Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000913018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900091301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900091301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-09
- Tag1900-09-13
- Monat1900-09
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis t» der tz »uptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Au», aabestellen ab geholt: vierteljährlich ^l 4.50, tri zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau« b.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6 —. Direkt« tätliche Kreuzbondfendung iot Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentag« um b Uhr. Ne-action und ErpeLition: IohanniSgciffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend« 7 Uhr. Filialen: Alfred Hahn vorm. v. Klemm » Tsrtt«. Universitätsstraße 3 (Paulinum), Lont« Lösche. Aatbarinrnstr. 14. »art. und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. MMer Tagtblaü Anzeiger. Ämtovlalt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nottzei-Äintes der Ltadt Leipzig. Anzeige« Prst- die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter demRedactionSstrich (4ga- spalten- 50^, vor den Fainilirnnachrichte» (6 gespalten) 40-^. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und giffernsatz nach höherem Tarif. Trtra-Beilaae« (gefalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbeförderun- 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhe. Morgen-AuSgabe: Nachmittag- -Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halb« Stund« früher. Anzeigen sind stet« an die ExpetzMO» zu richten. Druck »ud Verlag von L. Pol» in Leipzig. M Donnerstag den 13. September 1900. SL Jahrgang. .. .! ——— Wird die Auflösung des österreichischen Abgeordnetenhauses Erfolg haben? In dem Lande des Wurstelns hat sich die Negierung ein mal zu einer „mannhaften That" aufgeschwungen: Sie hat das Abgeordnetenhaus aufgelöst. Die amtliche „Wiener Ztg." be gründet die Maßregel der Regierung in einer Weise, die wieder einmal einen handgreiflichen Beweis dafür liefert, daß in der Politik eine Darstellung anscheinend vollkommen zutreffend und unwiderleglich und doch thatsächlich vollkommen irrig sein kann. Es wird geklagt, daß seit drei Jahren die parlamentarische Thätigkeit vollkommen versagt habe, und daß darunter die wirth- schaftlichen Verhältnisse des Landes schwer gelitten hatten. Des halb sei die Auflösung des Abgeordnetenhauses zu einer zwingen- denNothwendigkeit geworden, und es sei zu hoffen, daßOesterreich» Völker durch ihr Votum zu erkennen geben würden, daß sie von nun an ihre wirthschaftlichen Interessen besser gewahrt wissen wollen. Alles sehr richtig und Alles sehr falsch. Richtig ist es, daß die parlamentarischen und wirthschaftlichen Verhältnisse be- bäuerlich, ja, jammervoll sind, aber ein Recht, zu klagen, hat nur der, der sich über einen Anderen beschweren darf, nicht der, der an den schlimmen Verhältnissen selbst die Schuld trägt. Die Regierung hat durch die Bad'eni'schen Sprachenverordnungen selbst die Lunte in das Pulverfaß geworfen, und sie hat durch Schwächlichkeit gegen die Tschechen, durch übertriebene Strenge gegen die Deutschen, den Uebermuth der Einen und die Er bitterung der Anderen erhöht. Sie hat, als die Deutschen Ob struktion übten, alle Mittel versucht, um der Opposition Herr zu werden; als aber die Tschechen mit der Obstruktion begannen, räumte die Regierung am ersten Tage das Schlachtfeld, indem sie die Vertagung des Hauses aussprach. Und jetzt macht sie nicht einmal den Versuch, ob sich nicht durch Geduld oder Energie die tschechische Obstruktion brechen ließe, sondern sie löst schlank weg das Abgeordnetenhaus auf und stürzt dadurch die öster reichischen Völkerstämme in die Aufregung erneuter Wahlkämpfe. Wenn sich wenigstens hoffen ließe, daß aus diesen erregenden Kämpfen ein gesicherter Friede entsprießen könnte, so könnte man ja die Zeit der Wahlunruhen als einen nothwendizen Ueber- gang hinnehmen. Es ist aber kaum daran zu denken, daß die Neu wahlen irgend welchen Erfolg haben könnten. In dem slawischen Lager wird das Element der Unruhe, das Jung- tschechenthum, sicherlich nicht geschwächt werden. Wie sollte das auch sein? Die tschechischen Abgeordneten werden es ja mit Recht ihren Wählern gegenüber als einen großen Triumph darstellen können, daß sie an jenem berllhmten'Obstructionstage mit Kinder trompeten und Kochtöpfen die Regierung in die Flucht geschlagen haben, so zwar, daß die Regierung einen neuen Kampf erst gar nicht versuchte. Ebenso wird auf der deutschen Seite der radikale Flügel sicherlich nicht geschwächt werden; denn er wird sich rüh men, daß er die deutschfeindlichen Ministerien, vor Allem das so verhaßte Ministerium Badeni, gestürzt und die Aufhebung der Sprachenverordnungen erzwungen habe. Vielleicht wird es ge lingen, in den Gebirgsländern den einen oder anderen klerikalen Abgeordneten aus dem Sattel zu heben und durch einen deutsch gesinnten Abgeordneten zu ersehen, aber so erfreulich dies auch für die Sache des Deutschthums wäre, so würde doch dadurch die Situation der Regierung zwar nicht verschlechtert, aber sicher lich auch nicht verbessert werden. Die Hauptsache ist, daß die Jungtschechen jedenfalls Lbermüthiger denn je in das Abge ordnetenhaus zurllckkehren und die Obstruktion mit ungeschwächten Kräften fortsetzen werden, wofern nicht etwa die Regierung zur Abwechselung wieder einmal Maßregeln ergreift, die die Tschechen versöhnen, dafür aber die Deutschen zur Obstruktion treiben. Es ist sehr leicht zu sagen, die Wähler sollten sich nur durch ihre wirthschaftlichen Interessen bei der Wahl beeinflussen lassen. Wenn man durch eine Häufung von Ungeschicklichkeiten die stärksten Leidenschaften entfesselt hat, dann kann man nicht ein fach durch den Federstrich eines officiöscn Zeitungsschreibers das „gährende Drachengift" in „die Milch der frommen Denkungs art" zurückverwandeln. Kurz, das Ministerium Körber wird sehen, daß die Auflösung nicht den mindesten Erfolg haben wird. Dann kommt vielleicht ein anderes Ministerium; aber an den Zuständen etwas ändern wird es auch nicht. ZUM Umbau des „Hagen". In letzter Zeit ist mehrfach über die Verlänge rung des Küstenpanzers „Hagen" gesprochen und geschrieben worden. Gewisse Blätter, welche bei selbstverständlichem Mangel an Nationalgefühl sich in Marine- Angelegenheiten nicht minder durch Fehlen jeglicher Sachkennt- niß, wie durch Verläugnen folgerichtigen Denkens auszeichnen, schenkten dem Schiffe in gewohnter Weise ihre freundliche Theil- nahme. Der Umbau des Panzers „war ein gänzlich verfehltes Millionen-Experiment, die Probefahrten hatten das völlige Miß lingen klar erwiesen." Das war ein prächtiges Stück unfreiwilligen Humors, denn die Probefahrten haben überhaupt noch gar nicht begonnen. Doch das nur so nebenbei. Für jeden Fachmann ist es nicht zweifel haft, daß durch den Umbau des „Hagen" durchaus erreicht wird, was bezweckt war: nach der Verlängerung um 7 Meter werden die Bunker statt früher 240 Tonnen jetzt 500 Tonnen Kohlen fassen. Dadurch erhält da« Schiff einen bedeutend größeren Aktions radius, also eine weit ausgedehntere Verwendungsfähigkeit, und gleichzeitig durch Aufsetzen eines PanzerthurmeS neuester Construction einen weit höheren Gefechtswerth. Die Maschinen bleiben dieselben, nur die Kessel wer den erneuert, — sie mußten r» so wie so! Die Geschwindigkeit wird im Durchschnitt dieselbe bleiben; vielleicht wird sie eine ganz unerhebliche Einbuße erleiden, vielleicht sogar um ein Geringer höher sein, — auch diese Erfahrung hat man schon gemacht. Solche Schiff-Verlängerungen sind gar kein neuer Experiment, sie sind nach früheren, allerdings wenig befriedigenden Versuchen in England längst von großen deutschen Werften, wie Blöhm <L Voß, „Vulkan" und Anderen, unternommen und sind stets geglückt, d. h. sie hatten immer den gewünschten Erfolg, dem um gebauten Schiffe bei unverminderter, theil» sogar etwa» er ¬ höhter Geschwindigkeit ein größeres Deplacement bezw. höhere Ladefähigkeit zu geben. Bei solchen Arbeiten bietet der eigentliche Umbau an sich, wenn erst die natürlich schwierigen und cvmplicirten Berechnungen gethan sind, heute keine besonderen technischen Schwierigkeiten mehr, da technisch überhaupt kaum noch etwas unmöglich ist. Nun wird aber oft aus Laienkreisen die so natürliche und sehr be rechtigte Frage aufgeworfen, wie denn nur so ein gewaltiger Koloß für die Verlängerung auseinander gezogen wird. Das hierbei geübte Verfahren ist im Großen und Ganzen ziemlich das gleiche, ich will es schildern an Hand des berühmt gewordenen, weil complicirtesten Umbaues dieser Art. Es war ein Dampfer des Norddeutschen Lloyd, die frühere „Spree", jetzt „Kai serin Maria Theresia", welche 1898—99 auf dem Stettiner „Vylcan" um 20 Meter verlängert und aus einem Ein- Schrauben- in ein Doppel-Schraubenschiff umgebaut wurde, also ein technisch viel bedeutenderer Umbau als der jetzt vorliegende des „Hagen". Auch betrug hier die Last allein der einen vorwärts zu ziehenden Schiffshälfte beinahe ebensoviel wie das Gesammt- Deplacement des „Hagen" beträgt, nämlich 3000 Tonnen, gegen 3495 Tonnen. Zunächst wurden die Maschinen und die Kessel herausgehoben, das Schiff in das große Pontondock gebracht, mit dem Dock ge hoben und darin abgesteift, so daß es von allen Seiten frei stand, für die vorzunehmenden Arbeiten bequem zugänglich. Der mächtige Kiel ruht auf riesigen Schlitten aus eichenen Balken, wie man sie auch für den Stapellauf unter großen Schiffen einbaut. An der Theilstelle, d. h. an der Stelle, wo der Einbau vorgenommen werden soll, wurden sämmtliche Niete an den Platten, Spanten u. s. w. herausgenommen und ebenso der Kiel in seinen Verbindungen gelöst. Das Verholen wurde durch hydraulischen Druck bewerkstelligt, mittels zweier Cylinder mit Druckkolben, auf jeder Seite der Schlitten schor ein Cylinder. Von den hydraulischen Kolben aus liefen auf jeder Seite zwei Reihen Kettenglieder, die an den Schlitten befestigt waren. Ein jedesmaliger Kettenschub betrug 2 Meter. Diese 2 Meter wur den anfangs in der Zeit von 8 Minuten geschafft, doch nahm die Anfangsgeschwindigkeit nach und nach ab, weil der Reibungs- coöfficient, je weiter die kolossale Last gezogen war, ein so viel größerer wurde, so daß man zu- etzt zu einem Zuge von 2 Metern schon 15 Min. gebrauchte. Hatte der Kolben um 2 Meter gedrückt bezw. gezogen, so wurde jedes Mal ein Kettenglied, welches je 2 Meter lang ward, ausgeschäkelt, der Kolben ging zurück und drückte, bez. zog, von Neuem um 2 Meter weiter u. s. w. Die verschiedenen Abtheilungen des Docks mußten des Gleichgewichts wegen in stets gleicher Fläche zu einander gehalten werden, und so mußte also genau beobachtet werden, um wie viel der vordere Theil des Docks ich mehr belastete, tiefer sank, je weiter der bewegte vordere Theil des Schiffes vorgeholt wurde. Diese Mehrbelastung wurde wieder ausgeglichen durch Auspumpen von Wasser aus den Dock tanks mittels elektrisch angetriebener, also augen blicklich und sehr gleichmäßig anziehender Centri- fugalpumpen. Das Auseinanderziehen begann, nachdem alle Vorbereitungen getroffen, eines Morgens bald nach 8 Uhr; Nach mittags, kurz vor 5 Uhr, waren die beiden Schiffshälften um 20 Meter auseinander gezogen und somit die Arbeit in knapp 9 Stunden geschafft, — der Einbau des neuen Schiffstheiles konnte beginnen. So ging es bei diesem größten derartigen Umbau, der aber, wie gesagt, durch die anderen, gleichzeitig mitzuleistenden Auf gaben weit complicirter und technisch bedeutend schwieriger lag, als der „Hagen"-Umbau. Nun, der Umbau des Llohddampfers ist glänzend gelungen, der Lloyd ist mit der Ladefähigkeit, den See-Eigenschaften und der Geschwindigkeit des umgebauten Schiffes durchaus zufrieden. Ein Gleiches gilt von anderen, ähnlichen Umbauten. So ist auch nicht der mindeste Grund vor handen, das völlige Gelingen des „Hagen"-Umbaues anzu zweifeln, im Gegentheil, man darf heute schon sicher sein, daß das Resultat ein sehr befriedigendes sein wird und daß man dar aufhin alle 8 Panzer dieser Classe entsprechend umbauen wird. Im Herbste wird es sich entscheiden; es wird eine sehr werthvollc und verhältnißmäßig billige Verstärkung unserer Schlachtflotte bedeuten. ErnstTejaMeyer- Kiel. Die Wirren in China. Tie FricdenSvcrhandliengcn können nun beginnen, vorausgesetzt, daß die Vertreter der Mächte die Vollmachten der chinesischen Unterhändler für genügend erachten. Man meldet uns aus Washington, 12. September: Der hiesige chinesische Gesandte Wuting- fang empfing von Li-Hung-Tschang ein vom 27. August datirteS Telegramm. In diesem theilt Li-Hung-Tschang ein kaiserliches Edict mit, durch das der Kaiser ihn auf fordert, sich sofort nach Peking zu begeben, um gemein sam mit dem Prinzen Tsching die FriedenSunter- handlungen zu süyren, sowie alle mit dem Kriege in Verbindung stehenden Schwierigkeiten zu regeln. Li-Hung- Tschang fügt hinzu, daß er infolge diese« Edikt« darum bitte, daß die Mächte ihm gemeinsam Schutz gewähren und seine Reise erleichtern. Li-Hung-Tschang wird wahrscheinlich sofort mit einem Sckiffe von Shanghai abfahren. — Wie „Reuter's Bureau" erfährt, werden in dem kaiserlichen Edikt, durch das die Friedensunterhändler ernannt werden, Prinz Tsching und Li-Hung-Tschang, sonst aber kein Anderer, namhaft gemacht. * Washington, 12. September. (Telegramm.) Der Text de« kaiserlichen Edikt«, da« von dem Gesandten Wutingsang dem Staatsdepartement überreicht worden ist und durch da» Li- Hung-Tschang außerordentliche Vollmachten für die völlige Beilegung der gegeowärtigen Unruhen in China verliehen werden, lautet: „Li-Hnng-Tschan«, bevollmächtigter «esantzter, hter- burch bekleivet mit voller btScretionSrer Gewalt, soll ans alle Fräsen gewissenhaft eingehen, welche die Aufmerksam keit erfordern. Wir k-nnen von hier ans sein Handeln nicht eontroliren." Au- Peking 12. September, berichtet da« „Reuter'sche Bureau": Prinz Tsching hatte eine Zusammenkunft mit Sir Robert Hart. Da« Ergebniß derselben wird geheim gehalten, doch erwartet man in einigen Tagen Aufschlüsse. Prinz Tsching hat die gleichen Vollmachten, wie Prinz Kung im Jahre 1860. Er überbrachte ein kaiserliches Dekret mit besonderen Anweisung an Hart von dem Kaiser. Ter kaiserliche Hof. Die Kaiserin-Wittwe mit dem Kaiser soll nach der Auskunft des Prinzen Tsching in Kalgan sein. Rückzug aus Peking. * Paris, 12. September. (Telegramm.) Die „Agence HavaS" »heilt folgende ihr aus Petersburg zugehende Privatdepesche unter Vorbehalt mit: Die französische Regierung hat der Erklärung Rußlands bezüg lich des Rückzuges von Peking nach Tientsin zu gestimmt. Die französische und oie russische Regierung sind über diesen Punkt völlig in Uebcreinstimmung. Die Gesandten Pichon und v. GierS, sowie die Generale Frey und Lene- witsch erhielten telegraphisch die Weisung, die nötbigen Vor kehrungen zu treffen, um sich von Peking nach Tientsin zu begeben, sobald dies die Umstände gestatten. Freifrau v. Ketteler ist unter dem Schutze des von Capitän Pohl geführten deutschen Matrosen-Detachements am 7. September aus Peking abgereist und beute hier eingetrvsfen. Für die Weiter beförderung der Freifrau v. Ketteler, die sich zunächst nach Amerika begiebt, von wo sie im November in Münster ein treffen will, sind vom Admiral Kirchhoff alle Vorkehrungen getroffen worden. Neue militärische Action. „Wolff'S Telegr.-Bureau" berichtet aus Tientsin über Taku vom 9. d. M.: Gestern brach eine gemischte Streit macht der Engländer, Russen, Italiener und Japaner nach Südwesten auf. Der Zweck der Expedition ist, das Land von den noch immer Herumstreisenden Boxern zu säubern. Rußland in der Mandschurei. * Petersburg, 12. September. (Telegramm.) Nach einer Meldung der „Nowoje Wremja" au« Blagowescht schensk wurde am 7. September auf dem rechten Ufer des Amur auf der Stelle, wo sich das jetzt eingeäfcherte chine sische Dorf Sachalin befand, in Gegenwart der Spitzen der Civil- und Militärbehörden und einer großen Volksmenge ein feierlicher Dankgottesdienst abgehalten unv das Dorf zur Erinnerung an die Einnahme durch russische Truppen in Iljinski Post umbcnannt. Bei dem feierlichen Acte sagte der amtirende Geistliche in seiner Rede: „Jetzt ist das Kreuz auf dem Ufer des Amur errichtet worden, welches gestern im Besitz der Chinesen gewesen ist. Murawjew AmurSki bat vorher gesehen, daß dieses Ufer früher oder später unser sein wird." General GribSki gratulirte den siegreichen Truppen in schwungvoller Rede. Weitere Meldungen: * Peking, 12. September. (Telegramm.) Die Russisch- Chinesische Bank schließt morgen ihre hiesigen Bureaus und wird nach Shanghai verlegt. Die Bank belegte zur theilweisen Schadloshaltung Len kaiserl. UuivcrsitätSfonds in Höhe von 5 Mill. Takls mit Beschlag, worauf die Chinesen zur Bezahlung ihrer Truppen Wechsel gezogen haben. * Simla, 12. September. (Telegramm.) Die anfänglichen Kosten für die Entsendung der indischen Truppen nach China belaufen sich aus mehr als zwei Millionen Pfund Sterling. Be deutende Reserven und Vorräthe sind schnell nachgcsandt worden. * Berlin, 12. September. (Telegramm.) Laut telegra- Vhischer Meldung ist S. M. S. „Tiger", Commandant Corvetten- Capitän von Mittelstaedt, am 12. September in Hongkong an- gekommen. Französische Rüstungen. Daß man sich ferner in Paris auch bereits mit dem Gedanken vertraut macht, daß der Feldzug in China gegebenenfalls längere Zeit dauern könne, geht aus nachstehenden Meldungen aus Mar seille hervor: „Am Mittwoch wurde das Colonialbureau in Marseille davon in Kenntniß gesetzt, daß drei neue Packet- boote für Taku gechartert seien, nämlich „Ville du Havre", „Bordeaux" und „Vesper", Schiffe von 2500—3000 Tonnen Gehalt. Die Gesammtausgabe für sie beläuft sich ohne das > mitzunehmende Material auf eine Million Francs. Man wird I sofort eifrig an die Ausrüstung dieser Fahrzeuge gehen, wenn I der „Admiral Baudin" und die „Marseille", gleichfalls mit Material- und Truppentransporten, nach Ostasien abgegangen sein werden. Es wird sich dann also eine wahre Handelsflotte auf der Fahrt nach China befinden. Es muh noch hinzugefügt werden, daß der „Cholon" mit 400 Mann Marineinfanterie und Artillerie, sowie einer großen Ladung von Material am Donnerstag abgegangen ist. Hervorzuheben ist ferner, daß die drei neuen gecharterten Dampfer 935 Maulesel mitführen werden, so daß das französische Expeditionskorps über 1900 Maulesel und Zugthiere verfügen wird." Die zahlreichen Ankäufe von Maulthieren haben auf tele graphisches Ersuchen des vorläufigen Commandanten der fran zösischen Streitkräfte in Petschili, Generals Frey, stattgefunden. Die Jntendanturofficiere schreiben dieser Thatsache eine große Bedeutung zu; denn sie beweist, daß man sich auf eine lang wierige Expedition und Operationen in weiter Entfernung von der Meeresküste gefaßt macht. Wenn es sich einfach darum handelt, in Peking und Tientsin sich zu halten, hätte man doch, da die Verbindungslinien leicht durch die neu erwarteten Ver stärkungen gesichert werden können, nicht nöthig gehabt, die Transportmittel in solchem Maßstabe zu vermehren. Man ist in Paris wohl der Ansicht, daß die Besetzung von Peking nur den ersten Theil deS durchzuführenden Programmes bildet, und be reitet sich darauf vor, daß die Expedition Züge ins Innere unter nehmen wird, daß fliegende Colonnen erforderlich sein werden, bis man sich der Hauptaufwiegler bemächtigt hat. Leutnant von Krohn, der bei dem Seyinour-Iu« schwer am Auge verwundet worden war, ist bekanntlich im deutschen Hospital in Nokohama und soll sich nach der An gabe eine« deutschen Blatte-, dessen Specialcorrespondent in Japan ein Interview mit Krohn gehabt haben wollte, in recht abfälliger Weise über Admiral Seymour und das Benehmen der Russen ausgesprochen haben. Der Bericht ging durch eine große Anzahl Blätter und kam dann auch Leutnant v. Krohn zu Gesicht. Dieser ersuchte daraufhin vir „Japan Mail", eine der besten im fernen Osten erscheinenden englischen Zeitungen', eine Berichtigung zu bringen, und empfing daraufhin einen Vertreter dieses Blattes. Der betreffende Correspondcnt der deutschen Zeitung ist auch Berichterstatter einer englischen Zeitung in Jokohama, des „Japan Herald", und von Nationalität Deutscher. Die „Japan Mail" berichtet nun über die Unterredung ihres Vertreters mit Leutnant v. Krohn: Leutnant von Krohn trägt noch eine Bandage über seinem linken Auge, ist aber sonst in guter Brrfassung und bei bester Laune. Er spricht vorzüglich englisch, wie die meisten deutschen Osficiere, und die Unterredung wurde in dieser Sprache geführt. Leutnant von Krohn erklärte zunächst, daß er gar keine Idee davon batte, daß er interviewt werden sollte, al« der Reporter des „Japan Herald" ihm einen Besuch machte. Er glaubte einfach, daß es eine freundliche Visite sei und plauderte mit dem Herrn ganz formlo«, wie er mit jedem anderen Landsmann, der ihn zufälligerweise ausgesucht haben würde, gesprochen hätte. Der Besucher machte sich keinerlei Notizen und darauf erschienen im „Japan Herald" vollkommen unzutreffende Berichte über die Unterredung, die dann gleichzeitig nach Deutsch land geschickt wurden. Leutnant von Krohn erklärte zunächst. Laß er niemals gesagt habe, der Zug Seymour's war ein großer Fehler, weil der Admiral das Land nicht kannte, keine Karten und nur Borräthe für acht Tage und vor allen Dingen nur sehr wenig Munition hatte. „Dadurch wurde der Eindruck hervorgerufen, als ob ich die Handlungsweise Admiral Seymour's zu kritisiren wünswte. Deutsche Lificiere sind nicht daran gewöhnt, ihre Vorgesetzten zu kritisiren, und ich hatte gar keine Veranlassung, über Jemand, der so hoch über mir lieht, wie Admiral Seymour, eine abfällige Kritik zu äußern. Mas ich gejagt habe, war: Die Ereignisse zeigten. Laß da- Unternehmen ein Fehler war, aber weder Admiral Seymour noch irgend jemand anders konnte voraursehen, waS kommen würde. Als er den Zug begann, war die Eisenbahn intact und die Telegraphen verbindung zwischen Tientsin und Peking nicht unterbrochen. Niemand erwartete, daß wir solchen Widerstand finden würden. Mir glaubten, wir hätten nur mit Boxern zu thun und di» Absicht der Expedition war weiter nichts, als die Verstärkung der Garns- sonen in Peking. Erst nachdem Admiral Seymour schon unterwegs war, erhielten wir einen Begriff von den Mühen, die uns vielleicht bevorständen. Er verließ Tientsin am Morgen und ich mit den Deutschen am Nachmittag. Als Admiral Seymour die Linie passirt hatte, versuchten die Boxer, die Schienen hinter ihm zu zerstören, woraus wir erst erfuhren, daß sie in nächster Nähe von Tientsin actio waren. Admiral Seymour hatte das volle Vertrauen der AUiirten und die commandirenden Lsficiere waren stets mit ihm einverstanden. Wenn ich andere Ansicht gehabt hätte, würde ich das sicherlich nicht ausgesprochen, sondern es für mich behalten haben." Tie voxererhebung in Peking Es liegt jetzt der Brief eines chinesischen Beamten vor, der in Peking lebte und die dortigen Ereignisse bis zum 27. Juni einem in Shanghai lebenden Verwandten schildert. Da es sich hier um den Anfang der gegen die Gesandten unter nommenen Angriffe handelt und auch die Ermordung Ketteler's in den Kreis der Darstellung gezogen ist, so ist cs wohl von Interesse, die Darstellung dieser Ereignisse aus chinesischer Quelle kennen zu lernen. Selbstverständlich sind die mitgetheilten Thatsachen nur mit Vorsicht aufzufasscn, wie denn der Schreiber auch eine Darstellung der Ermordung des Freiherrn von Ketteler giebt, die den -Chinesen vorzüglich Pasten mag, aber mit der Wahrheit in grellem Contraste steht. — Die Hauptstellen dieses vom „Ostasiat. Lloyd" mitgetheilten Briefes lauten: Die Regierung hatte zuerst die Absicht, die Boxerbewegung zu unterdrücken, die Prinzen und Minister im Kronrathe hatten aber unbegrenztes Vertrauen in dieselbe und begünstigten sie auf jede Weise. Am 31. Mai führte General Tung Fu-Hsiang in einer Audienz einen vollständigen Umschwung in der Stimmung der Regierung herbei. Er erbot sich, die Fremden zu bekämpfen. Kang-yi und Chao-fhu-chiao wurden abgeschickt, um mit den Boxern bei Peking zu verhandeln. Am 13. Juni wurden nun die europäischen Kirchen in der Altstadt (Tatarenstadt) nieder gebrannt. Am 14. Juni Abends kam es zu großen Zusammenrottungen, auf der Ha-ta-men-Straße und der bei der österreichischen Ge sandtschaft vorbeiführenden (Sir Robert Hart) Straße. Die Boxer, »unterstützt vom hauptstädtischen Gesindel, machten ein wüstes ^Geschrei bis tief in die Nacht. Von der österreichischen Gesandtschaft aus wurde auf die Aufrührer geschossen, von denen einige Mann fielen. Schreiber konnte Alles genau verfolgen, da er dicht bei der österreichischen Gesandtschaft wohnte. Die Boxer wurden durch ihre Verluste etwas entmuthigt. Sie glaubten, daß sie noch nicht genug einexercirt und nicht stark genug seien, und beschlossen daher, neuen Zuzug von erfahrenen Leuten abzuwarten. Am 16. Juni wurden verschiedene große chinesische Läden außerhalb des Chien Män Thores in der Chinesenstadt an gesteckt. Am 19. Juni Morgens begab sich der deutsche Ge sandte mit seinem Dolmetscher zum Tsungli-Damen. Als sie zum „östlichen Ehrenbogen", Tung-tanpai-lou auf der Ha-ta- men-Straße gekommen waren, in die Nähe der belgischen Ge- sandschaft, ging durch Versehen ein Revolver los, welchen einer der Herren bei sich trug. Die Soldaten in der belgischen Gesandt schaft, welche glaubten, daß der Schuß von chinesischen Soldaten abgefeuert sei, schloffen das Thor, und begannen zu schießen. Die chinesischen Soldaten erwiderten nun das Feuer. Bei dem Hin- und Herschiehen wurde durch ein Versehen der deutsche Gesandte in der Sänfte getroffen (?!). Hierdurch kam eS zum vollständigen Bruch mit den fremden Mächten. Die Regierung glaubte, daß nun doch nicht» mehr zu retten sei, und beschloß, die Kansutruppen zum Angriff auf die Gesandtschaften vorzuschicken. Am 20. Juni 4 Uhr Nachmittags eröffneten die Kansu- truppen von der Sir Robert Hart-Straße und dem Chang-an- Ehrenportico auS mit Gewehr- und Gcschützfeuer den Kampf gegen das österreichische Detachement. Der Kampf dauerte die ganze Nacht durch. Am 21. Juni bemerkte Schreiber, wie Soldaten der Kansu truppen, auf den Dachfirsten der Nachbarhäuser sitzend, auf die österreichisch« Gesandtschaft feuerten. Um nicht vom Feuer der
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite