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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000806012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900080601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900080601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-08
- Tag1900-08-06
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Ablehnung aller Angebote, Auswahl der Bewerber und Theilung der Lieferung bleibt Vorbehalten. Leipzig, den 3. August 1900. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. L. Dcrmiethungen. 1) Aerberftratze Rr. 57 LV Laden mit Niederlage zu 700 jährlich vom 1. Oktober 1900 ab, 8) SalzgLtzchen Rr. 2 Laden mit Niederlage und Contor zu 1500 jährlich vom 1. April 1901 ab, 3) Kurprtuzstraste Rr. 14, Markthallcucckgcbäude, Eckladen nebst einem im Kellergeschoß befindlichen Lager- raume zu 2000 jährlich vom 1. Oktober 1901 ab, eventuell früber und mit Ladeneinrichtung, 4) Rcichsstratze Nr. v Kellerraum zu SO ^l jährlich vom 1. Oktober 1900 ab, 5) 2« der VI. Bezirksschule (Ecke Moltkc- und Eliscnstrastc» Kellerraum — auch alS Werkstatt für geräuschlose Ge werbe zu verwenden — zu 300 jä rlich sofort, MiethgesuLr werden auf dem Rathhausr, 2. Obergeschoß, Zimmer Är. 20 entgegengenommen. Leipzig, den 2. Juli 1900. Der Rath der Stadt Leiptig. vr. Tröndlin. Römer. Graf Ernst von Mansfeld.*) Nachdruck »erberer Durch die Jubelfeier anläßlich de« 700jähriaen Be stehens der Mansfelder Gewerkschaft ist durch Kaiser Wil helm ll. auch daö Andenken an ein berühmtes Geschlecht, derer von Mansfeld, wieder wachgerufen worden. Dies Geschlecht hat der Geschichte bedeutende Männer gegeben, die bekanntesten davon sind Graf Hoyer, der tapfere und treue Anhänger Kaiser Heinrichs V., der in der Schlacht am Welfesholzc sein Helden leben gegen Wiprecht von Groitzsch lassen muhte, und Ernst, Graf von Mansfeld, von dem Schiller in der Geschichte des dreißigjährigen Krieges sagt: „Immer vom Schicksal verfolgt und immer größer als sein Schicksal!" Graf Ernst, der bedeutendste unter den ManSfeldern, ward 1580 zu Luxemburg in den Niederlanden geboren, wo sein Vater, der gefürchtete Graf Peter Ernst von Mansfeld, Gou verneur war. Peter Ernst von Mansfeld war dreimal ver mählt, seine drei Gattinnen hatten ihm zwölf Kinder geboren, alle überlebte er. Aus einer vierten Ehe, deren Rechrsglltigkeit sich nicht beweisen läßt, da in keinem Archiv bisher unzweifel hafte Urkunden aufgefundcn wurden, entsprang der später viel genannte Held Ernst. Er war der Erstgeborene, nach ihm wur den noch geboren Karl und Anna. Welchem Geschlechte die Mutter angehörte, darüber gehen die Meinungen auseinander; nach der Meinung deS Einen soll es eine Geborene von Eyken gewesen sein, nach den Berichten Anderer eine Anna von Benz rath. Dem mehr al» achtzigjährigen Greise entbrannte noch einmal das Herz in Liebe; aus einem anderen Verhältnis^ wurde ihm ein Sohn geboren, der bei der Taufe in der Nicolaikirche zu Luxemburg den Namen Philipp erhielt. Im Mai 1604 starb der greise Fürst, Graf Peter Ernst; bei Eröffnung seines Testa mente» ergab sich, daß Ernst sammt seinen übrigen Geschwistern Karl und Anna enterbt war; nur eine Art Fürbitte an die *) Benutzte Literatur: R. Reuß, Ernst v. Mansfeld im Böhmischen Kriege; Uetterodt, Ernest Graf zu Mansfeld. spanische Linie de» Hauses Habsburg enthielt der letzte Wille, und so stand denn Ernst mittellos und vereinsamt im Leben. Daß unter so wechselnden Familienverhältnissen des Vaters auch die Jugend des Grafen Ernst mit beeinflußt werden mußte, ist selbstverständlich. In den Kreisen, in die der Knabe seiner väterlichen Abstammung nach gehörte, fand er nie die rechte Anerkennung; man erachtete ihn nicht für eben bürtig. Als er in seine Bücher neben seinen Namen den Schild spruch seines Vaters setzte, ward ihm eine derbe Züchtigung zu Theil. Sein Erzieher, der Oberst Eustach von Münchhausen, war der Meinung, daß cs einem Bastard nicht zieme, den Wahl spruch eines altadeligen Geschlechts zu führe». Mit dem fünfzehnten Lebensjahre betritt Ernst von Mans feld die Laufbahneines Kriegers, die er von nun ab bis an sein Lebensende nicht wieder verlassen sollte. Im Jahre 1595 geht er zu seinem Halbbruder, den gefürsteten Grafen Karl von Mansfeld, nach Ungarn und kämpft hier gegen die Türken. Vor Gran findet sein Halbbruder plötzlich seinen Tod, deshalb geht Mansfeld nach Brüssel zurück und tritt in spanische Dienste. Während der Belagerung von Ostende wird ihm mehr fach Gelegenheit boten, sich rühmlich auszuzcichnen. Eine glänzende Zukunft schien thm in Folge ferner kriegerischen Fähigkeiten am habsburgischen Hofe gesichert. Plötzlich starb sein Vater, und damit verlor er die Stützen, die rhn schnell hätten ackfwärts bringen können. Für Mansfeld trat nun eine trübeZeit ein. Ueberall er fuhr er Kränkungen und Zurücksetzungen, „er war Allen im Wege, man wollte nichts von ihm wissen". Besonders bemühte man sich, ihn als illegitim darzustellen, so daß er kein Anrecht an dem reichen Erbe seines Vaters habe. Im Juni 1606 unter nahm Graf Friedrich von Berg einen Hand;; reich gegen Sluis. Mansfeld diente unter Graf Friedrich von Berg als Oberster. Da dieses Unternehmen nicht von Erfolg begleitet war, so entstand eine allgemeine Entrüstung und man forderte eine genaue Untersuchung, die sich von Seiten des Hofes nicht gegen die spanischen Officiere richtete, sondern gegen etliche Aus länder und Mansfeld; er ward seiner Charge als Oberst ent setzt. Zum Glück gelang es ihm, die Ungerechtigkeit des Urtheils zu beweisen, auch nahm die öffentliche Meinung für ihn Partei, und so kam es, daß ihm unterm 22. October 1607 dadurch Ge- nugthuung gegeben ward, daß man ihm ein neues Werbe- patent ertheilte. Sofort trat er der Formirung einer Schwa dron Kürassire näher,, die er nach und nach mit Genehmigung verstärkte. Plötzlich bekam man vor ManSfcld Angst, man meinte, der schwcrgekränkle tapfere Führer könne seine Macht benutzen, um ihm widerfahrene Unbill zu rächen; aus diesem Grunde erhielt er Befehl, die Fahne niederzulegen, seine Mann schaft aber solle in 24 Stunden das Land verlassen. Kaum war diese Kunde bis zu den Mansfcld'schen Kürassircn gedrungen, so raubten diese das Gepäck und schafften bei Seite, was ne er langen konnten. Dabei gingen auch Mansfeld s Habseligkeiten sämmtlich verloren, nur die Fahne ließen sie ihm zurück. Mans feld blieb in Luxemburg, um doch noch in einiger Verbindung mit den maßgebenden Kreisen zu bleiben. In Luxemburg machte sich ein ungebundenes wüstes Leben breit, in welches auch Mansfeld gezogen ward. Eines Ehrenhandels wegen verließ er Luxemburg und blieb auch mehr als ein Jahr der Beobachtung entzogen. Was er in dieser Zeit ge trieben und wo er sich aufgeyalten haben mag, das ift unbe kannt. „AuS jener Stille und Verborgenheit jedoch geht Mans feld hervor, gereift nicht allein in kriegerischen Kenntnissen, sondern auch wohlvertraut mit staatsmännischen Wissenschaften, befähigt in seiner Muttersprache, wie in französischer, italieni scher, spanischer Correspondcnz den gewandtesten Diplomaten seines Zeitalters die Spitze zu bieten; dazu entwickelt er auch eine hinreißende Beredsamkeit in mündlichen Verhandlungen, — Fähigkeiten, zu denen zwar Anlagen vorhanden sein, die nimmer aber ohne gründliche und emsige Studien ausgebeutet werden können." Zu Ende des Jahres 1609 tritt Mansfeld wieder aus der Verborgenheit hervor. Man sieht ihn an der Spitze eines selbst geworbenen Regiments imDienste desErz Herzogs Leopold von Oesterreich, der im jülichschen Erbfolge streit im Namen des Kaisers die streitigen Länder besetzen sollte. Da der Erzherzog Mansfeld pccuniär in keiner Weise unter stützt, so sieht er sich gezwungen, auf eigene Faust in den Bergen der Eifel einen kleinen Krieg zu führen. Mit wenigen Mann schaften, fast nur Reitern, überfiel er das Städtchen Schleydcn, vermag aber nicht, dasselbe gegen den brandenburgischen Gou verneur von Düren, den Grafen Solms, zu behaupten. Der tollkühne Streich deS Mansfelders kostet ihm nicht nur die Mannschaft sammt Pferden, Waffen und Gepäck, er selbst wird Gefangener, der vergeblich hofft, daß der Erzherzog Leopold für ihn das Löscgelo zahlen werde. Um den Erzherzog an feine Pflicht zu erinnern, giebt er dem Grafen Solms sein Ehrenwort und reist nach Jülich; er wird artig ausgenommen, doch hält man ihn mit leeren Versprechungen hin. Gift im Herzen, kehrte Mansfeld nach Düren zurück, der branden burgische Gouverneur Graf Solms giebt ihn ohne Lösegcld grotzmüthig frei. Kaum hatte Mansfeld die Freiheit wiedererlangt, so warb er neueTruppenaufeigeneKosten, doch bereiteten ihm crzherzogliche Officiere dabei Schwierigkeiten; sie warben in derselben Gegend wie Mansfeld. Es kam daher häufig vor, daß von Mansfeld angeworbcne Mannschaften bald überliefen und auch von den erzherzoglichen Officieren Handgeld nahmen. Entrüstet darüber, sandle ManSfcld seinen treuesten Haupt mann Verentz mit einer Beschwerde nach Brüssel, doch vergebens waren alle Vorstellungen, man suchte vielmehr, sich des Maus felder zu entledigen. Im Elsaß hatte der Markgraf Branden burg-Ansbach bereits die festesten Plätze besetzt, Erzherzog Leo pold hielt nur noch Mölsheim. Hierher wandte sich mit seinen Truppen ManSfeld, er fand aber bei dem Freiherr» von Kri- chingen, dem Stellvertreter des Erzherzogs Leopold, schlechte Aufnahme; man behandelte ihn wre einen Eindringling und überhäufte ihn mit Hohn pnd Spott. Zuletzt sollten die Truppen Mansfeld s gezwungen werden, dem Erzherzog den Eid der Treue zu leisten, einem Manne, der sich bisher nicht um sie gekümmert hatte, der ihnen und ihrem Führer niemals Sold zahlte. Als nian den Fahneneid von Mansfeld und seinen Truppen forderte, wandte er dem Hause Habsburg, das ihn fortgesetzt hiutergangen hatte, den Rücken. Fünfzehn Jahre hatte er diesem uneigennützig gedient, bei diesem Dienste war er verarmt, er hatte sich in Schulden gestürzt, so daß er befürchten mußte, fein Name werde an den Schandpfahl gehängt. In dieser Verlegenheit gab cS nur einen Ausweg, das war der Ilebcrtritt zur evangelischen Kirche, den er da durch äußerlich vollzog, daß er mit seinen 500 Reitern und 2000 Mann Fußvolk bei Mölsheim zu den Führern der evangelischen Union, dem Markgrafen Joachim Ernst von Brandenburg-Äns- bachund Georg Friedrich von Baden, überging. Bis Ende Juni 1611 blieb ManSfeld beim Union»- heer, hatte aber nicht Gelegenheit, sich besonders mit seinen Truppen auSzuzeichnen. Nach erfolgtem Friedensschlüsse dankte er im Juli 1611 seine Mannschaften ab, er selbst erhielt von den Usnonsfürsten eine Jahresrcnte von 1000, später von 2000 Guldeü auf gehn Jahre. In stiller Zurückgezogenheit lebte er zwei Jahre am Hofe seines Fürsprechers, des Markgrafen von Ansbach. Vom Jahre 1613 ab trat ManSfeld in Beziehungen zudem ehrgeizigen Herzog Karl Emanuel l. von Savoyen, der nicht nur nach der böhmischen Königs-, sondern sogar nach der deutschen Kaiserkrone trachtete. Zunächst befehligte er in Oberitalien in den Kämpfen, die Karl Ema nuel l. mit Spanien führte, 6000 Mann deutsche Söldner. Durch den Frieden von Madrid im Jahre 1617 wurden zwar die Kämpfe eingestellt, aber wirklicher Friede herrschte dennoch nicht. Jenseits und diesseits der Alpen standen die Mächte mißtrauisch gegeneinander. ManSfeld warb in Deutschland ein Heer von 3000 Söldnern, sein Gönner, der Markgraf von Ansbach, ge stattete ihm den Aufenthalt in seinem Lande. Hier verpflegte er diese Truppen auf Kosten Savoyens und da kriegerische Ereig nisse die Söldner und ihren Führer nicht in Anspruch nahmen, so benutzte Mansfeld die Zeit, die Truppe militärisch zu schulen. Nur zu bald sollte ManSfeld Gelegenheit finden, seine ge schulte» Truppen im Felde zu erproben. Der bekannte Fenster sturz am 23. Mai 1618 gab Anlaß zu dem unheilvollen dreißigjährigen Kriege. Im Juli traf ein Eilbote bei Mansfeld ein, der ihm die Mittheilung machte, daß er sich mit seinen 3000 Söldnern sofort dem Direktorium der Union in Böhmen zur Verfügung zu stellen habe. Schon am 20. August 1618 ernannten ihn die böhmischen Stände zum „General der Artillerie und zum Chef über ein Regiment von 2—3000 Mann Fußvolk und soviel Reiter, als er zusammenbringen könne". Bald nach Ausbruch der Feindseligkeiten war cS den Böh men gelungen, die Kaiserlichen aus dem Lande zu treiben, nur die Städte BudweiS, Pilsen und Crumau blieben in ihrer Ge walt. Besonders bedeutungsvoll war Pilsen, denn es beherrschte die Straße nach der oberen Pfalz und dem Reiche. ManSfeld erhielt von den böhmischen Ständen den Befehl, diese drei Plätze zu nehmen; er wandte sich zunächst gegen Pilsen, das in dem Ruke stand, uneinnehmbar zu sein. An seinen Mauern Ivar die Macht deS Ziska und seiner wilden Hussiten zerschellt. Ende September 1618 begann ManSfeld die Belagerung, seine Belagerungstruppe wurde durch Zuzug von Landvolk verstärkt. Wolf Friedrich Lcmminger führte ihm 781 Mann mir einer Feld schlange und einem eifcrne» Mörser zu. Nachdem Mansfeld nach und nach einzelne Äußenwerkc genommen hatte, unternahm er anr 22. November den Hauptsturm, der von Mittags 1 Uhr bis Morgens 4 Uhr währte. ManSfcld schaltete in der Stadt nut großer Milde, obwohl ihm die Belagerung 600 Mann ge kostet hatte. Er wehrte alle Plünderung und ließ die bren nenden Gebäude löschen. Voll Bewunderung blickten nicht nur seine Freunde, sonder» auch seine Feinde auf ihn. Die vor Pilsen bewiesene Tapferkeit nnd Umsicht wirkte so auf die kaiser lichen Völker, daß sie von Mansfeld Handgeld und Sold nah men und nur wenige der kaiserlichen Fahne treu blieben. TaS Commando über die eroberte Stadt Pilsen überließ ManSfeld dem Oberstleutnant Grasen Hans Georg von Solms, er selbst wollte mit den verfügbaren Truppen zum böhmischen Hauptheere stoßen, doch ward seine militärische Thätigkcit plötz lich durch eine diplomatische Sendung nach Turirr unterbrochen; hier sollte er mit dem ehrgeizigen Herzog von Sa voyen verhandeln, dessen thatkräftigen Beistand die Böhmen so sehr wünschten. Doch der Herzog von Savovem hatte hoch fliegende Pläne; er verlangte vor Allem die böhmische Königs würde, als König der Böhmen wollte er dann zum deutschen Kaiser gewählt werden. Von Ende December 1618 bis An fang März 1619 währten die Verhandlungen Mansfeld'« in Turin, und ohne greifbaren Vortheil kehrte er Anfang April nach Pilsen zurück, und zwar als ein Geächteter, denn unterm 19. Februar 1619 batte ihn der sterbende Kaiser Matthias wegen der Erstürmung Pilsens in die Acht erklärt, „ihn vom Frieden, in de» Unfriede» versetzt, und seinen Leib, Hab und Guth Jeder-' mäninglich erlaubt". Nun wandte sich ManSfeld wiederum dem Kriegshandwerke zu. Seine nächste Sorge war, Pilsen zu einem festen, zeitgemäßen Waffenplatze umzubauen; zu dcm^ Zweck ließ er die vorhandene» Befestigungen auübessern und in der nächsten Umgebung Verschanzungen nach niederländischer, Art aufwcrfen. Die festen Plätze Crumau und BudweiS waren, noch immer in den Händen der Kaiserlichen. In der Festung Budwcis führte Bucquoy den Oberbefehl, die Böhmen comman- dirtc Kinsky, doch hatte er große Mühe, sich der Ausfälle der Kaiserlichen zu erwehren. Aus diesem Grunde erhielt Mans feld den Befehl, nach BudlveiS aufzubrechen, um KinSkv zu unterstützen. Doch dieser Plan ward an Bucquoy verrathen,! heimlich verließ er mit 5000 Mann BudweiS und überfiel ManS- seid am 10. Juni 1619 bei Thein und brachte ihm nach ver zweifelter Gegenwehr eine so empfindliche Niederlage bei, daß cv sich nur mit sieben Begleitern nach Thein retten konnte. Die persönliche Tapferkeit ManSfeld's konnte dem Vcrhängniß keinen Einhalt gebieten. „Nur noch von wenigen Officieren und Reitern umgeben, blutbespritzt und ohne Panzer, wurde er end lich durch seine Begleiter vom Kampfplatze gerissen. Von den Ungarn noch lange umschwärmt hieb er sich durch und mit sieben Mann gelangte er Abends nach Thein." Hätte jetzt Bucquoy einen entscheidenden Vorstoß gegen die Böhmen, die in der, Hauptsache vor Wien lagerten, unternommen, der Krieahätte ein Ende erreicht. Durch seine Unentschlossenheit ließ er Mans feld Zeit, seine verstreuten Besatzungen zu sammeln und durch Werber zwei neue Regimenter zu bilden, mit denen er bald in Pilsen emzog. Nichtsdestoweniger war cs den Kaiserlichen gelungen, nach und nach den größten Theil Böhmens zu besetzen. Trotz dieses Umstandes ward von den böhmischen Directoren der Landtag nach Prag einberufen; er sollte sich mit der Wahl eines Böhmenkönigs beschäftigen. Drei Fürsten kamen in Frage. Für den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen war eine große Partei, doch lehnte er ab; Mansfeld wirkte mit allen Mitteln für den Herzog von Savoyen, doch neigte sich die Mehr zahl der Wähler dem Kurfürsten von der Pfalz zu, welcher denn auch am 26. August 1619 fast einstimmig zum Könige gewählt ward. Durch die Parteinahme ManSfeld's für den Herzog von Savoyen hatte er sich am neuen Königshofe viele Widersacher geschaffen, doch konnte man ihn nicht entbehren und deshalb auch nicht entlassen, denn man schuldete ihm und den Seinen Sold und Wcrbekosten, außerdem hatte sein Name bei den Söld nern einen so guten Klang, daß er immer zog, wenn neue Truppen gebraucht wurden Hätte man ihn aber entlassen, so konnte er von dem festen Pilsen aus mit seinen Truppen seine Ansprüche durchsetzen, waS dem neuen Könige doch sehr unge legen gekommen wäre. Die oberste Heeresleitung war von den Ständen dem Fürsten Christian von Anhalt übertragen worden, „der bei persönlichen Fähigkeiten und einem Monatssoldc von 2000 Gulden in keiner Feuilleton. Erlebnisse in der Lalmnckenfteppe. Von F. Roßmaßler, Leipzig. Nachdruck verboten. Durch die Kalmückensteppe führt der Wog, dem der Reisende folgen muß, wenn er ohne Umwege von Astrachan nach Tiflis reisen will, oder wenn er gezwungen ist, zur Winterszeit, wenn die Navigation auf der Wolga und dem Kaspischen Meere der Winters wegen geschloffen ist, eine Reise nach einer der Ufer städte zu unternehmen. In letzterer Lage befand ich Pich, als ich mich zu der beschwer lichen und nicht gefahrlosen Landreise von Astrachan nach Baku rüstete, die ich in Gesellschaft dreier bekannter Herren an einem der letzten Novembertage antrat. Nach einem fröhlichen AbschiedSmahle im Hause einer be freundeten deutschen Familie, während welchem unsere Fahrt Hauptgegenstand der Unterhaltung gewesen war, und wir der besorgten Hauffvau wiederholt die Versicherung hatten geben müssen, daß wir genügend verproviantirt und gut bewaffnet seim. machten wir un« nach dem letzten auf „stocknstlivi put" (Glückliche Reise) geleerten Glase auf den Weg nach der Wolga, um vor Einbruch der Dunkelheit die <nn jenseitigen Ufer ge legene Poststation zu erreichen, nach welcher unser Taranta» (russische Reiseequipage) schon am Morgen geschafft worden war. DaS heitere Wetter des Vormittages war in ein nebliges umgeschlagen, und nicht ohne Desorgniß »vblickt« ich die auf der stark mit Ei» treibenden Wolga lagernde undurchsichtige Nebel- wand, di«, wie «S mir schien, mit jedem Augenblick dichter wurde. E» fiel un« nicht leicht, «in Boot zu finden, da die meisten Bootführer e« absagtrn, die Ueberfahrt unter den obwaltenden Verhältnissen über den mHr al« zwei Kilometer breiten Strom zu wagen. Schon kurze Zett nach der Abfahrt vom städtischen Ufer waren die in unseren KApf«n surrenden neckischen Wein geister entflohen, die Erkenntniß, einer ernstlichen Gefahr gegen- über zu stehen, ernüchterte uni vollständig, wir bemühten un«, den hart arbeitenden Ruderern mit allen Kräften durch Abstößen der heranschwimmenden Eisschollen behilflich zu sein. Obwohl die Lage in dem für unsere Anzahl ziemlich kleinen Boote zu wiederholten Malen eine recht bedrohliche gewesen war, erreichten wir doch nach mehr als einstündiger schwerer Arbeit glücklich daS Ufer, aber — vier Werst unterhalb der beabsichtigten Landungs stelle. So wert war daS Boot, welches oft an großen Schollen hilflos festlag, von der Strömung stromabwärts getrieben worden, und, wohl oder übel, mußten wir nun, ohne Weg und Steg, in bereits hereingebrochener Dunkelheit, dem Flußlaufe entgegen, zurückmarschiren. Tobtmüde gelangten wir endlich in der Poststation an, wo unS Iwan (der Diener eines meiner Reisegefährten) in großer Angst schon seit langer Zeit erwartet hatte. Bald waren alle Geschäfte mit dem Smotritel (Stations vorsteher) erledigt, fünf flotte Pferde wurden vor den Taranta» gespannt, in welchem Iwan aus den Gepäckstücken bequeme Sitz plätze hergerichtet hatte. Alles war zur Abfahrt bereit. Die Jemstschiki (Kutscher), deren einer auf dem Bocke des Taranta», der andere im Sattel eine« der beiden Pferde saß, die der Troika vorgespannt waren, riefen ihren Pferden ein, poscfiel redtlti" (fort, Kinder) zu, und unter dem lustigen Geklingel der Krumm holzglocken, über dem Halse de» Korenoi (Mittelpferd) der Troika, rollte der Taranta» au» dem Hofe der Station, hinau« in die finstere Nacht, in die unermeßliche Salzsteppe! Nach einer flotten Fahrt von zwei Stunden erreichten wir die erste Station, in der wir zu übernachten verabredet hatten. Wie alle folgenden, bestand auch die erste Station in einem niedrigen, steinernen Gebäude, welche» mit den dazu gehörigen Pferdeställen, Wogenschuppen u. s. w. in einem von allen Seiten mit einer hohen Mauer umgebenen Hof erbaut war, und einer kleinen Befestigung ähnelte. An den weißgetünchten Wanden de» un» angewiesenen Zimmer» hing ein blinder Spiegel und mehrere da» Reglement der Fahrpost betreffende Verordnungen, zu deren Studium wir jedoch keine Lust verspürten, sondern mit froher Erwartung Iwan'« Thättgkeit beobachteten, der sich an daS Aus packen der Spkisevorräth« machte und bald den Tisch mit einem au» Brod, Butter, Käse, Schinken, Eaviar und einer Flasche Wodki bestehendem Abendbrod servirt hatte. Bi» auf den The«, der durch da« salzige, sumpfig schmeckende Wasser fast ungenieß bar War, ließen wir e» un- vortrefflich schmecken und legten unS dann zur ersten Nachtruhe im Bereiche der Kalmückensteppe nieder. Mit Sonnenaufgang fuhren wir am nächsten Morgen weiter. Die Steppe war jetzt, zur Zeit des beginnenden Winters, noch viel öder, als in anderer Jahreszeit, da die an und für sich schon arme Flora mehr ein lederartiges, als grünes Colorit zeigte. So weit die Blicke schweiften, war auch nicht die ge ringste Spur eines Strauches oder BaumeS zu erblicken, kein einziger anderer Ruhepunct bot sich dem suchenden Auge, als die Werstphäle, deren Reihe auch eine lückenhafte war. Mit Aus nahme einiger Adler, die hoch in der Luft schwebten, war kein lebendes Wesen zu erblicken. Da eS schon mehrere Tage nicht geregnet hatte, war der Weg gut (wenn man überhaupt hier von einem Wege reden will, wo keiner vorhanden ist, wo cs einem Jeden freigestellt ist, zu fahren und zu gehen, wo eS ihm beliebt), und wir konnten den ganzen ersten und halben zweiten Tag flott fahren, so daß wir die Ein tönigkeit der Umgebung weniger fühlten. Die Poststationen waren die einzigen menschlichen Wohnungen, die wir erblickten, von einer Begegnung mit anderen Menschen als dem zu den selben gehörigen Personale war noch keine Rede gewesen. Bon der siebenten Station an, die wir am Nachmittage des zweiten Reisetages verließen, verminderte sich jedoch die bisherige Fahr geschwindigkeit von durchschnittlich zehn Werst in der Stunde auf fünf, höchsten« sechs. Wir waren au» dem Bereiche der Salzsteppe in daS der Sandwüste gekommen! Don allen Seiten war nichts al» ungeheure Ablagerungen deS feinsten Sande» in Form regelmäßig aufeinander folgender Wellenberge und zwischen ihnen liegender Thäler zu sehen. War bis hierher der Weg schon ein öder gewesen, so war er von hier ab, lauf die Entfernung von annähernd 60 Werst, dir reine Wüste, die von der afrikanischen Sahara sich virlleicht nur dadurch unter- scheidet, daß dort di« horizontale Sandablagerung vor herrschend ist. Schon am Morgen hatte sich ein starker Wind erhoben, der un» nun ein eigenthümlicheS, interessant,» Naturschauspiel er- blicken ließ. Der röthlich gefärbte feine Sand befand sich überall in Bewegung und verschaffte unS eine Vorstellung von dem Schrecken einer WüstensturmeS. So weit daS Auge reichte, war l nur Sand zu erblicken, und zwar in der Gestalt von 10 bis 15 I Fuß hohen Wellen. Diese Sandwellen schienen sich überschlagen zu wollen, da sie auf der Windseite flach anstiegen, oben in einem scharfen Grate endigten und unter dem Winde steil abfielen. Der Gesammtcharakter der uns umgebenden, völlig veg-etationSleeren Landschaft, war der eines vom Sturme erregten und plötzlich er starrten Meeresspiegels. Doch die starre Ruhe war nur eine sclfeinbare, denn bei aufmerksamem Betrachten war deutlich zu erkennen, daß die Oberfläche in Bewegung war. Dcr ununter brochen herzugewehte Flugsand setzte sich an den Kämmen der Sandwellen an, bis dieselben eine gewisse Höhe erreicht hatten, und dann zusammenstürzten, um sogleich an derselben Stelle oder daneben wieder aufgeführt zu werden. Da» Profil deS BodcnS war einer fortwährenden Umgestaltung unterworfen; Berge uird Thäler verschwanden und entstanden wieder in kurzer Zeit. Dabei war die ganze Atmosphäre mit Sandthoilchen er füllt, und eS ist mir heute noch ein Räthsel, wie eS dem Jemstschik möglich war, die Richtung nicht zu verlieren. Ich glaube, daß er sich ganz dem Jnstincte der Pferde überließ, deren vor äußerster Anstrengung keuchender Athem sich mit dem Winde ver mischte. Von irgend einer Wagenspur, der wir hätten folgen können, war keine Rede, wie denn auch unsere eigen« Spur, kaum daß sie von den bis an die Axen einschneidenden Rädern ver lassen war, sogleich wieder verschwand. Als dann die schnell hereinbrechende Dunkelheit unser« Um gebung in finstere Schatten hüllte, verloren wir fast di« Hoff nung, heute noch die nächste Station zu erreichen, und waren hoch erfreut, al» un» Iwan von seinem Sitze auf dem Kutscherbocke endlich zurief, daß daS Ziel der heutigen Fahrt in Sicht sei. Ich konnte mich nach dem Aursteigen auS dem Taranta» nicht enthalten, an di« Pferde heranzutreten und dem mit fliegenden Flanken und weit geöffneten Nüstern prustenden Karenoi den Hals zu klopfen, gleichsam um ihm unseren Dank für treue Dienste zu zollen, den er auch mit gnädigem Kopfnicken quittirt«. Um hier keine Verzögerung unser« Weiterreise zu er dulden, die unauSweichbar gewesen wäre, da der Smotritel durch daS Erkranken dreier Pferde uns die für den schweren Ta rants» erforderlichen fünf am nächsten Tage nicht Vorspannen lassen konnte, befolgten wir seinen wohlgemeinten Rath und
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