu Theil werdende, diese Frag» ist freilich nicht ohne weiteres zu bejahen; nach den Vorschriften des deutschen Rechts würde dies nicht der Fall sei«, da der Schutz deS Gesetzes von 1896 den in Deutschland eine Hauptniederlassung nicht besitzenden Personen nur inso weit zusteht, als in dem Staate ihrer Hauptniederlassung deutschen Gewerbtreibenden ein entsprechender Schutz zu Theil wird. Daraus folgt, daß, wenn nach der Gesetz gebung eines der UnionSstaalen ein Schutz gegen Betriebs schädigung (äeuizremeut) nicht bekannt ist, in Deutschland ein Schutz hiergegen auch versagt werden müßte. Mit den Staaten, die der Union zum Schutze des gewerblichen Eigen thums nicht beigctreten sind, dürfte eine Vereinbarung über die gegenseitige Gewähruug des Schutzes gegen unlauteren Wettbewerb im Interesse des deutschen Gewerbefleißes Wohl zu erreichen sein, und vielleicht bildet die Erneuerung der Handelsverträge die passende Gelegenheit dafür. (Köln. Ztg.) * Berlin, 13. Juli. (Zur Rückfahrkartenreform.) Herr v. Tbielen läßt sich dir weitere Vervollkommnung seiner Rückfabrkartenreform außerordentlich angelegen sein. Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt folgende Mittheilung: Neuerdings verlautet, daß die Verlängerung der deutschen Rück- sahrtkarte ans 45 Tage sogar auch im Verkehr mit außer deutschen Bahnen ernstlich in Angriff genommen ist. Hiernach ist kaum noch daran zu zweifeln, daß sehr bald über eine für die Eisenbahnen und das reisende Publicum gleich wichtige Bestimmung des Personentarifs in kürzester Frist Einigkeit im ganzen deutschen Reiche und vielleicht auch einzelne» Nachbarstaaten herrschen und damit ein diesem Tarif feit Jahr zehnten anhaftender Mangel glücklich beseitigt sein wird. Die deutschen Personentarife, deren Buntscheckigkeit, um nicht zu sagen Verworrenheit, förmlich sprichwörtlich geworden war, werden damit an Durchsichtigkeit, Klarheit und Einfachheit wesentlich gewonnen haben. Möge diese nach dem officiösen Blatte „kaum noch zweifel hafte" Neuerung wirklich auch „sehr bald" zu Stande kommen. — UebrigenS sei bei dieser Gelegenheit eines recht praktischen Vorschlags gedacht, der in der „DreSdn. Ztg." gemacht wird; es heißt da: „Nun kommt die Frage de» Ausrechuens de» Verfalltage» in Betracht. Den auszurechnen wird Manchem schwer fallen. Um nun ollen Betheiligten, auch den Bahnsteigschaffnern, da» AuSzähle» der Tage zu ersparen, wäre e» richtiger, wenn anstatt de- DatumS des Ausgabetage- da- des Verfalltage» auf gestempelt würde. — Der BereinSbund deutscher Zahnärzte batte an sämmtliche deutschen Aerztekammern und Aerzte-Krei-vereinS- AuSschüffe daS Ersuchen gestellt, r» für unstatthaft zu erklären, daß approbirte Aerzte bei Zahnoperationen, welche Zahn techniker auSführen, die Narkose übernehmen. Der Ausschuß der preußischen Aerztekammern, sowie fast sämmt liche Aerztekammern des deutschen Reiches haben diese- Er suchen der Zahnärzte abgelehnt, sodaß es nach wie vor den Aerzten gestattet ist, bei Zahntechnikern Narkosen auS- zuführen. Die von den Zahnärzten ausgesprochene Auf fassung, daß Zahntechniker den Curpfuschrrn gleichzustellen seien, wurde von keiner Aerztekammer getbeilt; eS wurde bcrvorgeboben, daß die Zahntechniker zur Behandlung von Krankencaffenniitgliedern zugelaffen seien, sosern die Mitglieder eine solche Behandlung wünschen. DaS Verhält- niß zwischen Arzt und Curpfuscher sei ein ganz andere-, al» da» zwischen Zahnarzt und Zahntechniker. Die Zahn techniker üben in der Mehrzahl ihren Beruf erst dann selbst- ständig auS, wenn sie sich in langen Jahren al- Lehrlinge, Gehilfen und Assistenten sür diesen Berus vorbereitet haben, und solchen Personen könne man die Zuverlässigkeit nicht absprechen. — Eine Erklärung gegen da« Duell hat, wie be kannt, der CentrumSsührer Fürst zu Löweusteiu angeregt.
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