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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.09.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000919013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900091901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900091901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Reclam en unter dem RrdactionSstrich (4ge- spalten) bO^, vor den Familteunachrichten (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- derzeichaiß. Tabellarischer und giffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Veilaocn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittag» 10 UHL Morgen-Ausgabe: Nachmittag» -Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eia« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig ^« 477. Mittwoch den 19. September 1900. 94. Jahrgang. Rückblick auf die kaisermanöver. II. Wo noch vor wenig Tagen dir FrietdenSschlacht wüthet« und di« Luft vom Donner der Geschütze widerhallte, herrscht jetzt im gesegneten Pommernlande tiefer Friede, und nun erst läßt sich der Nutzen der diesjährigen Kaisermanöver für die Armee in feinem ganzen Umfange überblicken. An erster Stelle sei dabei des Zusammenwirkens von Landheer und Flotte gedacht, zumal dieses jetzt bei den Wirven in China im Vorder gründe des Interesses steht. Wenn dieses Zusammenwirken beim Kaisermanöver auch kein taktisches, also unmittelbar in eine Ge- sechtshandlung eingreifendes war, so hatte es «doch eine hervor ragende strategische Bedeutung, bei der der Generalstab des Landheeres und der Admiralstab der Marine in Wechselwirkung zu treten hatten. So hatte ein« rothe Flotte bei Rügenwalder- münde ein starkes rothes Armeecorps, das II. pommersche, ge landet, das in seinem Vordringen auf Berlin vom Gardecorps aufgehalten und geworfen werden sollte; inzwischen war di« rothe Flotte der von Kiel herankommenden blauen Flotte ent gegengegangen, hatte st« am 31. August bei Arcona geschlagen und stand im Begriff, sich geg«n den Hafen Pommerns, gegen Swinemünde, zu wenden. So waren scheinbar die Manöver des Heeres und der Flotte von einander getrennt, während sie thatsächlich innerlich zusammenhingen und aus einer gemein samen operativen Grundlage aufgebaut waren. Die für di« Kaisermanöver ausgestellte Kriegsgliederung bot ein besonderes Interesse dadurch, daß das II. Armeecorps zu vier Divisionen formirt war, während in der Regel «in kriegs starkes Armoecorps nur über drei Infanterie-Divisionen verfügt. Zur Aufstellung der vierten Division Nr. 42 beim pomm«rschen Armeecorps war auch die Eisenbahn-Brigade horangezogen worden, obgleich dies« Truppen zur Verwendung im Gefecht eigentlich nicht bestimmt sind, sondern nur technische Arbeiten auszuführen haben. Daß sie sich aber mit Erfolg in den in fanteristischen Rahmen einzufügen verstand, beweist ihre vor treffliche Ausbildung auch auf dem Gebiete des Felddienstcs. Es waren übrigens ganz imposant« Einheiten, die einander hier im Friedenskämpfe gegenüberstanden; denn -das H. Corps hatte 43 Bataillon«, 40 Esca-drons und 44 Batterien mit 264 Geschützen versammelt, geg«n ine das Gardecorps nur 40s^ Bataillone, 40 Escadrons und 37 Batterien mit 222 Geschützen aufzubieten -hatte. Gleichheit war also nur bei der beiderseitigen Reiterei vorhanden. Die Verhältnisse der Taktik haben sich auch nach der Ein führung der neuen Felddienst-Ordnung vom I. Januar 1900, die erstmalig zur Anwendung kam, kaum merklich geändert. Bei der Infanterie herrscht die Feuertaktik zur Erlangung einer Feuerüberlegenheit vor, und das Draufgohen mit dem Bajonett, die Stoßtakvik, bringt dann die Entscheidung, -den Sieg. Beides wird in ausgedehntem Maße durch di« Feldartillerie vorbereitet und unterstützt, wobei in diesem Jahre zum «rsten Male überall die neuen Feldhaubitzen in Thätigkeit traten, die neben dem Schrapnelschuß -der Flachbahnkanonen auch noch die Granate der Steilfeuergeschütze gegen widerstandsfähig« Ziel« verfeuern. Welche Geschoßart die Haubitzen rin Manöver verwenden, läßt sich nur aus -der Erhöhung des Geschützrohres «rsehen, da im Manöver nur mit Manöverkartuschen gefeuert wird. An -dieser Stelle seien auch die Maschinengewehre erwähnt, -die sowohl von den Jägern als auch von der Kavallerie geführt wurden und deren unheimliches Geknatter ein« ganz außerordentliche Wir kung im Ernstfälle ahnen läßt. Diese Maschinengewehr« können als völlig eingebürgert in die Bewaffnung moderner Heere an gesehen werden. Unsere Kavallerie -war in der Hauptsache in zwei Kavallerie- Divisionen vereinigt; die Garde-Cavallerie-Division hatt« 29, -die Division beim II. Corps 30 Escadrons; die übrigen Es- radrons entfielen auf di« Dioisionscavalle-rie. Die Kaiser manöver ergaben wiederum den Beweis, daß die Kavallerie neben 'der Sicherung und Aufklärung noch ebenso wie früher ass Schlacht-encavallerie zur Attacke verwendet werden kann und wer den muß. Die beim Kaisermanöver ausgeführten Reiterangrisf« hätten auch einem weniger erschütterten Gegner, als das II. Armeecorps am letzten Manövertage, ein« Nidderlag« bei gebracht, die selbst durch -das beste Magazingewehr nicht abzu weisen gewesen wäre. — Die technischen Truppen der Pioniere, Luftschiffer und Telegraphentr-uppen kamen überall zur nutz bringendsten Verwendung, und von Versuchen sei die ausge dehnte Benutzung von Automobilen hervorgehvben, deren Werth für die Nachführung von Heeresbedürfniffen auf festen Straßen -in vollem Umfange Mr Geltung kam. — Der Verlauf der Manöver -hat gezeigt, -daß »das Vaterland mit dieser Schluß prüfung eines Ausbil-dungs-jahreS unseres Heeres wohl zufrieden sein kann. Neue deutsche Schiffswerften. I,. Der deutsche Schiffsbau hat in den letzten Jahren einen ganz gewaltigen Aufschwung genommen. Kleinere Werften sind zu erstklassigen Anstalten ausgebaut worden, andere werden gegenwärtig, um auf eine höhere Stufe der Leistungsfähigkeit erhoben zu werden, von Grund auS umgestalkt, und neuerdings mehren sich auch -die auf Gründung neuer Schiffsbauinstitute gerichteten Bestrebungen. Von kompetenter Seite, nämlich dem Generaldirektor der größten deutschen Dampfschifffahrt»ges«llschaft, di« zugleich die größte Rhederei der Welt ist, wurde kürzlich ausdrücklich daraus hingewiesen, daß die deutschen Schiffsbauanstalten gegenwärtig nicht auSreichen, den Bedarf unserer Handelsflotte an neuen Schiffen zu decken. Trotz der kräftigen Entwickelung, welche der deutsch« Schiffsbau genommen, seien die Nhedereien genöthigt, einen erheblichen Theil der Neubauten im Ausland«, namentlich in England, ausführen zu lassen. Diese Erklärung wird durch die Thatsach« bestätigt, daß allein für Hamburger Rechnung gegenwärtig 22 Oceandampfer sich auf englischen Werften im Bau befinden. Die deutsche Seeschifffahrt hat sich in Folge der günstigen Geschäftslage sehr vortheilhaft entwickelt und der immer lebhafter werdende Fracht- und Per sonenverkehr erhebt an die SchiffSbauhöfe stetig wachsende An forderungen. Die beiden großen Hamburger und Bremer Ge sellschaften Hamburg-Amerika-Linie und Norddeutscher Lloyd stellen in Bezug auf Größe, Bauart und Geschwindigkeit der Schiffe den Werften immer neue Aufgaben. Sie allein könnten einige Werften vollkommen beschäftigen. Dazu kommen die ge ¬ waltigen Ansprüche für den Ausbau unserer Kriegsflotte und die ebenfalls stärker hervortretenden Bedürfnisse der Binnen- und Küstenschifffahrt. Andererseits sind die deutschen Werften bemüht, sich den steigenden Anforderungen anzupassen. Abgesehen von den im Privat- und Familienbesitz befindlichen Schiffsbauhöfen, deren Entwickelung sich nicht ohne Weiteres zahlenmäßig feststellen läßt, haben in den ersten acht Monaten dieses Jahres allein 4 Werften in Stettin, Kiel, Flensburg und Bremen ihr Actiencapital u m 6,79 Millionen Mark vermehrt. Diese Summe ist ausschließlich für Betriebserweiterungen ausgegeben worden. Beachtung verdient ferner die Thatsache, daß in verschiedenen deutschen Hafenplätzen Bestrebungen auf Gründung neuer Werften ernstlich hervorgetreten sind. An der Unterweser, in der Nähe von Nordenham, soll mit beträchtlichen Geldmitteln eine große Werftanlage geschaffen werden. Dem Projecte steht angeblich der als Freund und Förderer deutscher Schifffahrt bekannt« Großherzog von Oldenburg nahe. In Stralsund wird der Bau einer Werft mit einem Anlagekapital von 4 Mill. Mark geplant. Die im vorigen Jahre mehrfach erörterte Grün dung einer Schiffswerft in Apenrade ist zwar vorläufig zurückgestellt, aber wohl kaum völlig aufgegeben worden. Be kannt ist ferner, daß der Vulcan in Stettin die feste Absicht ausgesprochen hat, eine Zweigniederlassung seines großen Unter nehmens an der Nordsee zu errichten. In jüngster Zeit ist unter hervorragender Betheiligung deutschen Kapitals und -Bremer und Hamburger Geschäftsleute die Gründung einer Werst in Ant werpen beschlossen worden, die zwar als deutsch-belgisches Unternehmen gilt, deren verantwortliche Leitung aber dem Bremer „Vulcan" übertragen worden ist. In unmittelbarem Zu sammenhänge mit der Entwickelung der Schiffsbauindustrie steht auch die Neuanlage der ersten Stahl- und Walzwerke an der Ostseeküste, in Rendsburg und Danzig, deren Bau be reits begonnen hat. Diese, unter Betheiligung namhafter deutscher Schiffswerften ins Leben gerufenen Werke sollen in gewissem Umfange den Werften Baumaterial, namentlich Schiffsplatten und Schiffsbleche liefern. WaS die deutsche Industrie aus anderen Gebieten, beispielsweise dem Maschinenbau und der Elektrotechnik, erreicht hat, nämlich nicht nur die Bedürfnisse des Inlandes voll zu befriedigen, sondern auch noch in hervorragen dem Maße für das Ausand thätig zu sein, wird der deutsche Schiffsbau ebenfalls, wenn auch erst in einer Reihe von Jahren, erreichen. Die Wirren in China. —<>. Nunmehr hat in sehr bestimmter und entschiedener Weise die deutsche Reichsregierung Stellung in der Frage der Friedensverhandlungen genommen. Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht hierüber das Folgende: An die Botschaften in Loudon, Paris, Petersburg, Rom, Washington und Wie» und an die Gesandtschaft in Tokio ist nachstehendes Eirculartelcgramm ergangen: „Tie Regierung des Kaisers erachtet als Vor bedingung für de» Eintritt in den diplomatischen Ver kehr mit der chinesischen Regierung die Auslieferung derjenigen Personen, die als die ersten und eigent liche» Anstifter des gegen das Völkerrecht in Peking begangenen verbrechens testgestellt werden. Tie Zahl der ausfnhrendc» verbrecherischen Werkzeuge ist zu groß; einem civilisirten Gewissen wurde eine Maffcnexecutton widersprechen. Anch liegt cs in den Verhältnissen, daß selbst die Gruppe Ser Leiter nicht vollständig ermittelt werden kann. Tie wenigen aber unter ihnen, deren Schuld notorisch ist, sollte» auSgeltefert und bestraft werden. Die Vertretungen der Mächte in Peking werden in der Lage sein, in dieser Untersuchung ein vollgtltiges Zengnis; abznlegen oder bciznbrtngcn. Auf die Zahl der Bestraften kommt es weniger an, als ans ihre Eigenschaft als Hanptanstister und Letter. Tie Regierung glaubt, ans die Einstimmigkeit aller Kabinette in diesem Punkte zählen zu können, denn Gleichgiltigkeit gegen den Ge danken eincr gerechten Sühne wäre gleichbedeutend mit Gleichgiltigkeit gegen eine Wiederholung des verbrechens. Tie Regierung schlägt deshalb den bcthciligten Kabinetten vor, ihre Vertreter in Peking zur Bezeichnung derjenige» leitenden chinesische» Persönlichkeiten ausznfordern, über deren Schuld bet der Anstiftung oder Durchführung des verbrechens ein Zweifel ausgeschlossen ist. gez. v. Bülow." Vor allen Dingen sprechen wir unsere Befriedigung darüber aus, daß wir von diesen bedeutsamen Schritten der verantwortungsvollen Leitung unserer ReichSangelegenheiten nicht erst auf dem Umwege über England Kenntniß er halten. Bisher war man fast ausschließlich auf Londoner Blätter angewiesen, wenn man erfahren wollte, waö in Berlin beschlossen worden war. Im Uebrigen haben wir unseren Standpunkt in der Frage der Sühnung jener unerhörten Verbrechen gegen daS Völker recht, wie gegen Leben und Eigentbum deutscher ReichS- angehöriger zu oft dargelegt, als daß wir nochmals unsere Uebereinstimmung mit dem Circular des Grafen v. Bülow betonen müßten. Außer Rußland und Frankreich dürften auch die übrigen Mächte — Amerika eingeschloffen — der gleichen Auffassung sein und sie werden auch ohne den Beitritt der beiden Secesfionisten, ihren Forderungen den ge bührenden Nachdruck zu verschaffen wissen. Wettere Meldungen. * Peking, 18. September. (Telegramm.) Ein, Truppe von 800 Mann amerikanischer Kavallerie marfchirt morgen in nordöstlicher Richtung ab, um dort bedrängten Christen Rettung zu bringen und da» Terrain aufzukläre». Die Trupp» wird zehn Tage untrrweg» sein. Aehnliche Expeditionen sind geplant. — Alle Nationen haben besondere Standgericht» gebildet. Di« Deutschen behandeln Diebstahl al» ein Kapitalverbrechen. * Hongkong, 18. September. (Telegramm.) Nach Nachrichten vom Wrstfluss» sieht man dort in jeder Stadt chinesisch« Truppen eifrig »xercirea. Lhiaestsch» Kanonenboot« fahren wieder den Fluß auf und ab. Augenscheinlich wird ein» Action beabsichtigt, doch ist e» unmöglich, zu sagen, welcher Art Der Flußdampfer „Saudpiper" kreuzt im Flußbetts, während der Flußdampfer „Robin" nach Eanton abgegangen ist. * Hongkong, 17. September. Der Dampfer „Sachsen" ist mit dem Generalfeldmarschall Graf v. Waldersee an Bord heute hier ringetrosfcn. (Wiederholt.) * Hongkong, 18. September. (Telegramm.) General- feldmarschall Graf v. Waldersee ist an Bord de» Kreuzers „Hertha" weitcrgerejst. * Berlin, 18. September. (Telegramm.) „Wolff'» Telegr.- Bureau" berichtet auS Tientsin unter dem 17. September: Generalleutnant v. Lessel ist hier angelangt. Drei Bataillone, Infanterie, zwei Batterien Artillerie und eine Pionier-Compagnie sind zur Zeit hier versammelt. Generalleutnant v. Lessel wurde durch den russischen Commodor« Domizirow herzlich empfangen: es wurde ihm eine Ehrenwache zweier Schwadronen PrianurSki- Dragoner gestellt. "Berlin, 18. September. (Telegramm.) Laut telegraphischer Meldung ist der Lazarethdampfer „Gera", Detachementsführer Capitänleutnant Begas, und die Torpedoboote „8 90", „8 91", „8 92" am 17. September in Singapore eingetroffen. S. M. S. „Hertha", Commandant Kapitän zur See von Usedom, ist am 18. September von Hongkong nach Wusung in See gegangen. * Berlin, 18. September. (Telegramm.) DaS Krieg»- ministcrium theilt über dir Fahrt der Truppentransportschiffe mit: „Arcadia" ist am 18. September in Port Said, „Phünicia" am 17. September in Shanghai und „Sardinia" am 17. Sep tember in Taku angekommeu. An Bord Alle- wohl. * Paris, 18. September. (Telegramm.) General Logron hat an den Marineminister Lanefsan telegraphirt, daß er am 18. September in Shanghai gelandet sei und die gute Haltung der Truppen, sowie Begeisterung der französischen Colonie habe fest stellen können. Khtncsische Zeugnisse. Da für die Beurtheilung der Dinge in Peking und zur Fest stellung der Schuldfrage auch dieAnsichtenvonChinesen nicht unwesentlich sind, so seien hier nach der „Köln. Ztg." Aus züge aus einer tagebuchartigen Darstellung eines chinesischen Beamten wiedergegcben, der die kritischen Junitage in Peking miterlebt und sie in der „North China Daily News" geschildert hat. Seine Darstellung wirft auf manche Personen, so insbesondere auf den General Aunglu, den die chinesische Re gierung, wie es scheint, nachträglich noch zum Friedensunter händler ernennen will, kennzeichnende Schlaglichter. In dieser Schilderung erscheinen Tuan und Kangyi, der Günstling der Kaiserin, als die hauptsächlichsten Anstifter der Fremdenhetze. Auf Kangysss Betreiben erschien am 7. Juni ein kaiserlicher Erlaß, daß die im südlichen Jagdpark (Nauhaitse) stehenden mohammedanischen Truppen Tungfuh- siang's aus der Provinz Kansu in Peking einrücken sollten. Am 9. Juni strömten diese Horden in die Stadt, und mit ihnen zum Entsetzen der friedlichen Bürger, die fest glaubten, daß die Re gierung gegen die Rebellen einschreitcn würde, auch die ersten Boxer. Als am 10. Juni der General Uao, der in Amtstracht durch die Straßen ritt, ihren Räubereien Einhalt zu thun ver suchte, rissen sie ihn vom Pferde und schleppten ihn vor den Altar eines Boxergottes, um hier das Orakel über sein Schicksal zu be fragen. Es lautete auf den Tod, und sofort wurde dem General der Kopf abgeschlagen. Am 11. Juni wurde der javanische Kanzler Sugiyama von den Kansutruppen ermordet. Als der Prinz von Tuan am nächsten Tage den General Tungfuhsiang traf, belobte er ihn und hielt den Daumen der rechten Hand in die Höhe, was bedeutet, daß er ihn für einen verdienstvollen Helden halte. Am 13. Juni griffen die Boxer zum ersten Male die Gesandtschaften an, wurden aber zurückgeschlagen und brannten dann eine östlich von den Gesandtschaften gelegene Mission mit 200 chinesischen Christen, Frauen und Kindern, nieder. Am 14. Juni war die ganze Oststadt mit Boxern gefüllt. Am 16. Juni neuer Angriff auf die Gesandtschaften, der wieder blutig abgeschlagen wurde. An jenem Lage hörte der Tagebuch schreiber verwundete Boxer zu ihren Kameraden sagen: „Ihr habt uns versichert, daß weder Kugel noch Schwert uns etwas an haben könne, wie kommt es nun, daß wir verwundet sind?" An diesem Tage erschien auch ein Erlaß der Kaiserin, der die Unter drückung der Boxer befahl, aber die Boxer erklärten, er sei ge fälscht, denn er widerspreche den früheren Erlassen. Zugleich kehrte Kangyi, den die Kaiserin mit einem Auftrage zur Unter suchung der Boxerbewegung nach Tschotschou und Lianghsiang i geschickt hatte, zurück und meldete der Kaiserin, daß er mehrere I Hunderttausend Boxer eingestellt und verpflichtet habe, die I Fremden zu tödten; sie seien unverwundbar und wären gut, in dem vom Prinzen Tuan empfohlenen Kriege zur Ausrottung der Ausländer zu verwenden. Mit der Rückkehr Kangyi'S wurden die Ausschreitungen der Boxer immer wüster. Sie brannten viele Häuser nreder und sagten den Bewohnern, die durch Wasser das Feuer zu löschen versuchten, ihr Feuer sei himmlisches Feuer und zerstöre nur daS Haus, an das sie Brand legten. Wenn man aber versuche, dieses himmlische Feuer mit irdischem Wasser zu löschen, so würden die Götter erzürnt und das Feuer greife immer weiter um sich. Am 16. Juni hatte die Kaiserin eine Berathung mit den Prinzen und Würdenträgern der Mandschu- Partei; nachdem sie beendet, ließ sie auch die chinesischen Würden träger in die Berathungshalle eintreten und erklärte ihnen, alle Mandschu seien darin einig, daß gegen die Fremden ein Krieg bis aufs Messer geführt werden müsse. Der frühere Gesandte in Rußland Hsüt- schingtscheng und der Minister Uuangtschang (beide wurden später hingerichtet), Tsengkuanlan, der Sohn deS bekannten Mar quis Tseng, und einige andere Chinesen wagten Gegenvorstel lungen, fanden aber nur durch den Mandschu Natung, der dafür von seinen Landsleuten als „entarteter chinesischer Verräther" be schimpft wurde, Unterstützung. Kangyi schlug dann vor, Natung und Hsütschingtscheng abzusenden, damit sie die Entsatz truppen der Fremden auf dem Wege nach Peking aufhielten. DaS geschah in der Hoffnung, daß die beiden unterwegs von den Boxern getödtet werden würden. Auch der Kaiser Kuangsülegt« sich in dieser Berathung gegen den Krieg in» Mittel, aber di« Kaiserin kehrte ihmveriichtlichd «»Rücken. Am 18. Juni machten vier chinesisch« Minister, darunter Hsüyunyi und Puantschana, einen Besuch in der amerikanischen Gesandtschaft, mußten sich aber vor den Drohungen der Boxer bald zurückziehen. An demselben Tage kündigte der deutsche G «s a n d t« für den folgenden Tag seinen Besuch im Tsung li Namen an. Die Minister baten ihn, mit dem Besuch zu warten; er ging trotzdem und wurde durch Kansutruppen und einige der Mandschutruppen Aung- lu's vom Wuwsi-Miitelcorps ermordet. „Wöder der deutsche Gesandte noch einer der fremven Vertreter konnte wissen, in wel cher Gefahr die chinesische Partei des Tsung li Namens selbst schwebte", sagt der Chinese entschuldigend. Am 20. Juni befahl auf Anstiften der Mandschupartei die Kaiser indurch Er laß, „daß Nunglu's gut ausgebildete Trup pen in Peking einrücken, di« Gesandtschaften oernichtenund dann die Fremden von Tientsin aus ins Mee r werfen sollten." Noch einmal legte sich der Kaiserins Mittel und flechte die Kai serin an, einen solchen Befehl nicht zu erlas sen, aber vergeblich, der verhängnißoolle Erlaß erschien und noch an demselben Nachmittage rückte die Vorhut Nunglu's mit Feldkanonen und Maschinengeschützen in die Stadt «in. Nach dem Einmarsch von Nunglu's Mittelcorps von der Wuwei- Armee wurden vom 21. Juni ab die Angriffe auf die Gesandt schaften unaufhörlich fortgesetzt." Jetzt wurde das Morden allgemein, und Jeder, der «in« Boxer-Uniform anl«gte, schien das Recht zu haben, nach Herzenslust zu rauben und zu morden. Zwar erhielt Nunglu's persönliche Gadde den Befehl, dem Plün dern der Kansutruppen Einhalt zu thun, und obwohl etwa 30 Soldaten und «in Oberst des Wuweicorps, die trotzdem mit den Kansutruppen gemeinsame Sach« machten, enthauptet wurden, konnten die Ausschreitungen nicht unterdrückt werden. „Es schien fast", sagt der Briefschreiber, „als ob Aunglu die Kansutruppen vorgeschickt habe, um zu plündern, und -dann, als sie genug hatten, daS Mandschu-Mittelcorps eingelassen habe, damit auch sie an dem Blut- und Plünderungssest theilnähmen. Am 21. Juni flüchtete der Briefschreiber nach Tungtschou. Hier erfuhr er, daß die Kaiserin am 22. Juni durch Erlaß Aunglu befohlen habe, daß jetzt auch di« Kuanping, die Regierungstruppen, und die Wuwoi-Arm« die Boxer beim Angriff auf die Gesandt schaften unterstützen sollten. Von da an fügten die Boxer auf ihren Fahnen das Schriftfzeichen Fengtze, d. h. „ aufkais«r - lichen Befehl" ihrer Aufschrift hinzu, so daß diese lautete: „Auf kaiserlichen B«f«hl: Schutz der Tsing- Dynasti« und Vernichtung der Fremden bis' zum Neußer st« n." — Ein anderer Chinese, der die Ereig nisse in Peking miterlebtc, schreibt in Bestätigung .der obigen Darstellung am 22. Juni in sein Tagebuch: „Die Kansutruppen Tungfuhsiang's begannen die Plünderung. Dann kamen Trup pen von Nunglu's eigenem Kommando, um Ordnung und Frioden wiöder herzustellen; statt dessen schlossen sie sich den Kansutruppen an und plünderten mit. Schließlich stellte sich heraus, daß Nunglu's Truppen noch schlimmer waren als jene." Man Wird diese Darstellung von Chinesen, so parteilos sie sein mögen, sicherlich nicht ohn« strengste Kritik als "die Wahrheit hin nehm«», aber sie bieten doch manche Anhaltspuncte, nach denen durch Vergleich mit >den Beobachtungen der belagerten Aus länder die Wahrheit ermittelt wenden könnte. Insbesondere wäre zu prüfen, wie es sich mit den erwähnten kaiserlichen Er lassen verhält, und wenn sie auf Wahrheit beruhen, wie weit sie auf di« Kaiserin selbst oder dern Rathgeber zurückzuführen sind. Ter Kampf um Tientsin. Der „Ostasiat. Lloyd" ist in der Lage, einen ausführlichen Bericht über die Vorgänge in Tientsin bis zum 13. Juli, dem Tage der Wegnahme der Chinesen st adt, zu bringen. Tientsin, 14. Juli. Durch das Eintreffen der Ersatztruppen und die Rückkehr der Expeditionstruppen waren die in Tientsin versammelten Streit kräfte um ein Bedeutendes gestiegen. Der Geist und die That- kraft der schwerbedrängten Bewohner der Fremdenniederlassungen und auch der Truppen mußten sich hier neu beleben und kräf tigen. Endlich zeigte sich die Möglichkeit, durch energische Offensivvorstöße den Ring von innen zu sprengen und den Chinesen den Eindruck der Ueberlegenheit zu nehmen. Schon am 27. gingen die Russen zum Angriffe gegen das Ostarsenal vor, dessen Position ihr Lager schwer bedrohte. Der Kampf wurde unter Theilnahme aller Contingente, auch des deutschen, erfolgreich durchgeführt. Eine Verfolgung des fliehenden Feindes war leider nicht möglich, und so marschirten die Leute nach kurzer Rast in die Quartiere zurück. Glühend heiß war der Tag ge wesen und der brennende Durst mußte alle Kehlen trocken machen, von Staub bedeckt kehrten unsere Leute heim, aber das deutsche Soldatenlied durfte doch nicht fehlen. Frische deutsche Lieder klangen uns entgegen, als die Compagnien in die Stadt einmarschirten, und erinnerten uns an unsere ferne deutsche Heimath, an manches Bild aus unserem theuren Vaterlande. Die nächste Zeit brachte verhältnißmäßige Ruhe, denn die Chinesen schienen durch diesen Schlag doch etwas unsicher ge worden zu sein. Auf dem nun offenen Wasserwege von Taku trafen dauernd Verstärkungen ein, und reichlich zugeführtcr Proviant ließ auch die Nahrungssorgen zurücktreten. Ja, im Rücken der Stadt, wo es am ruhigsten war, fing schon wieder ein kleiner Handel mit allerlei Feldsrüchten an sich zu entwickeln. Die ruhige Zeit sollte aber nicht lange mehr anhalten; bald entwickelten sich wieder in der Nähe des Bahnhofes und in der Chinesenstadt verlustreiche Feuergefechte, welche sich immer häufiger entspannen, und e» dauerte nicht mehr lange, bis die Beschießung der Niederlassungen wieder mit alter Heftigkeit ein setzte. Oestlich der Chinesenstadt, am Lutaicanal, hatten die Chinesen Batterien aufgefahren, um von hier aus auf das rus sische Lager zu drücken und gelegentlich die Fremdennieder lassung zu beschießen. DaS Pagodafort warf immer von Neuem seine Granaten in die Straßen der Fremdenniederlassung. Auch im Westen und im Rücken der Stadt wurden die Chinesen wieder immer thätiger. Die Engländer arbeiteten mit über großen Anstrengungen daran, in der Nähe des „Recreation Ground" und beim Ostarsenal schwere Schiffsgeschütze auf- zustellen, um von hier auS die chinesischen Geschützstellungen zu beschießen, indem sie durch Signale und Telephon geschickt das Feuer vom Thurme des Stadthauses leiteten. Vom 1. Juli dauert« so das Bombardement mit Unter- brechungen an, von Tag zu Tag sich steigernd. Stundenlang jeden Tag sausten die Granaten durch die Stadt und schlugen mit Krachen in die Häuser oder wühlten sich, hohen Staub aus- werfend, in die Straßen «in. Zum Glück fehlten aber auch jetzt meist die Zünder. Unser« Truppen aber waren noch immer zu l schwach, um einen neuen energischen Vorstoß wagen zu können,
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